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風の記憶 (Kaze no kioku)

Die Erinnerung des Windes
von

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Ankunft

„Kniet nieder! Kniet nieder!“

Kaya sah auf, als er die Worte durch das Dorf hallen hörte und raffte seine Kimono-Lagen, rannte die Hügel hinunter, von denen aus er schon die Fahnen und Banner sehen konnte. Es war keine große Prozession, immerhin war die Adelsfrau, die dort reiste, nicht unbedingt von großer Wichtigkeit, auch wenn sie auf dem Weg zum Hofe des Shoguns war. Trotzdem war es für das Dorf, in dem er lebte, immer ein besonderer Moment, wenn jemand es durchquertem, auf dem Weg nach Edo, dem Regierungssitz des Shoguns.

Vorsichtig drängelte er sich durch die Menschenmenge zu seinen Eltern, die vor ihrem Haus standen. „Kaya-chan, du ungezogenes Kind! Warum kommst du erst jetzt?“ Enttäuscht sah seine Mutter ihn an und zog ihn zu sich, gab ihm einen leichten Klaps gegen die Wange. „Verzeih mir, Mutter…“ Er verbeugte sich und blickte entschuldigend zu seinem Vater, der ihn nur leicht musterte und mit der Hand abwinkte. Kaya musste lächeln. Sein Vater nahm das alles nie so ernst, ließ ihm jede Freiheit, auch wenn er mit 18 Jahren schon weit über dem heiratsfähigen Alter hinaus war. Seine Eltern führten das- für diese dörflichen Verhältnisse- edelste Gasthaus, das regelmäßig von Daimyos, großen Lehnsherren, besucht wurde, die auf der Durchreise waren. demnach hatte seine Familie großen Einfluss in dem Dorf und sein Vater Keichi war so etwas wie der Dorfvorsteher. Seine Mutter Michiko half ihrem Mann im Gasthaus, putzte die Räume und kochte für die Gäste. Kaya war das einzige Kind des Paares und sie waren stolz auf ihn, auch wenn er sehr besonders war. Sein tiefbraunes Haar reichte ihm bis zur Hüfte und er steckte es jeden Morgen zu kunstvollen Frisuren und trotz dessen, dass er ein Junge war, war sein Körperbau sehr zierlich und schlank, aber nicht übermäßig dünn.

Nun stand er in einem graublauen Kimono gekleidet am Straßenrand vor dem Gasthaus und erblickte bereits die Spitze des Daches des Palankin, in dem die Adelsfrau saß und getragen wurde. Der Palankin war mit Blattgold versehen und rote Seidenstoffbahnen wanden sich um die Tragestäbe. Vor dem Fenster befand sich eine Art Jalousie, an deren Seite Bänder befestigt waren, um sie hoch zu ziehen, doch allen voran dienten sie dem Zweck, die Frau vor Blicken der gewöhnlichen Leute zu schützen. Kaum war der Palankin nur noch ein paar Meter entfernt, warfen sich Kaya und seine Eltern zu Boden, die Stirn war auf die Handrücken gepresst. Niederen Menschen wie ihnen war es strengstens untersagt, einer solch edlen Frau ins Gesicht zu schauen. Würden sie es doch wagen, stand auf sie die Todesstrafe in Form eines abgeschlagenen Kopfes. Kaya wusste sehr wohl um diese Strafe, doch er war so neugierig. Er wollte sehen, wie eine Frau aussah, die am Hofe des Shogun leben würde….

Sein Blick glitt langsam über den Boden, bis allmählich der Palankin in Sicht kam. Er begutachtete das Gold und die Stoffe, ehe er langsam höher glitt und das Fenster in Augenschein nahm. In diesem Moment schob eine feingliedrige und elfenbeinfarbene Hand die Jalousie beiseite und ein blasses Gesicht mit spitzer Nase und leichtem Schmollmund kam zum Vorschein. Die Augen sahen sich leicht um und trafen auf Kayas, weiteten sich. Erschrocken wandte der Junge sich ab und presste die Stirn auf die Hände, spürte, wie ihm das Herz vor Angst bis zum Hals schlug. Die Frau hatte ihn gesehen…. Jetzt war sein Schicksal besiegelt. Er würde geköpft werden und sein Kopf würde als Warnung vor so einer Aktion vor den Toren des Dorfes auf einem Stab stecken. Seine Eltern würden für immer mit dieser Schande leben müssen und vom Rest der Dorfgemeinschaft verachtet werden. Der Geruch eines süßlichen Parfüms stieg ihm plötzlich in die Nase und gleich darauf schob sich ein weißer Seidenkimono und edel angefertigte Getas in seinen Blick. Noch immer wagte er nicht, den Kopf zu heben, hielt den Blick weiter starr auf den Boden gerichtet. „Dein Name.“, sagte eine weiche Frauenstimme und Kaya hatte das Gefühl, sein Herz würde stehen bleiben. „Kaya.“, wisperte er und schluckte, ballte seine zarten Hände zu Fäusten. „Steh auf, Kaya. Die Edle Dame Sachi no kimi(*) hat entschieden, dass du sie an den Hof des Shoguns begleiten wirst.“

Wie betäubt sah der Junge auf seine Hände, bekam jedoch einen Stoß von seiner Mutter. „Steh auf und zolle dieser feinen Dame dienen Respekt und deine Dankbarkeit! Sie nimmt dich mit an den Hof.“, zischte sie und blickte ich sanft und mit Tränen in den Augen an. In ihnen war Stolz zu sehen und es veranlasste ihn, mit zitternden Gliedern auf zu stehen. Seine Finger krallten sich in den Baumwollkimono und langsam trat er vor den prachtvollen Palankin, sank auf die Knie und verbeugte sich tief. „Ich danke Ihnen…“, hauchte er und erst, als er aus dem Augenwinkel ein Winken der jungen Frau, die gerade eben noch mit ihm gesprochen hatte, sah, stand er wieder auf. Seine Mutter trat zu ihm und drückte ihm schweratmend ein Bündel in die Hand. In dieser kurzen Zeit musste sie ins Haus geeilt sein und einige Dinge zusammengepackt haben. „Pass auf dich auf…“, wisperte sie und sah ihn mit feuchten Wangen an, umarmte ihn sanft. „Und behüte dein Geheimnis, so lange es geht.“ Er nickte nur schwach und spürte die raue Hand seines Vaters auf seiner, sah zu ihm auf. „Schreib uns Briefe. Wir wollen wissen, ob es dir da auch gut geht.“, sagte er nur, doch man sah, wie schwer es ihm fiel, Kaya gehen zu lassen. Er war sein einziger Sohn, sein einziges Kind und nun würde es fortgehen, weit weg nach Edo. Ungestüm umarmte Kaya ihn und wandte sich dann von seiner Familie ab, stieg mit der Frau in ihren Palankin, der bei weitem nicht so prachtvoll war wie die der Edlen Dame Sachi, doch immer noch beeindruckend war. Hätte er noch langer bei seiner Familie gestanden, hätte er sich nicht mehr von ihnen trennen können. Schweigend senkte er den Blick und knabberte an seiner Lippe, während sich die Prozession wieder in Bewegung setzte und auch das „Kniet nieder! Kniet nieder!“ von neuem begann. Sein Geheimnis… Wie sollte es möglich sein, es im Palast weiter für sich zu behalten? Er musste sich umziehen lassen, musste baden… Ihm blieb keine andere Wahl, als es seiner neuen Herrin zu erzählen… oder der Frau, mit der er nun zusammensaß. Er wusste nicht einmal, wie sie hieß… Aber was würde dann passieren? Sie würden ihn mit großer Sicherheit zurückschicken, denn so „etwas“ wie er durfte nicht in der Nähe einer solchen Frau wie Sachi sein. Er war eine Absonderlichkeit, eine Laune der Natur. Hier im Dorf war er für alle ein Mädchen, trug Kimonos für Frauen und auch vom Äußerem her war er eindeutig als Frau zu erkennen. Doch im Palast würde das anders werden, das war ihm sehr wohl bewusst. Ihm blieb kein Ausweg, er musste es sagen, damit gleich alles geklärt war und er zu seinen Eltern zurück konnte.

„Ver-Verzeihen Sie….“, sagte er leise und die Frau blickte auf. Er wusste nicht einmal, wie er sie richtig ansprechen musste, welchen Rang sie inne hatte. Er wusste nur, dass er nun wohl im niedersten Rang des gesamten Palastes war. „Mein Name ist Haruko. Ich werde deine Lehrerin sein. Ich werde dir beibringen, wie du reden musst, wenn du in Gegenwart der anderen Damen und Herren bist, wie du gehen musst, wie du dich verhalten musst. Dein Bauernverhalten kannst du nicht behalten.“, sagte die Frau sofort auf seine Worte und blickte ihn dann abwartend an. „J-Ja… Haruko-sensei.“ Er schluckte etwas und verbeugte sich leicht. Diese Lehrerin würde er wohl nur noch einige Minuten lang haben… „Ich… Ich muss Euch etwas sagen….“
 

* * *
 

Es dauerte noch vier Tagesreisen, ehe die ersten Häuser und Felder der Stadt Edo in Sicht kamen. Die Menschen auf der großen Straße machten Platz für die Menge der Wächter, Träger, Pferde und Palankine, die getragen wurden und neugierige Blicke trafen die Reisenden. Jeder wollte wissen, wer dort in die Stadt einzog und vor allem wohin die Reise diese Menschen führen würde. Es dauerte allerdings noch fast einen halben Tag, bis der Palast des Shoguns endlich in Sicht kam und der kleine Hofstaat, den die Dame Sachi mitgebracht hatte, durch das Tor, das zum Frauenpalast führte, ging. Für die erste Zeit würde die junge Frau dort mit ihren Kammerfrauen leben, bis in den Gemächern ihres zukünftigen Mannes Akira, dem Obersten Hauptmann und engstem Vertrauten des Shoguns, genug Platz geschaffen wurde, um die zwanzig eigenen Hofdamen und Kammerfrauen aufzunehmen, die Sachi von ihrem Heimatpalast mitgenommen hatte. Akira war neben dem Shogun nun der einzige Mann, der Zutritt zu dieser Männer-verbotenen Welt hatte, doch auch er hatte kein Recht, die Hofdamen und Konkubinen des Shogun zu sehen oder auch nur zu erahnen, weswegen Sachi im äußeren Bereich des Palastes untergebracht war. Mit einem lauten Dröhnen schloss sich das Tor und ein großer Holzriegel wurde davorgeschoben.

Die Palankine wurden vorsichtig zu Boden gelassen und gleich darauf öffnete sich die Tür zu dem, in dem Haruko saß. Sie sammelte ihre Kimonolagen und stieg vorsichtig aus, hinter ihr folgte Kaya und sah sich mit großen Augen um. Sein Blick fiel auf das große geschlossene Tor und eine Welle der Traurigkeit überkam ihn. Dieses Tor würde ihn von jetzt an für immer von der Außenwelt, die er kannte, trennen. Er hatte kein Recht, diesen Ort, diesen Palast hier zu verlassen. Er gehörte nun zu seiner Herrin, die von nun an hier leben würde und ebenfalls niemals mehr die Außenwelt sehen würde. Trotz dieser traurigen Gedanken war er fasziniert und blickte sich neugierig um. Alles wirkte hier, als wäre es für sich selbst eine kleine Stadt mit Wegen, Bänken, Teichen, Brücken und Bäumen. Weiter in der Ferne konnte er den größeren Palast ausmachen und er wusste sofort, dass dort der Shogun lebte, Seine Majestät Seiimei. „Komm.“ Mit diesem Wort riss Haruko ihn aus seinen Gedanken und er blickte sie leicht an, folgte ihr dann aber, als seine Herrin und ihr Gefolge auf den Palast zugingen. „Ich werde dir eine Kammerfrau zur Seite stellen. Ihr Name ist Takiko. Ich habe sie von dir unterrichtet und sie wird die einzige an deiner Seite sein. Niemand darf davon erfahren, außer noch Sachi no kimi selbst. Wir Drei werden auf dich Acht geben und ich verlange von dir, dass du das selbst von dir tust.“, sagte sie mit leiser Stimme, damit niemand sonst sie hören konnte. „Ich danke Euch, Haruko-sensei.“, wisperte er und blickte sie dankbar an, atmete tief ein. Haruko würde sie schützen und unterstützen…

Mit diesem Gedanken betrat er mit der jungen Frau den Frauenpalast des Shogun und wurde zusammen mit dem restlichen Gefolge von einigen Kammerfrauen zu ihren vorübergehenden Gemächern geführt. Noch nie in seinem Leben hatte Kaya solchen Luxus gesehen. Die Wände und Schiebetüren entlang des langen Gangs waren mit Blattgold beschlagen, das im Schein der Öllampen und des einfallenden Lichtes schimmerte. Darauf tummelten sich Kraniche und andere Tiere und immer wieder waren die Szenerien von blühenden Bäumen durchsetzt oder Bäumen, die Herbstlaub trugen, sowie Landschaftsszenarien mit Flüssen, Seen und Wäldern. Er war so sehr damit beschäftigt, die Bilder zu betrachten, dass Haruko ihn weiterzerren musste. Noch immer trug er den graublauen Kimono, den er seit der Abreise von seinem Dorf anhatte und fühlte sich mit einem Mal fehl am Platz. Er hatte keine feinen Kimonos, die er anziehen konnte, nur das kleine Bündel, das er von seiner Mutter bekommen hatte und von dem er nicht wirklich wusste, was es beinhaltete. Woher sollte er nur Kleidung bekommen? Doch bevor er sich darüber weiter Gedanken machen konnte, hielten sie plötzlich an und eine Kammerfrau des Palastes verbeugte sich vor ihnen und öffnete eine Schiebetür. Sachi drehte sich zu Kaya und lächelte ihn leicht an. „Ich habe beschlossen, dir ein eigenes Gemach zu überlassen, zusammen mit Haruko-sensei und Takiko, deiner neuen Kammerfrau. Du bist all das hier nicht gewohnt und ich dachte, du würdest dich mit einem eigenen Rückzugsort wohler fühlen.“, sagte sie mit einer leisen, weichen Stimme und Kaya verbeugte sich schüchtern. „Ich danke Euch, Sachi no kimi…“, sagte er leise und hatte nun endlich Gelegenheit, sie näher zu betrachten, denn während der Reise hatte er sie nicht einmal zu Gesicht bekommen. Ihre Haut war selbst unter der leichten weißen Schminke ganz blass und es schien, als hätte sie unter den Lagen ihres Kimono einen unwahrscheinlich dünnen Körper. Ihr Gesicht war fein geschnitten mit großen Augen und lange Haare umrahmten es. So also sahen aristokratische Töchter aus… Ganz anders als die Mädchen und Frauen, die er aus dem Dorf kannte mit ihrer braunen Haut, den kräftigen Händen und dem etwas stämmigen Körper, der dabei half, die schweren Lasten zu tragen. „Ich erwarte dich in den nächsten Tagen in meinen Gemächern. Ich möchte dich näher kennenlernen.“, meinte sie dann und verbeugte sich kurz, ehe sie mit ihren restlichen Hofdamen und Kammerfrauen weiterging.

Kaya sah ihr lange nach und war ihr unwahrscheinlich dankbar für all das. Haruko hatte sie über Kayas besondere Umstände informiert und Sachi hatte beschlossen, ihn trotzdem mit zu nehmen. Und um ihn vor den anderen zu schützen, hatte sie ihm das Gemach überlassen. Zusammen mit Haruko betrat er es und sah sich überwältigt um. Die Tatamimatten waren weich und perfekt gesäubert, durch Fenster fiel Licht herein und an einigen Stellen waren mit Blattgold verzierte Wände. Hier würde er nun also leben. In Prunk und von der Außenwelt für immer abgeschottet. Plötzlich wurde die Tür aufgeschoben und zwei Kammerfrauen trugen eine Truhe herein, stellten sie in eine Ecke des Zimmers. „Ooh, die Kimonos!“, rief Haruko verzückt und öffnete sie. „Sachi no kimi hatte einen Boten vorausgeschickt, der veranlassen sollte, dass die Kimonos gegeben werden, die deinem neuen Stand entsprechen. Du kannst hier nicht in einem Baumwollkimono herumlaufen.“ Ungeduldig winkte sie Kaya zu sich und nahm einen Kimono samt Obi und Unterkleidung heraus. Noch nie hatte Kaya etwas derart prächtiges gesehen. Am unteren Saum des Kimonos lagen Blätterhaufen des Roten Ahorns mit rotbraunem Hintergrund und je höher man sah, desto blasser wurde es, bis es ins Weiß überging, während weitere Blätter aus dem Nichts Richtung Boden segelten. Zu all dem gab es einen blassroten Obi, der mit Goldfäden durchzogen war. „Takiko, hilf ihm, sich aus zu ziehen und zu waschen.“, befahl Haruko dann und Kayas neue Kammerfrau nickte, begann, ihn aus zu ziehen. Trotz der Tatsache, dass die Beiden über sein Geheimnis Bescheid wussten, schämte er sich dafür, dass sie nun sehen konnten, wie sein Körper aussah. Nur widerwillig ließ er sich nun seinen Unterkimono ausziehen und bedeckte seinen Körper sofort mit den Händen. „Mach das nicht. Du brauchst keine Scham vor uns zu haben.“, entgegnete Taki sanft und sah etwas zu ihm auf. Im Gegensatz zu Haruko war sie nicht besonders hübsch, das Gesicht passte nicht wirklich zusammen und die großen schiefen Schneidezähne gaben ihr ein hasenähnliches Aussehen. Ihre Stimme dagegen war hoch und ein wenig piepsig. Unsicher sah er zu ihr und biss sich nur auf die Lippen. „Tut mir Leid… Ich bin es nicht gewohnt, dass andere mich so sehen können.“, meinte er leise und Haruko schüttelte den Kopf. „Niemand außer uns wird dich jemals so sehen. Du brauchst keine Angst zu haben. Dieses Geheimnis wird dieses Gemach nie verlassen.“, versuchte sie ihn zu beruhigen und Taki nahm seine Hand, führte ihn in das Zimmer daneben, das sich als Badezimmer entpuppte. In der Mitte stand bereits ein großer Badezuber voll mit heißem Wasser und mit einem Mal sehnte er sich danach, den gesamten Schmutz von der Reise von sich zu waschen. Ein leises Seufzen entwich ihm, als er sich ins Wasser sinken ließ und er lehnte sich zurück, genoss es, wie die Hitze in seine Glieder fuhr und seine verkrampften Muskeln lockerte.

Erst eine halbe Stunde später, als das Wasser schon fast kalt war, hielt Taki ihm ein Tuch hin und trocknete ihn sanft ab, danach kämmte sie sein langes Haar und half ihm in einen leichten Kimono, verschnürte ihn nur leicht. „Das ist euer Gewand für die Nacht, Kaya-sama. Niemand außer Haruko-sensei und ich werden Euch so sehen.“ Kaya nickte leicht und stand auf, kam zurück ins andere Zimmer. Während seiner Abwesenheit hatte Haruko bereits Futons ausgerollt und einige Öllampen entzündet, die leichtes Licht spendeten. Er spürte, wie müde er war und ließ sich erschöpft auf das Kissen sinken, schloss die Augen. Er spürte gerade noch, wie jemand die Decke über seinen Körper zog, dann schlief er ein. So würde von nun an also sein Leben verlaufen. Er wusste noch nicht, ob er es mögen sollte oder nicht…

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Das erste Kapitel ist zu Ende und ich hoffe, ihr findet Gefallen an der Geschichte. Das zweite Kapitel ist bereits in Arbeit. Danke fürs lesen!

Begegnung

Seiimei ging, begleitet von seinem Haushofmeister und einem Diener, die Gänge seines Palastes entlang, trat dann hinaus ins Freie und bewegte sich Richtung Truppen-Übungsplatz. Während der Haushofmeister die Namen derer hinunter rasselte, die neu in die Wache des Palastes aufgenommen wurden, ignorierte Seiimei das und ging weiter, versuchte, seinen Kopf frei zu bekommen. Das vorangegangene Streitgespräch mit seinem Bruder Kaoru hatte ihm schon wieder sämtliche Nerven gekostet, die er seit dem Aufwachen hatte und nun befand er sich in äußerst schlechter Laune. Dieser Besuch musste aber leider gemacht werden.

Sein Blick fiel auf einen Kirschbaum, der sich neben einem Teich befand und ein leichtes Lächeln huschte dann doch über sein schlecht gelauntes Gesicht. Es war Frühling und es würde nicht mehr lange dauern, bis die Kirschbäume zu blühen anfangen würden. Er konnte sogar schon einige Knospen an den Ästen sehen. Die Hanami-Zeit* war zwar eine sehr schöne, aber doch auch sehr kurze Zeit, denn die Bäume blühten nur ein bis zwei Wochen und warfen die Blumen dann ab. Der gesamte Hofstaat verfiel in dieser Zeit in eine Art Entspannung und es gab viele Picknicke unter den Bäumen von den Hofdamen speziell im Frauen-Palast, doch auch die Beamten und sogar die Wachen nutzten jede Gelegenheit, um bei diesen Bäumen zu sein und deren Schönheit zu bewundern, die so schrecklich vergänglich war.

Es dauerte noch einige Zeit, bis sie den Platz erreichten, doch schon fast zehn Meter davor hörte er den Ruf: „Kniet nieder vor dem Shogun!“ Einige Minuten später bog er um die Ecke und sah die neuen Mitglieder der Wache auf dem Boden knien, ging die Treppe des Gebäudes, das an dem Platz stand, nach oben und drehte sich zu ihnen um. „Erhebt euch!“, befahl er und die Männer standen auf. „Ihr seid jetzt Mitglieder der Palastwache des Shoguns. Ihr habt den Eid geschworen, mich, den Shogun und diesen Palast, der nun eure neue Heimat ist, mit eurem Leben zu schützen. Seid treu dem Land und mir gegenüber.“, sagte er laut mit seiner tiefen Stimme und die neuen Wachen riefen alle zusammen „Ja!“, standen nun ganz auf. Seiimei wandte sich langsam ab und betrat mit dem Kommandanten der Palastwache das Gebäude. Er wollte sich einen Überblick über die neuen Männer verschaffen, die von nun an sein Leben verteidigten, wollte sehen, wie sie sich in den Übungskämpfen schlugen. Nachdenklich betrachtete er sie durch das Fenster, ehe er an einem der Männer hängenblieb.

Das Schwert des jungen Mannes glitt mühelos durch die Luft und wurde auf solch eine grazile und anmutige Art geführt, dass er gar nicht anders konnte als ihn ohne Unterbrechung zu beobachten. Er hatte ein zart geschnittenes, fast weibliches Gesicht und seine fast hüftlangen Haare waren zu einem einfachen Zopf gebunden, der bei jeder Bewegung durch die Luft flog. „Sein Name.“, sagte Seiimei nur und der Kommandant blätterte eilig in den Unterlagen, ehe er zu ihm trat. „Hiko, Eure Majestät. 17 Jahre alt, aus Magome, einem kleinen Dorf an der Nakasendo-Straße.**“, antwortete er dann und der Shogun nickte. „Bringt ihn in meinen Audienzsaal. Ich will ihn als meinen persönlichen Diener.“ „Wie Ihr wünscht, Eure Majestät!“
 

* * *
 

Hiko wurde die Gänge des Palastes entlanggeführt, die zu dem Audienzsaal des Shogun führten. Er hatte lediglich noch Zeit gehabt, einen Kimono und einer Hakama*** anzuziehen, ehe der Kommandant ihn drängte, sich zum Palast zu begeben. Jetzt folgte er den Dienern noch immer schweißgebadet und blickte sich immer wieder um, während es in seinem Gehirn arbeitete. Warum sollte er zum Shogun kommen? Hatte er jetzt schon etwas falsch gemacht und musste die Strafe persönlich von ihm entgegennehmen? Oder war er nicht gut genug für die Palastwache, nicht gut genug um das Leben des Shoguns zu schützen? Würde er dann sofort wieder entlassen und musste in Schande zurück in sein Dorf? Bei diesem Gedanken wurde ihm mit einem Mal Angst und Bange. Schon seit er klein war, war es immer sein Wunsch gewesen, zur Palastwache zu gehören. Jeden Tag hatte er stets hart geübt, egal ob mit den Schwertern oder Pfeil und Bogen oder anderen Waffen. Er wollte gut genug sein, um eines Tages nach Edo gehen zu können und dort aufgenommen zu werden. Als er es dann wirklich geschafft hatte, waren seine Eltern sehr stolz auf ihn, denn sie wussten, welche Anstrengung er für diesen Traum unternommen hatte. Der Gedanke, dass er nun wieder zurück musste, jagte ihm Angst ein.

Abrupt stoppten sie und Hiko sah auf der Schiebetür vor sich das Wappen der Tokugawa. //Der Audienzsaal des Shogun…// „Ihre Majestät, der Shogun Seiimei, empfängt den Samurai Hiko!“, rief der Herold an der Tür und Hiko zuckte dadurch erschrocken zusammen. Die zwei Diener, die ihn geführt hatten, öffneten die Tür. Sofort senkte er den Blick und trat auf mit Goldfäden durchzogene Tatamimatten. Er kam dem Podest näher und fiel dann auf die Knie, winkelte die Arme an und drückte die Stirn auf das Tatami. Sein Herz klopfte ihm vor Angst bis zum Hals und er hatte das Gefühl, man konnte es im ganzen Raum hören. Von Seiimei selbst konnte er nichts erkennen, denn dieser war hinter einem Bambusvorhang und richtete sich nun langsam auf. „Wie ich an deinem Gesichtausdruck erkennen kann, weißt du nicht, warum du hier bist.“, sagte er und Hiko nickte langsam, mit dem Kopf noch immer auf dem Boden. „Ja, Eure Majestät.“, sagte er leise und schluckte. „Nun, du brauchst dir keine Gedanken deswegen zu machen. Neben meinen Gemächern wurde ein Raum für dich eingerichtet… Ich erwarte dich ab morgen in meinem Dienst. Du wirst deine Rüstung ablegen und einen Kimono tragen, deinen Dolch und dein Kurzschwert trägst du aber weiterhin.“ Überrascht riss Hiko die Augen auf. So etwas hatte er als allerletztes erwartet. „Ich… Ich danke Euch, Eure Majestät.“, wisperte er kaum hörbar und hörte, wie die Diener in den Raum traten, stand langsam auf.

Schweigend folgte er ihnen nun wieder weiter durch die Gänge, bei denen er sich sicher war, sich immer wieder zu verlaufen, und bald darauf hielten sie vor einer Tür und schoben sie auf. „Eure Gemächer, Hiko-sama.“ //Hiko-sama…?// Nur langsam betrat er das Zimmer und blickte sich um, war überwältigt von der Verzierung der Wände mit den Naturwesen und den Stellen mit Blattgold, die überall in der Burg zu finden waren. So viel Prunk… Er selbst war aus einem kleinen Dorf namens Nakatsugawa, in dem es schon Luxus war, wenn man ein Häuschen besaß, das mehr als nur einen Raum hatte. „Eure Kleidung wurde bereits hierher gebracht. Dies hier ist der Durchgang zu den Gemächern des Shoguns.“ Dabei zeigte der Diener auf eine Tür auf der anderen Seite. „Ihre Majestät wird eine Glocke an der Tür läuten, wenn Er nach deinen Diensten verlangt. Deine Dienerkleidung besteht aus einem weißen Kimono und einer himmelblauen Hakama.“ Hiko nickte nur, war unfähig, etwas zu sagen, denn er war von all den Sachen hier viel zu überwältigt.

Die Diener verließen ihn und er war nun endlich allein und konnte das alles auf sich wirken lassen. Vor zwei Stunden stand er noch unten auf dem Übungsplatz und richtete sich in Gedanken auf eine Nacht in der Kaserne mit vielen anderen Kameraden ein, jetzt befand er sich im Palast, direkt neben den privaten Gemächern des Shogun. //Immerhin lebe ich noch…// Langsam zog er seinen leichten Leinenkimono aus und schlüpfte in seine neuen Sachen, die nun komplett aus Seide bestanden. Das allerdings war schon ein Unterschied zur restlichen Dienerschaft, denn die trugen weißes einfaches Seidenkrepp****. Die Seide war ein Zeichen dafür, dass er trotz seines Standes als Diener zu jemandem gehörte, der sehr einflussreich war. Überraschenderweise hatte sein Gewand das Wappen der Tokugawa-Familie in einer größeren Darstellung auf der Hakama, im Gegensatz zu den anderen Dienern, die das Wappen lediglich auf den Schultern in kleiner Form hatten. Unsicher betrachtete er sich nun in dem kleinen Spiegel des Zimmers, strich den Kimono vorsichtig entlang.

Diener zu sein war für ihn etwas komplett neues. Er war aufgewachsen als jemand, der zu der niederen Kriegerklasse gehörte. Sein Vater war ein rangniederer Samurai ohne großen Einfluss, doch er sorgte dafür, dass er bereits mit fünf Jahren sein erstes Schwert in Händen hielt und seitdem wurde er jeden Tag im Schwertkampf unterrichtet. Sein Vater wollte, dass er mehr Ansehen haben würde als er selbst und er tat alles dafür. Seine Langschwerter lagen nun gut verstaut in einer Truhe und er vermisste es jetzt schon, sie an seiner Hüfte zu spüren. Sein Kurzschwert jedoch band er sich jedoch um und seinen Dolch befestigte er mit einem Ledergürtel, an dem sich eine Hülle für die Waffe befand, an seinem Oberschenkel. Ein Dolch konnte ihm in schwierigen Lagen immer eine große Hilfe sein. Doch jetzt wollte er erst einmal den Palast erkunden, in dem er von nun an leben würde, immerhin musste er jeden Winkel und Gang kennen. Ihm war irgendwie klar, warum der Shogun ihn als Diener haben wollte, er aber gleichzeitig ein Kurzschwert und einen Dolch tragen sollte. Er war von nun an sein persönlicher Leibwächter, der sich mit Tablett und Teekanne tarnte.
 

* * *
 

Ein leises Klingeln an der Tür, die zum Schlafgemach des Shogun führte, ließ Hiko am nächsten Morgen aus dem Schlaf fahren. Für einen Moment verstand er nichts, doch dann erinnerte er sich an die Worte des Dieners vom Vortag und er stand schnell auf um sich anzuziehen. Den Kimono und die Hakama band er ordentlich zu, befestigte das Kurzschwert und den Dolch und band seine langen Haare zusammen. Sein Herz schlug schnell, als er langsam die Zwischentür öffnete und niederkniete.

„Ich möchte baden. Richte mir das Wasser im Baderaum her.“, sagte der Shogun und ging mit seinem Nachtgewand an ihm vorbei. „Ja, Eure Majestät.“, sagte er leise und stand sofort auf, betrat den Raum, der an die Gemächer anschloss und hoffte, die Dienerschaft hatte das Wasser draußen bereits angeheizt. Er öffnete die Tür, die in den kleinen Hof hinausführte und war erleichtert, den Kessel zu sehen, aus dem bereits Dampf aufstieg. Immer wieder schleppte er den Kessel hinaus, fühlte ihn mit neuem dampfenden Wasser und trug ihn hinein zu dem Bottich, der hinter einer Schiebetür stand. ****

Es dauerte eine Weile, doch dann war der Bottich genug gefüllt und Hiko trat nervös in das Gemach zurück, sah sich leicht um. Er hatte keinerlei Erfahrung im Dienen. Er besaß nicht einmal das Standardwissen dafür und jetzt sollte er ausgerechnet dem obersten Herrscher des Landes dienen. Er kniete sich nieder, um dem Shogun zu sagen, dass das Wasser fertig war und gleich darauf trat Seiimei in den Vorraum, in dem sich ein kleiner Schemel, ein Holzeimer mit Wasser und ein Lappen befand. Hiko zog ihm das Nachtgewand aus und begann, den Mann zu waschen, erinnerte sich dabei an das, was seine Mutter bei seinem Vater immer getan hatte. Er goss das Wasser aus dem Eimer über Seiimei und begann, seinen Körper mit dem Lappen zu waschen. Danach öffnete er die Schiebetür, die in den hinteren Raum mit dem Bottich führte und Seiimei setzte sich in das heiße Wasser, lehnte sich zurück.

Zum ersten Mal sah er etwas von seinem neuen Herrn und das erste, was ihm auffiel, waren die langen Haare, die ihm fast bis zum Steißbein reichten. Er hatte eher erwartet, dass er einen Knoten im Haar trug, wie es Sitte war, doch hiermit bestätigte sich das Gerücht, der jetzige Shogun sei ein wenig eigen. Es war das erste Mal, dass er einen Mann sah, der solche langen Haare hatten außer ihm selbst und sie auch zur Schau trug. Er selbst wurde noch immer für einen Jüngling gehalten, weil er die Haare lang trug und sich den Kopf nicht rasieren ließ, wie es alle anderen in seinem Alter taten, um zu zeigen, dass sie nun der erfahrenen Kriegerklasse der Samurai angehörten. Er hing viel zu sehr an seinen Haaren… Auf Seiimeis Befehl hin massierte er ihm Rosenöl in die Haare und half ihm wenig später aus der Wanne, trocknete ihn ab und richtete ihm auf seinen Befehl hin einen der vielen Kimono und passender Hakama und Hatatare heraus.*****

Trotz dieser Dienste vermied er es, den Mann anzuschauen. Es war nicht aus Angst so, eher aus Respekt und großer Ehrfurcht, immerhin diente er dem einflussreichsten Mann im Land. Doch Seiimei bemerkte das und nachdem er sich mit Hikos Hilfe die Gewänder angezogen hatte, drehte er sich um und hob dessen Kinn an. Nun konnte Hiko das Gesicht des Mannes sehen und seine Augen weiteten sich. Er sah so jung aus! Grüne leuchtende Augen sahen ihn an aus einem Gesicht, das fast unverschämt attraktiv aussah. „Du bist mein persönlicher Diener, Hiko. Ich erwarte von dir, dass du mir ins Gesicht schaust.“, sagte er mit seiner dunklen Stimme und Hiko konnte nur nicken, schluckte leicht. „Ja, Eure Majestät.“, antwortete er leise und Seiimei ließ von ihm ab. „Mach mir einen Zopf. Danach wirst du mit zu den Audienzen begleiten.“

Sofort nahm Hiko ein farblich passendes Band aus einer kleinen Kommode und band damit seine Haare zusammen, verließ dann mit ihm die Gemächer und folgte ihm einen Gang entlang, den er gestern nicht gegangen ist. Anscheinend war es ein Verbindungsgang, der den offiziellen Palastgang umging und direkt zum Audienzsaal führte. Es kam ihm noch immer irreal vor, dass er nun hinter dem Shogun herging und nicht irgendwie Patrouille machte… Doch er würde sich schon noch daran gewöhnen, nur für Seiimei da zu sein.

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Das zweite Kapitel ist auch endlich geschafft! Ich versuche, jedes Kapitel aus der Sicht einer anderen Person zu schreiben, um sie einzeln vor zu stellen (wobei ich Ukifune und Sachi mit großer Wahrscheinlichkeit auslassen werde, weil sie wirklich pure Nebencharaktere sind)… Ich hoffe, das gelingt mir auch.
 

Das dritte Kapitel ist bereits in Arbeit und wird hoffentlich bald fertig sein. Nebenbei möchte ich hinzufügen, dass ich mich bemühe, alles nach geschichtlicher Richtigkeit zu schreiben, auch was die Verhältnisse betrifft. Ich bin kein Historiker darin und muss auch immer wieder meine Freundin wegen allem fragen, die Japanologie studiert und selbst sie ist sich bei vielem nicht sicher. Also… habt Nachsicht. :)
 

Musik:
 

Game of Thrones – Soundtrack

Kagrra, - Miyako

Pläne

Kaoru stand an diesem Morgen auf und wusste, es würde kein guter Tag werden… Sein Lieblingsgewand war schmutzig, das Wasser, in dem er badete, war nicht heiß genug und allgemein hatte er heute keine Lust, seine Gemächer auch nur ansatzweise zu verlassen, doch er musste seinem Bruder die Aufwartung machen. Allein dieser Gedanke machte ihn schon wütend. Schon von klein auf haben Seiimei und er sich nicht verstanden. Während Seiimei trotz seiner kühlen Ausstrahlung und seinem ernsten Wesen ein gerechter Mensch war, den alle mochten, liebte Kaoru es, zu flunkern, Leute zu ärgern und er hatte ein unberechenbares Wesen. In der einen Minute stand er Menschen bei, in der nächsten hinterging er sie und genau das war es, was die beiden Brüder spaltete. Kaoru mochte es, Menschen für seine Zwecke zu benutzen und sie dann fallen zu lassen, wenn sie ihm nicht mehr nützten oder ihm zu lästig wurden. Vom Geburtsrecht her war Seiimei der Erbe seines Vaters Atsushi gewesen und nur wegen Seiimeis Abneigung gegenüber Frauen war Kaoru Erbe des Thrones. Denn wie sollte ein Nachkomme von Seiimei existieren, wenn der es lieber mochte, Jungen und Männer in seinem Bett zu haben?

Doch selbst das befriedigte ihn nicht. Er wollte auf den Thron, er wollte Macht haben. Nichts liebte er mehr als Macht und Gewalt über Menschen. Und um das zu erreichen, tat er alles, selbst, sich mit dem Kaiser zusammen tun, was bei einem Shogun und seine Anhänger und Untergebenen verpönt war. * Doch was kümmerte ihn schon die Meinung seines Bruders? Dieser war so beschäftigt mit dem Regieren und mit sich selbst, dass er den geplanten Verrat nicht einmal roch. Das gleiche galt für seinen idiotischen, aber leider klugen Kommandanten und besten Freund Akira. Bei dem Gedanken an ihm rümpfte er sich die Nase und ließ sich von einer Dienerin einen Zopf flechten. Akira war von niedrigerer Geburt als der jetzige Shogun, trotzdem hatte er es irgendwie geschafft sich von klein auf in dessen Leben zu schleichen und sich daran fest zu haken. Es hatte Kaoru schon immer gestört, dass so eine Kreatur die Erlaubnis von Seiimei bekam, überall mit ihm zu sein und diese Freundschaft auch noch von ihrem Vater Atsushi positiv gefördert wurde. Unwirsch befahl er, die Tür seiner Gemächer zu öffnen und er machte sich auf den Weg zum Audienzsaal, kam sogar als erstes hinein, weil die Würdenträger ihm als Bruder des Shoguns Platz machen mussten.

Er kniete sich auf den Boden und legte die Stirn auf die Fingerspitzen. „Du kommst spät.“, sagte Seiimei nur und Kaoru presste die Lippen aufeinander. Er hasste es, vor allen von ihm gemaßregelt zu werden. Diese Erniedrigung… „Verzeiht mir, Seiimei-onii-sama.“, sagte er nur leise als Antwort und erhob sich, glitt hinter den Bambusvorhang und ließ sich hinter ihn sinken. Diese Audienzen nervten ihn und er war nicht gerne hier, aber so konnte er erfahren, was in dem Reich alles passierte und er brachte es für sein eigenes Nutzen. Schon seit er klein war, wollte er diesen Thron haben und er war jemand, der alles dafür tun würde, um an sein Ziel zu gelangen. Und das tat er nun auch. Seiimei wusste nichts davon, doch Kaoru hielt schon seit einiger Zeit regen Briefkontakt mit dem Kaiser in Kyoto, um alles zu seinem eigenen Vorteil zu nutzen. Ihm war klar, dass ihm als Hochverräter die Höchststrafe drohte, sollte es ans Licht kommen, allerdings bemühte er sich darum, alles zu verschleiern. Dazu gehörte auch, einige Wachen und Dienstboten mit Gold auf seine Seite zu ziehen und dafür zu sorgen, dass die Briefe an und vom Kaiser ohne Hindernisse und verletzendes Postgeheimnis hinein und wieder hinaus gelangen konnte.

Gelangweilt blickte er sich um, während seine Ohren wachsam blieben und sein Blick fiel schließlich auf einen Jungen, der an der Seite des Raumes neben einer Palastwache kniete. Er trug die Kleidung eines Palastdieners, doch um seine Hüfte trug er ein Kurzschwert und allgemein war seine Haltung zu angespannt. Nebenbei bemerkt kannte er den Jungen auch nicht… Er musste herausfinden, wer das war und was für eine Aufgabe er hatte und vor allem, wo er herkam. Es passte ihm nicht, jemanden zu sehen, den er nicht kannte…

Die Audienz verging und endlich verkündete Seiimei, dass alle entlassen wären. Erleichtert erhob sich Kaoru und verließ hinter seinem Bruder, den Saal, sah dabei auf den Rücken von Hiko und weitete überrascht die Augen. So war das also! Dieser Kleine war nicht nur ein normaler Palastdiener, er war speziell für Seiimei und seine Wünsche da. Was sonst sollte das große Tokugawa-Wappen auf seiner Hakama bedeuten? Und nun erklärte sich auch das Kurzschwert an seiner Hüfte. Leicht verengte er die Augen. So war das also… Sein geliebter Bruder sorgte für sein Leben, indem er sich einen kleinen Leibwächter nahm. Wusste er von seinem Plan? Oder ahnte er etwas davon? Nun, aber eigentlich war das einerlei, denn so oder so würde er sein Ziel erreichen, denn alles war zu genau durchdacht, als dass Seiimei dahinter kommen konnte. Mit einem Lächeln auf den Lippen verabschiedete er sich von seinem Bruder und begab sich in seinen eigenen Trakt des Palastes, öffnete die Tür, die zu seinem kleinen Garten hinausführte und genoss die süßen Gerüche des Frühlings. Entspannt ließ er sich auf den kleinen Außengang sinken und lehnte sich gegen einen Pfeiler, sah auf das kleine Bambusrohr, das sich langsam mit Wasser füllte und dann mit einem „Klack“ auf einen Stein aufschlug und das Wasser in den kleinen Teich fließen ließ, ehe es sich wieder aufrichtete, um erneut mit Wasser gefüllt zu werden. Es war alles so ruhig und entspannend… Ein Seufzen entglitt ihm und er spielte mit einigen Haarsträhnen. Bald würde es soweit sein. Bald würde er die Macht über den Palast und dieses Land in Händen halten und niemand konnte ihn aufhalten, nicht einmal sein Bruder. Seiimei würde verschwinden… Das hatte er in seinem Plan als erstes bedacht. Seiimei würde nie mehr einen Fuß in diesen Palast setzen, wenn Kaoru erst einmal Shogun war. Leicht ballte er die Faust und lächelte triumphierend. Nicht mehr lange…

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Es ist ein kurzes Kapitel und das tut mir auch sehr Leid, nur kann ich zu dem Charakter „Kaoru“ noch nicht wirklich viel schreiben… Ich hoffe aber, das bessert sich in den nächsten Kapiteln!

Änderungen

Ungeduldig lief Akira auf und ab, sah immer wieder zur Tür, die aus seinen Gemächern führte und die sich jederzeit öffnen musste. Er hasste es, sich zu gedulden… Vor allem jetzt, da er seine zukünftige Ehefrau zum ersten Mal sehen würde. In diesem Moment öffnete sich die Tür und er hielt in seinem Laufen inne, stellte sich gerade hin. Die Diener schoben die Tür ganz auf und Sachi betrat langsam den Raum, mit einigen Hofdamen im Schlepptau.

//Wow… Seiimei hat nicht zu viel versprochen. Sie ist wunderschön!// Er setzte ein leichtes Grinsen auf und ging langsam auf sie zu, verbeugte sich zusammen mit ihr. „Es freut mich, Euch endlich kennen lernen zu können, Akira-sama.“, sagte die junge Frau leise und sah ihn kurz an, schlug dann aber sofort die Augen nieder. „Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Sachi-sama. Ihr seht bezaubernd aus.“, erwiderte er und sah, wie sie errötete. „Dies ist meine Hauptkammerfrau, Kaya. Sie wird mit mir, ihrer Lehrerin und ihrer Dienerin zusammen einziehen.“ Akira sah leicht zur Seite und in diesem Moment trat Kaya schüchtern nach vorne und verbeugte sich tief, traute sich kaum, ihn an zu schauen. Fasziniert sah er zu ihr und biss sich leicht auf die Lippen. Hatte er Sachi gerade „bezaubernd“ genannt? Kaya war das schönste Mädchen, dem er je begegnet war. Die braunschwarzen Haare, die weiße weiche Haut… Akira konnte kaum die Augen von ihr nehmen. Und diese Stimme! Nicht zu tief und nicht zu hoch mit einem wundervollen Klang. Die meisten Frauen und Mädchen pressten ihre Stimmen höher, um graziler und reizvoller zu erscheinen, doch Kaya schien ganz darauf zu verzichten und das war ihm sofort sympathisch. Er mochte so etwas ganz und gar nicht.

Doch schließlich verbeugte er sich ebenfalls und lächelte sie an. „Es ist mir eine Ehre, Euch kennen zu lernen zu dürfen, Kaya-sama. Ihr seid in meinen Gemächern willkommen.“ Die Zweideutigkeit dieses Satzes fiel ihm zwei Millisekunden danach ein. Kaya anscheinend auch, denn ihr Gesicht färbte sich hochrot und sie verbeugte sich nur wieder hastig, murmelte ein kaum hörbares „Ich danke euch“ und zog sich hinter Sachi zurück. Nur mit Mühe konnte Akira sich wieder Sachi zuwenden und konzentrierte sich jetzt auf sie und unterhielt sich mit ihr, auch wenn sein Blick immer wieder zu Kaya glitt. Ihre Lehrerin, die als Haruko-sama vorgestellt wurde und Taki-san, die Kammerfrau von Kaya, redeten immer wieder leise mit ihr und schienen viel zu erklären. Warum brauchte die Oberste Kammerfrau einer Edlen Dame eine Lehrerin? Es schien auch so, als hätte sie einen Palast oder ein edles Anwesen noch nie in ihrem Leben von innen gesehen. Seltsam… Akira runzelte bei dem Gedanken leicht die Stirn. Er musste sich über sie informieren.

„…-sama? Akira-sama?“ Er blinzelte und sah Sachi an, seufzte leise. „Verzeiht mir bitte, Sachi-sama… Der Tag hat hektisch angefangen und ich bin mit meinem Kopf deswegen noch ganz woanders.“, entschuldigte er sich und die junge Frau schüttelte den Kopf, lächelte etwas. „Ich verstehe durchaus. Ihr braucht Euch nicht zu entschuldigen. Soll ich später noch einmal vorbeikommen? Ich würde mich sehr gern mit Euch unterhalten.“ „Ich… Oh… Nun, wenn es für euch nicht störend ist, dann gerne.“ „Aber natürlich nicht. Lasst einen Diener nach mir schicken.“ Sachi verbeugte sich und drehte sich um, Kaya und ihre Helfer folgten auf dem Fuß. Akira sah, wie Kaya sich zu ihm drehte, ihn kurz ansah, ehe sie sich mit geröteten Wangen wieder wegdrehte und das Zimmer hinter Sachi verließ. Der Kommandant und beste Freund Seiimeis war über sich selbst verärgert. Wie konnte er ein solches Verhalten nur zulassen? Sachi war seine zukünftige Gemahlin und war vom Shogun persönlich ausgewählt worden und alles, was er tat, war, ihrer Hauptkammerfrau nachzustellen!

Er verließ sein Gemach ebenfalls und begab sich auf den Weg zu Seiimeis Privatgarten, von dem er wusste, dass man ihn zu dieser Tageszeit immer beim Mittagessen antreffen konnte. Die Wachen am Eingang salutierten, als sie ihn erkannten und öffneten die Türen, ließen ihn eintreten. Sofort legte sich eine Ruhe über Akira und er entspannte sich. Seiimeis Garten als „klein“ zu bezeichnen war absolut untertrieben. Ein breiter Weg führte über einen großen Teich hin zu einer großen Laube, in der der Shogun, wie jetzt, saß und aß oder las. Seiimei liebte Kirschbäume, deswegen war der Garten voll davon und da die Blütezeit war, war das Moos, das den Boden des gesamten Gartens überzog, sowie der Weg mit einem rosaweißen Blütenteppich überzogen. Langsam ging er den Weg entlang und verbeugte sich vor Seiimei. „Eure Majestät…“, sagte er leise und erhob sich mit einem Wink des Mannes, ließ sich gegenüber von ihm auf die andere Liege sinken. „Ich kann Sachi nicht heiraten.“, eröffnete er das Gespräch und erntete einen fragenden Blick. „Und warum nicht? Stehst du also doch auf Männer?“, fragte Seiimei nur und legte die Rollen, in denen er gelesen hatte, beiseite, bekam für seine Gegenfrage einen vorwurfsvollen Blick zurück. „Nein! Es ist… Ich meine, sie ist wunderschön und sehr höflich und würde mit Sicherheit eine gute und traue Ehefrau sein. Und ich bin dir auch sehr dankbar und ich schätze es, dass du sie für mich ausgesucht hast!“ „Aber?“ „Ihre Hauptkammerfrau…“ Seiimei lachte auf und sah ihn belustigt an. „Ist das dein Ernst?“ Akira seufzte genervt und nickte etwas. „Sachi ist perfekt… Bis sie mir ihre Oberste Kammerfrau vorstellte. Tja…“ Er hob die Schultern. „Ihr Name ist Kaya und sie scheint es nicht gewohnt zu sein, am Hof zu verkehren. Sie hat immer eine Lehrerin und ihre Kammerdienerin bei sich.“ „Ich verstehe.“ Seiimei nickte und richtete sich auf. „Du erwartest also von mit, dass ich einige Informationen über sie suchen lasse, ja?“ „Naja… Es wäre nett von dir.“ Er lächelte zerknirscht. „Es ist mir egal, woher sie kommt oder was sie vorher war. Ich will sie. Seiimei, glaube mir, sie ist perfekt. Perfekter als perfekt. So fragil, so zerbrechlich… Und ihr Gesicht! Ihr Mund, ihre Augen, ihre N-…!“ „Schon gut, schon gut!“, unterbrach Seiimei ihn und lachte erneut. „Ich habe verstanden. Nun aber etwas anderes. Dir ist hoffentlich klar, dass man Sachi nicht einfach zurückschicken kann, weil du dich für jemand anderen, noch dazu von niedrigerem Stand als sie, entschieden hast. Es würde sich sehr zu meinem Nachteil auswirken. Die Heirat zwischen dir und Sachi war ein politisches Bündnis, das ich eingegangen bin.“ Nachdenklich runzelte er die Stirn und seufzte. „Ich bin kein Unmensch. Ich werde sie nicht an jemanden hier am Hof geben, der es nicht gut mit ihr meint, aber alles muss wohl überlegt sein. Sachi kann man nicht einfach abschieben. Sie hat ihren Stolz und vor allem Vertrauen zu dir und mir als ihren Herrscher. Bevor wir nichts über Kaya wissen und bevor ich auch keinen Plan habe, wie ich dir helfen kann, darfst du kein Wort darüber verlieren, hast du verstanden?“ „Ja… Ich bin dir so dankbar, Seiimei.“, sagte Akira ehrlich. „Wärst du nicht mein Freund, würde ich sagen, du wirst damit leben müssen. Denn Heiraten gibt es kaum mit Gefühlen… Es geht nur um das Geschäft, über die Macht, die man ausbreiten kann. Aber… Jeder verdient ein wenig Glück.“ Seiimei grinste schief.

Akira konnte sich auf Seiimei verlassen, egal, was war. Sie kannten einander schon, seit sie Kinder waren und Akira setzte auf Seiimei wie auf keinen anderen. Er war auch der einzige, der ihn ohne Titel anreden durfte, nicht einmal Seiimeis Frau war das erlaubt. Die Stellung des Kommandanten hatte er aber nicht bekommen, weil er sich so gut mit dem Shogun verstand, sondern wegen seinem guten Umgang mit Waffen und seinem strategischen Denken. Mittlerweile hatte er die Gewalt über eine große Anzahl von Truppen, die bereit waren, für Seiimei und ihn zu sterben.

„Tu mir aber bitte den Gefallen und mache es weniger auffällig, dass du an dieser… Wie hieß sie nochmal? Ach ja, Kaya… interessiert bist. Ich will kein Drama im Frauenpalast.“, sagte Seiimei ernst und Akira nickte. „Ich verstehe es. Es wird nicht passieren.“, versprach er und der Shogun machte eine winkende Bewegung. Aus dem Schatten trat mit einem Mal ein junger Mann. „Goushujin-sama?“ „Geh zu Tachiba-sama und erteile ihm das, um das Akira-san gebeten hat.“ „Ja, Gosuhujin-sama.“ Der Diener verbeugte sich und verließ den Garten, während Akiras Blick dem Kurzschwert an dessen Hüfte nachsah. „Wer ist er?“, fragte er und lehnte sich zurück, schnappte sich eine kandierte Feige und knabberte daran. „Ich habe ihn zu mir genommen als meinen persönlichen Diener.“, antwortete Seiimei und schloss die Augen etwas. „Und als Leibwächter. Traust du mir nicht mehr? Mache ich meine Arbeit nicht mehr gut?“, jammerte der Kommandant und lachte, als sein Gegenüber die Augen verdrehte. „Aber nun mal ehrlich… Warum?“ „Es schadet nie, einen Leibwächter zu haben, der sich als Diener ausgibt. Und er schien mir der fähigste von den anderen, die neu als Palastwachen gekommen sind.“ „Und wohl auch am gutaussehendsten. Ich kenne dich doch. Der Kleine hat es dir angetan.“ Der Blick, der nun folgte, bestätigte Akiras Vermutung. Seiimei hasste es, Sachen zuzugeben, die mit Gefühlen zu tun hatten und auch sonst zeigte er ungern, was er empfand.

„Deiner Frau wird das nicht gefallen.“ „Meine Ehefrau interessiert mich einen Dreck.“ Seiimei schnaubte und strich sich durch das lange Haar. „Vater hat mir Ukifune aufgedrängt, weil er hoffte, meine Vorliebe für Schwänze damit ersticken zu können. Hat aber nichts daran geändert, ich habe immer noch genug Lustknaben* zur Auswahl und sie lieben es, von mir gefickt zu werden. Ich frage mich sowieso, von welchem Dämonen der Alte besessen war, als er sie ausgesucht hatte. Sie ist egoistisch, dumm, ungebildet und selbstverliebt. Zudem bildet sie sich ein, ich hätte Gefühle für sie, was dazu führt, dass sie mehr Zeit mit mir verbringen will, als mir lieb ist.“ Er runzelte die Stirn. „Aber sie ist auch unberechenbar und gefährlich. Sie weiß natürlich von den Jungen und hat ein paar schon vergiftet. Bei den restlichen sind jetzt Vorkoster und zusätzliche Wachen postiert. Bei Hiko auch… Jetzt weißt du auch seinen Namen. Er weiß aber nichts davon, was auch besser so ist. „Schon mal darüber nachgedacht, sie… nun… verschwinden zu lassen?“, fragte Akira mit nahezu unschuldiger Stimme. Es war nicht unüblich, ungebetene Frauen oder Männer verschwinden zu lassen. „Einfacher gesagt als getan. Sie ist die Tochter einer meiner wichtigsten Verbündeten und er würde es sofort wissen, wenn sie unter nicht geklärten Umständen sterben würde und mir misstrauen.“ Sein Freund nickte etwas und seufzte leise. „Was machst du, wenn der Kleine nicht so ist, wie du denkst?“ „Oh, glaube mir, er ist. Es gab da schon ein paar Situationen, die ihm wahnsinnig peinlich waren, mich aber sehr amüsiert haben. Er ist eindeutig unberührt was es für mich nur noch verlockender macht, ihn zu meinem zu machen.“ Akiras Freund grinste etwas. „Und dann? Wird er ein weiterer-…“ „Auf gar keinen Fall. Er wird weiterhin bei mir bleiben. Ukifunes Kimonos werden im hervorragend stehen.“

Alarmiert richtete Akira sich auf und sah ihn an. „Du willst ihn zum Ersten Gemahl… Ich meine, zur Ersten Gemahlin** machen? Wie?“ „Er übernimmt Ukifunes Stellung. Sein Körper und seine Erscheinung sind sehr weiblich und ja, ich weiß, worauf du hinaus willst… Aber über Kinder will ich mir momentan keine Gedanken machen.“, antwortete Seiimei und Akiras Mund klappte zu, als seine ausstehende Frage bereits beantwortet wurde. Der Ältere sah ihn genau an. „Ich werde Hiko nicht mehr gehen lassen.“

Annäherung

Hiko ging die Gänge des Palastes entlang und kam schon bald zu den Räumen von Tachiba, dem „Meister der Vögel“, wie er von allen genannt wurde. Tachiba verfügte wie kein anderer über Informationen innerhalb und außerhalb des Palastes und das dank seiner kleinen „Vögelchen“. Sie waren überall, im Frauenpalast, in der Küche, bei den Soldaten und auch in Edo auf den Straßen oder sogar bei den Feinden des Shoguns. Tachiba war Seiimei vollkommen ergeben, doch die Arbeit von ihm war verlockend für jeden und es war schon oft vorgekommen, dass er einen Beutel mit Gold in seinem Empfangszimmer vorfand, den er immer ohne Umschweife zu Seiimei brachte. Trotzdem traute Hiko dem Mann nicht, er war ihm zu zwielichtig.

Diener kündeten sein Kommen an und er betrat das Empfangszimmer des Ministers, verbeugte sich und sich ihm gegenüber nieder. Tachiba lehnte sich locker auf die kleine Armlehne und sah ihn mit diesem unidentifizierbaren Blick an, den er immer besaß und der einem das Gefühl gab, er wüsste alles über ihn. Er kleidete sich gern pompös und in bunte Farben, was ihn manchmal wie einen aufgeputzten Pfau wirken ließ. „Seine Majestät, der Shogun, bittet um Information.“, sagte Hiko leise und sah, wie sich der Mund des Mannes zu einem spöttischen Lächeln verzog. „Nun, einem anderen würde ich sie wohl kaum geben.“, meinte er nur und schnippte mit dem Finger. Eine Tür öffnete sich und ein Diener brachte ihm Pinsel, Tinte und Pergament und verschwand wieder. „Also? Ich höre.“ „Akira-samas zukünftige Ehefrau, die Edle Dame Sachi, hat eine Hauptkammerfrau namens Kaya. Seine Majestät möchte Informationen über ihre Herkunft und ihre Umstände.“ „Ah…“ Tachiba nickte wissend, während er schrieb. „Das kleine Kätzchen ist meinen Vögelchen auch schon aufgefallen. Jung, süß und ein wenig naiv. Nun ja… Sag seiner Majestät, es wird vielleicht zwei Wochen dauern. Ich werde zu ihm kommen und ihm den Bericht vorlegen.“ Hiko verbeugte sich wieder und erhob sich, verließ die Gemächer. Er wollte ehrlich gesagt gar nicht wissen, wie viele Vögelchen um ihn herumschwirrten. Unsicher sah er sich um und schüttelte dann verärgert den Kopf. Wie paradox! Selbst wenn es so wäre, er hatte nichts zu verbergen, weder von seinen frühen Jahren noch jetzt und der Shogun wusste mittlerweile alles von ihm durch die Akten, die der Kommandant der Palastwache ihm kurz nach dem Wechsel Hikos zukommen ließ.

Gedankenverloren begab er sich auf den Weg zurück zu Seiimeis privatem Garten, als ihm dessen Bruder Kaoru entgegenkam. Sofort kniete er sich hin und verbeugte sich tief, spürte, wie Kaoru an ihm vorbeiging, als die Kimonoseide seine Hände berührte und richtete sich langsam wieder auf. Kaoru war genauso exzentrisch und eigensinnig, was Mode und Haarstil betraf wie sein älterer Bruder. Die Haare gingen ihm bis zur Hüfte und waren locker zu einem Zopf gebunden, den er über die Schulter trug und auch der Kimono war überaus salopp gebunden. „Du bist Seiimeis persönlicher Diener, nicht wahr?“, hörte er die Stimme des jungen Mannes und verbeugte sich erneut. „Ja, Kaoru-sama.“, sagte er leise und sah, wie dich ein Lächeln auf dessen Gesicht ausbreitete, doch aus irgendeinem Grund erschauderte er deswegen. Es erschien ihm unheimlich und bedrohend… „Dein Name.“ „Hiko, Kaoru-sama.“ „Ah… Hiko.“ Kaoru sagte nichts mehr, nickte nur und drehte sich wieder um, ging den Gang weiter entlang.

Verwirrt sah Hiko ihm hinterher und ging dann ebenfalls weiter, betrat bald darauf wieder den Garten und kam zu Seiimei, der sich bei seinem Anblick aus der Liege erhob. Der Kommandant und Seiimeis bester Freund Akira hatte ihn anscheinend schon verlassen. Der Shogun deutete auf die Pergamentrollen und Hiko rollte sie zusammen, nahm sie auf den Arm. „Ich ziehe mich zurück. Lass einen Diener Duftöl holen, ich brauche eine Massage.“ „Ja, Goushujin-sama.“ Hiko verbeugte sich und errötete etwas, während er mit Seiimei zu dessen Gemächern ging. Massage… Das bedeutete, er musste ihn massieren und das war ihm schrecklich peinlich. Natürlich hatte er sich mittlerweile an das neue Leben gewöhnt und nicht mehr vorrangig Soldat zu sein, aber trotzdem gab es immer wieder Momente, in denen er sich mit den Aufgaben überfordert fühlt, so wie bei dieser hier. Seiimei gab ihm ein seltsames Gefühl, das er nicht einordnen konnte und das beunruhigte ihn. Schweigend folgte er ihm durch die Gänge und öffnete die Türen zu seinen Gemächern, ordnete einen Diener an, Duftöl zu bringen und half dann Seiimei, seine Kimonolagen abzulegen. Der Mann ließ sich auf den Futon sinken und stützte das Kinn auf die angewinkelten Arme und beobachtete Hiko, wie er das Öl von dem Diener entgegennahm und sich neben ihm auf die Knie sinken ließ. Hiko atmete tief durch und schloss kurz die Augen, um sich zu entspannen, ehe er ein wenig Öl auf dem Rücken des Herrschers verteilte und mit zitternden Fingern anfing, es in die Haut ein zu massieren. Er war mittlerweile schon einige Wochen in Seiimeis Diensten und bekam hautnah mit, was es bedeutete, Shogun zu sein. Es war nervenaufreibend, stressig und zeitaufwendig und er verstand, warum sein Herr fast jeden Abend nach einer Massage verlangte. Seiimei war sehr nett und aufmerksam ihm gegenüber, sogar rücksichtsvoll, doch manchmal verhielt er sich so seltsam und sagte Dinge, der im die Röte ins Gesicht trieb. Wie auch jetzt.

„Deine Finger zittern. Hast du Angst? Es gibt keinen Grund dafür. Ich liebe deine Finger… so schön und schlank… Man kann sie noch gut für andere Dinge einsetzen.“ Dabei grinste er ihn absolut unverschämt an, wie jedes Mal, wenn er so etwas sagte. Wie ein kleiner Junge, der jemandem erfolgreich einen Streich gespielt hatte. Allerdings zeigte Seiimei nur in seiner oder Akiras Nähe Gefühle, der Rest des Hofes, seine Frau und sein Bruder eingeschlossen, kannten ihn nur als kühlen, strengen Herrscher.

„V-Verzeiht mir, Goushujin-sama…“, wisperte er und schluckte, bemühte sich um bessere Konzentration, was ihm durch diese Worte natürlich nicht unbedingt leichter fiel. Nach einiger Zeit gab Seiimei ihm ein Zeichen und Hiko nahm die Hände von seinem Rücken, errötete allerdings wieder, als Seiimei sich aufsetzte und er so seinen gut gebauten Körper vor sich hatte. Gleich darauf spürte er die Finger von ihm an seinen Haaren und wie sie hindurch strichen. „Du hast wunderschöne Haare. Es wäre eine Schande gewesen, wenn du sie für seinen Dienst abgeschnitten hättest.“, sagte er leise und gleich darauf wurde sein Kinn angehoben und grüne Augen sahen ihn prüfend an. „Senk nicht immer den Blick, wenn ich mit dir rede. Ich mag es, dein hübsches Gesicht zu sehen. Ich mag es, dich anzuschauen, wenn ich mit dir rede.“ Er strich seinen Hals entlang, glitt wieder durch seine Haare. Ein Schaudern ging durch Hikos Körper, als er die Berührungen spürte, nickte etwas. „Ja, Goushujin-sama…“ Mehr als ein Hauchen bekam er gerade nicht zustande und sein Herz schlug ihm bis zum Hals. „Du bist süß.“ Seiimei richtete sich auf. „Such mir einen leichten Kimono für den Rest des Tages heraus und hilf mir beim umziehen.“

Sofort erhob Hiko sich und eilte zu den Kleidertruhen, holte bald darauf einen schlichten graublauen Kimono mit Kranichen und einem silberfarbenen Obi hervor. „Du hast einen guten Geschmack.“, meinte Seiimei und Hiko lächelte schüchtern, begann dann, ihn auszuziehen und ihm in den neuen Kimono zu helfen. „Du hast den Befehl an Tachiba übergeben?“ „Ja, Goushujin-sama… Er sagt, es wird etwa zwei Wochen dauern, dann wird er Euch Bericht erstatten. „Sehr gut. Ich will, dass du darüber Stillschweigen bewahrst. Es darf nichts nach außen dringen. Ich versuche, Akira zu helfen, was sehr gefährlich ist. Sachi no kimi ist eine Frau von hoher Geburt… Es kann überaus kompliziert werden, wenn die Heirat annulliert wird.“ „Natürlich, Goushujin-sama…“ Hiko griff in eine kleine Kiste und holte ein seidenfarbenes Band hervor, band so Seiimeis Haare zu einem Zopf. Er kam nicht umhin, seine Finger durch die weichen Haare gleiten zu lassen und bekam eine Gänsehaut. „Wie ist es für dich, nicht mehr auf dem Übungsplatz zu stehen? Wenn du es wünschst, kannst du weiter deine Übungen machen, es wird kein Problem sein, das zu arrangieren.“ Überrascht sah Hiko zu Seiimei. Hatte er das gerade richtig verstanden? „Ich… Uhm… Ich fühle mich geehrt, aber… ein… ein paar Übungsstunden würden mir schon reichen. In einem Dojo vielleicht…“, antwortete er leise und verbeugte sich dankbar. „Nun, ich denke, das wäre machbar. Ein paar Stunden jeden Tag kann ich dich immer entbehren. Dafür will ich aber eine kleine Gegenleistung.“ Er schnippte mit den Fingern und eine kleinere Nebentür öffnete sich. Zwei Diener traten ein und stellten eine Kiste vor dem Herrscher ab, öffneten behutsam den Deckel und zogen sich wieder zurück. Verwirrt sah Hiko darauf und konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was der Shogun von ihm verlangte. „Ich denke, dieser Kimono würde an dir sehr gut aussehen…“, meinte Seiimei nun und zog den Stoff heraus. Hikos Augen wurden größer bei diesem Anblick und er schluckte, ließ sich auf den Boden sinken und verbeugte sich tief. „D-Das kann ich nicht annehmen, Goushujin-sama... Das ist zu viel…“ Der Kimono war eine absolute Kostbarkeit, von dem, was er erkennen konnte. Absolut perfekte Stickerei, Goldfäden… Dieses Kleidungsstück gehörte einem Herrscher, keinem einfachen Diener wie ihm, doch Seiimei sah ihn weiter an und breitete den Stoff dann vor ihm aus. „Ohne Gegenleistung wird es schwierig für mich werden, einen Dojo zu verlangen.“

Der junge Mann sah ihn kurz an und biss sich auf die Lippen. Das war keine Gegenleistung. Das war Erpressung. „Was muss ich tun, wenn ich es trage…?“ „Bei mir sein.“, war die schlichte Antwort. „Mich begleiten, so wie du es schon die ganze Zeit machst. Auch wenn ich den Palast verlasse.“ Hiko nickte und sah dann wieder auf den Kimono, verbeugte sich schließlich. „Ich nehme es an…“, sagte er mit leiser Stimme. Warum Seiimei es so wollte, war ihm noch nicht klar, aber durch seine Zustimmung begannen von nun an auch die Pläne des Shoguns für ihn.

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Das fünfte Kapitel ist hiermit beendet. Wie immer hoffe ich, dass euch das Kapitel gefällt. Über Kommentare würde ich mich sehr freuen, vielen Dank! :)

Heimlichkeit

Kaya erwachte und schlug langsam die Augen auf, richtete sich auf. Ein Blick auf die mit Papier bespannten Türen, die zum Garten hinausführten, verriet ihm, dass die Sonne gerade aufging und den äußeren Gang nun mit rosa Licht erfüllte. Lautlos stand er auf und warf sich eine Haori* um die Schultern, schob die Tür auf und trat in den Garten, dem auch die Edle Dame Sachi Zugang hatte.

Tief atmete er die frische Morgenluft ein und setzte sich auf den Gang, lehnte sich gegen einen Pfeiler und sah auf den blühenden Kirschbaum in der Mitte des Gartens. Diese Art von Baum schien wohl der Liebling der Shogun-Familie zu sein, denn man konnte ihn überall auf dem Herrscher-Gelände finden… Zumindest an den Stellen, an denen er bereits mit seiner Herrin gewesen war und das war für ihn schon eine Menge. In den letzten Tagen brannte Sachi geradezu darauf, ihre Umgebung zu erkunden und mehr über das Palastleben zu erfahren, was natürlich zur Folge hatte, dass Kaya dadurch ebenfalls mehr lernte. Er fühlte sich fremd in dieser Umgebung mit all den Regeln, Aufgaben und Gesetzen. Das erste, was er hier wohl gelernt hatte, war die Rücksichtslosigkeit. Jeder versuchte, sich seinen eigenen Vorteil zu verschaffen und dabei war es gleichgültig, wie viel Leichen man dafür in Kauf nahm. Manchmal wollte er all das hier aufgeben und in sein Heimatdorf zurückkehren, um wieder so unscheinbar zu leben wie zuvor. Aber dann dachte er darüber nach, wie gut er es eigentlich hatte. Ein gemütliches Bett, viele Kimonos und immer genug zu essen. Und noch etwas hielt ihn davon ab, nach Hause zu wollen, oder besser jemand… Er hatte ihn bis jetzt zwar nur einmal gesehen, doch das reichte schon. Ein leises Seufzen entwich ihm und er schloss die Augen.

Es war ihm strengstens verboten, auch nur ansatzweise über ihn nachzudenken, denn in nicht allzu langer Zeit würde er sein neuer Herr werden und über ihn bestimmen. Trotzdem spukte er seit diesem Tag in seinen Gedanken herum und er brannte darauf, ihn wieder zu sehen.

Akira, der Kommandant der Armee des Shoguns und Verlobter Sachis… Kaya war viel zu schüchtern gewesen an dem Tag ihrer Begegnung und hatte kein Wort herausbekommen, allein wegen dem Status, den Akira besaß und dann auch wegen ihm selbst. Noch dazu wusste er zu dieser Zeit noch gar nichts über das Leben am Hof und wusste auch nicht wirklich, was er sagen sollte. Doch egal, wie oft er darüber nachdachte, wie es gewesen wäre, wenn er sich sofort mit ihm in der kleinsten Weise unterhalten hätte, es war nicht passiert und es würde auch niemals etwas ändern. Sachi würde Akira heiraten. Langsam stand Kaya auf und ging wieder in den Schlafraum und zog sich einen der wenigen schlichten Kimonos an, die er noch von zuhause hatte und band sich den Obi um. Ein Blick auf Takiko und Haruko sagte ihm, dass die beiden noch schliefen und so verließ er das Zimmer ein zweites Mal, allerdings in die andere Richtung, nämlich auf den Palastgang. Er hatte in diesem Nest von Vipern seinen kleinen Ruheort abseits des Gartens gefunden und eine Möglichkeit, Akira zu beobachten, ohne weiter aufzufallen. Wenn Takiko und Haruko andersweitig beschäftigt waren und Sachi nicht nach ihm verlangte, erkundete er den Palast auf eigene Faust und hatte so auch den kleinen Raum einige Stockwerke höher gefunden, zu dem er sich nun begab.

Die Kammer war voller Truhen mit alten wertvollen Kimonos, die nur noch selten oder zu besonderen Anlässen getragen wurden, was hieß, dass so gut wie niemand dort hinkam. Vorsichtig öffnete er die Tür, glitt hinein und schloss sie wieder, lauschte kurz und entspannte sich dann. Trotz ihrer Unauffälligkeit befand sich die Kammer noch immer inmitten von Zimmern mit den Konkubinen des Shoguns und so eine konnte ihn jederzeit beobachten. Langsam drehte er sich um und schlüpfte aus den Getas, ging dann auf das kleine Fenster zu und zog es auf. Sofort fuhr ein Wind durch den Raum und Kaya sah hinaus. Von hier oben hatte er den perfekten Blick auf einen Dojo, einige Meter vom Frauenpalast entfernt, der von einer hohen Mauer umgeben war. Leicht sah er zum Himmel, der nun langsam heller wurde und lächelte. Er würde nicht mehr lange warten müssen…

Die Zeit verging und auf einmal öffnete sich die Tür des Dojo und Akira trat hinaus. Sofort setzte Kaya sich auf und sah mit klopfendem Herzen zu ihm hinunter, erschauderte, als er sah, wie er sein Schwert zog und anfing zu trainieren. Er besaß die Wendigkeit einer Katze und das Schwert glitt ihm absolut gerade und geschmeidig durch die Luft, was ihn zu einem gefährlichen Gegner machen konnte. Wenn jemand so gut mit dem Schwert umgehen konnte, sollte man ihn niemals unterschätzen. Kayas Blick glitt von Akiras hochkonzentriertem Gesicht tiefer zu seinem freigelegten Oberkörper und ein roter Schimmer breitete sich auf seinen Wangen aus. Er sah so gut aus… Er schämte sich so sehr dafür, dass er nun so schamlos hier saß und ihn geradezu begaffte. Es stand ihm nicht zu… doch andererseits konnte er den Blick nicht abwenden, viel zu groß war das Verlangen nach diesem Mann.

So verfolgte Kaya Akiras Übungen bis zum Ende hin und schloss, nachdem der Kommandant wieder verschwunden war, das Fenster und zog sich seine Getas wieder an. Vorsichtig öffnete er die Tür und blickte sich auf dem Gang um, ehe er aus der Kammer ging und die Treppen hinuntereilte. Als er in dem Gang seines Gemaches entlangkam, eilte ihm bereits Haruko wie ein aufgescheuchtes Huhn und mit bedrohlich erhobenem Zeigefinger entgegen. „Kaya-sama, wo wart Ihr?! Wir haben uns schon Sorgen um Euch gemacht! Schnell, das Bad ist leer! Sachi no kimi will spazieren gehen.“ Sie holte aus dem Gemach Leinenhandtücher und scheuchte ihn durch das Gebäude, bis sie beim Bad angekommen waren, das sie sich mit den anderen Frauen teilten. Nur Sachi hatte in ihrem Gästegemach ein kleines Bad, das Kaya aber nur an dem Tag seiner Ankunft nutzen durfte. Haruko vergewisserte sich noch einmal, dass sie auch wirklich allein waren und zog Kaya schließlich in den rauchgeschwaderten Raum. „Diese ganzen Glucken waren zum Glück schon alle baden, Takiko-sama musste es miterleben.“ Sie schüttelte den Kopf. Haruko mochte den Frauenpalast nicht mit dem Getuschel, Geläster und Verrat. Sie zählte die Tage, bis Sachi heiratete und sie in Akiras Gemächern einziehen würden. Während Haruko sich darüber ausließ, wie nervig die ganzen Kurtisanen des Shoguns doch waren, wusch Kaya sich und glitt anschließend in das heiße Becken, seufzte leise auf. Es war jedes Mal stressig, ungesehen zu baden… Diese ständige Wachsamkeit, die Überprüfung, das Verstecken… Es belastete ihn, doch er wusste auch, dass ihm keine andere Wahl blieb und er war froh, dass Haruko und Takiko ihm so sehr halfen ihn schützten. Er stand nach einiger Zeit wieder auf und wickelte sich in ein Handtuch. Dieser Körper war nicht das, was seine Eltern sich gewünscht hatten und auch nicht das, was er wollte, doch alle hatten gelernt, damit umzugehen. Nur in einer Hinsicht waren sich seine Eltern immer uneinig gewesen und das war die Wahl des Heiratskandidaten. Sein Vater war schon immer für einen Mann gewesen, seine Mutter dagegen für eine Frau und Kaya selbst wäre dem ganzen am liebsten entflohen. Als solch ein Mensch, wie er es war, konnte er nicht erwarten, jemals eine Ehe zu führen, egal mit welchem Geschlecht. Und die jetzige Stellung machte es ihm auch nicht einfacher, all dem zu entkommen. Er war zwar die Oberste Kammerfrau von Sachi und in erster Linie für sie zuständig, doch auch hier am Hof konnte man um seine Hand anhalten. Ein seufzen entwich ihm, als Haruko ihn abtrocknete und wieder in den leichten Kimono kleidete und verließ mit ihr das Bad, betrat gleich darauf sein Gemach und ließ sich nun von ihr und Takiko ausziehen, frisieren und schminken, während er noch etwas aß. Sein Blick glitt zu dem Spiegel und er war jedes Mal aufs neue von der Kunst der beiden fasziniert, ihn zu einem lebenden Kunstwerk zu machen. Kaya schob das nun leere Tablett beiseite und stand auf, damit ihm Takiko in den Kimono helfen und Haruko ihm den Obi binden konnte. Bald darauf trippelte er fertig durch den Raum und öffnete die Verbindungstür, die in Sachis Gemächer führte und ließ sich auf die Knie sinken und verbeugte sich.

„Sachi no kimi, Ihr habt nach mir verlangt?“, fragte er leise und richtete sich auf. „Oh, Kaya-chan!“ Sachi strahlte und trat zu ihm, zog ihn hoch. “Ja! Akira-san möchte mit mir spazieren gehen und ich möchte, dass du mich begleitest.“ //Akira-sama…// Kurz verkrampfte er sich und nickte dann aber leicht. „Natürlich…“ Er schlüpfte in die bereitgestellten Getas und lief dann mit ihr aus dem Frauenpalast, sah leicht auf das Gebäude zurück. All diese Frauen dort taten ihm leid… Einmal hier eingezogen, verließen die 300 Frauen ihn nie mehr. Sie gehörten dem Shogun und niemand außer ihm durfte sie zu Gesicht bekommen. Manche hatten das Glück und wurden zu ihm in das Besuchszimmer des Frauenpalastes gebeten, andere würden bis zu ihrem Tod unangetastet dort leben**. Sachi konnte sich glücklich schätzen, „nur“ die Frau des Obersten Kommandanten zu sein.

„Sachi no kimi, es freut mich, dass Ihr Zeit für mich gefunden habt.“ Der Klang der Stimme riss ihn aus seinen Gedanken und er riss die Augen auf, verbeugte sich dann aber sofort. „Für Euch habe ich immer Zeit, Akira-sama. Ich hoffe, es stört nicht, wenn mich meine Kammerfrau begleitet?“ „Oh nein, natürlich nicht. Kaya-chan, wenn ich mich recht entsinne?“ Ein Kichern seitens Sachi wegen dem Suffix*** war zu hören und Kaya errötete, hob langsam den Kopf. „Ja, Akira-sama.“, hauchte er kaum hörbar und erschauderte bei dem Lächeln des Mannes, schlug sich innerlich. Er war wieder nicht in der Lage gewesen, mehr zu sagen und es ärgerte ihn so sehr. Akira wandte sich jetzt wieder Sachi zu und sie gingen den Weg entlang. Kaya folgte in einigem Abstand und bemühte sich darum, nicht zu sehr auf Akiras Stimme und seine Mimik und Gestik zu achten, doch immer wieder ertappte er sich dabei und dem Wunsch, an Sachis Stelle zu sein. Er schlug die Augen nieder und ging mit ihnen weiter, in seine eigenen Gedanken versunken. Vielleicht sollte er Sachi darum bitten, einige Freier für ihn zu suchen. Die Vorstellung, Akira mit Sachi verheiratet zu sehen, machte ihn mit jedem Tag, den er damit verbrachte, den Kommandanten bei seinen Schwertübungen zu beobachten, verzweifelter. Er brauchte jemanden, dem er sich zuwenden konnte, bei dem er vergessen und verdrängen konnte. Er konnte es nicht ertragen, diese beiden jeden Tag zusammen zu sehen, sein Herz schmerzte dabei so sehr.

Plötzlich stolperte er zurück und blinzelte leicht, wurde blass, als er das Hindernis erkannte. //Oh Gott… Oh nein…// „So in Gedanken versunken, Kaya-chan?“ Akira grinste ihn belustigt an und Sachi verdeckte ihren lachenden Mund mit einem Kimonoärmel. „V-Verzeiht mir, ich… ich bin ein Tollpatsch… B-Bitte…“ Kayas Gesichtsfarbe hatte sich mittlerweile ihn ein sattes Rot verwandelt und er verbeugte sich tief, traute sich nicht mehr, auf zu sehen, bis er plötzlich eine Hand am Kinn fühlte und dieses angehoben wurde. Braune, funkelnde Augen musterten ihn eingehend und Akira lächelte ihn an. „Kein Grund, sich zu entschuldigen. So ein Vögelchen wir Ihr es seid verletzt mich nicht.“, meinte er und ließ ihn langsam wieder los. Kaya hatte nach dieser Berührung das Gefühl, sein Gesicht würde in Flammen stehen und er senkte den Blick wieder, krallte die Finger in seinen seidenen Kimono und atmete tief durch. Diese Berührung hatte schon ausgereicht, um dafür zu sorgen, dass sein Herzschlag sich in seiner Schnelligkeit verdoppelt, wenn nicht sogar verdreifacht hatte. Er musste sich beherrschen… Wenn er sich nicht unter Kontrolle hatte, würde Sachi no kimi es merken und dann wäre alles zu spät. Nun folgte er den beiden weiterhin und blieb wachsamer, wollte auf keinen Fall, dass sich das eben geschehene wiederholte.

Diese Berührung war alles, was er je wollte… Und doch war ihm klar, dass er sie nie wieder spüren konnte. Wer wollte auch schon einen so missgestalteten Körper, wie er ihn besaß? Jeder würde sich davor ekeln, Akira sowieso. Der Kommandant wollte eine perfekte Frau, wie Sachi no kimi es war, nicht ein solches Monster wie Kaya. Ja, so war es. Also musste er ihn sich aus dem Kopf schlagen. Niemand durfte je etwas über ihn herausfinden und niemals durfte Akira mehr von ihm wissen, als dass er Sachis Oberste Kammerfrau war.

Niemals.

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Sooo, ich bin mal wieder beim Ende angekommen. :) Das nächste Kapitel wird auch bald hochgeladen. Vielen Dank fürs lesen!

Erziehung

Hiko kam sein neues Leben schrecklich unwirklich vor. Seit er den Kimono, den Seiimei ihm geschenkt hatte, angenommen hatte, nahm es eine 360-Grad-Wendung. Noch immer war er der Leibwächter und persönlicher Diener Seiimeis, doch statt den Kimono mit dem Tokugawa-Wappen zu tragen, wurde er von ihm zugeteilten Dienern in die schönsten Seidenkimonos gekleidet, die er sich vorstellen konnte und bei Audienzen saß er nun nicht mehr an der Seite, sondern direkt hinter dem Shogun. Er trug weiterhin sein Kurzschwert und den Dolch, um ihn zu verteidigen, doch seine veränderte Stellung sorgte für überraschte und verwirrte Blicke von der restlichen Dienerschaft und dem Adel, der in der Burg lebte.Noch dazu waren die Kimonos eindeutig für Frauen gedacht, was Gerüchte aufkommen ließ, der Shogun wolle dafür sorgen, dass Ukifune als Hauptehefrau abgelöst werden und Hiko an ihren Platz gesetzt werden sollte. Hiko selbst versuchte, diese Gerüchte zu ignorieren, doch er kam nicht umhin, über das gleiche Thema nach zu denken. Er selbst hatte Ukifune noch nie gesehen, doch es schien, als wäre sie durch ihn, auch außerhalb des Schlosses, wahrhaftig ersetzt worden.

Auch heute saß er wieder hinter Seiimei, wenn auch nicht im Audienzsaal, sondern im Empfangszimmer, das Seiimei für kleinere und privatere Treffen nutzte. Auch Akira war da und sah nun neugierig auf, als Tachiba-sama in das Zimmer kam, vor Seiimei auf die Knie ging und sich tief verbeugte.

„Sprecht. Was habt Ihr herausgefunden?“, fragte der und der Mann richtete sich auf. „Viel, Eure Majestät, aber nichts besonderes.“ Er zog eine Pergamentrolle aus seiner Hakama und rollte sie auf. „Die Oberste Kammerfrau Kaya wurde in einem kleinen Dorf namens Nakatsugawa am Nakasendo geboren und ist die Tochter eines niederen Samurai und diesen Frau. Keine Geschwister. Der Familie gehört das größte und vornehmste Gasthaus des Dorfes. Das Alter des Mädchens beträgt 17 Jahre und bis jetzt gibt es noch keine Freier*. Laut einigen Dorfbewohnern sorgten ihre Eltern auch dafür, dass es so blieb, die Gründe hierfür sind unbekannt. Die Edle Dame Sachi durchquerte das Dorf auf ihrer Reise nach Edo und dabei fiel ihr das Mädchen wohl auf und bestand darauf, sie mit an den Hof zu nehmen. Sie wird hier von Haruko-sama im Benehmen und Allgemeinwissen unterrichtet. Takiko-sama ist ihre Kammerdienerin.“ Damit endete der Bericht und Tachiba-sama rollte das Pergament wieder zusammen, legte es Seiimei vor die Füße. „17 Jahre und keine Freier? Das ist ungewöhnlich.“, meinte dieser überrascht und er hob die Brauen. „Verzeiht mir, Eure Majestät, aber ich konnte keine Informationen hierfür einholen. Selbst die Dorfbewohner konnten nichts dazu sagen. Man vermutet lediglich, dass die Eltern eine besonders gute Partie abwarten wollten.“ „Eine gute Partie?“ Seiimei schnaubte belustigt. „Bei allem Respekt… Nakatasugawa ist ein einfaches Bauerndorf und auch wenn dort Daimyos hindurchreisen, wird dort nicht so eine „gute Partie“ auftauchen.“ Auch wenn sie eine Schönheit ist… Ich danke Euch, Tachiba-sama.“

Tachiba verbeugte sich und verließ das Zimmer, während Seiimei sich die Informationen noch einmal durchlas. „Nun… Sie hat keinen besonders wichtigen Stand. Eine Laie hat es hier nicht leicht und sie im Gegenzug zu Sachi no kimi zu nehmen…“, wandte er sich an Akira, der nur ein wenig nickte. „Überlege es dir gut. Selbst wenn du Sachi zur Frau nimmst, kannst du Kaya als Geliebte behalten.**“ „Aber genau das will ich nicht. Ich will nicht, dass sie diesen Status hat. Ich will sie offiziell bei mir haben.“, widersprach Akira und sah ihn an. Seiimei nickte nun leicht und strich sich durch die Haare. „Nun gut… ich werde nachdenken. Doch es wird eine gewissen Zwischenzeit benötigt, sonst ist es zu offensichtlich.“ „Ja… Natürlich. Ich danke dir.“ Akira verbeugte sich tief vor ihm und verließ eindeutig entspannter das Zimmer.

Seiimei erhob sich und Hiko folgte sofort, nahm die Rolle. „Ich möchte, dass du deinen Kragen weiter nach unten ziehst.***“, sagte der Shogun und Hiko sah ihn überrascht an. „Ich mag es.“ „Ja… Natürlich, Goushujin-sama.“ Mittlerweile fragte er nicht mehr nach dem Warum, er nahm es einfach an. Seiimei war eigen und manchmal auch exzentrisch, doch er war ihm gegenüber stets aufmerksam. Und trotzdem… eine Frage wurde er einfach nicht los. „Goushujin-sama… Warum trage ich solche Sachen? Es ist Kleidung, wie… Ukifune no kimi sie tragen sollte.“ „Es ist zu schade für sie. Solche Kimonos an sie zu verschwenden wäre wie Katzen Münzen zu geben****.“, knurrte Seiimei und runzelte die Stirn leicht, als wäre er irritiert von Hikos Frage. „Aber… Aber Ukifune no kimi ist Eure Ehefrau, sie-“ „Nicht mehr.“ „W-Was…?“ Verwirrt sah der junge Mann den Herrscher an, der nun den Anflug eines Lächelns zeigte. „Sie ist schon seit einigen Wochen nur noch eine der knapp 300 anderen Frauen im Frauenpalast und es ist unwahrscheinlich, dass sich diese Position noch einmal ändern wird.“ „Aber… Warum?“ „Nun… Ich denke, du wirst es schon von selbst herausfinden.“

Noch immer verwirrt folgte er ihm durch die Gänge, hielt die Rolle in der einen und den Haori in der anderen Hand, um nicht darüber zu stolpern. Den letzten Satz verstand er nicht. Warum würde er es von selbst herausfinden…? Vorsichtig schob er die Tür zu Seiimeis Gemächern auf und legte die Rolle in eine Truhe, in der sich weitere davon befanden. „Ich möchte, dass du Kontakt zu dem Mädchen aufnimmst. Am besten jetzt gleich.“, meinte Seiimei und ließ sich den schweren Haori von Hiko ausziehen, der leicht nickte. „Ja, Goushujin-sama.“ „Freunde dich mit ihr an. Finde heraus, was sie über meinen Kommandanten denkt, was Sachi über ihn und mich denkt. Ich sage damit nicht, du sollst sie benutzen. Ich bin sicher, ihr werdet euch gut verstehen und du wirst noch manche Sachen von ihr lernen können.“ Seiimei klatschte zweimal in die Hand und ein Diener schob die Tür auf, verbeugte sich. „Lass einen Palankin herrichten. Hiko möchte zum Frauenpalast.“ Der Mann verschwand und Hiko legte den Haori des Herrschers in eine Truhe, verbeugte sich und verließ die Gemächer. Nachdenklich ging er den Gang entlang und schlüpfte in einem Seitenausgang in seine Getas, sah mit klopfendem Herzen zu dem Palankin, der auf ihn wartete. Er verstand, dass er als persönlicher Diener Seiimeis einen besonderen Rang hatte, doch gleich so befördert zu werden… Das hier war kein gewöhnlicher Palankin, keine Holzkiste. Das Tragegerät strotzte vor Seide und mit Gold verziertem Holz. Es war ein Palankin für Herrscher. Hiko zitterte vor Ehrfurcht, als er sich vorsichtig in die kostbaren Kissen sinken ließ und die kleine Tür geschlossen wurde. Gleich darauf spürte er, wie er angehoben und davongetragen wurde. Es dauerte eine ganze Weile, bis er merkte, dass er wieder zu Boden gesetzt wurde und die Tür öffnete sich. Er stieg aus und trat zu der Wache, die vor dem Eingang stand und sich sofort verbeugte, als sie ihn sah.

„Gib eine Nachricht an die Oberste Kammerfrau von Sachi no kimi, dass ich sie sehen möchte. Ich erwarte sie im kleinen Audienzsaal. Lass außerdem Tee dorthin bringen.“ Die Wache verbeugte sich erneut und verschwand im Inneren, während Hiko die Getas auszog und den Tatamiboden berührte. Das war das erste Mal, dass er die Ooku von innen sehen konnte. Unter normalen Umständen wäre es ihm als Mann auf den Tod untersagt gewesen, überhaupt in die Nähe dieses Gebäudes zu kommen, doch jetzt… Auf dem Weg zum Saal kamen ihm einige Frauen mit trippelnden Schritten entgegen, die sich ehrfürchtig vor ihm verbeugten, ehe sie weiterschwebten und hinter vorgehaltenen Kimonoärmeln miteinander flüsterten. Irritiert davon betrat er den Saal und ließ sich an einen Tisch sinken, sah zufrieden auf die gefüllte Teekanne, aus der es dampfte. Nun musste nur noch Kaya kommen… Er hatte sie noch nie gesehen und war deswegen umso gespannter, wie sie aussehen würde, denn laut Akira war sie eine Schönheit.

Es dauerte noch eine Weile, doch dann hörte er eilige Schritte und gleich darauf öffnete sich die Tür und eine geradezu zerbrechliche Gestalt trat ein. Das war also Kaya… Akira hatte Recht. Das Mädchen hatte, wenn man nach ihrer Frisur ging, Haare bis zum Hintern und geradezu schneeweiße Haut. Ihr gesamter Körperbau gab einem das Gefühl, sie würde bei der kleinsten Berührung zusammenbrechen und er hatte noch nie so große Augen und ein derart perfektes Gesicht gesehen. Kaya fiel sofort auf die Knie und verbeugte sich tief. „Euer Gnaden… Ich habt mich rufen lassen.“, sagte sie leise und Hiko errötete etwas. „Sprecht mich bitte nicht so an, ich bin lediglich der persönliche Diener und Leibwächter Seiner Majestät, Shogun Seiimei.“, entgegnete er und Kaya sah überrascht zu ihm. „Aber… die Klein. Dies ist die Kleidung einer Gemahlin des Shogun, nicht die eines Dieners. Verzeiht, wenn ich anmaßend bin, aber…“ „Oh… Nein, das seid Ihr nicht, ich weiß das. Allerdings muss ich noch hinter den genaueren Sinn kommen, warum Seine Majestät wünscht, dass ich so etwas trage. Doch deswegen bin ich nicht hier. Sondern wegen Euch… Ihr seid die Oberste Kammerfrau von Sachi no kimi, nicht wahr? Und sie wird Akira-sama bald heiraten. Erzählt mir, was sie über ihn denkt.“, sagte er leise und schenkte ihnen beiden Tee in die Becher auf dem Tisch. „Sachi no kimi ist verzaubert von ihm. Sie empfindet ihn als sehr aufmerksam und ehrlich. Sie freut sich sehr darauf, ihm gegenüber die Pflichten einer Ehefrau ausführen zu können.“, antwortete Kaya und verbeugte sich als Dank, trank einen kleinen Schluck. „Sagt sie auch etwas über den Shogun?“ „Den Shogun? Oh…“ Kaya runzelte überrascht die Stirn und schien zu überlegen. „Sie… Sie hat ihn nur einmal getroffen, aber… nun, laut ihr wäre er sehr gutaussehend, aber ein wenig kühl und abweisend.“, antwortete er dann leise und senkte den Blick leicht. „Und was denkt Ihr über Akira-sama?“ Bei dieser Frage schoss Kayas Kopf geradezu nach oben und zu Hikos Überraschung lief er rot an. „I-Ich? Ich… Ich… Also… Ich bin g-ganz der Meinung von Sachi no kimi, also ich meine… Er wird sicher ein… ein guter Ehemann sein.“ Den Augen des jungen Samurai entging nichts. Kayas Hände zitterten aus irgendeinem Grund, als er über Akira sprach und auch die Röte wollte nicht verschwinden. Sehr interessant… Er würde es an Seiimei weitergeben. „Wie geht er mit ihr um?“ „Sehr rücksichtsvoll und respektvoll… Er schätzt sie sehr.“

Hiko nickte etwas und lächelte, trank weiter von dem Tee. „Ich danke Euch. Sagt mir, wie ist das Leben hier für Euch?“ „Darf ich ehrlich sein?“ Kaya sah ihn unsicher an. „Natürlich.“ „Ich fühle mich sehr unwohl im Frauenpalast… Nicht.. Nicht wegen dem Gebäude, sondern… wegen den Frauen.“ Das wunderte Hiko nicht wirklich… Es war das reinste Schlangennest und man durfte nicht hineingeraten. „Deswegen bin ich froh, wenn Sachi no kimi in Akira-samas Gemächer ziehen wird. Ich fühle mich hier nicht wohl.“ //Wenn Euch klar wäre, dass Sachi wahrscheinlich im Frauenpalast bleiben wird…// Er nickte verständnisvoll und lächelte leicht, trank seinen Tee leer und verbeugte sich. „Ich danke Euch, dass Ihr Euch Zeit für mich genommen habt.“ „Oh… Nein, ich danke Euch!“ Sofort verbeugte Kaya sich ebenfalls und lächelte leicht. „Ohne Euch zu nah treten zu wollen… Ihr müsst auf Eure Haltung achten…“ er stand auf und setzte sich neben den perplexen Hiko, nahm seine Hände und richtete sie so, dass sich die Fingerspitzen berührten. „Haltet die Arme nicht zu weit vom Körper weg. Zieht die Ellenbogen mehr in die Ärmel und legt sie ein wenig über Eure Hände. Dadurch sieht Euer Körper kleiner und zarter aus.“, sagte er leise. „Aber… Ich habe nicht vor, kleiner und zarter zu wirken…“, entgegnete Hiko und runzelte die Stirn. „Ich bin nur der persönliche Diener des Shogun.“ „Oh, Ihr seid das und noch wesentlich mehr als Ihr denkt. Seine Majestät will nicht umsonst, dass Ihr diese Kimonos tragt.“ Kaya lächelte wissend und verbeugte sich noch einmal mit Hiko, stand dann auf. „Ich würde mich freuen, wenn wir einmal wieder miteinander plaudern könnten.“, sagte er leise und Seiimeis Diener lächelte und nickte. „Jederzeit.“ Er sah Kaya nach, wie er den Raum verließ und begab sich dann ebenfalls zu seinem Palankin, der noch immer an Ort und Stelle stand und auf ihn wartete. Nachdenklich ließ er sich hinein sinken und schloss die Augen, während er zurückgetragen wurde. Kayas Worte hatten ihn verunsichert. Er verstand nicht, warum er ihm gezeigt hatte, wie er sich besser verbeugen konnte und warum er dadurch kleiner und zarter wirken sollte.

Bald darauf kamen sie wieder beim Palast an und er machte sich sofort auf den Weg zu Seiimei, verbeugte sich so, wie Kaya es ihm beigebracht hatte. Als er sich langsam aufrichtete, sah er ein gewisses Funkeln in Seiimeis Augen und errötete. „Nun?“, fragte der und sah ihn abwartend an. Hiko erzählte ihm alles, was er mit Kaya besprochen und an ihm beobachtet hatte und der Herrscher nickte leicht. „Sehr gut. Ich danke dir, wie ich sehe, hat sie dir auch etwas beigebracht.“ Hikos Augen weiteten sich und er wurde nur noch röter. „Ich… Ich…“ Das ist gut so. Ich bin stolz auf dich.“, sagte Seiimei leise und strich ihm etwas über die Wange. „Mach weiter so.“ Der junge Mann nickte leicht und konnte nicht umhin kommen, sich leicht in seine Hand zu schmiegen. Eine Gänsehaut breitete sich auf seinem Körper aus, als ihm eines klar wurde. Er verfiel diesem Mann. Und er konnte nichts dagegen tun…

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Soooo... Wieder mal ein Kapitel geschafft. :) Ich hoffe, es hat euch gefallen. Das nächste wird hoffentlich bald folgen. ♥
 

PS: Die Erklärungen für die Sterne befinden sich jetzt im Autoren-Nachwort unter der FF!

Mondnacht

Hallo allerseits! Ich bin nymphalidae. Um tarantye-no ein wenig zu unterstützen, habe ich mich entschieden auch ein Kapitel zu schreiben. Da ich besonders impressionistische Darstellungen in der Literatur mag, bekommt ihr hier genau das hier. Ich hoffe euch wird dabei nicht langweilig. Ich mag die Anmut und Zerbrechlichkeit, durch die man Frauen im alten Japan darstellen kann und mache es mir hiermit zur Aufgabe diese Zerbrechlichkeit im Zwiespalt mit Hikos wahrem Geschlecht darzulegen.

Aber nun genug zu mir....

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Hiko betrat mit schlurfenden Schritten sein Zimmer, schob die Tür hinter sich zu und lehnte sich leicht dagegen. Der Himmel war sternenklar und ließ so zu, dass der Mond am Firmament durch das dünne Papier des Shoji*, welches das Zimmer zum Engawa** abtrennte, schien und den Raum in einen silbrigen Schein tauchte. Er machte ein paar Schritte vorwärts, sodass gerade noch seine Zehen vom Licht des Mondes berührt wurden, ehe er noch ein paar Schritte weiter machte. Seine Beine fühlten sich so schwach an. Was tat er hier...?

Er ließ sich vor dem Shoji zum Engawa auf die Knie sinken, lehnte seine Stirn gegen den Rahmen. Der fließende Stoff des farbenprächtigen Kimono umschlang seinen Körper, wie das Wasser den Fels in einem Bach. Tief atmete er durch, ehe er das Shoji vorsichtig einen Spalt aufschob. Frische, klare Nachtluft strömte in den Raum, kühlte den Raum ein wenig ab. Die letzten Blätter eines Kirschbaumes, der nicht weit entfernt stand, wehten auf den Engawa und bis auf den Tatami, blieben dort liegen wie frisch gefallener Schnee im Frühling. Er atmete tief ein, öffnete die Schiebetür noch ein Stück weiter. Langsam sah er zum silbrig glänzenden Vollmond auf. Ein paar kleine Wolkenfetzen trieben am Himmel, doch vermochten sie es nicht, den Anblick zu stören. Die Sterne leuchteten so klar wie nie. Hiko fühlte sich, als würde diese Schönheit langsam seinen Hals umgreifen und zudrücken. Er bemerkte nicht einmal, wie eine Träne langsam über seine Wange rollte und auf seinen Schoß tropfte. Ruckartig schob er das shoji wieder zu und seine Hände begannen zu zittern. Was sollte das hier alles?

Er zog die Arme mehr in die Ärmel des Kimonos, hob sie an und tupfte damit die Tränen von seinem Gesicht. Sie versickerten in der Seide, hinterließen dunkle Flecken. Ein Geräusch entkam keiner Kehle, durchbrach die Ruhe in dem Raum. Er krallte seine Finger in den Ärmelsaum, ehe er sich erhob. Eine Frau. Hiko war nun eine Frau. Ein Blütenblatt, dass sich auf seinen Schoß verirrt hatte, fiel zu Boden. Warum konnte er nicht bleiben was er war? Er hatte sich nie wie eine Frau bewegt, sich so gegeben oder so gesprochen. Das nun alles lernen zu müssen... Er seufzte tief, sank wieder auf die Knie. Die Emotionen in sich zu halten... war das nicht weiblich? Er musste sich zurückhalten. Erneut tupfte er sich das Gesicht trocken, setzte sich dann anständig hin, legte die Hände in seinen Schoß. Seine Füße schmerzen schon nach kurzer Zeit. Wie sollte er so länger sitzen bleiben?

Wütend schlug Hiko auf den Boden. So konnte das nichts werden. Er öffnete den Obi und den Kimono, ließ beides sinken. Langsam strich er sich den Körper entlang. Seine Haut war weiß wie Porzellan, leuchtete schon fast im Schein des Mondes. Dennoch fühlte er sich nicht besonders. Was war er schon? Er seufzte leise, ballte seine Hände. Er wollte sich ihm hingeben. Er wollte Seiimei zufrieden mit sich sehen. Seine Anerkennung war ihm wichtig.

Zögerlich wandte sich Hiko um, setzte sich an den niedrigen Tisch in der Mitte des Raumes. Wieder faltete er die Hände im Schoß. Es tat weh... Er konnte knien, doch nicht wie eine Frau***. Es war anders, anstrengender. Aber er hatte es zu lernen. Er wollte es lernen.

Eine fast endlose Zeit war vergangen und seine Beine pochten, taten unglaublich weh. Er wollte aufstehen, doch fühlte sich alles taub an. Enttäuscht von sich selbst spürte er schon wieder Tränen in den Augen. Noch am Boden sitzend rutschte er auf dem Tatami zu seinem Kimono zurück, wickelte ihn um sich und schloss ihn locker um seine Hüfte, ehe er sich an einem Shojirahmen festhielt, sich daran hochzog. „Ah...“ Ein leises Wimmern verließ seinen Mund und seine tauben Beine zitterten etwas, doch er schaffte es zu stehen. Vorsichtig machte er ein paar Schritte, versuchte dabei den Kimono weiter einigermaßen elegant um sich zu halten. Er wusste die Beine durften nicht hervorschauen, er musste die richtigen Schritte machen. Tatsächlich war er einigermaßen zufrieden mit sich. Es sah nicht zu schlecht aus, oder? Wenn er sich Mühe gab und weiter an sich arbeitete, konnte er es schaffen. Doch kaum hatte er diesen Gedanken zu Ende gedacht, kamen die Zweifel. Warum tat er das alles überhaupt? Warum ließ er sich zu einer Frau machen? Dieser Mann... Er bedeutete ihm etwas... Doch wie stand es um die Gefühle Seiimeis ihm gegenüber? Würde sich die Arbeit an sich lohnen? Konnte er dies alles einfach so zulassen? Er wollte diese Unsicherheit abwerfen, doch es war schwer für ihn. Das hier war er einfach nicht. Er war ein Mann, egal wie man es drehte. Unter dem edlen Seidenstoff befand sich noch immer der Körper eines Mannes. Seine Stimme war ebenso die eines Mannes. Außerdem müsste er wie eine Frau sprechen lernen... Er beherrschte Frauensprache noch nicht richtig. Es gab so vieles, was er an sich selbst ändern musste. Er hatte nicht mehr diese Freiheit, die er als Mann hatte. Er musste demütig und zurückhaltend sein. Er würde immer nur „Ja“ sagen dürfen. Es wäre seine Aufgabe Seiimei bei allem einfach zuzustimmen.

Seine Füße trugen ihn zum Futon. Er ließ sich darauf fallen, setzte sich jedoch gleich wieder auf. Selbst das konnte er nicht so tun. Es wurde doch von ihm erwartet dort wie eine Frau zu liegen, oder nicht?

Unsicher legte er sich anders hin, starrte an die Decke. Es war schrecklich ungemütlich, mit dem Brett im Nacken, die Arme am Körper, die Beine eng beieinander und den Körper gerade auf dem Rücken liegend halten. Nein, das ließ er sich nun erst einmal nicht nehmen. Das hatte noch Zeit. Er streckte Arme und Beine von sich, drehte sich etwas zur Seite und seufzte entspannt. Schon besser. Ja, so konnte er liegen bleiben... Langsam schloss er die Augen, gähnte nochmal ausgiebig, ehe er einschlief. Der nächste Morgen würde sicher früh beginnen und er musste zumindest einigermaßen ausgeschlafen sein, wenn die Bediensteten zum Bekleiden ihn wecken würden.

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Tara:
 

Damit wäre das 8. Kapitel auch beendet :) Ich hoffe, es hat euch gefallen. Mit dem 9. Kapitel werde ich bald anfangen, allerdings weiß ich nicht, obs mir möglich ist, es im September hochzuladen, da ich vom 30.8. bis 20.9. in Japan bin. Ich gebe mir aber Mühe!

Veränderung

Etwas veränderte sich. Kaya konnte es fühlen und sehen und dann war es offensichtlich, denn mit einem Mal gingen bei Sachi viele Diener ein und aus und es schien, als würden sie einen Umzug vorbereiten.

Unsicher öffnete er die Schiebetür zu dem Zimmer seiner Herrin und verbeugte sich, als er sie sah. „Sachi no kimi… Darf ich fragen, was gerade passiert?“ Mit Schrecken stellte er fest, dass Sachis Miene keineswegs glücklich aussah. Eher traurig und verloren… „Ah, Kaya-chan… Die Diener des Shogun werden meine Habe in mein neues Gemach in der Ooku bringen.“ „Was?!“ Fassungslos sah er sie an, denn nach all den Lehrstunden von Haruko war ihm klar, was das bedeutete. „Der Shogun…“ „Ja. Der Shogun will mich als seine Nebenfrau und somit wird die Verlobung mit Akira-sama gelöst.“, vollendete sie den Satz für Kaya und lächelte schwach, während sie die Schriftrollen zusammenrollte und in einer kleinen Truhe verstaute. „Deswegen habt Ihr Euch nicht mehr mit ihm getroffen…?“, fragte er vorsichtig, denn ihm war aufgefallen, dass Sachi seit geraumer Zeit nicht mehr außerhalb des Geländes des Frauenpalastes war. „Nein… Er hat mir aber einen Brief zukommen lassen, in dem er es sehr bedauert, sich von mir trennen zu müssen. Doch es ist seine Pflicht als Samurai, seinem Herrn zu gehorchen, womit er absolut Recht hat. Das schätze ich sehr an ihm…“, antwortete sie und lächelte schwach. „Und… ich… ich werde natürlich bei Euch bleiben?“ Man hatte ihm diesbezüglich noch gar nichts mitgeteilt und das verunsicherte ihn sehr. Er war Sachis Oberste Kammerfrau… Vom Protokoll her musste er bei ihr bleiben. Doch als er seine Herrin bei dieser Frage unruhig herumrutschen sah, wurde ihm mit einem Mal klar, dass die Antwort nicht die war, auf die er hoffte. „Ich habe… die Nachricht bekommen, dass ihr in den Übergangsgemächern bleiben sollt.“

Sachi senkte den Blick und Kayas Schultern sanken herab. „Verzeih mir, Kaya-chan. Ich wünschte, ich könnte mehr tun. Ich weiß, wie sehr du diesen Ort hasst, allein schon wegen deiner körperlichen Verfassung.“ Die junge Frau verbeugte sich tief vor ihm. „N-Nein… Bitte, Ihr… Ihr könnt doch nichts dafür. Es ist der Wille des Shoguns und ihm muss man unweigerlich nachkommen.“, widersprach er sofort und schluckte. Er sollte also in den Übergangsgemächern bleiben… Das hieß dann aber, dass man für ihn auch eine „Verwendung“ hatte. Nur welche? Er gehörte zu Sachis Gefolge, sein Platz war bei ihr. Hatten sie etwa herausgefunden, wer er war? Aber das war unmöglich, er war immer vorsichtig und auch Haruko und Takiko achteten darauf. Hatte vielleicht das Gespräch mit Hiko, dem persönlichen Diener des Shoguns, damit zu tun? Immerhin war dieser sehr interessiert an seiner Meinung gegenüber dem Shogun und Akira und Sachi gewesen. Ein Seufzen entwich ihm und er spürte eine zarte Hand auf seinem Arm. „Mach dir nicht zu viele Gedanken… Wir werden uns weiter sehen können. Wir verlieren uns nicht.“, sagte Sachi leise und lächelte ihn an. „Ja… Ich weiß.“ Er erwiderte das Lächeln und erhob sich mit ihr, als eine Dienerin der Ooku erschien. „Sachi no kimi, Eure Gemächer sind nun bereit.“ „Ich danke dir.“ Sie wandte sich Kaya zu und gab ihm einen sanften Kuss auf die Stirn. „Pass auf dich auf, Kaya-chan. Du weißt, die Ooku ist unerbittlich.“ „Ja, Sachi no kimi. Ich achte auf mich.“ Er wusste genau, was sie meinte. Sein Körper durfte unter keinen Umständen enthüllt werden. Erneut verbeugte er sich zusammen mit ihr und sah zu, wie sie das Zimmer verließ.

Die Tür schloss sich und Stille breitete sich über den Raum. //Jetzt bin ich allein…// Tief atmete er durch und verließ den Raum, ging zu seinem zurück. Überrascht sah er, wie Takiko und Haruko mit großem Eifer dabei waren, Sachen zusammen zu packen. „Was… Was macht ihr da?“, fragte Kaya verwirrt und Takiko sah mit freudigen Augen zu ihm auf. „Kaya-sama, uns wurde befohlen, Sachi no kimis Gastgemächer mit zu nutzen! Ihr habt dann mehr Platz für Eure Sachen.“ „Aber… warum?“ „Das weiß ich leider nicht…“ Nachdenklich schaute er zu, wie die beiden alle Sachen durch die Gegend trugen und spürte wachsenden Unmut in sich wegen der Situation. Er hasste es, wenn er nicht über Sachen Bescheid wusste… Am liebsten hätte er jetzt mit jemandem über die Situation geredet. //Hiko-sama…// Dieser Gedanke war willkürlich und er verwarf ihn zum Teil wieder, aber vielleicht konnte er ihm irgendwie helfen. Doch Hiko war der persönliche Diener des Shoguns… Er konnte sich vorstellen, dass er durchaus wichtigeres zu tun hatte als sich mit ihm zu treffen. „Takiko-sama… Ich… Denkt ihr, es wäre möglich, dass ihr Hiko-sama die Bitte zukommen lasst, dass ich ihn sprechen möchte?“, fragte er vorsichtig und ide junge Frau wiegte den Kopf etwas. „Nun… Es kann natürlich sein, dass Ihr lange warten müsst… Aber ich werde ihm die Nachricht zukommen lassen.“, antwortete sie und Kaya spürte Erleichterung. „Ich danke Euch… Ich denke, ich werde ein wenig in den Garten gehen.“

Haruko und Takiko verbeugten sich und als Kaya die Tür geschlossen hatte, sahen sie sich an und kicherten. Die beiden wussten natürlich, warum Kaya hierbleiben sollte und die Verlobung zwischen Akira und Sachi gelöst worden war. Der Shogun hatte sehr wohl Interesse an Sachi, aber bei weitem nicht so wie der Kommandant an Kaya. Das war im Endeffekt der ausschlaggebende Grund für die Auflösung gewesen, dessen waren sie sicher. Und es würde nicht mehr lange dauern und Kaya würde in Akiras Gemächer ziehen… Es war nur noch eine Frage der Zeit und der Organisation. Die Kammerfrauen freuten sich für ihn, denn sie wussten, welche Gefühle Kaya für Akira hatte, doch gleichzeitig war dort eine große Furcht. Niemand außer Sachi und ihnen wussten um Kayas Körper, der sehr besonders war. Früher oder später würde es zum Geschlechtsverkehr zwischen den beiden kommen und dort wird es sich entscheiden, ob Akira ihn genug liebt, um ihn so zu nehmen, wie er war. Sie hofften es, ansonsten würde es Kaya das Herz brechen... Er hatte schon genug Komplexe wegen seinem Körper und traute sich noch immer nicht, ihn zu zeigen, geschweige denn, sich nackt im Spiegel anzuschauen, aber von dem Menschen, den er liebte, zurückgewiesen zu werden, konnte noch viel mehr schmerzen.
 

* * *
 

Währenddessen kam Hiko gerade von seinem Training im Dojo zurück. Im Gegensatz zur letzten Zeit trug er heute einen leichten Kimono mit zurückgebundenen Ärmeln und eine Hakama, um beweglicher sein zu können und die langen Haare hatte er wie immer zu einem Pferdeschwanz gebunden. Trotzdem fühlte er sich in diesen Sachen nicht mehr wohl und es erschreckte ihn. Das waren Sachen, die er von klein auf getragen hatte, die zu seinem Geschlecht passten und doch sehnte er sich auf einmal nach der Enge des Frauenkimonos. In der letzten Zeit hatte er hart daran gearbeitet, Seiimeis Vorstellungen zu erfüllen und ihnen gerecht zu werden, aber er hatte das Gefühl, der Shogun war noch immer nicht zufrieden mit ihm und das machte ihn unsicher. Gerade, als er sein Gemach betreten wollte, hörte er Schritte und sah auf, erkannte den Shogun. Sofort ließ er sich zu Boden sinken und verbeugte sich tief.

„Steh auf und komm in mein Gemach, wenn du dich umgezogen hast.“ „Ja, Euer Gnaden.“, sagte er leise und erhob sich, betrat seinen Raum und rief zwei Diener zu sich, damit sie ihm beim Umziehen helfen konnten. Er schälte sich aus dem Trainingskimono und blieb stehen, während die Diener ihm den Unterkimono und den normalen anzogen, ihm anschließend den Obi banden und ihn in einen Haori schlüpfen ließen. Hiko entließ sie nach getaner Arbeit und betrat Seiimeis Gemächer durch die Verbindungstür, verbeugte sich tief und ließ sich vor ihm nieder. „Ihr wolltet mich sprechen, Euer Gnaden?“, fragte er leise und sah ihn an. Seiimei musterte ihn genau und schüttelte dann den Kopf. „Ich will nicht, dass du weiter so redest.“ „Was?“ Verwirrt sah Hiko zu ihm. „Deine Art zu reden… Du bist ein Mann, trotz des Kimonos und ich will, dass du auch so redest*.“ „Oh…“ Das überraschte ihn jetzt ehrlich. „Ich habe gedacht, dass…“ „Ich weiß.“, schnitt Seiimei ihm das Wort ab. „Aber dem ist nicht so. ich will nicht, dass du dein Geschlecht komplett verleugnest.“ „Ich verstehe…“ Innerlich war Hiko sogar darüber erleichtert, nicht mehr die weibliche Form nutzen zu müssen, denn es war wirklich anstrengend. „Gerade eben habe ich mich mit Akira-sama getroffen. Die Verlobung zwischen ihm und Sachi no kimi wird aufgelöst… Dank deiner Information über Kaya-sama. Dafür wird die Heirat zwischen ihr und Akira arrangiert.“, fuhr er fort und Hiko war einmal mehr überrascht von der Wendung der Geschehnisse. „Oh… Aber… das heißt ja, dass Sachi no kimi zurückgeschickt wird, oder?“, fragte er, bekam aber ein Kopfschütteln als Antwort. „Nein. Sie wird hierbleiben und ist heute morgen bereits in die Ooku gezogen. Sie wird meine Nebenfrau.“ „Eure-… Ja…“ Mit einem Mal hatte er das Gefühl, der Boden wäre ihm unter den Füßen weggezogen worden. Natürlich war es nichts ungewöhnliches für einen Shogun, Nebenfrauen zu haben, die Ooku war immerhin voll von ihnen, trotzdem hatte es einen herben Nachgeschmack. Ihm war klar, dass Seiimei eine Nacht mit ihr verbringen musste… Das verlangte das Protokoll. Bei diesem Gedanken zog sich alles in ihm zusammen und er atmete tief durch.

„Du siehst überrascht aus.“ Seiimeis Stimme rissen ihn aus seinen Gedanken und er sah ihn an, schüttelte sofort den Kopf. „N-Nein, Euer Gnaden. Selbstverständlich wird sie Eure Nebenfrau. Es ist auch gar nicht anders möglich.“, antwortete Hiko leise und war verwirrt von Seiimeis amüsierter Miene. „Der Gedanke von ihr als Nebenfrau scheint dir nicht zu gefallen.“, meinte er und der junge Mann errötete ertappt, verkrallte seine Finger in seinem Kimono. „Sag mir, Hiko… Was stört dich daran?“ „Nichts, Euer Gnaden… Gar nichts…“ „Wirklich? Sei ehrlich… Ich mag es nicht wenn man mich anlügt, das weißt du.“ Seiimei verengte die Augen, als er Hikos verkrampfte Hände sah und sah schließlich zu, wie er sich tief vor ihm verbeugte. „Es steht mir nicht zu, Eure Entscheidungen in Frage zu stellen, Euer Gnaden. Ich stehe hinter allem, was Ihr entscheidet.“, sagte er leise und Seiimei schloss kurz die Augen. „Ich brauche deine Dienste heute nicht mehr. Du kannst gehen.“ Er sah das Zucken und wartete, bis er den Raum verlassen hatte, seufzte dann leise auf.

Das war nicht so, wie er es wollte. Er konnte ihm einfach nichts entlocken, keine Gefühlsregung. Seiimei wusste sehr wohl, was in Hiko vorging und er wusste auch, dass es ihm wehgetan hatte, zu erfahren, dass Sachi seine Nebenfrau werden würde. Er hatte gehofft, ihn so aus der Reserve locken zu können, damit er endlich offen zu ihm sein würde, doch das Gegenteil war leider der Fall und so musste er wohl oder übel selbst Hand anlegen… im wahrsten Sinne des Wortes.
 

* * *
 

Hiko lag währenddessen bereits im Bett und hatte sich unter der Decke zusammengerollt. Seiimei war wütend auf ihn gewesen… Er hatte sich jedenfalls nicht begeistert angehört, als er ihn weggeschickt hatte. Bei dem Gedanken daran, dass Seiimei in den Armen einer Frau liegen konnte, wurde ihm schlecht und er vergrub sein Gesicht mehr im Kissen. Er hatte nie vorgehabt, seine Gefühle so offen zu zeigen, aber in diesem Moment war es ihm einfach nicht mehr möglich und jetzt schämte er sich dafür. Hiko war kurz vor dem Einschlafen, als er das Schieben einer Tür hörte. Leicht runzelte er die Stirn und wollte sich aufsetzen, als er plötzlich durch einen Körper zurück auf den Futon gedrückt wurde. Erschrocken keuchte er auf und langte und seinem Kissen nach seinem Dolch, doch die Hand wurde zurückgepresst. „Du wagst es, gegen deinen Herrscher eine Waffe zu erheben?“, knurrte eine Stimme und Hiko zuckte zusammen, löste sofort den Griff um den Dolch. „V-Verzeiht mir, Euer Gnaden…“, wisperte er und versuchte, sein Herz zu beruhigen. Um ein Haar hätte er ihn verletzt oder gar schlimmeres getan… „Du bist ein kleines, störrisches Kätzchen… Sobald du etwas nicht willst, ziehst du dich zurück und fährst eingeschnappt die Krallen aus und lässt dich nicht mehr anfassen. Denke nicht, ich wäre blind. Ich bemerkte deine Blicke, dein Verhalten sehr wohl. Ich habe dich nicht umsonst dazu angehalten die Kimonos zu tragen und immer bei mir zu sein oder mich zu begleiten. Aber du bist anscheinend ein wenig auf dein hübsches Köpfchen gefallen, deswegen werde ich jetzt expliziter. Sachi interessiert mich einen Dreck, leider habe ich eine Verantwortung über ein Land, und darüber, den Frieden zu wahren. Sachi ist die Tochter eines politisch wichtigen Daimyos und ich handle mir damit großen Ärger ein, sollte ich sie zurückschicken und deswegen wird sie meine Nebenfrau. Wie du sicher bemerkt hast, weilt Ukifune nicht mehr als Hauptfrau neben mir… Diesen Platz hast du eingenommen, ich habe gedacht, das wäre dir bewusst. Aber ich wiederhole mich noch einmal: Sachi interessiert mich nicht. Das bist du. Nun schlaf und wir reden morgen weiter.“

Hiko blieb, während Seiimei redete, ruhig und spürte, wie sein Herz schnell klopfte vor Aufregung. Er sah, wie der Ältere sich verbeugte und hielt die Luft an, als er auf einmal seine Lippen auf seiner Stirn spürte, doch es war viel zu schnell vorbei und gleich darauf hörte er wieder die Tür. Er hatte das Gefühl, man konnte sein Herz im ganzen Raum hören. Wie sollte er danach noch einschlafen können?

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Es tut mir wahnsinnig Leid für die Verspätung! Es hat dieses Mal wirklich lang gedauert. Dieses Kapitel ist auch ein wenig länger geworden und ich habe irgendwie das Gefühl, dass es nicht wirklich gut geworden ist... :/ Naja, ich hoffe trotzdem, dass es euch gefallen wird. ♥

Fortschritt

Kaya hatte den Kimono gerafft und eilte die Gänge entlang. Schweratmend riss er schon fast den Shoji zu seinem Zimmer auf und Takiko kam ihm freudestrahlend entgegen. ,,Kaya-sama! Ihr habt die Neuigkeit schon vernommen?“, rief sie, doch er ging an ihr vorbei und öffnete mit zitternden Händen die Truhe, die im Raum stand. Noch immer hoffte er, dass es nur ein schlechter Scherz wäre, doch als er den Inhalt sah, stockte ihm der Atem und er ließ sich auf die Knie fallen. „Wer?“, fragte er nur und schluckte. ,,Akira-sama, der Kommandant des Shoguns.“

Seine Augen flogen auf und er drehte sich zu Haruko um, die sich lächelnd neben ihm kniete und den Kimono herauszog, vorsichtig darüber strich. ,,Das ist feinste Seide… Er hat sich sehr viel Mühe gegeben. Dieser Hochzeitskimono muss ein Vermögen gekostet haben.“, sagte sie leise und griff nach Kayas Hand. „Es scheint, als wäre er sehr an Euch interessiert. Das sollten wir nutzen, meint Ihr nicht auch?“ Kaya war noch immer so überrascht und gedankenverloren, dass es ein wenig dauerte, bis er richtig reagierte. „Was? Ich… Nein, das… das geht nicht!“ Mit einem Mal wurde er von einem Gefühl der Panik ergriffen und seine Hände zitterten. Wenn er ihn heiraten würde, musste er mit ihm schlagen und dann würde Akira herausfinden, was Kaya war. Er würde ihn hassen, ihn verabscheuen. „Kaya-sama, beruhigt Euch.“, sagte Haruko leise und hielt seine Han weiter fest, sah ihn sanft an. „Warum habt Ihr solche Angst? Ich sehe Akira-sama nicht als einen Mann, der nur an Euch interessiert ist, weil Euch attraktiv finden. Er will Euch, weil er Euch wirklich mag. Bitte vertraut ihm.“ „Es hat nichts mit Vertrauen zu tun. Selbst wenn ich es habe, bringt es nichts. Sobald er meinen Körper sieht, wird er sich ekeln und mich nicht mehr haben wollen.“, entgegnete er leise und verkrampfte sich bei dem Gedanken daran. „Aber… Verzeiht, wenn ich respektlos bin, aber… es könnte Euch weitaus schlimmer treffen. Akira-sama ist ein aufrichtiger und ehrlicher Mann mit Stolz. So jemanden trifft man kaum.“, entgegnete Haruko und sah ihn sanft an. „Bitte… Nehmt das Angebot an. Wir wissen, was er Euch bedeutet und wir sind sicher, dass Ihr glücklich mit ihm sein werdet.“

Unsicher sah Kaya sie an und seufzte leise, nickte dann langsam. Er hatte so oder so keine andere Wahl. „Nun gut… Dann… lasst ihm mein Einverständnis zukommen. Aber sagt ihm…. Sagt ihm, dass… ich ihn zu sehen wünsche, bevor die Heirat stattfindet.“ „Natürlich, Kaya-sama…“ Haruko verbeugte sich und er hatte das Gefühl, sie eilte fast schon glücklich aus dem Gemach.

Noch immer hielt er den Kimono in seinen Händen und strich weiter über die Seide, presste sie dann an sich. Er hatte niemals gedacht, dass es ausgerechnet Akira sein würde, der ihm einen Heiratsantrag machen würde… Er war davon ausgegangen, dass Akira wegen Seiimei verzichten würde, aber dass er dann gleich auf ihn zugehen würde… Wie würde es nun weitergehen? Ihm war natürlich klar, dass er sich umgewöhnen musste, sich die Etikette anlernen musste, denn immerhin war er dann keine Kammerfrau mehr. Er war die Frau des Kommandanten. Bei diesem Gedanken bekam er eine Gänsehaut. Würde Akira ihn noch einmal sehen wollen vor der Hochzeit oder trafen sie erst bei der Zeremonie wieder aufeinander? So viele Fragen, so wenig Antworten…
 

* * *
 

Es dauerte allerdings nicht lange und Akira kündigte sich für einen Besuch an. Auch wenn er sich eigentlich bis zur Hochzeit gedulden wollte, musste er einfach Kaya sehen. Und das Haruko, die Kammerfrau von ihr, auch bereits mit der Bitte, Kaya zu treffen, zu ihm gekommen war, kam ihm gerade recht. Er wollte wissen, ob es für sie akzeptabel war, ihn zu heiraten. Sollte sie es absolut nicht wollen, würde er den Antrag natürlich sofort zurückziehen, denn er wollte sie nicht bedrängen und zu irgendetwas zwingen.

Nun ging er allerdings ungeduldig im Garten auf und ab und sah immer wieder zur Tür, durch die ihre Kammerfrau verschwunden war, um sie zu holen. Als er sich bereits wieder umdrehte, hörte er die Tür und sah sofort dorthin. Kaya trat mit schüchternen Schritten auf den kleinen Gang und Akira war sofort zur Stelle, um ihr die Hand zu reichen, damit sie in die auf dem Boden stehenden Getas schlüpfen konnte, um ihre Tabi nicht zu beschmutzen. Während er sie dabei beobachtete, fiel ihm wieder auf, wie zerbrechlich und zart sie eigentlich war, was man bei den Kimonolagen nicht sehen konnte, doch ihre Hand und ihr dünner Arm ließen vermuten, dass der Rest ihres Körpers genauso war.

„Ich danke Euch…“, hörte er die leise Stimme sagen und er lächelte sie an. „Wie geht es dir, Kaya-chan?“, fragte er und Kaya hob nun endlich den Kopf. //Sie ist so wunderschön…//, schoss es ihm durch den Kopf und er schluckte etwas, hörte dann erneut ihre Stimme, dieses Mal ein wenig deutlicher. „Ich… Ich muss zugeben, dass ich noch immer ein wenig verwirrt und überrumpelt bin wegen Eurem Antrag.“, antwortete sie dann und ging mit ihm durch den Garten. Akira schmunzelte etwas und verbeugte sich entschuldigend. „Verzeiht mir, dass ich es so plötzlich getan habe, aber ich… Nachdem ich erfahren hatte, dass Sachi no kimi die Frau des Shoguns werden sollte, konnte ich nicht mehr warten… Ich musste es einfach tun. Zu groß war die Gefahr, dass jemand anderes Eure Schönheit entdeckt und besitzen will.“, gab er zu und bemerkte ihren überraschten Gesichtsausdruck. „Ich wollte nicht, dass Euch jemand bekommt, für den Ihr zu schade wärt und glaubt mir, in diesem speichelleckenden Palast gibt es so einige.“ „Woher wollt Ihr wissen, dass es nicht doch jemanden gibt, der besser ist als Ihr?“, fragte Kaya nur und der Kommandant lächelte. Er beugte sich über einen Strauch und schnitt mit seinem Dolch eine Blume ab, steckte sie Kaya vorsichtig ins Haar. „Weil es niemanden gibt, der Euch so sehr verehrt wie ich. Ich werde alles für Euch tun und Euch jeden Wunsch erfüllen. Allerdings…“ Er drehte sich zu ihr und sah sie erneut an. „Ich würde Euch nur heiraten, wenn Ihr es auch wollt. Ich zwinge niemandem zu seinem Glück und wenn es Euch zuwider ist, akzeptiere ich das, wenn auch mit schwerem Herzen.“ Kaya schüttelte den Kopf etwas und strich mit ihren Fingern vorsichtig über die Blume. „Nein… Ich fühle mich sehr geehrt, dass ich diejenige bin, die Ihr erwählt habt und ich nehme es sehr gerne an.“, antwortete sie und das Lächeln, dass sie ihm schenkte, gab ihm das Gefühl, dass sein Herz platzte vor Freude. „Ich danke Euch für diese Antwort. Ihr wisst nicht, wie viel mir das bedeutet.“ Er verbeugte sich tief und ging mit ihr weiter, freute sich noch immer über ihre Antwort. Nachdem Seiimei beschlossen hatte, Sachi als Nebenfrau zu nehmen, war er sich unsicher gewesen, ob es richtig war, Kaya diesen Antrag zu machen, immerhin war sie Sachis Oberste Kammerfrau und stand ihr dementsprechend auch nahe. Er wollte nicht, dass die beiden sich dadurch voneinander entfernten. „Weiß Sachi no kimi davon?“, fragte Kaya nun doch leise, aber Akira schüttelte den Kopf. „Noch nicht. Der Shogun und ich hielten es für angemessen, erst mit Euch zu reden, bevor sie es erfahren sollte.“ Er sah sie nicken und merkte, wie sie darüber nachdachte. „Ich… Sie soll es wissen, es wäre nur richtig. Bitte… Lasst ausrichten, dass ich nicht möchte, dass sie deswegen schlecht von mir denkt.“, antwortete sie schließlich und er nickte verständlich. „Natürlich. Das wird berücksichtigt. Die Hochzeit wird in einem Monat stattfinden. Ich hoffe, ich kann Euch bis dorthin noch öfters sehen?“ Akira sah, wie sich ein roter Schimmer auf ihre Wangen legte und hätte sie am liebsten gefressen, so süß wie sie war. Kaya nickte und ließ sich von ihm zum Gebäude zurückführen, verbeugte sich und verschwand im Inneren. Akira seufzte leise auf und versuchte, sein Herz zu beruhigen. So etwas hatte er noch nie gespürt… Es gab ihm das Gefühl, im Himmel zu schweben und er konnte den Hochzeitstag und die dazugehörige Nacht kaum abwarten.

* * *
 

Auch jemand anderes war an diesem Tag sehr aufgeregt. Kaoru, Seiimeis Bruder, saß mit strahlenden Augen über einem Brief und lächelte schließlich fast selbstzufrieden. Der Kaiser hatte die nötigen Vorbereitungen getroffen, um Kaoru den Putsch in Edo zu ermöglichen und zu erleichtern. Endlich hatte er Gelegenheit, sich an Seiimei zu rächen und die Macht an sich zu reißen… Dann konnte er dieses schreckliche Balg auch unschädlich machen, das sein Bruder neuerdings als kleines Haustier hielt. Er war von niederer Geburt und wurde in feinste Seide gehüllt, um Ukifune zu ersetzen und so zu tun, als wäre er das neue Frauchen an der Seite seines Bruders. Noch dazu war er sein Leibwächter, auch wenn das viele nicht sahen. Doch Kaoru entging es nicht, dass Hiko unter seinen Kimonoschichten einen Dolch trug und immer wachsam in seiner Gegenwart war, jederzeit bereit, sich vor ihn zu werfen, sollte ihm etwas zustoßen. Und wenn er die Gerüchte des Palastes richtig deutete, machte das Gör neuerdings auch die Beine für ihn breit… Kein Wunder wollte Ukifune mit ihm zusammenarbeiten. Hiko hatte sie von ihrem Platz verdrängt und das passte ihr natürlich gar nicht.

Kaoru hatte ihr zugesichert, sollte er den Rang des Shogun erlangen, wenn er seinen Bruder beseitigt hatte, dass sie in den Rang der Ersten Ehefrau zurückerhoben wird und an seiner Seite regieren würde. Nur für Hiko musste er noch einen passenden Platz finden. Er wollte ihn nicht töten… Aber die Bordelle in Yoshiwara* brauchten immer frische Ware und dadurch konnte er auch nichts gegen ihn unternehmen. Hiko war allein, ohne Seiimei war er ein Nichts. Und das Leben in Yoshiwara würde ihn bald züchtigen. Kaoru grinste bei dem Gedanken und überließ den Brief einem kleinen Feuerbecken, um alle Hinweise zu vernichten. Er würde sie alle zerquetschen, wie kleine Fliegen…. Lediglich die Art, wie er Seiimei verschwinden lassen wollte, bereitete ihm noch Kopfzerbrechen, aber auch dafür würde er bald eine Lösung finden.
 

* * *
 

Seit Tagen hielt Seiimei Hiko auf Abstand und nahm ihn nicht mehr zu jedem Empfang mit, obwohl er sein Leibwächter war und auf ihn aufpassen musste. Den Frust ließ r im Dojo heraus, doch er verstand die Haltung des Shogun nicht. Hatte er etwas falsch gemacht? Nach der Nacht, in der Seiimei bei ihm gewesen war und mit ihm geredet hatte, war es ausgesprochen wortlos zwischen ihnen geworden. Seiimei gab ihm nur noch knappe Befehle und hatte ihn nicht mehr auf die Nacht angesprochen. Hiko hatte sich darüber sehr viele Gedanken gemacht und musste dem Shogun in allem, was er sagte, zustimmen, aber er konnte sich nicht vor ihm entblößen. Er war sein Untergebener, sein Diener… Doch was für ihn gerade noch schlimmer war als das Schweigen zwischen ihnen, war die Ankündigung Seiimeis, dass er heute Nacht Sachi besuchen würde und das verletzte ihn noch mehr. Sein Egoismus drang dabei durch und er ertappte sich bei dem Wunsch, an Sachis Stelle zu sein. Er wollte nicht, dass Seiimei zu ihr ging, der Gedanke allein ließ ihn schon wütend werden, aber er konnte daran nichts ändern. Er war der Shogun und er hatte jedes Recht darauf und vor allem auch die Pflicht.

Erschöpft von seinem Training wusch er sich erst einmal ausgiebig und zog sich in sein Gemach zurück und wollte gerade nach den Dienern rufen, damit sie ihm halfen, die Kimonolagen anzuziehen, als ihm ein kleiner weißer Stapel neben seiner Bekleidungstruhe auffiel. Leicht runzelte er die Stirn und ging darauf zu, bemerkte einen Brief. Vorsichtig faltete er ihn auseinander und erkannte sofort Seiimeis Handschrift. »Zieh es an und komm in mein Gemach.« Hiko zog eine Schnute angesichts des Befehlstons, fügte sich aber und zog sich den leichten Kimono an. Kurz blickte er noch einmal in den kleinen Spiegel und öffnete dann langsam die Verbindungstür zwischen Seiimeis und seinem Zimmer, ließ sich sofort auf den Boden sinken und verbeugte sich tief. „Ah… Da bist du ja.“ Er sah langsam auf und sah Seiimei neben seinem Futon sitzen, erschauderte bei seiner Stimme und seinem Anblick. „Komm her, Hiko-chan.“ Er stand auf und kam zu ihm, atmete tief durch. “Du bist verstimmt, das sehe ich dir an. Es liegt an Sachi no kimi, nicht wahr? Das fauchende Kätzchen macht sich wieder bemerkbar. Und egoistisch ist es auch noch. Was für ein anstrengendes kleines Tierchen habe ich mir da nur angelacht.“ Der Shogun schmunzelte etwas und strich durch Hikos Haar, glitt über seine Wange. „Deine Sachen, die du trägst, trägt auch Sachi, wenn sie auf mich wartet**. Du sollst wissen, dass ich nur körperlich bei ihr bin…“ Hiko sah zu ihm auf und biss sich auf die Lippen. Nur körperlich war schon zu viel für ihn. Sein Kinn wurde angehoben und er sah ihn Seiimeis grüne Augen. „Bevor ich aber zu ihr gehen werde, habe ich beschlossen, dich zu genießen.“ „Mich… genießen?“ Verwirrt sah er ihn an, brauchte eine Weile, bis er verstand und wurde dann hochrot. „Ich… also… Ich weiß nicht, ob-“ „Das tust du. Ich sehe es dir an. Seit ich damals mit dir geredet habe in der Nacht…“ Der jüngere wurde nur noch röter und biss sich auf die Lippen. Natürlich hatte er daran gedacht, aber war niemals auf die Idee gekommen, dass es jemals passieren würde. Sanft wurde er von Seiimei auf den Futon gedrückt und er spürte seine Finger, wie sie den leichten Kimono entlang strichen und mit dem lose gebundenen Obi spielten, ehe er die Lippen auf sich spürte. Leicht schnappte er nach Luft und brauchte ein wenig, bis er den Kuss dann doch schüchtern erwidern konnte. Es war lange her, dass er jemanden geküsst hatte und es war sowieso das erste Mal, dass ein Mann ihn küsste. Er spürte die Zunge seine Lippen entlanggleiten, teilte sie etwas und wurde nun doch lockerer. Er fühlte Seiimeis Gewicht auf sich und erschauderte etwas dabei. „Entspann dich, kleines Kätzchen. Entspann dich und genieße. Den Rest mache ich.“, wisperte der Shogun in Hikos Ohr und leckte es entlang, was einen gewaltigen Schauder durch seinen Körper schickte. Erneut küsste Seiimei ihn und dieses Mal reagierte Hiko offener, erwiderte den Kuss fast sofort und als er die Zunge an seinen Lippen spürte, teilte er sie und ließ sie ein. Als der Größere seine Zunge anstupste, hatte er das Gefühl, ein Stromstoß würde durch seinen Körper fahren und vorsichtig ging er darauf ein. Wieder merkte er, wie Seiimeis Hände seinen Kimono entlangstrichen und begannen, seinen Obi zu lösen. Langsam schloss er die Augen und ließ sich fallen.

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Jaja, was lange wärt, wird gut... oder so. Ich entschuldige mich hiermit für das verspätete Kapitel, aber in den letzten Monaten hat mich weder die Muse geküsst noch irgendwie angestubst. :/ Aber anyway, das Kapitel ist da und das nächste ist schon in Arbeit.
 

Viel Spaß beim Lesen! :)
 

Musik:
 

- Takarazuka

Vorbereitungen

Nachdem sie diese intime Zeit miteinander verbracht hatten, ging Hiko davon aus, dass Seiimei die Nacht über bei Sachi bleiben würde und erwartete ihn nicht zurück. Umso überraschter war er, als er am nächsten Morgen erwachte und Seiimei neben sich spürte. Er hielt eine Haarsträhne in seiner Hand und spielte damit.

Langsam öffnete Hiko die Augen und sah zu ihm auf, erschauderte bei seinem Lächeln. „An deinem Blick sehe ich, dass du mich hier nicht erwartet hast. Bist du etwa davon ausgegangen, dass ich den Rest der Nacht bei Sachi verbringe, um… irgendetwas aufrecht zu erhalten?“ Beschämt wandte der Junge den Blick ab und schluckte, traute sich nicht mehr, ihn anzuschauen. Das war so peinlich… Seiimei lachte auf und schüttelte den Kopf. „Nun, ich kann es dir nicht verübeln, dass du so denkst.“ Er griff nach einer Glocke und gleich darauf öffnete sich die Schiebetür und zwei Diener traten ein. „Bleib noch liegen und entspanne dich. Im Gegensatz zu dir habe ich eine große Verpflichtung, die ich leider erfüllen muss.“ Er beugte sich über ihn und gab ihm einen Kuss auf die Stirn, ehe er sich erhob. „Außerdem muss alles für die Hochzeit vorbereitet werden.“ Hiko setzte sich auf und verbeugte sich tief. „Komm später in meine Amtsgemächer.“ Der Junge nickte und sah zu, wie die Tür sich schloss, die zum Umkleidezimmer führte. Er seufzte und ließ sich in die Kissen zurückfallen, atmete Seiimeis Geruch ein. Es war tatsächlich passiert… Er hatte mit dem Shogun die Nacht verbracht. Bei dem Gedanken daran klopfte sein Herz wieder so schnell und sein Gesicht wurde heiß vor Scham. Doch er wollte sich jetzt nicht ausruhen… Bevor er wieder zu Seiimei gehen würde, wollte er noch trainieren, damit er nicht nachlässig wurde. Es dauerte noch eine Weile, bis er sich endlich erheben konnte und schlüpfte in seinen Trainings-Kimono, nahm sein Katana und verließ die Gemächer. Ihm war klar, dass diese Nacht unter den Dienern längst die Runde gemacht hatte und sie mit Sicherheit spektakulärer zu erzählen war als die Nacht, die der Shogun mit Sachi verbracht hatte. Wen interessierte es auch, dass er mit einer Konkubine im Bett war, wenn der Beischlaf mit dem Leibdiener sehr viel sensationsreicher war?

Ein leises Seufzen entwich ihm bei dem Gedanken. Ihm hätte klar sein müssen, dass er nun das Zentrum der Klatschgespräche sein würde und damit wurde er sich auch im Dojo auseinandersetzen müssen. Schweigend betrat er die Hallen und atmete tief durch, zog sein Schwert aus der Scheide und begann mit dem Training. Zum Glück war bis jetzt noch niemand hereingekommen und so musste er sich erst einmal nicht rechtfertigen. Er fürchtete sich sogar ein wenig davor, von anderen darauf angesprochen zu werden, immerhin war Seiimei Shogun und nicht irgendein niederer Beamter, bei dem es nicht interessiert, was er tut. Nach einiger Zeit legte er das Katana beiseite und stöhnte leise. Egal wie, er konnte sich einfach nicht konzentrieren! Die Nacht, die hinter ihm lag, wollte nicht aus seinem Kopf verschwinden, jedes Mal, wenn er sich bewegte, musste er daran denken, dass Seiimei ihn an diesen Stellen berührt hatte. Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals und er wandte sich ab, verließ den Dojo und ging die Gänge entlang zurück zu seinen Gemächern. Er ließ sich von den Dienern umziehen und eilte dann zu den Amtsgemächern, glitt leise hinein, doch das war eigentlich überflüssig, denn im Empfangsraum herrschte ein schrecklicher Lärm. Verwirrt glitt er hinter Seiimei und beobachtete die Minister, die lautstark miteinander diskutierten. „Eure Majestät, was ist passiert?“, fragte er leise und blickte zu ihm, kniete sich hinter ihn. „Meine Spione haben einen Boten abgefangen. Bevor er sich selbst gerichtet hat, hat er ihnen Hinweise überlassen, die darauf hindeuten, dass jemand einen Putsch plant. Jetzt diskutieren sie darüber, wie sie weiter vorgehen wollen, um den Anstifter zu finden.“, antwortete Seiimei fast monoton. „Und da sie nicht verstehen wollen, dass ich deswegen keine Sorgen habe und das regeln kann, ohne dass ich Leibwachen an jeder Ecke brauche.“ Etwas geschockt sah Hiko zu ihm auf und seufzte innerlich. Natürlich wollten es die Minister nicht hinnehmen, immerhin ging es darum, den Herrscher Japans zu schützen, der danach allerdings nicht verlangte.

„Haben sie denn schon eine Vermutung?“ „Außer, dass er innerhalb der Schlossmauern sein muss? Nein.“ Seiimei sah ihn leicht an und zuckte mit den Schultern, er seinem Herold den Befehl gab, dieses Durcheinander zu beenden. Auch wenn Hiko nach außen hin ruhig schien, diese Neuigkeit verunsicherte ihn. Er war Seiimeis Leibwache und würde so noch mehr auf ihn und seine Sicherheit achten müssen, pausenlos bei ihm sein müssen. Er würde noch wachsamer sein, damit ihm nichts passieren würde. Als die Minister unter großem Murren und Protest den Saal verlassen hatten, rieb sich Seiimei leicht die Stirn und atmete tief durch. Besorgt beugte Hiko sich vor, doch er winkte nur ab. „Nein… Mir geht es gut. Ich bin nur ein wenig genervt von all dem. Die Hochzeit muss geplant werden und das ist gerade wichtiger als dieser lächerliche Versuch, mir mein Leben zu nehmen. Es wird ein wichtiger Tag… Für alle… Akira überlässt es mir, alles zu planen und ich habe einige damit beauftragt. Sie werden gleich kommen und Akira ebenfalls, um seine Zustimmung oder Ablehnung zu geben.“ Als Seiimei den Namen erwähnte, sah Hiko auf und musste sofort an Kaya denken. Wie es ihr wohl ging mit all der Vorbereitung? Er hatte sie nicht mehr gesehen seit seinem Besuch in der Ooku, bei dem er von ihr ein paar Hinweise bekommen hatte, wie man sich weiblicher geben konnte. Es war noch ganz in Gedanken, als sich die Tür erneut öffnete und Akira eintrat, Seiimei zunickte und sich vor dem Podest an die Seite setzte. Gleich darauf traten die Verantwortlichen für die Hochzeit ein und nun folgte ein langes Gespräch über die Pläne. Der Termin war für die nächste Woche gesetzt, da dort ein Tag war, der nach dem buddhistischen Kalender ein Glückstag war. Natürlich durfte da auch organisatorisch absolut nichts schiefgehen, weswegen die Priester auf schiere Perfektion pochten. Irgendwie tat ihm Kaya da schon richtig leid, denn alles würde streng nach Protokoll laufen. Seinem Gefühl nach vergingen Stunden, ehe sie sich alle geeinigt und Akira genervt zugestimmt hatte.

Als die Priester und Akira den Raum endlich verlassen hatten, stöhnte Seiimei leise auf und schüttelte den Kopf. „So ein Affenzirkus…“, knurrte er und stand auf, hob seinen Kimono leicht an und trat von der Erhöhung herunter. „Ich habe für dich einen Kimono anfertigen lassen für die Hochzeit. Er wird wundervoll an dir aussehen.“ „Aber… Das… hättet Ihr nicht tun müssen.“ „Du bist nicht irgendjemand, du bist mein Leibwächter. Und noch so viel mehr. Du weißt um deine andere Aufgabe. Ich werde dich mit Sicherheit keinen alltäglichen Kimono bei der Zeremonie tragen lassen.“, entgegnete Seiimei streng und verließ mit ihm das Empfangszimmer, ging den Gang entlang und sah nach draußen in den Garten, in dem ein Kirschbaum stand. Mittlerweile war es fast Sommer und er trug statt der Blüten nur noch Blätter an seinen Ästen. „Alles ist vergänglich, auch das Leben. Ich weiß, dass du dich um mich sorgst wegen diesen Gerüchten, aber wenn ich sterben sollte, kannst auch du das Schicksal nicht aufhalten, Hiko.“ Er drehte sich zu ihm und strich ihm über die Wange. Der junge Mann schloss die Augen leicht und sah ihn an. „Ich weiß, Goushujin-sama…“, sagte er leise und hatte das Gefühl, seinen Dolch, der um seinen Oberschenkel gebunden war, noch mehr zu spüren als so schon.

„Genieße die Zeit, solange sie dir gegeben ist. Als Shogun habe ich von klein auf gefährlich gelebt, ich habe fast eine Beziehung mit der Gefahr.“ Hiko nickte nur und sah ebenfalls kurz auf den Baum, ehe er mit ihm weiterhing. Seiimei hatte Recht, alles war vergänglich, doch trotzdem hielt er an seiner egoistischen Hoffnung fest, dass ihm nichts passieren würde. Zumindest nicht, wenn er es zu verhindern wusste.

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Mal wieder ist so viel Zeit vergangen… Es tut mir wirklich Leid. :/ Das 12. Kapitel wird bereits geschrieben und ich hoffe, ich werde sie auch bald hochladen können. :)

Hochzeit

Kaya wurde am Tag der Hochzeit bereits im Morgengrauen von Haruko geweckt, um zurechtgemacht zu werden. Müde saß er nun im Bad und bemühte sich darum, in all der Hitze nicht wieder einzudösen. Er musste daran denken, dass nach der Hochzeit auch die dazugehörige Nacht anstand und mit einem Mal befiel ihn Panik. Was würde passieren, wenn Akira sehen würde, was er war? Wenn er ihn von sich stoßen würde und die Hochzeit annullieren würde? Sein Herz klopfte wie verrückt bei diesem Gedanken und abrupt stand er auf. Nun war es so oder so zu spät, er musste sich dieser Situation nun stellen, auch wenn ihm die Vorstellung, Akira könne ihn verstoßen, wahnsinnig wehtat. Er trocknete sich ab und schlüpfte in den Schlafkimono, ging zurück in sein Gemach, wo er sich Haruko, die mit einem Kamm bewaffnet war, bereits gegenüberstand. Schweigend fügte er sich seinem Schicksal und während er auf dem Boden saß, konnte er den Blick nicht von dem Hochzeitskimono nehmen, der bereits auf einem Ständer hing und nur darauf wartete, von ihm getragen zu werden. Er war so prächtig und so wertvoll… Er traute sich kaum, diese kostbare Seide zu tragen, geschweige denn anzufassen, allein schon die Stickereien waren so detailliert, dass diese Bekleidung nur von einem sehr begabten Kimonomacher stammen konnte. Es dauerte eine ganze Weile, bis Haruko fertig war und nahm den Spiegel zu sich, betrachtete sich darin und erschauderte leicht. Er erkannte sich gar nicht mehr, so sehr hatte er sich durch die Schminke und die Frisur verändert. Vorsichtig strich er sich über die Haare und drehte den Kopf von rechts nach links. „Ihr seht wundervoll aus, Kaya-sama. Die Frauen werden so neidisch sein, wenn sie Euch sehen!“, rief Haruko verzückt aus, während sie das Unterhemd und das Unterkleid sowie den Obi hervorholte. „Oh und was Akira-sama erst sagen wird! Er wird begeistert sein!“ Gegen seinen Willen wurde Kaya bei dieser Vorstellung rot. Trotz seiner Angst war er wahnsinnig gespannt auf die Reaktion Akiras, wenn er ihn dann später sehen würde.

Bevor sie sich dann für die eigentliche Zeremonie endlich sehen würden, musste er sich noch einem Reinigungsritual im Schrein unterziehen, um von allen Sünden befreit zu werden, sonst würde die Heirat trotz des ausgewählten Tages unter einem schlechten Omen stehen. Diese Vorgehensweise erschien ihm absolut unnötig, denn egal wie oft er sich reinigen würde, er würde niemals sündenfrei sein. Er war die Sünde an sich. Nicht ganz Frau, nicht ganz Mann, eine Abart. Die Götter müssen seine Eltern gehasst haben, trotz ihres Fleißes und ihrer Frömmigkeit. Und trotz dieser Tatsache hatten sie ihn bedingungslos geliebt und sich kein einziges Mal beschwert. Mit einem Mal packte ihn die Sehnsucht nach dem kleinen Dorf in den Bergen, umgeben von Reisterrassen und Wäldern, nach dem Lärm der Händler auf dem Markt. Er sehnte sich nach seinem Zimmer, das ihm die Sicht auf das Tal freigab, danach, in die Wälder zu gehen und sie zu erkunden. Doch vor allem sehnte er sich nach den groben Händen seiner Mutter, die ihn sanft streichelten, ihm Wärme gaben und mit so viel Liebe das Essen zubereiteten. Die warme, tiefe Stimme seines Vaters, die ihm immer Mut zugesprochen hatte, die ihn als Kind in den Schlaf gewiegt hatte. Wie sehr wünschte er sich nun, sie wären hier und würden ihm beistehen… Leicht schloss er die Augen und unterdrückte ein Zittern, atmete tief durch. Nein, jetzt durfte er sich nicht so gehen lassen. Er wusste, ihnen ging es gut, sie lebten dank ihm nun wirklich sicher und ohne Sorgen wegen Geld oder Essen. Als er ihnen geschrieben hatte, dass er heiraten würde, hatten sie sich für ihn gefreut und ihm viel Glück gewünscht. Er war sich sicher, sie waren erleichtert, dass er jemanden gefunden hatte, der ihn so nahm, wie er war, dabei wusste Akira gar nichts von allem. Er spürte die Feuchtigkeit in seinen Augen und zählte innerlich bis drei, atmete dann tief durch und spürte, wie die Augen wieder trockneten.

Er lächelte Haruko schüchtern an und stand auf, streifte sich den Schlafyukata ab und ließ sich das Unterhemd und das Unterkleid anziehen. Die Tür wurde aufgeschoben und Takiko trat ein, mit einem Bündel auf dem Arm. „Kaya-sama, erinnert Ihr Euch an den Uchikake*, den Eure Mutter Euch mitgegeben hat? Ich finde, es wäre die perfekte Ergänzung für den Hochzeitskimono.“, sagte sie leise und legte das Kleidungsstück vor ihnen aus. Mit großen Augen sah Kaya darauf und strich über den roten Seidenstoff, der eine Landschaft mit Wacholderbäumen, Seen und einem Schwarm Kranichen mit goldenen Flügelspitzen darstellte. „Es ist mit Sicherheit ein Erbstück von ihr. Ich werde gut darauf aufpassen.“, sagte er mit sanfter Stimme und lächelte. Wenn sie ihn darin nur sehen könnte… Der Uchikake wurde ebenfalls aufgehängt und Haruko zog ihm nun einen einfachen hellgrünen Kimono mit Blauregen-Muster und einem silbernen Obi mit Wassermuster darauf an, den er während des Reinigungsrituals tragen würde. „Ich denke, der Priester wird begeistert sein.“, meinte sie und kicherte, steckte ihm noch vorsichtig ein Kanzashi** ins Haar. „Ihr seht wunderschön aus, Kaya-sama.“ Verlegen sah der Junge sich im Spiegel an und schluckte. Nicht mehr lange…
 

* * *
 

Der Abend nahte und Kaya wurde nun zum zweiten Mal neu eingekleidet, dieses Mal allerdings in den weißen Hochzeitskimono und der Uchikake seiner Mutter. Er schmiegte sich schon fast hinein und roch an dem feinen Seidenstoff, atmete den Geruch von Tatami und lackierten Holz ein. Der Geruch von zuhause… Die Tür öffnete sich und zwei Diener verbeugten sich. „Es ist soweit, Kaya-sama.“, sagte Haruko sanft und lächelte, folgte ihm zusammen mit Takiko den Gang entlang. Kaya hatte ganz zitternde Beine vor Angst und Aufregung und war peinlichst darauf bedacht, nicht über die Stofflagen zu stolpern. Bald darauf waren sie im Teil des Palastes angekommen, in dem die Zeremonie stattfinden sollte und schüchtern betrat er den Saal. Die Priester, die dafür zuständig waren, dass alles richtig durchgeführt wurde, standen auf und verbeugten sich vor ihm, brachten ihn zu einem erhöhten Platz und Kaya ließ sich vorsichtig auf das seidene Kissen sinken. Das alles verunsicherte ihn so sehr… Doch als sich die Tür erneut öffnete und Akira eintrat, war dieses Gefühl mit einem Mal vollkommen verflogen und wich einer großen Vorfreude, gepaart mit ein bisschen Angst vor dem, was heute Nacht kommen würde. Akira ließ sich neben ihn sinken und lächelte ihn an. „Du siehst wunderschön aus.“, sagte er leise und Kaya spürte, wie seine Wangen heiß wurden. Leicht senkte er den Blick und atmete tief durch. Als letztes kam der Shogun und zusammen mit Akira und den anderen Anwesenden verbeugte er sich tief, als Seiimei sich auf seinen erhöhten Platz gegenüber von ihnen in einiger Entfernung sinken ließ. Hinter ihm saß Hiko, die Hände im Schoß gefaltet und man konnte deutlich das Kurzschwert sehen, das er an seiner Hüfte trug. Dieser Anblick war überaus seltsam, denn Hiko war feminin gekleidet und benahm sich auch so und Schwerter an Frauen zu sehen, war falsch. Doch er war keine Frau und noch dazu der persönliche Leibwächter des Shoguns. Die Priester warteten, bis alle bereit waren und begannen dann mit der Zeremonie, von der Kaya aber eigentlich nichts mehr mitbekam, denn er fühlte sich wie entrückt, lediglich das gemeinsame Sake trinken*** blieb ihm in prägender Erinnerung. Schneller als er gedacht hatte, war alles zu Ende und die Hochzeitsspeisen wurden aufgetragen, die seiner Meinung nach ein Vermögen gekostet haben müssen, so aufwendig, wie sie gestaltet waren. Vor Aufregung bekam der Junge kaum etwas hinunter und sah immer wieder zu Akira, der sich mit einigen Männern neben sich unterhielt. Trotz der vielen Menschen fühlte er sich mit einem Mal allein, denn er kannte niemanden außer Hiko, der allerdings bei dem Shogun bleiben musste. Leicht senkte Kaya den Blick und trank gedankenverloren von seinem Tee, ehe er Akiras Stimme vernahm. „Ich denke, es ist Zeit, meine Braut in ihr neues Zuhause zu führen. Ich bitte Euch, uns zu entlassen, Eure Majestät.“, sagte er und verbeugte sich vor Seiimei und Kaya beeilte sich, das gleiche zu tun. Seimei schmunzelte nur und nickte. „Ihr seid entlassen, Hauptkommandeur.“

Langsam erhob Kaya sich und hob seinen Uchikake, folgte Akira und verbeugte sich noch einmal tief vor Seiimei, ehe er mit seinem neuen Ehemann die Gänge entlangging. „Du siehst wirklich wunderschön aus, Kaya-chan.“, sagte dieser leise und auf die Wangen des Angesprochenen legte sich eine gesunde Röte, während er weiter schwieg. Er wusste, was nun kommen wurde und sein Herz klopfte vor Angst und Aufregung, als zwei Diener aus dem Dunkel auftauchten und eine große Tür öffneten. „Das ist unser gemeinsames Heim. Es wird vielleicht eine große Umstellung für dich sein, von der Ooku nun hierher zu kommen, aber ich hoffe trotzdem, du wirst dich hier einleben. Deine zwei Kammerfrauen haben selbstverständlich auch einen Raum in der Nähe von uns und wenn du sie brauchst, kannst du jederzeit nach ihnen verlangen.“ Kaya nickte nur leicht und sah, wie Akira auf eine weitere Tür zuging und sie aufschob. „Und das hier ist unser Schlafraum.“ Er drehte sich zu ihm und grinste breit, zog ihn zu sich und begann, seinen Uchikake langsam auszuziehen und auf den Boden fallen zu lassen.

Kaya stand regungslos vor ihm und sah ihn mit großen Augen an, konnte sich kaum bewegen vor Aufregung. Gleich würde es passieren… „Hast du Angst, Kaya-chan?“, fragte Akira leise und Kaya deutete zuerst ein Kopfschütteln an, nickte dann aber schüchtern und krallte die Finger in seinen weißen Kimono. „Sssht… Hab keine Angst…“ Er spürte die Hände des Älteren an seinen eigenen und ließ sie lösen, fühlte gleich darauf seinen warmen Körper an sich. „Ich bin vorsichtig und sanft… Entspann dich.“ Gleich darauf lagen sie auf dem Futon und Akira beugte sich über ihn, küsste ihn sanft. Kaya zuckte zurück und wusste gar nicht, wie er darauf reagieren sollte. Dieses ganze intime war so vollkommen neu für ihn und es überforderte ihn, doch Akira schien das zu merken, denn seine Hände streichelten ihn nun beruhigend, um ihm die Angst zu nehmen und langsam lockerten sich seine Muskeln. „Wenn es das erste Mal ist, hofft man immer, es mit jemandem zu erleben, den man liebt. Es tut mir Leid, das dies bei dir nicht der Fall ist.“, sagte der Ältere leise, doch Kaya schüttelte hastig den Kopf. „Nicht… Entschuldigt Euch nicht. So… empfinde ich gar nicht.“, wisperte er und errötete stark. Überrascht sah Akira ihn an und begann, seinen Obi zu lösen. Mit funkelnden Augen sah er zu, wie der weiße Kimono langsam lockerer wurde und anfing, von Kayas schmalen Schultern zu rutschen. Er mochte es, dabei zuzusehen, wie dieses Kleidungsstück immer mehr von diesem wunderschönen Körper, den es versteckt hatte, freigab. Vorsichtig zog er ihm den Obi aus und legte ihn neben sich auf den Tatami, ehe er sich ihm wieder zuwandte und ein wenig mit den Zipfeln des Kimonos spielte, sodass dieser immer weiter hinunterrutschte. Dabei ließ er Kaya aber keinen Moment aus den Augen, bereit, sofort aufzuhören, sollte es zu viel werden. Kaya jedoch war fasziniert von der Art und Weise, wie Akira vorging, auch wenn er ihn nicht als brutalen Ehemann eingestuft hatte, ging er doch irgendwie davon aus, das alles weitaus weniger zärtlich von statten gehen würde. Schließlich wurde sein Kimono ebenfalls beiseite gelegt und mit einem Schlag wurde ihm bewusst, dass er nun nur noch das Unterkleid und das Unterhemd trug und verkrampfte sich abrupt, drückte die Beine zusammen und zog den Stoff eng um sich. Verwirrt über diesen Wandel hob Akira die Brauen und betrachtete ihn, strich sanft seine glatten Beine entlang. ,,Kaya… Bitte. Ich will dir nicht mehr weh tun, als ich es muss, doch von uns… Es wird erwartet, dass wir den Beischlaf vollziehen.“, sagte er nun langsam, aber ernst und drückte ihn vorsichtig zurück in den Futon, strich seine Seiten entlang. Das alles gestaltete sich doch schwieriger, als er gedacht hatte und er hatte das Gefühl, es war nicht wirklich Angst vor dem Akt selbst, sondern eher etwas anderes, das Kaya zurückhielt. Dem wollte er auf den Grund gehen, denn er wollte nicht, dass diese Frau, die er so sehr begehrte, in Angst vor ihm lebte. Er würde ihr die Welt zu Füßen legen, wenn sie das von ihm verlangte und er wünschte sich nichts mehr, als sie zum Lächeln zu bringen. Doch der ganze zerbrechliche Körper zitterte nun deutlich vor Angst und das machte es ihm schwer, weiter zu gehen, aus Sorge, ihr ernstlich weh zu tun. Mit leichter Gewalt zog er ihr nun das Unterkleid aus der Hand und strich es beiseite, drückte mit einigem Zwang die Beine auseinander und erstarrte. Mit verwirrtem und ungläubigem Gesichtsausdruck saß er vor ihr und sah von ihrem Gesicht, in dem sich nun noch größere Angst widerspiegelte zu ihrem… oder eher seinem? Beckenbereich, ehe er erneut hin- und herschwang. Schließlich löste er langsam seine Finger und ließ sich zurück auf den Futon sinken, kniete nun nur so vor Kaya und schwieg.

Kayas Herz klopfte vor Angst, als er diese Reaktion bei Akira sah und sofort wich er zurück, zog das Unterkleid wieder um sich und verbeugte sich tief vor ihm, traute sich nicht mehr, ihn anzuschauen. „Bitte… Verzeiht mir, Akira-sama. Ich… ich kann verstehen, dass es nicht das ist, was ihr erwartet und Euch auch gewünscht habt und wenn… Ich bin sicher, Ihr besteht darauf, sofort die Ehe zu annullieren und ich kann es verstehen. Ich werde… gehen. Ich werde Euch nie mehr belästigen.“, wisperte er und sein gesamter Körper verkrampfte sich. Was hatte er für Wunder erwartet? Dass Akira das alles so hinnahm wie es war und vielleicht sogar Begeisterung empfand? Er musste ihn für ein Monster halten… Gegen seinen Willen liefen nun Tränen über seine Wangen und er schluchzte unterdrückt auf. Der ganze Druck, der schon auf ihm lastete, seit ihm bekannt gemacht wurde, dass er den Kommandeur heiraten würde, fiel mit einem Mal von ihm ab und zurück blieb er als ein zitterndes Häufchen, das mit den Nerven vollkommen am Ende war. Der Ausgang von all dem war ihm schon von Anfang an durchaus bewusst gewesen, trotzdem schmerzte es ihm ungemein. Er hörte das Rascheln des Kimonos, sah aber nicht auf und fühlte mit einem Mal eine Hand an seiner Hand, die sanft darüberstrich und ihn hochzog. Mit tränenverschmiertem Gesicht sah er Akira an, der nachdenklich über seine feuchte Wange strich sein Kinn mit dem Finger nachfuhr. „Wie… Wie nennt man so etwas? Ich… Mir ist so etwas noch nie begegnet und dass du… so bist, das… ist doch ein wenig viel für mich.“, sagte er nun leise. „Man.. hat keinen Namen dafür. Abart vielleicht. Monster. Ich weiß es nicht, ich kenne niemanden, der so ist wie ich und… ich bin froh, wenn ich vielleicht der Einzige bin, der so ist. Ich möchte es niemals anderen zumuten.“, wisperte Kaya kaum hörbar und krallte die Finger in die Decke, auf die er saß. „Abart? Monster? So siehst du dich?“, fragte Akira überrascht und hob die Brauen, schüttelte den Kopf. „Ich würde es niemals so sehen. Das ist ein Geschenk, dass du so bist, Kaya. Du bist wunderschön. Du bist einzigartig. Mann und Frau in einem… Und du gehörst mir.“ Sanft zog er ihn erneut an sich und streichelte ihn, während der Jüngere verwirrt bei ihm saß und nicht verstand, warum er so reagierte. Er fand ihn nicht ekelerregend? Er wollte ihn nicht töten lassen? Warum nicht? „Warum…? Warum seid Ihr so? Warum… seid Ihr so nett zu mir?“, fragte er nur hilflos und schluckte leicht. „Weil das, was du bist, nichts an dem ändert, was ich für dich empfinde. Als ich dich zum ersten Mal in Begleitung von Sachi gesehen habe, war ich schon hingerissen von dir. Ich wollte nichts mehr auf der Welt als dich zu besitzen. Als Seiimei… der Shogun, mich dabei unterstützt hatte und ich schließlich die Chance hatte, dich zu meiner Frau zu nehmen, habe ich sie sofort ergriffen, denn ich wollte nicht, dass dich jemand anderes bekommt. Und das ist auch jetzt nicht anders. Denkst du, ich lasse zu, dass jemand anderes diesen einzigartigen Körper zu sehen bekommt?“ Er schnaubte und schüttelte den Kopf, was Kaya nur noch verwirrter werden ließ. „Nein, meine Schönheit. Du bist Mein und du wirst es auch weiterhin sein, mit diesem Körper.“ Seine Hände gingen erneut auf Wanderschaft und Kaya bekam eine wohlige Gänsehaut bei diesen Berührungen, schmiegte sich mehr an ihn. Es wirkte auf ihn noch immer unwirklich und nicht echt, doch als Akira ihn ein letztes Mal in die Laken drückte und sich über ihn beugte, realisierte er, dass all das gerade passierte und wahr war. Er hatte die Chance, Glück zu erfahren, mit dem Menschen, den er liebte.
 

* * *
 

Schweratmend lag Hiko in den Kissen und strich sich vorsichtig über die wundgeriebenen Handgelenke, an denen bis noch vor einigen Minuten Seile befestigt waren. Auch seine Knöchel waren gereizt, doch er war zu erschöpft, um sich diesen auch noch zu widmen. Nachdem die Hochzeitsfeier vorbei war, hatte er mit Seiimei den Raum verlassen und war mit ihm zurück zu den Gemächern des Shoguns gegangen, nur um von ihm niedergedrückt zu werden, mit den Worten, dass er ihm weiteres beibringen wollte. Gleich darauf hatte er die Seile gespürt und alles hatte sich in Hitze aufgelöst. Seiimei selbst lag nun ruhig neben ihm und strich seine nackten Seiten entlang, musterte ihn ausgiebig und lächelte leicht, einen Zustand, den er selten bei ihm sah, selbst wenn sie zwei allein waren. „Du hast wunderschön ausgesehen… So hilflos und verführerisch in den Seilen. Am liebsten hätte ich dich noch unzählige Male genommen, doch dein Körper kennt mehr Grenzen als meiner.“, meinte er leise und zog ihn zu sich, küsste seinen Haarschopf. Hiko wurde hochrot bei diesen Worten und vergrub sein Gesicht an seiner Brust, atmete den Geruch von ihm ein und beruhigte sich langsam. Träge griff Seiimei nach der Glocke und klingelte, trug den Dienern, die sofort kamen, auf, eine kleine Flasche Sake und zwei Sakeschüsseln zu bringen. „Habt… Ihr nicht genug getrunken, Goushujin-sama…?“, fragte Hiko leise und sah zu ihm auf, erntete nur ein leichtes Lachen. „Ich möchte es nicht, um mich zu betrinken, sondern zur Entspannung vor dem Schlafen. Nach dem Sex bin ich meistens aufgewühlt und es fällt mir schwer, mich wieder zu entspannen, besonders bei dir. Der Sake hilft mir dabei.“, meinte Seiimei nur und setzte sich auf, als die Tür erneut geöffnet wurde und ein Diener das Tablett brachte, vorsichtig die Sakeschälchen füllte und dann lautlos verschwand. Seiimei reichte Hiko eines und der Jüngere nahm es dankend an, trank es leer und stellte es zurück. Sofort machte sich der warme Alkohol in seinem Körper breit und er musste zugeben, dass der Shogun Recht hatte. Es half einem wirklich dabei, sich zu entspannen. Im Gegensatz zu ihm trank der Herrscher jedoch noch einige Schalen, ehe er sich erneut neben ihn sinken ließ und die Decke über sie beide zog, ihn an sich drückte. Sie tauschten keine Worte mehr aus, denn der Sake schien so schnell zu wirken, dass beide sofort eingeschlafen waren.
 

Hiko wurde allerdings unsanft geweckt, als er mit einem Mal ein Tuch in seinem Mund spürte, das ziemlich gewalttätig um sein Gesicht gebunden wurde. Panisch griff er nach seinem Dolch, der unter seinem Kissen lag, doch egal wie sehr er tastete, er fand ihn nicht. Stattdessen packten ihn starke Hände und warfen ihm einen Sack über den Kopf. Verzweifelt brüllte er auf und wollte mit den Händen ausholen, die ihm aber schon auf den Rücken gebunden wurden, ehe er in der Lage war, richtig zu reagieren. Sein Herz hämmerte panisch und er versuchte, durch die Löcher des Sackes etwas zu erkennen. //Seiimei… Seiimei…..!// Der Shogun! Er musste etwas tun, er musste ihn beschützen, doch von ihm drang kein Laut zu ihm. War er bereits tot? Mit einem Gefühl der Ohnmacht wurde ihm klar, was gerade passierte… Die Verschwörung, die Seiimei als unwichtig abgetan hatte, passierte gerade jetzt, in diesem Moment. Er hätte auf die Minister hören sollen, die ihm geraten hatten, mehr Patrouillen aufzustellen, um ihn zu schützen, sofort befehlen sollen, dass der Übeltäter gefunden wurde. Er trat um sich und hörte ein Zischen und einen unterdrückten Fluch, höchstwahrscheinlich von einem, der sich in seiner Nähe befand. Grimmig lächelte er durch den Knebel und holte erneut aus, in der Hoffnung wieder jemanden zu treffen. Stattdessen spürte er einen dumpfen Schlag auf dem Kopf und verlor das Bewusstsein.
 

Als er wieder erwachte, drang der Lärm der Straßen zu ihm hinauf. Musik wurde gespielt und man lachte. Vorsichtig hob er den Kopf und stöhnte leise, als ihn Schmerz durchzuckte. Er hatte das Gefühl, in seinem Kopf wurde Taiko gespielt… Dadurch, dass seine Hände und Füße gefesselt waren, konnte er sich nur so weit aufrichten, dass er leicht über den Fenstersims schauen konnte. So wie er es abschätzte, befand er sich im ersten Stockwerk eines Hauses, das direkt an einer Hauptstraße stand. Wo war er? Er war auf keinen Fall noch im Palast, denn dort draußen gingen Menschen aller möglichen Schichten die Straße entlang. Die Tür hinter ihm glitt auf und eine Gestalt trat ein, stellte ein Tablett mit Essen auf den Tatami. Sie verbeugte sich leicht und trat dann näher, sodass das Licht der Lampions von außen auf sie fiel. Ein junger Mann stand dort und ließ sich auf die Knie sinken, strich sich den Kimono etwas glatt und sah ihn an. „Wie geht es dir? Du warst den ganzen Tag über bewusstlos. Ein Diener hat sich um deine Kopfwunde gekümmert, die nicht besonders tragisch war. Aber ich glaube, du solltest nun etwas essen und trinken, dann wird es dir mit Sicherheit wieder besser gehen.“ Der Mann beugte sich vor und nahm vorsichtig den Knebel ab. Hiko bewegte vorsichtig seinen Kiefer und seufzte leise auf, als wieder Leben in die Muskeln trat. „Wer… wer bist du?“, fragte er kaum hörbar und schluckte, spürte, wie seine Kehle schmerzte. Er hatte schrecklichen Durst und sein Gegenüber schien das schon zu ahnen, denn sofort hielt er ihm eine Tasse mit Tee an die Lippen, den er begierig trank. „Mein Name ist Chiron. Und wie ist dein Name?“, fragte sein Gegenüber leise, während er ihm die Tasse wegnahm und erneut füllte, ihm hinhielt. „Hiko…“ „Hiko… Das ist ein hübscher Name.“ Chiron lächelte und nahm nun die Schüssel mit Reis zur Hand, tauchte die Stäbchen ein und hielt sie ihm beladen mit Reis hin. Vorsichtig aß Hiko davon und merkte erst jetzt mit dem Geschmack, wie hungrig er eigentlich war. „Es tut mir Leid, aber Okaa-san**** har mir verboten, dir die Fesseln abzunehmen. Du wirst… noch einige Zeit damit leben müssen, bevor sie erlaubt, dass sie dir abgenommen werden.“, entschuldigte er sich für die Komfortlosigkeit und Hiko runzelte leicht die Stirn. „Wo… bin ich?“ „Du befindest dich im Tamakiku-ya.“ „Tamakiku-ya…? Wo….?“ „Oh… Verzeih… Das Tamakiku-ya ist eines der Freudenhäuser hier. Du befindest dich nun in Yoshiwara*****, Hiko-san.“

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Aaaah, es ist vollbracht! Das 12. Kapitel und somit auch mein bisheriger Höhepunkt, ich bin so glücklich darüber! Wie man sehen kann, teilen sich nun die Leben der bisherigen Personen auf… Ich hoffe, es gefällt euch. :)


Nachwort zu diesem Kapitel:
* = „no kimi“ war das Anhängsel für eine Dame oder einen hohen Herrn am japanischen Herrscherhof, das besonders in der Heian-Periode genutzt wurde. Die Geschichte hier spielt zwar in der Edo-Periode (etwa um 1820), aber ich fand es trotzdem sehr passend, da mir „Sama“ nicht respektvoll genug für eine Dame des Herrscherhofes war.


Musik:

Kagrra,
Atsu-hime (Taiga Drama-Soundtrack)
Within Temptation (Album: The Unforgiving)

Bücher:

Lesley Downer – Die letzte Konkubine (Das erste Buch einer Nicht-Japanerin, das mich wahnsinnig überzeugt hat!) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
* Hanami-Zeit = Hanami ist eine japanische Tradition, bei der in jedem Frühling Kirschblütenfeste veranstaltet werden, um die Schönheit der blühenden Kirschbäume zu feiern.

** Nakasendo-Straße = Der Nakasendo war eine der zwei Straßen, die Edo mit Kyoto verband und meistens von Shogunen und Daimyos genutzt wurde, um von einer Stadt zur anderen zu reisen. Auf dieser Straße befanden sich 67 Stationen, an denen Gasthäuser, Poststationen und Zollstationen errichtet wurden und sich nach einiger Zeit zu Dörfern und Städten entwickelten. (Nebenbei angemerkt: In Nakatsugawa (Hikos Heimatort) war ich 2010 selbst und habe mit meiner Freundin und unseren Freunden auch einen Abstecher nach Magome (Kayas Heimatdorf) gemacht. Wun-der-schön, wirklich. Jeder, der eine Japanreise macht, empfehle ich, die Nakasendo-Straße entlang zu fahren. Die ganzen Orte werden auch fast ausnahmslos nur von regionalen Touristen besucht und ist ist nicht so touristenverpestet wie eben die größeren Städte.)

*** Hakama = Hosenrock mit weitgeschnittenen Beinen, der etwa von der Taille abwärts getragen wird.

**** Baderaum = Die Japaner hatten zu dieser Zeit kein fließendes Wasser so wie wir. Wenn man also baden wollte, musste man Wasser über einem Ofen über den gesamten Tag anheizen und das dann Kessel um Kessel in den großen Badebottich schütten. Bevor man dann badete, ging man zuerst in den Vorraum, in dem ein Schemel zum sitzen stand sowie ein Eimer mit Wasser und ein Lappen zum Waschen. Erst danach stieg man in das Wasser. Allerdings wurde es nicht so wie bei uns genutzt, also waschen und Wasser ablassen, sondern man wusch sich eigentlich im Vorraum und setzte sich nur zum Entspannen in das Wasser. Der Bottich wurde dann abgedeckt und man konnte das Wasser noch ein-, zweimal benutzen, bevor es erneuert werden musste. Auch heute noch machen die Japaner das so. Die meisten Haushalte haben trotz der Enge eine Badewanne, in der das Wasser heiß gehalten wurde, indem die Wanne abgedeckt wird. Man duscht sich meistens vorher und setzt sich dann noch ein paar Minuten in das Wasser.

***** Kleidung des Shogun = Auf den Bildern sieht man, dass Shogune immer Kimono, Hakama und Hatatare (eine Art dünne Jacke) trugen, allerdings gibt es auch Bilder, in denen sie noch einen Überwurf tragen. Ich kann leider nicht sagen, ob sie diesen nur bei offiziellen Anlässen getragen haben oder auch zu kleinen Audienzen, deswegen lasse ich das mal aus.


Musik:

Game of Thrones – Soundtrack
Kagrra, - Miyako Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
* = Zur Zeit der Tokugawa-Regierung war der Kaiser lediglich ein Symbol. Er herrschte nicht, sondern hielt sich in seinem Palast in Kyoto auf und hatte keinerlei Befehlsgewalt. Diese hatte der Shogun und war somit für den Frieden im Land verantwortlich. Als geborener Samurai sich auf die Seite des Kaisers zu stellen, war damals ein Ding der Unmöglichkeit und die Menschen wurden als Hochverräter angesehen. Als die Meiji-Restauration (ca. 1860) in Japan Einzug hielt, zerfloss die Macht des Shoguns zusehends, da sich viele auf die Seite des Kaisers stellten, der der Meinung war, Japan solle sich der Welt öffnen, um mehr von ihr zu lernen. Letztendlich wurde der letzte Shogun Yoshinobu (kein Nachkomme der Tokugawa-Linie) durch die Macht des Kaisers 1868 abgesetzt und damit endete auch die Herrschaft der Shogune und die Entwicklung Japans begann. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
* = Lustknaben waren zur damaligen Zeit nichts verwerfliches. Samurai und ihre Lehrlinge hatten meistens eine homoerotische Beziehung, die jedoch endete, sobald die Ausbildung geendet hatte. Es gibt einige Bücher mit solchen Geschichten darüber. Homosexuelle Handlungen waren zur Zeit des Shogunats normal, sie verschwanden aber, als die Meiji-Restauration begann.

** = Als Erste Gemahlin wurde die Hauptfrau des Shoguns bezeichnet. Der Shogun hatte neben der Hauptfrau natürlich noch viele andere Nebenfrauen und Kurtisanen (Es gab auch eine Oberste Kurtisane), mit denen er meistens Kinder gezeugt hatte. Die Hauptfrau dagegen war meistens nur für das Auftreten in der Öffentlichkeit und als Begleitung zuständig. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Musik:

The Last Samurai - Soundtrack Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
* = Eine Haori war eine Kimono-Überjacke, die etwa bis zu den Schenkeln ging und auf dem das Familienwappen zu sehen war. Haori wurden üblicherweise nur von Männern getragen, doch die Mode änderte sich dann und auch Frauen trugen sie.

** = Die Ôoku, wie der Frauenpalast des Shoguns auch genannt wurde, war ein Harem, in dem die Ehefrau und die Konkubinen des Shoguns lebten sowie die Töchter, Mütter und Großmütter. Gerüchte besagen, dass tausende von Frauen darin hausten, ich habe es aber auf 300 „minimiert“. Diese Frauen wurden meistens aufgrund des politischen Vorteils geheiratet und es kam auch wirklich vor, dass sie niemals eine Nacht mit dem Herrscher verbracht haben, trotzdem mussten sie in diesem Palast bis zu ihrem Tod bleiben und durften ihn nur mit einer Genehmigung verlassen. Kein anderer Mann außer dem Shogun durfte sie zu Gesicht bekommen und mit ihnen schlafen. Im Palast gab es auch einen Korridor, der nur vom Shogun benutzt wurde und den man „Korridor der Glocken“ nannte, da immer geklingelt wurde, sobald der Shogun ihn betrat. Dieser Korridor war der einzige, der die Ôoku mit dem Palast verband und war normalerweise abgeschlossen. Die Ôoku wurde 1607 von Tokugawa Hidetada gebaut. (Geschichtsstunde Ende.)

*** = Suffixe sind die Anhängsel bei japanischen Namen, wie –chan, -kun, -san undsoweiter. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
* = Zu dieser Zeit war es üblich, von mehreren Männern umworben zu werden, ungefähr so wie bei uns in der früheren Geschichte. Freier bedeutet in dem Fall nicht die Kunden bei Prostituierten, sondern eher die Umwerber.

** = Die Japaner hatten von alters her eine Bigamie-Beziehung, heißt, sie hatten neben der offiziellen Ehefrau (wie in einem Kapitel schon erwähnt), die eher dafür da war, Kinder zur Welt zu bringen, eine Geliebte, die sie auch problemlos in den Familienregister eintragen konnten. Meistens waren die Geliebten Kurtisanen, die sie förderten und und unterstützten. Für Japaner gab es einen Unterschied zwischen der... eh... Genweitergebung und Spaß am Sex. Generell hatten sie mit ihren Frauen nur Geschlechtsverkehr, um Nachkommen zu zeugen, Liebe war am wenigsten im Spiel. Bei den Kurtisanen konnten sie sich gehen lassen und sich entspannen. Im heutigen Japan ist es zum größten Teil noch immer so, dass die Männer neben den Frauen auch Geliebte haben oder generell sich mit anderen Frauen treffen. Die Ehefrau weiß meist darum, doch von ihrer Erziehung und der Kultur her steht es ihr nicht zu, dagegen aufzubegehren oder dem Mann Vorwürfe zu machen. Als Buchtipp wäre hier Ruth Benedict: Chrysantheme und Schwert - Formen der japanischen Kultur und auch Michael Stein - Japans Kurtisanen: Eine Kulturgeschichte der japanischen Meisterinnen der Unterhaltungskunst und Erotik aus zwölf Jahrhunderten, um mehr über die Formen davon zu lesen. :) (Roman Ende.)

*** = Im alten Japan galt es als sehr erregend und verführerisch, wenn Frauen den Kragen ihres Kimono besonders tief zogen und so umso mehr vom Nacken preisgaben. Auch mochten sie es, wenn die Frauen ihre Arme mehr in die Ärmel zurückzogen, um dadurch zierlicher und gebrechlicher erscheinen. Kurtisanen nutzten es natürlich aus und kleideten sich auch dementsprechend so. (Google is your best friend: Oiran und Tayuu eingeben) Maiko (die Auszubildenen bei den Geishas) ziehen ihre Kragen z.B. auch sehr tief und malen sich hinten ein dreizackiges Muster auf den Nacken, das an den weiblichen Genitalbereich erinnern soll. Mittlerweile muss ich sagen, ich finde freigelegte Nacken bei Kimonos überaus attraktiver als kurze Röcke........

**** = ein japanisches Sprichwort, ähnlich unserem "Perlen vor die Säue werfen". Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
* Shoji = Trennwand/Schiebetür aus Holz, mit Papier abgedichtet

** Engawa = Balkon/Veranda. Vorbau vor dem Haus, der sich normalerweise um das Innere und äußere des Hauses schlingt, bzw. auch als * Shoji = Trennwand/Schiebetür aus Holz, mit Papier abgedichtet

*** Sowohl Männer als auch Frauen knien, doch dürfen Männer auch im Schneidersitz sitzen. Doch auch das Knien selbst unterscheidet sich. Männer dürfen ihre Beine recht locker halten, sie müssen nicht direkt nebeneinanderliegen. Die Beine dürfen sogar fast neben den Oberschenkeln angewinkelt sein. Bei Frauen dagegen müssen sich die Zehen berühren. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
* = Wie ihr vielleicht wisst, benutzen Männer und Frauen verschiedene Gesprächsformen. Für Männer war es dann natürlich auch dementsprechend schwierig, die Redensart zu verändern. :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
* = Yoshiwara war in der Edo-Zeit das wohl größte abgeriegelte Vergnügungsviertel der Stadt, sozusagen eine Stadt in der Stadt. Das Shogunat hatte die gesamten Vergnügungshäuser anfang des 17. Jahrhunderts in dieses Viertel verbannt, das streng bewacht wurde. Die Bewohnerinnen (die es dort meistens gab) durften nur in Begleitung eines Bordellbesitzers oder mit einem besondern Passierschein die Stadt verlassen. Sollte einer Kurtisane die Flucht gelungen sein, aber wird wieder aufgespürt, wurde sie zurück nach Yoshiwara gebracht, wo sie Strafen des Bordellbesitzers erwarteten. Nch der Meiji-Restauration verlor das Viertel aber viel von seinem ehemaligen Glanz, bis 1956 Prostitution in Japan (nach außen hin) illegal wurde. An der Stelle des alten Yoshiwaras befinden sich nun Soaplands. Es lohnt sich auf jeden Fall, den Namen mal bei Google einzugeben um Bilder davon zu betrachten. :)

** = Der Shogun betrat nie das Privatgemach der Frau. Sie trafen sich immer in einem besonders hergerichteten Zimmer und verbrachten dort die Nacht miteinander. Dabei trugen die Beiden lediglich Unterkimonos (sozusagen die Unterwäsche) und einen losegebundenen Obi, um ihn später schneller lösen zu können. Die Beiden blieben nur für den Akt zusammen und trennten sich danach wieder. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
* Uchikake = Der Uchikake ist eine Kimono-Art, der von Frauen getragen wird, allerdings eher als Überwurf und er wird auch nicht gebunden, wie der Kimono, den sie darunertragen. Hochzeits-Uchikake sind meistens mit rotem oder schwarzen Grund, auf denen meistens Kraniche abgebildet sind. Dieses Muster wird (soweit ich sagen kann) ausschließlich auf Hochzeiten getragen.

** Kanazashi = Als Kanzashi wird der Haarschmuck bezeichnet, den Frauen tragen. Hierbei wird streng auf den Monat und die jeweilige Jahreszeit geachtet, z.B. wird im März Kirschblüten getragen, im Juli Fächer etc. Für Interessierte: http://www.vivcore.com/kanzashicore/maiko.html

*** Sake trinken = Früher war es Brauch, dass das Brautpaar nicht unbedingt Küsse ausgetauscht hat (was jetzt, glaube ich, noch immer nicht der Fall ist), sondern Sake getrunken hat. Es wurde aus drei Sakeschalen getrunken und immer wieder wurde nur ein Schluck genommen. So wurde die Ehe geschlossen. Natürlich spielt sich das heute ganz anders ab.

**** Okaa-san = In diesem Fall ist nicht die genetische Mutter gemeint, sondern die Besitzerin des Bordells. Sie kümmert sich um das geschäftliche und auch um die Wünsche und Bedürfnisse derjenigen, die für sie arbeiten. Meistens ersetzt diese Frau auch die eigentliche Mutter. In den Hanamachi (Geiko-Distrikten) wird es auch heute noch so gehalten.

***** Yoshiwara = Ehemaliges und überaus berühmtes Freudenviertel in Tokyo, das bis 1958 Bestand hatte und eines von 25 Freudenvierteln war, das von der Regierung offiziell erlaubt war. Dort befanden sich die luxuriösesten Kurtisanen (Tayuu), die die Gäste auf hohem Niveau unterhielten (Tanzen, Musizieren, Konversation, ...) und auch dementsprechend kosteten sowie Geikos, die auch heute noch existieren (ihre Körper allerdings NICHT(!!!!) verkauften und verkaufen) und vor allem in Kyoto present sind.

Nun, ich weiß nicht, welche Gedanken ihr euch über Kaya gemacht habt und ob ihr auf den richtigen Punkt gekommen seid, doch Kaya ist intersexuell/Hermaphrodit. In seinem Fall allerdings sind Geschlechtsmerkmale von Frau UND Mann vorhanden. Kaya ist ein OC von Kuran und wurde nach seinen Vorstellungen kreiert. Er ist auch in der Lage, Kinder zu bekommen. :) Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Von:  Kuran
2013-06-14T07:38:23+00:00 14.06.2013 09:38
Mich erfuellt es immer wieder mit Freude zu lesen, wie gut du Kaya inszenierst und wie sehr es mich an unsere rpg's erinnert! Du verwendest so viele schoene Beschreibungen und alles laesst sich ungemein fluessig lesen. Ich bin furchtbar gespannt, wie es weiter geht! ♥
Von:  SummerRiver
2013-05-21T09:42:48+00:00 21.05.2013 11:42
Huii :)

Das MUSS eine tolle Geschichte werden. Die Anfänge gefallen mir super und ich finde es sehr gut, dass du Begriffe zum Schluss erklärst, ohne einen aus der Geschichte heraus zu ziehen.
Deinen Schreibstil finde ich einfach großartig :) Er liest sich gut (bis auf ein - zwei Tippfehler, die kann man aber verkraften) :)

Freue mich schon auf weitere Kapitel :)

LG Ninja <3
Von:  Kuran
2013-05-18T21:58:45+00:00 18.05.2013 23:58
Oh, oh, oh, Tara, ich muss sagen, dass mir das alles von Kapitel zu Kapitel um einiges besser gefaellt! Der gesamte Aufbau und die doch eher langsame Entwicklung der Beziehungen zwischen den Charakteren sagt mir ebenfalls zu! Was ich auch besonders mag ist, dass du viele Verhaltensweisen und Eigenarten, Redewendungen und all Sowas unserer Charaktere so schoen uebernommen und formuliert hast, da bekam ich direkt das Gefuehl unseren Babies ganz nahe zu sein. XD

Freue mich schon auf das naechste Kapitel! *_*
Von:  Kuran
2013-02-19T11:10:25+00:00 19.02.2013 12:10
Du hast, dafuer, dass du von Kaoru nicht soo viel weisst (wie ich... 8D xD) den Charakter wirklich gut aufgefangen und auch seine durchtriebenen Plaene gut mit eingebaut. Allgemein gefaellt es mir sehr gut, wie du alles ineinander aufbaust, Beziehungen zwischen den Charakteren usw. zB und ich bin gespannt, wie du das alles noch weiter ausfuehrst! :3
Von:  Veluna
2012-11-05T10:51:23+00:00 05.11.2012 11:51
Huhu, habe mich gerade mal an das Lesen deiner FF gemacht. Also ich in der Beschreibung das wort Kimono las, war ich ja direkt Interessiert :D

Also bis auf ein paar kleine Fehlerchen fand ich die Geschichte wirklich gut formuliert und geschrieben. Der Satzbau hat mir gefallen. Was mich allerdings etwas gestörrt hat, waren die wenigen Absätze. Das finde ich persönlich dann immer sehr ermüdent zum Lesen. :)
Auch wie du die Begriffe in der Geschichte erklärt hast, fand ich super da du die richtigen Übergänge dafür benutzt hast!

Nun bin ich gespannt auf das nächste Kapitel, denn ich will wissen wofür Kaya sich eig schämt :O

LG Veluna :)


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