Zum Inhalt der Seite

Aquila

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Zaubern für Dummies

Schon die ganze Nacht saßen sie über den Büchern. Grace hatte es sich auf Lucas Bett bequem gemacht, und er saß auf ein paar Kissen auf dem Boden.

Langsam fiel es Luca schwer sich zu konzentrieren, immer wieder fielen ihm die Augen zu. Er musste jeden Satz drei Mal lesen, um die Worte zu verstehen. Der Inhalt war ihm schon lange ein Rätsel. Politik war noch nie seine Stärke gewesen, und besonders die der Engel und Dämonen war extrem kompliziert.

Es gab die Seraphim, die Cherubim und die Throne, dazu die Gewalten, Herrschaften und Mächte. Dann gab es noch Fürstentümer und einfache Engel, sowie die Erzengel. Manchmal war auch die Rede von dem himmlischen Heer oder Schutzengeln. Ständig tauchten neue Namen auf, die er noch nie gehört hatte. Die einzige wenigen die ihm was sagten waren: Michael, Gabriel, Raphael und Ariel, die Erzengel, sowie Luzifer und Satan, die Anführer der Gefallenen. Aber selbst, wenn von diesen fünf berichtet wurde, waren sich die Quellen nicht einig: Mal war Michael ein einfacher, unbedeutender Engel, wenn nicht sogar der niedrigste im ganzen Himmel. Dann wiederum war er der Anführer der himmlischen Heerscharen und höchster Engel im Himmel. Bei Luzifer verhielt es sich ähnlich. Zunächst, wurde er gepriesen, als der weiseste und strahlenste Engel von allen, dann war er der Satan, die Wurzel allen Übels. Bei Gabriel konnte Luca nicht mal sagen, ob es Mann oder Frau war.

„Das ergibt doch alles keinen Sinn!" entfuhr es Luca schließlich verzweifelt.

Grace sah von ihrem Magie Ratgeber auf. „Was ergibt keinen Sinn?"

„Die Hierarchie der Engel, die verschiedenen Machtverteilungen, das Gabriel mal Mann mal Frau ist, Ariel mal Uriel heißt und – einfach alles!"

„Ok, fangen wir mit der Hierarchie an“, beschloss Grace. Sie drehte sich auf dem Bett so um, dass sie direkt hinter ihm lag und in sein Buch sehen konnte. Sie lehnte sich über Lucas Schulter und durchblätterte das Buch, bis sie eine Grafik mit den verschiedenen Engelschören gefunden hatte. „Also es gibt insgesamt neun Chöre“, begann sie zu erklären und deutete auf die neun Kästchen, die durch Pfeile mit einander verbunden waren. „Aber wirklich wichtig sind nur diese vier.“ Sie fuhr mit dem Finger über die vier obersten Kästen, von denen drei eine Pyramide bildeten. „Die Seraphim, Verwalter und Bürokraten, “ Sie deutete auf die Spitze des Dreiecks, „die Cherubim, Soldaten und Krieger “ Ihr Finger wanderte zu der rechten unteren Ecke des Dreiecks, „die Throne, Wissenschaftler und Gelehrte,“ Nun deutete sie auf die letzten Ecke des Dreiecks. „und die Erzengel, Herren der Elemente und die mächtigsten Engel.“ Sie deutete auf den letzten Kasten, der etwas abseits von den anderen abgebildet war. „Diese drei“, sie deutete auf die Pyramide aus Seraphim, Cherubim und Throne „stellen den großen Rat, das Pantheon, welches Gesetzte bestimmt und verabschiedet oder Kriege erklärt. Kontrolliert werden sie dabei von den Erzengeln, die ihre eigenen Taten aber ebenfalls vor dem Pantheon rechtfertigen müssen. Viele der schwächeren Cherubim und Throne sind sogar Erzengeln unterstellt. So auch der Engel, der uns angegriffen hat.“

„Also ist Direktor Stewart ein Cherubim?“, fragte Luca nach.

„Cherub“, korrigierte Grace ihn. „Cherubim ist die Mehrzahl.“

„Ok, und wer hat ihn auf uns angesetzt? Welchem Erzengel untersteht er, wenn wir ihn…“

Grace schüttelte den Kopf, und unterbrach Luca. „Es ist sehr unwahrscheinlich, dass er direkt auf mich angesetzt wurde. Überall auf der Welt befinden sich Engel um uns zu bekämpfen – es war reiner Zufall, dass wir ihm begegnet sind. Jedoch, wird das ab jetzt anders sein.“

„Sie werden sich besprechen und uns dann jagen, richtig? Wenn sie es aber erst vor einen Rat bringen müssen und die Engel auch nur ähnliche politische Entscheidungsverfahren haben wie wir, dann haben wir noch genug Zeit, um uns etwas zu überlegen“, vermutete Luca, doch Grace schüttelte wieder den Kopf. „Nein, sie werden nur den Erzengel rufen, dem sie unterstellt sind, dieser wird dann die Entscheidung treffen, und sich erst später rechtfertigen.“

„Dann bleibt uns nicht viel Zeit. Irgendwo in diesen Büchern wird es doch stehen, wie wir uns schützen können!“ Luca sah sich um und überflog die Titel der Bücher, doch keiner schien entsprechende Informationen zu enthalten. „Vielleicht können wir auch irgendwie den Rat der Dämonen um Hilfe bitten, oder was auch immer ihr habt.“

Grace sah ihn verwirrt an. „Was meinst du?“

„Ihr müsst doch auch jemanden haben, der bei euch herrscht und alles regelt, oder? Was ist mit dem Teufel, Luzifer oder Satan, oder wie der heißt. Der kann uns doch sicher helfen.“ Erklärte Luca überzeugt, doch noch immer sah Grace ihn verwirrt an, und entgegnete schließlich. „Der Satan ist vor über 1000 Jahren besiegt worden“, erklärte sie.

„Was? Aber, Dämonen sind doch unsterblich!“,gab Luca zu bedenken, und sah zu Grace auf. Sie lachte ihr Glocken helles Lachen. „Wir sind zwar bei weitem nicht so zerbrechlich, wie ihr Menschen, aber irgendwann sterben auch wir. Sogar Götter können verschwinden."

„Und wie alt werdet ihr so?“, erkundigte sich Luca.

„Nun, der älteste Dämon, den ich kenne, ist 656.553 Jahre alt.“

Luca schluckte. Das war verdammt alt, älter als ihre Zeitrechnung, sogar älter als die Pyramiden vielleicht sogar älter als die Spezies Mensch. Er konnte sich eine solche Zeitspanne nicht einmal vorstellen, geschweige denn, das jemand so lange lebte. Für ihn war das schon ziemlich unsterblich.

Er fragte sich, wie dieser Dämon wohl aussah – ein abgemagerter, tattriger Faltenhaufen, in dem sich irgendwo ein paar Augen versteckten. Lucas Blick fiel auf Graces makellose, glatte Haut, ihre jugendlichen Züge und ihr weißes Haar. „Wie alt bist du eigentlich?“

„Ich bin erst 1568", antwortete sie und grinste ihn an.

„Erst?“, schoss es Luca geschockt durch den Kopf, er hätte sie nie älter als 14 oder 15 geschätzt.

„Hast du noch mehr Fragen?", erkundigte sie sich, und er versuchte die Gedanken an ihr Alter zu verdrängen. „Äh, ja!“, er überlegte schnell und sagte das erstbeste, das ihm in den Sinn kam: „Die Namen. Wie kommt es, das der Teufel, mal Luzifer und mal Santanel heißt? Oder Michael, Micha genannt wird, und sie so anders dargestellt werden“

Grace lachte. „Ist das nicht offensichtlich?“

„Inwiefern?“

„Es liegt an ihrer Geschichte – die hast du doch sicher schon mal gehört, immerhin verehrt ihr Menschen sie doch“, meinte Grace herablassend.

„Nein, tun wir nicht – wir glauben an Gott und Jesus und so nen Kram. Außerdem sind die Geschichten in der Bibel nicht wahr – Menschen wurden nicht von Gott erschaffen, sie haben sich in einem evolutionären Prozess entwickelt“, stellte Luca klar.

Grace zuckte nur mit den Schultern. „Wie auch immer. Einige sind jedenfalls passiert.“

„Ok, ok... Was hat es nun mit dem Teufel und Michael auf sich?“

„Luzifer war der erste Engel. Er galt als der schönste, mächtigste und weiseste Engel. Der strahlenste Stern am Himmel, der das Ende der Nacht ankündigte. Deswegen war er auch Gottes nächster Berater, quasi ein Regent des Himmels – sowie es Michael jetzt ist“, begann Grace zu erzählen.

„Lass mich raten, das war er, bis er sich gegen Gott wandte?“, warf Luca ein.

„Genau. Er wollte Gott vor dem Fehler bewahren, die Menschen zu mächtig zu machen.“

„Sekunde mal, war er nicht eigentlich zu eitel, und hielt sich für etwas besseres?“

„Er war etwas besseres – wenn man Menschen mit Engeln oder Dämonen vergleicht, dann schneiden sie ziemlich schlecht ab. Überleg doch mal, wie schnell ihr sterbt, wie sehr ihr von Gefühlen abhängig seit und was ihr mit der Welt anstellt – ihr seit auf dem besten Weg euch selbst zu vernichten.“

„Ich sehe nicht, wo ihr da besser sein sollt – schön ihr lebt länger, ihr besitzt magische Fähigkeiten. Aber ihr führt ebenso sinnlose Kriege und vernichtet euch selbst, zudem entwickelt ihr euch in keinster Weise weiter. Noch immer hängt ihr an Streitigkeiten fest, die tausende Jahre zurück liegen. Wir haben immerhin neue Konflikte“, erklärte Luca. Ihm gefiel es gar nicht als eine minderwertige Rasse bezeichnet zu werden.

„Ich sehe nur, dass ihr immer brutaler werdet“, beendete Grace naserümpfend das Thema. „Soll ich nun weitererzählen?“

Luca nickte. „Wir waren an der Stelle, an der Gott Luzifer aus dem Himmel kickt.“

Grace lachte. „Das hat sie sich wohl nicht getraut. Es heißt, es hat eine ganze Weile gedauert, bis sie ihn hinaus werfen ließ.“

„Sie?“, meinte Luca zweifelnd.

„Ja, wieso?“, fragte Grace verwirrt.

„Nur so. Erzähl weiter, wieso hat es so lange gedauert?“

„Das weiß niemand so genau“, fuhr Grace fort. „Jedenfalls hat Luzifer die Zeit genutzt. Er hat sich viele Anhänger gesucht und sich gegen Gott gestellt. Zu der Zeit haben sie angefangen ihn Satanel zu nennen – das bedeutet etwa soviel wie Gottes Widersacher. Jedenfalls hatte er einen starken Rückhalt in den Engelscharen, und bei der Präsentation von Adam – nun, da hat er Gottes Thron gefordert. Das war der Punkt, an dem Gott beschloss ihn aus dem Himmel werfen zu lassen, als eine Art Warnung für alle, die so dachten wie er. Allerdings traute sich Gott nicht, ihm selbst gegenüber zu treten. Stattdessen suchte sie jemanden, der ihr treu war: Gabriels Bruder, den einfachen Cherub Micha. Ich versteh wirklich nicht, was in sie gefahren ist, dass sie dachte, ein Cherub könnte Luzifer besiegen – naja, nachdem Micha versagt hat, bettelte er um eine zweite Chance, und mehr Kräfte. Gott hatte wohl nicht viel Auswahl, denn sie gab fast göttliche Kräfte, erhob ihn zum höhsten Engel und schenkte ihm ein -el, um seine Verbindung zu ihr deutlich zu machen.“

„So wurde also aus Micha, Michael“, schloss Luca. „Und das – el in den Engelnamen, bringt also die Verbindung zu Gott zum Ausdruck. Ist es so wie ein Titel? Oder eine Auszeichnung?“

Grace überlegte einen Moment. „Hm, ja ich denke schon.“

„Gut. Wie ging es weiter? Luzifer ist noch kein Höllenfürst, also sind wir noch nicht am Ende.“

Grace nickte. „Stimmt. Also, Michael kämpfte erneut gegen Luzifer. Dieses mal mit neuen Kräften und einem ganzen Heer. Er schaffte es ihn aus dem Himmel zu vertreiben, jedoch nicht ihn umzubringen. Luzifer und seine Anhänger bauten sich in der Unterwelt ein neues Leben auf. Sie verbanden sich mit den Dämonen, und – zugeben – später auch mit Menschen, aber.... egal. Jedenfalls hat Gott ihnen das nicht gegönnt. Für alle Fehler, die die Menschen machten, machte Gott Luzifer verantwortlich. Und letzten Endes gab Gott nicht nur den Befehl, Luzifer zu vernichten, sondern auch jeden gefallenen Engel, Dämon und alle ihre Nachkommen.“

„Gott wollte euch also einfach vernichten...“, bemerkte Luca nachdenklich. aber wie hat sie es geschafft Luzifer zu besiegen, er hat doch sicher nicht kampflos aufgeben.“

„Natürlich nicht! Er hat uns in den Kampf geführt – Das war ganz schön hart für die Engel“, berichtete Grace. „Die Engel wurden zurück gedrängt, und wir wären fast in den Himmel eingefallen, doch dann...“, sie senkte den Blick. „Die Engel holten sich göttliche Hilfe: die Thiados. Eine so schreckliche Waffe, dass ich es nicht mal in Worte fassen kann. Während sie unser Heer in Schach hielten, schlichen sie sich vorbei und griffen Luzifer an. Er hat tapfer gekämpft, doch gegen die Thiados konnte selbst er nichts ausrichten. Sie vernichteten ihn, und darauf ging es mit uns bergab. Die Höllenfürsten verstrickten sich in Machtkämpfen, unsere Einheit war zerstört und die Engel hatten leichtes Spiel. Sie ermordeten über die Hälfte von uns, und sie hätten sicher auch den den Rest umgebracht, wenn sich Hades nicht für uns eingesetzt hätte.“

„Sekunde mal, Hades? Der wer-hat-meine-Haare-ausgepustet-Hades? Der griechische Todesgott?“, Luca konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Engel und Dämonen, ok, aber nun auch noch griechische Götter? Die Welt wurde immer absurder.

Grace schüttelte den Kopf. „Er ist nicht der Totengott, sondern der Herr der Unterwelt“, erklärte sie.

„Wie auch immer – er ist mächtig, stimmt's? Und er steht auf unserer Seite, vielleicht hilft er uns. Wie erreicht man ihn? Gibt es da ein bestimmtes Ritual, oder kann man einfach beten?“, begann Luca und hegte die Hoffnung, jemanden gefunden zu haben, der ihnen im Kampf zur Seite stand.

Grace seufzte. „Du verstehst das nicht. Ja, er stand auf unserer Seite, aber ihm ging es nicht um uns, sondern um sein Reich, seine Macht. Es würde ihm aber nichts bringen, uns zu helfen. Im Gegenteil, er würde einen erneuten Krieg mit den Engeln riskieren.“

„Ok, was ist mit einem anderen Gott? Die Griechen hatten doch einen ganzen Haufen, oder?“, so leicht wollte Luca sich nicht geschlagen geben.

„Die Götter sind fort, niemand weiß wohin sie sich verzogen haben. Es tut mir Leid, auf so etwas können wir nicht hoffen.“ Mitleidig sah sie Luca an.

„Und was sollen wir deiner Meinung nach machen? Bücher lesen und darauf warten, dass sie uns umbringen?“, fragte Luca aufgebracht. Es frustrierte ihn, dass sie keine Lösung fanden. Sie brauchten einen Plan und zwar schnell, doch alles, was er verschlug schien unmöglich zu sein.

„Nein, wir sollten Zauber suchen, um dieses Haus und deine Familie zu schützen. Wenn wir das getan haben, sollten wir versuchen, mit den Engeln zu verhandeln. Jeder hat seinen Preis, wir müssen ihren nur herausfinden“, erklärte Grace.

„Und was wird dann aus dir?“, erkundigte sich Luca.

„Ich verschwinde und schlage mich alleine durch. Das hatte ich von Anfang an vor.“

„Dafür bist du aber ziemlich schlecht vorbereitet“, bemerkte Luca. „Du hast keine Waffen, kannst nicht zaubern. Du hast doch niemals geplant hier zu landen, oder?“

Grace wich seinem Blick aus. „Ich wollte einfach nur weg, ich wusste nicht wohin die Tür führte...Also ja, ich habe es nicht geplant. Aber du irrst dich, wenn du glaubst ich könnte nicht zaubern.“

„Wieso hast du es dann nicht getan?“, fragte Luca.

„Ich besitze keinerlei magische Gegenstände. Und es ist unmöglich ohne zu zaubern.“

„Alexander konnte ein Schwert aus dem Nichts zaubern“, entgegnete Luca trocken.

„Du hast nur nicht richtig hingesehen! Er hat es nicht aus dem Nichts gezogen, er hatte einen Ring.“

„Er hat das Schwert aus einem Ring gezogen?“ Luca konnte sich das schwerlich vorstellen.

Grace lachte. „Der Ring hat sich zu einem Schwert verformt. Das ist die Magie, die im innewohnt.“

„Achso... ja, vollkommen logisch.“ Luca kam das ganze noch immer recht seltsam vor, jedoch beschloss er keine Diskussion darüber zu starten, wie Magie funktionierte oder was sie überhaupt war. „Also müssen wir uns ebenfalls solche Ringe besorgen.“

„Nein, wir besorgen uns Amulette und Talismane – Dinge die Schutz bieten, nichts womit wir kämpfen“, meinte Grace bestimmt.

„Und wenn diese Dinge nicht ausreichen? Was, wenn wir einen Schutzschild errichten und sie diesen durchdringen?“

Grace hatte keine Antwort für ihn.

„Wir müssen uns im Kampf verteidigen können, und dazu brauchen wir Waffen. Du warst im Krieg, du kennst das“, fuhr Luca fort.

„Ich war nie im Krieg“, entgegnete Grace.

„Aber du hast doch -“

„Ich habe von einem Krieg erzählt, aber das heißt nicht, dass ich in ihm gekämpft hat. Ich war gerade mal 400 Jahre alt, ein Kind, das Glück hatte zu überleben“, erklärte sie. Luca setzte sich zu ihr. „Was ist passiert?“

„Wie schon gesagt, sind die Engel in die Unterwelt eingefallen, nachdem Luzifer tot war. Auf ihrem Weg überfielen sie viele Dörfer – so auch irgendwann meines. Es war mitten in der Nacht, als der erste Schrei uns weckte. Das flackernde Licht des Feuer erhellte unser Haus. Das Geräusch auf einander treffender Klingen und Todesschreie hallten durch die Nacht. Ich versteckte mich im Schrank, gerade, als unten die Tür aufgebrochen wurde. Ich hörte wie Jemand unser Haus betrat, wie meine Mutter schrie. Spürte das Beben, als die Flüche aufeinander prallten... aber es waren zu viele. Irgendwann verstummten die Schreie meiner Mutter und für einen Moment wurde es still im Haus. Dann kamen Schritte die Treppe hinauf. Ich hörte, wie sie die Zimmer durchsuchten. Schließlich kam einer von ihnen in mein Zimmer. Ich beobachtete ihn durch einen kleinen Spalt in der Tür. Er schien in der Dunkelheit zu strahlen. Seine langen, goldenen Haare waren zu einem kunstvollen Zopf geflochten, Seine weiße Rüstung schimmerte rot vom Blut seiner Opfer. Mit wachsamen Augen sah er sich um, bis er den Schrank entdeckte. Der stechende Blick seiner silbernen Augen bohrte sich meine. Ein schreckliches Lächeln verzerrte sein ebenmäßiges Gesicht. Als er langsam auf mich zukam, erhob er sein blutverschmiertes Schwert. »Komm raus«, sprach er. Seine stimme war dunkel, wohlklingend und irgendwie beruhigend. Doch sie troff von Mordgier. Ich drückte mich gegen die Schrankwand, versuchte soviel Abstand zu dem Engel aufzubauen wie nur möglich, doch er kam unaufhaltsam näher. Seine Hand auf der Klinke hielt er schließlich inne. Schreie hallten erneut durchs Haus. Befehle wurden gebrüllt, alle sollten nach unten kommen – ein Gefürchteter sei aufgetaucht. Der Engel vor mir zögerte einen Moment, dann sah er zu mir nieder. »Ich komme gleich wieder, also lauf nicht weg«, sagte er zu mit, ehe er hinaus eilte, seinen Kameraden zu Hilfe. Ich zitterte am ganzen Körper. Ich wusste, er würde wieder kommen, ich wusste, dass er mich umbringen würde, genauso wie sie meine Mutter umgebracht hatten. Es waren so viele, ich dachte nicht mal einer der Gefürchteten könnte sie besiegen. Ich brauchte ein neues Versteck, doch es gab keinen Ort, an dem sie mich nicht fänden. Also blieb ich im Schrank, ich zog mich in die hinterste Ecke zurück, wickelte mich in die dort liegenden Laken ein und wartete, darauf, dass der Kampf unten vorbei war und ich dran war. Irgendwann vernahm ich zum letzten mal, wie ein lebloser Körper zu Boden fiel. Dann waren da schleppende Schritte auf der Treppe und jemand, der mein Zimmer betrat. Ich hörte wir er alles durchwühlte, immer wieder fragte eine Stimme, wo ich sei. Es war nicht die Stimme des Engels, aber auch keine andere Stimme, die ich kannte. Also gab ich keinen Mucks von mir. Ich saß in der Ecke und rührte mich nicht. Jeden Muskel angespannt wartete ich darauf, dass der Fremde im Schrank nachsah. Als sich die Türen schließlich öffneten, war ich mit sicher, dass es mein Ende war. Doch als ich aufsah stand kein Engel vor. Ich sah in das blutverschmierte Gesicht eines Dämons, der mit seinem freundlichen Lächeln spitze Fangzähne offenbarte. Seine Augen hatte die Farbe von giftigem Grün, besaßen aber eine Güte und Wärme, wie ich sie selten bei jemanden gesehen habe. »Da bist du ja«, meinte er erleichtert, als er sah, dass ich wohl auf bin. »Komm, wir bringen dich hier raus. Jetzt wird alles gut.« Er hielt mir eine Hand hin, und ich fiel ihm weinend um den Hals. Ich war so froh, dass es vorbei war, dass ich in Sicherheit war und ich war traurig, weil ich wusste, dass meine Mutter es nicht geschafft hatte. Er hob mich hoch, und trug mich fort, weit ins Innere der Unterwelt, in eine der Haupstädte, danach sah ich ihn nie wieder. “

„Das tut mir leid“, Luca wusste nicht, was er sonst dazu sagen sollte. „Was geschah mit dir, nachdem er dich in die Stadt gebracht hat?“

„Er hatte mich in die Obhut Malas gegeben, einer Anhängerin Mammons. Sie zog mit mir in das Land ihres Herrn, kaum dass der Pakt mit den Engeln geschlossen war.“, berichtete Grace.

„Mammon?“ Luca kannte das Wort nur aus Sprichwörtern wie „schnöder Mammon“, und wusste, dass es eine herablassende Bezeichnung für Geld war. Aber er vermutete, das Grace hier etwas anderes meinte.

„Er ist einer der Höllenfürsten, die einst die engsten Verbündeten Luzifers waren. Sie waren seine ersten, und wahrscheinlich auch mächtigsten Anhänger, deswegen nennen einige sie auch die 7 Satane. Sie sind ein sündhaftes und verruchtes Pack, das nur an sein eigenes Wohl denkt. Unter Luzifer haben sie zusammen gearbeitet, doch danach zerstritten sie sich. Jeder wollte Luzifers Platz einnehmen, noch immer kämpfen sie darum“, erklärte Grace. „Mammon ist ein habgieriger Dämon, dessen einziges Ziel es ist, sich zu bereichern. Er absolut skrupellos, das einzige, was für ihn zählt sind Reichtum und Wohlstand“, erklärte Grace.

„Wer sind die anderen Fürsten?“, fragte Luca.

„Nun, die restlichen regierenden sind Beelzebub, Asmodeus, Balbero, Leviathan und Astharoth. Der siebte ist kurz nach Luzifers Fall verschwunden. Einige sagen, er habe sich selbst umgebracht, andere behaupten er sei verrückt geworden, und sei noch immer, irgendwo in den Untiefen der Hölle, auf der suche nach seinem Herrn.“

Luca lief es kalt den Rücken hinunter. „Wer ist er?“

Grace zuckte die Schultern. „Ich kenne seinen Namen nicht. Er war anders, als die restlichen sechs. Er suchte sich keine Anhänger, hat nie versucht sich eine eigene Herrschaft aufzubauen. Er war kein Fürst, sondern Diener.“

„Er hat also den Tod seines Meisters nicht ertragen“, mutmaßte Luca. Irgendwie tat er ihm Leid, auch wenn er das ungute Gefühl, dass er beim Gedanken an dieses Dämon hatte nicht loswurde.

„Nun, Luzifers Tod hat uns allen zugesetzt“, erklärte Grace. „Aber jetzt, sollten wir uns um die Engel kümmern. Am besten fängst du mit diesem Buch an, hier findest du sicher Zauber, die du zur Verteidigung anwenden kannst.“ Sie reichte Luca ein Buch mit qietschgelben Einband und dem Foto eines alten, hakennasigen Mannes mit Spitzhut und Halbmondbrille darauf: Zaubern für Dummies. Beleidigt sah Luca das Buch an, nahm es jedoch ohne Widerworte entgegen, schlug es auf und begann grummelnd zu lesen: „Als erstes muss wohl klargestellt werden, dass Magie zu komplex ist, als dass man sie in ihren vollen Umfang erklären geschweige denn erfassen könne. Deswegen muss gesagt werden, dass dieses Buch nur einen kleinen Einblick in die Grundlagen gibt und nur Zauber behandelt, die jeder einsetzten -“ Luca beschloss die Einführung zu überschlagen und direkt die interessanteres Dinge zu lesen.
 

„Alle? Das bedeutet wir müssen die gesamte Familie umbringen." Die Stimme des jungen Engels zitterte und Alexander lief bei so viel Mordlust ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Dieses Balg konnte um einiges gruseliger sein, als so mancher Dämon, den er bisher bekämpft hatte.

„Aber das können wir nicht tun!" rief Isabelle dazwischen. „Wir haben die Pflicht die Menschen zu beschützen – seine Familie ist doch vollkommen unschuldig. Oder Alexander?"

Er wich dem Blick der großen bronzenen Augen aus. Eigentlich war es ihre Pflicht, aber nachdem was Bailay ihm angetan hatte war es ihm egal, ob unschuldige für seine Rache bezahlen mussten. Luca hatte ihn zu einer Witzfigur gemacht, das konnte Alexander nicht hinnehmen.

„Ist es so,... Alexander?" fragte der hohe Engel mit ruhiger Stimme nach. „Ist die Familie des Jungen unschuldig?"

Alexander ballte die Hände zu Fäusten. „Sie haben ihr Unterschlupf gewährt“, antwortete er knapp, er konnte den ungläubigen Blick von Isabelle auf sich spüren. Der junge Engel wandte sich geschockt an Gabriella: „Schon! Aber ich bin mir sicher die Familie weiß nicht... Sie sind doch einfache Menschen, wir haben den Auftrag sie zu beschützen." Hilfesuchend sah sie sich um.

Aber es half nichts, Alexander wollte seine Rache. Wenn sie auf die Familie Rücksicht nehmen mussten würde es nur Komplikationen geben.

„Wir sollen sie beschützen... so lange sie keine Gefahr für uns darstellen." Der schwarzhaarige sah Isabelle kalt an. Und Alexander konnte nicht sagen, was in dem Kopf des Jungen vorging. „Das bedeutet, so lange sie sich an die Gesetze halten."

„Aber sie stellen keine Gefahr dar! Ich bitte Euch!" damit wandte sich Isabelle wieder direkt an den hohen Engel. „Lasst Gnade walten! Sie wissen nicht, was sie getan haben. Luca und der Dämon benutzen sie nur... sie haben nichts Unrechtes getan."

„Noch nicht! Aber, letzten Endes werden sie Luca unterstützen – sie werden sich gegen uns stellen! Außerdem“, fuhr Alexander fort. „ wäre ich mir nicht so sicher, dass sie nur einfache Menschen sind. Das Mädchen weiß viel über uns. Es würde mich doch sehr wundern, wenn sie den Dämon nicht durchschaut."

„Und woher beziehst du dieses Wissen?" Gabriel fixierte Alexander mit seinen ungewöhnlichen Goldaugen. Der ehemalige Rektor schenkte ihm sein schönstes Lächeln, doch geriet es mehr zu einer bösartigen Fratze. „An der Schule war es weltbekannt, dass Lucas kleine Schwester Sarah verrückt sei. Sie glaube an Engel, hieß es, und könne angeblich sogar zaubern. Ich ging den Gerüchten nach, und fand heraus, dass sie gar nicht so verrückt war. Aus den Dingen, die sie erzählt lässt sich schließen, dass sie umfangreiche Kenntnisse sowohl über unsere Geschichte, unsere Hierarchie und unsere Gesetzte, als auch unsere Fähigkeiten hat. Zudem scheint ihr Wissen über die Dämonen ähnlich genau zu sein."

„Das ist weder ein Verbrechen, noch muss es stimmen. Viele Forscher der Menschen kommen der Wahrheit mittlerweile sehr nahe. Im Internet findet man haufenweise Informationen über uns, sie kann also auch genau so viel Unsinn über uns denken – was machen da schon ein paar Glückstreffer aus? Sie ist nichts weiter als ein kleines Mädchen, und da willst du sie als eine große Gefahr darstellen? Vielleicht solltest du die Finger von diesem Auftrag lassen, du scheinst nicht ganz Herr deiner Sinne zu sein."

„Sie hat die Informationen nicht aus dem Internet!" Alexander brüllte fast vor Wut. „Ich habe sie selbst bei Hic et Illic gesehen."

Alles war still. Es schien als würden die Engel den Atem anhalten. Triumphierend sah Alexander sich um. Jetzt würde Gabriella keine andere Wahl haben, als ihnen den Befehl zum direkten Angriff zu geben. Sie würde sie zum Haus der Bailays schicken müssen, um die Familie und den Dämon ohne weiter Umschweife zu töten.

„Dann ist die Situation ernster als gedacht." Der Hohe Engel richtete sich auf, und sah jeden Einzelnen ernst aus ihren Bernsteinaugen an. „Sowohl der Dämon, als auch das Mädchen verfügen über Informationen über uns. Zudem wissen wir nicht, was sie bei Hic et Hillic gekauft hat – auch wenn sich Argyris an unsere Gesetze hält, schafft er es nicht Frevolus davon abzuhalten verbotene Zauber und Waffen zu verkaufen. Wir wissen also nicht, womit wir es zu tun bekommen. Deswegen seid besonders Vorsichtig."

Ein Lächeln schlich sich auf Alexanders Züge. Alles lief nach Plan.

„Ihr werdet zu ihrem Haus gehen, ihr werdet sie alle, einen nach dem anderen Töten, und dann werdet ihr alles Vernichten, das aus Hic et Illic stammt. Alles, was Informationen über uns oder Magie enthält“, fuhr Gabriella fort. „Brennt von mir aus alles aus, lasst es wie einen tragischen Unfall aussehen. Aber sorgt dafür, dass sie das Tageslicht nie wieder erblicken."

Diese Frau konnte genau so dämonisch wie engelhaft sein. Sie war einer der schönsten Engel im Himmel; und einer der grausamsten. Unter den Menschen war sie bekannt als der Engel der Gnade und der Verkündigung. Doch sie kannte weder Gnade, noch Güte. Sie war eine Kriegerin, durch und durch, sie verfügte über die Macht eines Gottes, wie alle Erzengel. Vielleicht lag es daran, dass sie nur wenig Verständnis für die Schwäche anderer zeigte. „Ich erwarte von euch, dass ihr erfolgreich seid – Wagt es nicht noch einmal zu versagen." bei den letzten Worten schaute sie Alexander direkt an. Und seine Wut auf Luca stieg erneut ihn ihm hoch. „Keine Sorge, dieses mal, sind wir auf das schlimmste vorbereitet." versprach er ihr.

„Nun, denn, worauf wartet ihr noch? Geht!" befahl sie ihnen. Die drei Krieger verbeugten sich und gingen. Ihnen blieb nicht mehr viel Zeit bis zum Morgengrauen.
 

Mittlerweile war es schon fast Morgen. Luca saß schon lange nicht mehr an sein Bett gelehnt, sondern lag rücklings auf dem Boden, das reich illustrierte Zauberbuch vors Gesicht haltend und müde durchblätternd. Auch wenn ihm das Buch am Anfang nicht zugesagt hatte – immerhin war er kein Dummie! - fand er es nun einfach genial. Obwohl er die Seiten nur kurz überflog und nicht mal mehr die Hälfte von dem dort geschriebenen las, hatte er das Gefühl einen ausreichenden Überblick über seine Möglichkeiten zu bekommen.

Kurzum gab es zwei große Arten von Magie, die Gegenstandsmagie und die reine Magie.

An sich war die reine Magie für Luca nicht interessant. Es war eine nicht besonders verbreitete Magie, die nur von bestimmten Ausnahmen angewandt werden konnten. Dies waren im großen und ganzen die Götter, sowie Erzengel und einige wenige Dämonen, die als Gefürchtete bezeichnet wurden. Es war die Gabe ganz ohne Hilfsmittel Zauber zu wirken. Es gab Berichte, nach denen nicht einmal ein Spruch oder eine Beschwörung von Nöten sei. Der Anwender konnte die magischen Elemente völlig frei nach seinen Vorstellungen beeinflussen.

Beschwörungen gehörten, zu Lucas Verwunderung nicht zur reinen Magie, begründet wurde es dadurch, dass man für sie zumindest etwas Brauchte, das man beschwören konnte. Dadurch seien sie immer mit einem Gegenstand verknüpft. Trotzdem fand Luca gerade diese besonders interessant. Es war etwas, das jeder anwenden konnte und fand vor allem Verwendung zur Beschwörung von Waffen. Luca dachte an den Ring von Direktor Steward.

Er hatte gelesen, dass es nicht nur Schwerter sondern jegliche Art von Waffen gab, sogar moderne. Hätte er eine Pistole könnte er sich gegen die Engel verteidigen. Er war kein schlechter Schütze, auch wenn er noch nie mit einer echten Waffe, geschweige denn auf etwas lebendiges geschossen hatte. Die einzigen Schießübungen, die er hatten bezogen sich auf die Luftpistolen, mit denen er und sein Kumpel Henry oft auf Ziele schossen. Aber das war schon mal etwas, und der Realität gar nicht so unähnlich.

Langsam senkte er das Buch auf sein Gesicht, es war zu anstrengend es länger in die Höhe zu halten.

„Das hat doch alles keinen Sinn.“ Dieses Mal war es nicht Luca, der kurz vor der Verzweiflung stand, sondern Grace.

„Was ist denn?“, fragte Luca, seine Stimme wurde von dem Buch leicht gedämpft.

„Ich finde nichts, das uns helfen könnte“, erklärte Grace.

„Hm… ich bin immer noch für Waffen“, brummte Luca in das Buch.

„Was bringen einem Waffen, mit denen man nicht umgehen kann?“, konterte sie. „Ich habe schon mit Schwertern gekämpft, aber ich bin keine Meisterin. Und du hattest noch nie eines in der Hand, oder?“

Luca zog das Buch von seinem Gesicht, und sah zu ihr auf. „Es gibt auch andere Waffen. Gewehre und Pistolen. Die haben sogar ziemlich coole Extras, schau mal.“ Er blätterte in dem Buch, bis er eine Seite mit Bildern fand, in denen verschiedene Patronenarten gezeigt wurden. Es waren Bilder, in denen die Opfer mit flüssiger Lava überzogen wurden, durch feine Schnüre gefesselt, von Wasser fortgespült, oder durch grelles Licht geblendet wurden.

Grace rümpfte die Nase: „Auf so bestialische Dinge kommt auch nur ihr Menschen.“

Und das von einem Dämon, schoss es Luca durch den Kopf.

„Außerdem“, fuhr Grace fort, „Kannst du mit solchen Waffen sicher umgehen? Nachher fesselst du dich noch selbst. “

„Ich bin gar nicht so schlecht im Schießen“, entgegnete Luca leicht beleidigt. Verschwieg jedoch, dass es sich nur auf Luftgewehre bezog.

„Gar nicht so schlecht, also. Du denkst das reicht für die Engel?“, Grace schien noch immer skeptisch zu sein. „Ich halte davon wenig, aber du musst wissen, wie du dich verteidigen willst. Trotzdem sollten wir etwas suchen, womit wir verhandeln können.“

„Und was machen wir, bis wir etwas gefunden haben? Die Engel warten bestimmt nicht“, erinnerte Luca sie.

„Wir besorgen uns Amulette und einfache Talismane. Das verschafft uns die Zeit, die wir brauchen. Das einzige Problem ist, dass wir dazu Hic et Illic finden müssen.“

Irgendetwas klingelte bei dem Namen, Luca wusste nur noch nicht, was genau. War es etwas, dass er in „Zaubern für Dummies“ gelesen hatte, oder etwas, das Sarah erzählt hatte? „Ist das nicht irgendein Zauberladen?“, fragte Luca nach.

„Genau“, bestätigte Grace. „Es ist der einzige richtige Zauberladen. Und hat alles.“

„Bei unserem Glück befindet der sich sicher nicht in unserer Nähe – befindet er sich wenigstens in den USA?“, fragte Luca, über überlegte, was er machen sollte wenn der Laden sich in einem anderen Staat oder, im schlimmsten Falle, Kontinent befand.

„Er ist einmalig, aber man kann ihn aus jeder Stadt erreichen“, erklärte Grace.

Das Klang für Luca nicht gerade logisch, aber das tat mittlerweile gar nicht mehr. „Also müssen wir ihn nur suchen. Ich bin mit Sarah schon in einigen okulten Läden gewesen, einer von denen wird das doch sicher sein.“

„Man kann ihn nicht einfach finden, man muss zuerst seine Adresse herausfinden.“

„Bitte sag mir, dass wir sie googlen können“, bat Luca hatte jedoch keine all zu großen Hoffnungen.

„Ich bezweifle, dass der Laden so modern ist... abgesehen davon, dass es sicher zu gefährlich wäre im Internet zu stehen. Sie verkaufen zwar an alle, aber Menschen sollen normalerweise keine Magie be-“ Das Haus erbebte, Bücher fielen aus Lucas Regal und die Fenster klirrten in ihren Rahmen. „War das ein Erdbeben?“, schoss es Luca durch den Kopf. Doch dann sah er das angstverzerrte Gesicht von Grace, und Unbehagen machte sich in ihm breit. Nein, das war etwas viel schlimmeres.

Ein schriller Schrei ertönte, der prompt von lautem Poltern überdeckt wurde. Luca erkannte die Stimme seiner Schwester. „Sarah!“ Ohne weiter nachzudenken, sprang Luca hoch und rannte stolpernd aus dem Zimmer. „Luca warte!“ rief Grace ihm nach, doch Luca reagierte nicht, er musste so schnell wie möglich zu seiner Schwester.

Immer wieder musste er sich an der Wand abstützen und kam nur langsam voran, da die Erschütterungen des Bodens zu stark waren um sicher gehen zu können. Von unten hörte er die besorgte Stimme seiner Mutter. „Sarah! Luca! Geht es euch gut?“

Am oberen Treppenabsatz hielt er an, und schaute hinunter in das weiße Gesicht seiner Mutter. „Uns geht’s gut!“

„Wir müssen runter in den Keller, da ist es am sichersten!“ rief sie ihm über das Poltern weiterer, herunter fallender Bücher und Bilder zu. Und versuchte die Stufen zu erklimmen.

„Ja, aber bleib unten! Ich geh und hol Sarah!“ brüllte Luca. Er wollte nicht, dass sie auch noch mit hinein gezogen wurde. Wieso griffen sie jetzt schon an? Hatten sie es nicht erst mit einem höheren Engel besprechen müssen? Hatte dieser sie so schnell verurteilt?

Wieder erzitterte das Haus. Dieses mal heftiger, so das Luca sich an der Wand festklammern musste um nicht zu stürzen. Geschockt sah er an, wie seine Mutter auf der Stufe abrutschte und nach unten Glitt. „Mum!“ er wollte die Treppe hinunter eilen, doch jemand hielt in an der Schulter zurück. Er drehte sich um und sah in die bronzenen Augen von Grace. Obwohl der Boden noch immer bebte und wackelte, stand sie vollkommen sicher vor ihm, so als wäre nichts. „Ich helfe deiner Mutter, hol du deine Schwester!“ Mit diesen Worten schritt sie an ihm vorbei und die Treppe hinunter. Er sah dabei zu, wie sie seiner Mutter aufhilft, scheinbar schien es ihr gut zu gehen.

Luca atmete einmal tief durch. Wenn Grace bei seiner Mutter war brauchte er sich keine Sorgen mehr um sie zu machen. Er stieß sich von der Wand weg und setzte seinen weg vor. „Sarah!“ rief er, als er nur noch einen Meter von ihrer Tür entfernt war, doch es kam keine Antwort. Voller Angst stieß er die Tür auf. Seine kleine Schwester saß, die Hände über den Ohren am Boden. Um sie herum ein Meer aus Büchern. „Sarah!“ Luca stürzte auf sie zu, drehte sie zu sich um und zog ihre Hände von den Ohren weg. „Geht es dir gut? Bist du verletzt?“

Langsam schüttelte sie den Kopf. Panik lag in ihren haselnussbraunen Augen. „Sie sind hier!“, flüsterte sie beinahe ehrfurchtsvoll. „Ich habe sie gesehen. Sie sind draußen und greifen uns an... Sie werden uns umbringen, nur wegen ihr!“ Die letzten Worte schrie sie heraus, Tränen standen ihr in den Augen und sie schlug Luca kräftig gegen die Brust. „Wieso musstest du sie herbringen?“

Luca wich schuldbewusst ihrem Blick aus. „Weil sie Hilfe brauchte.“

„Du und deine verdammte Hilfsbereitschaft. Sollen wir deswegen wirklich sterben?“ Dicke Tränen kullerten über ihre Wangen. Luca ertrug den Anblick nicht und zog sie in seine Arme. „Du wirst nicht sterben, und Mum auch nicht. Das verspreche ich dir“, erzählte er ihr ruhig. „Grace und ich finden eine Möglichkeit mit ihnen zu verhandeln, jeder hat seinen Preis, weißt du?“

„Das einzige, was sie wollen ist Graces Tod – wenn du sie ihnen auslieferst, würden sie uns vielleicht verschonen... Willst du immer noch mit ihnen verhandeln?“, fragte Sarah.

Luca schluckte. Er würde niemals das Leben eines anderen in Gefahr bringen – zumindest nicht bewusst. Einen Moment schwieg er. „Es muss einen anderen Weg geben.... mit irgendetwas müssen wir sie bekämpfen können.“ Verzweifelt sah er sich um.

Sarah befreite sich aus seiner Umarmung, und wischte sich die Tränen weg. „Du kannst nicht gegen sie kämpfen! Das wäre unser Ende“, schrie sie. „Wieso stellst du ihr Leben über unseres?“

„Weil sie den Tod genauso wenig verdient wie du und ich.“

„Aber sie ist ein Dämon! Das Böse, die absolute Abwesenheit allen Gutens! Wenn ihr Tod unser Leben rettet, wie kannst du da so etwas sagen?“ Wütend sah Sarah ihn an, und dieses Mal wich Luca ihrem Blick nicht aus. „Nur weil sie ein Dämon ist, ist sie nicht böse. Außerdem, ich habe die Geschichte dieses Krieges gehört. Die Dämonen sind nicht böse, sie sind die Opfer. Vertriebene, die nach einem Ort zum Leben suchen.“

Sarah wollte ihm widersprechen, doch er ließ sie nicht. „Ich werde niemanden ans Messer liefern“, erklärte er entschieden.

Sein Blick fiel auf ein paar von Sarahs Steinen, die zwischen den Büchern am Boden lagen. Es waren ein brauner und ein roter Edelstein, die als Dekoration auf Sarahs Nachtisch gelegen hatten. Luca hatte ihnen vorher nie eine größere Bedeutung beimessen, bis jetzt. Vorsichtig streckte er die Hand aus und sammelte die Steine auf. Sie lösten ein leichtes Kribbeln auf seiner Haut aus. Er war sich sicher, es waren die selben Steine, die er in „Zaubern für Dummies“ gesehen hatte. Magische Talismane, die einem elementare Zauber ermöglichten.

„Was hast du vor?“ fragte Sarah alarmiert, als sie sah was ihr Bruder tat.

Langsam richtete Luca sich auf und steckte die Steine in seine Tasche: „Ich werde das wieder in Ordnung bringen. Geh du nach unten zu Mum und Grace“, wies er sie an und machte sich auf den Weg zum Dachboden. Es war ein beschwerlicher Weg, da das Haus immer noch unter den Angriffen der Engel litt. Wieso kamen sie nicht herein? Schoss es ihm durch den Kopf.

„Ich komme mit!“

Luca drehte sich zu Sarah um, sie umklammerte einen Ring, in den ein großer, weißer, fast farbloser Kristall eingefasst war. Der schwarzhaarige wollte sie wegschicken, doch dann bemerkte er den entschlossenen Ausdruck in ihren Augen. „Ok. Aber bleib dicht hinter mir.“

Langsam erkämpften sie sich den Weg zum Dachboden und zu einer Luke, die direkt auf das Dach führte. Langsam zog er sich durch das Loch nach oben, und setzte sich auf den Rahmen. Der Wind peitschte ihm uns Gesicht und schwere Regentropfen fielen auf ihn nieder.

Er schaute hoch, in den von dunklen Wolken überzogenen Himmel, hinter denen es blau und rot blitzte. Nur ab und zu waren die Silhouetten der großen, geflügelten Engel zu sehen. Ein lautes Donnern, das das Haus erzittern ließ ertönte, gefolgt von einem besonders grellen Blitz. Luca hatte Schwierigkeiten sich auf dem Dach zu halten. Er klammerte sich mit einer Hand an den oberen Fensterrahmen fest, und hielt seiner Schwester die andere hin um sie ebenfalls herauf zu ziehen. „Pass auf, es ist rutschig!“, warnte er sie.

Vorsichtig setzte sich Sarah ihm gegenüber, und schaute ebenfalls hoch zum Himmeln. „Wieso greifen sie nicht an?“

„Keine Ahnung – aber wir sollten uns beeilen, bevor sie es doch noch tun“, entschied Luca, und versuchte die Steine aus seiner Tasche zu ziehen. Erneutes Donnern, erneutes Blitzen und wieder wurde das Haus in seinen Grundfesten erschüttert, so das Luca die Steine fast fallen ließ.

„So bringt das nichts!“, entgegnete Sarah, die mittlerweile kreidebleich war. „Wir brauchen einen sichereren Stand.“

„Und wo sollen wir den her kriegen?“, blaffte Luca sie an. Sie waren bis auf die Knochen durchgeweicht, saßen auf dem Dach eines Hauses, das jeden Moment unter dem ständigen Beben zusammen brechen konnte. Und seine Schwester wollte einen sicheren Stand haben, ehe sie die Engel angriffen, die sie umbringen wollten.

„Wie wäre es mit der Garage?“ Sie deutete auf das flache Dach der Garage, das einige Meter unter ihnen war. Luca besah es sich unsicher. Besser als ihr momentaner Standort war es allemal. Nur mussten sie zuerst einige Meter das Dach hinunter, und dann mussten sie immer noch einen halben Meter überwinden, ehe sie das Dach erreichten. Zudem, befand es sich nicht direkt unter ihnen, sondern etwas weiter rechts.

„Wenn wir uns schräg nach unten rutschen lassen müssten wir es erreichen“, meinte Sarah, und begann schon ganz aus der Luke zu klettern. „Warte!“ Luca hielt sie am Arm auf, über ihnen blitze es erneut unheilvoll. „Ich hab einen Plan“, erklärte er, und hoffte, dass es funktionieren würde.
 

„Nur noch ein Stück.“ versuchte Grace Meredith anzuspornen, welche kurz nickte.

Lucas Mutter hatte sich beim Sturz von der Treppe den Knöchel umgeknickt, und konnte nun nicht auftreten. Sie hatte einen Arm um Graces Schultern gelegt und wurde von der jungen Dämonin gestützt. Sie hatten sich bis in den Keller vorgearbeitet, es wäre schneller gegangen, wenn Grace sich nicht verstellt hätte. Aber es reichte schon, dass sie Luca und Sarah in alles mit hineingezogen, da musste sie ihre Mutter nicht auch noch in Gefahr bringen. Nein, es war besser, wenn sie nicht ahnte, was Grace war.

Grace brachte Meredith gerade hinüber zu ein paar Kisten, auf welche sie sich setzten konnte. „Danke.“ brachte sie hervor. Der Boden bebte, so das der Staub von er Decke rieselte. Die Frau sah nach oben, Besorgnis spiegelte sich in ihren blauen Augen wieder. „Wo bleiben sie nur so lange?“ fragte sie leise.

„Ich weiß es nicht...“ entgegnete Grace. „Aber es geht ihnen sicher gut.“ versicherte sie ihr.

Doch sie fragte sich ebenfalls, wo Luca blieb. Sie verfluchte sich selbst dafür, dass sie nicht bei ihm geblieben war. Aber es war nicht anders gegangen. Lucas Mutter hatte Hilfe gebraucht, und Sarah hätte ihr nie vertraut.

Grace hoffte inständig, dass Luca nichts dummes oder waghalsiges tat.

„Ich sollte nach ihnen sehen!“ Meredith versuchte sich wieder aufzurichten, doch kaum belastete sie ihren Fuß fiel sie in sich zusammen vor Schmerz. Es hatte auch sein Gutes, dachte Gace bei sich, denn so begegnete sie immerhin nicht Engeln. „Es ist besser wenn du hier bleibst, Luca und Sarah schaffen das sicherlich!“ versicherte sie ihr noch einmal. Doch am liebsten wäre Grace sofort zu ihnen nach oben gerannt.

„Vielleicht...“ begann Meredith.
 

Seine kleine Schwester baumelte einige Meter über der Dachkante, von der aus es mindestens drei Meter in die Tiefe ging. Würde sie fallen war es ihr sicherer Tod. Luca hatte ein mulmiges Gefühl, während er sie festhielt und versuchte sie in Richtung Vorsprung zu pendeln. Er selbst hing ebenfalls an der unteren Fensterkante, und wenn er abrutschte würden sie beide fallen. Sein Plan war es, sie an einem Punkt los zu lassen, an dem sie sicher auf dem Garagendach landen würde. Wie genau er dort hinkommen wollte wusste er noch nicht.

Der Regen prasselte auf sie hernieder, während Sarah versuchte weiter rechts halt zu finden, um sich von dort aus langsam hinunter zu lassen. Luca spürte die Vibrationen des Hauses in seinem ganzen Körper. Noch immer griffen die Engel sie nicht direkt an, obwohl sie sie schon längst hätten bemerken müssen. Plötzlich fand Sarah halt. „Ok, ich bin bereit!“ rief sie ihm zu.

„Gut... Bist du sicher? Dann lasse ich jetzt los.“ antwortete er, und würde sie am liebsten weiter festhalten, auch wenn er sah, dass sie scheinbar wirklich festen halt, genau über dem Garagendach gefunden hatte. „Ja! Lass los.“ rief sie. Luca schloss die Augen und nahm all seine Willenskraft zusammen, so dass ihre Hand langsam der seinen entglitt. Es war ein schrecklich endgültiges Gefühl das sein Herz zum rasen brachte. „Bitte, bitte lass sie sicher landen!“ betete er, ohne zu wissen zu wem er betete.

Er hörte das Glitschen, als Sarah langsam das Dach hinunter rutschte, kurz danach hörte er einen dumpfen Aufschlag. Er zwang sich, die Augen zu öffnen und den Kopf zu drehen.

„Alles ok!“ erreichte ihn das Rufen seiner Schwester. „Nun du!“

„Alles klar!“ antwortete er, ehe er noch einmal tief durchatmete und mit seiner freien Hand nach Halt zwischen den nassen Dachziegeln suchte. Immer wieder rutschte er ab und hatte das Gefühl zufallen, doch mit seiner linken Hand war er fest verankert.

Dann endlich hatte er mit seiner anderen Hand Halt gefunden, so dass er sich hinüber schwingen und sich aufs Garagendach gleiten lassen konnte. Er löste seine linkte Hand vorsichtig von dem Fensterrahmen. Er konnte sich rechts halten. Einen Finger, nach den anderen löste er links, falls er doch noch rutschen sollte. Es schien sicher. Er ließ ganz los, und in dem Moment wurde das Haus so erschüttert, dass seine recht Hand verrutschte. Panisch griff er nach dem Fenster, doch es war zu spät. Er hörte den geschockten Schrei seiner Schwester, versuchte verzweifelt padellnd Halt zu finden, doch es gelang ihm nicht. Immer weiter, und immer schneller rutschte er Richtung Abgrund. Ein Schrei löste sich aus seiner Kehle, als die Kante des Daches immer Näher rückte. Er hatte nur noch eine Chance. Seine Beine rutschten über die Kante hinüber ins Nichts, sein Körper folgte unwiederruflich. Und dann im letzten Moment bekam er die Regenrinne zu fassen. Lange würde diese sein Gewicht nicht tragen, das war Luca klar. Doch vielleicht würde die Zeit reichen, um einen sicheren Stand zu bekommen, irgendwo, irgendwie. Er durfte nicht aufgeben. Er sah sich um, und bemerkte das entsetzte Gesicht seiner Schwester. „Es ist alles Ok! Mach dir keine Sorgen, es läuft wie geplant!“ log er, und versuchte ein Lächeln. Welches ihm jedoch nicht besonders gut geling, denn sie sah nun noch blasser aus als vorher.

Er sah sich um, ob es irgendwo etwas anderes, etwas stabilere gab, was er greifen konnte, doch er fand nichts. Die Regenrinne schnitt in seine Finger, und er musste sich konzentrieren um nicht vor Schmerz einfach los zulassen. „Reiß dich zusammen!“ sagte er sich selbst. „Du kommst hier raus!“ redete er sich ein. Er schaute hinüber zu der Garage, sie war ein, vielleicht zwei Meter entfernt, aber nicht mehr. Er nahm den letzten Rest Mut zusammen und begann sich die Regenrinne entlang zu hangeln. Stück für Stück, ganz langsam und vorsichtig. Er spürte wie das Metall wackelte und sich ächzend bog, ganz langsam aber äußerst bedrohlich. Ihm blieb nicht mehr viel Zeit.

Immer weiter tastete er sich vor, er merkte wie es immer schwerer für ihn wurde an der scharfen Kannte halt zu finden. Doch er zwang sich dazu zuzupacken und weiter zu machen. „Nur noch ein Stück!“ sagte er sich selbst. Und griff ein Stück weiter, er streckte sich um so die letzten Zentimeter in eins zu machen, denn die Rinne konnte jeden Moment brechen. Ihm fehlten nur noch ein paar Millimeter, seine Fingerspitzen berührten sogar schon den Bereich über der Garage. „Du schaffst es Luca! Nur noch ein bisschen!“ feuerte ihn seine kleine Schwester an, doch Luca rutschte ab. Nur noch an einer Hand pendelte er ein ganzen Stück über dem Boden. Er sah hinab auf die gepflasterte Einfahrt, und ihm war als könne er sehen, wie sei Regentropfen auf den Steinen zersprangen. Ob es ihm auch bald so ginge?, schoss es ihm durch den Kopf.

„Gibt jetzt jah nicht auf!“ warnte Sarah ihn. Er konnte die Sorge aus ihrer Stimme heraus hören. Er konnte nicht aufgeben, er musste weiter machen für sie, für ihre Mutter und auch für Grace. Er riss sich zusammen und griff erneut mit der rechten Hand nach der Rinne. Er erwischte sie. Jetzt nur noch dieses Stück überwinden. Erneute tastete er sich vor. Doch so würde er die Stelle nie erreichen. Die Rinne ächzte erneut unter seinem Gewicht, das Haus schien zu schaukeln, so sehr bebte es und Luca wusste: Jetzt oder nie. Weiter hinten löste sich die Rinne, und Luca ließ mit links los. Im selben Moment griff er mit rechts zu. Doch ergriff daneben.

Geschockt nahm Luca wahr, wie er begann zu fallen. Ganz langsam und unwirklich wie in Zeitlupe begann sich sein Körper Richtung Boden und Richtung Backsteine zu bewegen. Er sah hinüber zu seiner Schwester, die an den äußersten Rand der Garage geeilt war und voller Entsetzen seinen Namen schrie. „Es tut mit leid!“ hätte er ihr gerne zugerufen, doch kein Wort kam über seine Lippen.

Wumms.

Ein Ruck fuhr durch Lucas Körper und auf einmal blieb er mitten in der Luft hängen. Ungläubig schaute er nach oben. Über ihm, hockte Grace und hielt ihn am Arm fest. Ihre weißen Haare, klebten ihr als nasse Strähnen im Gesicht und ihre Augen standen voll Sorge. „Was machst du hier?!“

„Ich versuche uns alle zu retten.“ antwortete er.

„Indem du dich umbringst?!“

„Nein!“ gestand er. „Das war eine ungeplante Komplikation. Kannst du mich auf das Dach bringen?“ Er deutete mit seiner freien Hand auf die Garage. Grace sah kurz hinüber. „Was hast du vor?“

„Ich werde sie zumindest in die Flucht schlagen.“ entgegnete Luca. Der Dämon sah kurz besorgt zum Himmel, und dann ungläubig zu ihm. „Vertrau mir!“ bat er.

Eine ganze Weile sahen sie sich an, und Luca versuchte so zuversichtlich wie möglich zu wirken. Doch es schien Grace nicht ganz zu überzeugen.

„Ok.“ sagte sie jedoch schließlich. „Ich vertrau dir.“

Ein Lächeln breitete sich auf Lucas Gesicht aus. „Ok, am besten du machst folgendes.“

Grace unterbrach ihn: „Vertraust du mir?“

Luca war für einen Moment überrascht von der Frage. „Natürlich vertraue ich dir. Immer.“ antwortete er. Es war für ihn keine Frage.

„Gut...“ entgegnete Grace leicht abwesend. Luca fragte sich, was sie vorhatte, als sie sich aufrichtete und er ein Stück nach oben gezogen wurde. Dann merkte er, wie sie Schwung holte. Als sei er nicht mehr als ein Sack voll Federn, schwang sie ihn hinüber, und warf ihn aufs Dach. Vollkommen überrascht, schütze Luca sich mit seinen Händen, und stützte sich rollend ab, als er auf die Garage aufschlug. Er kullerte noch ein Stück, ehe er liegen blieb. Eine blaue Flecken und Schürfwunden würde er wohl zurück behalten, doch er war noch am leben. Er rappelte sich auf, und erhob grinsen den Daumen, um Grace zu zeigen, dass es ihm gut ging. Diese stand vollkommen sicher auf dem Dach, und kam einfach zu ihnen herüber geklettert.

„Seid ihr bereit?“, fragte Luca die beiden und wandte sich dem Himmel zu.

„Jederzeit“, antwortete Sarah und stellte sich direkt neben ihn. Und auch Grace nickte, den Blick zum Himmel gerichtet. Luca gab ihr einen der Steine, und schloss die Hand fest um den anderen.

„Jeder kann Magie anwenden“, hieß es in „Zaubern für Dummies“, „so lange er die richtigen Sprüche kannte.“ Luca kannte nun gar keinen Zauberspruch, jedoch hieß es in auch, dass die Sprüche meistens in Latein waren. Und auch wenn er keine ganzen Sätze auf Latein bilden konnte, so kannte er doch viele Vokabeln. Er hoffte, dass es reichte um irgendeinen Effekt hervor zurufen.

Sie hatten einen braunen Erd-Talisman, und einen roten Feuer-Talisman. Er wusste genau, was passieren sollte. Nun musste er nur noch die passenden Worte dazu finden, auf Latein. Zusammen mit Sarah und Grace begann er alles, was ihm dazu in den Sinn kam aus auszusprechen. „Flama! Lapidum! Ira flamae! Tremor! Fulmen! Protege amicos! Ira terrae! Terra flamae! Crema inimicos! Tempestas flamae! Tempestas Terarum!...“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Sozl
2013-02-18T13:50:38+00:00 18.02.2013 14:50
Warum müssen awesome Chapter immer mit den fiesesten Cliffhangern enden :(

Die Engelsgeschichte war ziemlich interessant. Das zu recherchieren stell ich mir eventuell etwas nervig vor, wenn sich die Geschichten wirklich alle widersprechen^^

Nach der ganzen Background Story hab ich so viele tolle Spekulationen! Ich bin so gespannt mit was ich recht habe :D

ps: Ich hoffe die griechischen Götter kommen noch aus ihrem Versteck ;D
Antwort von:  Ryu_no_Sekai
18.02.2013 16:20

Purer Sadismus meinerseits :P

oh ja... ne ganze weile saß ich wie Luca davor und dachte mir, die spinnen doch alle! Aber zum Glück lernt man Studium tatsächlich auch mal was nützliches :D und irgendwie hab ich mich durchgewurschelt und meine eigene Interpretation geschaffen :3
ich hoffe sie ist interessant und spannend :D

uh, ich liebe deine Spekulationen *.*
da bin ich jetzt mal genauso gespannt, wie du :D

hihi, kennst mich doch ^^


Zurück