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Der Kuss des Kobolds

von

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ELF

//2 ½ Jahre später//
 

Als ich mich erhob stieg mir der Duft von frischen Magnolien in die Nase. Der Friedhofsgärtner verstand wirklich etwas von seiner Arbeit. Überall grünten und blühten Pflanzen vor sich hin, deren Namen ich teilweise nicht einmal kannte.

Ich drückte einen Kuss auf meine Fingerspitzen und führte diese dann an Harrys Namen an dem Grabstein vor mir.

»Bis bald, Liebling«, sagte ich mit belegter Stimme und putzte mir die Nase, als ich den Weg zum Parkplatz einschlug.

Ich kam oft hierher und jedes mal musste ich heulen. Aber es war von mal zu mal nicht mehr ganz so schlimm. Und es war gar nichts im Vergleich zur damaligen Beerdigung. Ich hatte mir nie vorstellen können, dass jemals jemand so sehr weinen konnte wie ich an diesem Tag. Aber alles schien möglich. Der Schmerz hatte so tief gesessen, dass ich irgendwann nur noch weinend in Mary Janes Armen gelegen hatte, als Harry dann neben seinem Vater zur letzten Ruhe gebettet worden war.

»Alles klar?«, riss eine Stimme mich aus diesen schmerzlichen Erinnerungen.

Ich blickte auf und sah, dass John, lässig an der Motorhaube seines Wagens lehnend, auf mich wartete.

Mir war klar, dass er meine geröteten Augen und die triefende Nase bemerkt hatte.

»Ja«, sagte ich kurz angebunden und lehnte mich neben ihm gegen das erhitzte Blech des Fahrzeuges.

Schweigend genossen wir einige Momente die Sommersonne und hingen unseren eigenen Gedanken nach. Dann wurde er unruhig und rutschte immer wieder hin und her, als würde ihm etwas auf dem Herzen liegen. Ich sah ihn fordernd von der Seite an, bis er sich endlich dazu entschließen konnte, den Mund auf zu machen.

»Ich muss dir etwas sagen«, begann er, sah mich dabei aber nicht an.

»Schieß los«, forderte ich ihn auf und kramte in meiner Jackentasche nach einer Packung Kaugummi.

»Ich habe meine Versetzung beantragt«, sagte er, als ich mir einen Kaugummi in den Mund schob und ihm ebenfalls einen anbot, den er allerdings mit einer Handbewegung ablehnte.

»Aha«, machte ich nur und verstand die Tragweite seiner Aussage noch nicht so ganz.

»Sie wurde genehmigt.«

»Und weiter?«, hakte ich nun alarmiert nach und sah ihn mit großen, fragenden Augen an.

»Ich werde in meine Heimatstadt zurückkehren«, beendete John seine Beichte.

Ich stieß mich so heftig von der Motorhaube ab, dass der Wagen wackelte.

»Du kannst nicht fortgehen«, verlangte ich, während er mich entschuldigend ansah. »Du bist mein bester Freund, John. Was soll denn dann aus unseren wöchentlichen DVD-Abenden werden? Wer guckt den jetzt Liebesschnulzen mit mir an?«

Ja, ich war egoistisch.

»Psssst«, sagte er hastig, bewegte sich nach vorn und legte eine Hand auf meinen Mund, bevor er sich vergewissernd umblickte. »Bist du verrückt? Dich hört noch jemand.«

Ich kicherte in seine Hand hinein und auch John lachte, als ich seine Hand nach unten zog.

»Ernsthaft?«, fragte ich noch einmal nach und er nickte langsam.

Ich holte tief Luft und seufzte lang. Es machte mich traurig, wenn ich daran dachte, dass er gehen würde.

»Dann werde ich dich echt vermissen«, gab ich zu, doch John hatte dafür direkt eine Lösung parat.

»Komm doch mit.«

Ich lachte lustlos, bis ich merkte, dass er es ernst zu meinen schien. Hm... wieso eigentlich nicht? Universitäten gab es bestimmt auch da, wo er herkam. Wirklich viel hielt mich nicht mehr in dieser Stadt. Zu viel Dinge waren passiert.

»Okay«, beschloss ich also kurzerhand und klatschte in die Hände. »Auf in ein Abenteuer.«

»Echt jetzt?«

»Ja.«

»Ja?«

Ja!«, rief ich und fühlte mich beinahe etwas überrumpelt, als ich mich plötzlich in einer festen Umarmung wiederfand und John einen Kuss auf meinen Mundwinkel drückte.

Ich lachte aufgrund seiner fast schon euphorischen Freude.

»Wir können in das gleiche Haus ziehen«, schlug ich vor. »Dann können wir jeden Abend zum DVD-Abend machen.«

»Ausgezeichnete Idee«, stimmte er mir zu und nahm jetzt doch einen Kaugummi von mir entgegen.

Zufrieden lehnte ich mich wieder gegen die Motorhaube.

»Du, John?«, fiel mir nach einiger Zeit schlagartig etwas ein.

»Hm?«

»In welche Stadt ziehen wir jetzt gleich noch einmal?«

Ein leises Lachen stahl sich aufgrund meiner Unwissenheit seine Kehle nach oben.

»Gotham City«, klärte er mich dann auf und ich nickte verstehend. Coole Sache. »Lust auf ein Eis?«

»Oh ja«, meinte ich und wählte im Stillen schon meine Lieblingssorten aus.

»Na dann los.«

Ich umrundete die Motorhaube auf meiner Seite und setzte mich auf den Beifahrersitz. Dann fuhr der Wagen davon und ich mit ihm, auf den Weg in ein neues Abenteuer.

Und vielleicht lebte ich ja auch irgendwann glücklich und zufrieden bis an mein Lebensende. Genau wie in meinen Liebesschnulzen.
 

~ Ende ~



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