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04 annoying questions


 

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04 annoying questions

 

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Naruto hatte sich standhaft geweigert, mit den beiden Kindern die Kirche noch einmal zu betreten. Nicht, wenn sie mit ansehen mussten, was mit ihrer Mutter geschah und er hatte auch nicht wirklich das Gefühl, als wenn die beiden ihm das übel nehmen würde. Die ganze Zeit über waren sie ruhig gewesen, aber gleichzeitig hatten sie auch Nähe gesucht. Zwar eher zögerlich und nicht wirklich wissend, was sie selbst damit anfangen sollten, dennoch hatte er ihnen diese gegeben. Das war etwas, was Naruto durchaus sehr gerne tat.

 

 

Was Naruto aber nicht wirklich gewundert hatte war, dass Sasuke zwar am Ende der Zeremonie sich suchend umgeschaut hatte, aber es nicht wirklich gewagt hatte zu ihm zu kommen. Aber Naruto ging dennoch nicht davon aus, dass das Thema auf diese Art bereits erledigt sein würde. Nicht, wenn er Sasuke so in die Hacken gelaufen war, wie er es eben getan hatte. Das bereitete ihm allerdings weniger Sorgen. Itachis Worte waren es da eher, die ihn absolut nicht los ließen. Er konnte grübeln wie er wollte, aber ihm fiel beim besten Willen nicht ein, wann und wo er wohl einen Fehler begangen hatte und dem älteren Uchiha einen Einblick in dessen gewährt hatte, was er sonst vor jedem verborgen hatte. Auch das Versprechen, es nicht weiter zu sagen, beruhigte ihn nicht wirklich.

 

Als die Beerdigung beendet worden war, drückte Naruto die Hand des Mädchens leicht. "Na kommt, jetzt gibt es etwas leckeres zu Essen!", ermutigte er sie und damit auch ihren kleinen Bruder. Gemeinsam erhoben sie sich von der Bank, auf der sie nun über eine Stunde verharrt hatten und überquerten ein weiteres Mal die Straße, um sich zu der Trauergesellschaft zu gesellen. Alle redeten wild durcheinander, Sasuke gegenüber wurde so oft Beileid bekundet, dass Naruto ganz schlecht davon wurde. Er hasste diese Floskel abgrundtief, auch wenn er so seine Probleme mit dieser Beziehung gehabt hatte, so verstand er dennoch, dass man diese dahin geworfenen Worte einfach nicht hören wollte. Im Grunde war dieses wohl auch jedem klar, doch die Erziehung verbot es einem da doch, sich dessen zu entziehen. Für einen Moment erhaschte er einen Blick auf Sasukes Augen, die seiner Meinung nur noch mehr Zunder gab. Der Uchiha hasste dieses Prozedere abgrundtief, daran hatte er absolut keinen Zweifel. Leider ließ man auch die Zwillinge mit dieser grauenhaften Floskel nicht in Ruhe, im Gegensatz zu Sasuke konnten diese jedoch wenig damit anfangen und Naruto war auch nicht gewillt, die Kleinen dem länger auszusetzen, als es unbedingt notwendig war. Er wusste wo es nun hingehen sollte und so gab er die Richtung vor und die Zwillinge folgten freiwillig. Vermutlich waren auch sie froh, diesem Trubel entkommen zu können, welches sie absolut nicht verstehen konnten. Übel nehmen konnte Naruto ihnen das nun wirklich nicht. Sie waren eben noch sehr klein.

 

 

 

 
 

 

 
 

***

 

 

Das Lokal war wirklich schön hergerichtet worden. Anders konnte man dieses gar nicht beschreiben. An den runden Tischen, die verteilt in einem riesigen Saal standen, befanden sich jeweils sechs Stühle. Eine weiße, fein gestickte Decke lag auf jedem dieser Tische. In der Mitte befand sich ein weiteres, dieses Mal aber schwarzes Tuch und darauf wiederum stand eine brennende Kerze. Blumen rundeten das Gesamtbild ab und Naruto erkannte, dass es wohl Hikaris Lieblingsblumen gewesen sein mussten. Auch in der Kapelle auf dem Friedhof waren diese ihm bereits aufgefallen, welche Sorte es aber war, das konnte er beim besten Willen nicht sagen. Eigentlich interessierte es ihn auch gar nicht.

 

An seiner linken Hand nahm der Griff deutlich zu und so schaute er kurz nach unten und lächelte das Mädchen aufmunternd an. Hier drinnen musste sie sich wirklich nicht fürchten. Der Leichenschmaus war etwas, was erträglich war. Sicher, man sprach überwiegend über die Verstorbene, doch das für sich war wohl erträglicher, als sie in dem offenen Sarg noch einmal betrachten zu können. Er glaubte aber auch nicht, dass die beiden die ewigen Geschichten von weißt du noch damals und ich erinnere mich noch ganz genau wirklich aufnehmen würden. Am Anfang vielleicht, aber dann würden die beiden wohl doch dazu übergehen, dieses ganze Stimmengewirr auszublenden. Für sie hatte es einfach keinen Zusammenhang mit ihrer Mutter.

 

Gelassen führte er die Zwillinge zu einem der hinteren Tische und half Keiko auf den Stuhl. Taiki hingegen kletterte ganz von alleine herauf, während er noch immer dieses kühle Gesicht zeigte, welches Naruto gleichsam schockiert wie auch sein Herz erwärmt hatte. Ganz der Vater, anders konnte man es nun wirklich nicht sagen. Einerseits war es bedauerlich, dass so ein kleines Kind bereits so verschlossen sein musste, aber auf der anderen Seite rief dieses Erinnerungen an längst vergangene Tage in ihm wach. Sasuke hatte auch jedes Mal so aus der Wäsche geschaut, auch schon bevor seine Eltern gestorben waren. Was genau da der Grund gewesen war, wusste Naruto nicht. Aber irgendwoher musste der Uchiha seine kühle Art durchaus erlangt haben. Damals war er noch nicht wirklich oft bei Sasuke gewesen, erst als Itachi sich um diesen gekümmert hatte, hatte er sich da regelrecht festgebissen. Gemeinsamkeiten verbanden eben, zumindest aus Narutos Sicht heraus.

 

Als er eine Hand auf seiner Schulter spürte, schaute er natürlich auf, aber er war durchaus froh, dass es nicht besagter Bastard war, den er im Moment sowieso gefressen hatte. Im Augenblick tat dieser wirklich gut daran, ihn erst einmal ein wenig Abstand zu gönnen, wenn sie nicht wollten, dass sie sich am Ende jeweils um einen Kopf kürzer machten. Aber zum Glück war es Sakura, die ihm ein liebenswertes Lächeln schenkte. "Sei nicht so streng mit ihm, Naruto... du kennst ihn doch. Er hat diese Frau geliebt und du weißt genauso gut wie ich, dass er sich dabei sicher nichts böses gedacht hat!", versuchte sie die Wogen zu glätten und bei ihrem gemeinsamen Freund Schützenhilfe zu leisten. Das tat sie öfter, auch wenn Naruto nicht glaubte, dass es nur auf Sasuke bezogen war. Allerdings war klar, dass Naruto häufiger zur Ruhe ermahnt werden musste, als es bei Sasuke der Fall war.

 

Naruto konnte da dennoch nur schnauben. "Weißt du, genau das ist das Problem. Wie kann man dabei nicht nachdenken?", fragte er angespannt, schüttelte energisch den Kopf und ließ sich zwischen den beiden Kindern nieder. Sakura nahm neben Keiko Platz und lächelte diese aufmunternd an, auch wenn das kleine Mädchen sofort schüchtern den Kopf senkte. Eigentlich konnte Naruto ganz froh sein. Es war nicht einmal 24 Stunden her, da hatte sie auch bei ihm ähnlich reagiert. Und jetzt... irgendwie hatte er es geschafft, sich ihr anzunähern, wie genau wusste er aber beim besten Willen nicht. Eigentlich war das auch belanglos, wichtig war einzig und alleine, dass er es geschafft hatte und vermutlich war es wieder einmal nur seine Art. Es war ihm nie schwer gefallen, Kontakte zu knüpfen. Er war eben ein Mensch, der stur blieb, auch wenn man ihn erst ablehnte.

 

"Du bist unfair, Naruto!", warf Sakura ihm vor. Ihr Gesicht verzog sich, die leichte Verärgerung die sie nun zu empfinden schien, war nicht mehr zu übersehen. Naruto scherte sich ehrlich nicht darum. Er hatte da einfach seine Meinung. Sakura musste ihm ja nicht zustimmen, aber er konnte wahrlich nicht nachempfinden, wie Sasuke so gedankenlos handeln konnte. "Mag sein, interessiert mich aber nicht wirklich. Frag dich doch lieber Mal, wie du an ihrer Stelle wohl reagieren würdest. Sie sind fünf Jahre alt, Sakura... hast du da verstanden was es mit diesem Thema auf sich hat? Also ich nicht und deswegen finde ich es wirklich eine Sauerei, was er da veranstaltet hat. Wenn es offen sein muss, bitte! Aber dann doch bitte ohne sie!", zischte er leise und in Verteidigung seiner eigenen Ansichten zurück.

 

Sakura schüttelte leicht den Kopf. Es war offensichtlich, dass man Naruto in dieser Hinsicht eher nicht belehren konnte. Im Grunde hatte er auch Recht, auch wenn er da eindeutig zu sehr seine eigene Meinung in den Vordergrund stellte und darüber hinaus einfach vergaß, dass diese ganze Situation für Sasuke sicherlich auch nicht leicht war. Immerhin hatte er seine Frau verloren und stand nun mit den Zwillingen ganz alleine da. Leicht war dieses sicherlich nicht, dass man da auch zeitweise einmal vergaß den gesunden Menschenverstand zu nutzen, war doch irgendwie sogar verständlich, ja sogar sehr menschlich.

 

"Keine Ahnung... mich regt das einfach auf!", erklärte Naruto und strich leicht über die Decke, die den Tisch eindeckte. Sie fühlte sich ein wenig rau unter seinen Fingern an. Wirklich erreichen tat ihn dieses allerdings nicht. "Wie war es eigentlich noch, nachdem ich weg war?", versuchte er schließlich das Thema auf etwas zu lenken, was ihm nicht ganz so nahe ging. Zumindest im Ansatz, denn auch dieses war durchaus ein Bereich, der ihn furchtbar aufregen konnte. "Ach, du kennst ihn doch!", erwiderte die junge Frau und seufzte schwer. Naruto kannte Sasuke in der Tat, was ihm sogar wieder ein leichtes Grinsen entlockte. "Lass mich raten, er hat gewettert wie ein Meister und sich dann einfach verzogen um zu schmollen?", fragte er ein wenig amüsierter. Sakura lachte leise. "Ein Uchiha schmollt doch nicht!", antwortete sie dann keck, schüttelte aber gleich ihre hellen Haare.

 

"Nein, im Ernst, Naruto! Wir alle sorgen uns. Er auf seine verquere Art eben auch. Es hat ihm gewiss nicht gut getan, dass du einfach so gegangen bist. Er würde es nie zugeben, aber man hat es ihm dennoch angemerkt.", versuchte sie ihrerseits das Thema zu vertiefen. Naruto schnaubte leise, verdrehte die Augen und starrte auf die blütenweiße Decke. Warum nahm man eigentlich weiß für solche Anlässe? Es war eine Trauerfreier und Trauer war nicht weiß. Eher pechschwarz, wie ein brodelnder Kessel voll mit Teer. "Hmm!", brummte er schließlich, riss den Blick von der Decke wieder los, um die hereinströmenden Gäste zu fixieren. "Ich hatte meine Gründe, Sakura!", gibt er sich anschließend vage, ahnend, dass er nun nicht so einfach davonkommen würde. Er kannte die Frau, er kannte seine Freunde und normalerweise liebte er jeden einzelnen von ihnen sehr. Aber in solchen Momenten wünschte er sie eindeutig auf den Mond, oder sich selbst. Hauptsache er konnte den lästigen Fragen entkommen, die immer wieder aufkamen.

 

"Das bezweifelt auch niemand, Naruto. Dennoch. Das haben wir einfach nicht erwartet. Du warst schon vorher so seltsam und hast dich mehr und mehr abgekapselt!", rechtfertigt sie ihren Ansatz. Es stimmte ja auch. Naruto hatte sich abgekapselt, um sich und seine Freundschaften zu schützen. Himmel, unterstellte man ihm etwa, dass er Hals über Kopf alles zusammen gerafft hatte, um einfach zu verschwinden? So mochte es aussehen, aber es war bei Weitem nicht so gewesen. Für Monate hatte er schon mit dem Gedanken gespielt, alles was ihm gefehlt hatte, war der Abschluss gewesen und eine vage Idee, wo es denn hingehen sollte. Sein Blick blieb an einer Frau hängen, die älter war und der verstorbenen verblüffend ähnlich sah. Vermutlich die Mutter, oder eine Tante. Er wusste es nicht.

 

Naruto kannte ihre Verwandten nicht, er hatte nie etwas mit ihr zu tun gehabt und sein Verlangen, dieses zu ändern, war doch recht gering gewesen. Sasuke stand neben dieser alten Frau und schien sich zu unterhalten. Selbst wenn er es deutlich versteckte, Naruto konnte da eindeutig tiefer sehen wie die meisten es wohl je können würden. Der Uchiha empfand Schmerz, Trauer und alles, was auch jeder andere normale Mensch empfand. Warum er dieses nicht wie jeder andere zur Abwechslung einmal zeigen konnte, verstand er absolut nicht. Solche Dinge machten einen doch erst menschlich und nicht zu einem kalten Ding, das nicht zu Emotionen in der Lage war. "Es ist einfach so, dass dieser Wunsch nicht plötzlich aufgetaucht ist. Verstehe das bitte, Sakura! Ich musste einfach weg!", sagte er schließlich leise, riss sich von dem Anblick los, um seine Freundin wieder zu betrachten. Es war wirklich nicht anders gegangen.

 

"Das verstehe ich ja auch. Aber auch ich mache mir Sorgen. Du meidest jeden Kontakt, Naruto. Wir vermissen dich und im Grunde wissen wir doch gar nicht, wo du bist und was du machst. Ich mag nicht immer deine beste Freundin gewesen sein, aber nun bin ich es. Also bitte, rede mit mir.", versuchte sie es erneut. Naruto hatte das ja kommen sehen. Sakura war von allen einerseits jene, die am leichtesten zu ertragen war, aber auch jemand, der nicht nachgab. "Da gibt es nicht viel. Ich bin nur ausgewandert, kein Grund, gleich ein Drama zu machen. Ich habe ein Dach über den Kopf, bekomme drei Mahlzeiten am Tag und ich schreibe wann ich will. Das Ergebnis ist euch doch nicht unbekannt!" Langsam ärgerte er sich wirklich über das Verhalten seiner Freunde.

 

Das Seufzen, was er für seine Antwort erntete, war ihm dann auch recht egal. Sie musste einfach damit leben. Dass sie allerdings aufstand und die Arme um ihn schlang, damit hatte er wahrlich nicht gerechnet. "Ich kann nicht viel mehr tun, als es dir anzubieten. Ich warte, aber ich werde nicht aufgeben. Denn ob du es hören willst oder nicht, ich habe nicht das Gefühl, als wenn diese Entscheidung dich glücklicher gemacht hat!", erklärte sie ihm leise, ehe sie von ihm ab ließ und zu den restlichen Trauergästen verschwand.

 

Ja, da traf sie eindeutig ins Schwarze. Denn wie sollte er glücklich sein, wenn er etwas zurück ließ, was ihm durchaus viel bedeutete? Für ihn, der Familie als etwas sehr wertvolles ansah, war das schier undenkbar. Und irgendwie war Sasuke so etwas wie Familie gewesen. Sein Freund, sein Vertrauter, sein Bruder. Für Jahre waren sie wirklich eng befreundet gewesen, auch wenn Außenstehende bei dieser Aussage wohl eher in ein schallendes Gelächter verfallen waren. Denn eine typische Freundschaft hatten sie ganz gewiss nicht gepflegt. Dennoch ließ es sich nicht leugnen.

 

Erneut fuhr die Hand über den rauen Stoff, während er seinen Gedanken nach hing. Wie sollten andere auch verstehen können, was sie einst verbunden hatte? Da waren keine Bekundungen notwendig gewesen. Keine grinsenden Umarmungen, das typische, überschwängliche Klopfen auf den Rücken. Keine prollhaften Ansprachen die die Jugend eben immer wieder für sich fand. Ihre Freundschaft war einfach besonders gewesen. Und auch wenn Sasuke ihm mehr als nur ein Mal vor den Kopf gestoßen hatte, ihm mehr als ein Mal gesagt hatte, dass er nervig war, auf der eher unsichtbaren Ebene hatten sie beide gewusst, was sie verband.

 

Dennoch, Naruto konnte seine Entscheidung nicht bereuen. Nicht in dem Umfang, wie er es vermutlich müsste. Mit einem letzten Blick auf den Uchiha, der noch immer fleißig Hände schüttelte und die Beileidsbekundungen entgegennahm, drehte Naruto sich den Zwillingen wieder zu, die still neben ihm saßen. Sie sahen schlimm aus. Mit großen Augen schauten sie sich um, als wenn sie fürchteten, dass gleich etwas schreckliches passieren würde. Natürlich war dem nicht so, aber woher sollten sie es in ihrem Alter wissen? Das war sogar ausnahmsweise etwas gutes. Trotzdem, er konnte sich das wirklich nicht länger mit ansehen. Er mochte diese beiden irgendwie, vollkommen egal dass er zu gleichen Teilen Eifersucht empfand, es waren und blieben kleine Kinder, die nichts für all dieses konnten. Nicht für den Verlust den sie selbst erlebt hatten, oder auch den, den Naruto vor Jahren erlebt hatte und der ihm auch heute noch schwer auf den Magen schlug.

 

Schließlich streckte er die Hand aus und fuhr Keiko sanft durch das Haar. Sie war empfänglicher für ihn, leichter zu erreichen, als man es von ihrem Bruder erwarten konnte. Es war wirklich seltsam, wie ähnlich dieser seinem Vater war. Sasuke würde später so seine Probleme haben, an den Jungen ranzukommen. Falls er es überhaupt versuchte. Naruto wollte dem Uchiha nichts böses unterstellen. Er hatte jede verdammte Mail gelesen und Sasuke liebte seine beiden Kinder, daran gab es keinen Zweifel. Dennoch, was Gefühle anging, schaffte Sasuke es einfach nicht, diese wirklich zu zeigen. Somit würde es Naruto nicht wundern, wenn er nicht einmal versuchte seine Kinder wirklich zu erreichen, wenn sie später als Teenager außer Rand und Band gerieten.

 

"Was haltet ihr von einem Eis?", schlug er dann vor. Keikos Augen leuchteten sofort auf. Taiki hingegen starrte ihn weiter stur an, als wenn es verboten war, Freude zu zeigen. Gott, es war wirklich gruselig, er sah Sasuke so stark in diesem Jungen, dass er gar nicht wirklich wusste, ob er sich freuen sollte, oder doch lieber das Weite suchen sollte. "Natürlich nur weil ich es angeboten habe!", sagte er dann zu dem Jungen, den Instinkten folgend, die er schon damals dringend gebraucht hatte, um voran zu kommen. Natürlich, Sasuke hatte solche Dinge nie angenommen, nur wenn es sein musste. Freude zu zeigen war ihm echt schwer gefallen und nun sah er tatsächlich noch weitere Ähnlichkeiten zwischen seinem Freund und dessen Sohn, als dieser ihn weiter starr anblickte, aber dennoch vom Stuhl rutschte, als wenn man ihn dazu nötigen würde. Keiko war da wirklich leichter zu händeln. Sie freute sich sehr offensichtlich über die süße Speise, die sie nun erwartete. Naruto konnte wirklich nur hoffen, dass sie ihr Gemüt behielt und durch die Art ihres Bruders und ihres Vaters nicht irgendwann begann sich ebenfalls zu verschließen. Das wäre wirklich schade, diese Familie würde jemanden brauchen, der in der Lage war mit Gefühlen offen umzugehen, auch wenn es einen bitteren Beigeschmack hinterließ, dass ein kleines Mädchen diese Rolle vorerst ausfüllen musste. Naruto blieb dabei, ein Kind sollte seine Kindheit genießen können.

 

Diese Gedanken von sich schiebend, stand auch er auf und führte die beiden Kinder in den hinteren Bereich des Saals, wo ein Buffet aufgebaut worden war, an dem man einige Dinge nachholen konnte, die nicht direkt an den Tisch gebracht wurden. Belegte Brote waren darunter, Fingerfood welches man leicht und problemlos zwischen einem Schwall an Erinnerungen runter würgen konnte. Dieses war nicht Narutos erste Beerdigung, es wunderte ihn aber immer wieder, wie ausgelassen die Feier im Anschluss werden konnte. Vermutlich war es eine Berufskrankheit, dass er so genau hinsah, dennoch konnte er es nicht lassen. Es war durchaus eine interessante Szenerie.

 

"Entschuldigung!", machte er auf sich aufmerksam und schenkte der jungen Frau vor sich ein warmes Lächeln, als diese sich zu ihm drehte. "Diese beiden hier hätten gerne etwas süßes, kaltes!", erklärte er charmant und blickte zu den Kindern hinab, wissend, dass sie dem Blick folgen würde. "Oh, natürlich. Wir haben hinten eine Truhe, aus der sie sich eines aussuchen können!", folgte auch sogleich, was Naruto ein Grinsen entlockte. Keiko war Feuer und Flamme, auch wenn sie es sehr verhalten zeigte. Sie trippelte lediglich leicht von einem Bein aufs andere, ungeduldig die süße Köstlichkeit zu erhaschen, die ihr versprochen worden war. Taiki hingegen drückte nur seine Hand etwas fester, was Naruto als Zeichen der Freude gelten lassen wollte. Irgendetwas sagte ihm einfach, dass dieser kleine Mann an seiner Hand das Weite gesucht hätte, wenn er wirklich etwas nicht hätte haben wollen. Ganz der Vater eben.

 

Zu viert liefen sie dann in den hinteren Bereich der Gaststätte, wo ihnen die Truhe gezeigt wurde. Keiko brauchte auch nicht lange um sich zu entscheiden, Taiki hingegen brauchte länger. Seine dunklen Augen studierten die Auswahl und erst als sein Blick an einer Ecke stehen blieb, griff Naruto automatisch zu und hielt dem Jungen das Eis hin. Wie erwartet bekam er keine Reaktion. Es wäre auch eher verwunderlich gewesen, wenn diese nun tatsächlich eingetreten wäre. "Vielen Dank!", sagte er schließlich noch, ehe er die beiden vor sich her zurück in den Saal schob, der mittlerweile gut gefüllt war. Viele der Trauergäste hatten sich bereits an den Tischen niedergelassen. Naruto wunderte es aber doch, dass Sasuke an jenem stand, an dem er gerade noch gesessen hatte. Niemand geringer als Itachi stand neben ihm und beide schienen sich sehr zu streiten, auch wenn die Worte leise waren, so konnte man an der Mimik doch erkennen, dass sie harsch und voller Wut und Bitterkeit waren. Naruto war bei dem Anblick gar nicht wohl. Unweigerlich musste er an das Gespräch zurück denken, wobei er wirklich hoffte, dass Itachi Wort hielt.

 

Allerdings erleichterte es ihn, als er mit den beiden im Schlepptau näher kam. Die Worte verstummten augenblicklich und Sasukes missbilligender Blick galt einzig dem, was seine Kinder in der Hand hielten. Herausfordernd erwiderte Naruto diesen Blick, fast schon trotzig, ihn dazu animierend, es nur zu wagen, nun etwas zu sagen. Es waren Kinder, ein Eis würde sie schon nicht umbringen und er war sich doch sicher, dass ihre Mutter ihnen dieses das eine oder andere Mal bereits gegeben hatte.

 

"Du hast doch nichts dagegen, oder?", fragte er schließlich nur, den Uchiha weiter anstarrend. Sie kannten sich. Sasuke wusste mit Sicherheit nach wie vor, dass es nun nicht sehr klug war, ihm zu widersprechen, wenn er keine Szene wollte. Naruto hatte sich noch nie vor einem Streit gefürchtet, die Zeit, der Ort und die weiteren Anwesenden hatten ihn da nie aufgehalten. Wozu auch? Wenn ihm etwas nicht passte, sagte er es sofort und nicht erst, wenn die Gelegenheit günstig war. Das leichte Grinsen, welches über Itachis Gesicht huschte, stachelte ihn da nur noch weiter an. Erst als Sasuke mit einem verbissenen Ausdruck im Gesicht sich abwendete, grinste er triumphierend. Sieg auf ganzer Linie, so viel war klar. Auch, wenn er bereits jetzt wusste, dass er sich seine restliche Zeit hier zu Hause nur noch schwerer damit gemacht hatte. Doch das nahm er durchaus in Kauf. Lieber konzentrierte er sich nun wieder auf die beiden Kinder, die den wortlosen Streit zwischen ihm und ihrem Vater verfolgt hatten. Dass auch Itachi ging, nahm er durchaus wahr, reagierte allerdings nicht darauf. Lieber hob er Keiko auf den Stuhl und half ihr, das bunte Papier abzubekommen. Taiki hingegen konnte das natürlich auch alleine ganz wunderbar. Es ließ sich nicht leugnen. Er war in der Tat ganz der Vater!

 
 

 

***

 

 

So schlimm wie befürchtet, wurde die Trauerfeier nicht. Zum Glück wurden keine großen Reden gehalten, keine überschwänglichen Lobeshymnen auf die Verstorbene. Die meisten hatten sich einfach in Gruppen zusammengefunden und redeten über belanglose Dinge, die nicht zwingend etwas mit der Frau zu tun hatten, weswegen sie hergekommen waren. Naruto hörte da so allerlei. Manches kannte selbst er, schließlich war auch er hier aufgewachsen und somit waren ihm nicht alle fremd, die anwesend waren. Selbst über ihn und ihre damaligen Freunde wurden einige Anekdoten fallengelassen, begleitet mit reichlich Gelächter. Ja, sie hatten viel Mist gebaut, damals, als die Welt noch in Ordnung gewesen war. Als noch keine wirklichen Probleme sie erreicht hatten und sie einfach nur Kinder hatten sein können.

 

Aber auch, wenn diese Themen ihn betrafen, so hielt er sich doch raus. Lediglich mit einigen Freunden unterhielt er sich, ungezwungen so weit es möglich war, wenn diese sich für kurze Zeit an ihren Tisch verirrten. Aber meistens blieben sie nicht lange und Naruto war sich bewusst, dass dieses auch seine Schuld war. Er war alles andere als entgegenkommend und wahrte eine nicht mehr als höflich zu bezeichnende Distanz. Das Letzte was er gerade wollte war, dass sie einen neuen Streit begannen, in dem eine Gesellschaft involviert wurde, die damit schlicht nichts zu tun hatte. Ein Teil von ihm bereute sogar, dass Kakashi nicht dabei war. Aber dieser hatte mit dieser Runde schlicht und ergreifend nichts zu tun gehabt. So bedauerlich es auch war.

 

Nach einigen Stunden allerdings begannen sich die Reihen nach und nach zu lichten. Die ersten standen auf, bekundeten Sasuke gegenüber noch einmal ihr Beileid, ehe sie sich ihre sieben Sachen nahmen und höflich den Rückzug antraten, nun wo sie sich köstlich amüsiert und den Bauch voll geschlagen hatten. Von dem Buffet war wirklich nicht mehr viel übrig, einige einsame Schnitten lagen noch herum und sahen nicht mehr wirklich appetitlich aus. Was bei der Temperatur die mittlerweile in dem Raum herrschte, nicht einmal verwunderlich war. Aber Naruto störte es nicht, er hatte wenig Hunger und verzichtete dankend auf diese Dinge. Er wartete einfach darauf, dass Sasuke bereit war zu gehen. Immerhin wohnte er noch bei ihm und da er keinen Schlüssel besaß, musste er wohl oder übel aushalten. Nur der Gedanke, dass er es bald geschafft hatte und bei Kakashi einziehen konnte, hielt ihn da noch bei Laune. Erwarten konnte er dieses wirklich nicht mehr.

 

Als mehr als die Hälfte der Gäste sich verabschiedet hatte und auch Sasukes Schwiegereltern den Saal verlassen hatten, kam Bewegung in den Uchiha. Steif bahnte er sich den Weg zu den Mitarbeitern, die an diesem Morgen ihnen zu Diensten gewesen waren und fleißig geholfen hatten die richtige Auswahl an kleinen Köstlichkeiten auszuwählen, oder nur simpel die Kannen mit Kaffe auf den Tischen nachgefüllt hatten. Und nur wenig später kam er direkt auf sie zu. "Es wird Zeit!", brummte er lediglich, schenkte Naruto allerdings keinen Blick, sondern konzentrierte sich auf die beiden Kinder, die ihn mit großen Augen entgegenblickten. Ja, Sasuke war eindeutig wütend. Vermutlich würde er nicht einmal so lange warten, bis sie zurück waren, ehe er ihm den Kopf abriss. Gut, sollte er es nur versuchen, Naruto scheute die Konfrontation nach wie vor nicht. Und ihm lag da nach dem heutigen Morgen noch so einiges im  Magen, was er verdammt gerne loswerden wollte. Allerdings erst, wenn sie alleine waren, denn so viel Anstand hatte er durchaus, auch wenn es nicht ganz leicht war, das Rumoren in sich zu unterdrücken und die Vernunft walten zu lassen.

 

Ruhig folgte er den dreien nach draußen. Dass die Spannung, die gerade in der Luft lag, auch den beiden Kindern nicht entging, war mehr als offensichtlich. Die lockere Art, die sie in den letzten Stunden entwickelt hatten, verflüchtigte sich zusehends, bis sie steif neben ihrem Vater her gingen. Keiner sagte ein Wort und niemand wagte es, den jeweils anderen anzusehen. Naruto kotzte das wirklich an. Er verstand es einfach nicht. Ihm war durchaus klar, dass er sich da wie eine Bulldogge in eine Sache regelrecht verbiss, eine Sache die ihn in Grunde nichts anging, doch auch hier konnte er einfach nicht anders. Es war nicht richtig, wie das gerade lief. Trotz allem schwieg er aber. Es war besser, vor allem für die beiden Jüngsten unter ihnen, denn diese hatten schlichtweg nichts damit zu tun.

 

Allerdings musste er doch sehr an sich halten, als Sasuke beide direkt nach dem Eintreffen in seinem Haus harsch auf ihre Zimmer schickte. Sie gehorchten sofort, eilten den Gang hinab und verschwanden hinter den Türen, die ihr Reich verschlossen. Naruto hingegen presste die Lippen fest aufeinander. So was ging gar nicht. Was konnten die beiden dafür, dass Sasuke wütend auf ihn war? Er hätte sie auch sanfter in ihre Zimmer schicken können. "Was?", blaffte Sasuke auch sofort, als dieser sich zu ihm herumdrehte. Naruto hingegen zog es vor zu schweigen. Es war einfach nicht gut, wenn er nun ebenfalls raus ließ, was in ihm rumorte. Es wäre vollkommen egal, ob die beiden in ihren Zimmern waren, Naruto war einfach kein sehr geduldiger Mensch, wenn er wütend war stieg seine Stimme deutlich an und dann hörte man ihn eh im ganzen Haus.

 

"War ja klar, dass du jetzt schweigst!", zischte Sasuke nur, was Narutos Selbstbeherrschung doch an den Rand dessen trug, was er hinbekommen konnte, ohne dass er platzte. Oh, er würde wirklich gerne einiges raus lassen, vieles davon hatte sicherlich nicht einmal etwas mit der gegenwärtigen Situation zu tun. Allerdings konnte er auch nichts dagegen machen, dass das hochmütige Schnauben des Uchihas ihn doch zu weit trieb, als dass er noch schweigen konnte. "Du bist echt das Letzte, weißt du das?", fragte Naruto angespannt und drehte sich ganz Sasuke entgegen, um ihn mit seinen blauen Augen anzufunkeln. Eine einzelne Augenbraue hob sich. Naruto hasste diese Geste abgrundtief. Sie war so verdammt arrogant, als wenn Sasuke sich für etwas besseres hielt. Manchmal fragte er sich wirklich, ob seine Empfindungen da sogar voll und ganz ins Schwarze trafen, auch wenn er durchaus wusste, dass er da ziemlich unfair war. "Schau nicht so, ich meine es genau so wie ich es gesagt habe!", kam Naruto in Fahrt. "Was sollte das? Das alles? Diese scheiß Beerdigung und um das ganze noch zu Toppen, schnauzt du sie an, dass sie gefälligst verschwinden sollen!"

 

Naruto kam richtig in Fahrt, während er Sasuke die Stirn bot. Dessen ruhige Art stachelte ihn da auch immer weiter an, Aber er konnte auch sehen, dass Sasukes Fassade zu bröckeln begann. Es war selten, doch hin und wieder passierte es durchaus Ein Jammer war dabei allerdings, dass solche Streitereien oft nicht lange andauerten. Manchmal wünschte Naruto sich wirklich, dass Sasuke vollkommen die Kontrolle über seine verdammte Ruhe verlor. Dass er schrie, sich aufregte, einfach ein normaler Mensch war. Jeder andere konnte das doch auch. Niemand war sein ganzes Leben über beherrscht, niemand konnte so viel schlucken. Wer seinem besten Freund diese verdammte Mauer gegeben hatte, hinter der er sich immer verschanzte, gehörte wirklich verprügelt. Es machte es auch nicht besser, dass er ahnte, dass der Tod der Eltern etwas damit zu tun hatte. Ein schlechtes Gewissen hatte Naruto dennoch nicht.

 

"Übertreibe es nicht!", warnte Sasuke ihn. Naruto lachte spöttisch. "Was sonst? Schmeißt du mich raus? Keine Sorge, ich hatte nicht vor lange zu bleiben!", erklärte er wütend. Ein Fehler. Scheinbar war Sasukes Schutzschild schon zu sehr gebröckelt, so dass Naruto nicht für den Bruchteil einer Sekunde eine Emotion über das hübsche Gesicht huschen sehen konnte, die ihm den Wind aus den Segeln nahm. Für einen Moment schaute er wirklich verletzt, doch so schnell wie es gekommen war, so schnell war es auch wieder verschwunden. Stattdessen drehte Sasuke sich weg und begann langsam in die Richtung zu laufen, in der seine Kinder verschwunden waren.

 

"Lauf nicht weg!", verlangte Naruto aufgebracht. Was er mit diesen Ereignissen nun anfangen sollte, war ihm schleierhaft. Diese Gedanken spielten allerdings keine Rolle mehr, als Sasuke ihn mit einem kalten Blick bedachte. "Das habe ich nicht vor. Ist deine Spezialität, oder nicht?", fragte er abweisend, so dass Naruto automatisch leicht fröstelte. Das hatte er wirklich nicht gewollt. Sasuke zu verletzen war nie seine Absicht, allerdings musste man ihm deutlich anerkennen, dass er auch nie für möglich gehalten hätte, dass es den Uchiha überhaupt verletzen könnte.

 

"Du kennst die Gründe nicht einmal, dennoch urteilst du?", fragte Naruto zurück, bemüht nicht wieder ausfallend zu werden. Erneut wendete Sasuke sich ihm zu, verschränkte die Arme in einer abwehrenden Haltung vor der Brust. "Wie sollte ich auch? Du bist es doch, der mir seit Jahren aus dem Weg geht, der sich weigert endlich den Mund auf zu machen!", schleuderte Sasuke ihm entgegen. Die Wut war ihm mehr als deutlich ins Gesicht geschrieben. "Und komm mir nicht mit dem Bullshit, dass ich es nicht verstehen würde. Ich habe echt keine Ahnung, wann du so feige geworden bist!" Naruto wusste, dass Sasuke gerade erst angefangen hatte auszuteilen. Sie waren lange genug Freunde gewesen, damit er dieses einschätzen konnte. Es war unangenehm, aber feige war er deswegen noch lange nicht.

 

"Ich bin nicht feige. es gibt Gründe, warum ich nichts sage. Akzeptiere das einfach!", erklärte Naruto ablehnend. Er konnte einfach nicht anders. Warum hätte er so viele Jahre schweigen sollen, wenn er nun einfach alles versaute? Wie er seit heute ja wusste, wäre es scheinbar nicht einmal unmöglich gewesen, seine Gefühle zu erkennen. Itachi hatte es fertig gebracht, alle anderen waren da - zum Glück - blind gewesen. Naruto hatte sich wahrlich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Er war nicht einfach aus Trotz weg gerannt, auch wenn manche ihm das ganz gerne unterstellten.

 

Erneut schnaubte Sasuke. "Ja, sicher. Und weil du so ein Samariter bist, schweigst du dich aus. Hast du eigentlich eine Ahnung, wie die anderen sich um dich sorgen?", blaffte er ihn weiter an. Natürlich wusste Naruto es. Wenn es einen Weg gab, sie zu beruhigen ohne die Wahrheit zu sagen, so hätte Naruto sie schon längst ergriffen. Es war fast lachhaft. Er schrieb Bücher, Fantasie war sein Kapital, aber wenn es darum ging seine Freunde zu belügen, ihnen einen plausible Begründung zu liefern ohne sich auszuliefern, war sein Kopf blank. Er wusste da einfach nicht weiter. "Das ist mir bewusst!", erwiderte er dennoch. Wie hätte es auch nicht so sein sollen? Es waren nicht nur die Gespräche seit er hier war, auch telefonisch und per Mail hatten alle ihn mehrere Male gefragt, ob er nicht endlich mit der Sprache rausrücken wollte.

 

Naruto war sich bewusst, dass er wohl der mieseste Freund war, den diese Truppe sich vorstellen konnte. Sie hatten es nicht verdient, er hatte sie nicht verdient. In all den Jahren hatten sie sich nie abgewendet, obwohl er ihnen mehr als einen Grund geliefert hatte, dass sie es hätten tun können. Selbst Sasuke, was ihn hin und wieder doch sehr verwunderte. "Aber es ist dir egal!", erkannte Sasuke richtig. Nun, das war nicht ganz richtig. Ihm war nicht egal, dass sie nicht loslassen konnten und sich immer weiter sorgten. Aber er konnte eben auch nicht aus seiner Haut raus.

 

"Nein, das ist es nicht!" So war es ja wirklich nicht. "Aber was? Macht es dir Spaß?", gab Sasuke nicht nach, woraufhin Naruto schnaubte. "Lass es einfach sein, Sasuke! Ihr würdet es eh nicht verstehen!" Er wusste, dass sie sich im Kreis drehten. Sie taten es seit er den Kontakt wieder aufgenommen hatte. Immer und immer wieder das gleiche Szenario und langsam wurde er es leid. "Sicher, das weißt du Genie natürlich bestens!", erklärte Sasuke spöttisch und das war der letzte Tropfen der fehlte, damit Narutos Geduldsfaden riss.

 

"Nein, das ist ja deine Spezialität, nicht wahr? Du bist das Genie, du weißt alles. Dann sag mir, Sasuke, wieso bist du nicht in der Lage die Antwort selbst zu finden?", fragte er aufgebracht. Auch das bereute er sofort, auch wenn er bemüht war, Sasuke gegenüber sich nichts anmerken zu lassem. Dieser schüttelte nur resignierend den Kopf. "Jemand hat mir vor vielen Jahren an den Kopf geworfen, dass Freunde dazu da sind, sich fallenlassen zu können!", erwiderte der Uchiha ruhig, ehe er sich abwendete und ihn einfach stehen ließ. Naruto war so baff, dass er ihn nicht noch einmal aufhalten konnte.

 

Er kannte die Worte. Natürlich kannte er sie, wie könnte er auch nicht, schließlich hatte er sie gesagt. Damals musste er 12 oder 13 gewesen sein. Er wusste noch, dass Sasuke sich regelrecht eingeigelt hatte und niemand an sich heran gelassen hatte. Naruto hatte es angekotzt, es hatte ihn immer angekotzt. Und nun war er es, der genau dieses Verhalten zeigte. Aber darum ging es nicht. Damals hatte er nicht aufgegeben. Er hatte Sasuke regelrecht belagert und ihm irgendwann genau diese Worte gesagt. Gebracht hatte es nur wenig. Sasuke war nie der Mensch gewesen, der ganz offen hatte werden können. Dennoch hatte er diese Worte behalten.

 

Was Naruto davon halten sollte, wusste er allerdings auch nicht. Frustriert blickte er zur Decke hinauf, atmete tief durch, um dann ebenfalls sich in Bewegung zu setzen. Alles hier war so kompliziert, er hatte ja gewusst, dass er nicht hätte herkommen sollen. Nur ein weiterer Meilenstein in den Dingen, die er so richtig verbockt hatte. Er mochte älter werden, aber nicht reifer. Zumindest nicht bei diesen Dingen.

 

Er war doch echt ein Vollidiot! Was er nun brauchte war Ablenkung. Er sollte weiter schreiben, um den Kopf frei zu bekommen.

 
 

 

* *** *

 

 

Die kräftigen Bäume bogen sich wahnsinnig in dem starken Wind, der Regen peitsche einen ungezügelt ins Gesicht. Der Sturm war schneller losgebrochen, als man hätte erahnen können und Namaki war nichts anderes übrig geblieben, als seinen Drachen tiefer zu lenken, um irgendwo einen Unterschlupf zu finden. Grelle Lichtblitze tanzten dabei über seinen Kopf hinweg. Sie hatten keine Zeit. Bei diesem Wetter in der Luft zu sein war tödlich und das wussten sie wohl auch beide verdammt genau.

 

"Links!", hörte er die junge Frau schließlich gegen den Wind anbrüllen und sofort folgte er dem Wink. Sie hatte Recht, das konnte gehen. Es sah klein aus, aber eine wirkliche Wahl hatten sie nicht. Er hoffte nur, dass ihnen die Schatten keinen Streich spielten und sich dort wirklich eine Höhle befand. Leicht berührte Namaki Tilarodons Hals, der sofort zur Seite kippte und dem Befehl folgte. Die kräftigen Schwingen standen wie scharfe Messer im Wind und lenkten ihn in die richtige Richtung, ehe sie kraftvoll ausschlugen und das schwere Tier tiefer ging. Namaki blickte konzentriert auf den dunklen Fleck, den Saiha in dem Gestein entdeckt hatte. Höhlen waren selten zu finden, zumindest hier unten. In den höheren Ebenen sah das schon anders aus, aber bis zu der nächsten Bergkuppe würden sie es vermutlich nicht einmal schaffen. Nicht bei diesem verdammten Wetter.

 

Zu seiner Erleichterung war dort wirklich eine Höhle, eine die sogar breit und tief genug war, dass sie alle hinein passten. Die Drachen waren da zwar nicht so zimperlich wie sie als Menschen es nun einmal waren, aber ihm war einfach lieber dabei, wenn sie alle diesen Schutz nutzten. Der nahezu tiefschwarze Himmel bereitete ihm Sorgen, die Blitze die ständig über ihnen hinwegzuckten waren nicht normal, ebenso wenig wie die ständigen Knalle, die die Erde regelrecht erzittern ließen. Es sah aus wie das Szenario eines Horrorstreifens, eines sehr schlechten sogar, nur mit dem Unterschied, dass sie dieses nicht beenden konnten, indem sie den Film ausstellten. Dieses hier war real.

 

Kaum landeten sie, rutschte der Mann von dem Rücken seines Drachen und eilte mit diesem zusammen in die Höhle. Nervös rumpelte das schwere Tier und weigerte sich, tiefer hinein zu gehen. Er blieb am Eingang stehen, den Hals gestreckt, die klugen Augen auf den schwarzen Himmel gerichtet. "Was ist los?", fragte Namaki, trat neben sein Tier und strich ihm leicht über den schuppigen Hals. Immer wieder wunderte es ihn, wie warm sich das unter seiner Handfläche anfühlte. Schuppen gehörten zu Kaltblütern und diese hatten nie eine sonderlich hohe Körpertemperatur, sofern sie nicht gerade ein ausgiebiges Sonnenbad genossen hatten.

 

"Ich weiß nicht!", gab Tilarodon zurück, ohne den Blick abzuwenden. "Es riecht seltsam!", gab er dann zu. "Was meinst du?" Es konnte alles heißen. Vermutlich war einer der Blitze irgendwo rein gegangen und es brannte. Der Regen mochte stark sein, aber der noch stärkere Wind würde ein Feuer schon am Leben erhalten, egal wie sehr es auch aus Eimern schüttete. "Aufgeladen!", war die einzige Antwort, zu der er den Drachen noch bekommen konnte. Etwas damit anfangen konnte er allerdings nicht. "Geh nicht raus!", befahl er dem Tier letztendlich, ehe er ihn mit dem anderen Drachen zurück ließ und sich zu seiner Kollegin weiter nach hinten verzog.

 

Ruhig arbeiteten die beiden Hand in Hand. Holz zu finden war hier zum Glück nicht schwer. Es war sogar trocken, aber es würde nie und nimmer reichen, bis sie am kommenden Morgen hoffentlich weiter konnten, nein sogar weiter mussten. Sie waren zu spät dran und sie hatten bei diesem Wetter keine Chance Meldung zu machen, dass sie sich noch weiter verspäten würden. Probleme machte dieses nicht, nicht wenn man sah was da draußen tobte. Einer der Grundregeln die sie von Anfang an lernten war schließlich, bei Gewitter sofort runter zu gehen. Es mochte ein Irrglaube sein, dass der Blitz sich stets die höchste Stelle suchte, aber es war keiner, dass er dort einschlug, wo er gut leitete. Und ein fliegender Drache war ein perfekter Leiter, da kam sogar die Tatsache hinzu, dass dieser wieder der höchste Punkt war, den man dann erreichen konnte. Namaki wollte nicht herausfinden, wie viel an diesen Lehren dran war.

 

Zusammen schafften sie es dennoch, ein kleines Feuer in Gang zu bringen. Es war nicht genug um sie zu wärmen und auch über Nacht warm zu halten, aber dennoch genug, damit sie sich wenigstens eine warme Mahlzeit zubereiten konnten. Vielleicht eine Kanne Kaffee, diesen Luxus konnten sie gerade wohl beide gebrauchen, um die kalten Knochen ein wenig aufzutauen. Und frische Wäsche. Nur leider fürchtete er, dass diese auch nicht wirklich trocken geblieben war. In mancher Hinsicht war es wirklich sehr unkomfortabel, wenn man diesem Beruf nachging. Aufgeben würde Namaki diesen allerdings nicht. Er liebte ihn einfach, es war genau sein Ding.

 

"Halt das mal bitte!", wurde er aus den Gedanken gerissen und griff automatisch nach der Lampe, die Saiha ihm entgegen hielt. Neugierig musterte er sie, wie sie in ihrer Tasche wühlte und schließlich triumphierend einen Plastikbeutel heraus zog. So schlau war er selbst nicht gewesen, einige seiner Sachen einfach einzuwickeln, nur um sicher zu gehen. Saiha schien seine Gedanken zu erraten. "Ich habe bei dir auch einiges so eingepackt, ehe wir los sind!", erklärte sie trocken. "Ich habe wenig Lust, dich zurück zu schleifen, nur weil du dir den Tod holst!", fügte sie hinzu, ehe sie die Lampe wieder an sich nahm und sich tiefer in die Höhle verzog, um sich umzuziehen.

 

Ein wenig verwundert blickte Namaki ihr nach, ehe er leicht den Kopf schüttelte. Sie war immer sehr abweisend, dennoch hatte er das Gefühl, dass sich ihr Verhältnis irgendwie verändert hatte. Nun wollte er aber gewiss nicht darüber nachdenken, lieber holte er seine eigene Tasche, aus der er mit einem Lächeln das Bündel herausfischte, was dank des Plastiks tatsächlich trocken geblieben war. Dafür war er wirklich sehr dankbar, während er an Ort und Stelle sich die nassen Kleider vom Leib streifte und sich in die trockenen packte, was sein Wohlbefinden deutlich steigerte.

 

Als Saiha wieder kam, war er schon lange fertig. "Danke!" murmelte er nur leise, ehe sie dieses Thema zu den Akten legten und gemeinsam begannen, sich etwas zu Essen zu machen. Für die Drachen hatten sie leider nicht mehr viel da, aber was sie hatten, teilten sie dennoch brüderlich auf. Besser alle hatten ein wenig im Magen, als dass zwei satt waren und zwei hungerten. Solche Dinge waren selten, aber es stärkte ihre Bindung. Die beiden waren allerdings nicht dazu zu bewegen, den Eingang zu verlassen. Namaki ließ sie letzten Endes wo sie waren und holte sich lieber seinen Schlafsack, um sich eine ruhige Stelle für die Nacht zu suchen.

 
 

 

***

 

 

Seufzend starrte Naruto auf die letzten Zeilen. Er war nicht zufrieden wie diese ganze Szene sich entwickelt hatte. Die Übergänge waren holprig, er wusste, dass er es besser konnte, aber es fiel ihm ausgesprochen schwer sich zu konzentrieren. Der Streit hing ihm doch mehr in den Knochen, als er anfangs gedacht hätte. Warum genau konnte er nicht einmal sagen. Vermutlich war es die Tatsache, wie Sasuke reagiert hatte. Ruhig und kontrolliert, mit einer Prise Bitterkeit in der Stimme. Aber am schlimmsten war das kurze Aufflackern von Schmerz gewesen, welches er noch immer meinte gesehen zu haben. Er wusste wirklich nicht, was er machen sollte. So sehr er sein Geheimnis wahren wollte, auf diese Art wollte er es nun auch nicht. Aber er war nach wie vor absolut ahnungslos, wie er es stattdessen anstellen sollte. Es war eben nicht wirklich leicht, nicht mit diesem Hintergrund.

 

Frustriert löschte er den letzten Absatz und versuchte sich erneut daran, ihn richtig zu gestalten. Es durfte nicht so schnell gehen. Seine Leser wollten doch alles ganz genau wissen. Wie die beiden empfanden, was in den Drachen vor ging... ein Drache wäre nun durchaus etwas, was er selbst liebend gerne im Garten stehen haben würde. Einfach aufsteigen, sich in die Lüfte schwingen und wenn er schon einmal dabei war, konnte er gleich nach Hause zurück fliegen.

 

Die Frage dabei wäre aber, wo dieses zu Hause wäre. Der Besuch bei Kakashi hatte ihm unglaublich gut getan und es hatte ihm auch schmerzhaft gezeigt, dass er den Mann irgendwie doch vermisste. Er hatte immerhin seine ganze Jugend bei ihm gelebt und dann von einem Tag auf den anderen diese Bande abgebrochen. Ja, Sasuke hatte wohl Recht, er schuldete einer Menge Menschen eine Erklärung und je mehr man ihn da bedrängte, umso mehr war er bereit dazu, ihnen diese zu liefern. Nur die Wahrheit ging eben nicht. Vielleicht die halbe? Es wäre sicher annehmbar, dass er sich unglücklich verliebt hatte und deswegen weg gemusst hatte. Nur leider kannte er seine Freunde gut genug, um zu wissen, dass er sich damit nur noch mehr Fragen aufhalste, als dass er sie in Zukunft verhinderte. Man würde ihn fragen wer es war und ob er noch genauso empfand. Naruto wollte wirklich nicht lügen und über kurz oder lang würde es so auch klar werden, wem er Idiot sein Herz geschenkt hatte. Vergebens, das war ihm durchaus klar.

 

Mit einem weiteren Seufzen versuchte er es erneut, sich auf den Text vor ihm zu konzentrieren. Ein bisschen besser sah der Absatz nun aus, den er ausgebessert hatte, aber er wusste, dass er da noch so einige Male Hand anlegen musste, ehe er zufrieden war. Eine halbe Sache wollte er schließlich nicht einreichen. Er gab immer alles, auch wenn man das nicht immer sehen mochte. Und genau deswegen schüttelte er die negativen Gedanken nun auch endgültig ab. Er hatte nicht viel Zeit, er musste die, die er hatte, wirklich nutzen, um endlich etwas mehr voran zu kommen in dem Plot. Auf gut hundert Seiten war er nicht einmal ansatzweise bis zu den ersten romantischen Anbahnungen gekommen. Weder bei den Menschen, noch bei den Drachen. Er wollte schließlich nicht, dass man sein Buch einfach wieder aus der Hand legte, nur weil es überwiegend innere Monologe waren, die man da hingeworfen bekam. Action musste her... ein wenig zumindest.

 
 

 

* *** *

 

 

Namaki erwachte. Ihm war unglaublich warm und irgendwie fühlte er sich, als wenn er in einem engen Kokon lag, der ihm fast die Luft zum Atmen nahm. Vom Eingang der Höhle her konnte er hören, dass der Sturm sich gewandelt hatte. Noch immer regnete es wie aus Eimern, das Rauschen war nahezu ohrenbetäubend. Aber es schien keine Blitze mehr zu geben und abgesehen von einem leichten Grummeln aus der Ferne schien der Sturm weiter zu ziehen oder sich langsam aufzulösen. Vollkommen egal was es war, es war uninteressant. Die einzige Tatsache die ihn da interessierte war ganz klar, dass es aufhörte. Für einen Moment blendete er diese Dinge aus und konzentrierte sich darauf, warum ihm so warm war. Das Feuer war doch schon fast komplett erloschen gewesen, als er sich nach einer kargen Mahlzeit niedergelegt hatte. Doch jetzt kam es ihm vor, als wenn er mitten in den Flammen lag. Er schwitzte fürchterlich.

 

Je mehr er sich konzentrierte, umso klarer konnte er sehen und umso klarer verstand er auch, was er empfand. Hinter ihm lag jemand. Er fühlte die Bewegungen bei der Atmung an seinem Rücken und der Größe nach zu urteilen, hatte einer der Drachen sich nahe an ihn gelegt, um ihm Wärme zu schenken und gleichzeitig diese von ihm zu erhalten. Und nun wo er sehen konnte, dass auch vor ihm die Drachendame lag, wusste er, dass es sein eigener war, der ihm hier in der kalten Nacht das Gefühl gab, als wenn er im Hochsommer mit einer dicken Jacke hier lag. Allerdings lag der Drache vor ihm doch ein wenig entfernt und erst jetzt realisierte er, wer genau ihm da die Vorderseite so wärmte.

 

Aus irgendeinem Grund waren sie zusammen gerückt. Direkt vor ihm lag Saiha und schlief noch tief und fest. Namaki konnte diese Gelegenheit einfach nicht an sich vorbei streichen lassen, ohne sie ein wenig zu nutzen. Natürlich würde er nichts unanständiges machen, aber schauen tat schließlich niemandem weh und wenn sie wach waren, reagierte die Frau meistens doch eher abweisend und kratzbürstig. Nun aber fiel ein Teil ihrer Haare in ihr hübsches Gesicht. Die Augen waren locker geschlossen, die Augäpfel bewegten sich leicht unter den Lidern. Sie schien zu träumen. Der Mund hingegen war einen Spalt weit geöffnet und in regelmäßigen Abstanden entwich ein wenig warme Luft aus diesen.

 

Saiha war schön, anders konnte Namaki es nicht beschreiben. Ihre Züge waren feminin, auch wenn man es im wachen Zustand nur sehr selten wirklich sehen konnte. Sie war eben in einem Bereich, wo man sich weibliche Schwäche kaum leisten konnte, wenn man wirklich ernst genommen werden wollte. Und dieses war eindeutig ihr Bestreben. Jedes ihrer sarkastischen Worte machten dieses mehr als deutlich. Er hatte damit auch kein wirkliches Problem, so schwer es ihm am Anfang auch gefallen war zu akzeptieren, dass sein Partner eine Frau war - nicht, weil er grundlegend etwas dagegen hatte, viel mehr lag das Problem darin, dass er von Anfang an darauf eingeschossen gewesen war, einen Mann an seiner Seite zu haben - so unverständlich war es ihm nun, dass es auch anders hätte kommen können. Saiha war kompetent, sie konnte anpacken wie jeder andere Mann auch, ihr Verstand war scharf und auch wenn ihre Zunge spitz war und sie oft Haare auf den Zähnen hatte, so konnte man sich bei ihr vollkommen darauf verlassen, dass sie immer ihr bestes gab. Wenn es jemanden gab, dem er bedenkenlos sein Leben anvertrauen würde, dann ihr. Vollkommen gleichgültig wie man zu ihr stand, sie blieb einfach professionell.

 

Nun aber bekamen diese äußeren Eindrücke eindeutig Risse. Das vor ihm war nicht seine Partnerin, die knallhart ihre Aufgabe erledigte, das war eine attraktive Frau. So viel Weiblichkeit hatte er zuvor nie bei ihr gesehen. Es faszinierte ihn unglaublich und ein Teil von ihm war nicht immun genug dagegen, dass es ihn körperlich nicht erreichte. Zuvor hatte er auch schon festgestellt, dass er sie sehr attraktiv fand und nun zeigte das erste Konsequenzen, denen er sich einfach nicht entziehen konnte. Oder gar wollte. Es störte ihn einfach nicht, zu sehr war er von dem Menschen fasziniert, den er da gerade vor sich hatte. Nun, was wohl auch rein spielte war die einfache Tatsache, dass es das erste Mal war, dass eine Frau ihm so nahe gekommen war. Selbst wenn die dicken Schlafsäcke sie noch deutlich voneinander trennten, spürte er die weichen Kurven, die sich an ihn schmiegten.

 

Ohne wirklich darüber nachzudenken, streckte er eine Hand aus und strich vorsichtig die Haare aus dem Gesicht. Kurz verzog sie das Gesicht, schmiegte sich dann aber mit einem leisen Seufzen näher an ihn, ohne zu erwachen und schlief weiter. Namaki blieb fast das Herz stehen. Er wusste nicht, wie er diese Situation händeln sollte. Ein Teil von ihm wollte den Reißverschluss ihrer Schlafsäcke miteinander verbinden, so dass sie einen großen schufen und er ihren Körper ohne die lästigen Barrieren spüren konnte. Aber der anständige Teil in ihm wusste, dass er sich dann von seinem Leben verabschieden konnte. Dennoch, es war ein Verlangen, dessen er sich kaum entziehen konnte.

 

Letzten Endes siegte allerdings die Vernunft. Für eine ganze Weile musterte er die junge Frau nur, ehe er sich wieder sinken ließ und einfach die Augen schloss. Es war wohl besser, wenn er nicht wach war, wenn sie wieder erwachte. Er nahm an, dass sie sich nicht mit Absicht so nahe an ihn gelegt hatte. Das war einfach etwas, was ihr nicht wirklich zugestanden werden konnte. Saiha war unabhängig und sie zeigte ihr Missfallen gegenüber allen männlichen Wesen nahezu ständig. Sie nun merken zu lassen, dass sie sich in einem der schwächsten Momente - während des Schlafes - so nahe an ihn geschmiegt hatte, war nicht wirklich etwas, was man machen sollte.

 

Wie Recht er behielt, spürte er eine ganze Weile später, als die Frau wirklich wach wurde und ruckartig von ihm ab rückte, als ihr bewusst wurde, wie nahe sie sich gekommen waren. Namaki hatte die Augen geschlossen und konzentrierte sich krampfhaft darauf so zu tun, als wenn er schlief. Vermutlich wusste sie dennoch, dass er wach war, aber er hoffte einfach, dass sie erkannte, dass er die Frau nicht in eine dumme Situation bringen wollte, welche sie in Erklärungsnot brachte. Ob es wirkte wusste er nicht, aber er wertete es einfach als gutes Zeichen, dass sie einfach aufstand und sich langsam entfernte.

 
 

 

* *** *

 

 

Einige Stunden später war auch Namaki offiziell aufgewacht. Er hatte sich bereits wieder anständig angezogen und ihre Schlafsachen waren erneut verstaut. Schweigend saßen sie nebeneinander und genossen einen eher lauwarmen Kaffee. Nun, genießen war wohl zu viel des Lobes, aber ihnen blieb nichts anderes übrig und da verband sie doch die gleiche Empfindung. Ein Morgen ohne einen starken Kaffee konnte man keinen gelungenen Start in den Tag nennen. Die beiden Drachen waren bereits vor einer Weile gegangen und zogen vermutlich gerade durch den dichten Wald, auf der Suche nach etwas, was ihnen den Magen genug füllte, damit sie den restlichen Weg schaffen konnten. Noch immer regnete es, auch wenn die Intensität stark nachgelassen hatte. Dennoch, wenn sie ankamen würden sie sich wohl beide auf ein heißes Bad freuen, auch wenn sie sich die gleiche Baracke teilten, was bedeutete, dass Saiha sich freuen konnte und Namaki warten musste, bis die Frau fertig war. Da verstand diese keinen Spaß und weiteren Ärger wollte Namaki sich einfach ersparen.

 

Wortlos packten sie schließlich die restlichen Dinge ein und blieben nahe des Eingangs stehen. Es würde nicht mehr lange dauern, bis die Drachen zurück kamen und dann konnten sie erneut starten. Namaki war so darauf konzentriert, die grauen Wolken über ihnen zu mustern, dass er im ersten Moment nicht einmal merkte, wie er gemustert wurde. Wirklich bewusst wurde es ihm auch erst, als er angesprochen wurde. "Was hat dich dazu bewogen, dieses hier zu machen?", fragte Saiha ihn. Namaki zuckte nur leicht mit den Schultern. "Ich fand Drachen stets interessant. Für mich hat sich die Frage kaum gestellt, ob ich etwas anderes machen möchte. Dieses Leben sagt mir einfach zu!", erwiderte er.

 

Wirklich nachgedacht hatte er nicht, als er den Weg eingeschlagen hatte. Er hatte einfach gewusst, dass er damit genau das Richtige tat und nur dieses zählte letzten Endes doch. Es gab da einfach keine bessere Erklärung. "Wie sieht es mit dir aus?", fragte er letzten Endes vorsichtig. Saiha war nicht unbedingt leicht zu händeln, sie gab wenig von sich preis, aber das hielt ihn nicht ab, es hin und wieder dennoch zu versuchen. Dennoch überraschte es ihn zugegebenermaßen doch sehr, als sie neben ihm leise seufzte und tatsächlich mit ihm redete.

 

"Meine Familie!", sagte sie schlicht, als wenn dieses etwas erklären würde. Nun, für andere mochte das vielleicht sogar so sein, aber Namaki kannte ihre Familie nicht wirklich. "Meine Eltern leben schon lange nicht mehr. Sie sind im Dienst gestorben. So wirklich weiß ich gar nicht was passiert ist!", ließ sie anschließend durchblicken. "Meine Schwester und ich waren dann stets alleine. Aber ich hatte stets das Gefühl, dass ich es meinen Eltern nachmachen müsste."

 

Das gab dem Ganzen eindeutig mehr Sinn. Namaki hatte schon gehört, dass Saiha aus einer Familie kam, deren Generationen stets zu den Kurieren gingen. Aber wirklich geglaubt hatte er den Gerüchten bis heute nicht. Er konnte nicht so ganz verstehen, wie man sein Leben von dem abhängig machen konnte, was die Eltern so taten. Wenn es danach ginge, wäre er eine Hausfrau geworden, oder besser ein Hausmann, so wie seine Mutter. Die andere Alternative war Tischler, wie sein Vater. Holz hatte ihn allerdings nie wirklich interessiert. Namaki konnte es einfach nicht ändern, aber er hatte auch nicht das Gefühl gehabt, als wenn sein Vater ihm dieses Desinteresse übel nahm.

 

Nun allerdings zog er es doch vor zu schweigen. Zumindest einen Augenblick. "So ist das halt. Solange es dich glücklich macht!", warf er aber dennoch schließlich ein. Eine Antwort darauf bekam er allerdings nicht, was auch daran liegen konnte, dass ihre Drachen wieder zu sehen waren und es einfach Zeit wurde, endlich zurück zu kommen. Schweigend traten sie zusammen in den Regen hinaus und arbeiteten schnell und effizient, um die Drachen startklar zu bekommen. Auch, als sie sich schon längst in die Lüfte erhoben hatten, sprachen sie kein weiteres Wort mehr miteinander, genauso wenig, wie nachdem sie ihr Ziel endlich erreicht hatten.

 

Während er Saiha freiwillig das Bad als erstes überließ, lief er selbst zum Kommandeur, um Meldung zu machen und ihr verspätetes Auftauchen zu erklären. Das war immerhin Pflicht, es konnte ja auch sein, dass sie unterwegs angegriffen worden waren. So aber war wohl verständlich und wohl auch bereits erahnt, wo die Gründe lagen. Das Gespräch dauerte auch nicht lange, dann konnte auch er endlich in die Baracke zurück. Er war nass, ihm war kalt und er sehnte sich nach einem heißen Kaffee der nicht wie eingeschlafene Füße schmeckte. Diesen Plan verwarf er allerdings in dem Moment, als er die wohl größte Überraschung an diesem Tag erlebte. Saiha war bereits fertig und überließ ihm das Badezimmer. Namaki wollte sich da gewiss nicht beschweren. Der Kaffee konnte warten, heißes Wasser, das die Kälte aus seinen Knochen vertrieb war da doch sehr viel verführerischer.

 
 

 

***

 

 

Erschöpft warf Naruto einen Blick auf die Uhr. Er hatte tatsächlich fast den ganzen Tag an der Tastatur gesessen, wirklich etwas geschafft hatte er dennoch nicht. Lachhafte 3000 Worte. Nicht einmal! Da konnte er doch weitaus mehr. Normalerweise war das etwas, was er in einer Stunde schaffte. Schließlich tippte er schnell und die Gedanken flossen genauso schnell durch seinen Kopf. Aber irgendwie war heute der Wurm drinnen. Ob es nun an der Beerdigung lag, oder an dem Streit der danach sich ereignet hatte, konnte er nicht einmal sagen. Im Grunde spielte es auch keine wirkliche Rolle.

 

Aber Naruto kannte dieses bereits. Er erinnerte sich da vor allem an die erste Zeit, nachdem er diesen verdammten Ort hinter sich gelassen hatte. In den ersten Wochen hatte er nicht einmal 100 Worte zusammen bekommen, irgendwie war er stets abgelenkt gewesen, selbst wenn er sich voll auf seine Aufgabe konzentriert hatte. Und er ahnte, dass dieses auch erst wieder besser werden würde, wenn er in der Sicherheit seines eigenen Hauses zurückgekehrt war. Sasuke so nahe zu sein war eben alles andere als leicht, mit dem Hintergrund der ihn hergeführt hatte sogar noch viel weniger und in Anbetracht der Streitereien sogar nahezu unmöglich. Naruto ahnte auch, dass es das noch nicht gewesen war. Da kam noch etwas. So leicht ließ Sasuke sich eben nicht auf Abstand bringen. Er mochte es nicht so deutlich zeigen, aber durch Sticheleien konnte er ihn dennoch immer wieder an den Punkt bringen, wo sie vor einigen Stunden sich getrennt hatten. So war es oft gelaufen.

 

Seufzend fuhr er den Laptop runter und drückte den Deckel nach unten. Es brachte eigentlich nichts, sich Gedanken zu machen. Er war da wirklich besser beraten, wenn er einfach zu Kakashi zog. Das bedeutete ja nicht, dass er den Kontakt zu den anderen abbrechen würde, ja nicht einmal den zu Sasuke, auch wenn es wohl besser wäre. Dass er feige war, wusste er ja selbst, auch wenn sich alles in ihm gegen diesen Gedanken sträubte. Er hatte nie aufgegeben und im Grunde wollte er es auch dieses Mal nicht machen. Was ihn seltsamerweise zu dem zurück brachte, was Itachi heute zu ihm gesagt hatte.

 

Noch immer hatte Naruto ein mulmiges Gefühl deswegen. Er konnte die Worte des älteren Uchihas einfach nicht einordnen. So sehr er auch nachdachte, an welchem Punkt er sich verraten haben könnte, er kam einfach nicht darauf. Und das machte ihn wahnsinnig. Natürlich wusste er, dass man Itachi vertrauen konnte. Wenn dieser ihm sagte, dass er nichts sagen würde, dann tat er das auch nicht. So war Itachi einfach nicht, grundlegend mischte er sich nicht in die Belange anderer ein, wenn man ihn nicht mit hineinzog. Dennoch, etwas wollte einfach nicht zur Ruhe kommen. Wenn Itachi es gesehen hatte, war die Gefahr groß, dass auch andere es gesehen hatte.

 

Naruto hatte sich nie für Mädchen interessiert. Nicht so wirklich jedenfalls. Eine Zeit lang hatte er durchaus so etwas wie eine Verliebtheit gezeigt. Aber das war schnell wieder verschwunden und heute wusste er nicht, ob er wirklich verliebt gewesen war. Das was er für Sasuke empfand war viel massiver, viel einnehmender. Im Grunde war er in diesen Belangen recht arglos, denn viele Vergleichsmöglichkeiten hatte er eben nicht. Während seine Freunde sich jede Woche neu umgesehen hatten, neue Verliebtheiten gezeigt hatten, so war er da stets außen vor gewesen. Es war nicht so, dass er nicht auch andere Männer attraktiv gefunden hatte, aber gegen Sasuke war eben nie jemand angekommen.

 

Seufzend richtete er sich dann auf und warf einen Blick zur Tür. Im Haus war es wieder einmal still, viel zu still sogar. Sein Interesse nun raus zu gehen tendierte allerdings irgendwo gegen null. Er mochte heute nicht wirklich viel gegessen haben, was schon für sich ein Widerspruch bezüglich seiner Natur war. Er aß gerne und er aß viel. Aber heute war ihm irgendwie nicht danach und dieses lag nicht nur daran, dass er sich Sasuke erneut stellen musste, wenn er nun das Zimmer verließ und Pech hatte. Nein, lieber ließ er es und freute sich auf das Frühstück.

 

Und mit diesem Entschluss nahm er seine Schlafsachen und zog sich wirklich um. Trotz der frühen Stunde lag er bereits kurz danach auf seinem Futon, die Decke über sich gezogen und starrte an die Decke. Ja, sein Entschluss stand fest, am kommenden Morgen würde er seine sieben Sachen packen und wieder zu Kakashi ziehen. Sakura konnte er mit den anderen dann auch am Mittag treffen. Sie konnten Essen gehen und mit etwas Glück konnten sie die Zeit genießen, ohne dass man ihn mit Fragen löcherte. Gerade Sakura bot ihm zwar ständig an, sich ihr anzuvertrauen, aber er konnte einfach nicht. Es lag ja nicht einmal daran, dass er ihr nicht vertraute. Er wusste, dass sie sein Geheimnis nicht weiter tragen würde. Aber dennoch konnte er es einfach nicht.

 

Leid tat es ihm da vor allem für Hinata. Die junge Frau war wirklich sehr sensibel und vertrug es nicht wirklich gut, wenn man sie so ausschloss. Er tat es ja auch nicht gerne, nicht bewusst und nicht in böser Absicht. Er konnte wirklich nicht anders. Und so von negativen Gedanken umhüllt driftete er langsam in einen Schlaf, der in dieser Nacht wohl nicht die erhoffte Erholung bringen würde. Ein schlechtes Gewissen hatte ihn stets geplagt, dem konnte er sich einfach nicht entziehen und seinen Freunden gegenüber - ja sogar Sasuke gegenüber - empfand er dieses durchaus. Es war einfach nicht seine Art so zu handeln, wie er es seit Jahren tat. Er wusste es und es belastete ihn enorm. Trotzdem konnte er einfach nicht anders.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  KamuiMegumi
2014-08-17T06:52:34+00:00 17.08.2014 08:52
Sehr schönes Kapitel.
Wann geht's weiter?
Wenn deine Beta so busy ist....ich kann mir echt nicht vorstellen, daß jemand so Schreiberfahrenes wie du überhaupt so auf Beta angewiesen ist.
Wenn doch.... es gibt verlässlichere Betas... einfach mal fragen.
Kommt besser als bei allen Storys mittlerweile bis zu 9 Wochen hinter angekündigten Release zu hängen...sorry...gehöre zur Kategorie Mensch à la Naruto: ich sag was ich denk und ich mag es nicht bei jeder Story mittlerweile winselnder Bittsteller zu sein... wenn dir deine Leser und Fans so egal sind wie es derzeit rüber kommt, dann sei doch so gut und brich alle Storys ab. Danke.
Von:  Shanti
2014-06-24T08:13:36+00:00 24.06.2014 10:13
hallloo

alsoooo das kappi war der hammer xD
weiter so ich bin mal gespannt was sasuke sagen wird wenn er die ganze wahrheit raus bekommt

lg

shanti
Von:  Lyrael_White
2014-06-18T10:59:14+00:00 18.06.2014 12:59
Ein sehr gutes Kapitel.
Ich finde du hast die ganze Situation durchaus gut rüber gebracht.

Mir ist allerdings aufgefallen, dass du sehr häufig das Wort "dieses/dieser" verwendest.
Mal ist zwar durchaus sehr angenehm aber wenn es konsequent an der Stelle von "das", "der", "er" oder "es" eingesetzt wird, klingt es nicht besonders gut und lässt den Text etwas holprig erscheinen.
Besonders and der Stelle:
Aber dieser hatte mit dieser Runde schlicht...
Hier hätte sich ein "er" oder "der" besser gemacht (je nach dem welches dieser du ersetzten möchtest)
Von:  naruhinaxXx
2014-06-17T17:46:15+00:00 17.06.2014 19:46
wieder ein super kapi

man merkt richtig wie naruto sich quält seinen freunden und vorallem sasuke nich die wahrheit sagen zu können


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