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Der Tod und andere Normalitäten

von

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Kapitel 13

Kapitel 13
 

Mit schnellen Schritten war ich auf die zierliche Gestalt vor mir zugegangen und hatte sie in meine Arme geschlossen, ein Kichern entrann ihren Lippen. Dann sah ich sie an. Pin hatte kurzes violettes Haar mit einer magentafarbenen Strähne im Pony, dazu dunkle blaugrüne Augen und einen offenherzigen Blick. Ein breites Lächeln zierte ihr blasses Gesicht mit den schmalen Lippen. Ihr rechtes Ohr hatte sie mit allerlei Ringen geschmückt, so, wie ich es von ihr kannte. Musternd sah ich an ihr herab – sie trug wie ich dunkle und wetterfeste Kleidung, hatte bis auf ein langes Schwert beinahe die gleiche Ausrüstung wie ich dabei. Ich schmunzelte.

„Pin …“, murmelte ich. Sie war eine gute Freundin von mir, jemand, der das gleiche Leben lebte wie ich. Aber im Gegensatz zu mir tarnte sich die 17jährige nicht als Schülerin, sondern lebte auch am Tage die Hetzjagd mit der Garde voll aus – denn als Trickbetrügerin war sie schwer beliebt bei den Gesetzeshütern. Ihr eigentlicher Name war Kayla Merphis und als Assassine trug sie den Titel Feuerzunge, da überall, wo sie auftauchte irgendetwas in die Luft gesprengt wurde. Den Namen Pin hatte sie von mir bekommen, schließlich war sie sehr geübt in ihrem Fach als Betrügerin und hatte bisher jegliches Konto und jedes Handy geknackt.

„Hey, Soju – ich habe gehört du willst nicht mit mir auf Streifzug gehen?“, sprach sie mit weicher Stimme. Ich schluckte, zog dann eine Augenbraue hoch.

„Wer hat das behauptet?“, erwiderte ich – und wir beide begannen zu lachen.

„Weißt du, Soju, es ist schade dass wir uns so selten sehen – du solltest näher zur Hauptstadt ziehen!“

„Nein danke, meine Liebe, ich mag meine kleine Stadt ganz gerne.“

„Hm, wenn du meinst! Komm, wir sollten uns den Aufbau des Gebäudes mal ansehen und einen Plan erstellen – mit schön viel Krawall!“
 

Eine Stunde später rollte ich bereits den Plan des Gebäudes zusammen und verstaute ihn in der kleinen Tasche, die Pin immer mit sich trug. Die Schultern kreisend wandte ich mich dann Berthellyo und Knife zu, die gerade ins Zimmer kamen und uns etwas Trinken brachten. Dankend nahmen Pin und ich die Gläser Wasser entgegen und nippten kurz daran.

„Wir sollten uns dann langsam auf den Weg machen, Soju.“, meinte Pin kurz darauf, ich nickte jedoch nur stumm und reichte Knife das Glas zurück, ehe ich an ihm und Berthellyo vorbei in den Flur trat und dann zur Haustür schritt. Ich warf noch einmal meine Haare zurück, ehe ich dort nach meinen Stiefeln griff und sie schnell und lautlos überzog, sofort schmiegte sich der weiche Stoff an meine Füße und Beine. Im Anschluss drehte ich mich um und beobachtete, wie Pin sich ihre kleine Tasche umband. Ich tat es ihr mit der meinigen nach, die ich vor etwa 50 Minuten abgenommen hatte, weil sie mich im Sitzen einfach störte. Anschließend betrachtete ich die Trickbetrügerin, während sie ihre Stiefel anzog – sie waren so etwas wie ein Markenzeichen von ihr, da jedes paar Stiefel, dass sie zu den Einsätzen trug, eine rote Sohle aufwies, ebenso hatten viele ihrer Schuhe hohe Hacken – noch immer war es mir schleierhaft, wie sie damit rennen und springen konnte oder gar wie sie es schaffte, unbemerkt vom Tatort zu verschwinden. Um diese Gedanken zu vertreiben schüttelte ich sachte den Kopf, überprüfte dann das Band in meinen Haaren und zog schließlich das schwarze Tuch wieder über Mund und Nase, ehe ich mir den Schal umwarf und in den Umhang schlüpfte – so, wie es auch Pin tat. Als wir beide fertig waren überprüften wir beide noch einmal mit schnellen und geübten Handgriffen, ob wir alles hatte, ehe wir einander zunickte und Knife und Berthellyo mit einem Handwink zeigten, dass wir uns auf den Weg machten – jetzt würde so schnell keiner mehr von uns reden.
 

Eine halbe Stunde später hatten wir bereits die Stadt verlassen und ich betrat gerade ein größeres Waldgebiet, in dem sich Pin zu mir gesellte – da ich schneller leif als sie hatten wir abgemacht, dass sie die Stadt durch das West- und ich durch das Südtor verließ, damit man länger brauchte um gegebenenfalls herauszufinden, dass wir dieses Mal zu zweit unterwegs waren. In der Stadt und auf weiten Ebenen war es unvermeidbar, dass man unsere Fußspuren entdeckte – im Wald aber konnten wir uns umso besser verstecken. Durch ein Nicken verständigte ich mich mit Pin, die daraufhin ihren Wurfhaken griff und sich mit diesem in die Baumkronen beförderte, während ich dies mit einem einfachen Sprung tat. Mir fiel auf, dass die meisten noch ihr buntes Laub vom Herbst trugen, der Winter war unvorbereitet eingetroffen.

Mit einem weiteren Sprung befand ich mich auch schon in der Krone des nächsten Baumes – so lief das die nächsten 20 Minuten ab, ehe ich mich dazu entschloss, doch lieber auf dem Boden zu laufen. Pin sah mich verwirrt und entsetzt zugleich ein, ehe sie sich auf einen Ast direkt über mir setzte.

„Was machst du denn?“, wisperte sie.

„Ich laufe lieber.“ erwiderte ich.

„Aber wir hatten doch gesagt …“

Ich schnitt ihr das Wort ab.

„Mach dir keine Sorgen, ich nehme einen Umweg durch die umliegenden Dörfer – wir treffen uns dann beim Anwesen!“, erklärte ich schnell und wandte mich ab, ehe ich losrannte ohne Pins Antwort abzuwarten. Ich wusste, dass es ihr wohl nicht sonderlich gefiel, dass ich jetzt entgegen unserer Abmachung handelte, aber ich sprang einfach nicht gerne in den Baumkronen herum, seit Lexis mich mehrfach aus ihnen herausgeschleudert hatte. Ein kalter Schauer überkam mich, der nichts mit dem eisigen Wind um den kalten Schneeflocken zu tun hatte. Es dauerte nicht lange, da erreichte ich auch schon das erste der umliegenden Dörfer, eine einzige Wache durchstreifte gerade die unebenen Wege, aber ich umging diese indem ich meinen Weg auf den Dächern fortsetzte – natürlich bekam ich oft zu spüren, dass schnelles Laufen auf vereisten und dazu noch schrägen Dächern keine gute Idee war, aber ich war stur und davon ließ ich mich nicht abbringen. Wieder überkam mich ein kalter Schauer, ich erinnerte mich in diesen Momenten immer daran, wie ich vor Jahren aus einem Lager fliehen musste. Damals erst habe ich bemerkt, wie schnell ich werden konnte – es hatte mir oft das Leben gerettet. Ich hatte dabei gelernt, dass die Beine meine effektivste Waffe waren – und die einzige Möglichkeit zu fliehen, wenn es hart auf hart kam. Es war hart mir das einzugestehen, aber ich war während meinen Aufträgen sehr oft in Situationen gewesen, in denen im ersten Moment eine Flucht das einzige war, woran ich denken konnte. Aber anders als bei den anderen Assassinen war das nicht zu meiner Anfangszeit als Meuchler, sondern kam erst nach ein paar Jahren, in denen ich erstmals realisierte, welchen Weg ich gewählt hatte.

Heute aber war ich ruhiger, in jeder Situation, selbst dann, wenn Gardisten nur wenige Meter entfernt von meinem Tatort lauerten. Ich hatte keine Angst mehr gefasst zu werden, sie konnten mich nicht so quälen, wie ich es bereits durchlebt hatte und ich wusste auch, dass ich in jedem Fall schweigen würde, was die Organisation betraf. Ich hatte gelernt, dass Schweigen die einzige Möglichkeit war, mir wichtige Leute zu schützen – denn Menschen die Informationen hatten, bekamen Macht und wenn sie Macht bekamen, würden sie diese auch nutzen, egal ob sie dabei über unschuldige Leichen gehen mussten oder nicht.

Leise schlich sich bei diesem Gedanken Zorn in mein Hirn – ein Gefühl, das man auf der Jagd nicht spüren sollte, da man unvorsichtig wurde und an Sorgfalt verlor. Ich unterdrückte also das Pulsieren in meiner Schläfe, erstickte den Keim der Wut noch während des Wachstums – dann konzentrierte ich mich wieder auf die Aufgabe, die ich diese Nacht hatte und bemerkte, dass ich bereits das nächste Dorf erreichte. Dieses Mal waren die Straßen leer, alles schlief, weshalb ich unbemerkt über den Hauptweg an das andere Ende des Dorfes gelangt – wo Pin zu diesem Zeitpunkt wohl war? Ich warf einen kurzen Blick umher, ehe ich einen Fuß in die nächste Ebene setzte und auf das nächste Dorf zuhielt, dass man bereits erkennen konnte – ein kalte Hauch des Windes zog über meinen Körper und durchdrangen sogar den Stoff meiner Kleidung. Ein leichtes Zittern erreichte meine Knie, aber es endete so schnell wie es gekommen war.

Fast 40 Minuten später hatte ich die Dörfer hinter mir gelassen und erreichte ein neues Waldgebiet, das am Fuß eines Mittelgebirges seinen Platz hatte. Es führte nur ein Weg durch diesen Wald und hinauf in die Berge – am Punkt, wo der Wald endete, wartete Pin auf mich. Als ich bei ihr ankam, hielt ich an und atmete ein paar mal tief durch.

„Wie lange bist du schon hier?“, fragte ich sie. Sie lächelte – das sah ich, weil sie sich anders als ich nicht mit einem Tuch, sondern mit einer violetten Maske verhüllte.

„Zwei oder drei Minuten vielleicht.“, antwortete sie mir Wahrheitsgemäß – erleichtert atmete ich auf, ich hasste es, jemanden warten zu lassen oder zu bemerken, dass ich langsamer wurde.

„Wollen wir?“, fragte sie dann, ich nickte zur Antwort – gemeinsam liefen wir den Weg in die Berge entlang. Der unebene Pfad schlängelte sich um, über und durch die Hügel, allerdings nie so, dass das Laufen anstrengend wurde. Da wir nicht rannten sondern eher vorsichtig über den Boden schlichen, war auch Pin noch völlig bei Kräften.

Eine Viertel Stunde verging, ehe wir ein Tunnelsystem erreichten, dass wir binnen einer halben Stunde durchquert hatten und dass uns direkt zu dem Anwesen führte, zu dem wir wollten. Da wir oberhalb dessen standen, konnten wir alles gut erkennen – das Hauptgebäude, die drei Lagerhäuser, das Gästehaus, die vier Wachtürme und das Waffenlager. Das ganze Anwesen war von einer hell gestrichenen Mauer umgeben, auf der man Problemlos laufen konnte da sie mindestens zwei Meter breit war. Und was noch effektiver für uns war: die Mauer führte nur vier Meter vom ersten Lagerhaus entfernt entlang, wenn wir also unbemerkt darauf Platz gefunden hatten, würde unserem Vorhaben nichts mehr dazwischenkommen!
 


 

Soju: „Gruppenarbeit is' nich' so mein Ding.“

Pin: „Hör auf zu trödeln, ich will mein Geld haben! ... losloslos!!!“



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