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Marauders Time - We just live once!

☆ Wolfstar ☆
von

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Because you live...

Es war kalt... es war so verdammt kalt. Wieso war es so kalt?

Zögernd versuchte ich mich zu bewegen, aber aus irgendeinem Grund gehorchte mir mein Körper nicht.

Wieso? Was war hier los?

Konzentriert sah ich mich um. Aber ich konnte nichts erblicken, außer Dunkelheit. Plötzlich blies mir kalter Wind ins Gesicht und ich meinte ganz weit entfernt eine Stimme rufen zu hören. Lily?

Ich wollte aufstehen, aber irgendwas verhinderte weiterhin, dass ich mich bewegen konnte. Verdammt... was-?! Abrupt hielt ich inne. Wieder diese Stimme. Sie schrie... sie schrie so qualvoll.

Warum? Lily!

Krampfhaft forderte ich meinen Körper auf sich zu bewegen. Immer und immer wieder. Aber er hörte nicht auf mich. Wieder dieser laute Schrei. Panik stieg in mir auf und ich versuchte verdammt noch mal etwas in dieser Dunkelheit zu erkennen. Ich musste Lily helfen! Sie brauchte Hilfe! Sie litt doch so! Wo war sie nur?!

Ein leises Knurren verließ meine Kehle und ich versuchte abermals mich zu erheben. Diesmal mit Erfolg! Mein Körper sprang auf und ich landete auf vier mächtigen Pfoten. ...ich hatte mich verwandelt?

Verwirrt sah ich mich um und schärfte meinen Blick etwas. Der Wolf erlaubte mir endlich in dieser verdammten Dunkelheit etwas zu erkennen.

...ein Wald? Überall nahm ich Umrisse von hohen kahlen Bäumen wahr... und spürte ich Schnee unter meinen Pfoten? Warum war ich hier?

Wieder ein Schrei! Ohne weiter Zeit zu verschwenden hechtete ich in die Richtung los, aus der ich diesen Schrei vermutete. Ich rannte so schnell mich meine Pfoten trugen... rannte … und rannte. Lily! Lily! Lily! Wo war sie nur?!

Plötzlich verschwand der Wald vor mir innerhalb eines Wimpernschlags und ich stand auf einem großen verschneiten Hügel. Wieder schlug mir eiskalter Wind heftig ins Gesicht und ich sah mich um. Lilys Schreie waren nicht mehr zu hören...

Verzweifelt versuchte ich irgendeinen Geruch, irgendeine Fährte aufzunehmen und stapfte durch den hohen Schnee. Nichts... ich konnte nichts finden. Nichts! Wo waren die anderen? Wo?!

Wieder wechselte die Szenerie und ich stand plötzlich an einer Klippe. Vor mir das kalte, schwarze, weite Meer...

Der kalte Wind zerrte an mir und ich befahl meinem Wolf zurückzuweichen, bis ich plötzlich mit meiner Hinterpfote gegen etwas hartes, kaltes stieß. Rasch drehte ich mich um und was ich entdeckte, ließ mich erstarren... Grabsteine.

Nein! Nicht schon wieder! ...nein nein nein nein!! Bitte nicht!

Ich spürte, wie mein Atem aussetzte... dann fing mein Wolf an laut loszuheulen. Immer und immer wieder! Immer lauter und lauter! Immer lauter... bis ich das Gefühl hatte fast wahnsinnig zu werden!

Und dann einige Sekunden später, war es plötzlich totenstill und die Dunkelheit verschlang mich...
 

Atemlos schlug ich meine Augen auf und setzte mich abrupt auf. Ich sah mich keuchend um und stellte wenige Augenblicke später fest, dass ich im Schlafsaal war. ...was?

„...Lily!“, entfuhr es mir dann laut und ich sah hektisch in das Bett neben mir.

Blanke Angst stieg in mir auf, doch Lily lag fest schlafend in James Bett und atmete leise vor sich hin. Merlin sei Dank... es ging ihr gut!

Langsam und immer noch unter Schock fuhr ich mir durch mein zerzaustes Haar und versuchte meinen unregelmäßigen Atem wieder zu normalisieren.

Schon wieder... schon wieder dieser Traum. Warum? ...warum Gräber? Warum sah ich ständig diese Gräber?!

Ängstlich zog ich die Beine an meinen Körper und umschlang diese fest. Ich verstand es nicht... wieso hatte ich schon wieder diesen furchtbaren Traum? Verzweifelt vergrub ich das Gesicht in meine Knie und schloss krampfhaft die Augen. Heiße Tränen rannen mir die Wangen hinunter und ich schluckte hart. Verdammt... wieso weinte ich denn jetzt?

Minuten vergingen und ich saß einfach nur still und bewegungsunfähig in der Dunkelheit. Ich musste mich beruhigen. Alles war in Ordnung. Es war ein Traum gewesen... nur ein grauenhafter Traum. Weiter nichts...
 

Als ich mich nach einiger Zeit wieder vollends beruhigt hatte, bemerkte ich wie draußen mittlerweile schon die Sonne aufgegangen war. Langsam hob ich den Kopf an und sah mich ruhig im Schlafsaal um. Lily war noch am schlafen und ich würde den Teufel tun und sie aufwecken. Sie sollte ruhig schlafen. Sie musste sich ausruhen...

Wie sehr wünschte ich, die Jungs wären jetzt hier... Kurz spielte ich mit dem Gedanken, Sirius Spiegel rauszusuchen und James zu kontaktieren. Immerhin hatte er das Zwillingsstück des Spiegels bei sich zu Hause. Meine Hand lag auch schon am Griff der untersten Schublade von Sirius Nachtisch, hielt dann aber doch inne und zögerte.

...vielleicht war es besser, die Jungs nicht zu kontaktieren. Sie würden sich nur wahnsinnige Sorgen machen und noch heute zurückkehren. Und dann wäre ihr kleiner Besuch bei den Potters vollkommen hinüber. Das wollte ich nicht... Wer wusste denn schon, wie lange sie noch Zeit mit ihnen verbringen kon-...

Schnell schlug ich mir die Hand vor den Mund und schüttelte hektisch den Kopf. Was dachte ich denn da?! So etwas durfte ich erst gar nicht denken verdammt!

Unruhig sah ich wieder zu meiner schlafenden besten Freundin und entschied mich schnell im Bad und unter die Dusche zu verschwinden. Ich brauchte Ablenkung... Also sprang ich rasch aus dem Bett, suchte mir frische Klamotten aus unserem Schrank raus und ging ins Bad.

Die warme Dusche tat meinem Körper gut und beruhigte meinen Geist etwas. Es war wichtig, dass zumindest ich einen klaren Kopf bewahrte und ruhig blieb. Lily konnte ich das jawohl kaum abverlangen. Ich war ja schon froh, dass sie überhaupt schlafen konnte.

Nachdem ich fertig geduscht und angezogen war, sah ich noch mal schnell nach, ob Lily schon aufgewacht war. Aber sie schlief noch. Gut, dann würde ich jetzt mal runter in die große Halle gehen und uns Frühstück holen. Professor McGonagall hatte sicher nichts dagegen einzuwenden, wenn wir heute ausnahmsweise mal im Gryffindorturm frühstückten. Also machte ich mich auf den Weg nach unten.
 

Lily saß in James Decke gehüllt vor einem der großen Erkerfenster unseres Schlafsaals und sah still auf den schwarzen See hinab. Zögernd blieb ich mit unserem Frühstück im Türrahmen stehen und beobachtete sie einen Moment, ehe ich auf sie zu ging. Sie reagierte kaum, als ich das Tablett mit unserem Essen neben ihr auf dem kalten Steinboden abstellte und mich zu ihr setzte. Hoffentlich war sie in der Lage ein wenig zu frühstücken. Sie musste etwas zu sich nehmen. Und wenn es nur ein bisschen war. Ihr geschwächter Körper brauchte die Energie jetzt.

„...Lils?“, sprach ich sie vorsichtig an und wartete auf eine Reaktion.

Nichts. Keine Antwort. Sie starrte einfach nur weiter still aus dem Fenster. Trauer und Wut durchfuhr meinen Körper. Sie hatte so etwas nicht verdient. Meine wunderbare liebe Lily hatte so etwas einfach nicht verdient... Sie war so ein gutes, liebes Mädchen. Immer nett und hilfsbereit und dachte immer erst an all die anderen als an sich selbst. Niemand hatte so ein grauenhaftes Schicksal verdient... und Lily erst recht nicht.

Diese wahnsinnigen Monster würden dafür büßen. Dieser Krieg hatte gerade erst begonnen! Sobald wir unseren Abschluss gemacht hatten, würden wir sie bekämpfen. Auch wenn ich vorher dem Krieg mit allen Mitteln fern bleiben wollte... dies änderte alles. Ich würde beschützen was ich liebe und für sie kämpfen. Für jeden einzelnen...

„Lils... hörst du mich?“, versuchte ich es einen Augenblick später erneut und strich ihr ganz vorsichtig über die Wange.

Sie war eiskalt... und schenkte mir immer noch keine Aufmerksamkeit. Stand sie immer noch unter Schock? Besorgt musterte ich sie und überlegte kurz.

„...Petunia. Lily, deine Schwester. Sie hat überlebt. Hörst du? Petunia lebt...“, fuhr ich vorsichtig fort und sah sie angespannt an.

Es kam mir wie eine halbe Ewigkeit vor, bis sich auf Lilys starrem und emotionslosem Gesicht eine Regung zeigte. Ihre müden Augen weiteten sich etwas und sie sah mich verständnislos an. Ich erwiderte ihren Blick entschlossen und versuchte ein wenig aufmunternd zu lächeln.

„...Tunia lebt?“, formte sie langsam mit ihren blassen Lippen und verzog schmerzvoll das Gesicht.

Ich konnte nicht mehr als nur sacht zu nicken und ihr erneut sanft über die Wange zu streicheln.

„Ja... sie war zum Zeitpunkt des... sie war bei Freunden, als es passierte... sie lebt, Lily.“, flüsterte ich ihr leise zu.

Auf meine Worte hin warf sie mir einen unbeschreiblichen Blick zu. Ich versuchte ihn zu deuten, aber mehr als Trauer, Schmerz und doch Erleichterung vermochte ich aus ihrem Blick nicht zu lesen. Dann folgten Tränen... Viele heiße Tränen bahnten sich erneut einen Weg über ihre blassen, kalten Wangen und sie vergrub ihr Gesicht in beiden Händen. Es schnürrte mir den Atem ab, meine beste Freundin so schrecklich leiden zu sehen. Ihr leises weinen ging mir durch Mark und Bein und ließ mich ebenfalls krampfhaft nach Luft schnappen. Es tat so weh, Lily so zu sehen...

Instinktiv zog ich sie in meine Arme und hielt sie schützend fest. Mehr konnte ich nicht tun. Ich konnte sie nur beschützen und über sie wachen. Mehr lag einfach nicht in meiner Macht... und diese grausame Tatsache verachtete ich zutiefst. Wir waren machtlos... wir waren nur Schüler und konnten nichts ausrichten gegen all diese Grausamkeit in unserer Welt!

...zumindest noch nicht. Aber bald! Bald waren auch wir in der Lage zu kämpfen. Und das würden wir...!

Minuten vergingen während ich mit Lily einfach nur still vor dem großen Fenster saß und geduldig abwartete, bis ihre Tränen versiegten. Es war gut, dass sie weinte...

Ich ließ meinen Blick über den schwarzen See wandern und dachte dann unweigerlich wieder an meinen Traum. Ich wusste immer noch nicht, was diese vielen Grabsteine zu bedeuten hatten... aber was mich irgendwo doch viel eher interessierte, war wieso ich in der Lage gewesen war meine Verwandlung zu kontrollieren. Es war kein Vollmond gewesen. Zumindest war mir keiner aufgefallen. Und doch... war ich in der Lage gewesen, mich zu verwandeln. Klar, es war nur ein Traum gewesen... aber was wäre denn, wenn mir eine Verwandlung wirklich außerhalb des Vollmondes gelingen würde? In einigen Situationen wäre meine Wolfsgestalt doch wirklich recht von Vorteil oder nicht? Und mein Wolf machte mich außerdem stärker...

Rasch schüttelte ich den Kopf. Was ein Schwachsinn! Ich war ein Zauberer und kein Werwolf. Zumindest wollte ich nicht mehr Wolf, als Zauberer sein. Ich würde meine Freunde als Zauberer und nicht als Wolf beschützen. Immerhin konnte ich von mir sehr wohl behaupten, dass ich ziemlich gut im zaubern war. Da war ich doch nicht auf die Kraft des Wolfes angewiesen!

Oh man... wahrscheinlich hätten die Jungs mir was erzählt, hätten sie meine dummen Gedanken mitbekommen. Also wirklich, Lupin. Reiß dich mal zusammen!

Lily riss mich plötzlich aus meinen Gedanken, als sie sich langsam aus meiner Umarmung wand und mit dem Ärmel ihres Pullovers den Rest ihrer Tränen wegwischte. Zögernd ließ ich von ihr ab und sah sie abwartend an. Sie schien sich wieder beruhigt zu haben und sah sich langsam im Schlafsaal um. Suchte sie nach den anderen? Still folgte ich ihrem Blick und zuckte kurz erschrocken zusammen, als sie ihre kühle Hand auf meine legte.

„...danke, Remus.“, wisperte sie mit noch etwas schwacher Stimme und sah zu mir auf.

Ihre wunderschönen grünen Augen wirkten nicht mehr so leer und emotionslos, sondern wirkten wieder ein wenig heller. Eine Welle der Erleichterung durchfuhr mich und ich atmete leise aus. Es schien ihr ein kleines bisschen besser zu gehen. Zumindest in Anbetracht der schrecklichen Umstände.

Als Antwort schenkte ich ihr das beste aufmunternde Lächeln, das ich aufbringen konnte und drückte liebevoll ihre Hand.

„Alles wird gut, Lils.“

Sie sah mich daraufhin nur sehr lange an, erwiderte nichts und ich dachte schon, ich hätte etwas komplett falsches gesagt, da nickte sie nur langsam und atmete tief ein und aus. Zögernd ließ sie dann ihren Blick zu dem Tablett mit unserem Frühstück wandern und griff nach einer Tasse heißer Schokolade. Ich hatte diese vorher mit einem Wärmezauber belegt, da ich mir nicht sicher gewesen war, wann und ob sie überhaupt etwas von dieser trinken wollte. Zu meiner Überraschung, schien sie nun aber doch ein klein wenig Essen zu sich nehmen zu wollen. Ich seufzte erleichtert auf und nahm ebenfalls meine eigene Tasse in die Hand.

Schokolade half immer. Zumindest war dies schon seit langem meine Ansicht und ich hoffte Lily würde sie jetzt auch gut tun. Still schweigend saßen wir nun da vor dem großen Fenster, genossen die Sonnenstrahlen und aßen ein wenig von unserem Frühstück. Fast so, als wäre die Welt wieder in Ordnung...
 

Die nächsten Tage verliefen relativ ruhig. Lily ging es von Tag zu Tag ein wenig besser. Natürlich konnte sie ihre Trauer nicht komplett unterdrücken und weinte nachts immer noch sehr oft, aber sie fand langsam wieder zu sich selbst und ich versuchte ihr so viel Beistand und Wärme zu geben, wie es mir möglich war. Gut ich denke James hätte vielleicht mehr Erfolg gehabt als ich, immerhin war er ihr Geliebter, aber ich tat alles was in meiner Macht stand. Und ich spürte, dass ihr meine Anwesenheit ebenfalls half sich nicht in ihrer Trauer zu verlieren. Und darüber war ich sehr froh. Denn ich wollte sie um jeden Preis beschützen...

Den geplanten Ausflug nach Hogsmeade hatte ich erst absagen wollen, aber Lily bestand weiterhin darauf mit mir in das kleine Dorf zu gehen. Im Nachhinein war es eine gute Idee gewesen, denn so hatten wir beide etwas Ablenkung gehabt und kamen raus aus dem Schloss. Nach einem Besuch im Honigkopf, in welchen ich meinen Schokoladenvorrat auffüllte und in Zonko's Scherzartikelladen, wo wir ein paar Kleinigkeiten für Silvester besorgten, landeten wir irgendwann in einem kleinen fast unscheinbarem Geschäft. Mir selbst war dieses bisher noch nie aufgefallen, dabei war ich schon so oft in Hogsmeade gewesen. Ob nun bei einem unserer genehmigten Ausflüge oder mit Hilfe unserer Karte und James Tarnumhang. Auf jeden Fall war Lily ganz erpicht darauf gewesen dieses kleine Geschäft zu besuchen. In diesem fand sie sogar neben ein paar interessanten Teesorten, einen neuen Zeichenblock und Zeichenutensilien. Sie erzählte mir, dass sie schon sehr lange nicht gezeichnet hatte, aber jetzt unbedingt wieder damit anfangen wollte. Sie meinte, es würde sehr beruhigend auf sie wirken und ich verstand gut.

Größtenteils verbrachten wir dann unsere Tage meist im Gemeinschaftsraum vor dem Kamin oder gingen auf dem verschneiten Schulgelände spazieren. Für die anderen wären diese Tage höchstwahrscheinlich mehr als langweilig gewesen, aber ich spürte, dass Lily und auch ich selbst irgendwo diese Ruhe gebraucht hatten. Im Nachhinein war ich dann doch froh gewesen, dass die Jungs nicht da gewesen waren. Einmal der Ruhe wegen und auch hatte ich ihnen so Lilys schmerzvollen Anblick ersparen können. Und meinen vielleicht auch...
 

Am Silvestermorgen fand ich Lily im Gemeinschaftsraum auf dem Sofa vor dem Kamin sitzend wieder. Sie schien ganz versunken in ihrer neuen Zeichnung zu sein und bemerkte nicht, wie ich die Treppe runter kam. Ich winkte einigen Drittklässlern zu, die an einem der größeren Tische saßen und Zauberschach spielten. Ein paar andere waren gerade auf dem Weg nach draußen, wahrscheinlich gingen sie runter zum Frühstück.

Langsam ging ich auf Lily zu und schaute ihr neugierig über die Schulter. Gestern Nachmittag hatte sie nahe der Schlossmauern einen hübschen Vogel entdeckt und sich in seiner Nähe niedergelassen, um ihn zu zeichnen. Allerdings kam sie nur bis zur Vollendung der Umrisse, bis der Vogel wieder davon geflogen war. Jetzt war sie dabei den Rest aus ihrer Erinnerung heraus zu zeichnen und was ich bisher sah, gefiel mir sehr sehr gut.

„Du bist wirklich talentiert, Lils. Der Vogel sieht sehr gut aus.“, lobte ich sie und setzte mich dann zu ihr aufs Sofa.

Sie schreckte kurz hoch und sah mich dann leicht verärgert an.

„Erschreck mich doch nicht so, Remus!“

Ich grinste sie entschuldigend an und streckte eine Hand nach ihrem Zeichenblock aus.

„Tut mir leid. Darf ich mal sehen? Du hast doch in letzter Zeit nicht nur diesen einen Vogel gezeichnet oder?“

Sie schmollte kurz gespielt, schüttelte dann hastig den Kopf und übergab mir den Zeichenblock. Ich blätterte einige Seiten zurück und bewunderte ihre Zeichnungen. Anfangs waren diese noch ein wenig unvollständig gewesen, doch nach ein, zwei weiteren wurde ihr Stil immer besser und ich konnte nun mit ganzem Stolz sagen, dass ich eine wahnsinnig gute Künstlerin als beste Freundin hatte. Zufrieden gab ich ihr den Zeichenblock wieder.

„Die sind alle sehr schön geworden. Ich finde es gut, dass du wieder angefangen hast zu zeichnen. Es scheint dir auch sehr gut zu tun.“

Sie nickte zuversichtlich und lächelte mich dann erfreut an. Innerhalb der letzten beiden Tage, hatte sie nach und nach immer ein bisschen mehr gelächelt, worum ich wirklich mehr als froh war. Natürlich erwartete ich nicht, dass sie knapp 6 Tage nach der Nachricht vom Tod ihrer Familie, wieder fröhlich lächelnd durch die Gänge lief und alle Trauer hinter sich lassen würde. Das könnte niemand. Selbst unsere bezaubernde Lily nicht. Aber sie hatte sich weitaus schneller wieder von der grausamen Nachricht erholt als gedacht. Nicht komplett, aber sie war wieder auf dem besten Weg. Merlin sei Dank...

Müde streckte ich mich langsam und fuhr mir durch die Haare. Mit einem kurzen Blick auf die große Standuhr im Gemeinschaftsraum, stellte ich fest, dass die Jungs ja schon in einer Stunde wieder am Bahnhof ankamen. Die 6 Tage waren wie im Flug vergangen. Ich hoffte, sie hatten zumindest ein paar schöne Tage bei den Potters verbracht.

„Sag... vermisst du Sirius?“, kam es plötzlich von Lily und ich drehte mich fragend zu ihr um.

Sie hatte den Zeichenblock zur Seite gelegt und ihre Beine mit den Armen umschlungen. Neugierig sah sie mich an und wartete auf eine Antwort. Ich stutzte kurz und wechselte in den Schneidersitz. Wie kam sie denn jetzt darauf? Die Jungs hatten wir die letzten Tage gar nicht erwähnt. Viel zu sehr hatten wir die Ruhe genossen.

„Wieso fragst du?“, stellte ich die Gegenfrage und musterte sie.

Sie seufzte leise und legte ihr Kinn auf den Knien ab. Dann strich sie sich eine Strähne hinters Ohr und sah ins Feuer das im Kamin fröhlich vor sich hin flackerte.

„...weil ich James vermisse. Und da dachte ich... dir geht es vielleicht genauso mit Sirius?“

Überrascht neigte ich den Kopf etwas zur Seite und überlegte kurz. Es war klar, dass sie James nach einigen Tagen schon vermisste. Grade in ihrer momentanen Situation musste sie sich oft nach ihm gesehnt haben. Natürlich war sie nicht alleine gewesen, aber selbst ich als ihr bester Freund, konnte ihren Geliebten nicht einfach so ersetzen. Das hätte mir ja eigentlich klar sein sollen. Immerhin... vermisste ich meine Flohtüte auch. Eigentlich schon vom ersten Abend an, nachdem Dumbledore uns die schreckliche Nachricht überbracht hatte. Ich hatte mich immerhin nicht umsonst in Sirius Bett geflüchtet und von da an die letzten Nächte darin geschlafen. Unbewusst hatte ich die ganze Zeit wohl auch nach seiner Nähe gesucht...

Ein sanftes Lächeln zog sich über meine Lippen und ich rückte ein wenig näher zu Lily, sodass ich meine Hand auf ihre legen konnte.

„...doch ich vermisse ihn auch. Ich denke das gehört wohl mit dazu in einer Beziehung mit jemandem zu sein. Man sehnt sich automatisch nach dem anderen. Ob man will oder nicht...“

Ein wenig erleichtert hob sie den Kopf und schmunzelte mich zufrieden an.

„Na endlich bist du mal ehrlich, Remus. Du hast nämlich die letzten Nächte öfters im Schlaf nach ihm gerufen. Scheinst du wohl gar nicht bemerkt zu haben mh?“, verkündete sie leicht grinsend und sah mich wissend an.

Moment... ich hatte bitte was? Ungläubig erwiderte ich ihren Blick und konnte nicht vermeiden leicht rot zu werden.

„...d-das hab ich nicht. Kann gar nicht sein...“, murmelte ich vor mich hin und fuhr mir beschämt über das Gesicht.

Sie kicherte amüsiert, erhob sich dann langsam vom Sofa und schnappte sich ihren Zeichenblock.

„Oh doch, hast du. Und ich wette, Sirius wäre überglücklich diese Worte von dir zu hören. Du solltest ein wenig netter zu ihm sein. Ich weiß, er ist manchmal eine ziemliche Nervensäge und anstrengend. Genau wie James. Aber dafür liebst du ihn doch auch oder?“, stellte sie fest und zog auffordernd an meinem Ärmel.

Leise grummelnd stand ich auf und folgte ihr zur Treppe, die uns hoch zu den Schlafsälen führte. Natürlich könnte ich ihm das sagen, aber ich war nun mal nicht die Art Mensch, die mit ihren Gefühlen lauthals um sich schmissen. So ehrlich zu ihm zu sein, würde mich einiges an Überwindung kosten. Außerdem würde er sich dann nur wieder was auf sich einbilden. Darauf konnte ich verzichten. Aber Moment mal...

„...du hast aber auch die ganze Zeit nicht erwähnt, dass du James vermisst.“, entgegnete ich ihr ein wenig trotzig und sah sie an, während wir auf dem Weg zu unserem Schlafsaal waren.

Ich sagte mit Absicht unserem, weil Lily die letzten Tage ebenfalls mit im Schlafsaal der Jungs gelebt hat. Natürlich wusste Professor McGonagall nichts davon, sie wäre wohl empört gewesen, und die anderen Gryffindors hatten davon auch nicht viel mitbekommen. Es waren ja auch nicht viele aus unserem Jahrgang da gewesen. Und da die jüngeren Jahrgänge ihr Schlafsäle unter uns hatten, war keinem aufgefallen, dass Lily nicht im Mädchenschlafsaal übernachtet hatte.

Vor der Tür zum Schlafsaal blieb sie plötzlich stehen und drehte sich halb zu mir um. Ihr Blick war gen Boden gerichtet und sie sprach nun ein wenig leiser.

„...ich wollte nicht noch mehr rumjammern. Deshalb habe ich nichts gesagt.“

Bitte? Ich traute meinen Ohren nicht... Hatte sie etwa gedacht, sie dürfte sich nun nicht auch noch beklagen, dass sie James vermisst, nur weil sie vorher um ihre Familie getrauert hatte? Also wirklich... das war typisch Lily.

Ein wenig verärgert griff ich nach ihrer Schulter und drehte sie sanft zu mir um. Sie sah mich immer noch nicht an und biss sich sogar leicht auf die Unterlippe. Seufzend zog ich sie ohne Vorwarnung in meine Arme und schmiegte mich voller Zuneigung an sie.

„...du hast nicht rumgejammert. Du hast getrauert... wie es jeder tun würde. Und glaube ja nicht, du bist mir dadurch zur Last gefallen!“, flüsterte ich ihr ins Ohr und spürte, wie sie anfing zu zittern.

„Tut mir leid...“

Ihre Stimme klang brüchig und sie schluchzte daraufhin leise. Zögernd erwiderte sie meine Umarmung und versuchte ihre Tränen zu verbergen, indem sie sich in meinen Pullover schmiegte. Traurig streichelte ich ihr liebevoll über ihr Haar und küsste ihre Wange. Ich hatte mich geirrt... sie war noch lange nicht wieder die alte Lily. Und wahrscheinlich würde es auch noch eine lange Zeit dauern, bis es wieder so weit war... Aber wir würden ihr dabei helfen und für sie da sein.

„...nicht weinen, Lils. Es ist alles gut. Ich bin dir nicht böse. Niemand ist es und wird es auch nicht sein. Jeder wird verstehen, was du grade durch machst und für dich da sein. James natürlich auch.“

Ich schob sie sanft etwas von mir, um ihr ins Gesicht schauen zu können. Beschämt wischte sie sich sofort wieder die Tränen weg und sah zur Seite.

„...ich bin keine Last?“, fragte sie unsicher und sah mich leicht verzweifelt an.

Ich lächelte sie ehrlich an und streichelte ihr über die Wange.

„Nein, bist du nicht. Wir lieben dich, Lily. Verstehst du?“

Sie sah mich sehr lange an und nickte dann verstehend. Einige Sekunden später rang sie sich sogar ein fröhliches Lächeln ab. Merlin... sie war so stark.

„Verstanden! Und jetzt lass uns die Jungs abholen!“, antwortete sie dann aufmunternd und zog mich in den Schlafsaal, damit wir uns dick anziehen konnten.

Immerhin war es kalt draußen. Und der Weg zum Bahnhof war nicht gerade kurz.
 

„Hoffentlich kommt der Zug bald. Ich glaube, ich spüre meine Nase nicht mehr...“, nuschelte Lily in ihren dicken Gryffindorschal und schmiegte sich an meine Seite.

Ich nickte nur hastig und lehnte mich ebenfalls frierend gegen sie. Der Wind war wirklich eisig hier unten am Bahnsteig und zu alle dem sind wir sogar zu früh losgegangen und standen hier schon seit geschlagenen 10 Minuten. Ehrlich gesagt, war es natürlich unsere eigene Schuld, dass wir nicht ein bisschen mehr auf die Zeit geachtet hatten, bevor wir los gegangen waren. Andererseits hatten wir aber auch nicht mehr im Schloss warten wollen. Viel zu eilig hatten wir es zu den Jungs zu gelangen. Natürlich würde ich dies nie vor anderen zugeben. Ich wollte nicht, dass man mir anmerkte, wie sehr ich meine Jungs und vorallem Sirius vermisste. Ich wusste nicht einmal genau warum nicht... aber es war nun einmal so.

Nach einigen weiteren Minuten, murmelte ich einen Wärmezauber und rieb meine Hände aneinander. Dann rubbelte ich mir mit diesen über Arme, Oberkörper und Beine, was zwar für andere ein wenig komisch aussehen mochte, aber wir waren ja alleine auf dem Bahnsteig. Lily beobachtete mich kurz nachdenklich und tat es mir dann gleich.

„...wieso bei Merlins Bart, kommen wir eigentlich erst jetzt auf diese Idee? Nein, da frieren wir uns lieber erst eine halbe Ewigkeit den Hintern ab.“, lachte ich amüsiert über unsere eigene Blödheit, wenn man so sagen wollte.

Lily grinste nur zustimmend, rubbelte sich weiter warm und sah sich dann um. Anscheinend hatte sie bei dem starken Wind doch irgendwie den Hogwartsexpress gehört, denn kurze Zeit später war dieser in der Ferne endlich zu sehen.

„Da ist er doch!“, jubelte sie fröhlich und zog mich auffordernd am Arm.

„Haha, ist ja gut. Ich sehe ihn doch auch, Lils. Ruhig Blut.“, erwiderte ich grinsend und konnte nicht vermeiden, dass sich ebenfalls Vorfreude in mir breit machte.

Wenige Augenblicke später fuhr der Hogwartsexpress dann auch schon ein und hielt mit einem lauten Quietschen vor unserer Nase. Und ehe wir uns versahen, kamen uns auch schon die Jungs entgegen. Sie winkten uns grinsend. James ließ sogar seinen Koffer an der Stelle stehen, wo er ausgestiegen war und kam hektisch auf uns zugerannt. Ehe wir uns versahen, hatte er Lily schon sehnsüchtig in seine Arme gezogen und drückte sie an sich, als ob er sie seit Jahren nicht gesehen hätte. Ich konnte nicht anders als breit zu grinsen und beobachtete, wie nun auch Peter und Sirius zu uns stießen. Letzterer laut motzend und mit James Koffer im Schlepptau. Immerhin hätte dieser ja nicht einfach dort stehen bleiben können.

„Hey, du schwer verliebter Volldepp! Was ist mit deinem Koffer? Glaub ja nicht, dass ich dir den bis zum Schloss hoch schleppe! Das kannst du mal schön selbst machen. Unglaublich...“

Ich musste mir ein Lachen verkneifen und nahm Sirius den zusätzlichen Koffer ab. Das fing ja schon wieder lustig an. Oh Merlin, diese Chaoten hatten mir wirklich gefehlt. Auch wenn die paar Tage Ruhe erholsam gewesen waren. Ohne meine Jungs war es dann doch irgendwie langweilig, musste ich zugeben.

„Hey Wölfchen~“, begrüßte Sirius mich grinsend, stellte seinen eigenen Koffer ab und streckte die Arme aus.

Ohne überhaupt groß zu überlegen, war ich ihm auch schon in die Arme gesprungen und zog ihn an mich. Sehnsüchtig schmiegte ich mich an ihn und vergrub mein Gesicht in seiner Halsbeuge, nahm seinen Geruch tief in mich auf uns seufzte sogar kaum merklich auf.

„Hallo Flohtüte...“, nuschelte ich gegen seinen Hals und schloss zufrieden die Augen.

„Oha! Was ist denn mit Moony los? Hat er die Zankerei mit dir etwa so sehr vermisst? Hallo Lily!“, hörte ich Peter dazu kommen und beobachtete aus dem Augenwinkel, wie er Lily begrüßte die endlich von James losgelassen wurde.

„Hallo Peter! Hattet ihr schöne Weihnachtsferien?“

Ich folgte dem Gespräch um mich herum nicht weiter, denn Sirius Stimme an meinem Ohr zog meine komplette Aufmerksamkeit auf sich.

„...hast du mich etwa so sehr vermisst?“

Ein warmer Schauer durchfuhr meinen Körper bei dem Klang seiner angenehmen Stimme so dicht an meinem Ohr und ich nickte nur still. Als ich dann einige Sekunden später wieder von ihm abließ, sah ich ihm nur fest in die Augen und griff heimlich nach seiner Hand. Endlich war er wieder da... ich hätte nicht gedacht, dass ich mich doch so sehr nach ihm gesehnt hätte.

Nachdem wir uns dann auch wirklich alle anständig begrüßt und ein paar Sätze ausgetauscht hatten, machten wir uns auch schon auf den Weg zurück ins Schloss. Die Jungs hatten Hunger und wollten so schnell wie möglich was zu beißen haben, wie sie verkündet hatten. Naja gut, dann wollten wir sie auch nicht weiter hungern lassen und stapften durch den Schnee auf nach Hause.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  MikaChan88
2017-03-23T12:29:48+00:00 23.03.2017 13:29
Total super kapi
Wie immer :)
Von:  CassiopeiaBlack
2017-01-09T07:00:08+00:00 09.01.2017 08:00
Das Kapitel mag ich.
Es hat mich nicht zum weinen gebracht! XD

Ich denke dass du nach so einem Fall wie bei Lily eh nie wieder zum "alten" Ich zurück kommst, aber den Weg wie Lily versuchen will mit dem Verlust umzugehen hast du gut dargestell.

Und nun sind die beiden Lieblings Chaoten wieder zusammen!!


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