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Heavy Drops

von

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Chapter One

Der Wind pfiff heulend um die Fassade des großen Appartements, welches so hoch oben über den anderen Häusern Tokyos lag. So weit oben, das die Menschen auf der Straße, wenn man sie aus dem großen Panoramafenster, dem Herzstück der Wohnung beobachtete, kaum größer als Ameisen vorkamen. Doch auch jene Ameisen waren nun vor dem sich ankündigendem Sturm geflohen, so dass die Straßen nun leer waren. Kalt und ausgestorben, genauso wie das einst so schöne Appartement es nun schien.

Keines der Lichter brannte und auch die Möbel schienen in eine Art Winterschlaf gefallen zu sein, zugedeckt aus einer Schicht Staub, welcher sich über die Tage dort angesammelt hatte.

Die Tage an denen Uruha sich nicht mehr aus dem Bett bewegt hatte.

Tage an denen sich die leeren Flaschen um sein Bett herum häuften und der Aschenbecher schon längst überquoll von den unzähligen Kippen, deren Rauch die Lungen des Honigblonden füllten.

Eine nach der anderen, bis ihm der Kopf zu schwirren begann von dem Nikotin. Dem Alkohol der durch seine Adern zu fließen schien und es doch nicht schaffte ein Herz zu betäuben, welches so verräterisch in seiner Brust schlug. Ihn nicht zur Ruhe kommen ließ seit…..seit jenem Tag.

Müde wischte Uruha sich eine seiner Haarsträhnen aus dem Gesicht, eher er sich in seinem Bett etwas aufrichtete um den Stummel seiner Zigarette, welche schon längst ausgebrannt war in den Aschenbecher zu drücken.

Lediglich das Ticken seiner Uhr verriet ihm, dass die Zeit tatsächlich weiterging. Nicht einfach stehen geblieben war in jenem Moment, wo er die Tür hinter sich geschlossen hatte und sich vergebens versucht hatte einzureden, dass er es so wollte.

Das er glücklich mit der Situation war.

An jenem Moment, wo ihm die Tasse runtergefallen war und der heiße Kaffee ihn beinah verbrüht hatte, als ihm endlich die Erkenntnis war, das dem nicht so war.

Das Aoi gehen zu lassen, der wohl mit Abstand größte Fehler seines Lebens gewesen war.

An genau jeder Sekunde, als ihm all dies so schmerzlich bewusst wurde, dass es ihn in die Knie gezwungen hatte. Die Welt um ihn herum verschwommen war und die Einsicht, dass er es nicht mehr rückgängig machen konnte, ihm endgültig den Boden unter den Füßen weggezogen hatte.

Wie lange war das schon her? Einen Tag? Eine Woche oder vielleicht doch schon einen ganzen Monat?

Uruha konnte das wirklich selbst beim besten Willen nicht mehr sagen. Genauso wenig, wie er beantworten konnte, welcher Wochentag es war.

Er wusste, dass er arbeiten ging. Regelmäßig, wenn sein Wecker klingelte, aus dem Bett kroch, sich duschte und anzog und zur Arbeit ging. Lächelte, wenn man es von ihm erwartete, nickte auf Fragen, die ihn nicht interessierten und kam dann Abends wieder zurück in seine Wohnung.

Verkroch sich wieder in sein Bett und versuchte zu schlafen. Und wenn das nicht ging, wenn seine Gedanken ihm keine Ruhe ließen, dann versuchte er sie zu betäuben.

Am Anfang hatte er sich noch gezwungen sich aufzurappeln und in Bars zu gehen. Sich irgendwie abzulenken, doch nun hatte er auch das aufgegeben. Denn in den Bars die er besuchte, wurde er nur noch stärker von seinen Erinnerungen gejagt. Denn alles schien ihn an Aoi zu erinnern. Jeder Tisch schien eine Geschichte zu erzählen. In jedem Song schien Aois verheißungsvolles Wispern mitzuschwingen.

Und der süße Duft des Alkohols erinnerte ihn an zu viele Nächte in denen sie so unbeschwert gelacht hatten, dass ihm jetzt schon beim bloßen Gedanken daran übel wurde.

Also hatte Uruha es irgendwann gelassen. Hatte auch aufgehört in den Armen von Fremden Trost zu finden. Denn wenn es ihm auch gelungen war für die wenigen Stunden des Aktes seine Gefühle auszublenden, so holten sie ihn am nächsten Morgen – meistens sogar nach nur wenigen Minuten, nachdem er von seinem Peak herunterkam – wieder ein und quälten ihn mit doppelter Brutalität.

Und so war er letzten Endes wieder hier gelandet. Alleine in seiner Wohnung. Alleine mit seinen Gedanken und der inzwischen schon wieder fast leeren Flasche Sake, welche offen auf seinem Fußboden stand.

Unendlich müde, setzte Uruha sich auf seinem Bett auf und stand schließlich auf.

Wie war es bloß so weit mit ihm gekommen?

Wie war es passiert, das er, er der seine Freiheit immer über alles gestellt hatte, sich verliebt hatte?

Und dann auch noch in Aoi, welcher der wohl besitzergreifendste Mensch war, den Uruha sich vorstellen konnte?

Wie war es bloß passiert, dass es ihn einfach nicht mehr gestört hatte, jeden Morgen neben derselben Person aufzuwachen? Dass es ihn aufgehört hat zu stören, wenn jemand in ihm Club besitzergreifend an sich zog, wenn ein anderer Kerl mit ihm zu flirten versuchte?

Was war bloß mit ihm geschehen, dass ihm all diese Dinge nun fehlten?

Aois aufbrausendes Temperament. Sein selbstgefälliges Lächeln, wann immer er sich über Uruha lehnte, wohl wissend, dass dieser ihm völlig verfallen war.

Der Duft nach frischem Kaffee, welcher stets seine Wohnung erfüllte, wann auch immer Aoi länger bei ihm war.

Müde den Kopf schüttelnd stand Uruha schließlich von seinem Bett auf und griff dann auch so gleich nach der Schachtel Zigaretten auf seinem Nachttisch.

Er musste hier raus, wollte er nicht völlig verrückt werden.

Das fahle Licht, das durch seine komplett zugezogenen Gardinen ins Zimmer fiel, tanzte über den Boden, ließ den Staub im Licht funkeln, als Uruha ihn aufwirbelte, indem er mit der Hand über seine Kommode fuhr, auf der sonst immer ein Foto von Aoi und ihm gestanden hatte und welche nun nur noch von dem Staub bedeckt war.

War seine Wohnung schon immer so leer gewesen? Uruha konnte sich nicht erinner, sie jemals als so empfunden zu haben. Doch jetzt, wo er durch sein großes Schlafzimmer und dann Wohnzimmer in den Flur schritt, kam es ihm so vor. Als wäre nicht nur Aoi gegangen, sondern mit ihm auch alles, was seine Wohnung mit Leben erfüllt hatte.

Zitternd schlang Uruha seine Arme um sich, als er endlich auf den Flur trat und seine Jacke samt Schuhen anzog und nur noch den Schlüssel in seine Tasche steckte, als er endlich aus seiner Wohnung floh. Einen weiteren, vergebenden Versuch startete seinen Gedanken zu entfliehen.

Der Sturm schien sich binnen der vergangenen halben Stunde verschlimmert zu haben. Denn nun blies der Wind wirklich erbarmungslos um alle Ecken. Durchdrang Uruhas Jacke und ließ den Blonden vor Kälte erzittern, doch umkehren wollte er nicht. Drinnen würde es ihm nicht wärmer werden, zumindest würde es ihm nicht wärmer vorkommen, jetzt wo ihm erst so richtig aufgefallen wie kalt und leblos seine Wohnung doch geworden war…..

Seine Hände gegen die Kälte tief in seine Jackentaschen vergraben und den Kopf nach unten gebeugt schlurfte Uruha über die fast menschenleeren Straßen. Hin und wieder einen Kronkorken davon kickend, steuerte er eine ganz bestimmte Stell an. Einen kleinen Park, unweit seiner Wohnung…..

Eine Bank, wenn man denn ganz genau sein wollte, auf die sich Uruha, als er sie endlich erreicht hatte auch gleich setzte und sich, mit einer Hand das feuerzeig gegen den Wind abschirmend eine Zigarette anzündete. Den Rauch tief in seine Lungen sog und den Kopf in den Nacken legte, die Augen geschlossen, um ihn wieder auszupusten, als die ersten Regentropen anfingen vom Himmel zu fallen und Uruha genau auf der Wange trafen.

Wie lange war es nun her, dass er genauso wie jetzt hier gesessen hatte? Ganz alleine und rauchend, während der regen langsam immer stärker wurde. Sein Gesicht benetzte und allmählich weiter anschwoll, bis seine Sachen komplett durchweicht waren?

Genauso nass an seinem Körper hingen, wie sie es jetzt taten, da der Regen inzwischen zu einer ganzen Wand heran geschwollen war, die gnadenlos vom Himmel herabfiel und alles was Uruha noch tun konnte, war seine Zigarette mit einer Hand vor dem regen zu schützen, damit sein einziger Trostspender nicht auch noch ausging. Denn sich von hier wegbewegen wollte er nicht.

Uruha konnte sich daran erinnern, als wäre es gestern gewesen, wo er hier gesessen hatte. Seine Sachen durchnässt, seine Kippe fast heruntergebrannt und mit einer Laune, die weit unter dem Gefrierpunkt war. Er hatte einen Streit gehabt und war hier her geflohen, um seine Ruhe zu haben, als sich auf einmal jemand neben ihn gesetzt hatte und einen Regenschirm über ihn gehalten hatte.

„ Du wirst dich noch erkälten, wenn du weiter hier so rumsitzt. So ganz ohne Schirm…~“, hatte Aoi gelacht und selbst bei dem Blick, den Uruha ihm damals zugeworfen hatte, hatte er bloß selbstsicher gegrinst und den Schirm weiter über sie beide gehalten.

Das war das erste Mal gewesen, dass sie sich begegnet waren. Das erste Mal in Uruhas Leben überhaupt, dass jemand ihm so schnell die Sprache verschlagen hatte.

Diese dunklen Augen in denen sich eine ganze Welt an Geheimnissen zu spiegeln schien……

War es wirklich schon so lange her, dass er hatte in sie schauen können?

Aois dunkle Stimme gehört hatte, die ihm Abends ins Ohr geflüstert hatte, so dass ihm heiß und kalt zu gleich wurde…?

Konnte es wirklich wahr sein, dass er sie nie wieder hören werden würde…?

Ein großer Klumpen schien sich in seinem Hals zu bilden, während die schweren Regentropfen erbarmungslos auf ihn herabfielen, so dass seine Sachen bereits klatsch nass an seinem Körper klebten und eine Gänsehaut jeden Millimeter Haut zu überziehen schien.

Und doch spürte er die Kälte nicht.

Alles was er spürte war der Knoten in seinem Magen, den selbst der blaue Dunst seiner Zigarette nicht lösen konnte…

Wie war es überhaupt so weit gekommen….?

Ein leises Lächeln schlich sich auf Uruhas vor Kälte blau angelaufenen Lippen, als er daran dachte.

Wie Aoi ihn angeschrien hatte. Ihn so fest gepackt hatte, dass er immer noch blaue Flecke davon an seinen Oberarmen hatte.

Wie der schwarzhaarige ihn in seiner Wut an die nächst beste Wand gedrückt hatte und ihm einen wütenden Kuss aufgezwungen hatte. Wie sich Aois Zähne in seiner Unterlippe vergraben hatten, bis er das Blut auf seiner Zunge spüren konnte. – Nur kurz, bevor Uruha ihn wütend von sich gestoßen hatte. Ihm irgendetwas an den Kopf geworfen hatte…..

Aois Feuer erloschen war und er ihn bloß noch schweigend angeschaut hatte.

Gemustert trifft es wohl eher, so regungslos wie Aoi dagestanden hatte, während sein Blich zum ersten Mal in all der Zeit in der sie sich nun kannten so distanziert wurde, dass Uruha das Gefühl hatte einem völlig Fremden gegenüber zu stehen….

Einem fremden, der bloß noch seine Tasche vom Boden aufhob und ohne den Honigblonden noch eines einziges Blickes zu würdigen gegangen war.

Die Tür hinter sich, mit der Ruhe eines völlig Überzeugten zuzog.

Und er alleine in seiner Wohnung blieb, welche ihm von der einen Sekunde auf die nächste um mindestens zehn Grad kälter vorkam.

So ganz ohne Aois Feuer, das sein Blut sonst stets in Wallungen gebracht hatte…

Was war es bloß gewesen, was sie so weit gebracht hatte?

Leise lachend schüttelte Uruha seinen Kopf, als er feststellte, dass er sich daran noch nicht einmal mehr erinnern konnte.

Eine Kleinigkeit, eine Belanglosigkeit, die so nichtig war, dass er sie noch nicht einmal mehr benennen könnte, selbst wenn sein Leben davon abhängen würde…

Der Trott des Alltags, der sie so zermürbt hatte?

War es Eifersucht…?

Was auch immer es gewesen war, das war der Grund, wieso er nun mit seinen Fingern völlig blau gefroren hier saß, während seine Kippe nun vollends runter gebrannt war und die Asche , vom Regen feucht auf den Boden zwischen seinen Füßen fiel.

Nur langsam schaffte Uruha es sich aus seiner Trance zu lösen, in die er gefallen zu sein schien, während seine Gedanken so abgedriftet waren und den vollends runter gebrannten Stummel wegzuwerfen, eher er sich schließlich von der Bank erhob und die Schulter aus purem Reflex heraus nach oben zog, um sich vor dem regen zu schützen, während seine Hände die Wärme seiner Jackentaschen suchten und er sich langsam auf den Weg zurück machte.

Es brachte nichts, hier noch länger rumzusitzen. Er würde sich bloß erkälten und das würde bedeuten, dass er nur noch mehr Zeit haben würde für seine zermürbenden Gedanken….

Ohne wirklich auf den Weg zu achten, schlurfte der Honigblonde die inzwischen wirklich leere Straße entlag zurück zu seinem Appartement. Blieb vor seiner Tür stehen, um nach dem Schlüssel zu kramen, während der Regen noch einmal schlimmer wurde, falls dies überhaupt möglich war – nur um mit einem Mal aufzuhören…..

Nein…..er hatte nicht aufgehört….Uruha konnte ihn immer noch deutlich auf die Straße fallen hören.

Die schweren Regentropfen, die auf etwas zu trommeln zu schienen, nur dass er selber trocken war….

Und erneut wie in Trance hob der Honigblonde seinen Kopf, nur um auch so gleich den Schlüssel, welchen er in der Hand hielt mit einem stummen „o“ auf den Lippen auf den Boden fallen zu lassen.

„Du wirst dich noch erkälten, wenn du weiter hier so rumstehst…... So ganz ohne Schirm…~“



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von: abgemeldet
2014-08-14T15:11:06+00:00 14.08.2014 17:11
Wunderschöner OS!^^
Hat mir super gefallen.^^
War so schön geschrieben.^^

Lg^^
Von:  Len_Kagamine_
2012-07-16T13:57:32+00:00 16.07.2012 15:57
die ff ist schön geschriben so das man immer weiter lessen wollte ^^
ich find auch das du die emotionen sehr gut rüber gebracht hast ^^
ich stime evil_dime zu für mich ist es auch Aoi den ich habe die ganze zeit gehofft das er wider kommt ^^

Von:  evil_dime
2012-05-01T22:06:09+00:00 02.05.2012 00:06
Ah, wie schön! Also für mich ist das ganz klar Aoi mit dem Schirm. ^^
Wundervoll traurig und ein sehr romantisches Ende, wenn man es denn so lesen will. :)
- Dime
Von:  Nyaa_Miku
2012-02-08T08:14:11+00:00 08.02.2012 09:14
Omfg, ich bin kein übertrieben emotionaler Mensch, wirklich nicht. Aber ich bekam Tränen in den Augen. Die ff ist wirklich schön und auch den Schreibstil finde ich gut. Es gibt nicht viele, die Emotionen, so wie in diesem Fall Trauer, so gut rüberbringen können.

lg,
Celsa_Uchiha
Von:  Schatten_der_Nacht
2012-02-07T16:14:15+00:00 07.02.2012 17:14
Tolle Geschichte, schön realistisch.
Nicht übertrieben dramatiesierend, aber doch emotional genug,
das es einen an den Bildschirm fesselt. Auch das Ende ist gut,
in solchen Stories liebe ich offene Enden, dann kann sich jeder selbst
aussuchen, was passiert. Für Kitschliebhaber werden sich die zwei gleich pausenlos entschuldigen und Sad-End-Lover wissen, das es gar nicht Aoi ist
bzw. dieser nur seine letzen Sachen holen wollte.
Wie auch immer, die FF ist wirklich toll.
Wie alle von dir.

LG SdN


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