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Spiegelungen (Version 2.0)

Teil zwei des Calvin-Cat-Zyklus
von

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Dschungelfieber

Sie musste nur einen Blick hinter sich werfen, auf die Mitglieder, die sie begleiten sollten und schon war R’Peng McCulkin in keiner guten Stimmung. Sie war morgens aus dem Bett geklingelt worden und hatte dann ihren Auftrag erhalten. Und während sie ihr typisches Team zusammenstellte, mit dem sie immer versuchte, zusammenzuarbeiten wo es ging, fragte sie sich, wieso Föderationsoffiziere ein geheimes Testshuttle ausgerechnet über remanischem Raum austesten mussten? Nach der Sache mit Shinzon war eine beinahe schon schizoid-paranoid zu nennende Grundstimmung im romulanischen Imperium aufgetreten. Einige Romulaner erachteten die Geschehnisse der vergangenen Wochen als Zeichen, sich von alten Werten und Normen zu trennen und den Isolationismus, dem man seit Jahren nachhing, komplett über Bord zu werfen. Andere waren aus genau den selben Gründen dafür, die Grenzen noch mehr zu schließen und wieder andere waren moderat eingestellt. So fand sich für jede These die entsprechende Splittergruppe. Um einige dieser Splittergruppen zu beruhigen und hinsichtlich des vielzitierten „Großen Ganzen“ war die momentane Regierung streckenweise dazu geneigt, mit den Säbeln zu rasseln und hatte sich somit entschieden R’Peng damit zu beauftragen, das Shuttle zu sichern.

„Sichern Sie diesen Beweis, dass die Föderation uns auf der Nase herumtanzt.“, hatte ihr Chef gesagt. Nach dem Missionsbriefing hatte sie ihr Team zusammengestellt und sich auf den Weg nach Remus gemacht. Sie strich sich ihre dunkelbraunen Haare hinter ihr rechtes Ohr, warf einen Blick über ihre Schulter und nickte ihrem Stellvertreter zu.
 

Dann rannte sie los, entsicherte ihren Disruptor und ließ sich zu Boden fallen. Jede ihrer Bewegungen war präzise und wirkte nahezu choreographiert, ohne es tatsächlich zu seien. Allerdings hatte man ihr beim Militär die notwendigen Schritte, ein unbekanntes – oder in diesem Fall, mit feindlichen Truppen besetztes – Terrain zu betreten immer wieder eingebläut, bis sie diese Techniken im Schlaf beherrschte. Sich dicht an den Boden gepresst robbte sie vor, immer die Umgebung im Auge behaltend, weiter auf den Punkt zu, den sie sich ausgeguckt hatte. Sie wusste natürlich eine Sache: Wenn die Föderation tatsächlich schon anwesend war, würden sie einen entsprechenden Sicherheitsperimeter errichtet haben, den es zu knacken galt. Und sie hatte genau die richtigen Leute dabei, die ihr helfen konnten, diese Mission erfolgreich abzuschließen. Sie hatte sie handverlesen und wusste um die Stärken und Schwächen der jeweiligen Teammitglieder.
 

So hatte sie beispielsweise mit Julius Lepp einen Menschen im Team. Lepp war seinerzeit Lieutenant auf der U.S.S. Crazy-Horse gewesen und hatte nach einem Gefecht mit einem Jem’Hadar-Schiff seinen Posten aufgegeben und seinen eigenen Tod inszeniert. Aus den Akten wusste sie, dass er für irgendeinen Test im Hauptquartier von Starfleet Medical auserkoren war und diesen Test partout nicht ablegen wollte. Weswegen er eine solche Antipathie gegen diesen Test hatte, wusste R’Peng nicht, aber sie würde ihn auch nicht fragen. Um seine Vergangenheit hatte der Mann, der sich selbst „Lieutenant Nobody“ nannte, immer ein großes Geheimnis gemacht und auch ihr hatte er die Sache mit dem Test nur sehr widerwillig und erst nach 2 Flaschen romulanischen Ales erzählt. Nichtsdestotrotz hatte er sich bei den Einsätzen, die sie mit ihm durchgestanden hatte, als tapferer und sehr zuverlässiger Offizier erwiesen, der sogar nicht davor zurückschreckte, einige Menschen zu foltern, wenn es der Sache galt. Diese Einstellung und die Loyalität zum Imperium hatte ihn definitiv zu ihrer Nummer eins gemacht.
 

Sie hatte den Punkt erreicht, legte sich auf den Rücken und setzte sich kurz auf, damit sie ihren Teamkameraden signalisieren konnte, dass die Luft rein war. Anschließend ließ sie sich wieder sinken, hielt die Luft an und lauschte der Umgebung. Nach wenigen Minuten hatten Lepp, Kara Topp und Commander Talew ihre Position ebenfalls erreicht.

„Okay“, sagte R’peng, im Flüsterton, „Kara, du nimmst den Feind von Osten unter Beschuß. Julius, Du greifst die Föderalen von Westen an. Mister Talew, sie nehmen den nördlichen Weg, ich attackiere die Typen von Süden. Los.“
 

„Sag mal, Scotty, ich will ja nich hetzen, aber was meinst Du, mal so geschätzt, wie lange wird das wohl dauern, bis Du das Ding in die Luft gejagt hast?“, fragte in diesem Moment der Föderationscaptain und der Chefingenieur der Dragonfly zog sich unter dem bruchgelandeten Insektenshuttle heraus in die Freiheit. Er seufzte: „Auch wenn Du noch drei Mal fragst, Cal – ich tu mein Bestes. Und sowas dauert seine Zeit, du willst ja nicht einfach nur einen Knall und die Einzelteile der Hornisse über dieses Areal verteilen.“

„Nicht?“

Sebastian schloss die Augen, schüttelte den Kopf und schaute den Captain dann wieder an: „Nein, Cal – wir müssen die Hornisse so effektiv wie möglich zerstören – das heißt vor allem, dass die Trümmer, die übrigbleiben werden nicht wieder zu einem Shuttle zusammengesetzt werden können.“

„Hä?“

Der Chefingenieur seufzte, legte dem Captain beide Hände auf die Schulter und schaute ihn an: „Hast Du schon mal versucht, aus zwei halben Bierdeckeln wieder einen ganzen zu machen?“

„Klar, das is ja auch nich so schwer.“

„Richtig“, nickte Sebastian, „Und aus einem in vier Viertel aufgeteilten Apfel kann man auch noch einen ganzen Apfel zusammenschrauben, oder?“

Der Captain antwortete, ohne groß nachzudenken, mit einem enthusiastischen: „Klar, logisch.“

„Siehst Du“, schaute ihn der Chefingenieur an, deutete auf das Shuttle und fuhr fort: „aber schon mal versucht aus Parniermehl wieder ein Brötchen zusammen zu setzen?“

Mit dem Kopf zu schütteln und ein „Aber das geht doch gar nicht“ von sich gebend war für den Kommandanten der Dragonfly eines und ein erneutes „Siehst Du?“ die Reaktion seines besten Kumpels.

„Kapiert“, grinste Cal, warf einen Blick zum Shuttle, dann zu Sebastian, „Und – wie lange dauert es, das Shuttle zu Parniermehl zu verarbeiten?“

In diesem Moment erklangen einige Meter hinter ihnen Schüsse. Chefingenieur und Kommandant warfen sich einen besorgten Blick zu, dann griff sich der Captain seinen Phaser und rannte ins Unterholz, in Richtung der Kampfgeräusche.

Sebastian schaute dem Captain noch kurz hinterher, wollte ihn darauf aufmerksam machen, dass diese Handlungsweise ihm eventuell nicht gut bekommen würde, aber, er beschloss dies nicht zu tun. Schließlich musste der Kommandant selbst wissen, was er tun wollte und was nicht – und er konnte und wollte ihm da nicht reinreden.
 

So schnell die Beine ihn zu tragen in der Lage waren, eilte Captain Calvin Cat zum Ort der Geräusche und kam schliddernd zum stehen, als er sah, dass das Hazard-Team und eine Gruppe Romulaner in einen Kampf verwickelt war.

„Heilige…“, setzte er an und stockte, als eine der beiden Romulanerinnen ihn anblickte, auf ihn zielte und abdrückte. Mit einem Hechtsprung und einem gekeuchten „Ja is die denn bekloppt geworden?“ warf sich der Offizier aus der Schussbahn und zuckte zusammen als hinter ihm ein Baum anfing, getroffen Funken zu sprühen.

Der Gedanke, dass seine Angreifer nicht unbedingt unter die Kategorie „geistig gesund“ fielen, bestärkte sich, als er hörte, wie das Feuer der Disruptoren immer hektischer und durchgängiger wurde. Ja, gut, sie waren auf feindlichem Gebiet, aber erstens müssten die Romulaner der Föderation nicht ein wenig dankbar sein, nachdem sie ihnen Shinzon quasi gratis vom Leib gehalten hatten? Und zweitens – warum wollte man auf ihn schießen? Was konnte er dafür? Er machte doch nur seinen Job?

Seinen Job? Natürlich.

Der Captain hieb so heftig auf den Kommunikator, dass sich dort sicherlich ein blauer Fleck bilden würde und bellte hinein: „Cat an Middlegate? Es ist mir schietegal, ob aus dem Shuttle nun Parniermehl wird oder doch nur Appelmus, ich will das Ding gesprengt haben und dann nach Hause. Wir kriegen hier gerade richtig den Arsch versohlt!“

„Aye, Sir.“, erklang die Stimme des Chefingenieurs, „Ich brauch nur noch ein paar Sekunden, um mich in Sicherheit zu begeben.“

„Verstanden.“, sagte Cal und betätigte den Kommunikator erneut: „Cat an Silverbird?“

Stille und Statik.

Egal – vermutlich hatte die Dragonfly und ihre momentane Kommandantin, seine Freundin und genau so geniale wie schöne erste Offizierin Agatha Silverbird, komplett andere Sachen zu tun, als ihn mit Meldungen zu unterhalten. Er wäre sogar bereit, lächerlich exorbitante Summen darauf zu verwetten, dass die Dragonfly gerade in diesem Moment von einem romulanischen Schiff attackiert wurde. Und wenn sie Glück hatten, war es lediglich ein Aufklärer, aber wenn ihnen Fortuna heute nicht hold war, dann war es entweder eine Shrike-Klasse oder gar ein Warbird.

Keine der beiden Alternativen sagte dem Kommandanten sonderlich zu, da sie beträchtliche Schäden an der Dragonfly hinterlassen könnten. Wenn also Agatha gerade kampfesbedingt ausfiel, mussten andere die berühmten Kastanien aus dem Feuer holen. Erneut betätigte er seinen Kommunikator: „Cat an Munroe?“

Für den erschreckenden Bruchteil einer Sekunde geschah nichts, dann meldete sich eine weibliche Stimme aus seinem Kommunikator: „Hier Telsia, Sir. Alex ist … gefallen. Ich wiederhole, Alex ist gefallen.“

Der Kommandant der Dragonfly brauchte eine weitere, kostbare Milisekunde um diese Information zu verarbeiten. Es war nicht so, dass er nun besonders dick mit Alex Munroe befreundet gewesen wäre – andererseits hatten sie dem Captain geholfen, auf der Erde des 21. Jahrhunderts gegen die Xindi zu kämpfen. Vermutlich war dies der Grund, das Cal das Gefühl beschlich, dass die Zeit sich verlangsamt hätte.

Er brauchte eine weitere, kostbare Milisekunde, um sich zu fangen und verfluchte sich für seine Schwäche. Jede Milisekunde, die er mehr verstreichen ließ, war eine Milisekunde mehr, die die Romulaner hatten, um sich durch die Föderationsoffiziere zu mähen.

Die zwei Sätze, die er als nächstes sagte, hätte er nie für möglich gehalten, sie zu sagen.

Er holte tief Luft, streckte beide Hände empor und sagte erst ein leises „Verstanden“, nur um dann ein lautes „WIR ERGEBEN UNS!“ zu rufen.

Die Verblüffung seiner Teamkollegen sah er noch vor seinen Augen, als er aus seiner Deckung kam, seinen Phaser zog und ihn vor die Füße der Romulaner warf.

Schnell warf er Telsia einen Blick zu, die nickte und ihr Phasergewehr auf den Boden legte.
 

R’Peng war ein wenig überrascht, als der Captain der Dragonfly aus seiner Deckung trat.

Ein kleines Lächeln konnte sie sich daher nicht verkneifen, stemmte die Hände in die Hüften und betrachtete ihren hochrangigen Gefangenen von oben bis unten.

„Captain Calvin Cat“, lächelte sie, „Kommandant des Föderationsraumschiffes U.S.S. Dragonfly. Ich hätte nicht gedacht, dass Sie persönlich diesen Einsatz leiten würden.”

Der Kommandant legte den Kopf schief: „Warum nicht, Sub-Commander R’Peng vom Team Alpha?“

„Oh, Sie haben von uns gehört?“

Nun legte sich auf die Lippen des Captains ein kleines Lächeln: „Wer hat das nicht? Sie sind schließlich DAS Team. Sie werden immer gerufen, wenn es richtig ernst wird.“

Damit senkte er die Hände, die er bis gerade eben noch gehoben hatte, und schaute sie an: „Ehrlich gesagt – das schmeichelt mir. Die Romulaner halten uns also für so gefährlich, dass sie gleich das Alpha-Team rufen?“

„Fühlen Sie sich nur nicht allzu geschmeichelt, Captain. Wir wussten nicht, wer diesen Einsatz übernehmen würde. Dass Sie das sein würden, war ein reiner Glücksfall.“

Der Kommandant der Dragonfly trat auf die Frau zu, sie hob ihren Disruptor: „Ich denke, das ist nahe genug, Captain.“

„Nicht für das, was ich vorhabe.“, lächelte er, trat noch einen Schritt auf sie zu, nahm sie in den Arm und küsste sie.

Keine zwei Sekunden später wusste er auch, warum man vulkanoiden Spezies nachsagte, dass sie vier Mal so stark wie Menschen wären – sie waren es einfach. Mühelos gab sie ihm einen Schubs, der ihn zu Boden gehen ließ, zog ihren Disruptor und richtete ihn auf seinen Kopf.

„Irgendwelche letzten Wünsche?“, fragte sie und er zuckte mit den Schultern: „Zählt ‚Tun Sie es nicht?“

Sie schoss.



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