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Try to set the night on fire

Yakuza meets Göre...?
von

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Der Autobahnvorfall

Wortanzahl: 3.863

A/N: Ich liebe Daisuke. In jeglicher Form. Nicht so sehr wie Hakuei, aber er ist immer für einen Auftritt gut ^____^
 

~*~
 

„Also gut. Wie heißt ihr?“ Der Mann schenkte uns über den Rand seiner Lesebrille einen strengen Blick. „Und wie sind eure Telefonnummern von zuhause?“

Wir drucksten etwas herum, antworteten ihm aber trotzdem, fügten allerdings auch hinzu, wie wir genannt werden wollten: Towa, Sanaka und Lay.

„Ist mir völlig egal, was für Spitznamen ihr euch gebt, das ist irrelevant. Hier, ruf mal die Eltern an!“ Er drückte einem seiner Kollegen den Zettel in die Hand, dieser wuselte gleich davon. Towa fluchte kaum hörbar und Sanaka wirkte etwas beunruhigter als vorher. Mir ging es auch nicht viel besser. Ich kreuzte unterm Tisch die Finger, dass Hakuei nicht da war, was angesichts der Uhrzeit extrem unwahrscheinlich war.

„Okay. Dann erklärt mir doch noch mal, was passiert ist, ja?“ Nun wirkte der Typ mit dem Namensschildchen, auf dem Daisuke Ochida stand, auf einmal ganz freundlich und lächelte sogar. Na ja, er versuchte es.

„Wurde Ihnen das nicht schon von Ihrem Untergebenen da erzählt?“, fragte Towa aggressiv und schnitt eine Grimasse.

„Ich möchte es trotzdem noch einmal gerne von euch hören“, erwiderte der Kerl sanft. Okay, wir waren in Schwierigkeiten. Zumindest wirkte es so.

„Wenn einer von euch auch nur einen Ton sagt-“, fing Towa an, aber ich fiel ihm ins Wort.

„Ist mir scheißegal, was DU uns sagst“, fuhr ich ihn an, „aber ich will keinen Ärger! Zumindest nicht noch mehr als eh schon.“

„Legst du dich lieber mit mir an als mit denen?!?“

„Ehrlich gesagt – ja, Towa!“, fauchte ich zurück.

„Hey, hey, hey, beruhigt euch!“, beschwichtigte Daisuke uns. „Ganz ruhig. Keiner legt sich mit niemandem an. Es geht nur darum, die Geschichte noch einmal aus eurer Sichtweise zu hören. Ich weiß ohnehin, was passiert ist.“

„Siehst du?“, knurrte ich in Towas Richtung. Sanaka saß etwas verschüchtert zwischen uns und traute sich nicht, mehr zu sagen als nötig. Ich wusste überhaupt nicht, weshalb. Vielleicht, weil wir zum ersten Mal von der Polizei bei etwas erwischt worden waren.

„Fang an“, bat der Polizist mich höflich.

„Also, Towa hatte diese Spraydosen besorgt und-“

„Klar, schieb alles auf mich!!“

„Das hast du selbst doch schon erzählt, unterbrich mich nicht!“

„Scheißfreunde seid ihr!“

„Wer wollte mich denn auf die Autobahn schubsen, hm?!“

„Beruhigt euch, das-“

„Wer hat denn so’n Stress gemacht!? Hosenscheißer, auf dich kann man sich kein bisschen verlassen, du Arsch-“

„RUHE!“ Daisuke schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. „Ich verhöre euch einzeln, wenn das so weitergeht!“

„Halt einfach die Fresse, Towa“, murmelte ich und bekam von zwei Seiten böse Blicke – vom Polizisten wie von Towa. „Also, er hatte irgendwo diese Spraydosen her und wir fanden, dass es keine schlechte Idee wäre, irgendwas ein bisschen damit zu verschönern.“

„Wessen Idee war das genau?“, fragte der Bulle nach.

„Weiß ich nicht mehr.“ Wusste ich wohl noch, nämlich Towas, aber wenn ich das sagte, schlug er mir den Kopf ab. „Egal, dann sind wir heute Nacht so um zwei zur Autobahn gegangen und haben jeder für sich ein bisschen rumgesprüht. Und ich war irgendwann fertig oder hatte keine Lust mehr, und hab mir erst Sanakas Graffitis angeguckt und dann Towas.“

„Welche das waren, habt ihr ja bereits vor Ort gezeigt“, warf Daisuke freundlich ein.

„Genau. Und als ich Towas gesehen hab... na ja, ich hab ihn angekackt, wie er so einen Scheiß schreiben kann, und hab angefangen, das Ganze zu übersprühen.“

Towa presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen, konnte sich aber noch zurückhalten. Er hasste mich wahrscheinlich gerade wie sonst kaum jemanden.

„Und da wurde er angepisst und hat mich zurück angekackt, dann haben wir uns eine Weile gegenseitig angekackt, bis ich ihm eine reingehauen hab.“

„Also du hast damit angefangen?“, wiederholte der Polizist. „Nur, um das klar zu haben.“

Ich nickte. „Ja, aber erst, nachdem Towa mich übelst beschimpft hat. Er hat zurückgeschlagen, und Sanaka hat die ganze Zeit versucht, uns auseinander zu bringen. Und irgendwann hat Towa versucht, mich auf die Fahrbahn zu drängen und dann sind Sie gekommen. Wahrscheinlich hat irgendwer Sie angerufen, der vorbeigefahren ist, oder?“, wollte ich wissen und vermied es, Towa ins Gesicht zu sehen.

„Genau“, bestätigte der Kerl. „Wobei ihr darüber froh sein solltet, dass um die Uhrzeit nicht allzu viele Menschen unterwegs sind, sonst hätte einer von euch wirklich noch überfahren werden können. Könnt ihr beide das Geschehen so bestätigen?“

Sanaka nickte sofort, Towa erst nach einigem Nachdenken.

„Gut. Will einer von euch vielleicht Anzeige erstatten?“, fragend blickte Daisuke in die Runde. Ich hätte Towa bestimmt wegen versuchten Totschlags anzeigen können, aber darauf hatte ich irgendwie keine Lust. Wir schüttelten alle die Köpfe. „Alles klar. Es wird wahrscheinlich auf Beschädigung öffentlichen Eigentums, Sachbeschädigung, hinauslaufen, ihr müsst eure Schmierereien persönlich wegmachen und entweder eine Geldbuße zahlen oder einige Sozialstunden abarbeiten. Noch Fragen?“

Schweigen. Eisiges Schweigen.

„Dann hätten wir das.“ Er schenkte uns wieder ein Lächeln. „Eure Eltern kommen gleich, um euch abzuholen. Und seid heilfroh darüber, dass ich heute so gut wie im Lotto gewonnen habe und mich demnächst nicht mehr mit solchen Scheißern wie euch rumschlagen muss – denn sonst hättet ihr euch auf was gefasst machen dürfen. Wartet hier.“ Er verließ den Raum und schloss die Tür hinter sich.

Eine Weile blieb es genauso still wie vorher, dann explodierte das Donnerwetter.

„Was soll der ganze Scheiß überhaupt!? Hätte nur noch gefehlt, dass du mich wegen irgendwas anzeigen lässt!“, keifte Towa mich an.

„Halt die Fresse, Towa, das hätte ich vielleicht wirklich machen sollen! Außerdem ist das Ganze ja wohl nicht meine Schuld! Wer hat uns denn dazu überredet, nachts um zwei die Autobahnseitenabsperrungswand oder wie das Ding auch immer heißt anzusprühen!??“

„Halt doch selbst die Fresse, Mister Ich-muss-mich-aufspielen-um-den-Bullen-zu-beeindrucken!! Vielleicht bist du ja selbst schwul und wolltest ihm nur an den Sack, deshalb hast du hier so rumgeschleimt! Ich hab echt Angst, dass ich ausrutsche, wenn ich aufstehe!“

„Halt einfach die Fresse! Ich hab keinen Bock mehr auf dein dummes Gelaber, du spielst dich doch wohl selbst auf! Wem willst du was beweisen, hm? Außerdem find ich es echt asozial von dir, wenn du unter die Gürtellinie gehst, da hast du nämlich echt nichts verloren, vor allem nicht bei MIR!!“

„Ach, halt doch die Fresse, du bist selbst asozial, wenn du deine Freunde so verpfeifst! DU hast mir schließlich zuerst eine reingehauen, ich hab mich nur gewehrt, das war Notwehr, klar!?“

„Natürlich, mich vor ein Auto zu schubsen, das glücklicherweise gerade noch ausweichen kann, ist VOLL Notwehr, natürlich doch!“, gab ich spöttisch zurück.

„Könnt ihr nicht einfach-“, meldete Sanaka sich schwach zu Wort, wurde aber gleich niedergeschrien.

„Können wir nicht!“, zischte Towa ihn an. „Und jetzt halt die-“

In dem Moment öffnete jemand die Tür und Towa brach nicht nur ab, sondern starrte den Neuankömmling auch mit unverhohlener Fassungslosigkeit an.

„Guten Abend“, begrüßte Hakuei uns ruhig. „Oder sollte ich eher sagen: Gute Nacht?“ Er setzte sich auf den Stuhl, auf dem der Polizist vorher gesessen hatte, und störte sich kein bisschen an dem Rauchen-verboten-Schild an der Tür. Er betrachtete mich einige Sekunden, bis ich mir ein ‚hi’ abringen konnte. Ich war immer noch auf 180, aber das wollte ich ihm gegenüber nicht allzu gerne zeigen.

„Sind Sie der Babysitter?“, wollte Towa beschränkt wissen, noch immer einen Ausdruck der Ungläubigkeit im Gesicht.

„Sind das deine nichtsnutzigen Freunde?“, entgegnete Hakuei wie immer mit einer Gegenfrage. In diesem Moment war ich aber ehrlich gesagt so froh darüber, dass ich beinahe gegrinst hätte.

Ich nickte. „Das ist Sanaka und das Towa. Leute, das ist Hakuei.“

Sanaka, der ebenfalls etwas überrumpelt wirkte, erwiderte Hakueis höfliches Nicken, Towa starrte ihn lediglich weiter an.

„Freut mich, euch kennen zu lernen.“ Er aschte in das leere Wasserglas des Polizisten und musterte mich wieder eine Weile. „Wärst du jetzt so freundlich, mir zu erklären, weshalb ich um halb vier nachts von der Polizei aus dem Bett geklingelt werde und kurz vor einem Herzinfarkt stehe, weil ich denke, sie hätten etwas herausgefunden, was besser unbekannt geblieben wäre?“, wollte er ruhig wissen.

Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Sanaka und Towa einen Blick wechselten. Ich war kurz davor, ihnen zu sagen, dass Hakuei nichts tat, sondern nur spielen wollte, riss mich aber zusammen. „Ehm... ja. Ich wäre fast überfahren worden!“

Die Mitleidstour zog bei ihm nicht. Unbeeindruckt schnippte er wieder etwas Asche ins Glas und schob sich die Zigarette zurück zwischen die Lippen, ehe er mich erneut fixierte.

„Ja, also... wir haben-“

„Vergiss es, ich will’s eigentlich gar nicht hören“, winkte er seufzend ab. „Weißt du, wenn ich mir dich ansehe, dann bin ich richtig froh, dass ich selbst keine Kinder habe.“

„So schlimm ist er gar nicht!“, warf Sanaka plötzlich ein. „Das ist voll gemein, eigentlich ist er richtig nett!“

„Das glaube ich nicht“, entgegnete Hakuei unterkühlt und betrachtete nun Sanaka. „Ich glaube, dass er ein verwöhntes, rebellisches und vor allem zügelloses Dreckskind ist.“

„Das stimmt aber nicht!“, verteidigte Sanaka mich weiterhin vehement. „Haben Sie nicht so eine negative Einstellung zu ihm! Und bestrafen Sie ihn nicht wegen der Sache hier, er hat nämlich eigentlich nur-“

Und da tat Hakuei etwas, was ich vorher nur wenige Male bei ihm gesehen hatte: Er lächelte. Er verzog allen Ernstes seine Lippen zu einem echten Lächeln und drückte seine Zigarette aus. „Bestrafen? Also bitte, was hast du den beiden von mir erzählt?“ Er schüttelte den Kopf. „Und ich habe ihm gegenüber weniger eine negative als eine realistische Einstellung“, wandte er sich an Sanaka und zwinkerte ihm zu. „Ich WEIß, dass er ein Scheißkind ist. Komm, wir gehen.“ Er stand auf und verließ den Raum. Ich war so perplex, dass ich nicht anders konnte, als ihm zu folgen.

„Was... um alles in der Welt... war DAS?!“, fragte ich ihn leise vor der Tür.

Er schenkte nun auch mir ein Lächeln. „Ich hab erst zwei Stunden geschlafen und fühle mich wie gerädert, außerdem durfte ich aufstehen, weil du deine künstlerischen Gelüste nicht unter Kontrolle bringen, sondern unbedingt an einer Autobahn ausleben musstest. Ich hab gute Laune!“

Nun wurde er mir wirklich unheimlich. Gute Laune? Ich hatte bei ihm überhaupt keine Launen feststellen können, außer vielleicht genervt, angepisst, gelangweilt und genervt-gelangweilt, angepisst-genervt und so weiter.

„Willst du deinen Freunden nicht ciao sagen?“, fragte er mich und nickte in die Richtung, aus der wir gekommen waren.

„Nee. Da hab ich grad keinen Nerv zu.“ Ich schüttelte den Kopf und musterte Hakuei skeptisch. „Du bist... gruselig gerade. Weißt du das?“

„Ich sag ja, ich hab gute Laune.“ Er winkte dem Polizisten zum Abschied freundlich zu, wechselte kurz einige Worte, die andeuteten, dass die beiden sich kannten, und trat dann vor die Tür des Polizeipräsidiums. „Aber sag mal, ganz ehrlich, es reicht ja schon, dass ihr so eine Scheiße macht, aber wie könnt ihr euch dabei noch ERWISCHEN lassen?“ Verständnislos schüttelte er den Kopf und ließ mich auf seinen Beifahrersitz einsteigen.

„Ich weiß auch nicht. Ich hätte wissen müssen, dass so etwas dabei rauskommt.“ Ich seufzte und blickte kurz aus dem Fenster, während Hakuei sich neben mich auf den Fahrersitz sinken ließ. Ich sah ihn an. „Bist du sauer?“, erkundigte ich mich vorsichtig.

„Das sollte ich höchstwahrscheinlich sein, aber nein, bin ich nicht“, gab er ganz offen zurück und erwiderte meinen Blick. „Warum hast du Towas Graffitis übersprüht?“

Woher wusste er davon? Wahrscheinlich hatte er sich vorher informieren lassen. Hm. Ich runzelte die Stirn. „Ich fand das, was er geschrieben hatte, asozial.“

„Warum?“, bohrte er nach.

„Er hat unter anderem geschrieben ‚Schwule raus’.“

„Ich weiß.“

Woher wusste er das schon wieder?

„Und warum hat dich das so gestört?“

„Ich weiß nicht.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Ich fand’s scheiße. Ich meine... ich wusste nicht, dass er so extrem denkt. Aber ich find’s richtig asozial. Ich meine, ich bin nicht selbst schwul und ich kenn glaub ich auch keinen, aber... das wäre doch das Gleiche, wie wenn er Behinderte beleidigen würde. Das ist auch asozial. Also, sich manchmal über sie lustig machen, meinetwegen, ich hab auch nichts dagegen, wenn sich jemand darüber lustig macht, wie ich rumlaufe, zu ernst sollte man sich auch nicht nehmen, aber das... ging mir irgendwie gegen den Strich.“

Hakuei betrachtete mich eine Weile schweigend, dann lächelte er erneut und startete den Motor. „Erzähl mir von den beiden. Wen kennst du länger, wen magst du lieber?“

„Towa kenne ich zwei Jahre länger als Sanaka, mit ihm bin ich auch enger befreundet. Am Anfang waren es halt nur Towa und ich, und dann ist Sanaka dazu gekommen. Da hieß er noch Hitomi. Dann hat er einen schweren Unfall überlebt, wie durch ein Wunder, und sich in Kanoma umbenannt, weil er meinte, das Ganze hätte sein Leben verändert. Hat es eigentlich auch, danach war er viel ausgeglichener und ruhiger, hat nicht mehr SO viel Scheiß gemacht und ist richtig gut in der Schule geworden. Faselte irgendwas von das Leben nutzen und so...“

„Und Towa und du, ihr wart weiterhin solche Scheißkinder?“

„Genau. Waren wir von Anfang an, seitdem wir befreundet sind. Sanaka war nie so schlimm wie wir, deshalb konnte ich mit Towa immer mehr anfangen. Der hat sich nun mal eben Zeit für mich genommen, auch wenn wir eigentlich was für die Schule machen sollten. Na ja, bis das mit den Weibern anfing. Irgendwann hat er gemerkt, dass Weiber geil sind, und hat sich an alle rangemacht, die ihm gefielen. Ich hab teilweise mitgemacht, bin aber nie so weit gegangen wie er.“

„Du bist noch Jungfrau“, stellte er fest.

„Genau. Und ab dann haben wir angefangen zu saufen, er hat ein paar Drogen ausprobiert, ich hab mitgemacht, wir sind nachts um die Häuser gezogen und haben irgendwas kaputt gemacht... das war lustig. Aber inzwischen saufen wir fast nur noch auf irgendwelchen Partys und krallen uns irgendwelche Weiber. Ich weiß nicht, es macht mir zwar in dem Moment Spaß, aber hinterher frag ich mich oft, was das Ganze überhaupt sollte.“

„Was macht Sanaka?“

„Säuft ab und zu mit, aber längst nicht so viel wie wir. Er ist voll vernünftig, richtig gruselig. Mit Weibern hatte er’s auch anders als wir, wenn, dann hatte er wirklich eine feste Beziehung über ein paar Monate, ich glaub, die Kürzeste war vier, die Längste acht Monate. Er meint’s wirklich ernst mit ihnen, glaub ich. Er war auch schon mal mit einer im Bett. Towa mit was weiß ich wie vielen.“

„Warum heißt Sanaka jetzt nicht mehr Kanoma?“

Er hörte mir wirklich zu. Ich war beeindruckt. „Keine Ahnung. Hat sich letztes Wochenende umbenannt, aber ich weiß nicht, was so Bahnbrechendes passiert sein soll. Er nennt sich nämlich nur um, wenn irgendwas WIRKLICH Wichtiges passiert, Hitomi hat er sich genannt, als er anfing, VK zu hören.“

„Und wen von den beiden magst du lieber?“

„Towa. Eigentlich. Wobei der mir in letzter Zeit echt auf den Sack geht. Nimmt nichts ernst und so, nur auf Weiber und Saufen aus... und ich glaub, Sanaka mag mich voll. Zumindest unterhält er sich in letzter Zeit richtig oft mit mir und lässt durchhängen, dass er Towa doof findet. Ich mag ihn eigentlich auch, aber ich konnte nie so richtig viel mit ihm anfangen. Aber es hat mich gerade richtig überrascht, dass er mich vor dir so verteidigt hat.“

Hakuei lächelte erneut. Ich glaubte es fast nicht, dass er in dieser halben Stunde mehr gelächelt hatte als in der letzten Woche zusammen genommen. Inzwischen standen wir bereits vor unserem Haus, aber er machte keine Anstalten auszusteigen. „Vielleicht hatte er ja das Gefühl, dass du ihn bereits verteidigt hast und meinte, dir etwas schuldig zu sein. Versuch es doch mal mit ihm. Vielleicht kommst du mit ihm besser klar als mit Towa.“

„Ja...“ Ich nickte langsam. „Sollte ich glaub ich wirklich mal.“ Ich sollte Sanaka verteidigt haben? Bei was denn? Ich verstand nicht, was er meinte.

Fünf Minuten später stand Hakuei auf der Terrasse und rauchte seine zweite Zigarette. Ich gesellte mich zu ihm, in der Hoffnung, ein paar Züge abstauben zu können. Ich hatte sogar Erfolg. Während ich erleichtert den Rauch einsog, traute ich mich endlich, die Frage zu stellen, die mir so lange auf der Zunge gebrannt hatte.

„Ha-chan?“ Keine Antwort. Er antwortete nie, wenn ich ihn so ansprach. „Bist du eigentlich verheiratet oder vergeben?“

Er war eine Weile still. „Nein, bin ich nicht. Weder noch. Heiraten werde ich ohnehin niemals, das weiß ich schon. Und vergeben... nein, im Moment nicht. Warum fragst du?“

„Ich weiß nicht. Neugier. Mit wie vielen Frauen warst du denn schon zusammen?“

„Frauen? Oder allem, was weiblich ist?“

Wo war da der Unterschied? „Beidem.“

„Drei“, gab er zurück. „Einmal im Kindergarten, einmal in der Grundschule und für zwei Wochen auf der Mittelschule.“

Oh. „Und sonst gar nicht?“

„Nein, sonst gar nicht.“

„Sonst hattest du nie eine Beziehung??“, wiederholte ich ungläubig. Das konnte ich mir nicht vorstellen, nicht bei seinem Aussehen. Gut, Aussehen war nicht alles, aber ich konnte mir vorstellen, dass viele Weiber ihn attraktiv fanden.

„Doch“, entgegnete er, belustigt klingend. Er nahm mir die Zigarette wieder weg, rauchte einen letzten Zug und drückte sie im Aschenbecher aus.

„Uäh?!“, machte ich entgeistert. Das war doch wohl nicht...

Er zündete sich eine dritte Zigarette an. Ich musste ihn sehr frustriert haben. Aber schließlich war es vier Uhr nachts.

„Stehst du nicht auf Frauen...?“, fragte ich sehr unsicher.

„Nein“, gab er geradeheraus zurück und nahm einen tiefen Zug, den Blick irgendwo in den Garten gerichtet.

„Stehst du auf Männer?“ Ich konnte und wollte das nicht glauben.

„Yep.“ Die Antwort, die ich verdient hätte, wäre ‚was gibt’s denn sonst noch?’ gewesen, aber ihm war offenbar nicht nach Ironie.

„Was für Männer, zum Beispiel?“ Warum fragte ich das?

„Deinen Vater, zum Beispiel.“ Er besaß tatsächlich die Dreistigkeit, mich anzusehen, zu lächeln und mir seine Zigarette zwischen die Lippen zu schieben.

Ich brauchte eine Weile, bis ich glauben konnte, dass er mich nicht verarschte. „Verarschst du mich?“ Gut, vielleicht auch etwas länger.

„Nein. Warum sollte ich das tun?“

„Holy Shit.“ Ich drehte meinen Kopf zur Seite und schwieg sehr lange. Um es noch einmal klar zu haben: Hakuei war schwul und stand auf meinen Vater. AUF MEINEN VATER!!! Auf meinen Vater, der meines Wissens nach lediglich einige Affären gehabt hatte, nachdem meine Mutter gestorben war, auf meinen Vater, der Zeit seines Lebens an Frauen interessiert war, auf meinen Vater, der nun mal mein Vater war, auf meinen Vater, seinen Chef, den Yakuzaboss. „...Holy Shit“, wiederholte ich leise.

Ich dachte über alles Mögliche nach in den folgenden Minuten. Mein Vater vertraute ihm, das hieß, dass er entweder nichts davon wusste oder ihm gerade deshalb vertraute. Aber Hakuei konnte ihm das Ganze auch nur verschwiegen haben, um in meine Nähe zu kommen und mich umbringen zu können. Vielleicht war er ja auf mich eifersüchtig, weil mein Vater mich eben wie seinen Sohn liebte?

Aber vielleicht hatte er mich auch einfach nur kennen lernen wollen, weil er auf meinen Vater stand? Was, wenn er an einer heilen Familie interessiert war und ein harmonisches Zusammenleben wollte? ... Nein, das konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.

Und da fiel mir noch etwas anderes ein – er hatte mich, als er mich vor zwei Tagen von der Leiche weg in mein Bett getragen hatte, angepackt, und... irgendwie... Ich meine, seine Hand war auf meinem Hintern gewesen, aber doch nur, um mich festzuhalten, oder? Ich sah ihn misstrauisch von der Seite an. Nein, ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass er an einem Scheißkind wie mir interessiert sein sollte. Vor allem, wenn er auf meinen Vater scharf war.

Ich verwarf den Gedanken schnell wieder und trat die Zigarette aus. Dann atmete ich einmal tief durch und beschloss, dass diese eine Nacht der bedeutsamen Fragen war. „Was bin ich für dich?“, wollte ich direkt wissen.

Er schaute mich an. „Was bin ich denn für dich?“, fragte er zurück.

„Ich hab zuerst gefragt!“

„Ich weiß nicht, was ich auf so eine Frage antworten soll. Was würdest du denn antworten?“

Das war doch ganz einfach, er brauchte doch nur... Was wäre er denn für mich? ... Ehm... kein Ersatzvater. Auch kein Babysitter. Kein Freund, kein flüchtiger Bekannter, kein Verwandter, kein Vertrauter... was war er denn? Okay, vielleicht war es doch nicht so einfach. „Keine Ahnung.“

„Na also.“

„Sag mir doch wenigstens, ob du mich magst!“

„Ich halte dich zumindest nicht für ein verwöhntes und zügelloses Scheißkind“, bemerkte er belustigt.

„Das war nicht meine Frage“, beharrte ich, obwohl der Kommentar ziemlich nah an ein Kompliment heran kam, zumindest von Hakuei.

„Manchmal ja, manchmal nein.“

„Und jetzt?“

Er musterte mich. „Wenn ich von der Tatsache absehe, dass du dafür verantwortlich bist, dass ich diese Nacht außergewöhnlich scheiße schlafen werde, mir beinahe das Herz stehen geblieben ist und du eigentlich ein doofes Kind bist... einigermaßen, ja. Aber ich habe auch gute Laune. Du solltest dafür beten, dass ich dafür morgen nicht doppelt schlechte Laune habe. Gehen wir wieder rein?“

„Noch nicht. Noch eine Frage. Willst du eigentlich nicht wissen, warum ich immer noch Jungfrau bin?“, traute ich mich zu sagen. Heute war wirklich die Nacht der bedeutungsvollen Fragen.

„Eigentlich nicht.“ Er zuckte mit den Schultern. „Ist ja deine Sache.“

„Aber es gibt dafür einen bestimmten Grund.“

„Echt? Ich dachte, du hättest nur keine abgekriegt.“

Ich sah ihn unamüsiert an.

Er hob entschuldigend die Hände. „Tut mir leid.“

„Schon okay. Ich hab mich bis jetzt noch nicht hinreißen lassen, weil ich gegen diesen ganzen Sexrausch bin. Ich meine... überall gibt es Pornoseiten, nachts kommen nackte Frauen im Fernsehen, überall wird mit sehr viel Haut geworben, alle Promis ziehen sich früher oder später aus... irgendwie finde ich das pervers.“

„Das heißt, du willst bis an dein Lebensende-“

„Das hab ich nicht gesagt. Ich meine, dass... die meisten Leute Sex nur als Zeitvertreib sehen. Towa, zum Beispiel. Ich finde aber, dass man nur mit jemandem schlafen sollte, wenn man ihn wirklich liebt und diese Liebe auch erwidert wird. Keine One-Night-Stands und so. Das kotzt mich an. Und ich finde, dass man damit auch bis zur Volljährigkeit warten kann.“

Hakuei hob beeindruckt die Augenbrauen. Na ja, vielleicht hob er auch nur unbeeindruckt, ungläubig, überrascht oder irritiert von so viel Dummheit die Augenbrauen, das konnte ich im schwachen Licht vom Wohnzimmer her nicht erkennen. „Das heißt, du hast noch zweieinhalb Jahre Zeit.“

„Genau. Ich finde das vollkommen okay. Ich hab im Moment eh nicht das Gefühl, dass ich unbedingt mit einer Frau ins Bett muss. Ich meine, knutschen und so ist okay, aber irgendwie... verspüre ich noch keinen Drang.“

„Das ist gut“, bemerkte er zustimmend und zeigte mir wieder ein Lächeln. Wenn ich mich nicht ganz täuschte, dann schwang in seiner Stimme noch etwas mit. Zufriedenheit? Stolz? Er klopfte mir auf die Schulter. „Das ist wirklich gut, Lay...“ Er ging an mir vorbei zurück ins Wohnzimmer.

Ich blieb noch eine Weile draußen stehen und dachte über alles nach, was passiert war. Über Towa und Sanaka. Dass Towa mir wirklich auf den Sack ging und ich Sanaka eigentlich immer mehr mochte. Über meinen Vater. Dass ich ihn mit jedem Tag mehr vermisste und nichts mehr von ihm persönlich gehört hatte, aber Hakuei blieb offenbar mit ihm in Kontakt, er meinte, es ging ihm gut. Über Hakuei. Dass er schwul war und auf meinen Vater stand. Über mich selbst. Dass ich meinen Entschluss, was Sex betraf, wirklich durchzog und konsequent blieb und mir das überraschenderweise keine Schwierigkeiten bereitete. Vielleicht war ich ja asexuell und brauchte überhaupt keinen Sex. Hm.
 

~*~
 

tbc~



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  almightywarumono
2013-03-26T11:58:50+00:00 26.03.2013 12:58
omg hahahahahahahaha WIE KAMST DU AUF DIE AUTOBAHNGESCHICHTE??? XDDDDD
Ich weiss nicht warum aber sie hat mich extrem amüsiert haha

Ich liebe diese nervigen Pennerscheißdrecksgörenjungs
Von:  Trashxbaby
2012-04-12T03:11:23+00:00 12.04.2012 05:11
Hakuei....let me love youuuu ♥ ♥ ♥ XDDDD I CAN'T EVEN.... Der Mann is so derbe geil *O* <333333 Vorallem der Teil in dem er auf Lay's Vater steht XDDD Gefällt mir sooo hart XD
Und Lay mag ich immernoch nicht...XD Aber Towa höhö XD Und wie kindisch diese Aktion mit der Autobahn und der sprayerei XD DUMM XDDD Da merkt man echt wie unreif diese Kinder sind /DDD
Von:  bunthismg
2012-04-12T01:13:36+00:00 12.04.2012 03:13
Hakuei steht auf seinen Vater! (nur um das nochmal erwähnt zu haben ;D)
...wie ich aber selber voll ... ja, kp... geschockt(?)... nein, vielmehr überrascht war über die Aussage.
Ich mein, dass Hakuei schwul sein musste, war mir schon seit der Sache klar, als er Lay an der Wange berührt hat. Aber, dass er auf dessen Vater steht? LOOL ur gut. /3

Auch, dass Lay so tolerant gegenüber Schwulen/Behinderten/etc ist, denkt man echt nicht. :o
Immerhin ist er ein Scheißkind~ xD
Aber ich fand das Kapitel echt mega gut. Dass er Hakuei soviel gefragt hat und er Lay auch. Da bekommt man nen guten Eindruck von den beiden.

... und Lay wird mir immer ähnlicher ;_; ♥~


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