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Drachenbrut

Wenn Kinder schwierig werden
von

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Das Wiedersehen

Endlich geht es weiter ^v^ Danke an Lunatik, die mich motiviert hat (eher gesagt vor den PC gesetzt und den Befehl "Schreib!" gegeben hat). Ohne viele weitere Worte: Viel Spaß beim Lesen ^.^
 

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Albus war ein nervöses Wrack. Besser konnte man es nicht beschreiben. Er wirkte so sehr, als würde er jeden Moment vor Aufregung explodieren, dass Harry schon fast einen Einkapselungszauber auf ihn sprechen wollte. Natürlich war das Blödsinn, schließlich würde er nicht wirklich explodieren, aber ein Beruhigungszauber könnte angemessen sein. Es war noch schlimmer als bei der Hochzeit vorletzte Woche.

Mit einem Seufzen schrumpfte Harry das Essen für James. Er ging ins Wohnzimmer, wo sein Sohn bereits vor dem Kamin auf und ab tigerte.

„Geht es los?“ Wie ein erschrockenes Kaninchen wandte er sich Harry zu. „Flohen wir jetzt hin?“

Der Ältere seufzte tief und nickte nur. Irgendwie sah er das hier in einem Massaker enden. James war aufbrausend und musste mit Ruhe gebändigt werden – und Albus war das komplette Gegenteil von Ruhe.

„Ich flohe voraus“, entschied Harry, gab Albus die Tasche mit dem geschrumpften Essen und nahm eine Hand Flohpulver, „Gib mir genug Zeit, um nicht allzu unbeholfen aus dem Kamin zu fallen. Sein Kamin ist winzig.“

Er trat einen Schritt vor, schloss die Lider und flohte. Als sein Magen ansatzweise mit dem Drehen aufhörte, sah er auf und fand sich vor der bekannten grauschwarzen Wand. In die Hocke gehend trat er aus dem Kamin und putzte seine Schuhe auf dem Abtreter ab. Er sah sich um und rief: „James?“

Hinter ihm erschien Albus, während er einen Schritt ins Wohnzimmer nahm. Mit einem Seufzen sah er sich um. War James … abgehauen? Auf dem Couchtisch lagen neue Bücher, also war er noch einmal bei Hermine gewesen. Sein Plan schien nicht aufgegeben. Zumindest der Lernplan. Scorpius und Albus hingegen …

„Ist er hier?“, fragte Albus nervös.

„Es sieht nicht so aus“ Harry wandte sich mit einem vorsichtigen Lächeln um. „Es tut mir Leid.“

„Wie?“ Der nervöse Ausdruck fiel. Sein Blick sank zu Boden und die Schultern sackten hinab. „Aber ...“

„Vielleicht hat er kalte Füße bekommen“ Harry trat näher an seinen Sohn. „Nimm es ihm nicht böse.“

Ein Schluchzen erklang. Harry seufzte – innerlich – und trat näher, um Albus in seine Arme zu ziehen. Manchmal schien er wirklich die einzige Tochter, die Harry hatte. Lily war eher wie James, wenn auch nicht ganz so verbohrt. Er zog Albus Kopf an seine Schulter und legte einen Arm um dessen Taille. Albus Finger krallten sich vorne in sein Hemd.

Tja, zumindest war es nicht blutig geworden. Vielleicht war es besser so. Bevor James ihn mit Worten verletzte, war das hier vielleicht gnädiger. So musste Albus nicht hören, was er befürchtete. Andererseits sah er sich dadurch wahrscheinlich nur bestätigt und hielt all die Worte für richtig, die James gesagt oder impliziert hatte. Warum musste das mit den beiden nur so kompliziert sein?

Der Kamin flammte auf und einen Moment später streckte James den Kopf hinein, stockte allerdings in der Bewegung und fragte vorsichtig: „Komme ich … irgendwie ungelegen?“

„Siehst du, er ist hier“ Harry lächelte zu Albus hinunter, aber der drückte sich nur zitternd gegen ihn, auch wenn er nicht mehr schluchzte.

„Öhm … habt ihr meinen Zettel gelesen?“ James stieg langsam hervor und staubte sich ab.

„Zettel?“

„Hab' euch geschrieben, dass ich gerade noch bei Tante Hermine bin“ Er ging die wenigen Schritte zur Küchentheke und hob ein Blatt Papier hoch. „Sorry, hat etwas gedauert. Sie hatte nur heute Zeit.“

„Oh“ Harry kratzte sich mit einer Hand am Hinterkopf, während er mit der anderen weiter Albus hielt. „Nein, bis dahin sind wir gar nicht gekommen.“

„Hm“ James zerknüllte der Zettel mit einer Hand. „Tja … doof. Ähm …“ Sein Blick fiel auf Albus und hob sich mit hoch gezogenen Augenbrauen wieder.

„Tee wäre toll“, warf Harry ein, um die Situation zu entschärfen. „Wie wäre es, wenn du dein Gesicht sauber machst, während ich Essen mache, Albus? Das Bad ist die erste links.“

Kaum ein Blinzeln und sein Sohn war verschwunden. James sah ihm mit in Falten liegender Stirn hinterher. Einen Moment später stellte Albus die Tasche mit dem Essen zurück ins Zimmer – so, dass man nicht mehr als seinen Arm sah – und rauschte wieder davon. James schüttelte langsam den Kopf.

„Tee“, murmelte er einsilbig und drehte sich um.

Harry zuckte mit den Schulter und holte die Tasche mit dem Essen.

„Habe ich ihn so sehr verstört?“, flüsterte James, nachdem sie einen Moment nebeneinander in der Küche gestanden hatten.

„Du … na ja … ich denke schon“ Was sollte er schon sagen? Wirklich viel Beruhigendes gab es da nicht. Es war James Schuld, da führte leider nichts dran vorbei. „Vielleicht ist es in den letzten Jahren etwas extremer geworden.“

„Etwas?“ Auf James Gesicht mischte sich Entsetzen mit Ekel. „Ich fasse nicht, dass der Kerl eine Frau gefunden hat, die ihn so genommen hat.“

„Nun ja ...“ So konnte man es auch sehen. „Sei nicht zu hart mit ihm. Er hat schreckliche Angst vor dir.“

„Schon klar“ James schüttelte den Kopf und seufzte leise.
 

Zur Abwechslung war es mal an Harry nicht auszurasten.

Albus saß auf der Couch mit Tee. James saß im Sessel mit Tee. So weit, so gut. Sie waren in einem Raum. Sie hielten sich aus. Sie schwiegen sich an. Und da war das Problem. Es gäbe so vieles, was sie bereden könnten! Warum schwiegen sie? Wahrscheinlich war es besser, als etwas Böses zu sagen, aber … argh! Zum Haare raufen. Aber hatte er Wunder erwartet? Irgendwie schien es so. Wenigstens etwas. Er rührte die Kartoffelsuppe mit etwas viel Schwung, sodass sie etwas überschwappte und fluchte.

„Brauchst du Hilfe, Dad?“, fragte James nach.

„Schon in Ordnung. Bin nur etwas unkoordiniert“ Er seufzte. „James, kannst du den Tisch frei räumen und decken?“

James erhob sich und Albus fragte leise: „Kann ich helfen?“

Harry versuchte sein Bestes, nur unauffällig zu den beiden zu sehen.

„Teller und Besteck“ James zeigte auf die Küche und griff den kompletten Bücherstapel vom Tisch. Er trug diesen zu einem Kistenstapel in der Ecke – Harry würde nie verstehen, warum der Junge lieber aus Kisten lebte als sich Möbel zu kaufen – und Albus kam zu ihm, um zu fragen, wo er Teller finden konnte.

„Ist das … das richtige?“, fragte Albus leise und zeigte auf die Teller, die er im Schrank gefunden hatte.

„Gibt nur das“ Harry lächelte ihm zu. „Besteck ist im Schrank daneben.“

„Im Schrank?“ Albus blinzelte. „Warum nicht in der Schublade?“

„Die sind voll mit anderem Zeug.“

Konventionelle Ordnung wurde bei James nicht so schrecklich groß geschrieben. Harry hatte sich da schon vor Jahren dran gewöhnt. Albus hingegen starrte verwirrt und verloren den zweiten Schrank an statt das Besteck daraus zu holen. In manchen Beleidigungen hatte James möglicherweise gar nicht so unrecht gehabt. Albus war ein verängstigtes Wesen, was extrem leicht aus der Fassung zu bringen war. Er war … er hatte eigentlich das Verhalten, was er bei einem Scorpius Malfoy in dieser Situation erwartet hätte. Fassungslosigkeit. Fehlte nur noch, dass es in Ekel und Verachtung umschlug. Aber dafür war Albus nicht der Typ. Nach einem weiteren Moment kniff der Junge die Lippen zusammen und holte das Besteck hervor. Harry griff an ihm vorbei und legte noch ein Schneidebrett auf die Teller.

„Unterlage für den Topf“, erklärte er auf Albus verwirrtes Blinzeln hin.

Ach ja … war sein Sohn vielleicht zu behütet aufgewachsen? Er hatte nun einmal Geld. Und Ginny hatte sein Geld gerne genutzt, um ein schönes Haus einzurichten. Sie hatten ihr Dorfhaus, wo sie normalerweise lebten und sie hatten noch das Ferienhaus an der Küste. Beide ordentlich möbliert und ausgestattet. Albus und Luises Wohnung hatte Luise ausgestattet … ja, eigentlich war sein Sohn nur von einem Luxus in den nächsten gewechselt. Luises Eltern hatten ihr Prinzesschen schließlich alles geschenkt, was sie wollte. Auch die Wohnung, die sie sich gewünscht hatte.

Das hier war ein Kulturschock für Albus. Er dürfte noch nie im Leben eine Unterklassewohnung gesehen haben. Ein Witz von einem Bad an einem Flur, der nicht einmal einen Quadratmeter maß, dazu ein Schlafzimmer und eine Küche, deren Essbereich so groß war, dass James eine Couch und einen Sessel unterbringen konnte. Der einzige Luxus war der Kamin und der war nur da, weil es im Haus sonst keine Heizung gab.

Man sah ihm die Entfremdung an. Er starrte seinen Bruder an, der bei den drei Kellen Suppe kaum darauf achtete, wie viele Kleckser er auf dem Tisch verteilte, sich mit dem Teller und einem Löffel in den Händen zurücklehnte und die Beine zum Schneidersitz auf den Sessel zog. Harry erbarmte sich seines Sohnes, füllte ihm auf und drückte ihm alles in die Hände, bevor er sich selbst nahm. Wie ferngesteuert begann Albus nach einem Moment zu essen, den Blick noch immer auf James liegend.

„Is' was?“, fragte James nach einem Moment mit einem Hauch Genervtheit in der Stimme.

„Wa- I- na- … nein“ Albus senkte den Kopf. „Entschuldige bitte.“

James seufzte tief und legte den Kopf in den Nacken, den Blick zur Decke gerichtet. Er murmelte: „So wird das nie was.“

„Scorpius ist nicht viel anders“, erinnerte Harry seinen Sohn.

„Ja, aber es macht einen Unterschied, ob es dein Bruder ist oder dein … etwas“ Er stieß so etwas wie ein Knurren aus. „Ach scheiße … ich bin kein Mann der Worte. Papa, erklär' ihm, dass ich das nicht böse meine.“

„Albus, dein Bruder meint das nicht böse“ Harry lächelte leicht, aber Albus Anblick ließ das in Sorge umschlagen. „James ist ungeübt mit Worten und kommt daher oft etwas … schroff herüber.“

„Ich versuche, keine Heulsuse zu sein“, murmelte dieser leise und sah vorsichtig auf, „ehrlich … ich verspreche, nicht zu heulen.“

„Wenn ich dir weh tue, kannst du meinetwegen heulen“ Die Genervtheit in James Stimme war nicht einen Deut besser. „Nur leg' nicht jedes meiner Worte auf die Goldwaage. Ich denk' doch nicht über das Zeug nach, was ich sage … ich rede einfach nur“ Er unterbrach sich selbst mit einem Seufzen. „Ich bin immer so ausgetickt, weil halt jedes Wort bei dir was Besonderes ist. Ich sage einfach irgendetwas und gleich bist du verletzt. Es ist super anstrengend, weißt du das? Und ich fühle mich dumm und scheiße in deiner Nähe. Weil du irgendso eine höhere Sprache sprichst und ich es nicht mal schaffe, irgendetwas Alltägliches mit dir zu bequatschen, ohne dass du heulst.“

Wow. James schien echt intensiv über das Problem mit Albus nachgedacht zu haben. So genau hatte er ihn das noch nie formulieren hören. Harry lächelte stolz und nickte seinem Ältesten zu.

„Oh … tut mir Leid“ Albus biss auf seine Unterlippe.

„Rargh!“ James fuhr sich mit einer Hand durchs Haar und stellte mit der anderen den Teller ab. „Das meine ich! Sei locker! Wenn ich dich beleidige, sag was Blödes zurück. Oder sag zumindest, dass ich wieder was Blödes gesagt habe. Sag nicht Entschuldigung oder sieh weg oder weine, das macht mich fertig. Damit kann ich nicht umgehen.“

„Ent-“ Albus, der aufgeschreckt aufgesehen hatte, stoppte sich selbst und schluckte. „Okay … besser?“

„Ja, super. Mach dir einfach nicht so viele Sorgen“ James atmete tief durch und machte irgendeine komplizierte Bewegung mit seinen Händen. Die verwirrten Blicke erwiderte er mit einer gehobenen Augenbraue. „Meditation. Hab' ich im Kampfsport gelernt.“

„Was immer deine Aggressionen unter Kontrolle hält, ist gut“, schloss Harry und hob lächelnd seine Hände.

„Tee?“, fragte Albus vorsichtig nach und hob die Kanne.

„Jo“ James nickte, griff sein Essen wieder und lehnte sich zurück.

„Das heißt danke“, korrigierte Harry ihn automatisch.

„Wieso? Ich kann mich bedanken, wenn er eingeschüttet hat“ James blinzelte verwirrt. „Mann … manchmal fasse ich nicht, dass wir im selben Haus groß geworden sind. Warum sind wir so zutiefst anders?“

„Ihr habt auch eine Menge Gemeinsamkeiten“ Beide fokussierten ihren Blick auf Harry bei diesen Worten. Anscheinend hatten die beiden sich ihr Leben lang nur auf ihre Unterschiede konzentriert, demnach überraschte es ihn nicht sehr. „Ihr seht euch ähnlich, wenn wir mal bei Äußerlichkeiten anfangen. Natürlich hat James eine Menge mehr Muskeln und Albus mehr Eleganz, aber viele eurer Bewegungen sind sich im Endeffekt ähnlich. Ihr habt mir beide erzählt, der jeweils andere hätte dadurch eine Fangemeinde in der Schule gehabt und viele hätten heimlich für euch beide geschwärmt“ Beide warfen sich einen überraschten Blick zu, bevor sie wieder zu ihrem Vater sahen. „Und auch wenn ihr beide verschiedene Ausdrucksweisen habt und den Klischees Bücherwurm und Muskelprotz folgt, seid ihr euch doch auch ähnlich. Ihr seid beide intelligent, egal, was man euch Gegenteiliges gesagt hat, ihr seid beide neugierig, ihr seid beide mutig und ihr steht beide zu euren Idealen und Träumen. Ihr habt beide ein sehr starkes Gewissen und wollt auf jeden Fall das Richtige tun … das hat uns schließlich erst in diese Situation gebracht.“

Einen Moment lang herrschte Stille. James Blick fiel auf sein fast fertig gegessenes Essen, sodass er langsam den Löffel wieder aufnahm. Albus währenddessen sah einen Moment lang ins Nirgendwo, bevor er den Kopf zu seinem Bruder wandte und leise fragte: „Ich hatte Fans?“

„Natürlich hattest du Fans, du Blitzmerker. Die hast du nur nicht bemerkt, weil du immer nur mit Skorpius rumhängst. Jeder hielt euch entweder für ein Paar oder stand auf dich. Und manche beides.“

„Oh … hm … wir sind kein Paar“ Albus schien mit seiner Lasagne zu sprechen, so hart starrte er sie an. „Ich dachte immer, mich mag keiner … mich hat nie jemand angesprochen.“

„Du hast nicht so gewirkt, als würdest du es wollen“ James stellte seinen leeren Teller ab. „Du und Skorpius waren absolut immer zusammen. Wie hätte man dich da mal ansprechen sollen? Du wirktest, als wärst du zu gut für uns alle.“

Albus schwieg einfach nur und sah weiter nach unten. Nach einem Moment erinnerte Harry ihn, dass er auch essen könnte und fragte James, ob er Nachschlag wollte. Was eigentlich keine Frage war, schließlich nahm er normalerweise mindestens zwei Nachschläge. Er versorgte seinen Ältesten also mit einer weiteren Portion Suppe.

„Menschen machen mir Angst“, gestand Albus nach ein paar Momenten, „Leute ansprechen … ich kann mit Skorpius und meiner Familie reden. Mit Luise auch ein bisschen. Aber andere? Wenn ich auf Arbeit jemanden flohen oder anrufen soll, werde ich panisch. Ich kann so etwas nicht. Solange ich einfach nur in Ruhe arbeiten kann, bin ich glücklich. Aber Menschen … das ist zu kompliziert für mich.“

„Es sind nur Menschen. Ist nicht so, als müsstest du Drachen besänftigen“ James Stirn lag in Falten.

„Ich bin nunmal nicht so ein Alleskönner wie du! Ich bin eine Memme und Heulsuse“ Albus wandte den Kopf ab. „Genau, wie du immer sagst.“

„Du wirst es auch so lange bleiben, wie du dir so was sagen lässt“ James schnaubte. „Menschen werden nicht einfacher, bis du mal anfängst, mit ihnen zu reden“ Er lehnte sich zurück und betrachtete Albus. „Redest du wirklich mit niemandem außer der Familie und Skorpius?“

Der Jüngste schüttelte langsam den Kopf.

„Hat Lily auch Macken?“, wandte sich James plötzlich an Harry.

„Ähm … nun … mich stört nur, dass ihr Männerverschleiß für dieses Jahr bereits zweistellig ist“, erwiderte dieser nach einem Moment.

„Hm … vielleicht bin ich wirklich gar nicht so schlimm“ Er kratzte sich am Hinterkopf. „Ich kann zumindest mit anderen reden und schlafe mich nicht durch die halbe Stadt. Auch, wenn ich dafür noch nie was Ordentliches gelernt habe.“

„Tust du doch gerade“ Harry lächelte stolz. James schien auf dem richtigen Weg zu sein. „Wenn du weißt, was du magst, kannst du ja irgendwo in Lehre gehen.“

„Auch wenn ich Schreiner werde oder so?“

„Wenn du es magst“ Harry zuckte mit den Schultern. „Ich habe keine Ambitionen, das ist schon lange festgestellt. Und deine Mutter ist mittlerweile froh über alles, solange sie sich keine Sorgen um deine Zukunft machen muss.“

„Aber Taxifahrer und Türsteher sind nich' okay?“ James grinste. „Ehrlich, Taxi fahren kann man immer, als Schreiner braucht man Aufträge“ Er wandte sich wieder Albus zu. „Was meinst du, was wäre ein guter Beruf für mich?“

„Ähm … Quidditch? Oder Drachenhüter wie Onkel Charlie!“ Ein Grinsen breitete sich auf dem Gesicht des Jüngeren aus. „Das hatte ich immer machen wollen … aber Onkel Charlie meinte, dafür muss ich erst groß und stark werden. Und das bin ich nie geworden ...“

„Pah, der wollte nur mit seinen Mukkis angeben“ James lehnte sich rüber und schlug Albus auf die Schulter. „Wenn du das machen willst, kriegst du das auch hin. Das hat Tante Hermine mir auch gesagt und ich habe nur Stroh im Kopf.“

„Müsst ihr euch selbst so fertig machen? Habe ich euch nicht einen Funken Selbstrespekt vermitteln können?“, fragte Harry eher die Luft als seine zwei Söhne.

„Na ja, Selbstbewusstsein ist cool und so, aber man muss realistisch bleiben. Albus wird niemals Schwergewichtheber und ich niemals Magietheorieforscher. So viel weiß ich auch“ Während James sprach, nickte Albus. „Aber Dad hat auch recht, Albus. Ich habe mich die letzten acht Jahre schlecht gefühlt, weil ich nicht der Hellste bin. Das war auch idiotisch, wenn ich jetzt darüber nachdenke. Wenn du dich dumm fühlst, weil du kein Spitzensportler bist, ist das ähnlich doof.“

„Wenn's nur das wäre“, murmelte der Jüngste.

„Okay, du bist überhaupt kein Sportler, sozial unfähig und eine Heulsuse. Da habe ich jahrelang drauf rumgehackt – sorry dafür – aber das ist nicht alles. Du bist auch super intelligent und anscheinend ein guter Freund. Mein ach so toller Charme rettet mich nicht davor, dass ich jeden aggressiv von mir stoße, der mir etwas bedeutet“ James atmete tief durch und seufzte. „Habe ich wirklich dreizehn Jahre gebraucht, um das zu realisieren?“

„Du wolltest eine Menge über dich nicht wahrhaben“, versuchte Harry ihn zu beruhigen.

„Was denn?“, fragte Albus in einer kindlich neugierigen Stimme. Der Ton erinnerte Harry an die ausgedehnte Warum-Phase, als Albus vier gewesen war.

James schluckte sichtlich. Sein Blick legte sich auf den Kamin. Man konnte ihn leise tief ein- und ausatmen hören. Für einen kurzen Moment schloss er die Lider, bevor er sprach: „Ich … ich … muss ich, Dad?“ - dessen Nicken ließ James die Stirn in Falten legen - „Ich will gar nicht … ich fasse es nicht, ich weiß das seit dreizehn Jahren und will es immer noch nicht wahrhaben. Obwohl Dad sagt, dass es für ihn okay ist. Und um seine Reaktion hatte ich am meisten Angst.“

„Du unterstützt Voldemort?“, fragte Albus vorsichtig.

„Nein!“ James starrte ihn entsetzt an. „So verrückt bin ich jetzt auch nicht. Ich bin schwul.“

Albus sah ihn nur gespannt an.

„Irgendeine Reaktion?“, fragte James nach einem Moment.

„Wie?“ Albus blinzelte. „Worauf?“

„Dass ich schwul bin?“ Eine schwarze Augenbraue hob sich.

„Ach, das soll das Schlimme sein!“ Man sah ein Licht in Albus Gesicht aufgehen, bevor die Züge wieder klare Verwirrung aussprachen. „Wieso soll das schlimm sein? Dad ist doch gerade ein Gegner der Traditionalisten.“

James seufzte, sackte nach vorne und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Ein Geräusch zwischen Grunzen und leidigem Stöhnen kam über seine Lippen, bevor er mit Verzweiflung in der Stimme fragte: „Warum kann nicht mal einer von euch wie erwartet reagieren?“

„Du bist der einzige, der sich deswegen fertig macht, James“ Harry schürzte die Lippen und seufzte lautlos. „Albus ist seit dreizehn Jahren mit Skorpius befreundet und ich arbeite seit fünf mit ihm zusammen. Der Junge redet mehr über seine Gesichtscreme als über seine Fälle. Du stehst zwar auf Männer, aber bist wenigstens ansonsten ganz normal. Würdest du auch deinen Kolleginnen Schminktipps geben, würde ich mich vielleicht mehr aufregen.“

„Schwul ist auch normal, Dad“ Albus spitzte seine Lippen zu einem Schmollmund. „Und so schlimm ist Skorpius auch nicht.“

„Doch, Albus, genau so schlimm ist er“ Harry grinste. „Ich mag ihn trotzdem.“

Der Schmollmund wurde zu einem zaghaften Lächeln.

„Tja … wenn wir schon über Skorpius sprechen … da wäre noch etwas, Albus“, begann James langsam, „das ist … also, dass ich realisiert habe, dass ich schwul bin … das war … na ja …“

„Du bist in Skorpius verknallt!“, rief Albus enthusiastisch.

„Äh … ja?“

„Yes!“ Albus ballte eine Hand zur Faust und hob sie, wenn auch nicht weit. „Das muss ich Skorpius erzählen. Der wird mir das alles nie glauben. Sein Traum wird wahr! Du wirst doch mit ihm ausgehen, oder? Er hat immer davon geträumt, dass du ihm zu einem Candle-Light-Dinner ausführst. Machst du doch, oder?“

„Äh … Kerzen? Okay … wenn er will“ James kratzte sich am Hinterkopf. „So wie in diesen Kitschfilmen? Mit Wein und Drei-Gänge-Menü? In so einem völlig überteuerten Restaurant?“

„Ich glaube, sein letzter Traum war ein Segelboot an der kroatischen Küste. Mit von dir selbst gekochtem Essen, weil du ein fabelhafter Koch bist. Und dann Kerzen, wenn es Abend wird.“

„Äh … ich kann nicht kochen“ James Mundwinkel verzog sich. „Und ich war noch nie in … an dieser Küste. Und ein Segelboot kann ich mir auch nicht leisten.“

„Ich glaube, er weiß selbst, dass seine Träumereien etwas übertrieben sind. Er träumt auch davon, den nächsten dunklen Lord zu besiegen und damit berühmter als Dad zu werden“ Albus zuckte mit den Schultern. „Er hat eine Menge Träume.“

„Ich befürchte, ich werde ihn enttäuschen“ James ließ den Kopf hängen.

„Ach was, du bist schwul und an ihm interessiert, das übersteigt bereits seine Erwartungen“ Albus grinste. „Er wird so aus dem Häuschen sein. Er hat sich immer eine Fee oder einen Dschinn gewünscht, um dich schwul wünschen zu können. Oder sich weiblich, da war er sich nie sicher. Aber ich glaube, er ist lieber männlich und hat dich schwul, auch wenn ihr dann keine Kinder kriegen könnt. Oh, er wäre für Leihmutterschaft, was denkst du darüber?“

„Äh … was?“ James blinzelte.

„Kinder! Du willst doch Kinder, oder? Er sagt, es ist auch okay, wenn du keine willst. Er ist unsicher, ob er welche will. Aber sein Vater meint, er sollte besser zumindest ein Kind kriegen, um die Malfoy-Linie weiter zu führen. Und er findet die Idee eigentlich nicht so schlimm, auch wenn er natürlich am liebsten ein Kind von dir hätte.“

„H- halt mal … das … das ist alles gerade ein bisschen schnell … wir haben noch nicht mal ein Date gehabt. Wer weiß, ob wir uns überhaupt mögen?“ James hatte in Abwehr beide Hände gehoben. „Über Kinder kann man nachdenken, wenn es so weit ist, oder?“

„Was? Die Grundlagen einer Beziehung sollten ja wohl vorher geklärt werden“ Albus verschränkte die Arme.

„Äh … wirklich?“ James sah hilfesuchend zu seinem Vater.

„Ähm … vielleicht?“ Dieser warf seinem Jüngsten auch nur einen zweifelnden Blick zu. „Ich habe noch nie mit jemandem vorher über meine Vorstellungen geredet.“

„Du hast auch direkt deine erste Freundin geheiratet, oder?“

„Du auch, oder?“, gab Harry zurück.

„Bei mir ist das etwas anderes“ Albus verschränkte die Arme. „Die Sache mit Luise war wohlüberlegt.“

„Wirklich?“ Es war an Harry, mal zweifelnd eine Augenbraue zu heben.

„Was ich damit sagen will, ist, dass ihr beide die große Liebe eures Lebens ineinander gefunden habt und ihr solltet das nicht ruinieren, indem ihr nicht darüber redet, was ihr euch voneinander wünscht.“

James nickte nur vorsichtig.

„Also sprich mit ihm so früh wie möglich darüber. Und … denk daran, dass er bisweilen seine Meinung ändert. Manchmal. Öfter eher. Regelmäßig, wenn man so will. Na ja, nicht ganz regelmäßig, mal öfter, mal weniger oft. Aber nicht unbedingt selten.“

„Geht das ein wenig … klarer?“, fragte James vorsichtig.

„Ähm … sagen wir, dass er dich haben will, ist das einzige, was sich noch nie verändert hat.“

Gemessen daran, dass Skorpius anscheinend nicht einmal wusste, ob er gerne männlich war, schienen das recht außerordentliche Meinunsschwankungen zu sein. So langsam wuchs in Harry der Samen des Zweifels, ob Skorpius ein guter Schwiegersohn wäre oder nicht nur eine männliche Version von Luise. Nicht dass Luise schlecht per se war, aber … nun ja, sie war etwas anstrengend.

„Vielleicht könntest du Skorpius erstmal zu so etwas wie einem Kaffee einladen. Und dann sehen, ob sein Sinn gerade nach Paragliding in den Alpen oder besagten Dinner an der spanischen Riviera steht“, schlug Harry vor.

„Kroatische Küste“, korrigierte Albus.

„Meinetwegen auch das.“

„Warum bekomme ich langsam das Gefühl, dass ich diese Beziehung nicht bezahlen kann?“, fragte James leise.

„Skorpius ist nur ein bisschen verwöhnt.“

Über diese Worte warfen Vater und Sohn sich einen sprechenden Blick zu. In ihrer beider Augen war Albus schon verwöhnt genug. Dass er so etwas über andere sagte, konnte nichts Gutes bedeuten. Nun ja, alles Geld, was James sich je geliehen hatte, hatte er zurück gegeben. Sein Ältester war wenigstens bodenständig.

„Meinst du, ein hübsches Cafe ist ihm genug?“, wandte sich James an Albus.

„Er mag das Eiscafe in der Winkelgasse sehr gern“ Der Jüngste lehnte sich entspannt zurück. „Da wird er bestimmt nicht nein sagen.“

„Huh … vielleicht ein weniger … populäres Cafe? Wenn wir uns dort treffen, ist die Presse bestimmt nicht weit.“

Ja, James war bodenständig. Genau das, was Skorpius anscheinend dringend brauchte. Harry hob seine Brille und massierte seine Nasenwurzel. War die neue Generation wirklich so viel komplizierter als seine oder kam es ihm nur so vor?

„Skorpius wird keine geheime Affäre werden“ Das erste Mal im ganzen Gespräch schlich sich so etwas wie Wut in Albus Stimme. „Wenn du nicht willst, dass irgendwer von euch erfährt, kannst du das gleich vergessen.“

„Schon, sicher … ich meine nur, will er, dass seine Familie davon erfährt? Oder wissen die das alle?“

„Oh … stimmt“ Albus wandte den Blick ab. „Sein Großvater darf es nicht wissen.“

Manchmal – sehr selten – erweckte Albus in Harry das Bedürfnis, den Kopf gegen die Wand zu schlagen. War der Junge wirklich intelligenter als sein Ältester? Notenmäßig schon, aber praktisches Denken war bisweilen nicht seine Stärke.

„Also … ein etwas unauffälligeres Cafe?“

„Vielleicht ein Muggelcafe? In der Nähe der Winkelgasse?“ Albus sprach wieder so leise wie am Anfang. „Er war noch nie in Muggellondon, aber vielleicht könntest du ihm ja eine Wegbeschreibung mitschicken?“

„Das kriege ich hin“ James nickte lächelnd. „Meinst du … wenn ich ihm einen Brief mit einer Einladung und einer Wegbeschreibung schicke … wird er kommen?“

„Natürlich wird er kommen! Wenn du nicht gerade mit blauer Tinte auf braunem Pergament schreibst, kommt er bestimmt“ Albus lächelte aufgeregt.

„Was ist falsch daran?“, fragte James nach einem Moment des Schweigens. Harry musste sich im stillen zugestehen, dass er die Frage völlig nachvollziehen konnte.

„Zum einen ist blau eine gewöhnliche Farbe und zum anderen beißt sie sich mit schlammbraun. Goldbraunes Pergament ist okay. Aber du solltest sowieso gestärktes weißes Papier oder Papier mit Wasserzeichen nehmen“, wies Albus ihn an.

Sowohl James als auch Harry schüttelten nur mit in Falten liegender Stirn den Kopf.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  MarieSoledad
2013-05-29T14:49:39+00:00 29.05.2013 16:49
Ich bin über die Story kürzlich gestolpert und find sie echt super.
Bin auch schon echt gespannt, wanns weitergeht. ich schätz mal aus der ferne funktioniert das 'vor den PC setzen und befeheln "schreib!" ' nicht?^^

zur story, viel zu sagen hab ich da eigentlich eh nicht, nur scheint Albus wirklich eine ungeeignete frau geheiratet zu haben...aber wer weiß, was daraus noch wird.
und...wow...ich will ja nicht vorurteile und klischees reiten, aber _könnte_ es sein, dass albus auch schwul, bzw bi mit tendenz zu schwul, ist, auch wenn er nichts mit skorpius hat? ich meine, sein verhalten wirkt zT schon sehr in diese klischee-richtung... oder er ist wirklich nur verwöhnt und vll sehr von skorpius geprägt und hat halt eher "typisch" feminine wesenszüge XD

Von:  Lunatik
2013-05-13T10:25:10+00:00 13.05.2013 12:25
xDD Also ja, ich habe mich ebenfalls köstlich amüsiert bei diesem Kapitel ^.^
Albus...ist schon eine ganz andere Welt als James. Aber das ist auch gut so - vielleicht können sie sich gegenseitig beibringen die Dinge auch mit anderen Augen zu sehen :)
Aber jetzt verstehe ich deine Sorge über die Unbeliebtheit von Albus - an manchen Stellen wollte ich auch mit dem Kopf gegen die Wand schlagen. Aber insgesamt mag ich ihn jetzt mehr als vorher - am Anfang des Kapitels hatte ich die ganze zeit das Bild von Ryou vor Augen. Zum Ende des Kapitels hat sich das dann gelöst. Albus ist schon ein lebhafter Junge. Mal sehen ob er seine Angst wenigstens einbisschen überwinden wird.
Übrigens: Ich will mehr Auftritte von Lily! xDDD

Meine Eloquenz reicht leider nicht aus um die Euphorie über das bestehende Kapitel zum Ausdruck zu bringen, deswegen sage ich nur: Eklektisch!
Nein, Spaß xD: Großartig! hat mir sehr gefallen :) Schreib weiter! (Gibt es Fremdwörter für "ausreichen" und "zum Ausdruck bringen"?)

*knuddel*
Von:  mimaja56
2013-05-07T03:36:14+00:00 07.05.2013 05:36
Oh, Mann ...... jetzt raucht sogar mir der Kopf, wie mag es da James erst gehn.


Aber ich hab mich selten so amüsiert wie bei diesem Kapitel.
Einfach traumhaft, wenn denn mal die Kommunikationshindernisse aus dem Weg sind
und sich die Zunge gelöst hat, dann ist Albus ja wirklich nicht mehr zu bremsen.

Vor allem wenn es um Scorpius geht.
Ich meine sogar, dass allein der Gedanke mit einem Date sowohl den jungen Malfoy
als auch seinen "Endlich-Bruder" glücklich zumachen würde er sogar seiner Angetrauten
ein unüberlegtes Versprechen machen (frag mich aber nicht, wie weit ich da gehn würde) *lach*

Ein wirklich gelungenes Kapitel, vielen Dank


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