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Bubble and Squeak

von

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II.

Blaise Zabini blickte sich suchend in der Cafeteria des Ministeriums um. Es war Hauptfrühstückszeit und ein freier Tisch von daher ein Wunschtraum. Also suchte er nun in dem Meer von Gesichtern jemand Bekanntes, zu dem er sich setzen konnte. Zum Glück brauchte er auch nicht lange, ehe er einen buschigen braunen Haarschopf in der Menge entdeckte, neben dem ebenfalls bekanntes flammendrotes Haar leuchtete: Hermione Granger und Ron Weasley.

Es war schon erstaunlich, wie viel ein paar Jahre Abstand von Hogwarts im gegenseitigen Umgang ausmachen konnten. Begraben waren die Hausrivalitäten, einfach weil die Realität des Alltags Zusammenarbeit verlangte. Und so stellte man schnell fest, dass man gar nicht so verschieden war, wie man zu Schulzeiten noch geglaubt hatte, und auch wenn sich vielleicht keine ewigen Freundschaftsschwüre ergaben, so doch etwas, das über den bloßen Grad eines Bekannten hinausging.

Entschieden bahnte sich Blaise seinen Weg durch die anderen Angestellten und ließ sich dann mit einem freundlichen Gruß Ron und Hermione gegenüber nieder. Die beiden erwiderten den Gruß, widmeten sich dann aber wieder ihrer jeweiligen Tätigkeit. Was in Rons Fall essen bedeutete und in Hermiones Fall eine Zeitung lesen.

Überrascht erkannte Blaise, dass Hermione die Times und nicht den Tagespropheten las. „Irgendwas Interessantes in der Muggelwelt?“, fragte er neugierig.

„Wenn du mich jetzt fragst, ob du den Sportteil haben kannst, den hat Dean bereits erhalten“, gab Hermione zurück, ohne von der Zeitung aufzublicken.

„Dad meint ja immer, die für uns interessanten Dinge ständen eher im Mirror oder in der Sun“, mischte sich Ron ein, der dankenswerterweise inzwischen gelernt hatte, erst zu Ende zu kauen und zu schlucken, ehe er etwas sagte.

„Ich glaube, dein Vater würde sich diesbezüglich hervorragend mit Agent K von den MIBs verstehen“, erwiderte Hermione grinsend und ließ nun doch die Zeitung sinken.

„Agent K? MIBs?“, fragte Blaise verwirrt. „Ich dachte, ich kenne alle nationalen und internationalen Behörden, mit denen wir zusammenarbeiten.“

„,Men in Black’ ist ein Muggelkinofilm. Ich hab ihn damals im letzten Urlaub mit meinen Eltern in Dänemark gesehen. In dem Film geht es um eine fiktive Behörde, die sich mit Aliens auf der Erde befasst. Und laut Agent K erfährt man Aliensichtungen immer als allererstes in den Regenbogenblättern.“

„Ich glaube, diesen Film muss ich unbedingt mal sehen“, sagte Blaise grinsend, der eine Schwäche für Muggelfilme hatte, die sich mit allem befassten, was für die Muggel nicht normal war.

„Er ist durchaus unterhaltsam“, gab Hermione zu und bestärkte Blaise nur darin, sich den Film alsbald auf DVD zu beschaffen. Gerade so etwas wie Filme sehen zu können war einer der Gründe, weshalb Blaise sich seinerzeit eine Wohnung in Muggellondon gesucht hatte, statt wie viele seiner Kameraden sich um eine Bleibe im Zauberteil der Stadt zu bemühen. Seine Freunde hatten ihn damals reichlich merkwürdig angesehen, aber spätestens nach dem ersten Videoabend bei ihm zu Hause hatten alle befunden, dass die Muggel zumindest in Sachen Unterhaltung ein paar gute Erfindungen getätigt hatten. Und nachdem er ein Jahr in der Muggelwelt gelebt hatte, ohne je aufgefallen zu sein, hatte ihn die Abteilung für magische Strafverfolgung angeworben, damit er immer, wenn sich die Zuständigkeiten überschnitten, als Verbindungsmann fungierte. Eine Tätigkeit die seiner vorigen Sekretariatsarbeit deutlich vorzuziehen war. Wobei er damals nicht geahnt hatte, dass sie auch bei der Muggelpolizei einen Informanten hatten. Anders konnte man die Person wohl kaum nennen, die ihnen immer wieder Nachrichten zukommen ließ, wenn Magie im Spiel war, die Muggelpolizei aber leider als erste am Tatort gewesen war. So wie jetzt bei dem Fall der kopflosen Hauselfe.

Da hatte sich sein Vorgesetzter Bartholomew Haltass zunächst geweigert, der Aufforderung des Informanten zu folgen, schließlich ging es nur um eine Hauselfe. Wen kümmerte schon eine Hauselfe. Doch nachdem Blaise damit gedroht hatte, die Nachricht mit einem entsprechenden Vermerk an das zuständige Gremium zur Einhaltung des Internationalen Statuts zur Geheimhaltung der Magie weiterzuleiten, hatte Haltass eingelenkt und zwei seiner Untergebenen mit der entsprechenden Geschichte losgeschickt. Da sich niemand um einen solchen Job riss, hatte es natürlich zwei Anfänger getroffen, die aber mit dem üblichen Arbeitseifer von Neulingen ihre Sache erstaunlich gut gemacht hatten. Dann aber hatten sie mit dem gleichen Übereifer die Pläne ihres Chefs, die Sache einfach zu den Akten zu legen, gründlich zunichte gemacht, indem sie die Leiche bereits untersucht hatten, ehe Haltass sich ihrer erinnern konnte. Und so hatten die beiden Neulinge nicht nur herausgefunden, dass der angewandte Zauber keineswegs der übliche Hauselfen-für-Wandtrophäen-Köpfen-Zauber war, sondern zudem auch Spuren aufwies, die darauf hindeuteten, dass er auch auf andere Lebewesen, einschließlich Menschen angewendet werden konnte. Somit war Haltass nicht nur seiner bereits zurecht gelegten Ausrede/Lösung des Falls beraubt, sondern obendrein noch mit einem Fluch konfrontiert, der Leib und Leben eines jeden Zauberers, einschließlich Haltass selbst, gefährdete. Und wo es um sein eigenes Leben ging, kannte Haltass kein Pardon. Weshalb er zum ersten Mal seit Blaises Rekrutierung zu der Abteilung für Magische Strafverfolgung von diesem die Identität des Informanten auf der Muggelseite zu wissen wünschte.

Es war schwer festzumachen, ob Blaise überrascht darüber war, dass Haltass nicht wusste, wer der Informant war, oder nicht, aber dass auch niemand sonst im Ministerium etwas über den Informanten zu wissen schien, überraschte ihn dann doch. Abgesehen davon, dass es ihm die Arbeit ungemein erschwerte. Denn wie bitte sollte er die Identität eines Informanten aufdecken, wenn alles, was man über ihn wusste war, dass er seit etwa vier Jahren Nachrichten schickte, die keinerlei schriftliche oder magische Signatur, mit der man irgendwas hätte anfangen können, trugen?

Lustigerweise war es Muggelfernsehen, dass ihn auf die Idee gebracht hatte, über den Informanten ein Profil zu erstellen, ganz wie es Muggelpolizisten bei Serienmördern zu tun pflegten. Zu diesem Zweck hatte er sich von Haltass den letzten Brief des Informanten erbeten. Jetzt galt es das Schriftstück zu untersuchen. Allerdings glaubte Blaise kaum, dass ihm Papier oder Tinte irgendetwas anderes verraten würde, als dass es Standardmaterial war, das man in jeder Polizeiwache finden konnte. Blieben also noch Stil und die Schrift selbst.

Der Stil war rasch gedeutet – sarkastisch. Und Sarkasmus bedeutete gemeinhin unterdrückte Wut, aber ehrlich gesagt konnte Blaise es einem Mitarbeiter der Muggelpolizei nicht verübeln, wenn dieser wütend darüber war, wenn Zauberer magische Leichen in Muggellondon abluden. Was die Schrift betraf, so war sich Blaise mehr als bewusst, dass Graphologie als höchst ungenaue Wissenschaft zu betrachten war, aber es war das einzige, was ihm noch übrig blieb.

Seufzend zog er das Stück Papier aus seiner Tasche und besah es sich, während er an seinem Kaffee nippte. Vielleicht kam ihm ja in dieser Umgebung ein weiterer Einfall, was er noch an Informationen aus dem Dokument ziehen konnte.

„Was hast du da?“, fragte Ron neugierig und auch Hermione ließ die Zeitung wieder sinken.

„Kennt sich einer von euch zufällig mit Graphologie aus?“

„Grapho...?“

„Graphologie, die Lehre über die Schriftanalyse im Hinblick auf psychologische Diagnostik“, klärte Hermione ihren Freund überlegen auf. Zu Blaise gewandt, schüttelte sie bedauernd den Kopf. „Ist für mich ähnlicher Humbug wie Wahrsagen.“ Damit war für sie das Thema beendet.

Ron hingegen wurde jetzt erst recht neugierig. „Schriftwahrsagen? Klingt faszinierend... Darf ich mal sehen? Vielleicht erkenne ich ja was.“

„Ron!“, empörte sich Hermione. „Du warst in Wahrsagen genauso gut oder schlecht wie ich, nur dass du es bis zum bitteren Ende durchgezogen hast und dann bei den ZAG-Prüfungen wenig überraschend durchgefallen bist.“

„Na und?“, erwiderte dieser achselzuckend. „Es war immerhin unterhaltsam. Und selbst wenn ich falsch liege, sieht Blaise aus, als könnte er die daraus resultierende Aufmunterung gut brauchen.“

Blaise konnte schon jetzt ein Grinsen kaum verbergen. In mancherlei Beziehung waren die beiden ihm gegenüber noch genauso schlimm wie zu Schulzeiten. Kaum zu glauben, dass sie Ende des Jahres heiraten wollten. Andererseits hatten ihre Streitereien schon zu Schulzeiten mehr dem Gekeife eines alten Ehepaares geglichen, von daher war die Zeremonie wohl reine Formsache. Und so lausig Rons Argumentation auch war, Blaise konnte wirklich Aufmunterung vertragen. Also schob er kurz entschlossen den beiden das Blatt hinüber.

Mit der Reaktion, die folgte, hatte er allerdings wahrhaft nicht gerechnet. Hermione wurde stocksteif und ließ die Zeitung fallen, während sich Ron an dem Stück Muffin, das er gerade im Mund hatte, so heftig verschluckte, dass er einen Hustenanfall bekam, der ihm die Tränen in die Augen trieb. Das löste immerhin Hermione aus ihrer Starre und nachdem sie ihrem Verlobten ein paar Mal aufmunternd auf den Rücken geklopft hatte und Blaise ihm ein Glas Wasser besorgt hatte, kehrte langsam wieder Ruhe an dem Tisch ein. Dennoch wartete Blaise vorsichtshalber noch eine volle Minute, ehe er fragte: „Was ist mit diesem Brief, dass er euch so aus den Socken haut?“

„Wo hast du den her?“, wollte Hermione wissen und ignorierte Blaise Frage völlig.

„Von meinem Vorgesetzten?“, erwiderte Blaise, nicht ganz sicher, wohin das ganze führen würde.

„Und wo hat der den her?“

„Hermione, was soll das? Was ist mit diesem Brief, dass du wissen willst, woher er kommt?“ Blaise war nicht gewillt, wirklich etwas preiszugeben, ehe er nicht selbst ein paar Antworten erhalten hatte. Abgesehen davon, dass er herzlich wenig über den Brief wusste.

Dennoch erntete er wieder nur eine Frage, doch dieses Mal kam sie von Ron und enthielt auch eine Antwort. „Blaise, wie kommst du an einen Brief von Harry? Ich mein, die Worte klingen zwar nicht nach ihm, aber die Schrift würde ich unter Tausenden erkennen.“

Hermione nickte.

„Harry?“, echote Blaise. „Wie in Harry Potter?“

Die beiden anderen nickten.

„Aber ist der nicht derzeit in der Antarktis, um dort den Eislarven beim Schlüpfen zu helfen?“

Hermione grinste schief. „Nur, wenn man dem Tagespropheten glaubt. Deshalb ja meine Frage: Wo hast du diesen Brief her?“

Blaise überlegte blitzschnell. Wenn Harry Potter tatsächlich ihr Informant bei der Muggelpolizei war, dann war vermutlich so ziemlich das letzte, was er wollte, dass seine ehemaligen besten Freunde erfuhren, wo er sich aufhielt... Die Gedanken überstürzten sich in seinem Kopf und er stand so hastig auf, dass er beinahe seinen Becher mit dem restlichen Kaffee umgestoßen hätte. Den Brief an sich nehmend, eilte er, ohne ein weiteres Wort, aus der Kantine.

Wohl wissend, dass Hermione und Ron ihn nicht so einfach davon kommen lassen würden, apparierte Blaise direkt in seine Wohnung, wechselte in Windeseile die Zauberkleidung gegen ein Muggeloutfit und suchte dann einen nahe gelegenen Park auf, von dem er wusste, dass ihn seine Zauberbekannten dort nie vermuten würden.
 

Um Harry Potters Verschwinden aus der Zauberwelt rankten sich diverse Gerüchte und noch mehr Rätsel. Alle hatten sie angenommen, dass er, nachdem er über Voldemort triumphiert hatte, sich in Ruhm und Glanz sonnen würde, doch das Gegenteil war der Fall gewesen. Rückblickend betrachtet, war es wohl wenig verwunderlich, dass Harry der Presse nach seinen Erfahrungen während des Trimagischen Turniers, aber auch im darauf folgenden Jahr, misstraute. Als ihm dann auch noch einige der Leute, die er für Freunde gehalten hatte, vorwarfen, die ganze Presse nur für sich einheimsen zu wollen, gleichzeitig aber undankbar im Umgang mit selbiger zu sein, hatte sich der Held der Zauberwelt immer mehr zurückgezogen. Dennoch hatte es diejenigen gegeben, die zu ihm gehalten hatten. Oder vielleicht doch nicht? Ein weiterer Gedanke drängte sich Blaise auf, der mit der einfachen Frage begann, wo er selbst in der direkten Nachkriegszeit gewesen war... Und wo waren die anderen gewesen? Die meisten waren mit sich und ihren Verlusten beschäftigt gewesen. Wen aber hatte Harry gehabt? Schlimmer noch, diejenigen, die einer Familie am nächsten kamen, hatte er im Krieg verloren. Seinen Paten, Professor Lupin, Dumbledore, sogar Professor Snape, der immerhin eine berechenbare Konstante dargestellt hatte. Der mürrische Tränkeprofessor hätte Potter solange verbal zur Schnecke gemacht, bis dieser aus seinem inneren Exil ausgebrochen wäre, um sich mit Snape anzulegen. Ron hatte zu der Zeit um seinen Bruder Fred getrauert und von Hermione wusste Blaise, dass sie sich auf die Suche nach ihren Eltern begeben hatte. Beide hatten sie ihr Leben ordnen müssen, hatten keine Zeit gehabt, Harry mit dessen Leben zu helfen. Und seine Muggelverwandten... Blaise hatte genug abfällige Bemerkungen von Ron über die Dursleys gehört, um zu wissen, dass die alles getan hätten, nur nicht Harry bei der Bewältigung eines Kriegstraumas zu helfen.

War es da wirklich so verwunderlich, dass Harry sich nach einem Neuanfang gesehnt hatte? Wohl kaum. Und genau betrachtet, war es verdammt clever, sich im Grunde direkt unter der Nase der Zauberwelt in Muggellondon zu verstecken. Ja, Blaise konnte Harry in gewisser Weise sehr gut verstehen. Nur, dass Harrys Plan einen Haken hatte... ähnlich wie in der Schulzeit, schien diesen auch jetzt noch magisches Unheil anzuziehen. Wie sonst ließ sich erklären, dass es ausgerechnet Harry war, der den Fall der kopflosen Hauselfe auf der Muggelseite zugewiesen bekam?

Doch was mit all diesen neu gewonnenen Erkenntnissen anfangen? Er konnte ja schlecht jede einzelne Polizeiwache Londons auf der Suche nach Harry abklappern. Zumal er ja nicht mal wusste, ob dieser noch so aussah wie vor all den Jahren, oder ob er sich nicht zur Tarnung die Haare blondiert hatte und heute Kontaktlinsen trug. Und die verräterische Blitznarbe war mit dem Verschwinden des Horcruxes sicherlich mittlerweile so sehr verblasst, dass man sie kaum noch sah.

Und was sollte er seinem Chef erzählen? Er konnte Haltass bei allem fehlenden Respekt ja kaum sagen, dass der Verfasser derzeit als magischer Geburtshelfer im südlichen Eismeer herumschipperte.

Und Ron und Hermione?

Es war zum Verrücktwerden!

Was aber, wenn er den beiden erklärte, es habe sich um ein Scherzschreiben gehandelt, bei dem jemand Harrys Handschrift anhand eines alten Briefes oder Schulaufsatzes gefälscht hätte, und sie den Fälscher gefunden hätten? Und wenn er seinem Chef erzählte, dass es ein Detective sei, der kein Zauberer war, aber früher zu der Spezialeinheit der Polizei gehört hatte, die mit dem Schutz des britischen Premiers betraut war, und während dieser Tätigkeit von der Zauberwelt erfahren hatte, aber Stillschweigen geschworen hatte? Einen Versuch war es wert.



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