Konkurrenz
Konkurrenz
Solar war ein wenig enttäuscht darüber, das Ruîn es bereits
zur Cross geschafft hatte und er noch nicht. Nun konnten
sie nicht mehr zusammen trainieren. Die Monster die Solar
jagte waren noch zu schwer für sie, da sie mit dem Rebirth
ja ihre alte Kraft aufgegeben hatte. Es würde noch einige
Zeit dauern bis sie wieder so weit war. Und dann würde
vermutlich er zum Rebirth gehen. Ruîn interessierte das
allerdings nicht wirklich, da es ja seine eigene Schuld war.
Auch jetzt wo er so einiges Aufholen könnte, war er lieber
mit seinen Freunden unterwegs anstatt wirklich zu trainieren,
sodass sie sich meist nur noch am späten Abend oder am
Morgen sehen konnten. Ruîn hatte nämlich drauf bestanden
das er lieber trainieren sollte anstatt sinnlos bei ihr
herumzuhängen. Um ihn ein wenig über die getrennte
Zeit hinweg zu trösten verbrachte sie öfters mal das
Wochenende mit ihm ohne Training. Dann sammelten
sie oft Stems, die die Alchemisten immer brauchten
und reichlich Geld dafür zahlten, oder sie besuchten
die Sehenswürdigkeiten der verschiedensten Städte
rund um Midgard, wie das Monsterrennen in Hugel,
oder das Monstermuseum in Juno.
Auch am heutigen Tag wollten sie mal wieder einen
Ausflug in die Schwarzwaldrepublik machen um am
Rennen oder beim Bingo teilzunehmen. Als die beiden
gerade vom Frühstück in die Eingangshalle kamen
sahen sie dort ihren Leader mit einer Priest sprechen.
Sobald Raido sie entdeckte winkte er und das Mädchen
drehte sich zu ihnen um. Solar blieb mitten im Schritt
stehen und die Priest sprang sofort auf ihn zu und fiel
ihm um den Hals. „HAAIIIIIII, ich hab gewusst das
du da bist!“ „Waaaa, wie lange ist das denn her? Du
bist ja schon Priest!“ Solar und die kleine hielten sich
an den Händen und sprangen beide fröhlich auf und ab.
Dann blickte der Assa hinüber zu Ruîn. „Hey guck´
mal, wer da ist!“ Er schob die Priesterin zu ihr. „Das
ist Deedee, meine kleine Schwester!“ „Waaaasss?
Stimmt ja gar nicht!“ Sie gab ihm einen Klaps auf die
Schulter und schüttelte ihre langen, blauen Haare.
„Egal, sei´ artig und sag hallo.“ „Ja ja, schongut.“
Damit reichte sie Ruîn die Hand. „Ich bin nicht seine
Schwester, aber wir kennen uns schon seit ich ganz
klein war.“ „Ja ich musste immer auf dich aufpassen
damit du keinen Ärger machst.“ Solar kicherte. „Is ja
gar nicht wahr!“ Die Priesterin hängte sich an seinen
Arm. „Mein Name ist übrigens Ruîn.“ „Ich bin Deeira,
aber der da sagt immer nur Deedee.“ Sie hatte sich
förmlich um Solars Arm gewickelt und grinste nun zu
ihm hoch. Ihm war das wohl etwas unangenehm, denn
er versuchte sie weg zu schieben. Ruîn musste sich ein
Kichern verkneifen, sie fand das irgendwie süß.
„Deeira gehört nun auch zur Gilde, sie kann eines der
freien Zimmer im vierten Stock haben.“ Raido nickte
und deutete zur Treppe. „Da ihr euch eh schon kennt,
kannst du ihr ja gleich helfen.“ „Ja super! Komm!“
Deedee zerrte Solar mit sich und sprang fröhlich die
Stufen nach oben. Ruîn folgte ihnen schmunzelnd. Die
kleine Priesterin zog Solar durch drei oder vier identische
Zimmer bis sie schließlich mit den Schultern zuckte.
„Ach ich nehm´ das, sind eh alle gleich, wo wohnst du?“
Sie warf ihren Rucksack über das Bett. „Wir haben ein
Zimmer im fünften Stock oben.“ „Ach…“ Sie drehte
sich zu Solar um der im Türrahmen stand und an Ruîns
Schulter gelehnt war. Für einen kurzen Augenblick
huschte in Ausdruck über ihr Gesicht den Ruîn nicht zu
deuten wusste. Dann lächelte sie wieder. „Waaas und
mich hast du nicht eingeladen?“ Sie boxte ihm leicht
gegen die Seite. „Ich hatte ja netmal eine Ahnung wo
du warst.“ „Ach is auch egal.“ Sie drängelte sich an
den Beiden vorbei in den Flur. „Und was machen wir
nun?“ „Hmmm, also eigentlich waren wir grade auf
dem Weg nach Hugel…“ „Oh cool, da war ich ja
noch nie.“ Sie hängte sich wieder an Solars Arm und
zerrte ihn zur Treppe. „Komm schon, ich hab dir ja
soviel zu erzählen! Also weißt du meine Mutter hatte ja…“
Ruîn musste kichern.
„Und du bist gar nicht eifersüchtig?“ Isan brachte eine
Teetasse vor ihrem Sohn in Sicherheit indem sie diese
aus seiner Reichweite schob. „Nö, das ist mir egal.“
Ruîn stand an Isans Herd und rührte in einer Schüssel
während die Whitesmith am Tisch saß. „Also eine junge
Frau macht sich an deinen Mann ran und dir ist das ganz
egal?“ Sie ließ Faihu nach unten auf den Boden damit
er zu seinem Spielzeug krabbeln konnte. „Ich finde die
beiden würden gut zusammen passen.“ Ruîn zuckte mit
den Schultern. Sie hatte heute Morgen keine Lust gehabt
etwas mit Solar zu unternehmen und hatte ihn deshalb
mit Deedee zum trainieren geschickt. Sie als Priestern
war der perfekte Partner für Solar. „Hmmm, du würdest
eh auch besser zu jemand anderes passen.“ „Zu wem
denn? Ist ja keiner da.“ Ruîn kam zu Isan an den Tisch
und sie verteilten die Creme aus der Schüssel in kleine
Förmchen zum backen. Isan seufzte.
Am Abend saß Ruîn mal wieder am Fenster ihres Zimmers
und blickte nach unten auf die Strassen von Prontera. Sie
hatte keine Ahnung zu wem sie passte. Klar, sie hatte
Solar geheiratet, aber reichte das auch? Es war ja nicht so,
dass sie ihn nicht mochte. Allerdings fehlten ihr wohl die
entscheidenden Gefühle. Es war doch nicht normal das sie
ihren Mann einfach mit einer anderen zusammen sehen
wollte? Sie betrachtete ihre Spiegelung im Fenster und
ließ ihren Blick über das Kafraband wandern das sie trug.
Die nächsten paar Wochen war Deedee immer mit dabei
wenn sie mal was zusammen mit Solar machen wollte.
Und auch wenn dieser es immer leugnete sah man genau,
dass sie mehr als schwesterliches Interesse für den
Assassinen hegte. Ständig hängte sie an seinem Arm
und schwänzelte um ihn herum, war immer seiner Meinung
und stellte sich quer wenn Ruîn mal etwas vorschlug. Dieser
war das allerdings ziemlich egal, sollte sie doch, sie war
nicht auf die kleine Priesterin angewiesen, denn inzwischen
hatte Danu ihr Rebirth hinter sich gebracht und mit Duirs
Hilfe zu ihnen aufgeholt. Die drei konnten nun gemeinsam
trainieren. Und das machte Ruîn mehr Spaß als ihre Freizeit
mit Deedee zu verbringen. Sie waren zu dritt bei den Hill
Winds unterwegs. Diese sehr aggressiven Monster waren
sehr gut zu mobben und man kam ganz gut mit dem Training
voran. Nachdem sie am Abend wieder ins Gildenhaus
zurückgekehrt waren, nahm Duir sie an die Seite. „Hey,
wie siehts so mit deinen WoE Plänen aus?“ „Ähmmmm…“
Ruîn hatte sie schon lange davor gedrückt und eigentlich gar
keine Lust dazu. „Überleg´ dir das gut, am Sonntag haben
wir einen Gastspieler.“ Duir zwinkerte ihr zu und wandte sich
dann zu Danu um die an der Treppe wartete. Gastspieler?
Was interessierte das Ruîn? Sie wanderte nach hinten zu
dem Gemeinschaftsräumen um sich was essbares zu suchen.
Als sie einen Apfel betrachtete musste sie an Jeran denken.
Konnte Duir vielleicht ihn gemeint haben? Wie konnte das
eigentlich immer sein das alle Informationen über ihn hatten
und sie nicht? Langsam machte sie das wirklich sauer.
Sie lief nach oben in ihr Zimmer und suchte ihre WoE
Waffe zusammen. Wie konnte er einfach so abhauen und
ihr dann nie wieder auch nur eine Nachricht schicken? Wo
sie doch angeblich Freunde gewesen waren? Mit einem
heftigen Ruck warf sie die große Holztruhe in der ihre
Waffen lagerten um und verteilte den Inhalt über den ganzen
Boden. Tränen rannten ihr über das ganze Gesicht. Schnell
suchte sie nach einem Tuch um diese zu trocknen und
sammelte dann schnell alle Waffen wieder zusammen
bevor Solar noch auftauchte und sie so sah.
Es war am Samstagabend, Ruîn wollte sich gerade
auf den Weg zu Isan machen, als ihr schon im Flur
mehrere Gildenmitglieder begegneten die ganz schnell
auf dem Weg nach unten in die Eingangshalle waren.
Ruîn hörte nur ein paar Gesprächsfetzen. „…wieder
da…“ „…echt eine Frau mitgebracht…“ „…fürs Woe
sagen die…“ „…kann doch nicht sein…“ Neugierig
sprang sie die Treppe hinunter. Solch ein Gildenauflauf
war selten. Als sich gerade auf dem letzten Treppenabsatz
eine Hunter an ihr vorbeidrängelte, blickte Ruîn in die
Eingangshalle und erstarrte mitten im Schritt. Da stand
er. Inmitten einer Traube aus Gildenmitgliedern und
hatte den Arm um eine junge Assassine gelegt die ihre
rechte Hand herumzeigte. Sogar aus der weiten Entfernung
konnte Ruîn den Ring an ihrem Finger glitzern sehen.
„Also Jeran, das du dich mal verlobst!“ „Ja das hätten
wir nicht gedacht.“ „Zeig noch mal den Ring her!“
„Wann ist es denn soweit?“ Die Worte wurden immer
leiser und sie konnte förmlich spüren wie ihr Herz immer
lauter schlug. Dann trafen sich ihre Blicke. Nur für den
Bruchteil einer Sekunde. Dann war sie im Cloaking. So
schnell sie konnte drehte sie sich um und rannte die Treppe
wieder nach oben und in ihr Zimmer. Erst als die Tür hinter
ihr ins Schloss fiel wurde sie wieder sichtbar. Das konnte
doch nicht gerade eben wirklich passiert sein? Langsam
wanderte sie ans Bett und setzte sich hin. Das konnte doch
nicht wahr sein. Allmählich wurde es düster im Zimmer. Als
Solar hereinstürmte war es bereits stockdunkel. „Hey,
wasn Auflauf da unten. Hmmm was sitzt du hier im Finstern?“
Er entzündete die Lampe neben dem Bett. „Hmm?“ Ruîn
hatte keine Ahnung wie lange sie schon hier war. „Jetzt
sag nicht du hast hier schon geschlafen? Unten feiern sie
ne Party, lass hingehen, Deedee wartet auch schon.“
Ruîn schüttelte den Kopf. „Ich habe Isan gesagt ich schaue
bei ihr vorbei.“ „Ja aber dein Clown ist unten und feiert seine
Verlobung, willste da garnicht gratulieren?“ „Hab ich schon
vorhin als sie hier angekommen sind.“ Stimmte zwar nicht
aber egal, sie bemühte sich Solar anzulächeln. „Und ich hab
ja immer gedacht er steht auf dich.“ Solar zuckte mit den
Schultern und verstaute seine Waffen und ein Paar
Rüstungsteile hinten im Schrank. „Ich habe dir ja gesagt
wir sind nur Freunde.“ Nur Freunde, vermutlich nicht
mal das. „Hmmm aber irgendwie muss ich schon sagen…“
Solar hatte sich vor Ruîn gestellt und blickte sie schief an.
„Man kann nicht leugnen, dass sie dir sehr ähnlich sieht.
Sie ist auch ne blonde Assa und hat genau deine Frisur.
Auf das scheint er wohl zu stehen.“ Er zuckte mit den
Schultern. „Also kommst du nicht mit?“ Sie schüttelte den
Kopf. „Nein ich hab keine Zeit, aber ich wünsche euch
viel Spaß.“ „Na gut, bis dann.“ Damit verließ Solar das
Zimmer. Steht auf blonde Assas? Ruîn stand auf und
blickte in den Spiegel. Sieht ihr sehr ähnlich? Na das
könnte ihm ja so passen. Sie ergriff ihren langen Zopf
und zog ihr Messer. Die scharfe Schneide glitt durch
das Haar wie durch Butter. Nachdenklich starrte Ruîn
auf den Zopf der zu ihren Füßen lag.
„Was hast du denn gemacht?“ Isan hatte die Tür geöffnet
und blickte Ruîn ungläubig an. „Ich habe keine Lust mehr
eine blonde Assassine zu sein. Hast du vielleicht einen
Dyestuff?“ „Nya mal sehen…“ Sie zog Ruîn in die
Wohnung und winkte Thuris aus dem Raum. „Najo
die Auswahl is halt bescheiden, Rot oder Grün?“
„Mir egal.“ Ruîn saß an Isans Spiegelkomode und
beobachtete die Whitesmith dabei wie sie den roten
Dyestuff über ihrem Haar verteilte. „Ich habs auch
schon gehört. Erst konnt ichs gar nicht glauben…“
„Irgendwie weiß jeder immer Bescheid nur ich nicht...“
Ruîn kniff die Augen zu als könnte sie dadurch die
Tränen stoppen. Langsam zog Isan sie nach hinten
und legte die Arme um ihre Freundin. „Ich fürchte
ich muss mit der Schere ran, das ist ja ganz schief
hier hinten.“ „Ach was, das wird ein neuer Trend.“
Ruîn schüttelte den Kopf, musste dann aber doch kichern.
Im Gildenhaus war es stockdunkel und komplett still.
Langsam schlich sich Ruîn durch die Eingangshalle. Sie
hatte keine Ahnung wie spät es war, doch es musste
weit nach Mitternacht sein, denn auch die Verlobungsparty
war anscheinend schon zu ende. Sie beschloss noch
mal ganz kurz in der Bibliothek vorbeizuschauen um
das Buch das sie gerade las mit ins Zimmer zu nehmen.
Das würde sie ein wenig Ablenken. Im langen
Säulengang der zur Bibliothek führte kam ihr Jemand
entgegen. Sie konnte in der Dunkelheit nicht sehen wer
aus der Gilde es war, aber sie kannte die Art und Weise
wie sich die Person bewegte. Mit einem Mal bekam sie
heftiges Herzklopfen und sie hatte das Gefühl der Boden
wurde unter ihren Füßen fortgerissen.
Es war Jeran. Panik erfasste sie. Es war zu spät um einfach
in den Cloaking zu gehen und abzuhauen. Durch die
Dunkelheit konnte sie zwar seinen Gesichtsausdruck nicht
erkennen, aber das er sie ansah merkte sie auch so. Sollte
sie stehen bleiben? Sollte sie etwas sagen? Ihm vielleicht
Gratulieren? Er war direkt vor ihr. In dem letzten Jahr hatte
er sich kaum verändert. Lediglich seine Haare waren nun
länger. Für einen Moment dachte sie, er würde ohne eine
Reaktion einfach an ihr vorbeigehen. Als sie auf gleicher
Höhe waren, erhob er plötzlich die Arme und drängte sie
zur Seite und an die Wand des Ganges. Sie küssten sich.
Wild und heftig. Seine Hände glitten nach unten und er
packte sie an den Hüften und hob sie hoch, sodass sie
auf der steinernen Brüstung des Säulenganges saß. Ruîn
schlang ihre Beine um ihn während seine Finger über ihre
Oberschenkel streiften. „Nette Frisur hast du da…
Verdammt hab ich dich vermisst…“ Der Clown küsste
sie am Hals und wanderte mit den Händen über ihre
Brust. „Das bezweifle ich doch stark.“ Sie sahen sich
an und Jeran lächelte nickend. „Ach wegen ihr, keine
Sorge ich ziehe nur mit dir gleich…“ Er drückte sie leicht
nach hinten an das kalte Glas des Fensters und streifte ihr
die Träger von den Schultern. „Weil ich verheirate bin
musst du mir das nun nachmachen?“ Sie schloss die
Augen und ließ seine Hände über ihren Oberkörper
wandern. „Klar…“ Jeran strich mit der Zunge über ihre
Brüste und ihre Nippel und Ruîn fühlte eine Gänsehaut
die sicher nicht vom kalten Glasfenster herrührte. „Damit
machst du euch beide unglücklich.“ Sie krallte sich an
seiner Schulter fest und strich ihm durch die Haare.
„Halt mich davon ab…“ Er sah sie an und grinste, dann
zog er sie zu sich und küsste sie am Hals, und zwar so
fest das sie seine Zähne fühlen konnte. „Ich bin wohl der
letzte Mensch auf dieser Welt der dazu das Recht hätte…“
Jeran sah sie an, ihre Hände fuhren über seinen Hals und
sie zog ihn an sich dann küsste Ruîn ihn. „Nein, du bist
der einzige…“ Am Ende des Flures knarrte eine Tür und
Stimmen erklangen. Ruîn fuhr herum, Jeran wollte sie
festhalten doch sie war schneller. Sie sprang von der
Brüstung und verschwand im Cloaking während eine
Hunter und ein Priester auf sie zukamen. Sie kehrten
wohl gerade von einer späten Trainingsparty zurück und
nickten Jeran im Vorbeigehen grüßend zu. Er seufzte.
Als Assassine Cross war sie ja noch schwerer zu
erwischen als vorher.