Aufmunterung
Dieses nervige Geräusch. Jeden morgen das gleiche. Wer zur Hölle hat eigentlich Wecker erfunden? Demjenigen würde ich nur zu gerne mal meine Meinung sagen. Scheiß Erfindung. Besonders an diesem morgen war der Klang des Weckers einfach nur schrecklich für mich. Sollte ich eines Tages in die Hölle kommen, würde dieses abartige Geräusch wahrscheinlich die ganze Zeit zu hören sein, während ich im Fegefeuer schmore. Ja, ich war wirklich stinke sauer auf das dumme Ding, denn ich hatte so schön geträumt.
Viel zu schön, wie man an meiner Morgenlatte erkennen konnte. Ich trottete schlaftrunken ins Badezimmer um erst einmal Wasser zu lassen. Ich zog schnell etwas an und schlurfte mit noch halb-geschlossenen Augen den Gang entlang und die Treppen nach unten. Mein Onkel schlief noch also nahm ich es mir raus, direkt aus der Milchtüte zu trinken. Gläser sind was für Weicheier.
Plötzlich kam mir etwas in den Sinn und ich war hellwach. „Oh mein Gott. Ich werde gleich Gaara in der Schule treffen.“, dachte ich mir und starrte perplex meine Milchtüte an. Schlagartig wurde mir übel, das lag bestimmt daran, dass ich Gaara in spätestens einer halben Stunde sehen würde. Oder an der Milch, die sehr seltsam schmeckte.
„Was soll ich sagen? Wie soll ich mich verhalten?“, sprach ich mit mir selbst. Ein Blick auf die Uhr ließ mich zusammenzucken. „Oh Nein, so spät. Sai wartet sicher schon.“
Ich flitzte aus der Küche, stieß mir noch schnell meinen kleinen Zeh am Tischbein und mit einem lauten 'Aaaah, Fuck, tut das weh', humpelte ich durch den Gang um meine Schuhe anzuziehen. „Ach, auch schon da.“, begrüßte mich Sai sehr liebevoll, wie ich finde. „Sorry, verpennt.“, war das Einzige was mir gerade einfiel. Ich konnte je schlecht sagen, dass ich in der Küche vergammelte Milch getrunken und dabei über Gaara fantasiert habe.
„Ja, egal. Lass uns gehen jetzt. Sasuke hat bestimmt nicht auf uns gewartet.“, sprach Sai genervt. Ich nickte ihm nur zu und ohne weitere Worte gingen wir den beschwerlichen Weg in Richtung Schule. Ich erzählte Sai jedoch nichts von meinem Treffen mit Gaara. Wir kamen ganze zehn Minuten zu spät zum Unterricht. Unser Lehrer Kakashi war zum Glück noch nicht da, als wir uns zur Tür rein schlichen. Kakashi kam immer zu spät.
Sasuke war nicht ansprechbar, da er gerade den Mädels vorführte wie cool er ist. Da war er. Gaara sitzt immer noch da vorne bei Hinata. Das geht ja mal gar nicht, die muss weg da. „Kann ich vielleicht neben dir sitzen?“, fragte ich vorsichtig als ich vor Gaara's und Hinata's Tisch stand. „G-gerne, N-Naruto.“, sprach Hinata schüchtern. „Nicht neben dir, Hinata. Ich möchte gerne neben Gaara sitzen. Geht das, bitte? Bei Sai ist ein Platz frei für dich, Hinata.“, gab ich trocken zu hören.
Man sah der kleinen schwarzhaarigen die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben, jedoch räumte sie ihren Platz ohne ein weiteres Wort. Ich setzte mich neben Gaara, schaute nach hinten zu Sai, der mir genervte, vorwurfsvolle Blicke zuwarf und freute mich nun schon auf den Unterricht. Neben Gaara würde es bestimmt lustiger werden als neben Sai. „Morgen.“, gähnte der Rotschopf mich an. „Na, gut geschlafen?“, fragte ich ihn mit einem breiten Grinsen im Gesicht. „Nee..“, stöhnte Gaara. Er war danach leider nicht mehr ansprechbar, da er weg pennte. Und er schlief wie ein Stein.
Ab und zu pikste ich ihm mit einem meiner Fineliner in die Seite oder in die Wange, jedoch kam keinerlei Reaktion von ihm. Zwischendurch beobachtete ich ihn beim Schlafen. Naja okay, eigentlich die ganze Zeit. Er sah so friedlich aus. Irgendwann begann ich damit, an seinen feuerroten Strähnen herum zu zupfen, was er mit einem lauten Seufzen quittierte. Sein Kopf lag auf der Tischplatte, was übrigens sehr unbequem aussah. Plötzlich drehte er seinen Kopf in meine Richtung, jedoch schlief er immer noch.
Ich legte meinen Kopf ebenfalls auf die kalte Tischplatte um Gaara besser beobachten zu können. Ich rutschte etwas näher an ihn heran, so nah, dass ich schon seinen warmen Atem auf meinem Gesicht spüren konnte. „NARUTO, GAARA! AUFWACHEN!“, schrie Kakashi genervt und wir beide schreckten plötzlich hoch. Ja, sogar Gaara wachte von diesem Lärm auf. Verpennt sah er sich um und legte sich kurze Zeit später wieder hin. Irgendwie wollte ich ihm erzählen, dass ich gestern Abend noch an ihn denken musste und was ich dabei getan habe.
„Hey, Gaara.“, flüsterte ich. „Bist du wach?“ „Was für ne scheiß Frage. Würdest du nicht die ganze Zeit an meinen Haaren rumspielen und mich anstarren, könnte ich bestimmt schlafen.“, war Gaara's entnervte Antwort. Oh mein Gott, er hat das bemerkt? Wie peinlich. „Ich wollte dir etwas erzählen.“, so begann ich zu reden. „Was?“, fragte er im Halbschlaf. Plötzlich verließ mich der Mut und ich sagte nur noch: „Nix. Ist egal.“ Gaara seufzte und schlief durch bis zur Pause.
Als es klingelte, war der Rotschopf plötzlich hellwach. Wir gingen zusammen in die Pause und trafen da auch schon auf Sai und Sasuke. Am Anfang führten wir einfach nur belanglose Gespräche, der übliche Smalltalk eben. Ich flüsterte Gaara ganz leise zu: „Hey, du wolltest ihnen doch noch etwas erzählen.“ „Spinnst du? Doch nicht jetzt, wenn dann nach der Schule.“, keifte Gaara mich an. Gesagt, getan. Nach der Schule trafen wir uns direkt vor dem Schultor um zusammen nach Hause zu gehen. Nachdem Sasuke seine Anhängsel Sakura und Ino abgewimmelt hatte, begann Gaara zu reden.
„Leute ich muss euch was sagen.“, alle hörten gespannt zu. Ich war richtig stolz auf Gaara, dass er sich das wirklich traut. Geradeheraus ohne weiter Umschweife kam er zur Sache: „Ich bin schwul.“ Sasuke und Sai fingen schlagartig an zu lachen. „Haha du Witzbold. Jetzt mal ernsthaft, was wolltest du uns sagen?“, scherzte Sasuke. Ich spürte wie Gaara nervös wurde, er knetete seine Hände und sah mich hilfesuchend an. Das musste er jedoch jetzt selbst durchziehen. Er nahm noch einmal seinen Mut zusammen und sagte aufgeregt: „Ich meins ernst. Ich bin schwul. Wir konnten uns in den Ferien kaum sehen, da ich immer was mit meinem Freund gemacht habe.“
Sasuke's und Sai's blödes Gelächter schwand. „Du willst uns verarschen, oder?“ Gaara schüttelte verängstigt den Kopf. Er traute sich nicht mehr irgendeinem von uns in die Augen zu sehen. „Und warum erzählst du uns sowas nicht gleich?“, fragte Sasuke verblüfft und etwas genervt. „Ich hatte Angst, dass ihr nichts mehr mit mir zu tun haben wollt.“, wisperte Gaara. „Ey, nee. Sorry aber mit einer Schwuchtel will ich nicht gesehen werden.“, sprach Sasuke wütend und warf Gaara dabei einen angeekelten Blick zu.
„Komm Sai, wir hauen ab.“, bestimmte Sasuke und Sai folgte ihm wortlos. Auch er sah Gaara an als wäre er der letzte Dreck. „Naruto, kommst du auch mal irgendwann?“, fragte Sasuke als sie einige Meter gelaufen waren. Ich blieb neben Gaara, welcher den Tränen nahe war stehen. Ich war wie paralysiert, denn ich hätte nicht gedacht, dass die beiden so reagieren würden. Ich konnte nichts antworten. „Dann bleib doch bei der Schwuchtel!“, meckerte Sasuke wütend und dampfte mit Sai ab.
Ich und der Rotschopf standen einfach nur nebeneinander und beobachteten Sai und Sasuke, wie sie wild gestikulierend verschwanden. „Warum hast du mir nicht geholfen?“, fragte mich Gaara mit zittriger Stimme. „Tut mir Leid aber ich dachte das musst du selbst hinkriegen. Ich hätte so eine Reaktion von den beiden echt nicht erwartet.“, antwortete ich verblüfft. Gaara trottete langsam los um nach Hause zu kommen, da ich ihn in dieser Situation nicht allein lassen wollte, begleitete ich ihn.
Als wir unterwegs waren, sprach er kein Wort. Bei ihm zu Hause angekommen, gingen wir in sein Zimmer und plötzlich brachen die Tränen aus ihm heraus. Er warf sich aufs Bett und war erst nicht ansprechbar. Ich setzte mich auf seinen Bürostuhl neben das Bett, ich wollte ihn trösten und kam mir dabei vor wie ein Psychotherapeut.
„Gaara, beruhig dich. Die müssen die neue Info erst einmal verarbeiten. Ich glaube nicht, dass sie jetzt nichts mehr mit dir zu tun haben wollen. Die kriegen sich wieder ein und wenn nicht, dann bin ich ja auch noch da. Ich war am Anfang auch geschockt aber ich lass dich nicht im Stich, echt jetzt! Von euch Dreien bist du immer noch der, den ich am längsten und besten kenne und nichts in der Welt könnte unsere Freundschaft kaputt machen.“
Gaara war so gerührt von meinen Worten, dass sein Geheule noch lauter wurde. Ich konnte es nicht ertragen, ihn so leiden zu sehen. Ich musste irgendwas unternehmen und setzte mich neben ihn aufs Bett. In dem Moment als ich mich hin hockte, fing mein Herz wieder an zu rasen. Das war mir jetzt egal, ich wollte den kleinen verzweifelten Rotschopf trösten. Ich boxte ihm freundschaftlich auf die Schulter und sagte: „Hey, Kopf hoch.“ Das nützte so ungefähr gar nichts, außer das ihm seine Schulter jetzt wehtat.
„Gaara, hör auf zu heulen sonst fang ich auch gleich an.“, sagte ich wahrheitsgemäß. Ich konnte es wirklich nicht ertragen ihn so zu sehen. Jedes Mal wenn er schluchzte, fühlte es sich an als würde mir jemand das Herz herausreißen. Ich kannte ihn von klein auf und ich hatte ihn schon oft weinen sehen aber dieses Mal war es wirklich schrecklich für mich. Ich konnte mir nicht erklären, wo auf einmal mein tiefes Mitgefühl herkam.
Ich versuchte wieder ihn zu beruhigen. Er lag auf dem Bauch und drückte sein Gesicht ins Kissen. Vorsichtig legte ich meine zittrige Hand auf seinen Rücken. In dem Moment als ich ihn sanft berührte hielten wir beide kurz die Luft an. Ich strich ihm ein paar mal zärtlich übers Schulterblatt. Er atmete plötzlich schwer, hörte jedoch auf zu weinen. „Was tust du da?“, fragte er mit heiserer Stimme. Ich zog erschrocken die Hand weg und sagte: „Entschuldigung.“
„So war das nicht gemeint, Naruto. Du darfst gerne weitermachen.“, sprach Gaara nun etwas entspannter. Ich schluckte und legte meine Hand wieder auf sein Schulterblatt. Ganz langsam fing ich an, ihm wieder über den Rücken zu streicheln. Der Rotschopf wurde auf einmal richtig entspannt. Plötzlich weinte er Sasuke und Sai keine Träne mehr nach. Mit dem Zeigefinger strich ich einmal über seine gesamte Wirbelsäule. Als ich ganz unten angekommen war, berührte ich seinen Hosenbund und bemerkte, wie Gaara kurz zusammen zuckte.
Erschrocken wanderte meine Hand wieder nach oben. Ich fing an, ihn am Nacken zu kraulen und fuhr mit meiner Hand immer leicht in seine feuerroten Haare. Er schnurrte fast, als ich ihn leicht an den Ohren und am Hals berührte. Mir war völlig egal ob das jetzt schwul aussieht oder nicht, es half Gaara dabei die anderen beiden zu vergessen und da tat ich das gerne für meinen besten Freund.
Ich nahm meine Hand weg und fragte mit ruhiger Stimme: „Geht's dir wieder gut?“ Gaara richtete sich plötzlich auf, zog sein Shirt aus und lies sich wieder mit dem Gesicht ins Kissen fallen. „Was tust du da?“, fragte ich ihn verwirrt. „Weitermacheeeen!“, meckerte Gaara und sprach dabei wie ein kleines, schmollendes Kind. Er lag nun mit dem nackten Oberkörper vor mir, jedoch hatte ich komischerweise keinerlei Hemmungen mehr ihn zu berühren.
Als ich ihm wieder zärtlich über den Nacken strich, gab er ein wohliges Seufzen von sich. Etwas erschrocken zog ich wieder meine Hand weg. Ich legte mich neben ihn, da mir vom unvorteilhaften Sitzen langsam der Rücken wehtat. Ich bemerkte, dass Gaara mich beobachtete. Seine verstohlenen Blicke machten mich total nervös. Plötzlich drehte er sich zu mir um und sah mir mit seinen glasigen, türkisen Augen ins Gesicht.
Ich musste grinsen und fragte etwas schüchtern: „Ist was?“ Gaara lächelte sanft, legte seinen Arm um meine Hüfte und sagte: „Ich bin froh, dass ich dich habe. Danke Naruto.“ Der Rotschopf rutschte etwas näher, doch plötzlich unterbrach uns ein lautes, störendes Geräusch. Es war mein klingelndes Handy. „Wart mal kurz.“, stöhnte ich genervt. Ich schaute aufs Display. Sasuke rief an.
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Warum ruft Sasuke an? Werden sie sich noch aussprechen? Das könnt ihr im nächsten Kapitel nachlesen!
Vielen Dank nochmal für die Kommis, ich hab mich total drüber gefreut^^ LG Jakkie