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The darkest thrill

NaruSasu
von

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Hearts and minds and melodies

Kleinere Auftritte werden danach so etwas wie eine Normalität; wenn es etwas größeres ist, holen sie sich Unterstützung von Suigetsu und Juugo, meistens sind sie aber nur zu zweit und unterhalten die angetrunkene Stammkundschaft in schäbigen Pubs. Geld springt dabei nicht viel heraus, aber es gibt zumindest Freibier für den Abend lang und Naruto hat das Gefühl, dass sie sich vorwärts bewegen. Das Desaster vom ersten Mal wiederholt sich zum Glück nicht, aber wirklich eingespielt und sicher fühlt er sich eigentlich nur, wenn er allein mit Sasuke und zwei Akustikgitarren abgeschminkte Versionen ihrer Songs oder Cover seiner Lieblingslieder singt. Eine Fanbase hat sich zwar noch nicht zusammengefunden, aber immerhin fallen sie nicht mehr negativ auf und wenn es so weiter geht, ist sich Naruto sicher, dass es nicht mehr lange dauern kann, bis sie sich einen Namen erspielt haben.

 

Das Leben mit Sasuke ist wieder in gewohnte Bahnen zurückgependelt; Naruto weiß nicht wann oder wie es passiert ist, aber der selbstauferlegte Sicherheitsabstand hat sich allmählich aufgelöst und er kann Sasuke wieder nahe sein, wenn ihm danach ist, ohne dabei jedes Mal an ihren Pseudo-Kuss zu denken. Der Vorfall ist zwar nicht vergessen, drängt sich aber eigentlich nur noch in den Vordergrund, wenn sie sich ein Mikro teilen müssen und es schwer wird, das gelegentliche Streifen von Wangen und Nasenspitzen nicht zu bemerken.

 

Irgendwo schleicht sich der Gedanke ein, dass die Grenzen zwischen platonisch und romantisch sowieso leicht verwischbar sind und in ihrem Fall schon öfter neu gezogen werden mussten, als Naruto zählen kann, aber eigentlich hat das ja nicht viel zu heißen.

 

Dass er Sasukes Körperwärme beim Schlafen vermisst, ändert daran nichts, genauso wenig wie seine Angewohnheit, ab der ersten Promille genug Distanz zwischen Sasuke und ihm schmelzen zu lassen, bis er nicht mehr sagen kann, wo der eine aufhört und der andere anfängt. Aber das macht er nicht, weil er auf Sasuke steht (und deshalb gibt es auch überhaupt keinen Gewissenskonflikt, was Hinata angeht), sondern weil Sasuke manchmal so aussieht, als würde er das brauchen, wenn seine Augen stumpf sind und seine Haltung einsam.

 

Wenn sein Blick auf Sasukes Lippen ruht, stellt er sich nicht vor, wie es sich anfühlt, sie zu küssen. Da sind keine Schmetterlinge in seinem Bauch, nichtmal ein Kribbeln oder flaues Gefühl. Wenn seine Hände zucken, weil er Sasuke berühren möchte, dann nur um ihm Emotionen ins Gesicht zu prügeln, aber niemals für eine romantische Geste. Naruto betrachtet sich selbst als durch und durch hetero; sein Unterleib pocht für weibliche Rundungen, weiche Gesichtszüge und volle Lippen, und es gibt nicht einen Moment, in dem er Sasukes Körper begehrt hat—er ist aber durchaus in der Lage, männliche Schönheit anzuerkennen, wenn er ihr begegnet.

 

Nicht Sasukes Aussehen zieht ihn an, diese makellose Fassade, sondern alles, was dahinter steckt; seine Gedanken, seine Werte, sein unüberschaubares Chaos aus Schein und Sein. Jedenfalls ist es das, was er sagen würde, wenn er seine Gefühle herab rationalisieren müsste. Zu allen anderen Zeiten gibt er sich einfach damit zufrieden, dass es so ist und er nicht viel dagegen tun kann.

 

(Der Gedanke, dass er längst mit dem Rücken zur Wand steht, kommt ihm nie.)

 

 

 

Es ist wieder ein produktiver Abend gewesen; sie haben vor einer Viertelstunde ihr Set beendet, in dem Naruto Sasuke mehrere Male davon abhalten musste, bei Liedwünschen verächtliche Kommentare über den Musikgeschmack der betreffenden Personen zu machen—die Akkorde konnte er sich dann aber meistens doch zusammenreimen, auch wenn er nicht so aussah, als hätte er viel Spaß dabei.

 

Jetzt sitzen sie in einer der dunkleren Ecken des Pubs und Sasuke ist gerade aufgestanden, um eine zweite Runde Bier zu ordern, die sie sich auch wirklich verdient haben, wie Naruto findet, denn es ist alles gut gelaufen heute. Wenn es nach ihm ginge, könnte er das jeden Tag so machen; Übung bekommen, Lampenfieber abbauen. Außerdem ist es irgendwie schön, Menschen zu unterhalten, auch wenn die Hälfte wahrscheinlich gar nicht richtig hinhört. Die wichtigste Person im Raum hört aber immer zu und wenn ihm Sasuke auf seine eigene chiffrierte Art signalisiert, dass er mit Naruto zufrieden war und es ihm vielleicht sogar ein kleines bisschen gefallen hat, ist das genug, um ihn durch die ganze Woche zu tragen.

 

Narutos Gedanken werden unterbrochen, als jemand neben seinem Tisch zum Stehen kommt; überzeugt, vertraute düstere Gesichtszüge zu sehen, weil es immer so ein Gedränge am Ausschank ist, dreht er sich um, aber das sind blaue fremde Augen, die ihn da aus langen getuschten Wimpern anblinzeln.

 

"Hey", macht die Unbekannte und lächelt. "Du hast doch heute gespielt, oder? Ihr wart echt gut!"

 

"Fandest du? Wow, cool, hehe. Du bist die erste, die das sagt", antwortet Naruto und kratzt sich verlegen am Hinterkopf. Es ist schon eine Weile her seit ihn zuletzt ein Mädchen angesprochen hat; es war nie so, dass er sich vor Umwerberinnen nicht retten konnte, aber ein kleiner Flirt hier und da hat sich dann doch mal ergeben. Irgendwie ist er immer davon ausgegangen, dass er vielleicht seinen Beziehungsstatus ausstrahlt oder dass Sasukes hostiler Blick jede potentielle Interessentin verschreckt, doch daran kann es eigentlich nicht liegen, denn der bekommt mehr Aufmerksamkeit als ihm (und Naruto) lieb ist.

 

Aber die junge Frau, Naruto schätzt sie auf Anfang 20, ist sogar richtig hübsch, sie sieht ein bisschen nach Barbie aus und ein bisschen nach Soft Grunge—lange blonde Haare, die in pinken Spitzen enden, aufdringlich rote Lippen, in kalkulierter Achtlosigkeit zusammengewürfelte Klamotten.

 

"Ich hab euch vor ein paar Wochen schonmal gehört und fand euch direkt ziemlich cool", erzählt sie weiter und sieht sogar aus, als würde sie jedes Wort meinen. Nonchalant gestikuliert sie zu der leeren Bank gegenüber von Naruto und lässt ihren Armschmuck aus verblichenen Konzertbändchen und bunten Reifen schwingen. "Darf ich mich dazusetzen? Ich heiße übrigens Ino."

 

"Klar! Hier ist genug Platz und du sagst so nette Sachen, hehe, du darfst gern noch ein bisschen weiterreden. Ich bin Naruto!"

 

Es ist ungewohnt, von jemandem mit Bewunderung angesehen zu werden und es macht ihn ein wenig nervös, als er es realisiert, aber es fühlt sich nicht schlecht an. Ino ist wirklich nett und kommunikativ und scheut nicht davor, Komplimente zu verteilen. Es stellt sich heraus, dass sie so etwas wie eine selbsternannte Expertin für junge, aufstrebende Musiker ist, von denen noch nie jemand irgendetwas gehört hat und vermutlich auch nie wird, aber wenn Naruto ihren Worten Glauben schenkt, dann haben er und Sasuke eine steile Karriere vor sich und spielen in zwei Jahren auf großen Festivals statt in kleinen verrauchten Kneipen.

 

Das Gespräch wird erst unterbrochen, als Naruto seinen Namen in einer bekannten irritierten Stimmlage hört und er muss sich gar nicht umdrehen, um zu wissen, dass Sasuke ihn gerade mit bedrohlich zuckenden Augenbrauen und in Missfallen verzogenen Mundwinkeln ansieht. Aber er schaut trotzdem nach und Jackpot, Sasukes Blick sagt ganz unmissverständlich 'Was ist das?!'. Es wirkt auf ihn sicher so, als hätte sich Naruto in seiner Abwesenheit einfach das nächstbeste Mädchen angelacht, aber er versteht die Situation nicht.

 

"Da bist du ja endlich, Sasuke! Schau mal, wir haben unseren ersten Fan!", ruft Naruto fröhlich und ist optimistisch, ihm die Ergänzung ihres Abends ohne Probleme schmackhaft machen zu können.

 

"Du heißt Sasuke? Schön, dich kennenzulernen! Ich bin Ino."

 

Sasukes Geringschätzung steht ihm so deutlich ins Gesicht geschrieben, dass es Naruto ein kleines bisschen unangenehm ist (hoffentlich kann Ino nicht gut in ihm lesen). Er stellt die Biergläser mit einem unfreundlichen Klirren auf den Tisch und deutet Naruto dann durch ein Kopfnicken an, Platz für ihn zu machen, obwohl er vorher eigentlich auf der anderen Seite gesessen hatte. Mit einem schlecht getarnten Augenrollen kommt Naruto der wortlosen Bitte nach und zieht sein Ale zu sich herüber.

 

"Er hat einen schlechten Tag, mach dir nichts draus", entschuldigt er sich für seinen Freund, obwohl das gelogen ist; Sasuke war die ganze Zeit über bester Laune, aber Ino braucht ja nicht unbedingt zu wissen, was für einem Soziopathen sie gegenübersitzt.

 

Es scheint sie jedenfalls nicht besonders zu stören, denn sie plaudert unbeschwert weiter und versucht dabei mehr als einmal, Sasukes Blick einzufangen, obwohl er sich alle Mühe gibt, am Gespräch nicht teilzunehmen. Auf direkte Fragen antwortet er entweder mit einem Grummeln oder, wenn er sich dazu hinreißen lassen kann, sogar mit ein, zwei vollständigen Worten. Naruto sieht gequält dabei zu und wünscht sich, sie würde damit aufhören und es ihm ersparen, nach jeder verbalen Sackgasse wieder einen neuen Anknüpfpunkt finden zu müssen. Es ist offensichtlich, dass Ino Sasukes Aufmerksamkeit vorziehen würde und Naruto eigentlich nur der Trostpreis ist, aber an die Rolle hat er sich schon lange gewöhnt und es kratzt nur noch marginal an seinem Selbstbewusstsein.

 

Sasuke hat sich währenddessen eine Zigarette angesteckt und raucht, als ob seine Lungen den Tod verdient hätten. Das gibt ihm etwas zu tun und lässt es nicht so auffallen, dass er Ino eigentlich komplett ignoriert.

 

Naruto findet es immer wieder interessant zu beobachten, wie lange sich Leute mit Sasuke aufhalten, bevor sie beschließen, dass es die Mühe nicht wert ist. Frauen schneiden erfahrungsgemäß etwas besser ab, vielleicht blendet sie das hübsche Gesicht, aber den ewigen High Score hält nach wie vor Naruto und der Counter läuft immer noch. In Sasuke muss man eine Menge Zeit und Mühe investieren, bevor er überhaupt nur eine winzige Rendite abwirft, da ist es nicht überraschend, wenn die meisten Leute schon nach fünf Minuten aufgeben.

 

Anscheinend ist dieser Zeitpunkt nun auch für Ino gekommen, denn sie wendet sich wieder frontal Naruto zu und lässt Sasuke mit seiner Zigarette alleine.

 

"Habt ihr eigentlich schon mal Aufnahmen gemacht? Weil ein paar Sachen, die ihr heute gespielt habt, waren eigene, oder? Wenn ihr Demos habt, würde ich die mir gerne mal anhören!"

 

"Ne, so weit sind wir leider noch nicht", antwortet Naruto mit einem Kopfschütteln. "Ich meine, die Songs haben wir. Aber bis jetzt sind es eben nur Sasuke und ich."

 

"Achso, ihr sucht noch Mitglieder?"

 

"Ja, ein Bassist und Drummer wären schon ganz cool."

 

"Ich kenne da wen", wirft Ino plötzlich ein und fängt an, in ihrer Handtasche zu kramen. Naruto hebt neugierig den Blick von seinem Glas und auch Sasuke zollt ihr zum ersten Mal an diesem Abend einen Bruchteil seiner Aufmerksamkeit. "Er spielt Bass, schon ziemlich lange und auch relativ gut. Also, ich weiß nicht, ob er wirklich Interesse hat, aber ihr könnt es ja mal versuchen."

 

"Wow, im Ernst? Das wäre perfekt!"

 

Ino sieht fast genauso enthusiastisch aus wie Naruto, als sie endlich findet, wonach sie sucht, und ein strassbestücktes Handy zückt.

 

"Ich kann morgen gleich mal mit ihm reden. Am besten tauschen wir Nummern aus, dann gebe ich euch direkt Bescheid!"

 

Naruto zögert keine Sekunde, um sein eigenes Handy hervorzuziehen und mit ungeschickten Fingern Inos Nummer einzutippen. Nachdem alles gespeichert und überprüft ist, wendet sie sich erwartungsvoll Sasuke zu und Naruto hat jetzt schon Mitleid mit ihr für den Korb, den sie gleich bekommen wird.

 

"Gibst du mir deine auch, Sasuke?", fragt sie mit viel zu viel Hoffnung in der Stimme für den bisherigen Verlauf des Abends. Vielleicht denkt sie, dass sich Sasuke von ein bisschen Wimperngeklimper beeinflussen lässt, aber der drückt nur seine Zigarette im Aschenbecher vor ihm aus, bevor er ihr einen verständnislosen Blick aus den Augenwinkeln zuwirft.

 

"Wieso? Du hast doch Narutos."

 

Und damit steht er auf und verschwindet in Richtung Toilette. Naruto seufzt.

 

"Wir wohnen zusammen. Alles, was du mir schreibst, kommt also auch direkt bei Sasuke an", versucht er sie zu vertrösten und wundert sich ein bisschen als Ino ihn ansieht, als hätte sie gerade das letzte große Rätsel der Menschheit gelöst.

 

"Aah, ihr seid also—"

 

"Oh Gott, nein nein!", korrigiert er panisch bevor sie die Chance hat, ihren Satz zu vollenden. Vielleicht reagiert er etwas zu vehement, aber es ist ihm wahnsinnig unangenehm, wenn jemand unterstellt, dass er und Sasuke so eine Art von Beziehung haben. "Wir teilen uns einfach nur eine Wohnung. Ganz platonisch. Ich hab 'ne Freundin."

 

"Und Sasuke?"

 

Erleichtert darüber, dass Ino so schnell das Thema wechselt, atmet er aus und stiert auf den Grund seines Bierglases, wo die letzten kleinen Schaumbläschen zerbersten.

 

"Ich würde ja sagen 'frag ihn selbst', aber nein, besser nicht. Er ist single, aber ich glaube nicht, dass er daran was ändern will."

 

Ino kommt nie dazu, etwas zu entgegnen, und Naruto hofft einfach, dass sie den nicht ganz so subtilen Wink verstanden hat, denn Sasuke wählt genau diesen Moment, um zurückzukehren. Er macht sich nicht einmal mehr die Mühe, sich zu setzen, sondern drängt Naruto, sein Bier auszutrinken, damit sie nach Hause können, weil ihm langweilig ist und er seine soziale Quote für den Tag schon um das zehnfache überschritten hat—nicht in so vielen Worten, er verkündet eigentlich nur, dass er jetzt gehen wird, aber Naruto kennt ihn inzwischen gut genug, um seine impliziten Botschaften automatisch mitzulesen.

 
 

 

Ein paar Tage später meldet sich Ino wieder mit Termin und Adresse, um Naruto und Sasuke mit ihrem zukünftigen Bassisten bekannt zu machen, und hier sitzen sie nun, in einer kleinen, hellen Neubauwohnung, die sauberer und aufgeräumter ist als alles, was Naruto seit einer langen Zeit gesehen hat. Schallplattencover und Polaroid-Collagen zieren die Wände und ein Vintage-Kronleuchter glitzert von der Decke.

 

Inos Bekannter—sie scheinen sich schon lange zu kennen und Naruto hätte fast getippt, dass er ihr Freund ist, wenn sie nicht so offenes Interesse an Sasuke gezeigt hätte—heißt Shikamaru und wie sich ziemlich bald herausstellt, hatte Ino nicht daran gedacht, ihn ausreichend zu informieren und einfach nur herzitiert, um ihm 'zwei Freunde vorzustellen'.

 

"... Das hört sich stressig an", ist alles, was er dazu zu sagen hat, und macht ein Gesicht, als würde man ihm eine Sisyphusarbeit aufzwingen. Er hat braune Haare in einem groben Pferdeschwanz gebunden, einen unbeeindruckten Blick und ist lässig aber ordentlich gekleidet (nicht wie Naruto aus dem Bett gerollt und in die nächstgelegenen, zerknitterten Klamotten geschlüpft).

 

"Überleg doch mal! Wenn ihr erfolgreich werdet, ist das der schnellste und einfachste Weg, um Geld zu verdienen. Du brauchst nichtmal Angst vor Medienrummel oder so zu haben, denn für den Bassist interessiert sich sowieso niemand. Besonders nicht, wenn du solche Frontmänner hast."

 

"Ja ja, lass mich darüber nachdenken."

 

Schwerfällig steht er von seinem Platz auf dem Sofa auf und kramt in seiner Jacke nach einem Päckchen Zigaretten und einem Feuerzeug, die er mit auf Inos Balkon nimmt. Sasuke folgt ihm, also macht Naruto dasselbe.

 

"Auch eine?", bietet Shikamaru ihm an, nachdem er die Glastür hinter sich geschlossen hat. Etwas zögerlich starrt Naruto die Zigarettenschachtel an, die ihm hingehalten wird, bevor er mit den Schultern zuckt und eine herauszieht.

 

"Klar, wieso nicht."

 

Jetzt, wo es mit der Band ernster wird, kann es schließlich nicht schaden, ein wenig an seiner Rockstar-Ästhetik zu feilen, und es gibt seinen Händen etwas zu tun, die schon die ganze Zeit sehr unnütz an seinen Seiten baumeln. Naruto ist längst überzeugt, dass er genug Passivrauch eingeatmet hat, um seine Lungen für immer zu zerstören, denn Sasuke raucht wann und wo er will und scheint in Narutos Gesundheit keinen adäquaten Grund zu sehen, um irgendwie Rücksicht zu nehmen. (Außerdem will er nicht der einzige sein, der untätig in der Gegend herumsteht.)

 

Mit der Hoffnung, ähnlich cool wie Sasuke dabei auszusehen, nimmt er einen tiefen Zug und bereut es direkt wieder. Es ist nicht so, dass er noch nie irgendwas geraucht hat, aber seine Kehle ist weit davon entfernt, daran gewöhnt zu sein und er will nicht wie ein Idiot aussehen, also versucht er seinen Hustenreiz diskret herunterzuschlucken und die Tränchen wegzublinzeln, die ihm in die Augen schießen. Sasuke beobachtet ihn schon die ganze Zeit sehr amüsiert, sagt aber nichts, und Shikamaru scheint es entweder nicht zu bemerken oder es interessiert ihn einfach nicht.

 

"Wir können dir auch zeigen, was wir so spielen, wenn du willst!", schlägt Naruto nach einer Weile ungemütlichem Schweigen vor, um nochmal darauf zurückzukommen, wieso sie eigentlich hier sind.

 

"Nicht nötig, ich hab euch hier irgendwo schon mal gehört. Ino hat danach nicht mehr die Klappe gehalten, war also schwer, das zu vergessen."

 

Es lässt sich nicht definitiv sagen, ob er wirklich genervt ist oder nur so tut, vielleicht ist das ja seine Art von Humor, aber Naruto ist Optimist und geht deshalb vorsorglich von letzterem aus.

 

"Oh. Achso. Cool!", grinst er und stößt Sasuke mit dem Ellbogen an. "Hast du das gehört? Wir werden berühmt! Leute erkennen uns schon!"

 

Aber der rollt als Antwort nur mit den Augen und atmet eine dichte graue Rauchwolke aus, die vom Wind zerstäubt wird. Von hier oben wirkt die Welt fast frühlinghaft, in den Gärten blühen schon ein paar erste mutige Blumen und auch auf den kahlen Zweigen von Inos Balkonpflanzen sprießen fragile grüne Triebe, aber die Luft ist immer noch frostig und Naruto schüttelt sich nach einer besonders eisigen Böe. Instinktiv rückt er näher an Sasuke heran, um etwas von seiner Körperwärme abzuhaben, aber das fällt kaum auf, weil sie sowieso sehr gepfercht stehen zwischen all den Terrakotta-Töpfen und einem sonnenverfärbten Tischchen mit Stuhl.

 

"Ich habe eine Kondition", meint Shikamaru dann schließlich, nachdem seine Zigarette schon zu einem kleinen Stummel abgebrannt ist, und obwohl Sasuke bisher kein Wort mit ihm gewechselt hat, kommt seine Reaktion sehr direkt.

 

"Du bist nicht in der Position, um Forderungen zu stellen", antwortet er, bevor Naruto etwas sagen kann, aber Shikamaru redet einfach weiter, als hätte er nichts gehört.

 

"Ein guter Freund von mir spielt Schlagzeug. Das fehlt euch doch auch noch, oder?"

 

"Ja! Heißt das—"

 

"Taugt er auch was?", unterbricht Sasuke wieder und Naruto würde ihn gern zur Seite nehmen, damit er ihre Aussichten auf eine voll besetzte Band nicht weiter dezimieren kann, aber dafür ist es jetzt auch schon zu spät.

 

"Er spielt noch nicht lange. Aber ich glaube, er hat viel Potential."

 

"Das klingt nicht sehr überzeugend."

 

"Entweder wir beide oder keiner", stellt Shikamaru klar und lehnt sich mit dem Rücken gegen das Balkongeländer, während er ihre Antwort abwartet. Er wirkt nicht so, als wäre er zu weiteren Zugeständnissen bereit.

 

"Komm schon, Sasuke!", bettelt Naruto und kommt sich dabei vor wie ein quengelndes kleines Kind, das von seiner Mutter ein Spielzeug gekauft haben möchte. Aber für den höheren Zweck schluckt er seine Würde gerne herunter. "Wir wären dann komplett! Am Anfang hast du auch immer gesagt, ich würde nie vorwärts kommen!"

 

"Das sage ich immer noch."

 

"Dann können wir ja gemeinsam besser werden!"

 

Naruto kommt es so vor, als würde er gegen eine Wand anreden, denn Sasuke kann so wahnsinnig stur sein, wenn er sich auf etwas festsetzt, und er hat eigentlich schon alle rhetorischen Register gezogen, die normalerweise sein Fundament wenigstens ein bisschen zum Wackeln bringen. Aber sein Blick ist noch genauso skeptisch wie zuvor, alles in ihm sträubt sich—und dann wendet er sich ab, ohne dass seine Augen etwas von ihrer Härte verlieren, und kapituliert.

 

"... Von mir aus."

 

Auf dem Weg nach Hause beschwert sich Sasuke noch ein wenig über Narutos nicht vorhandenes Verhandlungsgeschick und 'da hätten sie genauso gut bei Suigetsu und Juugo bleiben können', aber als sie ein paar Tage später schließlich auf Choji, ihren Drummer in spe, treffen, ist er umgänglich genug, dass sogar Sasuke nichts auszusetzen hat und die paar Beats, die er ihnen demonstriert, klingen in Narutos Ohren einwandfrei, aber Naruto hat auch keine Ahnung. Die Tatsache, dass Sasuke nichts sagt, verrät ihm allerdings, dass es allzu schlimm nicht sein kann.

 

Und das ist alles, was es braucht, um Naruto den ganzen Tag lang in euphorischen Höhen schweben zu lassen, denn wow, er hat es endlich geschafft, eine komplette Bandbesetzung zusammenzutreiben, seinem Traum steht praktisch nichts mehr im Wege und das ist ein Grund zu feiern, wenn es je einen gegeben hat. Sasuke sieht das gar nicht mal unähnlich und Naruto beschließt, dass es die denkwürdigste Hausparty wird, die das Londoner East End je gesehen hat (nur passend für die Geburtsstunde der besten Band aller Zeiten und spätestens seit heute hat er auch keine Zweifel mehr daran, dass es eines Tages soweit sein wird). Er lädt jeden ein, den er erreichen kann, ohne sich an etwaigen Kapazitätsgrenzen ihrer Wohnung zu stören, und Sasuke muss ihn ein paar Mal davon abhalten, ihre Adresse an wildfremde Leute auf der Straße zu verteilen. Nur Hinata hat leider schon andere Pläne und das macht ihn ein bisschen traurig, denn er hätte sie gern dabeigehabt und ihr von seinem Glück abgegeben, aber dann muss er das eben auf einen anderen Tag verschieben. Partys sind sowieso nicht Hinatas Ding und so gibt es auch niemanden, auf den er ein Auge zu haben braucht, denn wenn Naruto eines weiß, dann ist es, dass er heute nicht nüchtern ins Bett gehen wird.

 

Der Abend fängt entspannt an und wird chaotischer, je weiter die Uhrzeiger vorrücken. Zwischendurch hat er das Gefühl, dass es ein bisschen außer Kontrolle gerät; wenn er sich umsieht, kann er die Hälfte der Gesichter gar nicht zuordnen (das hält ihn jedoch nicht davon ab, durch die Gegend zu stolpern und jeden zu umarmen, der Blickkontakt mit ihm macht), aber dann schenkt er sich einfach noch was nach und spült jede Bedenken mit einem großzügigen Schluck Alkohol hinunter.

 

Seine Erinnerungen an die nächsten Stunden sind wenig mehr als aneinandergereihte Schnipsel; wie er versucht, eine Kostprobe seiner Gitarrenkünste zu demonstrieren und auf spektakuläre Weise scheitert, wie er Pizza bestellen will und sich fünf mal verwählt, bis ihm Sasuke irgendwann genervt das Telefon aus der Hand zerrt, wie Kiba ihn zu einem Wetttrinken herausfordert und er gar nicht weiß, ob er gewinnt oder verliert, weil ihm schon nach dem dritten Shot einfach der Film reißt.

 

An irgendeinem Punkt findet er sich auf dem Badezimmerboden wieder—ein weit entfernter Gedankenfetzen rät ihm aufzustehen, weil sie eine Wohnung voller Betrunkener haben und er selbst am besten weiß, wie selten hier geputzt wird, aber sein Bewusstsein schwebt irgendwo in höheren Sphären herum und sein Magen schlägt Räder und das einzige, was ihn noch an die Realität kettet, ist das kühle Gefühl von den Fliesen gegen seine Haut. Die Tür geht alle paar Minuten auf und rammt dabei ständig in seine Seite, jedes Mal fragt eine andere Stimme, ob es ihm gut geht und er kann immer nur wenige gebrochene Wörter nuscheln, die er nicht mal selbst versteht. Dann herrscht einen Augenblick Ruhe, bevor die Prozedur wieder von vorne losgeht.

 

Aber die Übelkeit ebbt irgendwann ab, kohärente Gedanken finden ihren Weg zurück und eigentlich ist er nur noch müde. Er weiß nicht, wann er es geschafft hat, sich aufzurappeln, aber da steht er nun schwankend vorm Waschbecken und schaufelt sich eine Hand voll Wasser ins Gesicht (das hilft allerdings auch nicht, um sein Spiegelbild wieder menschenähnlicher zu machen). Erschöpft wischt er sich die nassen Haare von der Stirn und lässt seinen schweren Blick durch den Raum wandern.

 

Und irgendwie sieht die Badewanne so einladend aus...

 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Wuuhu, letzte Prüfung heute geschrieben und zur Feier des Tages und meiner neugewonnenen Freiheit gibts ein neues Kapitel! :D
Ich tippe auch schon fleißig am nächsten, denn speziell an dieser Stelle möchte ich eigentlich keine Pause einlegen, hehe... Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  ClineChaotic
2014-10-02T08:37:22+00:00 02.10.2014 10:37
Oh gott! Bitte mehr!! Es wird spannend!! Arrww *.*
Antwort von:  Porzellan_Puppe
02.10.2014 11:06
Danke für deinen Kommentar! :D
Und dein Timing ist gut, denn ich bin so gut wie fertig mit dem nächsten Kapitel!
Von: abgemeldet
2014-08-11T11:52:38+00:00 11.08.2014 13:52
uaaaa!!! Schreib weiter! Oh gott, schreib schnell weiter!!!
Himmel jetz wirds spannend! KYAAAA XD
Antwort von:  Porzellan_Puppe
11.08.2014 15:43
Hahaha, ich geb mir Mühe! xD
Hoffentlich ist es am Ende nicht kompletter Mist und total enttäuschend xD"
Von:  Honigschnute
2014-08-09T23:35:17+00:00 10.08.2014 01:35
Badewanne.... Titelbild... ist es ein Zeichen? O_O

Steht etwas großer bevor?

Wird sich die Beziehungsebene, auf der die beiden festhängen, endlich up leveln?!

Ich bin so extreeeeeem gespannt! Alter! ^^'

Hoffentlich kommt das nächste Kapitel ganz sehr dolle bald. :'D

Ich glaube daran!!!

Antwort von:  Porzellan_Puppe
10.08.2014 12:25
Hey dankeschön! :D
Hahaha ja, die Badewanne hab ich nicht zufällig im letzten Satz erwähnt. Und zum Rest kann ich leider schlecht was sagen, ohne zu spoilern. xD
Ich bin auf jeden Fall schon fleißig am tippen, also wird das Kapitel hoffentlich nicht lange auf sich warten lassen!
Antwort von:  Honigschnute
11.08.2014 00:32
Deine Worte machen mich grade sehr sehr glücklich xD :3


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