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Role Reversal

von

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Ein Fall ins kalte Wasser

Welch eine Fügung, dachte sich Nami und prüfend, wie aus dem bekannten Instinkt heraus, durchkämmten ihre Augen den Raum; das Büro der Direktorin. Ihr erst zweiter Aufenthalt und die erste Möglichkeit, sich ein genaueres Bild zu machen.

Ungern erinnerte sie sich an diesen einen, ersten Tag zurück. Nicht der Begegnung mit Franky wegen oder dem ersten Kontakt mit Nico Robin, nein, sie mochte nicht an den Beginn erinnert werden. An die Gefühle, die ihr Innerstes aufwirbelten, die ihr die Konsequenzen vor Augen hielten, die sie immer schon im Hinterkopf hatte. Bis zu diesem einen Fehler hatte sie sich stets davon abgehalten, an das mögliche Scheitern zu denken.

Töricht, wie sie war, hatte sie sich in Gedanken bestärkt und sich eingeredet, niemand könnte sie aufhalten; sie jemals schnappen und einsperren. Dann trat das ein, was irgendwann eintreten musste. Anders als bei ihrem ersten Besuch hier, hatte sie zuvor noch die frische und salzige Meeresluft gerochen, sie hatte das Blau des Himmels gesehen und den Wind und die warmen Sonnenstrahlen auf ihrer Haut gefühlt. Wie sehr Nami all das, diese Kleinigkeiten, die sie als selbstverständlich wahrgenommen hatte, vermisste.

Tiefer sank sie in den Stuhl und die Aufmerksamkeit blieb am Schreibtisch hängen. Alles an seinem Platz, fast schon zu penibel geordnet. Entweder hatte die Direktorin einen Fimmel oder ein Grund steckte dahinter. Nichts wies auf ihre derzeitige Arbeit hin, als hätte sie heute noch nie an dem Schreibtisch gesessen, irgendetwas gearbeitet.
 

Nami musste Geduld üben, bislang ließ Nico Robin auf sich warten und das Ticken der Wanduhr brachte sie allmählich auf die Palme. Kein Wunder, dass sie sich bereits Gedanken über die Aufteilung eines Schreibtisches machte, aber wie sollte sie sich sonst ablenken? Denn sie, sie hatte nicht um ein Gespräch gebeten. Deshalb saß sie auf Nadeln und die Nervosität gepaart mit ihrer angeborenen Ungeduld, war keine sonderlich angenehme Kombination.

Natürlich hatte sich Nami bereits Gedanken darum gemacht, warum sie hierher zitiert worden war. Vielleicht hatten sie Crocodile ausfindig gemacht und wie es sich für ein Krokodil seines Charakters gehörte, nutzte er die Gelegenheit sofort für eine Retourkutsche. Wem glaubten sie mehr? Einer Diebin oder einem Mitglied der Samurai der Meere, hinter dem die gesamte Bevölkerung eines Wüstenstaates stand? Am Ende hielt das Krokodil wohl das besser Blatt in Händen.
 

Ihr Kopf brummte. Eine halbe Stunde zuvor hatte sie wenigstens noch eine angenehme Unterhaltung geführt. Bunny Joe, ihr liebster Wachposten. Ein netter, ulkiger Typ. Selbst die Hölle kam nicht ohne solche aus. Der einzige Wärter, der so gar keine Gehässigkeit an den Tag legte oder einfach dumme Sprüche zum Besten trug. Manchmal gab er ihr Informationen, erzählte von Frankys Zustand. Er musste es nicht tun, nein, er durfte das gar nicht, aber missachtete Joe die Vorschrift. Viel brauchte Nami nicht, sie wollte lediglich wissen, ob der Cyborg noch da und am Leben war. Dieses Wissen reichte um das unangenehme Gefühl ihrer Magengrube ruhig zu stellen. Die Unterhaltung hatte abrupt geendet als Terry schnelleren Schrittes hinzu kam und den Befehl mitteilte, man erwartete sie im Büro der Direktorin. Terry war merkwürdig, seinen Namen kannte die Diebin nur durch Joe, als sie mal nachfragte. Dieser Wärter brachte ihr manchmal die Mahlzeiten, ohne ihr eine größere Beachtung zu schenken. Nie hatte er auch nur ein Wort an sie gewandt. Seine schweigsame Art störte Nami nicht, keineswegs, er stach damit lediglich hervor, unterschied sich sehr vom restlichen Personal.
 

Wieder lauschte sie dem Takt des Uhrzeigers. Der rechte Fußballen wippte dementsprechend, auf und ab. Hatte Nico Robin ihren eigenen Befehl vergessen oder lag eine Taktik dahinter? Beides missfiel der Inhaftierten, obwohl sie nach einer gefühlten Ewigkeit endlich wieder anderes sah. Das letzte Aufeinandertreffen war über eine Woche her und so sehr Nami das Fehlen der verstörenden Verhöre auch mochte, hatte sie nicht damit gerechnet gehabt, die Direktorin überhaupt nicht mehr zu Gesicht zu bekommen. Als hätte Nico Robin mit den nötigen Informationen gänzlich das Interesse an ihr verloren. Auf der anderen Seite reichte der Zeitraum eben aus, um an eine Bestätigung ihrer kleinen, aber feinen Lügen zu kommen. Was auch kam, sie empfand es wesentlich angenehmer sich im Büro aufzuhalten und nicht in einem der Verhörräume, in denen höchstwahrscheinlich Sady aufgelauert hätte. Gut, Nico Robin konnte ihr dieselben Schmerzen bereiten, aber aus irgendeinem Grund heraus, beruhigte Nami das. Lieber die schwarzhaarige, kaum einschätzbare Direktorin als diese verrückte Psychopathin, die sich an den Schmerzen der anderen amüsierte.

Die Uhr schlug zur vollen Stunden und die Diebin hob den Kopf zur Seite; sie hörte wie die Tür geöffnet wurde. Ein raues, fast tonloses Lachen fand den Weg über ihre Lippen.
 

„Wenn man vom Teufel spricht“, nuschelte Nami tief ausatmend.

„Habt ihr euch falsch abgesprochen oder hoffst du, deine Insassen zermürben an der Warterei?“ Die Hände lagen in Handschellen, doch störten diese nicht länger. Irgendwann gewöhnte man sich an die Umstände, wusste wie man diese handhaben musste und so fuhr sie sich durch ihre orangene Mähne, den Blick wieder zum Schreibtisch gerichtet. Aus dem Augenwinkel heraus erkannte sie die Gestalt der Direktorin ehe sie in voller Gänze vor ihr stand, die Lippen zu einem belustigendem Lächeln gehoben.
 

„Zappeln lassen hat sich über die Jahre hinweg bewährt, aber ich bedaure. Heute bin ich tatsächlich aufgehalten worden.“ Eine Akte landete auf dem Tisch.

„Wie ich gehört habe, hast du dich gut eingelebt“, bemerkte Nico Robin, als sie sich ihres Uniformrockes entledigte und diesen über die Stuhllehne gab. Bislang zeigte der Tag seine scheußlichste Seite; auf eine etwaige Besserung konnte sich die Direktorin nicht einstellen.
 

„Gäbe es diese ermüdende Langeweile nicht, könnte ich mich hier glatt heimisch fühlen“, entgegnete Nami angesäuert; den Blick stets auf die Frau ihr gegenüber gerichtet. Aus einem unerfindlichen Grund heraus, kam ihr die Direktorin anders vor, gestresst, fast ausgelaugt. Die Ausstrahlung vom letzten Mal war wie weggefegt. Ob sie es sich bloß einbildete oder dem so war, wusste Nami nicht einzuschätzen.

Die Direktorin belächelte die Worte. In ihrem Gefängnis hörte sie selten, wie sich jemand über eine Langeweile beschwerte. Nun, nachdem sie die Ärmel ihres Hemdes zurück gekrempelt hatte, nahm sie Platz.
 

„Hast du eine Ahnung, warum ich dich hierher bestellt habe?“, fragte Nico Robin rein interessenshalber.

Nami atmete hörbar aus.
 

„Aus Erfahrung sprechend, würde ich meinen, ich habe irgendeinen Unsinn angestellt. Da ich derzeit jedoch ziemlich eingeschränkt lebe, brauche ich wohl einen kleinen Denkanstoß.“ Als Kind hatte sie sich oft in ungünstige Situationen manövriert, die in unzähligen Standpauken endeten. Dann kam der bitterere Teil ihres Lebens, indem sie meist aus demselben Grund antreten musste und somit wusste, sie steckte in Schwierigkeiten. Hier sah die Sachlage ein wenig anders aus.
 

„Sagen wir, heute ist dein Glückstag.“ Die Akte wurde aufgeschlagen und nach nochmaligem Lesen des oberen Blattes, legte es Nico Robin vor die Insassin, die ihr mehr als skeptisch entgegen sah.

„Eine Unterschrift genügt.“
 

„Was ist das?“, fragte Nami, ohne einen Blick auf das Schriftstück geworfen zu haben. Die Direktorin schwieg, deutete lediglich auf das Blatt Papier. Nami sollte es also selbst herausfinden. Zögernd und doch neugierig zugleich, nahm sie das Papier schließlich in die Hand und las sorgfältig. Ihr Herz beschleunigte den Takt, klopfte fester gegen den Brustkorb, während sich ihr Magen schmerzhaft verkrampfte. Es blieb nicht bei einem Lesen, mehrmals fing sie von vorne an. Suchend nach einer Erklärung, einem Sinn dahinter.

„Ein Scherz, oder?“, knurrte sie nach geraumer Weile.
 

„Oh, ich versichere dir, für einen Scherz dieser Art, verschwende ich keine Zeit“, entgegnete Nico Robin mit einem ernsteren Tonfall.

„Dein Freifahrtschein, Liebes.“
 

„Nein, da mache ich nicht mit“, entschied sich Nami aus dem ersten Impuls heraus. Unmöglich, diesen Deal unterzeichnete sie nicht.
 

„Die Option steht dir nicht zur Verfügung.“

Nami schluckte. Wut kroch hoch, aber zum ersten Mal, seit sie hier war, wusste sie nicht, gegen wen sich diese mehr richtete. Das Blatt glitt aus ihrer Hand, schwach schüttelte sie den Kopf.

„Denk nach, du verlässt Impel Down. Kaum jemand hat eine solche Chance erhalten.“
 

„Niemand“, lachte die Diebin gehässig. Sie alle kannten die Geschichten, die Mythen. Nie hatte ein Insasse den Ort verlassen, jedenfalls nicht lebend.

„Wollt ihr mich verarschen? Das ist doch ein bescheuerter Trick und kaum gebe ich nach, steckt ihr mich in irgendeine Zelle, in der ihr mich elendig verrotten lässt!“
 

„Offizieller Meldung nach, bist du eine gewöhnliche Diebin. Du bevorzugst sogar das Ausrauben von Piraten und wen interessiert‘s schon, ob ihnen das eigene Diebesgut abgenommen wird. Du stehst einzig für jene Fehlgriffe gerade, in denen unter dem Gesetz stehende Menschen geschädigt worden sind. Zudem bin ich bereit, dich in den East Blue überstellen zu lassen, nahe deinem Heimatdorf, Kokos.“

Entgeistert starrte Nami der Direktorin entgegen.

„Wäre ein Jammer, wenn wir deiner Schwester mitteilen müssten, wo du dich gegenwärtig aufhaltest, oder?“, setzte die Schwarzhaarige noch drauf und lächelte süßlich.
 

„Woher habt ihr die Information?!“ Ein kalter, unangenehmer Schauer glitt ihren Rücken hinab. Wo um alles in der Welt hatte die Regierung diese Informationen aufgeschnappt? Während ihrer Reise hatte Nami stets darauf geachtet, nie jemanden von ihrer Heimat zu erzählen. Eine reine Schutzmaßnahme und auch kam diese Kleinigkeit in keinem einzigen der Verhöre auf. Nami musste schon großes Vertrauen in eine Person legen, wenn sie ausgerechnet davon erzählte. Entweder handelte es sich hierbei um einen puren Glücksgriff oder jemand hatte ordentlich geplaudert.
 

„Ich habe meine Quellen. Wir können auch gerne von Bellemere sprechen. Hab sogar ihre Akte aus ihrer Zeit als Soldatin.“
 

„Bring mich zu Franky!“, forderte Nami schroff. Nichts davon wollte sie hören. Ihre Vergangenheit ging die andere nichts an.
 

„Habe gehört, sie ist durch einen Piraten ums Leben gekommen. Bestiehlst du sie deshalb gerne?“
 

„Das geht dich nichts an! Ich möchte ihn sehen!“
 

„Leider muss ich dich enttäuschen“, begann die Direktorin und lehnte sich zurück, „selbst, wenn ich dir diesen Gefallen tue, vergeudest du deine Zeit. Cutty Framm hegt kein Interesse daran, sich mit dir zu unterhalten. Nicht mehr.“ Eine Hand erschien, legte das Dokument zurecht, direkt vor die Diebin sowie einen Stift.

„Also? Sind wir im Geschäft?“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Dark777
2016-03-24T09:34:33+00:00 24.03.2016 10:34
Ach du meine Güte, jetzt bin ich aber mal gespannt was das für ein Deal sein soll! Ich tippe mal Nami soll ein Eingeständnis unterzeichnen, dass z. B. Franky der Drahtzieher der ganzen Aktion und sie nur ein kleines Licht ist. Was das aber bezwecken soll ist mir noch ein Rätsel. Robin scheint Nami zwar zu mögen, das hält sie aber offensichtlich nicht davon ab sie ganz schön unter Druck zu setzen. Bin mal gespannt wie aus den Beiden noch Freunde (und mehr) werden.

V(~_^)
Von:  Ruka_S_Orion
2016-03-04T15:44:31+00:00 04.03.2016 16:44
0o Woah, wie gemein! So lange warten auf das nächste Kapitel und jetzt das?!
Was ist das denn jetzt für ein Deal?!
Wehe, du lässt dir wieder so lange Zeit ;P

(Anbei bemerkt, stilistisch ein Fortschritt, ließt sich immer fließender ;) Und die Spannung in der Büro-Luft ist ansteckend :D)

LG
Orion
Antwort von: robin-chan
05.03.2016 15:11
Hey!
Also so lange musste jetzt niemand warten. Da gab es bei mir schon sehr viel mehr Pausen ;) Bin derzeit mal zufrieden, dass ich einen monatlichen Upload einhalten kann :D
Keine Sorge, der Deal wird vermutlich sogar schon im nächsten Kapitel aufgelöst ;)

Danke, ich versuche den Stil momentan sowieso ein bisschen anders zu gestalten :)

Liebe Grüße
Von:  fahnm
2016-03-03T20:26:27+00:00 03.03.2016 21:26
Tolles Kapitel



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