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If i die young

Mit dir zusammen ans Ende der Welt
von

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If i die young

If i die young,

Bury me in satin,

Lay me down on a bed of roses,

Sink me in a river at dawn...

Send me away with the words of a lovesong.“
 

„Los doch! Schneller! Wir brauchen hier Hilfe! Holt einen Arzt!“ Aufruhr, Gemurmel und eine große Menge Leute. Viel zu viele Hände, die mich betatschen. Es ist zu laut, aber ich kann meinen Arm nicht bewegen, um mir die Ohren zuzuhalten. Wo bin ich? Es ist kalt. Sehr kalt. Sterbe ich? Ich kann nichts sehen. Es ist dunkel.

Plötzlich wird es hell! Strahlend weiß! Bin ich im Himmel? Nein, ich würde in die Hölle kommen, wenn ich tot wäre, oder? Bin ich in der Hölle? Ich kneife meine Augen zu, als sie anfangen zu brennen. Ich bin müde und schwach. In der Hölle wäre es doch wärmer, oder? Aber mir ist so unendlich kalt. Ich schlafe wieder ein.
 

Als ich das nächste Mal wach werde, schaffe ich es meine Augen zu öffnen, ohne von dem grellen Licht geblendet zu werden. Ich sehe mich um und liege in einem kleinen Raum im Krankenhaus. Das Bett neben mir ist frei und ordentlich zusammengelegt. Ich habe Durst, aber meine Arme wollen sich nicht bewegen lassen. Dafür bin ich zu geschwächt.

„Timmy?“, höre ich eine viel zu bekannte Stimme und drehe meinen Kopf in die andere Richtung. Meine Mutter sieht mir besorgt entgegen, aber ich weiß, dass alles nur Schein ist.

„Hey Mum.“, meine Stimme klingt krächzend. „Kann ich Wasser haben?“, frage ich nach und muss mich räuspern. Sie nickt und deutet neben mir auf die Kommode. Ja super Mum! Was für eine Hilfe, echt! Wenn ich rankommen würde, oder mich wenigstens aufsetzen könnte, dann würde ich mir das Glas sicher auch nehmen! Aber, wenn du auch nur einmal schlüssig denken könntest, würdest du merken, dass es nicht geht.

„Frau Preston?“, fragt ein junger Mann und hält meiner Mutter die Hand entgegen. „Ich bin der Arzt ihres Sohnes. Freut mich.“, sagt er und scheint nicht die Güte zu haben, sich auch mir vorzustellen. Ist ja nicht so, dass es hier um mich geht. Um mich geht es schließlich nie!

„Wie geht es ihm? Wird er wieder? Was war das vorhin?“, fragt meine Mutter nach und ich könnte kotzen! Dieses gespielt 'Oh Gott, mein Armer Sohn' kann sie sich ruhig sonst wo hinstecken! Der Arzt wirft mir einen Blick zu und schüttelt leicht den Kopf.

„Lassen sie uns draußen reden.“ Er hält meiner Mutter die Tür auf und lässt mich mit offenem Mund zurück. Was soll denn der Scheiß jetzt auf einmal? Es geht hier um meine Gesundheit und die machen ein Geheimnis daraus?! Ich will auch wissen, wie es um mich steht! Meiner Mutter ist es doch sowieso scheiß egal! Diese Heuchlerin! Ich könnte vor Wut platzen.

Erneut versuche ich, meinen Arm zu bewegen und schaffe es sogar. Es schmerzt irgendwie, aber es funktioniert. Ich greife zitternd nach dem Glas, wobei mehr Wasser auf der Decke landet, als in meinem Mund. Wie soll man auch trinken, wenn man noch halb liegt und das Glas kaum halten kann? Ich stelle es lieber wieder zurück, bevor ich es noch gänzlich kaputt bekomme, indem es auf dem Boden landet und klirrend zerspringt. Dann lege ich meinen Arm zurück auf die Decke und wende meinen Kopf zum Fenster. Gut, wer war bitte so schlau, die Vorhänge zuzuziehen? Wen darf ich dafür jetzt umbringen? Ich knurre leicht auf und lasse meinen Blick einmal durch das ganze Zimmer schweifen. Zwei Stühle, vermutlich für Besuch. Das andere Bett, ein Fenster, die Tür und eine Tür zum Badezimmer. Sie ist geschlossen. Eine Kommode zwischen den Betten, mit ein paar Plastikblumen in der Vase. Weil sie ja auch so schön aussehen.

Meine Mutter tritt wieder in den Raum, doch in ihrem Gesicht kann ich nicht ablesen, ob ich nun überleben, oder womöglich schon morgen sterben werde. Ich sage ja, dass es ihr egal ist. „Wie geht es dir mein Schatz?“

„Ging mir nie besser.“, meine ich sarkastisch und verziehe das Gesicht. Was soll diese dämliche Frage eigentlich?

„Das ist kein Spaß, Timo! Nimm mich doch mal ernst, wenn ich mir Sorgen um dich mache! Du bist wirklich unverschämt! Herr Gott!“ Und schon ist sie wieder auf hundertachtzig. Irgendwie wird man dadurch wenigstens unterhalten. Ich seufze nur und winke ab. Sie grummelt auf und sieht schnippisch weg. Geht sie jetzt endlich mal, oder nicht? Was denkt sie denn, worauf ich sonst warte? Auf den gestrigen Tag?

„Ich muss zur Arbeit.“ Aha, na endlich. „Ich komme dann die nächsten Tage wieder vorbei.“ Ich nicke leicht und sie gibt mir einen kurzen Kuss auf die Stirn. „Werde schnell wieder gesund.“, meint sie dann, doch darauf antworte ich lieber nicht. Wie auch? Ich weiß ja nichts! Ich seufze laut auf, als sie endlich das Zimmer verlassen und die Tür geschlossen hat. Ich kuschele mich in die Decke, auch wenn mir inzwischen wirklich warm ist. Dann versuche ich wieder zu schlafen. Was besseres fällt mir gerade nicht ein. Aber scheinbar haben die Ärzte etwas dagegen, denn kurz darauf kommt eine Krankenschwester zu mir.

Sie hebt meinen Arm an und misst meinen Blutdruck und meinen Puls. Wofür soll das bitte gut sein? Ich sehe sie verwirrt an, aber sie redet nicht mit mir. Irgendwie scheint keiner mit mir reden zu wollen! „Kann ich den Arzt sprechen?“, frage ich nach, aber Schwester Annette schüttelt den Kopf. „Der ist beschäftigt.“

„Und wenn ich in Lebensgefahr wäre?“

„Er ist beschäftigt!“, wiederholt sie erneut, als wäre ich schwerhörig.

Sie nimmt mir Blut ab, ohne irgendeine Vorwarnung und ich wende meinen Blick ab. Ich kann kein Blut sehen, davon wird mir übel. So schnell, wie die Schwester gekommen ist, geht sie jetzt auch wieder und erneut bin ich alleine. Der Raum kommt mir so einsam viel größer vor, als er eigentlich ist. Mein Magen knurrt und ich sehe ihn an, als wäre er ein Alien. Wo bekomme ich hier eigentlich etwas zu essen? Scheinbar gar nicht, so lange ich nicht ohne Schwindelanfälle aus dem Bett komme. Ich murre genervt auf. Seit ich hier bin, will ich nur wieder weg. Zu Hause war es einfach schöner. Und jetzt muss ich doch im Krankenhaus bleiben. Ich hasse es, wenn Ärzte einem falsche Hoffnungen machen.

„Hallo?“, rufe ich, aber nichts regt sich. „Hier liegt einer, der gerade am Verhungern ist!“, meine ich dann ebenso laut, wie vorher. Nichts. „Man!“, schimpfe ich und würde jetzt am liebsten irgendetwas zerschlagen. Wo sind eigentlich immer die Porzelanvasen, wenn man sie dann mal braucht?

„Hast du gerufen?“ Ich höre eine freundliche Stimme und wende den Kopf um. Ich muss sofort lächeln, als ich erkenne wer es ist. „Na Kleiner.“, sagt mein Onkel und geht auf mich zu. Mit Mühe strecke ich meine Arme aus und drücke mich an ihn.

Wie geht’s?“, fragt er nach, aber ich winke nur ab. „Ging schon mal besser.“, sage ich dann, lächele aber. „Wie kommt es, dass du hier bist?“, frage ich nach. „Bist du nicht derzeit auf Reisen?“ Es verwundert mich schon, dass er plötzlich auftaucht, wo er doch eigentlich gerade in Afrika sein sollte.

„Na hör mal! Wenn mein Neffe im Krankenhaus liegt und es ihm schlecht geht, bin ich sofort zur Stelle! Scheiß mal auf den Job!“ Er lacht und wuschelt mir durch die Haare. Ich mag so etwas nicht, aber das weiß er nur zu gut. Er macht es immer, wenn er mich ärgern will.

Mein Onkel zieht sich einen der Stühle heran und setzt sich breitbeinig darauf. Dann legt er seine Arme auf die Lehne und lässt seinen Kopf auf die Arme fallen. „Erzähl mal. Was ist denn so in den letzten Monaten passiert? Hast du schon eine Freundin?“ Ich bin froh, dass er meine Krankheit nicht direkt anspricht. Ich bin auch froh, dass er mir keine dämliche Karte geschickt hat. „Ich hätte dir ja eine Karte geschrieben, aber ich dachte mir, da komme ich doch lieber persönlich vorbei.“ Er zwinkert mir zu und scheint mal wieder genau zu wissen, woran ich denke. Ich lächele nur und schüttele dann den Kopf.

„Ich hab keine Freundin.“, sage ich dann schulterzuckend. Wer will auch schon mit jemandem wie mir zusammen sein? Vor allem momentan? Ich bin sowieso eher ein Einzelgänger.

„Auch keinen Freund?“, fragt mein Onkel mich betrübt und ich verziehe leicht das Gesicht. „Schließ nicht von dir auf andere!“, sage ich dann und wir müssen beide lachen.

„Ich habe gerade deine Mutter getroffen. War sie die ganze Zeit bei dir?“, fragt er verwundert nach. Er weiß, wie das Verhältnis von mir und meiner Mutter ist. Ich nicke leicht zögerlich.

„Weiß auch nicht, was sie wollte. Ich hab sie dann einfach vergrault.“ Mein Onkel schüttelt mahnend den Kopf, grinst aber. Can hat auch nicht gerade das beste Verhältnis zu ihr. Sie sind zwar Halbgeschwister, aber eine wirkliche Nähe haben sie nicht. Liegt vielleicht daran, dass meine Mutter schon sechzehn war, als meine Oma mit Can schwanger wurde und dann auch noch von einem anderen Kerl.

„Wie siehts denn bei dir aus?“, frage ich nach und Can schmunzelt.

„Finley wartet zu Hause auf mich.“ Er zwinkert mir zu, ich nicke nur.

„Warum ist er denn nicht mitgekommen?“, frage ich nach. Ich habe Finley bisher noch nie gesehen, dabei sind sie schon mehr als vier Monate zusammen. Aber immer wenn ich nach ihm frage, lenkt Can vom Thema ab.

„Er ist schüchtern. Wie eine scheue Katze und kommt mit der Nähe zu anderen Menschen nicht ganz klar. Du kannst dir nicht vorstellen, wie schwer das für mich war.“

Wie es wohl ist, wenn man in jemanden verliebt ist und dieser nicht erwidert? Und wie wäre es, wenn er es dann doch tut. Er oder sie. Ich bin mir bei mir selber noch nicht so sicher, ob ich hetero, schwul oder vielleicht auch bi bin. Bisher habe ich schließlich an niemandem Interesse gezeigt.

„Du ich muss wieder gehen. Ich bin aber morgen früh gleich wieder bei dir. Vielleicht schaffe ich es ja auch, Finley zu überreden mitzukommen.“

Ich nicke, lasse mich von ihm umarmen und mir einen Kuss auf die Wange drücken. Dann sehe ich ihm hinterher und weiß nichts rechtes mit mir anzufangen. Warum ist dieses verdammte Bett neben mir eigentlich leer? Kann ich nicht wenigstens einen Zimmergenossen haben? Oder eine Zimmergenossin? Dann wäre es nicht ganz so langweilig. Und Hunger habe ich auch noch, Mist! Ich hatte gerade die Chance, Can darum zu bitten, mir etwas zu Essen zu holen. Und dann hab ich es auch noch total vergessen. Jetzt bin ich sauer auf mich selbst.

Ich lege mich grummelnd einfach zurück in mein Bett und mache die Augen zu. Diesmal kommt keiner rein, um mich zu stören. Ich schlafe nach einer Weile ein und habe auch nicht mehr das Bedürfnis, noch einmal aufzuwachen. Erst als ich ein Rumpeln höre und einige Stimmen, werde ich aus meinem Traum gerissen und drehe mich müde auf die andere Seite. Jetzt habe ich wenigstens wieder genug Kraft gesammelt und bin nicht mehr so gelähmt wie vorher. Ich öffne meine Augen, ohne einen Mucks von mir zu geben und schiele auf das andere Bett. Dort liegt ein Junge, umgeben von anderen Leuten. Er versucht sie scheinbar zu beruhigen, muss aber kurz danach husten. Das Husten hört sich schrecklich an und so sehr ich mir vorher noch einen Zimmergenossen gewünscht habe, so sehr wünsche ich mir jetzt, dass er wieder verschwindet.

„Die Besuchszeit ist um!“, sagt da plötzlich eine Schwester, die ich gar nicht reinkommen gehört habe und zucke zusammen. Sie hat so eine strenge Stimme, dass einem schon fast das Blut in den Adern gefriert. Die Leute verlassen den Raum und ich bin wieder alleine, mit Ausnahme meines neuen Zimmergenossen, der scheinbar nicht einmal das Bedürfnis hegt, sich vorzustellen.

Ich setze mich vorsichtig auf und halte meinen Kopf. Meine Mundwinkel ziehen sich nach unten, als ich den Jungen ansehe. Warum muss es denn so gegen meine Stirn hämmern?

Ich sehe den Jungen stumm und abwartend an. Kommt da auch noch mal etwas? Oder kann der Kerl etwa nicht reden? Wäre komisch, da er ja eben auch noch mit seiner Familie gesprochen hat.

Der Junge sieht zu mir herüber und stutzt. Dann lächelt er leicht.

„Tut mir Leid. Haben wir dich geweckt?“, fragt er freundlich nach und ich brumme auf. „Ja, das habt ihr!“, meine ich vorwurfsvoll und mustere ihn. Er sieht mich an und lächelt schief. Scheinbar weiß er nicht ganz, was er sagen soll. Ich starre ihn weiter stur an, darin bin ich sowieso mehr als gut.

„Äh..a-also, mein Name ist Dion.“, stellt er sich vor und streicht sich leicht nervös über den Nacken. Scheinbar mag er es nicht, wenn er so sehr im Vordergrund steht. „Ich würde dir ja die Hand reichen, aber ich glaube nicht, dass weder du, noch ich aus dem Bett kommen.“ Er lacht und lächelt zu mir herüber. Ich murre nur leicht. Dion? Was ist das denn für ein Name?! Scheinbar scheint meine Frage mir im Gesicht zu stehen, denn er fängt sogleich an, sie mir zu beantworten.

„Ich bin Spanier. Beziehungsweise eigentlich nicht. Nur halb. Meine Mutter war Deutsche.“

Aha, wen interessiert es? „Und wie heißt du?“, fragt er nach, doch ich sehe ihn nur schnippisch an. Als ob ich mich mit jemandem wie ihm abgeben würde!

„Timo.“, sage ich trotzdem murmelnd.

„Ich mag den Namen. Ein Freund von mir hieß Timo.“, sagt er und grinst wieder so dümmlich. Nochmal, wen interessierts?! Ich nicke leicht und lege mich wieder hin. Langsam wird mir doch etwas schwindelig. Ich lege mich auf den Bauch und drücke das Kissen an mich.

„Warum bist du hier?“, fragt er mich, aber ich zucke nur mit den Schultern.

„Krebs.“, meine ich knapp und wende ihm den Rücken zu. Er soll mich in Ruhe lassen. Ich will weiterschlafen.

„Oh..das tut mir leid.“, sagt Dion, oder so und scheint sich nun auch richtig hinzulegen. „Ich habe Lungenembolie.“, meint er und hustet erneut. Ja, ist ja nicht zu überhören.

„Eigentlich war ich schon entlassen und angeblich geheilt, aber in den letzten Tagen ist mein Husten wieder schlimmer geworden und als ich dann gestern angefangen habe Blut zu husten, musste ich sofort wieder zurück. Ich hoffe, dass es jetzt ein für alle mal weggeht.“ Er bewegt sich, das kann ich hören. Ich hasse Krankenhäuser. Man kann alles hören, was in seinem Zimmer passiert. Es ist so klein, dass kein Geräusch versteckt bleibt.

„Aber du bist ja viel schlimmer dran als ich.“, meint er . Ich reagiere nicht drauf. Nicht noch jemand, der mir Mitleid zustecken will! Ich bin zufrieden mit meinem Leben, ok?! Auch wenn es eine Lüge ist, heißt es nicht, dass ich es nötig habe, jemanden um mich zu haben, der sich um mich sorgt. Das kann ich genauso gut auch alleine tun.

„Du bist kein geselliger Typ, oder?“, fragt Dion mich. Ach, merkt der das auch schon, ja? Ich drehe mich zu ihm um und sehe ihn genervt an.

„Nein!“, sage ich dann und behalte ihn im Auge. Er hat sich hingesetzt und trinkt Wasser aus einem Glas. Wenigstens er kann etwas trinken. Ich starre das Glas an und sehe dann wieder zu ihm auf.

„Möchtest du auch etwas?“, fragt er nach und ich werde auf der Stelle rot.

„N-Nein!“, sage ich und schnaufe auf. Wie kommt er überhaupt darauf, mich zu fragen und mir auch noch sein Glas hinzuhalten?! Ich sehe ihn schmollend an, aber er lacht nur.

„Du bist ja niedlich!“, sagt er dann und die Röte will nicht aus meinem Gesicht weichen. Ich hasse so etwas. Ich werde immer so extrem schnell rot. Dion steht langsam auf und geht auf mich zu. Was hat er denn jetzt vor? Er setzt sich einfach zu mir auf mein Bett und sofort rutsche ich misstrauisch zurück.

„Du bist ja scheuer als eine Katze.“, stellt er fest und grinst. Ich zucke wieder nur mit den Schultern. Ist doch meine Sache!

„Wie alt bist du eigentlich?“ fragt er neugierig nach. „Oder willst du mir das auch nicht verraten Timo?“ Ich knurre leicht auf und ziehe mir die Decke über den Kopf.

„Ich bin zwanzig.“, meint er dann und ich staune nicht schlecht. Zwanzig?! Der Kerl sieht aus wie siebzehn. Ob das nun etwas gutes ist, oder nicht?

„Komm schon, verrate es mir. Sei nicht so mundfaul, sonst macht unterhalten doch gar keinen Spaß. Da kann ich auch gegen die Wand reden!“

Vielleicht will ich ja auch genau das erreichen? Hat er daran schon mal gedacht? Scheinbar nicht, denn er sitzt noch immer erwartungsvoll neben mir. Ich habe allerdings nicht gerade das Bedürfnis, mich mit Dion zu unterhalten. Da kann er noch lange warten!

„Jetzt sag doch mal! Wie alt bist du?“, fragt er wieder nach. „Ich hab dir mein Alter auch verraten!“, meint er und scheint zu schmollen.

„Sechzehn.“, murmel ich undeutlich unter meiner Decke hervor.

„Sechzehn?! Krass...“

Klar, jetzt denkt er sicher das, was jeder denkt. So ein junger Mann, der nicht einmal die Hälfte seines Lebens hinter sich gebracht hat, soll Krebs haben? Er tut einem ja so leid! Ich kann diese Sprüche echt nicht mehr hören. Es ist einfach nur anstrengend.

„Aber eigentlich ja gar nicht so schlimm. Stell dir mal vor, du wärst fünfzehn und bereits Vater. Oder hättest Aids, oder so. Krebs ist ja in einigen Fällen wenigstens heilbar. Wie ist es bei dir?“, fragt er nach und ich bin recht erstaunt. Ich schiebe die Decke zurück und sehe ihn an. Erst sage ich nichts, dann seufze ich auf.

„Keine Ahnung.“, gebe ich zu und weiche seinem Blick aus. Er öffnet seinen Mund, sagt aber nichts. „Du weißt es nicht?“ Ich schüttele den Kopf. Dion steht wieder auf und geht zurück zu seinem Bett.

„Das ist ja arm.“, meint er dann und ich stutze. Bitte was? Wie hat er mich gerade genannt?! Arm? Ich knurre auf und sehe ihn wütend an. „Wer ist hier arm, du Lusche?!“, frage ich ihn keifend. Ich fühle mich wirklich angegriffen von ihm und werfe ihm einen bösen Blick zu.

„Ich meinte damit nicht, dass du arm bist. Aber es ist arm, es nicht zu wissen. Interessiert es dich denn gar nicht?“

„Nein! Und dich hat nicht zu interessieren, was mich zu interessieren hat, also lass mich in Ruhe!“, meine ich und wende ihm erneut meinen Rücken zu. Was ist das eigentlich für ein Arschloch? Der soll sich mal aus meinem Leben raus halten! Ist doch eh bald vorbei. Dion zuckt mit den Schultern.

„Du bist ja ein nerviger Plagegeist.“, merkt er dann an, aber ich reagiere nicht. Im Ignorieren bin ich nämlich einsame Spitze!

„Hallo? Erde an Timo? Lebst du noch?“, fragt Dion auch schon nach. Ich grummel leise in mein Kissen. Geht ihn nichts an, ob ich noch lebe!

„Du musst echt mal Manieren lernen.“, merkt er an. Ach ja? Muss ich? Muss ich gar nicht! Außerdem liegt es doch an der Erziehung, dass ich so geworden bin! Der soll mal aufhören, mir die Schuld zuzuschieben!

„Ach jetzt schmoll doch nicht, Timo.“, quengelt Dion weiter. Ich habe allerdings keine Lust mehr, noch ein Wort mit ihm zu wechseln. Ich schließe meine Augen und versuche einzuschlafen, als mein Magen auf einmal deutlich anfängt zu knurren. Ich werde sofort rot und ziehe die Decke etwas höher. Hoffentlich hat Dion das nicht gehört. Aber durch sein Auflachen weiß ich, dass dem leider nicht so ist.

„Nein wie süß. Hast du etwa Hunger?“, fragt er nach. Wer oder was ist daran süß?! Ist der Kerl schwul, oder was? Ich antworte wieder nicht.

„Soll ich dir etwas zu Essen besorgen?“, fragt er und ich ziehe wirklich in Erwägung ja zu sagen. Aber ich halte mich doch lieber zurück. „Ich habe auch etwas Hunger. Wir können ja auch zusammen essen?“, schlägt er vor. Ich schüttelte leicht den Kopf. Er und ich zusammen essen? Niemals! Lieber sterbe ich! Das sollte ich wohl nur nicht zu laut sagen, wer weiß schon, ob es dann nicht auch passiert? Ich bin zwar nicht abergläubisch, aber einiges kann ja doch wahr sein.

„Du hast reagiert! Schon mal ein Fortschritt!“ Mist, er hat mein Kopfschütteln bemerkt. Ich knurre leicht auf und Dion lacht wieder. Wieso lacht der Kerl schon wieder? Der lacht mir eindeutig zu oft! Warum lacht er?! Das will ich jetzt verdammt nochmal wissen! Ich hasse es einfach, wenn jemand über mich lacht!

„Du bist wirklich niedlich!“, schmunzelt Dion.

Schon wieder so eine Zweideutigkeit. Oder meint er das etwa ernst? Das sagt ein Kerl doch nicht einfach so?! Da muss doch was dabei sein? Vielleicht doch schwul? Ich grübele noch ein wenig darüber und merke so auch gar nicht, dass Dion aufsteht und um mein Bett herumgeht. Er hockt sich vor mich und sieht mir direkt ins Gesicht. Als ich aus meinen Gedanken zurückschrecke, sehe ich ihn verschreckt an. Wie ein scheues Reh rutsche ich mal wieder zurück. Er legt seine Arme auf meine Matratze und bettet seinen Kopf auf diese. Dann sieht er mich ruhig lächelnd an.

„Was ist?!“, frage ich genervt, da er eine Weile nichts sagt, sondern mich einfach nur beobachtet. „Wollen wir gemeinsam etwas essen?“, wiederholt er seine Frage, aber ohne auch nur ansatzweise genervt zu klingen. So etwas bin ich nicht gewohnt. Ich zucke mit den Schultern und bin mir nicht ganz sicher, ob das eine gute Idee ist.

„Ich kann eh nicht aufstehen, ohne das mir schwindelig wird.“, meine ich nur und weise ihn damit eindeutig ab, aber er lässt sich von seiner Idee nicht abbringen.

„Ich helfe dir. Ich kann dich ja stützen.“, schlägt er vor, aber ich schüttele nur murrend den Kopf. „Du bist ganz schön verschlossen, kann das sein?“, fragt er. Ach was, wie kommt er nur darauf? Das war jetzt sicher ein Geistesblitz! Ich sehe ihn nur genervt an. „Komm, ich helfe dir.“, meint er und schlägt einfach meine Decke zurück. Sofort werde ich leicht rot. Ich trage so einen komischen Krankenhausfummel, in dem ich ja wohl mehr als weiblich aussehe. Aber Dion scheint das nicht zu stören. Er schiebt einfach einen Arm unter meine Arme und drückt mich hoch. Ehe ich mich versehe hat er auch einen Arm unter meine Beine gelegt und hebt mich in die Höhe. Ich kralle mich an ihm fest, aus Angst, dass ich runter fallen könnte. Dann sehe ich verstört zu ihm auf. Was soll das denn jetzt werden?!

„Lass mich runter!“, befehle ich ihm, aber er sieht mich nur gut gelaunt an. Er stellt mich auf den Boden und ich halte mir meinen Kopf. Sofort wird mir schwindelig. Kreislauf ade~.

Er stützt mich wieder, auch wenn seine Hand gerade an eine verbotene Stelle rutscht.

„Schöner Hintern!“, merkt er an und ich spüre schon, wie mir heiß wird und meine Ohren ganz rot werden. „F-fass mich nicht an!“, feixe ich ihm entgegen und stoße ihn von mir. Er stolpert leicht zurück, was ihn nicht zu stören scheint. Er ist mir viel zu offen! Und zudem scheinbar auch wirklich schwul! Oder nicht?

„Warum machst du so einen Kack?!“, frage ich angespannt nach und taumle leicht von ihm weg. Ich sehe ihn irritiert an, aber er lächelt nur.

„Weil ich mich auf den ersten Blick in dich verknallt habe.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  HannaHanoka
2012-10-06T08:10:35+00:00 06.10.2012 10:10
Aww, Dion ist so cool *-* Und das er auch ständig lacht finde ich voll schön, obwohl er krank ist. Das genaue Gegenteil von Timo. Timo könnte ruhig etwas weniger "Lass mich in Ruhe!" denken xD Aber das macht ihn irgendwie auch verdammt interessant, vermutlich lässt Dion deshalb auch nicht locker x3 Total geniales Chap. ^-^
Von:  Midnight
2012-10-04T20:56:30+00:00 04.10.2012 22:56
Awwwwww ich liebe die Beiden! Das kann ja noch heiter werden und bestimmt auch gaaaanz schön traurig, aber es ist immer gut, wenn in so einer Geschichte auch noch etwas Spaß dabei ist und das ist echt gut geworden <3

LG Middy <3
Von:  tenshi_90
2012-10-04T20:49:58+00:00 04.10.2012 22:49
Sehr schönes Kapitel :) Ich kenne solche Situationen aus meiner Vergangenheit :) Hab mal sowas ähnliches miterlebt :) Bin ja mal gespannt, wie das mit den beiden weiter gehen wird ;)

LG
Von: abgemeldet
2012-10-04T19:45:03+00:00 04.10.2012 21:45
Nihihihi XD
Da hat Timo ja nen schönen Zimmergenossen bekommen...xD Ich mag...nein, ich liebe Dion jetzt schon...nach einem Kapitel xD *A*
XD
Auf jeden Fall ein sehr schönes Kapitel! :D


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