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Schneeflocken

Eine Reise
von

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Winter

Der Schnee wirkte noch schöner im silbernen Glanz des Mondes, beinahe zu schön um dieses Bild mit Fußstapfen zu zerstören, und doch wanderte eine einsame Gestalt durch das Weiß. Bis über die Knöchel reichte die kalte Decke dem Mädchen, das nur in ein Hemdchen gehüllt in der Nacht stand und sich seinen Weg bahnte. Ein leichter und doch beißend kalter Wind fuhr ihr durch die Kleider und zerzauste ihr Haar, doch sie ließ sich nicht beirren. Ihr Blick blieb auf den Schatten gerichtet, der den Hügel hinauf am Horizont stand und auf sie wartete. In der Stille wirkte alles so unwirklich, geisterhaft, ebenso wie sie sich fühlte.

Die Kälte spürte sie nicht, nicht einmal an ihren nackten Füßen, die ihre Spuren in den Schnee schrieben. Eine Träne lief über ihre Wange und gefror, noch bevor sie hinabtropfen konnte. Vor ihr erhob sich der kleine Hügel und mit jedem Schritt, den sie hinauf trat, wuchsen dahinter die Lichter der Stadt empor.
 

„Du bist gekommen“, hauchte der Wind an ihrem Ohr und aus dem Schatten löste sich eine Gestalt. Das Mädchen starrte an ihrem Gegenüber auf. Ein junger Mann schaute auf sie hinab. „Warum sind wir hier?“, fragte sie, die Tränen in den Augen. Er lächelte und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Weil die Welt uns noch nicht gehen lassen wollte, Schwester“, flüsterte der Wind. Der Arm um ihre Schultern war warm und doch nicht mehr als eine Böe.

„Warum nennst du mich Schwester?“, fragte sie leise und ließ den Kopf sinken. Es war alles so still. „Wir sind alle eine Familie, ohne Familie wäre es doch zu trostlos hier“, antwortete ein Luftzug, „außerdem, teilen wir alle das gleiche Schicksal.“ Sie seufzte und ließ eine dampfende Atemwolke in den Himmel steigen.
 

Früher hatte sie hier Drachen steigen lassen, mit ihrem Vater, wenn es warm war und der Herbst den Sommer ablöste mit seinen Winden, hatten sie Stunden hier oben verbracht und dem Tanz der bunten Flieger zugesehen. Es war ihr als wäre da immer noch das Lachen, dass sie vergeudet hatte, wie ein Geist der Vergangenheit. Traurig blickte sie auf die Stadt hinunter und dachte daran wie ihre Familie nun zusammensaß vor dem Kamin, ihre Eltern sich in den Arm nahmen und beteten, dass sie wiederkommen möge. Das würde sie nicht.
 

„Ich glaube es ist Zeit, Schwester“, weckte sie der Wind und sah sie mit traurigen Augen an. Sie nickte und schloss die Augen. Sie wusste nicht, was geschehen würde, und doch hatte sie keine Angst. Die Arme des Windes legten sich sanft um ihre Schultern und hoben sie in den Himmel.

Über den Wolken öffnete sie ihre Augen wieder und blinzelte den Sternen entgegen. Es war wie ein Wunder, das man den Menschen nicht gönnte, weil es zu prächtig war für ihre Augen.
 

„Wird es wehtun?“, fragte sie in das Nichts, das sie weiter hinauf trug. „Nein“, hauchte der Wind und ließ los. Sie fiel durch die Wolkendecke und zerbrach, nur um sich in tausenden kleinen Flocken wieder auf der Erde niederzulassen und sie noch ein wenig weißer zu machen… ein wenig schöner.



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  Lillunija
2013-06-10T12:08:08+00:00 10.06.2013 14:08
Diese Geschichte erinnert mich an einem Spielfilm mit einem jungen Mann der von Geburt an von der Familie verstoßen wurde und in ein Waisenhaus aufwuchs. Jedes Gewitter zog ihn an wie Licht die Motten. Eines Tages, während eines Gewitters, rannte er raus auf ein Feld und wurde von einen der Blitze getroffen. Er verschwand im Blitz und wurde zu einem Teil dessen Energie. Er hinterließ eine gute Freundin, die um ihn, auf ihre Weise trauerte.
Er besaß die Fähigkeit zu spüren was andere Menschen empfanden.
Deine Geschichte ähnelt dem Spielfilm etwas. Es ist sehr schön geschrieben, sehr gefühlvoll.
Antwort von: abgemeldet
10.06.2013 19:10
Der Film klingt interessant, weißt du zufällig noch den Namen? Ich kenne ihn jedenfalls noch nicht, aber so von dem was du bisher geschrieben hast, scheint die Grundstimmung wirklich die Gleiche wie hier zu sein =)
Antwort von:  Lillunija
10.06.2013 20:14
ich forsche mal nach. Der lief vor Jahren mal im fernsehn.
Antwort von: abgemeldet
10.06.2013 20:15
danke
Von:  NaBi07
2013-03-30T20:35:53+00:00 30.03.2013 21:35
huh, wenn ich das lese überkommt mich Gänsehaut. Ich frage mich, wie die kleine Gestorben ist. Meine Fantasie fängt an zu rotieren. *gg*

Von:  Indira
2013-03-10T16:28:25+00:00 10.03.2013 17:28
Hiho :)
Eine wunderschön geschriebene Geschichte. Der Schreibstil gefällt mir sehr gut.
Gänsehaut beim Lesen und doch sehr zauberhaft.
LG
Indira
Von:  Veluna
2013-03-06T14:11:38+00:00 06.03.2013 15:11
Hallu :)

Vielen Dank erst einmal, dass du mit deiner Geschichte an meinem WB teilgenommen hast! :)

Habe nun endlich Zeit gefunden sie zu lesen und es ist wirklich eine hübsche Idee. Ich hoffe, dass ich das richtig verstanden habe und das Mädchen gestorben ist? Aber die Art und Weise wie du das beschreibst, gefällt mir, da es so den Anschein macht, als bräuchte man keine Angst davor zu haben.

Nur weiter so! :)

Liebe Grüße

Veluna
Antwort von: abgemeldet
06.03.2013 17:00
Hallu und danke für den Kommi =)

Ja, das hast du schon richtig verstanden;
freut mich, dass die Idee gefällt ;)
Von:  Armageddon
2013-02-27T19:49:40+00:00 27.02.2013 20:49
Das ist eine schöne Geschichte.
Antwort von: abgemeldet
27.02.2013 22:21
Schön, dass sie dir gefällt =)


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