Zum Inhalt der Seite

Try to set the night on fire

Yakuza meets Göre...?
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Gedanken(los)

Wortanzahl: 4.459

Kapitelrating: R

A/N: Die Telefonszene ist gnadenlos übernommen von einer ziemlich guten FFVII:AC Fanfic :3
 

~*~
 

„Und ist irgendwann kein Bier mehr da, ist uns doch egal, ist uns doch egal, und ist irgendwann kein Bier mehr da, dann geh’n wir in die Bar!“

Mir war völlig bewusst, dass das Lied grottenschlecht war, aber ich machte mir inzwischen keine Gedanken mehr darüber. Alles, worauf ich mich mehr oder weniger konzentrierte, waren mein Gleichgewichtssinn, meine visuellen und akustischen Eindrücke, mein eigener Alkoholpegel und das Weib, das an meinem Hals hing und ständig mit mir knutschen wollte. Ich wollte nicht nachdenken, wie ich es auch die gesamte letzte Woche nicht getan hatte, aber seltsamerweise gerade jetzt, wo ich mehr Ablenkung hatte als vorher zusammen, drängten sich mir die Gedanken regelrecht auf.

Aber ich war noch nicht so weit, als dass ich die fundamentalen Erkenntnisse zugelassen hätte. Nein, das nicht, das schob ich weiter vor mir her, aber Teilgedanken, die diese Basisgedanken eigentlich voraussetzten, schwirrten mir unaufhörlich im Kopf und vor allem in meinem Bewusstsein herum. Wie zum Beispiel dieser Teilgedanke: Ich stand auf Hakuei. Ich hatte eine Weile gebraucht, um das zugeben zu können, aber jetzt hatte ich mich damit abgefunden. Ich stand auf ihn. Ich fand ihn geil. Und ich wollte mit ihm ins Bett.

Da hörte ich unweigerlich auf zu denken. Denn wäre ich einen Schritt weiter gegangen, dann hätte ich mir eingestehen müssen, weshalb ich mein Leben lang auf Sex verzichtet hatte und jetzt auf einmal so scharf drauf war, dann hätte ich eine Erklärung auf die Frage, weshalb Frauen mich nie groß interessiert hatten – Willensstärke war es nämlich ganz bestimmt nicht gewesen.

Aber so weit ging ich nicht. Ich blieb bei diesem Gedanken hängen: Hakuei war heiß. Inzwischen wurde ich schon immer unruhig, wenn ich über seinen Körper nachdachte, vor allem seinen Oberkörper... mit diesen Muskeln, den beiden bunten Vögeln links und rechts, dieser unheimlich glatten und makellosen Haut... Zum Anfassen, Ablecken und Reinbeißen.

Irgendwie kotzte mich das Mädel an, das sich schon den ganzen Abend an mich dran gehängt hatte. Sie fragte mich die ganze Zeit, ob wir nicht woanders hingehen sollten, und irgendwie nervte sie mich unheimlich. Ich entschuldigte mich, sagte ihr, dass ich mal auf Toilette müsste, und rappelte mich auf. Allein das dauerte etwa eine Minute, und nur schwankend konnte ich zu Towa rübergehen. Ich fragte ihn, ob ich mal telefonieren dürfte, schnappte mir dann das schnurlose Telefon und ließ das Gästeklo außen vor – das war nur zum Kotzen da. Ich schmiss ein f***endes Pärchen aus dem anderen, wenigstens noch halbwegs sauberen Badezimmer und schloss hinter mir ab. Sollte sich keiner beschweren, es gab schließlich noch ein zweites Klo.

Während ich meine eigene Telefonnummer wählte, dröhnte vom Wohnzimmer her Musik durch die Wand oder die Tür und ich konnte Gesang, Lachen, Geschrei und Gläserklirren hören. Aber das alles ließ mich kalt. Ich setzte mich auf den heruntergeklappten Klodeckel und wartete darauf, dass jemand abnahm. Als genau das passierte, hätte ich fast wieder aufgelegt.

„Ja?“, fragte Hakuei in seiner nervenzerreißenden stoischen Art. Manchmal konnte ich ihn dafür knutschen, dass er so ruhig war, und manchmal wollte ich ihn am liebsten töten.

„Hi“, entgegnete ich und setzte mich unwillkürlich etwas aufrechter hin. Was sollte ich sagen? Dass ich nur mal seine Stimme hören wollte? Das konnte ich doch nicht machen.

„Lay? Was gibt’s?“, wollte er wissen. Natürlich wollte er das wissen – warum sollte ich ihn auch um halb eins nachts anrufen?

„Na ja, ich dachte mir, ich ruf dich mal an.“ Imaginäres Facepalm, Hand-vor-die-Stirn-schlagen. ‚Ich dachte, ich ruf dich mal an, ich hatte sonst nichts Besseres zu tun in einem Haus voller Besoffener und Weiber und vor allem besoffener Weiber.’ Super. „Hab ich dich geweckt?“ Schnell das Thema wechseln.

„Nein, ich war noch auf.“

„Ach so.“ Ich rutschte etwas unbehaglich hin und her.

„Kann ich dir mit irgendwas helfen?“, erkundigte er sich freundlich.

„Hm. Eigentlich nicht. Ich hatte nur gerade nichts Besseres zu tun und dachte mir, ich nerv dich mal ein bisschen. Falls du nicht beschäftigt bist. Mit irgendwas.“ Hey, dafür, dass ich ziemlich viel intus hatte, konnte ich mich verdammt gut artikulieren. Zumindest noch.

„Nein, ich bin nicht beschäftigt. Du bist betrunken, oder?“

Ich grinste schief. „Ja, ich fürchte schon. Könnte daran liegen. Tut mir leid.“

„Kein Problem.“

„Bleibst du denn noch lange auf?“

„Nicht allzu lange, nein. Ich wollte eigentlich gleich ins Bett gehen.“

„Oh. Bist du denn schon umgezogen?“

„Ist das deine indiskrete Art zu fragen, was ich anhabe?“

Ich biss mir auf die Lippe. „Ehm... und wenn?“

„Dann würde ich dir empfehlen, bei so etwas vorher mehr zu üben.“

„Ist das deine seltsame Art, mir klarzumachen, dass du es mir sagen würdest, wenn ich direkt frage?“, wollte ich vorsichtig wissen.

„Ich werde es dir auf jeden Fall nicht verübeln, wenn du es tust.“

„Ehm, okay. Was hast du gerade an?“ Ich verprügelte mich innerlich gerade selbst. Was zur Hölle machte ich hier?!

„Außer Jeans eigentlich nichts, und das ist der klischeehafteste Einstieg für Telefonsex, den ich je gehört habe.“

Inneres Facepalm. „Hey, komm schon, als ob ich das hier ernst gemeint hätte, ja? So langsam solltest du wissen, wann ich nur Leute verarsche und wann nicht, glaubst du echt, ich würde-“

„Lay“, unterbrach er mich gelassen.

„...ja?“

„Wo bist du gerade?“

„Im Badezimmer von Towa. Warum-“

„Bist du noch angezogen?“

„Was, ernsthaft?“

„Spielt keine Rolle. Zieh dir die Hose aus.“

Ich erstarrte und blinzelte einmal, während mir langsam warm wurde. „Scheiße. Ist das dein Ernst?“

„Hast du’s?“

„Ja, Mo- Moment...“ Ich brauchte einige Sekunden, bis ich den Knopf an meiner schwarzen Hose auf hatte. „Verarschst du mich gerade?“

„Ist zwar das richtige Stichwort, aber nein, mache ich nicht.“

„Scheiße, ich schwör dir, wenn du mich verarschst...“ Ich zog meine Hose zusammen mit meiner Unterhose nach unten und versuchte, nicht nachzudenken und mich ganz auf die wohltönende Stimme an meinem Ohr zu konzentrieren.

„Bist du schon scharf?“

„Ja, seitdem du abgenommen hast“, murmelte ich und hoffte nur, dass das hier gerade wirklich kein Scherz war. Andererseits – wenn es keiner war...

„Gut. Ich will, dass du dir für mich einen runterholst. Und zwar so hart, wie du es aushältst.“

Ach du heilige Scheiße. Er meinte es wirklich ernst. Nur zögerlich griff ich nach meiner Erektion und umschloss sie mit der Hand.

„Stell dir dabei vor, dass es meine Hand ist, die dich berührt, die dich reizt.“

„Scheiße...“, murmelte ich und machte meine Augen zu. Sofort konnte ich Hakuei vor mir sehen, mit nacktem Oberkörper und einem Grinsen im Gesicht...

„Und dabei bleibt es nicht. Mein Mund ersetzt meine Hand und statt des vorherigen Drucks kannst du jetzt meine Zunge spüren, die langsam auf und ab leckt.“

Inzwischen wusste ich ziemlich genau, wie sich so etwas anfühlte, was meine Lage allerdings nicht allzu viel verbesserte.

„Und während ich immer stärker an dir sauge, fange ich noch an, dich zu befingern, um dich schön entspannt und bereit und offen zu kriegen. Kannst du meine Finger spüren, hm?“

Mittlerweile hatte seine Stimme einen samtigen, schnurrenden Unterton bekommen, der mich nur noch wahnsinniger machte. Während ich die Bewegungen meiner Hand immer schneller werden ließ, entfuhr mir ein leises Aufkeuchen. „Ja...“, wisperte ich außer Atem.

„Ich frage mich, ob ich dich jetzt schon kommen lassen soll, damit du dich selbst schmecken kannst, wenn wir uns küssen, aber ich lasse dich lieber noch ein bisschen leiden. Ich will dich darum betteln hören.“

„Ah... Haku... ei...“, keuchte ich automatisch.

„Dann dringe ich in dich ein, schön langsam, bis du fast durchdrehst, und dann f***e ich dich, so hart, dass du für mich schreist. Du winselst fast, während ich gnadenlos meinen ******* in dich ramme.“

Ach du heilige... Ich gab ein hilfloses Stöhnen von mir, legte den Kopf in den Nacken und spreizte meine Beine so weit es ging. „Hakuei, Scheiße... ahhn...“

„Ich stoße immer tiefer und fester in dich, immer und immer wieder, bis du nicht mehr weißt, wo oben und unten ist, f***e dich so fest, dass du dich an mich krallst und nicht mehr lange aushältst.“

„Ja... ah... Hakuei...“ Ich biss mir erneut auf die Lippe und kniff meine Augen zu, so fest zu, dass ich Sternchen sah. Ich wusste, wenn er noch ein einziges Wort sagte, würde ich...

„Und während ich dich weiter vollkommen ausfülle, lasse ich dich dann endlich kommen, auf deinen eigenen Bauch, mit zugekniffenen Augen und dich um mich herum zusammenziehend.“

Das war zu viel für mich. Ich stöhnte ein weiteres Mal genussvoll auf, spannte mich dabei am ganzen Körper an und kostete meinen Höhepunkt voll aus. Danach schnappte ich noch etwas nach Luft, bevor ich wieder in der Lage war zu reden. „Scheiße, Hakuei... das war...“

„Ja, das hat man gehört“, entgegnete er, das Schnurren noch nicht ganz verschwunden. Aber trotzdem – er war so verdammt noch mal gelassen! Er war die ganze Zeit so ruhig geblieben... das konnte doch kein normaler Mensch!

„Du... ich meine... ich...“

„Ich leg jetzt auf.“

„Warte!“

„Was ist denn?“

„Ehm... gute Nacht?“

„Ja, durchaus. Bis morgen. Träum schön.“ Und damit legte er wirklich auf.

Ich starrte das Telefon eine Weile an, dann sah ich an mir herunter und schlug mir mit dem Hörer an den Kopf.
 

Am nächsten Morgen ließ ich es zu. Ich ließ die Gedanken zu, die sich in mir breit machten, obwohl ich unheimliche Kopfschmerzen hatte. Ich lag da, neben Towas Bett auf einigen Decken, halb über mir das Mädel, das in der Nacht mit dem einen Typen geschlafen hatte, und neben mir Arm in Arm Aya und Towa. Jemand hatte in sein Bett gekotzt, deshalb schlief er ebenfalls auf dem Boden, überall brannte Licht, sein Zimmer sah aus wie nach einer Teenager-Geburtstagsfeier und, ich zitiere Towa an einem seiner besten Abende: ‚Hier ist Puffluft’.

Mir selbst ging es nicht viel besser, ich hatte kaum geschlafen, mir war schwindlig – im Liegen! –, ich hatte Kopfschmerzen und fühlte mich wie ausgelutscht. Und hier, an einem der Tiefpunkte meines Lebens (soviel war mir klar), sagte ich mir zum allerersten Mal selbst, dass ich schwul war.

Ich hatte in den letzten beiden Wochen viermal mit Sanaka geschlafen, weil er mich dazu überredet hatte. Es war zwar kein kompletter Reinfall, aber das Gelbe vom Ei war es auch nicht gewesen – für uns beide nicht. Wir beschlossen, das Instabile, was sich zwischen uns gebildet hatte, als Freundschaft und nicht als mehr weiterzuverfolgen und uns nach etwas anderem umzusehen. Ich hatte es aber trotzdem irgendwie schön gefunden, mit Sanaka ins Bett zu gehen. Und wenn ich darüber nachdachte, mit einer Frau Sex zu haben... wurde mir irgendwie anders. Nein, das war nicht das Richtige für mich.

Und ich hatte mich in der letzten Woche in Hakuei verknallt. Ich hatte mich wie ein Teenager verhalten, was ich genau genommen ja noch war, hatte ihm hinterher spioniert, ständig über ihn fantasiert und von ihm geträumt. Wahrscheinlich war es nur eine vorübergehende Schwärmerei, aber das konnte ich ja noch nicht sagen. Das einzige, was ich wusste, war, dass ich mich von ihm vögeln lassen wollte. Und am Besten so schnell wie möglich.

Nein, ich hatte nicht meine bisherigen achtzehn Jahre auf Sex verzichtet, weil ich es nicht nötig hatte oder weil ich so willensstark war – sondern ganz einfach, weil ich noch nicht herausgefunden hatte, dass ich schwul war. So einfach war das – wäre mir das früher aufgefallen, hätte ich mein erstes Mal höchstwahrscheinlich schon mit vierzehn gehabt. Ich konnte kaum noch an etwas anderes denken. Es ging wirklich nach dem Prinzip ‚Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß’ – ich hatte mich für Sex nicht interessiert und punkt. Jetzt allerdings, wo ich herausgefunden hatte, wie geil es sich anfühlte, wollte ich immer mehr davon. Ich war ein Scheißkind, das wusste ich.

Und ich dachte über meine Mutter nach. Meine Mutter, die bereits mit neunzehn bei meiner Geburt gestorben war. Die ich umgebracht hatte, ohne irgendetwas davon mitzubekommen. War ich vielleicht selbst Schuld daran, dass mein Leben so ungeordnet war? Dass mein Vater so einsam war? Er machte sich Schuldgefühle, weil er sie so früh geschwängert hatte, das war mir absolut klar, und vielleicht traute er sich nicht, sich eine neue Frau zu suchen, weil er Angst hatte, dass ich ihm irgendwelche Vorwürfe machte.

Vielleicht hatte ich ja bis zur Volljährigkeit keinen Sex mit Frauen haben wollen, weil ich unbewusst Angst davor hatte, dass mir dasselbe passierte wie meinem Vater.

Mein Vater gab sich richtig viel Mühe, um es mir recht zu machen, er wollte eigentlich wirklich nur mein Bestes. Und erkannte ich das irgendwie an? Nein. Wie viel ich an ihm hatte, bemerkte ich erst jetzt, wo er nicht da war – er kochte für mich, kümmerte sich um den Haushalt, hörte sich geduldig alles an, was ich loswerden wollte, sorgte sich um mich, wenn ich mal wieder mitten in der Nacht draußen unterwegs war... Er liebte mich. Und ich? Ich sah das als vollkommen selbstverständlich an.

Um acht Uhr morgens kam ich zuhause an. Hakuei war noch nicht wach, das wusste ich. Ich ging nach oben, zog mich komplett aus und duschte erst mal. Dann legte ich mich ins Bett und versuchte, den versäumten Schlaf nachzuholen. Es ging nicht. Ich hatte so viele Gedanken, die gleichzeitig meine Aufmerksamkeit forderten... Ich stand auf, ging zu meinem Schreibtisch und zog eine Schublade auf, holte einen Fotorahmen heraus. Ich betrachtete das Bild darin. Meine Mutter wirkte nicht wie neunzehn, sondern viel älter. Vielleicht hatte mein Vater sich deshalb mit ihr eingelassen. Sie war ziemlich hübsch und hatte ein nettes Lächeln. Und wäre ich nicht gewesen, dann wäre sie jetzt noch am Leben, dann würde sie vielleicht mit meinem Vater verheiratet sein...

Mir wurde schlecht. Ich legte das Bild wieder zurück und setzte mich ans Fenster, sah nach draußen. Seltsam, wie wenig Leute doch Sonntagmorgens unterwegs waren. Und dabei fühlte ich mich so wach und so aktiv. Ich hatte Lust, nach draußen zu gehen, aber es war kalt.

Was hatte ich eigentlich für ein abgefucktes Leben? Mal ehrlich, das war doch nicht normal. Ich soff mir die Birne weg, rauchte und fand alles scheiße. Was sollte eigentlich mal aus mir werden? Wie sollte ich richtige Freunde finden und auch behalten, Freunde wie Sanaka, dem ich bestimmt – wie Towa bei mir – bald schon gehörig auf den Sack gehen würde... Ich war eigentlich nicht der Typ für Selbstmitleid, aber in dem Moment musste ich heulen, und zwar über mich selbst. Ich wusste, wer daran Schuld war, dass ich so war, wie ich nun mal war, so scheiße, so unzuverlässig, so nervig, so dumm: Ich selbst. Ich selbst war Schuld daran. Und ich hatte nie darüber nachgedacht.

Wie hätte ich mich wohl als Vater gefühlt, wenn mein Sohn sich systematisch das Leben zur Hölle machte und es nicht mal bemerkte?
 

Gegen ein Uhr mittags wachte ich auf – ich lag in meinem Bett und wusste nicht, wie ich dorthin gekommen war, aber es war mir egal, ich fühlte mich besser als vorher. Ich fühlte mich vor allem klarer im Kopf. Ein bisschen schämte ich mich für mein Emogehabe am Morgen, aber sobald ich wieder darüber nachdachte, schnürte sich mir die Kehle zu, daher ließ ich es. Ich stand auf, richtete mich vorzeigbar her und ging nach unten. Ein kurzer Blick ins Wohnzimmer sagte mir, dass Hakuei trotz der Kälte auf der Terrasse war.

Und da traf es mich plötzlich wie ein Schlag. Ich hatte nicht nur geträumt letzte Nacht. Das Telefongespräch – falls man es so nennen konnte – war echt gewesen. Ach du Scheiße. Und wie sollte ich ihm jetzt in die Augen sehen? ... Moment mal, was hatte das eigentlich gesollt? Wenn er mich doof fand, warum hatte er...

Er sah nicht auf, als ich mich zu ihm gesellte. Ich stellte mich neben ihn, nahm ihm die Zigarette aus der Hand und erst einmal einen tiefen Zug. Den konnte ich jetzt gebrauchen.

„Du bist aber auch nur Gelegenheitsraucher, oder?“, wollte er wissen, auf das Geländer zum Garten hin gelehnt und den Blick in die Ferne gerichtet.

„Yep. Ich rauche bei jeder Gelegenheit, die sich bietet“, stimmte ich zu und zog ein weiteres Mal, bevor ich ihm die Zigarette zurückgab.

Eine Weile herrschte Schweigen, dann stöhnte er gequält auf und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. „Ich hab so einen Kater...“, murmelte er und seufzte wehleidig.

„Willkommen im Club“, gab ich zurück und lächelte leicht. „Hast du dich etwa auch besoffen?“

Er nickte langsam. „Ja, hab ich. Und frag mich bitte nicht, warum.“

„Kann ich dich... ein anderes warum fragen?“ Gott, war das peinlich. Ich konnte ihn doch jetzt nicht drauf ansprechen!

„Ich war betrunken“, antwortete er sofort. „Wenn ich betrunken bin, werde ich unzurechnungsfähig. Es erschien mir wie eine gute Idee.“

Ich versuchte, mir das vorzustellen. Hakuei besoff sich, gammelte zuhause rum, wurde angerufen und dachte sich ‚Boah, das ist Lay, komm, machen wir doch mal Telefonsex, das ist bestimmt lustig!’, oder noch besser ‚Lay ruft an, erst mal Telefonsex!’. Meine Fantasie reichte weit, aber nicht bis dahin. Ich runzelte unzufrieden die Stirn.

„Hör zu. Ich weiß, dass du auf mich stehst – das tust du, oder? Hm. Du machst es auch nicht gerade unauffällig. Aber...“

Na los, gib mir einen Korb, das ist genau das, was ich gerade gebrauchen kann.

„Ich hab eigentlich kein Interesse an dir. Weder von deiner Persönlichkeit her noch physisch.“

Danke. Und ich find dich auch scheiße, übrigens. Ich starrte ihn durchdringend an, so lange, bis er sich endlich dazu bequemte, mich anzusehen. „Du willst lieber mit meinem Papa ins Bett, weil er so eine wundervolle Persönlichkeit hat und sexy ist“, stellte ich fest.

Er hob eine Augenbraue. „Und weil er durchhalten würde“, fügte er hinzu.

„Was?“, fragte ich irritiert.

„Wenn ich mit dir ins Bett gehen würde, dann würde ich’s auch durchziehen. Und damit hättest du ein ganz großes Problem, das kannst du mir glauben.“

Meine Augen wurden immer größer. Wovon zur Hölle sprach er? Warum sagte er mir erst, dass ich nicht nur scheiße aussah, sondern auch scheiße war, und erzählte mir dann einen von wegen ich würde es nicht aushalten, mit ihm Sex zu haben? „Was??“, wiederholte ich entgeistert.

„Du würdest direkt anfangen rumzuschreien, das sag ich dir. Und deshalb stehe ich auch nicht auf kleine Jungen. Das ist nämlich ziemlich uncool“, erklärte er mir geduldig.

Ich traute meinen Ohren nicht. Einige Herzschläge lang starrte ich ihn nur mit offenem Mund an. „Hallo? Geht’s noch!?“, rief ich dann ziemlich angepisst. „Ich meine, es ist eine Sache, wenn du mir sagst, dass du nichts von mir willst – wobei das an sich schon komisch genug ist, wenn du am Telefon so mit mir rummachst – aber wenn du dann auch noch solche Sprüche loslässt, ist das richtig asozial!! Woher willst DU wissen, wie ICH im Bett bin, hm?!“

Er lächelte. Er lächelte! Er lächelte mich seelenruhig an! „Ich will es jedenfalls nicht herausfinden“, bemerkte er sanft.

Dann tat ich etwas, was ich im Nachhinein sehr lustig fand, mir aber in dem Moment vollkommen gerechtfertigt vorkam: Ich trat Hakuei so fest ich konnte vors Schienbein. Anschließend drehte ich mich um und stapfte wütend ins Haus zurück. Ich hatte ein bisschen Angst, dass er mir hinterher kam und mir zurück weh tat, verdrängte diesen Gedanken allerdings. Er war meine Aufsichtsperson, er durfte mir nicht weh tun. Ich war ein Scheißkind, ich durfte alles.

Noch immer verärgert machte ich mir was zu essen und verzog mich wieder in mein Zimmer. Mir war nicht nach Kommunikation in irgendeiner Weise, ich hatte keine Lust, irgendwen anzurufen oder mich mit jemandem zu treffen, also spielte ich ein bisschen Counter Strike und dachte über Hakuei nach.

War das die feine japanische Art, mit jemandem Telefonsex zu haben und dann in einem Aha-Moment festzustellen, dass man eigentlich nichts von der Person wollte? Irgendwie nicht. Arschloch.

Es gab zwei Möglichkeiten, wie das mit uns beiden weitergehen könnte: 1. Ich akzeptierte, dass es mit uns beiden nichts werden konnte. Ich respektierte die Tatsache, dass Hakuei nicht auf mich stand. 2. Hakuei fiel in einem weiteren Aha-Moment auf, dass er doch an mir interessiert war und ließ sich auf mich ein.

Und dann gab es noch zwei Fakten: a) Hakuei stand auf meinen Vater. b) Ich war ein Scheißkind.

Wie hoch waren also die Chancen, dass die zweite Möglichkeit passieren würde?

Ich war kurz davor, meine Maus aus dem Fenster zu werfen, als ich zum wiederholten Mal umgebracht wurde. Heute konnte ich es einfach nicht. Obwohl ich eigentlich keine große Lust dazu hatte, schnappte ich mir mein Telefon und rief Towa an.
 

Es war Sonntag, und es war elf Uhr abends, aber ich hatte keine Lust, nach Hause zu gehen. Ich hatte mein Handy in meinem Zimmer gelassen und beschlossen, die Nacht durchzumachen. Towa hatte sich begeistert meinem Vorschlag angeschlossen und vorgeschlagen, wir könnten eine Tour durch seine Lieblingskneipen machen. Ich hatte nichts dagegen – aus den meisten wurden wir ohnehin nach kurzer Zeit rausgeschmissen, spätestens, wenn jemand Towa erkannte, was nicht allzu schwer war.

Gegen halb eins war ich so ausgepowert, dass ich kaum noch gerade stehen konnte. Towa und ich stützten uns gegenseitig und mussten uns immer wieder gegenseitig kneifen, um nicht auf der Stelle einzuschlafen oder umzukippen. Die vorige Nacht zeigte ihre Wirkung, und auch diese zehrte an unseren Nerven. Wir beschlossen, diese Tatsache mit noch mehr Alkohol runterzuspülen.

Gegen viertel nach eins hatten wir die Schwelle, an der es nicht mehr ging, längst überschritten und waren mit neuen Kräften gesegnet worden. Wie hatte irgendjemand mal gesagt? Nach müde kam doof. Wir waren bereits müde gewesen, und jetzt wurden wir doof.

„Ich wär so gerne ohne Hirn, was hätt’ ich dann noch zu verlier’n?“, sangen wir, während wir uns über den Bürgersteig schleppten. „Und kein Gedanke würd’ mich stör’n, ich wär so gerne ohne Hirn!!“ Im Nachhinein betrachtet, war es kein Wunder, dass es zu dem kam, was nun folgen sollte.

„So jung und schon so blau?“, sprach uns ein anderer Besoffener abfällig an. „Geht lieber in die Schule, ihr asozialen Bengel, und lernt was...“

„Ach, halt die Fresse“, fuhr Towa ihn an, was ich aus irgendeinem Grund unheimlich lustig fand. „Wenn du besoffen frei rumlaufen darfst, dürfen wir das auch!“

„Hey, so redet man nicht mit uns!“, mischte sich der zweite Kerl ein.

„Tja, offensichtlich ja schon, Arschlöcher.“

Ich dachte darüber nach, ob ich weglaufen sollte oder nicht, als Towa den ersten Schlag kassierte. Ich entschied mich dafür, dass meine Beine mich nicht halten würden, würde ich loslaufen, also blieb ich stehen und sah zu, wie Towa nach einem Kinnhaken zu Boden sank. Was hätte ich machen sollen? Ich hatte mich erst ein paar Mal in meinem Leben geprügelt, und da hatte ich jedes Mal den Kürzeren gezogen. Ich versuchte mich zwar zu wehren, aber Schläge, Tritte und Beschimpfungen musste ich trotzdem einstecken. Keine Chance. Ein Tritt am Kopf erwischte mich besonders stark, sodass ich fast das Bewusstsein verloren hätte. Glücklicherweise ließen die beiden ziemlich schnell von uns ab, da sie offenbar eine Prostituierte entdeckt hatten.

Towa und ich blieben vorsichtshalber noch ein wenig liegen, bevor wir uns trauten, uns aufzusetzen. Sein Gesicht war verdreckt und seine Augenbraue aufgeplatzt und ich wusste, dass ich nicht viel besser aussehen musste. Ich schmeckte Blut und merkte, wie mir etwas Warmes seitlich die Wange hinunter lief – offenbar hatte ich eine Wunde an der Schläfe. Ansonsten taten mir der Magen und der Rücken weh, meine Arme, und vor allem mein Kopf.

„Lebst du?“, wollte Towa nuschelnd von mir wissen. Ich nickte langsam, verzog das Gesicht und hielt mir den Kopf. „Ich auch“, bemerkte er überflüssigerweise. Das schien er so lustig zu finden, dass er anfing, leise zu lachen.

„Hey, das ist nicht witzig, ja?“, gab ich zurück, musste aber auch grinsen, und nach kurzer Zeit stimmte ich in sein Lachen ein, bekam beinahe Bauchkrämpfe. Und gleichzeitig liefen mir Tränen die Wangen hinunter, weil mir alles so weh tat und ich in diesem Moment sterben wollte. Ich war in ein Loch gefallen, aus dem ich nicht ohne Hilfe heraus kommen würde.

In diesem Zustand befanden wir uns, als Hakuei uns endlich gegen viertel vor zwei entdeckte.
 

Ich hatte geglaubt, dass ich Hakuei in allen seinen Stimmungslagen bereits erlebt hatte – oder dass ich mir vorstellen könnte, wie er war, wenn er sich so und so fühlte. Aber an diesem Montagmorgen um zwei Uhr wurde mir schmerzlich bewusst, dass ich mir überhaupt keine Vorstellung davon hatte machen können, wie Hakuei sich verhielt, wenn er stocksauer, stinkwütend und endlos angepisst war. Denn das war er. Ohne Zweifel.

Erst hatte er Towa nach Hause geschleppt und mich angeschnauzt, ich solle mich nicht so anstellen, als ich meinte, ich könne kaum laufen. Aber es stimmte – irgendwie tat mein rechter Knöchel mir unheimlich weh. Er schleifte mich zu uns nach Hause, schubste mich im Wohnzimmer aufs Sofa und fing an, mich anzuschreien. Wirklich, er schrie mich an. Und wie.

Was genau es war, womit er mich anbrüllte, wusste ich nicht mehr, es hatte nur irgendetwas damit zu tun, dass er mich seit zwölf Uhr gesucht hatte, dass er kurz davor gewesen war, die Polizei einzuschalten und dass mir hätte sonst was passieren können. Er beschimpfte mich mit Wörtern, die ich nicht noch einmal wiederholen werde, und von denen ich eigentlich gedacht hätte, dass er sie nicht einmal kannte, nannte mich verantwortungslos, verwöhnt, arrogant und so weiter und so fort. Ich war noch nie in meinem gesamten Leben derartig zusammengeschissen worden. Was ich nur noch wusste, war, dass ich fast die ganze Zeit rumheulte, wie ein Mädchen, weil ich wusste, dass er Recht hatte, und weil ich nicht wollte, dass er mich hasste. Aber das hätte ich mir wahrscheinlich vorher überlegen sollen.

Danach versorgte er meine Verletzungen. Und ich schwor mir, dass ich ihn nie wieder aufregen würde, wenn ich verletzt war – es tat so weh wie als ich mir als kleines Kind mal den Arm gebrochen hatte. Er desinfizierte die ganzen Schrammen und Platzwunden, und allein da musste ich mich beherrschen, nicht rumzuschreien, aber so grob, wie er mit mir umging, konnte es auch nur weh tun. Anschließend verarztete er mich einigermaßen vernünftig, obwohl ich wusste, dass die Hälfte der Schmerzen, die er mir verursachte, hätte vermieden werden können, wäre er sanfter mit mir umgegangen.

„Und hüte dich, auch nur ein Wort zu sagen“, knurrte er mich mit unterdrückter Wut an. „Es interessiert mich kein Stück weit, wie du an diese ganzen Verletzungen gekommen bist, je weniger ich weiß, desto weniger kann ich mich aufregen. Kapiert?“

Ich biss mir auf die Lippe, nickte langsam und ignorierte die Tatsache, dass mir dabei schwindlig wurde.

„Hast du mir sonst noch irgendwas zu sagen?“ Hakueis Blick war so kalt, dass er mir wirklich Angst machte. Erst in solchen Momenten wurde mir wieder klar, dass er bereits etliche Menschen getötet hatte. Einen hatte ich ja selbst gesehen. Ich schauderte.

„Es tut mir leid“, murmelte ich leise.

„Geh ins Bett“, entgegnete er, stand auf und verließ das Zimmer. Nicht, ohne die Tür hinter sich zuzuknallen.
 

~*~
 

tbc~

(Ach ja, und für diejenigen, die die nächsten zwei Kapitel nicht lesen können... Pech gehabt! Ihr seid halt noch zu jung! Das ist nichts für eure Augen >:( http://www.mediafire.com/view/?v7lks7p5hjnfp1f



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (4)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  almightywarumono
2013-03-26T12:06:37+00:00 26.03.2013 13:06
Der Telesex ist göttlich XD
Diese Situation an sich schreit einfach nach Sternhagelvoll ...
gut geschrieben!!
Ich liebe Hakuei aber deine fanfics machen einem unrealistische Vorstellungen von dem alten
weil er wie ein Gott wirkt, obwohl er in Wirklichkeit wahrscheinlich nur ein alter Lappen is
( denk jetz nix Falsches, Ich vergöttere Hakuei wies nur geht ^^)

und das Ende ist so süß XD
Wo ich das gelesen hab mit dem "nichts für eure Augen" hab ichs dir erstma FAST abgekauft hahaha aber dann kam der unauffällige link ehem ehem XD
Von:  Rizuloid
2012-04-13T09:03:55+00:00 13.04.2012 11:03
Aaaaaaah Kiru ich LIEBE deine FFs <3

MEHR MEHR MEHR MEHR MEEEEEEEEEEEEEEHR <33333
Oh Gott, die Telefonsex-Szene... Willst du mich umbringen? XD
Normalerweise bin ich eher jemand, der mit Pokerface über Sexszenen drüberliest und sich nicht sooo viel dabei denkt, aber THIS.
Du bist böse ô.o

Hach, sehr gut geschrieben und ich freue mich auf mehr <3
Hab auch die adult-Kapitel gelesen, kann diese allerdings mit dem anderen Account nicht kommentieren xD
Ich bin aber auch sehr gespannt, wie es allgemein weitergeht - was Haku verbrochen hat etc.
und hoffe auf weiterhin viel Spannung ^^
Von:  Trashxbaby
2012-04-12T03:46:58+00:00 12.04.2012 05:46
Ich will auch Telefonsex mit Hakuei *O* ♥ Warum ist der Mann soooo geil? Seriously >//////< ♥ ♥ ♥
Boahr und Lay ist so dumm XDDDD Ernsthaft mal..der Junge sollte mal langsam sein Leben in den Griff kriegen <___<' Er erinnert mich schmerzhaft an meine Kleine Schwester...ständig besaufen und rauchen und in Schwierigkeiten stecken aber nichtmal grün hinter den Ohren sein XD Man! XDDD Wie ich es voll geil fand als er von Hakuei diese mega Abfuhr bekommen hat >D Der braucht halt nen Mann und kein Kind, echt mal! ♥
Von:  bunthismg
2012-04-12T02:30:35+00:00 12.04.2012 04:30
Ich bin in diesem Kapitel echt gestorben.
Dieser Telefonsex war just... awesome. Srsly.
I was sitting here like asfghdjfhskkj!! ** ♥ ♥ ♥
... es ist zwanzig vor 5 in der Nacht und dieses Kapitel raubt mir meinen Verstand~

Und wie ich (fast schon) erleichtert bin, dass Lay doch auf Hakuei steht und nicht auf Sanaka. /'D

Wie es mir nicht anders ergangen wäre, wenn ich mit Towa irgendwelche besoffenen Kerle angequatscht hätte. Forever verdrescht werden XDDDD

Gosh ey, wie es fast herzergreifend ist, dass sich Haku solche Sorgen geschoben hat ;; ♥


Zurück