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Seelenloser Tanz

Azureshipping OS
von

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Seelenloser Tanz

Hier mein kleiner OS fürs Azureshipping. ^^"

Es fiel mir eigentlich nicht schwer, mich in diesem Fall so kurz zu halten.

Ich hoffe, der Szenenwechsel (werdet ihr beim Lesen mitbekommen) irritiert nicht allzu sehr. :)

Ich wünsche euch viel Spaß!
 

Wie lange war ich nun hier?

Ein Blick auf meinen Kalender verriet es mir. Sechs Monate waren bereits ins Land gezogen. Sechs Monate. Ein halbes Jahr. Von meiner Wohnung aus sah ich aus dem Fenster über die Lichter der Stadt, die sich in den unzähligen Regentropfen widerspiegelten. Wie flüssiges Licht fielen die Tropfen den Himmel hinab und schlugen auf der Erde, auf den Dächern und Fenstern auf.
 

Ich kam mir so vor, als wäre ich auch einer dieser Lichttropfen. Ich ging meinen Weg – mein Leben – wie ich es mir vorgestellt hatte. Hier in New York tanzte ich, lernte es an einer teuren Privatschule, damit alle meine Wünsche in Erfüllung gingen. Ich war einer der vielen Tropfen. Nichts Besonderes. Meine Füße hatten damals, die ersten zwei Monate lang, nur geblutet und waren geschwollen. Doch ich war bereit, diesen Preis in Kauf zu nehmen und ertrug die Schmerzen, die Demütigungen der strengen Lehrer, das harte Training, den rücksichtslosen Konkurrenzkampf. Und wofür das alles?
 

Ich drehte mich vom Fenster weg und betrachtete meine Wohnung. Sie war klein, aber nicht winzig. Eine Person wie ich hatte gerade genug Platz. Es war aufgeräumt – natürlich. Ich hatte ohnehin niemals die Möglichkeit, viel Zeit hier zu verbringen. Mir gegenüber an der Wand war ein Regal abgebracht, zu dem ich nun ging. Dort standen sie. Die eingerahmten Fotos meiner Freunde und meiner Familie. Und ganz vorn: Ein Foto von ihm. Seto Kaiba. Behutsam strich ich über den silbernen Rahmen des Bildes und befreite ihn von der dünnen Staubschicht, die sich dort gesammelt hatte, seit ich es das letzte Mal in den Händen gehalten habe.
 

„Vergiss mich nicht.“, hauchte ich dem ernst guckenden Mann auf dem Bild entgegen. Sein eisiger, regungsloser Blick durchbohrte mich und gab mir, trotz der stahlblauen Augen, ein wärmendes, schützendes Gefühl. Er hatte immer versprochen, er würde mich hier besuchen. In New York. Ein Blitz, gefolgt von einem düsteren Grollen erfüllte den Himmel. Im schönen, glücklichen New York. In der Stadt, die meine Träume wahr werden lassen sollte.
 

Doch er hatte immer etwas zu tun gehabt. Immer kam etwas dazwischen. Und jetzt hatte ich ihn seit meines Umzuges hierher nicht wiedersehen können. Ich vermisste ihn. Ich vermisste seine Stimme. Seine Wärme. Ich brauchte ihn. Seine Stärke. Ich brauchte es, dass er mich provozierte, um mir Mut und Kraft zu geben. Er fehlte mir.
 

Er hatte immer gewollt, dass ich glücklich bin. Deshalb hatte er mir auch ermöglicht, dass ich hierher nach New York kommen konnte. Natürlich hätte ich es auch ohne seine Hilfe geschafft, aber er hatte seinen Einfluss spielen lassen und mir einen Platz an dieser anerkannten Schule verschafft. Ich verdankte ihm viel. Alles hier. Durch ihn könnte ich endlich die Karriere machen, von der ich immer geträumt hatte.
 

Bisher hatte ich mich nie gefragt, ob ich glücklich war. Ob er mich damit glücklich gemacht hatte. Es war für mich selbstverständlich, dass ich glücklich zu sein hatte. Schließlich lebte ich meinen Traum. Daran hatte ich nie gezweifelt. Natürlich vermisste ich auch. Ich vermisste meine Freunde, die ich zurücklassen musste. Meine Familie. Ich vermisste meine Heimat, mit all seinen Ecken und Straßen, die ich kannte. Ich vermisste es, die Augen zu schließen und abends zum Klang der Musik aus meinem Player heimlich im Park zu tanzen, ohne, dass es jemand sah. Ohne, dass es jemand wusste. Nur für mich.
 

Meine Gedanken spielten mir einen Streich. Das musste von der Anstrengung kommen. Zügig schob ich ein paar Möbel beiseite. Es waren ohnehin nicht viele im Raum. Dann schloss ich meinen Player an die Boxen und drehte mir ein Lied auf. Mir gefiel der Takt. Ich schloss die Augen und lies mich von den Tönen, den Rhythmen und Klängen tragen. Meine Arme bewegte ich kraftvoll und doch elegant vor mir und die Beine folgten gelernten Schritten. Ich zählte die Takte mit. Hatte ich das früher auch getan? Unbewusst vielleicht. Nun machte ich es automatisch. Konzentriert beherrschte ich jede Bewegung, jeden Schwung und jede Drehung. Der Tanz war fehlerlos. Er war perfekt für mein Können. Aber es reichte nicht. Es reichte mir nicht. Es reichte den Lehrern nicht. Es würde niemals reichen, um erfolgreich zu werden. Das hatte ich bereits in den ersten Tanzstunden erfahren müssen.
 

‚Trocken‘ hatten sie meinen Tanz beschrieben. So trainierte ich mehr, damit meine Bewegungen flüssiger abliefen. ‚Geplant‘ hatten sie meinen Tanz beschrieben. So tanzte ich zügelloser, wilder und kraftvoller. Doch niemals war es so, wie sie es wollten. Niemals so, wie ich es wollte. Sie lobten meine Technik und meine Hingabe. Aber niemals erreichte ich es, sie in den Bann meines Tanzes zu ziehen. Niemals erreichte ich ihre Herzen.
 

Es war gut, dass nun Ferien waren. Ich hatte vor, nach Hause zu fliegen. In meine Heimat. Zu meinen Freunden. Sie hatten mir schon Briefe geschrieben, die darüber erzählten, wie es ihnen ergangen war in den letzten Monaten. Auch von Seto erzählten sie mir. Ich hatte es ihm nie verübelt, dass er sich nicht gemeldet hatte. Nur vermisste ich ihn.
 

Mein Herz vermisste ihn. Ich fühlte mich, als wäre ich in einem Käfig, den ich mir vorher sorgfältig auserwählt hatte, durch dessen wunderschöne Stränge ich nun meine Arme zwängte und nach dem Mann zu greifen versuchte, der mir erst den Wunsch erfüllt hatte, mich hier hinein zu begeben. Ich fühlte mich unfrei. Ich erreichte ihn nicht mehr. Doch ich wollte auch nicht hinaus und zu ihm laufen. Ich wollte ihn nicht enttäuschen.
 

Mit den letzten Tönen der Musik endete mein Tanz. Ich hatte damals lange verzweifelt nach einer Erklärung für meinen unvollständigen Tanzstil gesucht. Nach einem Grund für meine Fehltritte. Eine Antwort auf meine Frage. Nun hatte ich sie endlich gefunden. Ich führte die letzte Bewegung in vollendeter Eleganz durch und hielt wenige Sekunden in dieser Position inne. Das war das Finale der Choreographie gewesen. Sie war simpel. Ich hatte sie schon vor längerer Zeit gelernt. Gelernt. Trainiert.
 

Endlich hatte ich verstanden, weshalb mein Tanz so ‚trocken‘ und ‚geplant‘ war. Er war gelernt. Auswendig gelernt und perfektioniert. Ich löste mich aus meiner finalen Position und lockerte mich. Dann ging ich wieder zum Regal, auf dem das Bild meines Liebsten stand. Erneut strich ich über den stahlsilbernen Rahmen. Diesmal heftete sich keine veraltete Staubschicht an meine Fingerkuppen. Ich hatte es endlich verstanden. Verstanden, was meinem Tanz fehlte. Es lag nicht an der Technik. Es lag nicht an der Ausführung. Es lag an mir.
 

Früher hatte ich getanzt, weil es mir Spaß gemacht hatte. Weil es mich mit Freude erfüllte. Meine Seele hatte mit mir gemeinsam getanzt. Mein Herz hatte im Takt der Musik geschlagen und mich dazu befähigt, jeden noch so unebenen Boden zu meiner Tanzfläche zu machen. Es hatte mir Flügel verliehen.
 

~*~*~*~*~
 

„Doch nun habe ich gelernt, dass das Glück meines Herzens nicht mehr in meinem Jugendwunsch liegt. Ich liebte das Tanzen schon immer. Ich liebe es auch heute. Aber das Einzige, was mich wirklich von Herzen glücklich machen und mich beflügeln kann, bist du.“
 

Ich sah in seine eisigen Augen und hoffte auf eine minimale Gefühlsregung. Wir standen in seinem Büro. Er war überrascht gewesen, mich dort zu sehen. Aber er hatte sich gefreut, das erkannte ich. An meinem zweiten Ferientag war ich in meine Heimat geflogen und sofort zu ihm in die Firma gefahren. Nicht eine Sekunde länger hätte ich damit warten können. Ich musste ihm beichten, dass ich mehr brauchte, als nur das Tanzen. Bisher hatte mich meine Angst vor diesem Geständnis aufgehalten. Doch nun konnte sie es nicht mehr.
 

Nach meiner Aussprache ballte ich meine Hände zu Fäusten. Mein gesamter Körper war angespannt. Ich wusste nicht, ob er nun enttäuscht von mir war, dass ich meinen Lebenswunsch abbrechen wollte. Nach wenigen, schnellen Atemzügen traute ich mich nicht mehr, in seine Augen zu sehen. Warum sagte er nichts mehr?

Dann spürte ich Wärme um mich herum. Der Mann meiner Träume legte die Arme um mich und zog mich an seinen starken Körper. Ich lockerte mich und tat es ihm gleich. Verzweifelt krallte ich meine Nägel in den festen Stoff seines Mantels. Seto zitterte. Oder bildete ich mir das ein? Ich war mir nicht sicher. Doch. Schon wieder. Ein kleines, unscheinbares Zittern, ein Ruckeln, das seinen Körper erfüllte und sofort wieder durch die vollkommene Körperspannung verdrängt wurde.

Als ich mich lösen wollte, ließ er mich nicht gehen. Hielt mich weiter in seinen Armen. Es erschien mir als eine Ewigkeit, die wir dort standen. „Ich habe dich vermisst.“, kam es plötzlich hauchend von Seto. Seine Stimme war sanft. Warm. Sie zitterte ebenfalls. Ich holte Luft, um etwas zu sagen, doch er kam mir zuvor. „Und…“ Ich schloss meinen Mund wieder. Nur um ihn dann wieder ungläubig zu öffnen, als ich hörte, was Seto mir sagte. „…ich will dich nicht wieder nach New York verlieren. Ich brauche dich an meiner Seite. Bitte. Anzu.“

Daraufhin löste er die Umarmung, doch nicht, um sich vollkommen von mir zu trennen. Er gab mir einen liebevollen, langen Kuss auf meine schweigenden, bebenden Lippen. Ich schloss meine Augen und gab mich ihm hin. Ihm – dem Mann meiner Träume. Und dann fühlte ich es wieder. Das Glück, dass mich all die Zeit verlassen hatte. All die Freude, die mir fehlte. Wir standen noch lange dort in seinem Büro.
 

Tanzen konnte ich wohl tatsächlich überall. Die Techniken beherrschte ich, es war leicht, die Schritte auswendig zu lernen und die Bewegungen erschienen mir so selbstverständlich, wie das reflexartige Atmen meiner Lungen. Doch egal, wie wunderbar man zu tanzen scheint, wenn einem das Herz und die Seele fehlt…. Wenn einem die Liebe fehlt… Dann erscheint alles wie das Gesicht einer Porzellanpuppe: Schön, wie die Sonne, klar, wie eine Vollmondnacht, sanft, wie der Wind… Doch leblos und verkümmert, wie ein verdorrtes Land, dass weder Sonne, noch Mond, noch Wind je erreichen würden.
 

Ich habe gelernt, dass man zwar seinen Träumen folgen und sie zu verwirklichen versuchen, aber durch den Gewinn des Traumes niemals sich selbst verlieren sollte. Belüge niemals dein Herz, auch wenn deine Vernunft sagt, du solltest einen anderen Weg einschlagen. Denn wenn du nicht deinem Herzen folgst, dann hört es irgendwann auf, dir den Rhythmus deines Lebens zu schlagen.
 

~~~~~~~
 

Danke fürs Lesen! *mich verbeug*

Shippt noch schön weiter, Leute ;)

Liebe Grüße

Eure NekoBastet



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  LovelyPaine
2015-01-01T17:11:54+00:00 01.01.2015 18:11
Huhu.

Was für ein ergreifender One-Shot. Ich bin hin und weg. Er hat mich gefangen..die Gefühle und Emotionen waren greifbar. Wirklich unglaublich schön.

Dein Schreibstil ist wirklich fantastisch. Danke für solch eine FF!

Lg LovelyPaine
Antwort von:  NekoBastet
02.01.2015 21:05
Mindestens ebenso ergreifend finde ich deine Rückmeldung hierzu. <3
Ich bin gerührt, dass er dir so gut gefällt Q.Q Dankeschön für so einen lieben Kommentar!

GlG
NekoBastet
Von:  Guardian
2013-03-03T12:31:02+00:00 03.03.2013 13:31
das ende ist emga goldig <3
das ist echt ein suchtmittel :D du beschreibt echt eine aktion klasse und die vorstellung kommt dazu von alleine :D will mehr
Von:  Leloli_chan
2012-07-15T11:01:19+00:00 15.07.2012 13:01
aaaaaawwwwwwww Das war so süß am Ende!!
Ich mag diesen OS wirklich sehr.
Du hast gut beschrieben wie sich Anzu fühlt..Das war total süß..
Auch die Umgebung wurde sehr schön beschrieben. Konnte mich voll hinein versetzen!!
Und am Ende, wie du ihre Reaktionen erläutert hast, war sehr detalliert...
Einfach zu süß!!
Bitte schreibe noch mehr solcher FanFictions, Werde sie garantiert lesen !!
Von:  Yuugii
2012-03-24T11:06:52+00:00 24.03.2012 12:06
So eine wundervolle OS, ich bin richtig begeistert! ♥

Ich hatte deine andere Fanfiktion gelesen, aber dies ist bereits länger her, aber wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, hast du dich sehr gesteigert. Vor allem in der Wortwahl und die Art wie du beschreibst. Dein Schreibstil, diese bildhaften beinahe poetischen Umschreibungen, ziehen einen von der ersten bis zur letzten Sekunde in den Bann. Ganz besonders gefiel mir auch der Aufbau und wie du den Inhalt verschachtelt hast. Erst befinden wir uns in ihrer kleinen Wohnung und im nächsten Moment sind wir in Setos Büro, trotz dieses Umfeldwechsels ging alles flüssig ineinander über. Das hat mir sehr gefallen. Man hat richtig gefühlt, dass dir dieses Pairing am Herzen liegt und du dir sehr viel Mühe gegeben hast.

Anzu hast du perfekt charakterisiert. Gut, man könnte meinen, dass ihre Gefühle für Seto überstürzt und nicht nachvollziehbar genug waren, aber es wurde deutlich, dass bereits in ihrer Vergangenheit etwas geschehen ist, was sie dazu gebracht hat, sich in ihn zu verlieben. Und durch das Ende erfährt man ja auch, dass Seto auch etwas für sie übrig hat. Natürlich würde er das niemals laut aussprechen, aber seine Handlung hat ihn verraten. Er ist nun einmal ein Mann der Tat. Und nicht der Worte. Vielleicht macht ihn gerade das so anziehend? Trotzdem muss ich noch mal darauf hinweisen, dass mir der Anfang sehr, sehr gut gefallen hat. Wie du auf ihr jetztiges Leben eingegangen bist und immer wieder Bezug zur Vergangenheit genommen hast, war sehr durchdacht und wirkte eindrucksvoll. Es ging dir nicht darum einen "fluffigen" One Shot über die beiden zu schreiben, sondern zu zeigen, wie es hätte verlaufen können, wenn sie sich bereits vorher auf irgendeine Art und Weise näher gekommen wären. Und diese "Was wäre wenn..." Konstellation ist immer interessant zu lesen. Sehr schön war auch, dass du am Ende allgemein geschrieben hast, so als wolltest du den Leser ermutigen und ihm zeigen, dass es gut ist, wenn man selbst Verantwortung übernimmt.

Eine wunderbare One-Shot zu einem wunderbaren Pairing!
Mach weiter so. ♥


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