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Awakening

Honor, Family, Love
von

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The true true Face of the Sheriff

„Denkst du, dass das funktioniert?“, fragte er beklemmt und blickte auf Locksley Village hinab, auf das sie zuritten.

Sein großer Hengst tänzelte unter ihm und schien den langsamen Gang nicht gerade zu mögen, während ihre kleine Goldstute sich von ihm anstecken ließ.

Alyssa blickte zu ihm rüber und lächelte zuversichtlich.

„Natürlich, Liebster. Sei einfach nur du und tu das, was du für richtig hältst.“, ermutigte sie ihn und trabte voraus, damit sie schneller im Dorf ankommen würden.

Er trieb sein schwarzes Pferd in einen leichten Galopp, um sie wieder einzuholen.

Als sie Locksley Village erreichten, schienen die Leute verwirrt und auch erschrocken über das Eintreffen des jungen Ritters und seiner Begleitung.

War er etwa wieder hier, um ihnen ihre Ernte zu stehlen und ihnen den letzten Penny aus den Taschen zu ziehen?

Guy fühlte sich sichtlich unwohl, da er wusste, was die Dorfbewohner von ihm dachten, also kam sie ihm zur Hilfe.

„Guten Tag, mein Herr.“, grüßte sie einen Bauern, der direkt vor ihnen stand und drückte ihre kleine Stute an dem verwunderten Mann vorbei.

Gisborne nickte nur zum Gruß und tat es ihr gleich.

Der Mann und auch die anderen beobachteten sie, als sie ihre Pferde an einer Tränke anbanden und einen Jungen herbeiriefen, der sich darum kümmern sollte, dass sie genug Wasser hatten.

Guy reichte ihm sogar eine Kupfermünze zum Lohn.

So kannten sie den sonst so skrupellosen Mann ja gar nicht.

Keiner traute sich das Paar anzusprechen, als die Beiden sich daran machten auf den Markt einkaufen zu gehen.

„Was hältst du davon?“, erkundigte er sich bei seiner hübschen Begleiterin und hielt ein burgunderfarbenes Kleid hoch.

Ihre blauen Augen strahlten und sie hielt es sich an.

„Es ist wirklich sehr schön.“, meinte sie und strich den Stoff glatt.

Er lächelte und warf dem Mann eine Silbermünze zu.

„Das wird es aber erst an dir sein.“, raunte er ihr zu und sie beugte sich zu ihm vor, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern.

„Ich dachte, ich sehe am besten aus, wenn ich nichts anhabe...“, wisperte sie verführerisch und lehnte sich mit ihrem Busen gegen seinen Oberarm, sodass er zwischen ihre Brüste rutschte.

Vor Verlegenheit errötend wandte er den Blick von ihr ab, um nicht jeden Moment über sie herfallen zu müssen.

Sie war wirklich gemein und das vor den Bewohnern von Locksley.

Beide gingen weiter und kamen an einen Stand mit Süßigkeiten.

Alyssa nahm ein Stück Schokolade und hielt es ihm hin, sodass er es kosten konnte.

Er aß aus ihrer Hand und leckte dann an ihren Fingerspitzen, da die Leckerei trotz der spätherbstlichen Luft auf ihrer warmen Haut geschmolzen war.

Sie kicherte amüsiert und gab ihm einen Klaps auf die Schulter.

Gerade war ihm ihre Liebelei noch peinlich gewesen und jetzt forderte er sie selbst heraus.

Zwei kleine Kinder, ein Junge und ein Mädchen, wahrscheinlich seine kleine Schwester, kamen ebenfalls an dem Stand vorbei und blickten mit großen, wehleidigen Augen auf die vielen schmackhaften Auslagen.

Alyssa stupste Guy an und richtete seine Aufmerksamkeit auf die Kleinen.

Er verstand zuerst nicht, was sie ihm mit ihrer Aufforderung sagen wollte, kramte dann aber doch in seinen Taschen und fand zwei Silberstücke.

Langsam ging er auf die Kinder zu, die im ersten Augenblick das Weite suchen wollten, da sie damit rechneten, er würde mit ihnen schimpfen.

Doch stattdessen kniete er sich vor sie und hielt jedem eine Münze hin.

„Die sind für euch, damit ihr euch was schönes kaufen könnt.“, verriet er ihnen mit einem netten Lächeln, zu dem er sich noch nicht mal zwingen musste.

Die beiden Geschwister strahlten über beide Ohren und schenkten ihm dankende Blicke, die ihm genug waren.

Schnell stürmten sie davon, um sich so viel schönes zu kaufen, wie sie dafür bekommen konnten.

Alyssa trat zu ihm, als er sich wieder erhob und lehnte sich gegen seine Brust.

„Du würdest wahrlich einen guten Vater abgeben, Guy. So fürsorglich und spendabel.“, murmelte sie ihm zu und sein Gesicht wurde erneut von Röte geziert.

Was sagte sie denn da?

Er und Kinder?

Da hatte er noch nicht wirklich drüber nachgedacht.

Aber jetzt, wo sie es ansprach, schien es ihm nicht mal mehr so ganz abwegig.

„Das war wirklich nobel, Sir Guy of Gisborne.“, lobte sie ihn und er nahm ihre Hände in seine, um sie noch fester an das Leder seines Mantels zu pressen.

„Du hattest Recht, Alyssa. Sie scheinen sich nicht mehr so zu fürchten. Und weißt du was...?“, kam ihn eine andere Idee und er hielt einen jungen Mann auf, der an ihnen vorbeihuschte.

„Tu mir einen Gefallen und sage jeden den du kennst, dass heute Abend alle nach Locksley Manor kommen sollen. Ich will jeden zu einem Festessen einladen.“, verlangte er von dem Mann, der ihn etwas entgeistert ansah, sich dann allerdings verneigte und losließ, um die Neuigkeiten rumzutragen.

Sie lachte belustigt darüber, dass er das eben getan hatte.

Was würde der Sheriff wohl dazu sagen?

Er würde sicherlich toben vor Wut und Entrüstung!

„Und jetzt kümmere ich mich erst mal, um meine wundervolle Geliebte.“, versprach er ihr und sie spazierten etwas weiter aus Locksley hinaus in die Richtung des Sherwood Forest.

Hand in Hand gingen sie und mit einem Mal fielen kleine Schneeflocken vom Himmel.

Sie hob eine Hand, um ein paar aufzufangen und lachte erfreut, um dann über die Wiese zu tanzen.

Schmunzelnd beobachtete er sie.

Wie konnte es sein, dass ein Mann wie er so eine Frau verdient hatte?

Von ihrer Lebensfreude gepackt, sprang er auf sie zu, um sie um die Hüfte zu packen und durch die Luft zu wirbeln.

Sie landeten beide ihm Gras.

Er über ihr.

Eine ihrer behandschuhten Hände griff durch sein Haar und verscheuchte den frischen Schnee.

„Was ist denn?“, wollte sie wissen, als er schwieg.

Er zeigte ihr ein charmantes Lächeln, dass kleine Lachfalten um seine Augen sichtbar machten.

„Ich musste nur daran denken, wie gut es mir mit dir geht.“, brabbelte er und ehe sie sich versah küsste er sie zärtlich.

Sie umklammerte ihn und er glitt zwischen ihre Beine.
 

„Was ist denn auf einmal in Gisborne gefahren?“, fragte Cate, die nicht glauben konnte, was sie da sah.

Robins Outlawbande hatte die Beiden schon eine Weile über beobachtet und sich über die gute Laune des Ritters ziemlich gewundert.

Er war doch sonst niemand der freiwillig ins Dorf ritt, um sich unters Volk zu mischen und den Wohltäter zu spielen.

„Das ist sie...“, murrte Robin und deutete auf Alyssa, die gerade dabei war seinen Erzfeind zu vernaschen.

„Wenn mich so eine süße um den Finger wickeln würde, würde ich auch nicht anders reagieren... Also ich kann Gisborne schon ein wenig verstehen.“, kommentierte Alan und die anderen wollten schon widersprechen, da wurden sie von jemanden abgelenkt, der sich den Pärchen näherte.

Es war der Sheriff auf seinem Schimmel, umgeben von seinen Soldaten.

„Na, da sind ja meine kleinen süßen, schnuckeligen Turteltäubchen...“, begrüßte er die Beiden, die nicht gehört hatten, dass er sich ihnen genähert hatte, so beschäftigt waren sie gewesen.

„Gisborne!“, rief er wütend nach seinem Handlager, der sofort auf die Füße sprang, wie eine Katze, die man erschreckt hatte.

Schnell begab sich auch Alyssa wieder in die Senkrechte.

Wo kam der denn auf einmal her?

„Guten Tag, my Lord. Was verschafft uns die Ehre?“, erkundigte sie sich und verneigte sich vor ihm.

Er schenkte ihr allerdings kein bisschen seiner Aufmerksamkeit, sondern blickte genervt auf Guy hinab.

„Was sagte ich gestern Abend zu Euch? Hatten wir nicht ausgemacht, dass Ihr am Morgen wieder in Nottingham Castle sein solltet?“, erinnerte er ihn an ihre gestrige Absprache.

Der Ritter strich sich entschuldigend durch sein schwarzes Haar.

Das hatte er ja total vergessen.

„Verzeiht, my Lord Sheriff... Ich dachte nur, dass mir ein wenig Zeit in Locksley bleiben würde, um...“, versuchte er sein Bedauern auszudrücken, aber der ältere Mann wollte davon nichts hören.

Er beugte sich auf den Sattelknauf über den kräftigen Hals seines Pferdes.

„Ladidadida! Verschont mich mit diesen jämmerlichen Ausreden. Ihr solltet Euch besser Eure Schwächen eingestehen, Gisborne. Dass Ihr Eure kleine Freundin zu oft schnackselt, scheint Euer Hirn weich geklopft zu haben, das ihr auf einmal nett und zuvorkommend gegenüber diesen Bauerntölpeln seid.“, echauffierte er sich darüber, dass sie, seiner Meinung, einen schlechten Einfluss auf ihn hatte.

Guys Blick glich dem eines geschlagenen Hundes, der vor seinem Herrn kuschte und alles wieder gut machen wollte.

„Ich erwarte von Euch, dass Ihr mir sofort nach Nottingham Castle folgt.“, verlangte der Sheriff dann und winkte den Jungen heran, der ihnen ihre Pferde brachte.

Alyssa griff nach seiner Hand, als er auf seinen Hengst zu ging und aufsteigen wollte.

Ihre blauen Augen sagten ihm, dass er sich das nicht gefallen lassen musste.

Der Sheriff konnte ihn nicht ewig so behandeln.

„Und was ist, wenn ich gedenke hier zu bleiben? Das ist mein Stück Land und ich befehle hier.“, schöpfte er neuen Mut und baute sich etwas vor seinem Vorgesetzten auf.

Der Alte versuchte sein höhnisches Lachen zu verkneifen, was ihm allerdings nicht lange gelang.

Schallend hallte es über die Ebene.

Er gab seinen Begleitern ein Zeichen und zwei stiegen ab, um Alyssa zu packen und sie von ihm wegzuzerren.

Verzweifelt versuchte sie sich aus den Griffen der Männer zu befreien.

„Lasst mich sofort los!“, empörte sie sich und trat nach ihnen, was den Sheriff nur noch mehr bespaßte.

„Dann nehme ich Eure süße Alyssa. Und glaubt mir, dass es ihr als mein persönliches Spielzeug nicht sonderlich gut ergehen wird.“, versprach er seinem Handlager, der ihn erbost anblitzte.

Er wollte also Alyssa bedrohen?

Eine wehrlose Frau?

Dieser gemeine, widerliche Mistkerl!

„Das könnt ihr nicht tun!“, knurrte er und zog sein Schwert, bereit sich mit den Bewachern des Sheriffs zu messen, doch der hob nur mahnend den Zeigefinger.

„Tz, tz, tz... Gisborne, Gisborne! Ihr vergesst anscheinend, dass ich der Sheriff von Nottingham bin. Ich habe Befehlsgewalt über ganz Nottinghamshire... Also... Husch, husch, auf Euer Pferd.“, befahl er ihm und er musste sich wohl oder übel geschlagen geben.

Mürrisch und erniedrigt, schwang sich der große Mann in den Sattel seines Reittiers und der Sheriff sagte seinen Männern, dass sie die Hure freilassen sollten, was sie lachend taten.

Dann ritten sie los.

Guy warf noch einmal einen Blick auf sie zurück.

Winkend stand sie neben ihrer kleinen Stute.

Ihr Blick sagte ihm, dass sie ihm nicht böse war wegen seiner Entscheidung.

Er hatte es tun müssen.
 

„Bitte sagt, Sir Guy, dass wir ihm von ganzem Herzen danken, Kind.“, sprach eine alte Frau zu ihr, die anscheinend von ihrer Tochter hinaus geführt wurde.

Sie griff dankend nach Alyssas Hand.

Trotz Guys Abwesenheit hatte sie sich dazu entschlossen, die Dorfbewohner in Locksley Manor zu Abend essen zu lassen.

Der Sheriff konnte ihr keine Angst einjagen.

„Ich werde es ihm ausrichten, gute Frau.“, entgegnete sie und drückte die alte, faltige Hand etwas.

Auch die anderen Leute aus Locksley Village waren sehr dankbar für ihre Gastfreundlichkeit.

Sie befanden, dass sie ein sehr guter Mensch war und vielleicht auch einen Besseren aus Guy of Gisborne machen konnte.

Ein kleinwenig hatte sie ihn ja schon zum Guten gewendet.

Nachdem alle gegangen waren, schloss sie die Türen hinter sich und atmete erleichtert aus.

Zu schade, dass er nicht dabei gewesen war und selbst gehört hatte, wie begeistert die Menschen nun von ihm waren.

Nein, der doofe Sheriff hatte ihn ja unbedingt von Locksley Manor wegholen müssen.

Weg von ihr.

Seufzend ging sie nach oben, wo sie auf Isabella traf, die wohl nicht mit nach Nottingham geritten war, so wie sonst.

„Was hatte das eben zu bedeuten, Alyssa? Was wollten diese ganzen Bauern an unserer Tafel?“, erkundigte sie sich, wobei ihre Augen sie erbost anstarrten.

Alyssa lächelte und verneigte sich.

„Entschuldigt, dass ich Euch nicht eingeweiht habe, my Lady. Euer Bruder hat heute Mittag kurzfristig entschlossen alle zum Abendessen einzuladen.“, verriet sie ihr und die andere Frau warf ihr einen geschockten Gesichtsausdruck entgegen.

Wie bitte?

Guy hatte alle eingeladen?

Das war zu abstrus, um wahr zu sein!

„Guy?“, harkte sie ungläubig nach und die Jüngere nickte nur bestätigend.

Sie hatte geahnt, dass Isabella ihr das nicht wirklich glauben würde.

„Ja, my Lady. Er hat sich entschlossen sein Volk mit etwas mehr Respekt zu behandeln, damit auch sie ihn respektieren.“, klärte sie sie auf und Isabella nahm ihre Hand und führte sie hinter sich her, direkt in ihr Zimmer.

„Er hat sich auf eine seltsame Art verändert, seitdem du in unser Leben getreten bist, Alyssa. Das beunruhigt mich ein wenig, muss ich zugeben.“, gestand sie ihre aufkommenden Ängste und die beiden Frauen setzten sich auf Isabellas großes Bett, das federnd nachgab.

„Es beunruhigt Euch? Verzeiht, wenn ich darüber lachen muss... Aber ist es nicht eine gute Veränderung?“, kicherte Alyssa und strich sich ihre langen Locken zurück, die hin und her schwangen.

Die andere Frau wirkte nachdenklich und auch etwas verbittert, was nun auch in Alyssa Beunruhigung auslöste.

Was war es nur, dass die Beziehung der zwei Geschwister so kühl machte?

Da erinnerte sie sich daran, dass Guys Schwester vor ihr erwähnt hatte, dass er niemanden lieben würde.

„Ihr sagtet mir, Guy könnte nicht lieben...“, begann sie dann und schluckte, den Blick gen Boden gesenkt.

Die Andere schwieg einen Moment, der beinahe wie eine Ewigkeit wirkte.

„Das kann er auch nicht. Du bildest dir mit deinen naiven Vorstellungen vielleicht ein, dass er dich lieben würde, weil er dich gut behandelt und vorgibt, dass du ihm etwas bedeutest. Aber glaub mir ruhig, Alyssa... Irgendwann wird der Tag kommen, da wirst du sehen, was sich hinter seiner hübschen Fassade versteckt. Er wird dir sein wahres Gesicht zeigen, so wie er es bei mir getan hat.“, murmelte sie vor sich hin und wurde traurig.

„Was hat er Euch denn angetan, my Lady? Was kann er Schreckliches getan haben, dass es Euch so tief verletzt hat, dass ihr es ihm nicht mehr verzeihen könnt?“, wollte sie wissen und griff wieder nach Isabellas Hand, doch die Ältere schlug sie weg und erhob sich.

„Das geht dich nichts. Du bist nur eine Dienstmagd. Ich weiß überhaupt, warum ich dir überhaupt etwas davon erzählt habe!“, schimpfte sie aufgebracht und Alyssa wusste, dass es nun besser war zu gehen.

In den blauen Augen der Lady Thornton spiegelte sich der Zorn einer verletzten Frau wieder.

Ohne ein weiteres Wort zu sagen, oder noch einmal auf sie zurückzublicken, verließ sie den Raum und schloss sorgsam die Tür.
 

Sie warf sich auf das große Bett und schmiegte ihr Gesicht in eines der Kissen.

Es roch nach ihm.

Maskulin, betörend und sexy.

Ein Lächeln huschte über ihre Lippen, als sie daran dachte, was sie schon alles zwischen diesen Laken getan hatten.

Leidenschaftlich und auch zärtlich hatte er ihr schon so oft gezeigt, wie sehr er sie liebte und sie hatte sich jedes Mal revanchiert.

In ihrem Kopf hallte seine raue Stimme wieder, die immer wieder ihren Namen rief.

Wie gerne würde sie jetzt neben ihm liegen und ihm süße Worte ins Ohr flüstern.

Seufzend drehte sie sich um und starrte die Decke des Raumes an.

Ob der Sheriff ihn bestraft hatte für sein Verhalten auf dem Markt?

Sie war sich sicher, dass der Sklaventreiber gewettert haben musste wie noch nie.

Hoffentlich würde das keine ärgeren Konsequenzen haben.

Sie schloss die Augen und schlief wenige Minuten später ein, um in einen Traum zu versinken.

Sie war wieder das kleine Mädchen, dass in einem Schlossgarten stand und Blumen pflückte.

Margeriten und Narzissen.

Die Sonne schien und sie konnte Stimmen hören.

Jungen lachten und riefen einander etwas zu und plötzlich standen sie vor ihr.

Drei Jungs, alle älter als sie.

Einer war sogar beinahe schon ein Mann in ein Kettenhemd gekleidet.

Alle drei hatten dunkles Haar, braun, und Augen in der gleichen Farbe und sie erinnerten Alyssa an Henry of Hereford, nur in jüngeren Versionen.

„Du willst sie doch nicht mitnehmen, Humphrey! Sie ist ein Mädchen!“, kam es vom Jüngsten der Drei und er machte ein angeekeltes Gesicht.

So wie Jungs in dem Alter eben waren.

Der Älteste schenkte ihm einen mahnenden Blick.

„Genau! Sie kann noch nicht so schnell reiten, wie wir!“, kommentierte der zweitjüngste Junge und ein freches Grinsen lag auf seinen Lippen.

Ein genervtes Seufzen entwich dem jungen Ritter und er hielt dem jungen Mädchen eine seiner großen Hände hin.

„Komm mit uns, kleine Schwester! Wir wollen zusammen ausreiten. Komm, Alyssa.“, forderte er sie auf.

Schweißgebadet wachte sie auf und keuchte aufgeregt.

Sie griff neben sich, doch niemand war da.

Kein warmer Körper, an dem sie sich hätte drücken können und der beruhigend auf sie gewirkt hätte.

Guy war immer noch in Nottingham Castle.

Ein Blick aus dem Fenster sagte ihr, dass es auch noch mitten in der Nacht war.

Es schneite erneut und sie zog die Decke enger um sich und fröstelte unwohl.

Doch irgendwie schaffte sie es, doch noch etwas zu schlafen.
 

Ein Poltern an der Tür ließ sie erneut hochschrecken, diesmal war es bereits hell draußen.

Die Sonne musste gerade aufgegangen sein.

„Macht die Tür auf, my Lady Thornton.“, ertönte eine dunkle Männerstimme und schon hörte sie Schritte, die eilig die Treppen hinaufpolterten.

Es waren drei, vielleicht vier Männer.

Das konnte sie an dem stumpfen, schweren Geräusch erkennen.

Und schon flog die Zimmertüre auf und vier Soldaten des Sheriffs standen vor ihr.

Sie hielt sich die Decke vor die Brust, damit die Männer ihre nackten Brüste nicht sehen konnten.

„Zieh dich an, Alyssa, der Sheriff of Nottingham will dich sehen. Sofort!“, befahl einer der jüngeren Männer ihr.

Sie kannte ihn.

Es war Lloyd Timett.

„Warum denn sofort? Und wo ist Sir Guy?“, fragte sie und erhob sich langsam, das Laken immer noch um sich gewickelt.

Timett wirkte ungeduldig, als stünde er unter starken Druck, obwohl er auch etwas nervös schluckte, als er erkannte, dass sie unter dem Laken vollkommen nackt war.

„Stell keine Fragen! Mach einfach, was ich dir sage, Weib!“, brüllte er sie an und packte sie grob am Arm, um sie in die Richtung ihrer Kleider zu schleifen.

Was war denn auf einmal los?

Sie verstand gar nichts mehr.

Der blonde Soldat war doch sonst nicht so widerlich zu ihr.

Ganz im Gegenteil.

Doch bevor es noch mehr Ärger geben würde, gehorchte sie lieber und zog sich ihre Kleider über.

Unten wartete man bereits mit ihrer kleinen Goldstute, die der Stallbursche bereits aufgesattelt hatte.

Auch Isabella war zu Pferd, sprach allerdings kein Wort mit ihr, als sie auch sie fragte, was das alles zu bedeuten hatte.

Man hob sie hinauf und sie ritten los, wobei Timett und ein alter Mann mit grauen Haaren sie flankierten, so als würde sie jeden Moment auf den Gedanken kommen abzuhauen.

Sie fühlte sich wie eine Schwerverbrecherin.

Es fehlten nur noch die Hand- und Fußfesseln.
 

In Nottingham angekommen, hatte sie nicht mehr die Gelegenheit zu Guy zu gelangen, denn man stellte sie sofort vor den Sheriff, der gerade zu Mittag speiste.

„Verschwindet. Ich will allein mit ihr reden.“, forderte er die Soldaten auf sich zurückzuziehen.

Alyssa stand vor ihm und wusste nicht so wirklich, wo sie anfangen sollte.

Er biss gerade herzhaft in einen Hühnerschenkel.

Das Fett lief seine Mundwinkel herunter und der Duft stieg Alyssa in die Nase.

Ihr Magen knurrte, denn sie hatte noch nicht einmal die Chance bekommen irgendetwas zu sich zu nehmen.

„My Lord, warum habt ihr nach mir verlangt? Es ist noch so früh am Morgen und ich...“, wollte sie beginnen, doch er unterbrach sie, indem er eine Hand hob.

Dann wischte er sich mit einem Tuch über den Mund.

Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, das seine Zahnlücke, wo einst sein rechter, oberer Schneidezahn gesessen hatte, entblößte.

„Muss es mir leid tun, dass ich dich aus deinen Träumen gerissen habe, schönes Kind? Ich verrate dir was... Nein!“, säuselte er herzallerliebst und lachte dann höhnisch.

Was war denn bloß los?

„Sheriff, ich will nicht dreist sein... Aber könntet Ihr mir nun endlich sagen, warum ich hier bin, obwohl ich in Locksley auf Sir Guy warten sollte?“, entgegnete sie und er erhob sich, um um sie herum zu stolzieren.

Seine abschätzenden hellbraunen Augen glitten über ihre Gestalt.

Sie war so bezaubernd.

Ein Jammer, dass sie dieses Schicksal gewählt hatte.

„Du willst nicht dreist sein? Aber warst du das nicht, als du Gisborne verführt und ihn weichgeklopft hast? Schau ihn dir an, er ist nur noch ein Wolf ohne Zähne.“, zischte er und strich unangenehm zärtlich über ihre Wange und schob ihre Locken beiseite, sodass er ihr einen Kuss auf den Hals geben konnte.

Sie zuckte zusammen.

Seine Berührungen hatten sich noch nie besonders gut angefühlt.

„Ich dachte, ich hätte dir klar gemacht, dass ich nicht will, dass du den guten Gisborne Flausen in den Kopf setzt. Oder hab ich das nicht? Aber du hast meinen betrügerisch, hinterhältigen Wolf in einen kleinen Welpen verwandelt.“, wetterte er auf einmal los und sie wich zurück, konnte allerdings nicht weit, da er ihr Handgelenk fest umschlossen hatte.

Entsetzt blickte sie ihn an und er mochte es, dass sie sich fürchtete.

Wie ein verschrecktes Kitz, dass dem Jäger in die Augen sieht, bevor er es erlegt.

Ja, sie sollte ruhig Angst vor ihm haben.

„Ich wollte doch nur... Ich...“, stammelte Alyssa und versuchte sich aus seinem Griff zu befreien, aber sie hatte nicht genug Kraft.

Leicht zog er sie wieder zu sich und war ihrem Gesicht mit seinem so nahe, dass sie den Wahnsinn in seinem Blick sehen konnte.

Der war doch vollkommen irre!

„Tz, tz, tz... Wie willst du das nur wieder in Ordnung bringen, meine kleine, gutherzige Alyssa?“, bedachte er fragend und taxierte den Ausschnitt ihres Kleides.

Sie wusste, welche Antwort er von ihr erwartete.

Nein!

Das konnte er sich ganz schnell wieder aus dem Kopf schlagen.

Nur über ihre Leiche!

„My Lord... Sheriff! Ihr solltet… Guy wird…“, stotterte sie aufgeregt, während ihr Herz so heftig schlug, dass sie glaubte, es würde jeden Augenblick stehen bleiben.

Er lachte und schleuderte sie von sich, gegen seinen Tisch.

„Gisborne weiß überhaupt nicht, dass du hier bist, du Dummerchen.“, offenbarte er ihr und schritt auf sie zu.

Sie huschte flüchtend hinter den Tisch, damit er sie nicht noch einmal so packen konnte, doch er schob den Tisch einfach so heftig gegen die Wand, dass sie dazwischen gefangen war.

Erschrocken schrie sie auf und die Türe hinter ihnen wurde heftig aufgeschlagen.

Es war Guy, der wutentbrannt hineinstürmte, einen Dolch in der Hand.

Er packte den Sheriff und presste ihn gegen das Gemäuer, um ihm die Klinge an den Hals zu halten.

„Ach, ich weiß nichts davon?! Wagt es ihr wehzutun und Ihr werdet das bereuen!“, drohte er dem Älteren der nur anfing in gellendes Gelächter zu verfallen.

„Ihr wollt mir drohen, Gisborne? Oh, sie muss ja wirklich gut zwischen den Laken sein, wenn Ihr Euch so von ihr beeinflussen lasst.“, munkelte er und lachte weiter, obwohl der Ritter ihm die Spitze des Dolches immer tiefer in die Haut trieb.

„Ihr könnt mich behandeln, wie ihr wollt, aber lasst sie in Ruhe.“, knurrte der jüngere Mann und seine Augen blitzten zornig auf.

Alyssa dachte schon, dass er ihn umbringen würde und konnte vor Schockierung kein Wort herausbringen.

Aber die Wachen des Sheriffs machten Guy einen Strich durch die Rechnung.

Von hinten fassten sie ihn unter die Arme und zogen ihm vom Sheriff weg.

Er wollte sich noch losreißen, aber es kamen zwei weitere herbeigeeilt und sie konnten ihn mit Mühe und Not zügeln.

„Gisborne, Gisborne, Gisborne... Ihr hättet so viel erreichen können mit meiner Hilfe... Aber Ihr habt Euch für Euer kleines Spielzeug entschieden.“, meinte der Sheriff und ging noch einmal an den Ritter ran, um ihm verächtlich ins Gesicht zu Grinsen.

Guy versuchte sich mit einem Ruck zu befreien, doch nichts half, gegen die Soldaten die ihn festhielten.

„An Eurer Seite hätte ich überhaupt nichts erreicht! Ihr seid viel zu egoitisch, als das ihr mir den Posten des Sheriffs überlassen hättet, sobald Prince John Euch zu seiner rechten Hand gemacht hätte.“, erwiderte er und gebar sich wie ein Wildpferd, dass gefangen genommen wurde.

Den Sheriff beeindruckte das recht wenig und er winkte ab, damit die Männer Guy wegbringen würden.

Alyssa, die hinter dem Tisch vorgekommen war, rannte auf den Sheriff zu.

„Wohin lasst Ihr ihn bringen?!“, wollte sie wissen und blickte ihn aus hektischen blauen Augen an.

Der ältere Mann lachte.

„Na, was glaubt ihr denn, süßes Kind? Ich lasse ihn ins Verlies werfen. Er soll dort den Ratten ein wenig Gesellschaft leisten, bis ich mir eine nette Strafe ausgedacht habe.“, amüsierte er sich über die Situation und sie wandte sich von ihm ab, um den Soldaten und ihren Gefangenen hinterher zu eilen.

Sie konnte sie gerade noch erreichen, bevor sie die Treppen zum Kerker hinuntergingen.

„Guy! Wartet! Lasst mich kurz mit ihm reden!“, verlangte sie und die Männer hielten an.

Ihr edler Ritter drehte sich zu ihr und sie warf ihre Arme um seinen Nacken.

Sie weinte und er küsste ihr weiches Haar.

„Mach dir keine Sorgen, Alyssa. Sie werden mich nicht sofort hinrichten. Der Sheriff lässt seine Gefangenen gerne ein paar Tage schmoren.“, klärte er sie auf, doch sie konnte darüber nicht lachen.

„Ich werde noch mal mit dem Sheriff und Isabella reden. Vielleicht bist du bald wieder frei.“, versuchte sie zumindest einen kleinen Funken Hoffnung aufrecht zu erhalten.

Dann legten sich ihre Lippen für ein vorerst letztes Mal auf die seine und er genoss diese zehn Sekunden, bis Timett Alyssa von ihm wegzog.

„Ich liebe dich.“, rief er ihr zu und war dann verschwunden.

Sie konnte ihre Tränen nicht mehr zurückhalten und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen.

Der blonde Soldat kicherte belustigt.

„Immerhin kann ich jetzt mit dir machen, was ich will... Sir Guy kann jetzt nicht mehr auf dich aufpassen, Kleine.“, hörte sie ihm sagen und drehte sich erschrocken um.

Schon hatte er sie gepackt und zerrte sie hinter sich her in eine kleine Kammer, gerade mal so groß wie die Boxen der Pferde.

Sie stieß gegen einen Korb, der in einer Ecke stand.

Es war stockdunkel, da Lloyd hinter sich die Türe verschanzte, doch sie merkte genau, wo er stand.

Sie konnte seine Blicke und sein vorfreudiges Grinsen auf ihrer Haut spüren und dann griff seine Hand nach ihrer Gestalt und zerrte sie an sich.

„Wir werden viel Spaß haben, Alyssa. Und wehe dir du gibst auch nur einen Mucks von dir, dann bringe ich dich um!“, wisperte er warnend in ihr Ohr und seine große Hand legte sich um ihre Kehle, während die andere ihr Kleid hochschob und versuchte zwischen ihre Beine zu gleiten.

Panik stieg in ihr auf und sie überlegte angestrengt, wie sie dem entgehen konnte.

Sie schloss einfach die Augen und tat das, was ihr als Erstes in den Sinn kam.

Sie trat zu und traf anscheinend genau zwischen seine Beine, denn er jaulte auf und holte dann aus, um sie zu schlagen.

Irgendwie schaffte sie es dem Schlag auszuweichen und ihre Hand suchte kopflos, nach dem Dolch, den sie immer in ihrem Strumpfband hatte.

Sie fand ihn und schneller als sie es selbst von sich erwartet hatte, hatte sie ihn gezogen.

Der Blonde holte bereits erneut mit der Faust aus, doch sie war schneller.

Etwas warmes und feuchtes spritzte ihr ins Gesicht und sie hörte ein lautes Röcheln.

Sie hatte ihm das Messer genau in die Brust gejagt.

„Ich hab schon mal einem Mann die Schwerthand mit einem Beil abgeschlagen. Zu schade, dass Ihr die Geschichte noch nicht kanntet. Ihr hättet mich dann vielleicht mit etwas mehr Respekt behandelt.“, zischte sie ihm erbost hinzu und drehte die Klinge des Dolches noch einmal in der Wunde, um ihm den letzten Rest zu geben.

Das Gewicht des Mannes sank auf ihre schmalen Schultern wieder und sie wuchtete ihn beiseite, wobei sie den Dolch befreite.

Sie hatte ihn tatsächlich ermordet.

Nein, das war aus reiner Not geschehen.

Er hätte nicht versuchen sollen sie zu vergewaltigen.

Und doch kam in ihr eine unglaubliche Befriedigung auf, als sie in die starren braunen Augen des Soldaten blickte.

Er hatte es nicht anders verdient!

Sie wischte die Schneide an dem Hemd des Mannes ab, steckte es dorthin zurück, wo sie es hervorgeholt hatte und ließ ihn dann, ohne auch noch einmal auf ihn zurückzusehen, zurück.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  CreamCake
2013-01-31T11:55:08+00:00 31.01.2013 12:55
HEAY ;D

Schön, das Gisborne auch mal nett sein kann :) auch wenn's so dumme Blagen sind xD

Irgendwie machen die Outlaws nichts anderes als zu beobachten^^
Des Sheriffs Ladida erinnert mich immer an ein Lied von Demi Lovato ! Jetzt hab ich wieder voll den Ohrwurm xD

Wie dumm, Isabella ist^^ Erst fängt sie davon an und dann zeter sie wieder herum <.<
Ganz viele Sheriff Momente :o Aber egal ! TEAM VAISEY !! xD

Woah, Alyssa Action :o Sticht die mal eben so nen Ritter ab :D I like it ! XDD


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