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Finera - Dawn of the Dark

von

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Hoch Tiffany

1. Oktober
 

- Rain -
 

„Hoch Tiffany beschert uns auch in den kommenden Tagen strahlenden Sonnenschein und für diesen Monat ungewöhnlich hohe Temperaturen. Man mag es Anfang Oktober vielleicht nicht denken, aber holen Sie Ihre Badesachen wieder aus dem Schrank, es wird heiß, heiß, heiß. Damit schließen wir den Wetterbericht für diese Woche. Genießen Sie den zweiten Hochsommer.“ Die Wetterfee warf noch ein letztes, strahlendes Lächeln direkt in die Kamera, dann wurde sie ausgeblendet und das Logo von Kalos TV erschien, während die Maskottchen, ein Psiau, ein weibliches und ein männliches Psiaugon im Comic-Stil quer durch den Bildschirm liefen.

Rain wandte sich vom Fernsehgerät in der Lounge des Pokémoncenters ab und schaute nach draußen. Seit ihrer Ankunft in Kalos hatte sie kein einziges Mal etwas Langärmliges getragen und ihre Jeans war kurzen, weißen Shorts gewichen. Schade, dass sie ihre Sandalen zu Hause gelassen hatte, aber wer rechnete im Herbst auch mit solch hochsommerlichen Temperaturen?

Die Menschen draußen wirkten fröhlich und ausgelassen, flanierten über den Place Rose und aßen in den unzähligen Cafés Eis und Kuchen. Rain bevorzugte für den Moment das klimatisierte Pokémoncenter, denn sie brütete über einer Strategie für Froxy, mit dessen Training sie am liebsten noch heute beginnen wollte. Das Wasserpokémon der Art Blubbfrosch hatte eine gute Initiative, Angriff und Spezialangriff waren ausgeglichen. Später würde es ein Quajutsu werden und Rain schwankte zwischen einem speziellen und einem gemischten Movepool. Von ihrem Ersparten könnte sie ein oder zwei TMs kaufen, aber dann war ihr Taschengeld fürs Erste weg, das wollte sie nicht.

Seufzend nippte sie an ihrem Mineralwasser und schaute einer braunhaarigen Trainerin zu, die gerade durch die automatischen Glastüren eintrat. Sie trug trotz des Wetters schwarze Kleidung, nietenbesetzte Lederhandschuhe und hatte lange, schwarz lackierte Fingernägel. In der einen Hand hielt sie ein Magazin, auf dessen Titelblatt eine hellblonde, junge Frau mit blauen Haarsträhnen abgebildet war. In dicken, glitzernden Lettern stand darunter die Überschrift: Milas Geheimnis. Das Idol im exklusiven Interview über ihre Kette und ihre erste große Liebe. Klang ziemlich reißerisch.

„Was glotzt du so?“ Die Trainerin kam näher, kniff die Augen zusammen und baute sich vor Rain auf. „Haste ein Problem, hä?“

Rain hob tadelnd eine Augenbraue. „Nein, alles bestens.“

„Gut, kümmere dich um deinen Kram, du Null.“

Einen Moment lang überlegte sie, ob sie die andere auf ihr unhöfliches Benehmen ansprechen sollte, beließ es jedoch dabei. Es hatte eben nicht jeder gute Manieren. Kopfschüttelnd widmete sie sich wieder ihrem Comdex, in dem sie die Attacken durchscrollte, die Froxy und später Quajutsu lernen konnten.

Nach ihrer Ankunft am neu gebauten Bahnhof hatte sie sich relativ schnell von Camille verabschiedet, allerdings hatten die beiden Mädchen ihre Trainer-IDs im Comdex der jeweils anderen eingelesen, sodass sie sich nun jederzeit Kurznachrichten schicken konnten. Sie würden beide eine Weile in Illumina City bleiben, vielleicht liefen sie sich ja noch einmal über den Weg. Rain hatte Camille eigentlich gemocht und ihre Gesellschaft genossen, aber sie verstand auch, dass die Ältere ihren eigenen Interessen nachgehen wollte.

Kurzerhand packte Rain ihre Sachen zusammen und ging nach draußen in die Hitze. Schon nach wenigen Metern begann sie zu schwitzen. Dieses Wetter war wirklich ziemlich ungewöhnlich. Den ganzen Sommer über hatte es nicht diese Temperaturen gegeben. Schnaufend bahnte sie sich ihren Weg zu einem der Kanäle, in denen das Wasser ruhig vor sich hin plätscherte.

In den Bäumen saßen einige Schwalbini und putzten ihre Gefieder. Auf der anderen Seite des Kanals hüpfte ein Dartiri herum und oben in der Luft kreisten Wingull, die versuchten sich mit ihrem Geschrei gegenseitig zu übertrumpfen. Mit der Umsiedlung der Pokémon in alle Regionen hatten die Wingull sich überall schnell einen Weg entlang der Gewässer gebahnt, aber Rain war es recht so, denn diese Pokémon erinnerten sie an ihr Zuhause.

„Also dann, Froxy. Los geht’s.“ Sie entließ ihr Froxy, das einmal herzhaft gähnte und sie dann erwartungsvoll anschaute. Nachdem sie ihr Pokémon ins Wasser geschickte hatte, ließ sie es dort einige Runden ziehen, damit es sich aufwärmen konnte. Es war nicht zu übersehen, dass dem Wasserpokémon der Kanal viel lieber war als die aufgeheizten Fußwege. Nach einiger Überlegung schickte Rain auch ihren Starter Karpador ins Wasser. Der Fisch blubberte vergnügt vor sich hin und sprang energiegeladen vor ihr auf und ab, doch sie ignorierte Karpador und bedeutete ihm mit einer Handbewegung sich selbst zu beschäftigen.

Nachdem Froxy seinen Spaß gehabt hatte, rief sie ihr Pokémon zu sich und zeigte auf ein Schwalbini, das am Boden nach Brotresten pickte. „Greif es mit Blubber an.“ Sogleich stellte Froxy sich breitbeinig hin, holte tief Luft und schoss eine Ladung der Blasen auf Schwalbini, die bei Körperkontakt explodierten.

Das Vogelpokémon kreischte erschrocken auf, flog in die Luft und krächzte aufgebracht.

„Noch einmal Blubber.“

Auch der zweite Angriff traf, doch dieses Mal ließ Schwalbini das nicht auf sich sitzen und holte zum Gegenangriff aus. Der Ruckzuckhieb war so schnell, dass Rain ihr Pokémon bereits durch die Luft fliegen sah. Mit einem heftigen Aufprall landete Froxy auf dem Steinboden und stand schwankend wieder auf. Das sah nach einem Volltreffer aus.

Gerade wollte sie wieder Blubber befehlen, doch Schwalbinis Freunde eilten dem Artgenossen zur Hilfe. In wenigen Sekunden hatten sich die Schwalbini und Dartiri zusammengetan und schnatterten wütend durcheinander. Selbst die Wingull weiter oben am Himmel kreischten vergnügt und beobachteten das Spektakel genau.

„Oh oh …“ Im nächsten Augenblick stürzten sich gleich fünf der Vögel auf Froxy. Rain konnte sich gerade noch ihr Pokémon schnappen und Karpador in den Pokéball zurückziehen, dann rannte sie die Straße entlang, direkt hinter ihr die wütende Meute, die ihr mit scharfen Schnäbeln und Krallen in die Haut piekten. „Hey, lasst das!“ Sie bog um eine Ecke, rannte über die Straße und hielt erst keuchend an, als ihre Verfolger sie in Ruhe ließen und zurück zum Kanal flogen. Erleichtert atmete sie aus. Der Place Rose war ganz in der Nähe und Froxy brauchte nach diesem Angriff erst einmal eine Heilung, also zog Rain auch ihr zweites Pokémon in den Ball zurück und ging wieder zum Pokémoncenter.

Während sie darauf wartete, dass Schwester Joy fertig mit Froxy war, schrieb sie eine kurze Nachricht an Camille: Erste Trainingseinheit am Kanal. Keine gute Idee, alles voller Vogelpokémon.

Nur wenige Sekunden später kam die Antwort. Immerhin keine Sleima, die leben zwischen Kanal und Abwasserrohren und deren Geruch bekommt man so schnell nicht mehr weg ;-) Lächelnd schaute Rain ihren dunkelgrauen Comdex an. Eigentlich war es schade, dass Camille nicht hier war, mit ihr hätte sie sich gerne über das Training unterhalten.

Sie schrieb auch ihren Eltern eine Nachricht, erkundigte sich, wie es zu Hause lief und wie es Summer ging. Mit Sicherheit würde ihre Schwester jeden Moment nach Kalos aufbrechen, die Flugtickets wollte sie garantiert sofort nutzen. Vielleicht würden sie sich in den nächsten Tagen ja hier in Illumina City treffen, aber vielleicht auch nicht. Rain war nicht besonders scharf auf die Gesellschaft ihrer Zwillingsschwester.
 

Am Abend kam die Antwort ihrer Mutter. Ihnen ging es gut und Rain wollte am nächsten Morgen zusammen mit Henry nach Kalos aufbrechen. Natürlich hatte sie Henry mitgenommen, das war Rain von Anfang an klar gewesen. Außerdem schrieb ihre Mutter, dass sie Kontakt zu ihrer Cousine aufnehmen würde, die vor einigen Jahren nach Illumina City gezogen war.

Rain wusste nicht viel von der Familie mütterlicherseits. Ihr Vater, Joel Light, hatte eine Zwillingsschwester, Trixi, aber seine Eltern waren beide Einzelkinder gewesen, daher gab es auf der väterlichen Seite nur noch Trixis Kinder Grace und Julius. Ihre Mutter war ebenfalls Einzelkind, hatte allerdings noch einige Tanten und Onkels, die Rain nie kennen gelernt hatte. Es gab ein paar Familienfotos von der Hochzeit ihrer Eltern, aber das war es dann auch schon. Dass ihre Mutter daher ausgerechnet jetzt Kontakt zu einer ihrer Cousinen aufnehmen wollte, überraschte sie.

Karpador und Froxy ging es gut, beide hatten von dem Angriff nicht viel abbekommen und ruhten nun nach der Fütterung in ihren Pokébällen. Wenn sie sich als Trainerin verbessern wollte, musste sie sich morgen dringend einen anderen Trainingsplatz suchen, zum Kanal würde sie kein zweites Mal gehen. Eine der Routen außerhalb der Stadt war mit Sicherheit besser geeignet. Aus diesem Grund las Rain in ihrem Reiseführer und schaute nur kurz hoch, als die braunhaarige, schwarzgekleidete Trainerin von heute Mittag einen Streit mit einem anderen Trainer anfing.

„Ich hab dir schon mal gesagt, dass das mein Sitzplatz in der Kantine ist, Pisskopf.“

Der Junge schluckte, drehte jedoch seine Cappi nach hinten und schaute das Mädchen trotzig an. „Glaub bloß nicht, dass du dich hier aufspielen kannst, Schweinegesicht.“

„Wie hast du mich genannt?!“ Fassungslos starrte sie ihn an und ihre Wangen nahmen eine dunkelrote Färbung an. Einen Moment lang sah es so aus, als würde sie ihm mit der bloßen Faust eine runterhauen wollen, doch dann packte sie ihn nur am Kragen und zog ihn näher zu sich heran. „Na warte, ich verpasse dir eine Abreibung, die sich gewaschen hat. Meine Pokémon werden dich fertig machen.“

„Das werden wir ja sehen.“

Gefolgt von einigen anderen Schaulustigen gingen die beiden nach hinten, von wo eine Tür zum sandigen Trainingsplatz des Pokémoncenters führte. Eigentlich interessierte sich Rain nicht für die Streitigkeiten anderer, doch da sie das Mädchen schon die ganze Zeit unhöflich fand und sie eine Abreibung verdient hatte, folgte sie dem Pulk nach draußen.

Mit einem frechen Grinsen entließ der Junge ein Igastarnish, doch sein Grinsen verschwand sofort, als seine Gegnerin ein Fiaro in den Kampf schickte. Kalkweiß starrte der Junge sie an. „D-du hast ein voll entwickeltes Pokémon?“

„Natürlich, Pisskopf“, sagte die Braunhaarige und spuckte auf den Boden. „Oder glaubst du, mir sind die ersten vier Orden im Schlaf zugefallen?“

Da klar war, wer gewinnen würde, wandte Rain sich wieder von dem Kampf ab. Das ganze Geschehen dauerte noch nicht einmal eine Minute, dann kehrten auch die anderen Schaulustigen ins Pokémoncenter zurück und verstreuten sich in der Lounge und der Kantine. Die Braunhaarige kam als letzte und grinste selbstgefällig. Sie hatte Igastarnish dermaßen frisiert, dass der Junge nun heulend mit seinem bewusstlosen Pokémon am Schalter von Schwester Joy stand. Ein Bein stand in einem unnatürlichen Winkel vom Körper des Pokémon ab.

Rain verengte die Augen ein wenig, als sie das sah. Man musste sich nicht alles gefallen lassen, vor allem nicht von Trainern, die offenkundig schwächer waren. Aber das Verhalten dieses Mädchens war schlichtweg unfair und vollkommen übertrieben. Ihr Fiaro hätte so oder so gewonnen, doch sie hatte ein Exempel statuieren wollen und das Pokémon dieses Jungen mit gebrochenen Knochen zurückgelassen. Irgendjemand musste sie in ihre Schranken verweisen. Gab es denn niemanden in diesem Pokémoncenter, der es mit ihr aufnehmen konnte?



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  inuyascha
2014-12-28T22:47:34+00:00 28.12.2014 23:47
gute Kapitel
Von:  Yurippe
2014-12-20T11:05:34+00:00 20.12.2014 12:05
Da gibt es ja lauter sympathische Leute, genau wie im echten Paris. XD
Antwort von:  Kalliope
20.12.2014 12:26
xDD
Von:  yazumi-chan
2014-12-17T21:07:26+00:00 17.12.2014 22:07
Enter: Jemand, der es mit ihr aufnehmen kann xD Ah, eine sehr erfreuliche Persönlichkeit. Ich habe erst Mal den ganzen erste Paragraph gebraucht, bevor ich das mit dem Hoch kapiert habe und dass wir nicht von einer Person namens Tiffany reden. Mir gefallen deine Trainingsbeschreibungen übrigens sehr :) Armes Karpador. Es will doch nur Liebe...
Antwort von:  Kalliope
18.12.2014 17:33
Danke :> Was genau gefällt dir daran so gut?
Ja, armes Karpador :( Es tut mir wirklich leid. Immerhin ist es das Maskottchen der FF, wenigstens das darf es. Zu der Trainerin: Im Gegensatz zu dem, was sie noch tun wird, ist sie hier nett. Oh ja, man wird sie hassen.
Antwort von:  yazumi-chan
18.12.2014 17:44
Mir gefällt einfach, dass du es sehr realisitsch gestaltest. Erstmal aufwärmen, dann trainieren sie einzelne Attacken oder Fähigkeiten... ich halte mich ja mehr an die Spiele, aber diese Interpretation mag ich auch sehr gerne :)
Antwort von:  Kalliope
18.12.2014 18:32
Spiele UND Anime zu vereinen, finde ich auch etwas schwierig. Bei mir ist es zwar auch nicht genau wie im Anime, aber nun gut.
Von: abgemeldet
2014-12-17T00:31:25+00:00 17.12.2014 01:31
Ein sehr schönes Kapitel und die mögliche Konfrontation von Rain und den geheimnisvollen Mädchen in Schwarz wird bestimmt spannend.

Mir ist ein kleiner Fehler in folgenden Satz aufgefallen: Nach einiger Überlegung schickte Rain auf ihren Starter Karpador ins Wasser.
Das "auf" sollen ein "auch" sein, nicht wahr?
Antwort von:  Kalliope
18.12.2014 17:31
Jap, danke :)
Von:  fahnm
2014-12-16T22:22:11+00:00 16.12.2014 23:22
Spitzen Kapi^^


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