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Harmonie

von

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Aufwachen (Teil 1)

[style type="bold"] Beta: Lapislazuli67 *durchknuddel*
 

A.N.1: Kapitel 28 + 29 waren ursprünglich als ein Kapitel gedacht. Da dieses Kapitel aber schrecklich lang wurde, musste ich es in der Mitte trennen.

Hier ist nun also der erste Teil, viel Spaß damit.
 

Kapitel 28: Aufwachen (Teil 1)


 

Schmerzen.
 

Das erste, was Draco spürte, waren Schmerzen. Dann kam das Engegefühl im Hals, das mit dem scharfen Brennen einer offenen Wunde an seiner Kehle einherging. Er atmete tief ein und wunderte sich, dass er dazu imstande war. Dass sein schmerzender Hals es ihm gestattete, Sauerstoff durch die Kehle in die Lungen zu leiten.
 

Sehr viel natürlich nicht. Qualvoll wenig Luft war es, die er mit aller Macht aufsaugte. Noch dachte er nicht darüber nach. Hatte keine Gedanken und war sich kaum der Umgebung um ihn herum bewusst.

Das nächste was er spürte, war die Kälte. Gleich darauf wurde ihm klar, dass er vollkommen nackt war. Er spürte metallische, feindliche Kälte unter seinen Schultern, seinem Hintern und seinen Beinen. Er musste also auf dem Rücken liegen. Eine dünne Decke ging ihm bis zur Brust.
 

Einatmen – Ausatmen
 

Langsam. Schmerzhaft. Qualvoll.
 

Sein Gehirn schickte die ersten Gedanken los. Wo war er? Auf einmal wurde ihm bewusst, dass er Stimmen hörte. Viele verschiedene menschliche Stimmen. Manche hektisch, manche ruhig, manche aufgebracht, manche sanft. Ob sie weit entfernt oder nah waren, konnte er nicht unterscheiden. Er wurde sich bewusst, dass er Schritte hörte. Er hörte Menschen auf einem Kachelfußboden laufen, hörte metallisches Klirren, Gekritzel von Stiften und das Brodeln und Zischen gärender Tränke.
 

„Er wacht auf!“
 

Eine fremde, weibliche Stimme direkt neben ihm rief diese Worte in alarmiertem Tonfall. Draco hustete und Tränen traten in seine Augen, als er meinte, jede Sekunde ersticken zu müssen.
 

Ersticken…
 

Ein neuer Gedanke. Er hatte doch vorgehabt zu ersticken… und nun lag er hier.
 

Seine Augen flatterten und schickten ihm im Bruchteil von Sekunden Millionen von Eindrücken zur Verarbeitung in seinen Kopf. Zu viele. Er begann zu zittern.

Er sah zu viel auf einmal. Zu viel, um es verstehen zu können. Gleißend helles Licht. Menschen in limonengrünen Umhängen.

Eine sterile Atmosphäre. Er roch den scharfen Geruch von Reinigungsmittel. Menschen gingen um ihn herum. Eine weiß gestrichene Decke über ihm. Eine weiße Baumwolldecke auf seiner Haut.
 

Eine Frau, die einer anderen irgendetwas zurief.
 

Hermine, die mit verschränkten Armen an der Wand gelehnt stand und ihn aus verquollenen Augen ansah.

Madam Pomfrey, die mit einer anderen, asiatisch aussehenden Frau heftig diskutierte und das Gesicht eines Mannes, der sich über ihn beugte.
 

Eine Hand auf seiner Stirn und ein Daumen, der ihm eine schweißverklebte Strähne vor den Augen wegwischte.

Der Mann war schon etwas älter, trug eine dicke Brille und hatte seine wenigen ihm verbliebenen Haare ungeschickt über den kahler werdenden Kopf gebürstet.
 

Er lächelte. „Willkommen zurück.“
 

Dracos Gehirn erlaubte ihm wieder zu denken und zu erinnern. Innerhalb einer Sekunde war alles wieder da. Dass Voldemort weggebracht worden war. Dass alles vorbei war. Dass man ihn verraten hatte… ihn alleine zurückgelassen hatte.
 

Und nun lag er hier.
 

Tränen flossen über seine Wangen. Seine Kehle schmerzte bei jedem Schluchzen. Er spürte Riemen an seinen Armen und Beinen. Er war hier festgeschnallt und konnte sein Gesicht nicht bedecken, als er nackt, entblößt und vollkommen schutzlos in diesem Krankenhaus zu weinen begann wie ein kleines Kind. „Nein…“ Sein Körper bebte, er konnte nur krächzen, er zitterte am ganzen Leib und mit jeder Sekunde, die verstrich, wurde die Wahrheit grausamer. Er lebte immer noch. „Nein…“
 

„Sch…“ Der Mann strich ihm über die Stirn, als ob das irgendetwas ändern könnte und versuchte ihn mit sanften Worten zu trösten. „Es wird alles wieder gut, Draco. Sie sind hier im St.-Mungo-Hospital.“
 

„Nein…“ Zittern. Weinen. Frösteln.
 

„Scht… Keine Sorge, wir kümmern uns um Sie. Ich bin Heiler Sayer und ich bin für Sie da!“
 

„Nein…“ Er schüttelte den Kopf, doch vermochte nicht, die beruhigende Hand abzuschütteln. „Nein…“ Er drehte den Kopf zur Seite, versuchte, die Tränen vor dem Mann über ihm zu verbergen, doch was half es? Er war umgeben von Leuten, die ihn anstarrten.
 

„Ihre Eltern kommen sicher auch bald. Wir haben nach ihnen geschickt. Sie kommen sicher, sobald sie die Nachricht erhalten. Sch... Sie sind nicht alleine, Draco.“
 

Er schluchzte um so bitterer.
 

„Sehen Sie!“ Der freundlich aussehende Mann ruckte mit dem Kopf hinter sich, wo Hermine mit verweinten Augen, ebenfalls schluchzend, langsam auf ihn zu trottete. „Ihre Freundin ist auch hier. Sie hat sich um Sie gekümmert, bis wir kamen. Sie sind nicht allein. Es wird alles wieder gut.“
 

Das war zu viel. Mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, riss er sich hoch. Die Arme an die Liege gefesselt, vermochte er doch, seinen Oberkörper halbwegs aufzurichten. Egal ob es schmerzte, egal ob er nackt war, egal wie demütigend das alles war. Er wollte nur noch eines. Hermine seinen ganzen Hass ins Gesicht brüllen: „Warum hast du das gemacht? Du hast gesagt, du liebst mich, warum tust du mir das an?“
 

Hermine schluchzte. Sie zitterte und ließ sich von Madam Pomfrey umarmen. Sie sah schuldbewusst aus, doch sie entschuldigte sich nicht.
 

Er merkte, dass der Mann seine Stirn losgelassen hatte und versuchte, ihn langsam wieder nach unten zu drücken, doch er wehrte sich. Er strampelte, wand sich jedes Mal, wenn er Hermines Gesicht an dem Mann vorbei erblicken konnte und brüllte voller Hass und Wut: „Du verdammtes Schlammblut! Warum hast du das gemacht? Du hast gesagt, du liebst mich! Du bist genauso verlogen wie alle anderen!“
 

Zwei andere Männer erschienen über seinem Gesicht und hielten ihn fest, während der Heiler seinen Zauberstab in eine Phiole tauchte. Etwas tropfte von der Spitze, bevor er einen Stich in seiner Schulter spürte. Er wurde ruhiger, als das Medikament, das man ihm gegeben hatte, zu wirken begann… und schlief ein.
 

xxx
 

Hermine durfte bleiben. Sie durfte im Krankenhaus bleiben und mit Madam Pomfrey warten, bis Draco nicht mehr in Gefahr war. Sie durfte bleiben, als dieser Mann mit der dicken Brille und der dummen Frisur sich als die Person vorstellte, bei der Madam Pomfrey wohl des öfteren Rat geholt hatte.
 

Sein Name war Malcolm Sayer. Er war Heiler hier im Krankenhaus und hatte eine psychotherapeutische Praxis eröffnen dürfen.

Sie durfte mitgehen, als er gemeinsam mit Madam Pomfrey und all den Akten, die sie über Draco hatte auftreiben können, in sein Büro hochging. Dort erklärte Madam Pomfrey, dass es ihr absolut egal sei, ob man sie verklagen würde, weil sie hier über Schulinterna sprach. Sie erzählte von all den Vorfällen, die dazu geführt hatten, dass Draco zu ihr gebracht worden war. Erzählte auch davon, wie oft er selbst dafür gesorgt hatte, dass Lehrer und Schüler zu ihr geschickt worden waren.

Dann wurde Hermine aufgefordert, etwas zu sagen und sie zögerte nur kurz, denn eigentlich wollte sie schon so lange darüber sprechen, wie es mit Draco war. Wie es war, bei seinen Panikattacken, Halluzinationen, Gefühlsausbrüchen aller Art, seiner Einsamkeit, aber auch seiner Grausamkeit dabei zu sein, und absolut nichts, gar nichts machen zu können. Zusehen zu müssen, wie er mehr und mehr „Todesser“ wurde und wie seltsam er vor allem in der letzten Zeit geworden war. Und von dieser Sache mit Seamus. Sie erzählte, dass er ja eigentlich Schluss gemacht habe und sie nicht so recht wisse, ob sie jetzt überhaupt im Krankenhaus bleiben solle.
 

Daraufhin lächelte der Heiler und sagte, dass er das schon glaube.
 

Als sie geendet hatte, schwammen ihre Augen in Tränen und ihre Nase tropfte. Heiler Sayer gab ihr ein Taschentuch und schenkte ihr ein wärmendes Lächeln. Er hatte die ganze Zeit recht wenig gesagt, nur zugehört und mit jedem weiteren Wort betrübter gewirkt.
 

„Oh je“, seufzte er endlich „Da bringen sie mir ein verletztes Schießpulverfass.“
 

Der Heiler wusste bereits, dass Draco ein Todesser war. Nicht nur, weil Madam Pomfrey schon Andeutungen gemacht hatte, sondern auch, weil er es vorhin schließlich mit eigenen Augen gesehen hatte. Das dunkle Mal auf Dracos Arm.
 

Aber er wusste nicht, wie sehr Draco darunter gelitten hatte. Der monatelange Selbsthass, die Andeutungen, die er immer wieder gemacht hatte, die schlimmen Dinge, an die er sich gar nicht mehr erinnern konnte und die permanente Bedrohung, die Drogen... Und dann… dann hätte er sich eben verändert.
 

Heiler Sayer nickte, hörte zu, verzog das Gesicht und trippelte ungeduldig mit den Fingern auf seinem Schreibtisch. In kurzem Abstand kam eine Schwester vorbei, die bei jedem Mal frustrierter und genervter klang, wenn sie sagte, dass man die Malfoys immer noch nicht gefunden hätte.

Dann und wann kam ein Mann, wohl ein Pfleger, und erklärte dem immer verdrießlicher dreinblickenden Heiler, dass Draco sich über seinen Aufenthalt hier sehr aufregen würde, er seinen Zauberstab zurückverlangt und zwei Krankenschwestern schwer verletzt hatte. Man hatte ihm mehrmals Beruhigungsmittel geben müssen.
 

Seltsam, wie ein Vorfall alles verändern konnte. Hermine hatte geglaubt, dass sie Draco verachten würde, dass nun alles mit ihnen vorbei wäre und sie nichts mehr mit ihm zu tun haben würde. Dennoch saß sie jetzt hier, hielt seinen Abschiedsbrief an sie in ihrer Hand und hörte sich an, wie die Heiler ihr Dracos Verhalten im letzten Jahr erklärten.

Und nun… da sie den Brief wieder weggelegt hatte und eigentlich hätte gehen können, da sie alles Relevante gesagt hatte, blieb sie. Die Heiler hatten ihr gesagt, dass Draco unten nach ihr gefragt hätte und sie sehen wollte. Und sie? Sie wollte ihn sehen und… schwer zu sagen, was sie dann tun würde. Aber gehen konnte und wollte sie nicht. Es mochte nur ein Vorfall in einem Meer von verrückten Taten eines Wahnsinnigen gewesen sein. Dennoch, als sie Draco in der Besenkammer gesehen hatte, war klar geworden, dass die Sache zwischen ihnen nicht beendet war und Hermine ihn jetzt nicht im Stich lassen konnte.

Sie hatte Ron alleine gelassen und egal wie wenig sich ihre Beziehung zu Ron mit dem, was sie mit Draco hatte, vergleichen ließ, sie würde so etwas nie wieder tun.
 

Hermine saß über zwei Stunden mit Madam Pomfrey zusammen in Sayers Büro, tief versunken in ihren Gedanken und in Schweigen, während der Heiler unten bei Draco war und mit ihm redete. So gut es eben ging.
 

Die Asiatin, die Hermine schon in der Notaufnahm gesehen hatte, ließ sich neben dem Heiler nieder, sah sich die Akten durch und stellte ebenfalls viele Fragen an Madam Pomfrey und Hermine.
 

Ein wichtig aussehender Mann aus dem Ministerium kam vorbei, besprach etwas mit dem Heiler und überreichte einige Urkunden mit dem Vermerk, dass diese zu unterschreiben seien.
 

Die Sonne begann bereits langsam zu sinken. Hermine und Madam Pomfrey redeten, Heiler Sayer kritzelte bei jedem Wort, das sie sprachen mit und immer noch keine Nachricht von den Malfoys.

Dann endlich kam ein Pfleger und sagte, dass Lucius und Narzissa Malfoy jeden Moment kommen würden. Sie wären vormittags auf einer Pressekonferenz gewesen und danach im Ministerium, um mit dem Minister über die aktuelle Lage zu diskutieren.
 

Genau 19:30 Uhr öffnete sich die Tür und zwei gehetzt wirkende Personen betraten den Raum. Die eine war ein großer, schlanker Mann mit langen, weißblonden Haaren, gehüllt in einen eleganten schwarzen Umhang. In der behandschuhten Hand hielt er einen kunstvoll gearbeiteten Gehstock mit silbernem Schlangenkopf an der Spitze.

Die zweite Person war eine schlanke Frau, gekleidet in ein sicherlich sündhaft teures, cremefarbenes Tweed-Kleid. Das blonde Haar war zu einem straffen, doch an ihr sehr vorteilhaft wirkenden Knoten hochgesteckt.
 

Lucius Malfoy straffte sich, reckte stolz sein Kinn, marschierte wie ein König durch die Reihen seiner Untertanen auf die um den Schreibtisch versammelten Menschen zu und blieb wie vom Donner gerührt stehen, als er Hermine sah. Todesblicke trafen sie, er hob seinen Gehstock und deutete mit dem Schlangenkopf auf Hermine. „Was macht die denn hier?“, blaffte er Heiler Sayer anstelle einer Begrüßung an.
 

Mrs. Malfoy rümpfte die Nase und machte ein Gesicht, als sei sie in einen ausgesprochen aromatisch duftenden Hundehaufen getreten. „Schicken Sie sie hinaus!“, befahl sie in herrischem Ton und ließ sich mit der mädchenhaften Eleganz einer Balletttänzerin auf einen der beiden freien Stühle vor dem Schreibtisch sinken.

Ihr Mann nickte zustimmend, wandte sich von dem Anblick ab, der sein Auge erzürnt hatte und glitt auf den freien Stuhl neben seiner Gemahlin.
 

Während sich Dracos Eltern dazu herabließen, ihre Plätze einzunehmen und sich elegant ihrer Umhänge entledigten, warf der Heiler Hermine einen amüsierten Blick zu. Die asiatische Frau hustete und murmelte dem Heiler hinter vorgehaltener Hand etwas zu. Der schnaubte und nickte zustimmend.

Madam Pomfrey, neben Hermine, schürzte die Lippen und holte tief Luft. Auch Hermine straffte sich, setzte sich aufrecht hin, zog die Schultern hoch und hob ihr Kinn. Sie würde sich hier nicht klein machen lassen. Nicht von diesen Leuten.
 

„Wollen Sie wirklich, dass Miss Granger schon geht?“, fragt der Heiler freundlich, als die Malfoys ihn schließlich ansahen. Ihren Blicken nach war die Antwort eindeutig „ja“ doch der Heiler kümmerte sich nicht darum und lächelte freundlich weiter. „Ich dachte, Sie wollten ihr vorher noch danken. Immerhin hat sie Draco in letzter, in allerletzter Sekunde muss ich sagen, gefunden und ohne ihre und Madam Pomfreys schnelle Hilfe wäre er tot!“
 

Die Malfoys verzogen die Gesichter. Offensichtlich wussten sie das schon, denn sie wirkten nicht überrascht. Wohl aber, als wären sie gerade an ein äußerst peinliches Familiengeheimnis erinnert worden.
 

Narzissa strich über sorgsam nach hinten frisiertes Haar und drehte sich in Richtung Hermine um. „Danke, Madam Pomfrey.“ Zu Hermine sagte sie nichts, nickte aber knapp. Hermine erwiderte den Gruß nicht, ebenso wenig Lucius' knappes Nicken und Augenbrauenzucken, da die beiden sowieso schon wieder wegsahen.
 

Endlich wusste Hermine, an wen die asiatische Frau erinnerte. Sayers Assistentin oder Mitarbeiterin stellte sich als Meihui Chang vor. Sie sei, verkündete sie freundlich zu Hermine gewandt, Cho Changs Mutter.

Dann lächelte sie die Malfoys ebenso freundlich an und sagte, dass es ja noch aus einem anderen Grund gut wäre, wenn Hermine hier wäre. Sie hatte sehr viel Wichtiges über Draco mitteilen können. Immerhin hätte niemand in den letzten Monaten so viel Kontakt zu Draco gehabt wie Hermine.
 

„Wieso?“, platzte Narzissa heraus, der für Sekunden die wohlgeübte Fassung entglitt.
 

Hermine wurde rot und sah zu Boden.
 

„Ja, wissen Sie denn nicht, dass die beiden ein Paar sind?“, fragte Heilerin Chang fröhlich, der Hermine ja schon gesagt hatte, dass die Malfoys das nicht wussten.
 

„Wie bitte?“, ächzte Lucius, vollkommen konsterniert. „Mit der?“, fragte er und deutete auf Hermine, als wolle er sie mit einem Fingerzeig zum Tode verurteilen. „Seit wann?“
 

„Genau, sie und Ihr Sohn!“, bestätigte Heilerin Chang und nickte Hermine aufmunternd zu. „Dann klären Sie Mr. und Mrs. Malfoy doch einmal über Ihre geheime Beziehung auf!“ Sie lachte so hell und heiter, als wäre das alles ein besonders lustiges Ratespiel.
 

„Nun… ja“, begann Hermine zaghaft, die es ihrerseits nun auch vermied, die heftig atmenden Malfoys anzusehen und stattdessen einen mehrarmigen Kerzenständer auf dem Schreibtisch des Heilers inspizierte. „Wir sind… oder waren zusammen. Seit… weiß nicht so genau. Vielleicht kurz nach Neujahr…“
 

Narzissa holte hörbar Luft und schmetterte voller Verachtung: „Mein Sohn würde schon aus Prinzip niemals etwas mir einer wie der“, hier musste Hermine doch vor Wut hart schlucken, sie drehte sich zu Narzissa um und sah, dass sie von beiden Malfoys belauert wurde, „anfangen.“
 

Lucius lächelte nonchalant, zeigte dabei seine strahlend weißen Zähne und zuckte lässig mit den Augenbrauen. „Und speziell mit ihr nicht. Es ist ja nicht so, dass wir die da nicht kennen würden“, erklärte er mit hingebungsvoller Häme und Hermines Magen krampfte sich vor Zorn zusammen, weil Dracos Eltern sie ansahen und trotzdem von ihr sprachen, als wäre sie gar nicht im Raum. „… er hasst sie. Schon immer…“, lächelte Lucius charmant an Hermine vorbei zu Heilerin Chang. „Sie sind im gleichen Jahrgang in Hogwarts. Wirklich… wir kennen sie.“ Er lachte und schüttelte die blonde Mähne so munter, als ob er eigens hierher gekommen wäre, um Schlammblutwitze zu erzählen. „Narzissa, Liebes. Erinnerst du dich, was er über ihre Hasenzähne erzählt hat?“
 

Narzissas Miene hellte sich auf, als wäre ihre gerade eine besonders angenehme Erinnerung eingefallen. „Ja, sicher. Oh, Moment, ich weiß. Erinnerst du dich, was er über diese Elfensache gesagt hat?“
 

Beide lachten schallend.
 

Der Heiler räusperte sich vernehmlich. Das Lachen erstarb. Ganz so unbefangen, wie sie wirken wollten, waren die Malfoys wohl doch nicht. Heiler Sayer faltete die Hände auf Dracos Akte und schnalzte mit Zunge. „Nun, ich habe vorhin mit Ihrem Sohn geredet und Miss Granger hat Recht.“ Die Gesichter der Malfoys sanken in sich zusammen, doch der Heiler achtete nicht darauf. „Deswegen sind wir jedoch nicht hier. Ich bitte Sie speziell diese Diskussion auf einen anderen Zeitpunkt zu verschieben“, bat er und gestikulierte mit den Händen, als ob er einen imaginären Gegenstand durch die Luft schieben würde. „Ich wollte mit Ihnen eigentlich darüber reden, was heute mit Draco passiert ist!“
 

Der Heiler fasste den Vorfall noch einmal in kurzen Sätzen zusammen. So gefasst wie die Malfoys waren, ging Hermine davon aus, dass sie bereits bei ihrer Ankunft, unten in der Notaufnahme, oder schon, als sie die Nachricht bekommen hatten, einiges erfahren hatten. Die Fakten waren vertraut genug, um die Fassung wahren zu können.
 

„Nun“, sagte der Heiler nachdem er mit seinem Vortrag geendet hatte, klappte Dracos Akte auf und kratzte sich an der Nase, „haben wir ein Problem. Tja, wie soll ich das ausdrücken?“
 

Narzissa strich sich über ihr sorgsam zurückgeknotetes Haar und Lucius trippelte mit den Fingernägeln auf der Stuhllehne.
 

„Mr. und Mrs. Malfoy, die Sache ist die. Das Krankenhaus ist im Moment durch die vielen Kriegsverletzten eigentlich schon überbelegt. Zudem kommen immer wieder Leute mit Drachengrippe zu uns… Tja… wir dürfen Personen nur dann stationär aufnehmen, wenn sie körperlich so krank sind, dass eine ambulante Behandlung nicht möglich ist!“ Er seufzte schwer und Hermine entdeckte einfach nur Unverständnis in den edel-bleichen Gesichtern der Malfoys.
 

Heiler Sayer beugte sich über die Akte, schüttelte unglücklich den Kopf und stöhnte unbehaglich. „Sehen Sie… Wenn ich hier auf die Untersuchungsergebnisse sehe. Die Wunde am Hals ist… behandelbar. Er hat einige Prellungen, ich weiß nicht genau woher. Tja… er hat einen Leberschaden.“ Der Heiler sah auf und rückte seine Brille zurecht. „Der Untersuchung nach, hat er über einen geraumen Zeitraum hin regelmäßig diverse Drogen konsumiert. Wussten Sie das?“
 

Narzissa schüttelte den Kopf und funkelte zu ihrem Mann, der nun mit deutlich geröteten Wangen zum Fenster hinaus sah. Er zuckte die Achseln und sah dabei so verlegen aus, dass die Antwort eindeutig „ja“ gewesen wäre, wenn er gesprochen hätte.
 

Der Heiler verzog missbilligend das Gesicht und beugte sich wieder über die Akte. „Wie auch immer… Wir können den Leberschaden behandeln. Wobei wir natürlich eine Entgiftung anstreben… Tja…. Das ist… nun... die Entgiftung… der Entzug wird nicht leicht, aber allein deswegen darf ich ihn nicht einweisen und selbst wenn, wären das nur wenige Tage.“
 

„Was ist denn mit seinen Kopfschmerzen?“, fragte Hermine. „Er hat immer wieder gesagt, dass er starke Kopf- und Bauchschmerzen hat.“
 

Der Heiler nickte, fuhr mit dem Finger über eine Zeile, in der er wohl genau das notiert hatte und schüttelte dann doch den Kopf. „Stress, Miss Granger, keine körperlichen Ursachen. Wir haben das bereits in der Anamnese abgeklärt!“
 

„Bitte?“ Narzissa legte elegant die Beine übereinander und lächelte aalglatt. „Was bitteschön, ist eine Ana…?“
 

„Anamnese, Madam. Entschuldigen Sie bitte. Ich habe mit ihm über den Vorfall und einige andere Dinge gesprochen, um mir ein Bild von seinem Zustand machen zu können.“
 

Hermine ächzte ungläubig. „Und das hat er Ihnen gesagt? Er hat mit ihnen freiwillig über seine Kopfschmerzen geredet und über…“
 

„Nein!“ Der Heiler hustete verlegen und rutschte etwas unbehaglich auf seinem Stuhl herum, schob den Kerzenhalter einige Zentimeter auf dem Tisch nach vorne als versuche er, sich dahinter zu verstecken. „Nein, er wollte eigentlich mit überhaupt niemandem reden.“ Er lächelte unglücklich durch die Arme des Kerzenhalters hindurch zu Hermine. „Wir haben ihm Veritaserum gegeben… es ging leider nicht anders.“
 

„Sie haben was?“ Lucius stieß mit dem Gehstock auf den Boden und setzte sich kerzengerade auf. „Das ist empörend. Das ist illegal, ich werde Sie anzeigen. Mit welchen Methoden arbeiten Sie hier eigentlich?“
 

Der Heiler Sayer und die Heilerin Chang tauschten vielsagende Blicke, seufzten simultan und schienen mit den Augen irgendeine stumme Unterhaltung zu führen. Heilerin Chang nahm den Faden auf. Wesentlich ruhiger, melodischer und freundlicher, als dies bei ihrem männlichen Kollegen geklungen hätte. „Wir wissen durchaus, dass der Einsatz von Veritaserum ethisch gesehen problematisch ist. Wir haben jedoch vom Ministerium die Erlaubnis, dies zumindest zu Anamnesezwecken, gegebenenfalls in Kombination mit Legilimentik, einzusetzen. Wir müssen das Gefahrenpotential abschätzen.“
 

„Welches Gefahrenpotential?“, blaffte Narzissa undamenhaft.
 

„Nun“, Heilerin Chang tauschte abermals einen Blick mit dem Heiler Sayer, der nur die Augenbrauen hochzog und eine Grimasse machte, „… inwiefern er nach wie vor selbstmordgefährdet ist. Und bedauerlicherweise ist er das. Also… deswegen ist uns sein weiterer Verbleib auch so wichtig. Draco ist nach wie vor suizidal!“
 

Lucius lachte, schüttelte sich lässig eine blonde Strähne aus dem Gesicht und belächelte die Heilerin herablassend. „Mein Sohn hat nicht versucht sich umzubringen!“
 

„Mr. Malfoy“, keuchte die Heilerin. „Er… doch…“
 

„Nein, nein.“ Lucius schüttelte erhaben den Kopf und winkte gelassen mit der Hand ab. „So etwas tut er nicht!“
 

„Aber, Sir“, wiedersprach nun auch Heilerin Sayer. „Miss Granger hat ihn heute Morgen in einer verschlossenen Besenkammer gefunden, wo er sich an einer Paketschnur aufgehängt hat!“
 

„Ein Unfall!“
 

„Aber er hat das Zimmer verschlossen. Er ist einfach von den anderen weggegangen ohne jemandem etwas zu sagen, hat sich in einem abgelegenen Zimmer eingeschlossen und sich an einer Deckenleuchte aufgehängt!“ Der Heiler schüttelte fassungslos den Kopf. „Wie kann das denn ein Unfall gewesen sein?“
 

Narzissas Gesicht erhellte sich, als wäre ihr gerade eine alles erklärende Antwort gekommen. „Sie sagten doch selbst, dass er gestern Drogen genommen hat. Sie sind Heiler, Sie müssen das doch wissen… wenn junge Leute Drogen nehmen dann machen sie Dinge, die…“
 

Der Heiler knallte die Akte zu, atmete einmal heftig durch und erwiderte, nun schon etwas unfreundlicher: „Madam. Erstens, er hat nicht nur gestern Drogen genommen, sondern seit längerem und ich sagte doch, wir haben ihn im Anamnesegespräch danach gefragt und er sagte…“
 

„Woher wollen Sie überhaupt wissen, wie diese Drogen, die er angeblich genommen hat, in Verbindung mit Veritaserum wirken?“ Lucius freute sich offensichtlich über seinen eigenen Einwand.
 

Die Heiler tauschten wieder Blicke. Sie wirkten fassungslos. „Mr. Malfoy, wir wissen das. Das Veritaserum hat gewirkt und er hat mir“, der Heiler tippte sich gegen die Brust, „mehrmals sehr deutlich gesagt, dass er auf jeden Fall sterben wollte und diese Absicht nach wie vor hat! Er will nicht in dieser Welt, wie sie jetzt ist, weiterleben. So“, er schlug mit der Hand auf den Tisch, woraufhin er sich einen tadelnden Blick seiner etwas gelasseneren Kollegin einfing. „Und nun sind wir wieder beim Problem, das ich eben angesprochen habe. Draco ist suizidal, durch die Todesserzeit mehrfachtraumatisiert und hat, wie es scheint, eine schwere Störung entwickelt.“
 

Die Malfoys belächelten das schwere, psychologische Vokabular und Lucius wagte sogar, es als „Muggelhumbug“ zu verspotten.
 

„Sir!“ Der Heiler wurde mit jedem Wort immer lauter und sprach immer eindringlicher. „Wir können ihn nicht einfach wieder gehen lassen. Draco ist eine Gefahr für sich und andere.“
 

Narzissa winkte mit beiden Händen ab, presste die Handflächen auf die Stuhllehnen und erhob sich elegant. „Also, ich denke, wir sollten jetzt unsern Sohn holen und gehen. Wir hatte einen langen Tag und haben wirklich keine Zeit, uns irgendwelche Muggeltheorien über diesen albernen Unfall anzuhören!“
 

Nun verlor auch Heilerin Chang die Geduld. „Wir mussten ihn dreimal wiederbeleben, bis wir im Krankenhaus waren. Ich habe ihn in der Schule gesehen. Seine Haut war bereits lila angelaufen, Blase und Darm hatten sich entleert und ganze Bereiche des Gehirns waren beschädigt!“
 

Narzissa gefror auf der Stelle. Elegant und aufrecht wie eine Marmorstatue betrachtete sie die Heilerin. Soweit hatte sie wohl zumindest verstanden, dass das nicht nach einer Lappalie klang. Ihr Mann verschränkte die Arme und presste die Lippen zusammen.
 

Heilerin Chang schüttelte ungläubig den Kopf. „Verstehen Sie? Er wäre um ein Haar gestorben. Wir mussten Teile seines Gehirns wiederherstellen. Wenn wir ein paar Minuten später gekommen wären, nein, wenn Miss Granger ihn nur wenige Augenblicke später gefunden hätte, dann hätten wir ihm nicht mehr helfen können. Dann wäre Draco tot und Sie wären keine Eltern mehr. Und… und genau das wollte er. Er wollte nicht gefunden werden. Er hat sich absichtlich dort aufgehängt, wo ihn voraussichtlich niemand finden würde, weil er sterben wollte. Verstehen Sie das?“
 

Die Malfoys tauschten einen kurzen Blick. Narzissa setzte sich wieder und Lucius wischte sich über die Stirn. „Und wieso hat man ihn dann gefunden?“, fragte er matt.
 

Hermine brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass Lucius ihr tatsächlich eine Frage gestellt hatte. Wenn auch nicht mit direkter Anrede. „Ähm… Aufspürzauber. Ich… ja, ich wollte mit ihm reden, jetzt, wo es vorbei ist und die Leute waren alle so wild… Ich wollte nicht suchen und dann… naja… es war ein Suchzauber.“ Hermine wurde übel. Unvermittelt stand ihr das Bild des von der Decke baumelnden Draco vor Augen. Sie presste sich die Hand vor den Mund und schloss die Augen.
 

Madam Pomfrey legte ihr den Arm um die Schultern und hielt sie. „Mir geht’s gut“, protestierte Hermine matt. „Ich musste nur daran denken… er hat so schlimm ausgesehen.“ Sie löste sich von der Krankenschwester und spürte, wie bei dem Gedanken an diese Kammer ihr eigener Hals eng und ihre Augen feucht wurden. Sie deutete mit beiden Händen auf ihre Kehle. „Sein Hals war so… dick…. angeschwollen und… er war ganz blau im Gesicht.“ Die Krankenschwester nickte und wirkte bei dieser Beschreibung nicht weniger unbehaglich als Hermine.
 

Heiler und Heilerin wirkten betroffen. Die Malfoys gelangweilt.
 

Der Heiler selbst musste ebenfalls seine leicht glänzende Stirn abtupfen. Dann rubbelte er sich über das Gesicht, warf einen sehnsüchtigen Blick auf die Standuhr, die gegenüber seines Schreibtisches stand – acht Uhr abends – klappte Dracos Akte wieder auf. „Also“, sagte er gedehnt, verengte die Augen und fuhr mit den Fingern über eine Zeile, die sich am oberen Rand des Pergamentes befand. „Was ich bei der Anamnese erfragt habe, bestätigt das, was mir von Madam Pomfrey und Miss Granger gesagt wurde. Draco zeigt seit Monaten Symptome, die, in Verbindung mit dem, was er sonst noch gesagt hat, auf eine posttraumatische Belastungsstörung hinweisen. So… sagt Ihnen der Begriff etwas?“
 

Narzissa schüttelte den Kopf. Lucius zuckte gleichgültig die Schultern und senkte den Blick auf einen Punkt, der irgendwo vor seinen Füßen sein musste.
 

Der Heiler nickte, kratzte sich hinter seinem Ohr und ließ sich in seinem Sessel nach hinten sinken, um Dracos Eltern direkt ansehen zu können. Eine Geste der Höflichkeit und Aufmerksamkeit, die von keinem der Malfoys erwidert wurde. „Nun, wir können das später genauer klären. Aktuell bedeutet es, dass er eine Gefahr für sich und andere Leute darstellt. Er ist suizidal und aggressiv im Umgang mit anderen.“ Er seufzte, warf seiner Kollegin einen fragenden Blick zu, die nickte, um zu zeigen, dass sie der Aufforderung zu sprechen nachkommen würde. „Als er gegen Vormittag aufwachte und wir ihn hochbringen wollten, um mit ihm selbst zu sprechen, hat er zwei Krankenschwestern angegriffen. Sie… nun, man kümmert sich um sie. Aber sie wurden schwer verletzt.“
 

Narzissa schloss für einen Moment die Augen, Lucius stierte wie versteinert weiterhin auf den Fußboden.
 

„Er forderte seinen Zauberstab. Das Personal durfte diesen nicht ohne Einwilligung eins Heilers aushändigen. Nun, laut Madam Pomfrey, kam es in der Schule wohl dauerhaft zu solchen… Aussetzern.“
 

Lucius räusperte sich und kratzte sich die Nase. „Er war… er ist… Sie haben sicher seinen linken Arm gesehen…“
 

„Natürlich!“
 

„Tja… Man hat ihm beigebracht sich zu wehren, wenn…“
 

Der Heiler ließ sich nach vorne fallen und ächzte fassungslos. „Man hat ihm beigebracht, wesentlich kleineren Frauen ein Auge auszustechen, wenn sie ihm ein Glas Wasser anbieten?“
 

Lucius hob für einen Moment die Augen, senkte sie gleich wieder und zuckte abermals mit den Schultern. „Das muss er wohl falsch verstanden haben!“
 

Der Heiler nickte eifrig. „Eben. Genau das ist ja das Problem. Aber… sehen Sie, wir können ihm da helfen!“
 

„Ach, und wie?“
 

„Nun… Ich möchte ihn auf meiner Station einweisen lassen.“ Der Heiler biss sich auf die Lippen und sah die Malfoys sehr prüfend an. Man hätte meinen können, dass er gerade etwas sehr Unzüchtiges gesagt hätte, wie er auf den Lippen kaute und die angespannten die Gesichter der Malfoys studierte.
 

Narzissa hob die Hand und winkte mit dem ausgestreckten Zeigeinger ab. „Aber Sie sagten doch, dass Sie ihn nicht hier lassen können, solange er keine akute Erkrankung hat!“
 

„Tja“, begann der Heiler gedehnt und holte tief Luft. Jetzt kam etwas, das er offenbar sehr ungern mit den Malfoys besprechen wollte, sich wohl jedoch kaum davor drücken konnte. Hermine konnte ihn verstehen, sie hatten mittags ja bereits lang und breit darüber geredet. Der Heiler und Heilerin Chang hatten es sogar schon Draco selbst erklärt. Das war dann auch der Grund für den zweiten Angriff auf das Personal gewesen, sollte Hermine das richtig verstanden haben.
 

„Ich kann ihn nicht unten als Patienten in der Unfallabteilung lassen und auch nicht in der Ambulanz. Ich möchte ihn… hier einweisen. Hier oben.“
 

Mr. Malfoy hob eine Augenbraue und neigte den Kopf zur Seite. „Hier?“
 

„Ja… ich… in der Psychiatrie.“ Wenn dieses Wort den Malfoys überhaupt ein Begriff sein sollte, schien es sie nicht weiter zu beunruhigen. Narzissa betrachtete ihre Nägel und Lucius beugte sich nach unten, um seine Schuhe zu binden. Hermine sah, dass Madam Pomfrey sich zur Heilerin hinüberbeugte und verständnislos den Kopf schüttelte.
 

Der Heiler verdrehte die Augen, schien dasselbe zu denken wie Madam Pomfrey, doch er sprach tapfer weiter. „Nun, es ist so. Genau genommen hat das Krankenhaus hier keine psychiatrische Abteilung. Wie Sie sicher wissen, sind solche Dinge in unserer Welt sehr neu!“
 

Lucius lachte abfällig unter dem Schreibtisch und knotete eifrig weiter. Hermine hörte ihn wieder etwas wie „Muggelhumbug“ murmeln.
 

„… ich habe mich mit einigen Kollegen zusammengetan und gemeinsam haben wir uns hier sozusagen eingemietet. Wir haben eine Abteilung für Suchtpatienten, Persönlichkeitsstörungen und, nun, zwei Abteilungen für Traumaopfer. Ich selbst habe jahrelang in diversen Militärkrankenhäusern in den USA speziell mit Soldaten gearbeitet, die Kriegstraumata erlitten hatten.“
 

„Muggel?“, fragte Narzissa angewidert und stieß ihren Mann in die Seite, der daraufhin wieder unter dem Tisch auftauchte und seine Frau darin unterstützte, den Heiler zu belächeln.
 

„Ja, Muggel… aber… nun… zu meiner Person. Ich bin reinblütiger Zauberer, sollte Ihnen das wichtig sein. Ich habe nach Hogwarts studiert und danach meine Ausbildung zum Heiler gemacht. In meinem ersten Urlaub in dieser Zeit reiste ich in die USA und nun ja… verliebte mich und heiratete eine… Muggel. Meine Frau hat zu diesem Zeitpunkt Psychologie studiert. Da mich das Fach interessierte und ich meiner Angebeteten näher kommen wollte, schrieb ich mich ebenfalls ein. Nun… was soll ich sagen. Ich war schockiert, wie blind unsere Welt in dieser Beziehung ist… Tja, ich habe mein Studium abgeschlossen, eine Ausbildung zum Psychotherapeuten gemacht und eine Stelle in einer Militärpsychiatrie angenommen. Man schickte mich im Laufe dieser Tätigkeit diverse Male in der Welt herum, um speziell mit Kindern und Jugendlichen mit Kriegserfahrungen zu arbeiten. Ich stieß dabei auch immer wieder auf jugendliche Zauberer, die von ihren diversen Regierungen als besonders effektive Killer engagiert worden waren. Die Muggel konnten diesen Kindern kaum helfen… sie nutzten sie wegen ihrer Fähigkeiten, hielten sie jedoch für verflucht und so wurden sie aus Auffangstationen für Kindersoldaten recht schnell von den anderen hinausgejagt. Man hat sie nicht verstanden. Tja… ich habe ein Jahr in Ruanda gelebt und als ich ausreisen musste, habe ich ein paar der Jungen mitgenommen. Hmm… meine Frau willigte ein, dass wir gemeinsam eine eigene Einrichtung für diese Jugendlichen aufbauen wollten. Nun… man erlaubte uns Räume in St. Mungo zu mieten, wo einige Kollegen ebenfalls sehr dringend Hilfe für magische Menschen anbieten wollten. Tja… und seitdem bin ich hier Leiter. Ich habe hier fünf Bereiche eröffnen können, zwei, wie gesagt, speziell für Kriegstraumata. Mittlerweile nicht nur Kinder, der Krieg in unserem eigenen Land machte eine gemischte Gruppe nötig. Tja… ich bin jetzt über dreißig Jahre in diesem Beruf und ich möchte meinen, dass ich eine gewisse Kenntnis über die besonderen Probleme dieser Menschen erworben habe. Wenn ich mir Draco so ansehe, dann ist er auf jeden Fall betroffen und wir können ihm außerhalb der Klinik kaum helfen.“
 

Heiler Sayer öffnete eine Schublade, zog ein Pergament daraus hervor und knallte es vor Mr. Malfoy auf den Schreibtisch.
 

„Hier“, begann er in kühlem Ton und schlug mit der Hand auf das Schriftstück, „ist der Antrag zur Einweisung.“ Er angelte in die gleiche Schublade, fand wohl nichts und suchte auf seinem Schreibtisch herum, bis er schließlich ein zweites Formular unter Dracos Akte hervorzog. „Das hier wäre auch wichtig. Da Draco volljährig ist und er nicht freiwillig bleiben möchte, müssen wir ihn zwangseinweisen. Heute Mittag war bereits ein Justizbeamter da, mit dem ich die Formalitäten geklärt habe. Wir müssen für die Zeit, in der er so labil ist, einen rechtlichen Betreuer bestellen. Ich würde vorschlagen, dass das einer von Ihnen beiden ist.“ Der Heiler streckte Lucius das Formular entgegen, der es mit ungläubigem, amüsiertem Kopfschütteln entgegennahm.
 

„Sollten Sie sich weigern zu unterschreiben, werde ich selbst mich zum Betreuer bestimmen lassen. Die Gutachter stimmten mit mir überein, dass die Sache unumgänglich ist.“
 

Narzissa gähnte verhalten, beugte sich nach vorne, um ihr Handtäschchen auf ihren Schoß zu setzen, öffnete es und begann sofort, blind für die Außenwelt, hingebungsvoll darin herumzusuchen.
 

Lucius grinste breit, hob das Formular in die Höhe und zerriss es mit einer einzigen Handbewegung, dann begann er unvermittelt zu lachen und schüttelte den Kopf. „Das ist meine Meinung zu Ihren wirren Muggelfantasien. Sie werden Draco jetzt entlassen und danach bringen wir ihn zurück in die Schule. Er hat in wenigen Wochen seine Abschlussprüfung und…“
 

„Mr. Malfoy!“, keuchte der Heiler entsetzt. Er hob fassungslos die Hände und fingerte in der Luft herum, als versuche er irgendetwas zu greifen. „Er kann nicht zurück in die Schule. Haben Sie mir nicht zugehört? Er attackiert grundlos Leute… mehr noch… er…“, der Heiler schlug mit beiden Händen vollkommen perplex auf den Tisch und konnte über so viel Unverstand nur den Kopf schütteln. „Sir, ich habe doch gesagt, dass ich heute Mittag Diagnosegespräche mit ihm geführt habe und dass er mir von massiven Probleme erzählt hat und… Merlin, Mr. Malfoy. Er hat mir gegenüber klipp und klar gesagt, dass er einen neuen Selbstmordversuch unternehmen wird, sobald er hier draußen ist. Mr.… Sir… Sie… Sie können ihn doch nicht jetzt einfach zurückschicken. Sie“, der Heiler hob erneut fassungslos die Hände. „Sir, wir… wir sollten jetzt Klartext reden. Ich habe zusätzlich zum Veritaserum Legilimentik eingesetzt, um die Funktionsfähigkeit seines Gehirns überprüfen zu können. Mr. Malfoy…. Muss ich denn wirklich noch deutlicher werden? Viele Erinnerungen sind verschüttet, er hat Gedächtnislücken und das… also das, was ich in dieser ganz kurzen Zeit gesehen habe, hat ausgereicht, dass mir hinterher schlecht war. Hören Sie? Mir war speiübel… und ich gehe davon aus, dass das, an was er sich nicht erinnern kann, noch schlimmer ist. Mr. Malfoy…. Sir…. Sie müssen das doch wissen… Sir, Mann… Sie können sich doch nicht hinstellen und sagen, dass er jetzt einfach weitermachen soll, als ob nichts gewesen wäre!“
 

Lucius setzte sich auf und schien schon wieder empört loswettern zu wollen, doch seine Frau legte ihm, noch bevor er das erste Wort sagen konnte, ihre Hand auf die Schulter und stoppte allein durch diese Geste den sicher bevorstehenden Ausbruch. „Davon war nicht die Rede. Unterstellen Sie uns nichts. Dennoch ist es so, dass Draco in wenigen Wochen Prüfungen hat und seine schulische Laufbahn aus diesem Grund mit absolutem Vorrang zu behandeln ist. Das verstehen Sie sicher.“
 

Die beiden Heiler verstanden es nicht. Nun hob sogar Heilerin Chang ihre sonst so melodisch leise Stimme leicht an. „Mrs. Malfoy. Nun sehen Sie es doch einmal ganz…nun… praktisch. Draco hat in dieser Schule vor versammelter Mannschaft einen Mitschüler hingerichtet… Was denken Sie denn, wie die anderen Schüler nun auf ihn reagieren werden?“
 

„Er wurde angegriffen“, platzte Lucius erbost dazwischen und machte ein Gesicht, als ob er genau das jetzt auch in Erwägung ziehen würde.
 

„Wurde er nicht!“ Hermine konnte zumindest hierbei nicht still sein. Sollten die Malfoys doch ruhig weiter an ihr vorbeisehen. Zumindest die Heiler sollten es hören. „Ich habe mit Schülern gesprochen, die dabei waren. Er hat ein Loch in die Wand gesprengt, weil er die Tür nicht öffnen konnte. Mauersteine saßen locker. Als er durch das Loch ging, fiel einer herunter. Draco hat nicht nachgesehen, wo der Stein herkam, sondern ging sofort auf Seamus los und hat…“ Hermine schlug die Hände vors Gesicht, da die Abneigung und Ekel, die sie vor Augen hatte, durch irgendetwas gestoppt werden mussten. Und sei es durch ihre eigenen Hände. „Er hat eine Show daraus gemacht… das war so grauenhaft.“
 

Madam Pomfrey seufzte schwer. „Ich habe seitdem täglich Schüler bei mir, die Angst haben, in den Gängen ermordet zu werden. Viele trauen sich gar nicht mehr zu essen. Diese Vorfall war ein Trauma für alle, die dort waren… da sitzt man einfach so beim Essen und auf einmal stirbt ein Mitschüler vor aller Augen. Wird hingerichtet von…“ Madam Pomfrey schüttelte verzweifelt den Kopf und schien um bessere Worte zu ringen, doch sie fand keine. „Von einem gefährlichen Irren. Verstehen Sie doch, die Schüler haben nun Angst, dass er in der Schule Amok läuft.“
 

„Und die Angst haben sie zu Recht!“ Der Heiler nickte sorgenschwer. „Draco kann weder seine Emotionen kontrollieren, noch die Welt um sich herum auch nur halbwegs adäquat einschätzen…“
 

Lucius schlug mit der flachen Hand auf den Schreibtisch vor sich. „Mein Sohn ist doch nicht verrückt!“
 

Heiler Sayer zuckte die Achseln und erwiderte mit ausdrucksloser Miene. „Doch!“
 

Hermine drückte sich in ihrem Sessel hinein, als sie Lucius gefährlich zucken sah, bereit, den Zauberstab zu greifen. Dann entspannte sich seine Haltung jedoch wieder und statt wieder zu schreien, lachte er den offenbar in seinen Augen nicht ernst zu nehmenden Therapeuten höhnisch aus. „Das ist doch lächerlich. Wissen Sie…“
 

„Lächerlich ist es zu glauben, dass man Teenager losschicken kann, um zu foltern und bestialisch zu morden und sie dann genauso wie vorher wieder zurückzubekommt.“
 

Narzissa sah aus, als wolle sie etwas sagen, sie öffnete den Mund, holte tief Luft und setzte sich gerade auf ihrem Stuhl zurecht. Sie wandte sich ihrem Mann zu, hob einen Finger und… brach wieder ab.
 

Lucius schien einen Moment zu brauchen, um das, was gerade gesagt worden war, in vollem Umfang zu erfassen. Dann öffnete er den Mund, wurde mit jedem weiteren Atemzug röter im Gesicht, bekam eine steile Zornesfalte auf der Stirn und schrie wutentbrannt: „Was bilden Sie sich ein, mit wem Sie hier reden? Was erlauben Sie Muggelfreund sich eigentlich? Wissen Sie, wer ich bin? Für was halten Sie mich eigentlich?“
 

Heiler Sayer faltete die Hände vor sich auf dem Schreibtisch, zog die Augenbrauen hoch und sah Mr. Malfoy strenger an, als es McGonagall je bei einem Schüler vermocht hatte. „Ich halte Sie für einen soziopathischen Mörder, der seinen Sohn in den Suizid getrieben hat.“
 

Lucius klappte der Mund auf und Hermine dachte, dass er nun wieder zu schreien anfangen würde, vielleicht sogar, dass er seinen Zauberstab ziehen würde, um den Heiler zu verfluchen, doch nichts dergleichen geschah. Er starrte den Arzt einfach nur mit bebenden Lippen an.
 

Heilerin Chang räusperte sich, um auf sich aufmerksam zu machen. „Wir sollten versuchen, wieder ruhiger zu werden. Ein Streit würde keinem etwas nützen. Wir reden jetzt hier die ganze Zeit über Draco. Aber, mein Kollege hat es ja eben schon erwähnt: Draco ist volljährig und auch wenn ich eine Zwangseinweisung unbedingt befürworte, finde ich doch, dass wir ihn an diesem Gespräch beteiligen sollten. Immerhin reden wir über sein Leben!“
 

Hermine rutschte auf dem Stuhl herum, senkte die Augen zu Boden und versuchte, sich das heftige Herzklopfen, das sie überkam, als der Heiler seine Kollegin und Madam Pomfrey bat, Draco zu holen, nicht anmerken zu lassen. Sie schauderte unwillkürlich und nahm einige Momente lang das grimmige Gemurmel, das zwischen den Malfoys und dem Heiler ausgetauscht wurde, gar nicht wahr.
 

Wenige Minuten später öffnete sich die Tür und vier Menschen betraten den Raum. Heilerin Chang und Madam Pomfrey kamen zügig herein und steuerten auf ihre Plätze zu. Hinter ihnen kam Draco in Begleitung eines Mannes. Hermine beugte sich unwillkürlich nach hinten, um ihn in voller Größe sehen zu können, als sie ihn hinter Draco hereinkommen sah.
 

Er war… riesig. Über zwei Meter auf jeden Fall, pechschwarz, mit muskelbepackten Armen und einem Kreuz so breit wie ein Kleiderschrank. Hermine fühlte sich etwas unbehaglich, als sie sah, wie er Draco mit leichtem Druck den wartenden Menschen entgegen schob.

War das schon einer der neu eingesetzten Auroren? Jemand, der ihn bewachen sollte, hatte das mit der Amnestie doch nicht geklappt?
 

„Danke, Sam!“, sagte der Heiler knapp und winkte dem Schwarzen zu. Der winkte fröhlich zurück, schlug Draco freundlich auf den Rücken und machte wieder kehrt, zur Tür hinaus. Merlin, er musste sich bücken, um hindurchzupassen.
 

Hermine hätte nicht sagen können, was genau sie erwartet hatte, aber dass Draco nach alledem einfach so in den Raum geschlendert kam, war ein Schock. Sie starrte ihn entgeistert an und spürte, wie sie bei seinem Anblick ein unruhiges Zittern überkam.

Man hatte ihm frische Kleidung gegeben. Muggelkleidung zweifellos. Ein paar Jeans, Turnschuhe und ein T-Shirt. Er sah so… falsch aus, in diesen Kleidern.

Doch natürlich schenkte sie seiner Kleidung höchstens für den Bruchteil einer Millisekunde Beachtung, denn das, was ihre Aufmerksamkeit einfing, war sein Hals. Dieser dicke, breite, weiße Verband, den man um seinen immer noch geschwollenen, leicht lila verfärbten Hals gebunden hatte.
 

Dessen ungeachtet ging Draco hoch erhobenen Hauptes – Hermine presste sich die geballte Faust vor den Mund, da ihr schon wieder das Bild der blutig zugeschwollenen Kehle vor Augen stand und konnte nicht anders tun, als ihn anzustarren. Sie wollte nicht, es tat weh, es war unangenehm und dennoch zog dieser Verband wie ein Magnet ihre Augen auf sich.
 

Draco blieb vor seinen Eltern, bedachte sie mit einem bitterbösen Blick und krächzte: „Verräter!“
 

Lucius‘ Augen verengten sich gefährlich, er setzte sich mit geradem Rücken hin und holte schon Luft zu einer heftigen Erwiderung, hielt jedoch augenblicklich inne und sank wieder in seinem Stuhl zurück. Was hatte ihn aufgehalten? Narzissa, die ihre Hand auf seine gelegt hatte oder doch der einschüchternde Anblick des dicken Verbandes um Dracos Hals?
 

Draco selbst grinste hämisch, nahm den Stuhl, den man neben seinen Eltern für ihn bereitgestellt hatte und schwang ihn mit lautem Poltern direkt neben Hermine, wo er sich mit starr nach vorne gerichteten Augen niederließ.
 

Hermine schluckte schwer, sie fühlte sich in diesem Moment so vollkommen hilflos. Was sollte man denn tun, wenn jemand sich eine solche… Verletzung zugezogen hatte? Sie zögerte einen Moment, aber dann wagte auch sie, ihre Hand zu heben und sie auf Dracos zu legen. „Wie geht es dir?“
 

Draco machte Anstalten, den Kopf zu ihr zu drehen, zuckte jedoch unvermittelt zusammen, wohl die Halsnarbe, und drehte ihr dann den halben Oberkörper zu. „Du hast mich gefunden? Du hast mich da runtergeholt?“
 

Hermine nickte.
 

„Das hättest du nicht tun sollen!“ Er hustete, legte seine freie Hand an seinen Hals und kratzte sich am Verband.
 

Heilerin Chang sprang auf und packte ihn. „Bitte nicht, die Verletzung ist…“ Draco wirbelte ungeachtet seiner Schmerzen herum, sprang auf und stieß die Frau von sich, so dass sie hintenüber gegen den Schreibtisch kippte und auf ihren Hintern fiel.
 

Narzissa und Lucius tauschten Blicke, die vordergründig amüsiert, im zweiten Moment jedoch irritiert wirkten.
 

Hermines Magen verknotete sich mit jeder weiteren Sekunde mehr. Sie gab sich Mühe, ruhig zu bleiben und dennoch schwankte sie leicht, als sie selbst aufstand, weil ihre Knie vor Nervosität zitterten. Sanft legte sie ihm einen Arm um die Schultern und zog ihn nach hinten. „Komm!“
 

Die Heilerin hatte sich mittlerweile wieder aufgerappelt und wirkte, zu Hermines Erstaunen, irgendwie zufrieden. Dennoch klang sie ehrlich, als sie sich entschuldigte. „Es tut mir leid, dass ich Sie einfach angefasst habe. Nur, Sie sollten die Narbe im Moment besser in Ruhe lassen, es blutet sonst wieder. Tut es jetzt weh?“
 

Draco wirkte einen Moment verwirrt, schien die Entschuldigung überhaupt nicht einordnen zu können, dann nickte er jedoch.
 

„Wir werden Ihnen Salbe mitgeben, davon wird es besser. Aber bitte“, die Heilerin streckte ihm die Hände beschwörend entgegen, achtete jedoch darauf, ihm nicht wieder körperlich zu nahe zu treten, „lassen Sie zumindest für heute die Wunde in Ruhe und vermeiden Sie ruckartige Bewegungen! Die Wunde ist noch sehr empfindlich.“
 

Draco presste die Lippen zusammen und legte ein Bein locker über das andere und verschränkte die Arme vor der Brust. Er wirkte in seiner Haltung sehr missbilligend und abwehrend. Es überraschte Hermine, als sie spürte, dass er nun von sich aus nach ihrer Hand griff. Sie lächelte dünn und strich ihm sanft mit dem Daumen über die Finger.
 

Der Heiler wartete noch, bis alle wieder auf ihren Plätzen saßen, dann lehnte er sich entspannt in seinem Sessel zurück, drehte sich mit auf dem Bauch gefalteten Händen zu Draco und lächelte einladend. „Schön, dass Sie bei uns sind, Draco!“
 

Draco, der ganz offensichtlich gern auf die Einladung verzichtet hätte, schnarrte heiser: „Ich will sofort meinen Zauberstab zurück!“
 

Der Heiler nickte, doch die Antwort fiel weniger einlenkend aus. „Das verstehe ich, aber das wird leider nicht möglich sein. Wir haben heute Mittag bereits darüber gesprochen, erinnern Sie…“
 

Draco wirbelte mit dem ganzen Körper zu seinen Eltern herum, was dieser Geste etwas albern Hüpfendes verlieh. Die rechte Hand immer noch mit Hermines Hand verschlungen, hob er die linke und deutete auf den Heiler. „Er hat mir Veritaserum gegeben und Legilimentik gegen mich eingesetzt. Macht was dagegen!“
 

Lucius und Narzissa nickten hoheitsvoll. Schienen mit einer solchen Forderung viel besser vertraut als mit Vorwürfen seitens ihres Sohnes.

Lucius richtete sich an den Heiler und wedelte mit einem Finger herrisch in der Luft herum. „Ich fordere, dass Sie meinem Sohn sofort seinen Zauberstab zurückgeben. Sie haben kein Recht dazu, ansonsten werde ich Sie wegen Diebstahls belangen!“
 

Der Heiler schmunzelte freundlich und Hermine hatte das merkwürdige Gefühl, dass er sich irgendwie über den unfreundlichen Ton der drei Malfoys freute. „Das geht leider nicht. Ich sagte doch, ich habe bereits mit dem Ministerium Rücksprache gehalten. Wir dürfen in diesen Fällen den Zauberstab bis auf Weiteres einbehalten. Nun, Draco!“ Er drehte sich wieder Draco zu, dessen Hand sich bei dieser direkten Ansprache einen Moment verkrampfte und enger um Hermines schloss. „Wir haben uns gerade über die heutigen Vorfälle unterhalten und überlegen, wie wir damit umgehen sollen. Da Sie nun nicht mehr in Lebensgefahr schweben und wir die anderen Dinge, wie die Drogensucht“, Hermines Finger wurden so fest gequetscht, dass ihr ein leises „au“ herausplatzte, „den Leberschaden und natürlich die Halsverletzung auch ambulant behandeln können, werden wir Sie nun aus der Notambulanz entlassen!“
 

„Dann kann ich ja gehen“, krächzte Draco und wollte schon aufstehen, sank jedoch zurück, als Hermine ihn sanft nach unten zog und der Heiler beschwörend die Hände hob und den Kopf schüttelte. „Nein, wir sollten vorher noch einiges klären. Nämlich die Frage, wo Sie nun hinzugehen gedenken. Ihre Eltern“, er deutet auf die Malfoys, „wollen, dass Sie heute noch in die Schule zurückkehren.“
 

„Nein!“, protestierte Draco heftig. Er drehte beiden den Oberkörper zu und krächzte voll Ingrimm: „Auf keinen Fall, ich geh auf keinen Fall dahin zurück. Das könnt ihr vergessen!“
 

„Ich halte es auch nicht für eine gute Idee, Draco“, bestätigte der Heiler sanft. „Der Krieg mag wohl vorbei sein, aber immerhin haben Sie dort mehrere Schüler und Lehrer getötet.“

Hermine klappte der Mund auf, wie konnte er ihm das nur so direkt ins Gesicht sagen? Draco verengte die Augen und beugte sich leicht vor, um den Heiler drohend anzufunkeln. „Nicht nur dort, Sir. Nicht nur dort!“
 

„Draco!“ Das war Lucius' mahnende Stimme.
 

Draco kicherte unvermittelt, setzte sich wieder aufrecht hin und drehte sich seinem Vater zu. „Störe ich deinen feigen Verräterplan, Vater?“ Er zuckte leichthin mit den Achseln und grinste nur umso breiter. „Tut mir ja leid für dich, aber ich bin nicht so ein verlogener Schlappschwanz wie du!“
 

Narzissa hielte ihren Mann zurück und erwiderte an seiner Statt. „Benimm dich, Junge. Du wirst jetzt mit uns kommen und in die Schule zurückgehen. Du hast nur noch sechs Wochen Unterricht und den wirst du auf jeden Fall noch absolvieren!“
 

Draco lachte heiser. „Immer die Haltung wahren, nicht? Eine gute Schauspielerin bist du, Mutter!“ Er kicherte und drehte sich wieder von den beiden weg. „Könnt ihr vergessen. Ich gehe nie wieder dorthin!“
 

„Nun ja“, begann der Heiler erneut. „Die Frage ist nun aber, was Sie stattdessen vorhaben? Immerhin haben Sie wirklich keinen Schulabschluss. Ich, für meinen Teil, habe ja bereits heute Mittag die Einweisung in unsere Tagesklinik empfohlen.“

Draco grunzte und zog seine Hand von Hermine weg, um die Arme zu verschränken. „Vergessen Sie‘s. Ich gehe nicht in die Psychiatrie. Ich bin nicht krank.“
 

Die Heilerin lächelte freundlich und sprach so sanft und leise, wie es die Asiaten oft tun. „Körperlich nicht. Vielleicht sollten wir das Wort „krank“ durch Probleme ersetzen. Wir, Madam Pomfrey, Heiler Sayer und ich sind der Meinung, dass Sie einige Probleme haben, um die Sie sich kümmern sollten. Denn immerhin… Sie haben heute Morgen versucht, sich umzubringen. Was sagen Sie denn dazu?“
 

Draco senkte den Kopf und murmelte mit tonloser Stimme: „Nichts!“
 

„Nichts?“
 

„Nein!“
 

„Nun, ja…“ Der Heiler kratzte sich an der Nase, wippte etwas in seinem Ohrenbackensessel herum und rieb sich das Kinn. „Trotzdem haben Sie es getan und das hat dann ja auch diese ganze Versammlung hier auf den Plan gerufen. Also, Draco, wenn Sie weder in die Psychiatrie wollen noch zurück in die Schule, dann frage ich mich, was Sie stattdessen vorhaben? Wollen Sie mit ihren Eltern nach Hause gehen?“
 

Draco krächzte ein Lachen, das klang, als ob man rostige Eisennägel auf dem Boden ausgekippt hätte. Entspannt richtete er sich wieder auf, legte eine Hand auf Hermines Oberschenkel und drückte sie spielerisch. „Zu denen?“, kicherte er und deutete mit der freien Hand auf seine Eltern. „Er säuft den ganzen Tag und sie setzt sich aufs Klo und heult!“
 

Nun konnte Narzissa ihren Mann nicht mehr beruhigen. „Draco!“, blaffte Lucius drohend und beugte sich vor, griffbereit, in die Nähe seines Zauberstabes. „Du vergisst dich!“
 

„Und das sagst gerade du, Vater? Als ich dich das letzte Mal gesehen habe, hast du in den Garten des Aufräumkommandos gekotzt und bist dort in deinem eigenen Matsch eingepennt!“
 

Lucius‘ Wangen verfärbten sich tiefrot. Sein Hals schien anzuschwellen und eine steile Zornesfalte wölbte sich auf seiner Stirn. „Irrtum“, zischte er, „als du mich das letzte Mal gesehen hast, haben wir dich gerade aus einem Berg Leichen herausgezogen, wo du versucht hast, Gregorys Goyles Kopf an irgendeinen Rumpf zu kleben!“
 

Lucius brach ab und drehte sich verlegen von Draco weg. Er warf einen kurzen Blick auf den Heiler, dann rieb er sich über seinen Mund und verschränkte die Arme.
 

Hermine hörte Draco atmen. Sie legte ihre Hand auf seine. Er zitterte und sie spürte, dass er angefangen hatte zu schwitzen. Man sollte die Unterhaltung hier abbrechen, Draco begann sich aufzuregen und das endete nie gut.
 

Der Heiler schien die Anspannung im Raum gar nicht wahrzunehmen. Er lächelte immer noch milde und fragte so freundlich wie schon zuvor. „Nun ja, aber irgendwo müssen Sie ja hingehen. Haben Sie sich denn schon etwas überlegt? Was möchten Sie denn gerne tun?“
 

Zu Hermines Überraschung, brachte diese doch recht schwierige Frage Draco nicht ins Grübeln. „Ich nehme mir eine Wohnung in der Winkelgasse und ziehe mit Hermine zusammen!“
 

„Was?“ Narzissa schlug sich mit der flachen Hand auf den Oberschenkel. „Mit dem Schlammblut?”
 

Draco zuckte die Achseln. „Ja, und? Ist doch eh egal, ihr habt eh schon alles kaputt gemacht. Dann kann ich doch jetzt auch offiziell mit ihr zusammen sein. Hermine“, das klang nun irgendwie sehr trocken und schon fast gelangweilt. Er drehte den Oberkörper zu ihr und fragte so gelassen, als stünde die Antwort außer Frage. „Also… da du dich ja vorhin schon als meine Freundin ausgegeben hast und wir das letzte Jahr eh immer zusammen waren. So, dann sind wir jetzt eben offiziell ein Paar. Willst du zu mir ziehen?“
 

Hermine beugte sich nach hinten, um ihn vollständig ansehen – wohl eher entgeistert anstarren – zu können. „Wie bitte?“
 

„Ob du mit mir zusammen ziehen willst!“, wiederholte er ungeduldig. „Ach ja, wenn du Lust hast, dann können wir ja vorher noch heiraten!“
 

„Was?“ Hermine krächzte fassungslos und wich noch weiter zurück. „Ich soll… ich... wie bitte?“
 

Draco verschränkte die Arme, ignorierte den wütenden Protest seiner Eltern und maulte beleidigt: „Du hast gesagt, dass du mich liebst und jetzt kneifst du!“
 

„Ähm, nein…“ Hermine wurde bei dieser Unterhaltung langsam aber sicher übel. Sie schluckte, versuchte, ihre Unruhe zu verbergen und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Draco, wir… also, ich will die Schule auf jeden Fall beenden. Ich kann nicht einfach abbrechen!“
 

„Ja, du musst schon wissen, was du mehr liebst!“ Draco richtete sich auf, schob das Kinn vor und machte ein Gesicht wie ein Kleinkind, dem man die Süßigkeiten weggenommen hatte. „Also schön“, schnarrte er genervt. „Dann kannst du doch tagsüber in die Schule gehen und abends zu mir kommen. Das geht doch!“
 

Hermine begann zu schwitzen. Er meinte es ernst. Er wollte tatsächlich, dass sie zu ihm zog und er… gar nichts machte. „Naja…“ Sie warf Hilfe suchende Blicke zu den Heilern und Madam Pomfrey, die ihr in diesem Punkt jedoch gar nicht helfen zu wollen schienen. „Ich… ich… nein!“, piepste sie leise. „Ich möchte nicht!“ Ihre Kehle begann zu schmerzen und sie spürte eine tieftraurige Beklemmung in ihrer Brust. „Ich kann dich jetzt nicht einfach auf Befehl heiraten und ich will auch nicht mit dir alleine in der Winkelgasse wohnen.“
 

Draco starrte stumpf auf seine Turnschuhe hinab, seine Mundwinkel zitterten. Dass sie nicht wollen könnte, hatte er wohl nicht einkalkuliert, nun wirkte er ratlos, was er mit dieser Ablehnung anfangen sollte. „Warum nicht?“
 

„Tja, weil“, sie biss sich auf die Lippen, ihre Augen glitten an seinem Gesicht hinab zu dem Verband… sie schloss die Augen, sie konnte dort nicht hinsehen. „Weil… weil… ich nicht mit dir alleine sein will!“ Sie schluckte schwer und verstärkte den Druck auf seiner Schulter. „Es ist… also… ich… ich habe Angst vor dir!“
 

Draco biss sich auf die Lippen und wurde bleich. „Wieso?“, flüsterte er leise.
 

Hermine schluckte schon wieder, erst jetzt merkte sie, wie feucht ihre Augen geworden waren. „Was mache ich denn, wenn du wieder wütend wirst? Und… und“, sie schniefte und ihre Angst kullerte ebenso unaufhaltsam aus ihrem Mund heraus, wie die ersten Tränen aus ihren Augen. „Wenn du wieder versuchst, dich umzubringen? Was mache ich denn, wenn du mich schlägst oder… Wenn du…!“ Ihre Blicke fielen auf seinen Hals.
 

Draco senkte die Augen.
 

Der Heiler klang immer noch befremdlich gelassen. „Das sind natürlich Dinge, die Sie verstehen müssen, Draco. Haben Sie ihre Freundin den schon öfter geschlagen?“
 

Hermines Hand rutschte schlaff von seiner Schulter. Draco wirbelte herum und ächzte qualvoll, als die Bewegung seine Verletzung erreichte. Er krümmte sich leicht nach vorne und stöhnte.
 

„Ach, ja“, schnatterte der Heiler munter weiter. „Tut mir leid, das hatten wir heute Mittag ja schon. Nun gut, da Sie das nicht als Problem einstufen.“
 

„Halten Sie die Fresse!“ Draco richtete sich wieder auf. Seine Augen wurden enger und Hermine sah, wie er angespannt die Fäuste ballte und öffnete. Sie winkte dem Heiler hinter Dracos Rücken ab und schüttelte den Kopf. Dieser Idiot sollte sofort aufhören.
 

Der Heiler war entweder sehr dumm oder stand selbst unter Drogen, denn er klang so gelassen wie eh und je. „Sie sollten schon verstehen, dass Miss Granger Bedenken hat, mit Ihnen zusammen zu ziehen. Zumindest alleine. Aber warum denken Sie denn nicht über meinen Vorschlag nach und wir suchen eine Wohnung für Sie, wo Sie zusätzlich Unterstützung bekommen!“
 

„Ohne Hermine gehe ich nirgendwohin!“
 

Dracos Eltern wurden auch immer unruhiger. Narzissa war so grün um die Nase, als würde sie sich jeden Moment übergeben müssen und Lucius‘ Nasenflügel bebten gefährlich. „Du gehst zurück in die Schule und sonst nirgendwo hin!“
 

„Halt’s Maul, du versoffenes Arschloch!“
 

Lucius sprang auf.
 

Die Heilerin, Madam Pomfrey und Narzissa ebenfalls. Die drei Frauen drehten sich zu Lucius, der über die Heftigkeit ihrer Reaktion doch etwas verwirrt schien. Hermine wusste zwar nicht genau, was er vorgehabt hatte, aber was Draco vorhatte, konnte sie sich schon denken. Der war nämlich auch aufgesprungen und im Gegensatz zu seinem Vater, der sich wieder hinsetzte, blieb er breitbeinig stehen und höhnte: „Ja, was hast du denn? Du bist doch seit neuestem der Schlammblutfreund. Du hast doch unseren Meister verraten…“ Er warf den Kopf in den Nacken, sog geräuschvoll Speichel zusammen, warf den Kopf wieder nach vorne - zuckte leicht zusammen - und spuckte.
 

Er traf Lucius nicht. Stattdessen landete die Spucke auf den Spitzenschuhen seiner Mutter.
 

Draco kicherte. „Was soll’s. Da trifft man nie den Falschen!“
 

Der Heiler wedelte gelassen mit der Hand ab. „Ja, schwierig. Ich wollte Ihnen eben vorschlagen, dass Sie doch gemeinsam mit Miss Granger bei diesen Leuten wohnen könnten. Miss Granger? Würden Sie sich denn zutrauen, mit Draco zusammen zu wohnen, wenn Sie Unterstützung von unserem Personal hätten? Wir könnten natürlich nicht garantieren, dass er nicht mehr ausrastet. Das muss klar sein.“
 

Das kam nun wirklich sehr plötzlich. Hermine zog verdutzt die Augenbrauen hoch. „Ich, äh… ich... ich weiß nicht! Und die Schule?“
 

„Draco hat es doch schon vorgeschlagen, Sie könnten tagsüber die Schule besuchen und abends dann zu ihm gehen. In wenigen Wochen ist die Schule doch sowieso für Sie vorbei und Sie sind volljährig. Das sollte machbar sein!“
 

Hermine wurde heiß und kalt. Dieser Verrückte wollte sie hier tatsächlich auf der Stelle festnageln. „Ja, ich weiß nicht“, wimmerte sie hilflos. „Aber… was….“ Sie drehte sich zu Draco. „Ja, was machst du denn eigentlich, während ich in der Schule bin und wer soll denn da mit uns wohnen?“
 

„Gar keiner!“ Draco ließ sich wieder neben Hermine plumpsen. „Vergiss den alten Sack. Wir ziehen da gemeinsam hin und ich werd mir schon ein paar Leute suchen, mit denen ich was aufbauen kann!“
 

„Was denn?“, fragte Madam Pomfrey unvermittelt.
 

Draco grinste und deutete auf seine Brust. „Na, das werden Sie schon sehen… ich bin jedenfalls kein Verräter!“
 

Lucius' flache Hand donnerte auf den Schreibtisch des Heilers. „Der Krieg ist vorbei, du… du… Finde dich damit ab! Du wirst dir gar nichts aufbauen. Du… ach, das wird mir hier alles zu dumm!“
 

Lucius erhob sich, schnappte sich seinen Gehstock und zog dann auch seine Frau, ziemlich unsanft in die Höhe. „So, wir gehen jetzt und du“, er deutete auf Draco, „kommst mit.“
 

Draco legte den Arm um Hermine, provozierend und triumphierend zugleich. „Ich bleibe bei ihr!“
 

Der Heiler freute sich. „Aber dann könnten Sie ja doch zusammen ins Manor gehen, alle vier, bis wir für die beiden jungen Leute eine Wohnung gefunden haben!“
 

Narzissa brauste auf. „Nur über meine Leiche!“ Sie stieß ihren Mann von sich weg und stolzierte auf Draco zu. „Du hast uns für heute genug Schande bereitet. Lass sofort deine Finger von dem Schlammblut!“
 

„Aber, Mrs. Malfoy!“, säuselte nun auch die Heilerin in einem für Hermines Ohren viel zu freundlichen Ton. „Sie müssen verstehen, dass er wirklich bei ihr sein möchte. Hier, sehen Sie doch nur!“ Hermine und Draco keuchten gleichzeitig entsetzt auf, als die Heilerin Narzissa Dracos Abschiedsbrief an Hermine entgegenwarf. „Lesen Sie, Madam!“
 

Hermine warf sich auf Draco und konnte ihn kaum halten. Er zappelte und wehrte sich gegen Hermine, die ihn mit beiden Armen umklammert hielt.
 

Der Heiler gluckste. „Ach, das kennen Sie ja noch gar nicht. Das wollten wir Ihnen ja noch zeigen… Ihnen hat er doch auch geschrieben!“
 

Hermine kippte nach hinten, weil Draco sie mit einem Ruck weggeboxt hatte und auf seine Füße gesprungen war. Er stampfte wütend auf den Heiler zu. „Das geben Sie mir sofort her! Das soll keiner sehen!“
 

„Aber da stehen doch die Namen Ihrer Eltern drauf, wollen Sie denn nicht, dass Sie das lesen?“
 

Draco wollte ganz offensichtlich nicht. Er riss dem Heiler den Zettel aus der Hand und packte drohend den Kerzenständer auf dem Schreibtisch, erhob ihn und funkelte wütend. „Wenn Sie noch ein Wort sagen…“
 

Und wieder einmal ging alles zu schnell und Hermine war zu langsam.
 

Lucius packte Draco am Arm. „Das reicht jetzt, du kommst auf der Stelle mit!“, und Narzissa riss dem erwischten Draco den Abschiedsbrief aus der Hand.
 

Wie gesagt, es ging zu schnell. Draco wirbelte herum, packte seine Mutter im Nacken, donnerte ihren Kopf auf die Tischplatte und schlug ihr mit voller Wucht den schweren Kerzenständer ins Genick.
 

Dracos Mutter sank wie tot zu Boden. Draco hielt den Kerzenständer immer noch in der Hand und wandte sich gegen seinen Vater. Hermine sah, wie Lucius den Zauberstab mit zitternder Hand auf Draco richtete während Madam Pomfrey und die Heilerin neben Narzissa zu Boden sanken und sich schützend über sie beugten.
 

Hermine wollte helfen, sie wollte irgendetwas tun. Sie zog ihren Zauberstab, zielte auf den Kerzenständer und… spürte eine kräftige Hand, die ihr den Zauberstab entwand. Der Heiler hatte sie gepackt und schob sie trotz heftiger Gegenwehr und verzweifeltem Protest in Richtung Tür.
 

Hermine wollte sich losreißen. Sie zappelte und zerrte und wollte zurück, doch der vorhin dauerlächelnde Mann war unerwartet stark. Er schob sie zur Tür hinaus und zerrte Hermine einige Schritte den Gang hinunter.
 

Hermine wimmerte und stöhnte. „Wir müssen sofort zurück, wir müssen irgendetwas machen… Der dreht doch total durch!“
 

Der Heiler packte Hermines schultern, drehte sie ihr zu und… lächelte. „Ich weiß!“
 

Hermine erstarrte, war fassungslos ob dieser Aussage. „Sie wissen?“ Sie wimmerte und schüttelte den Kopf. „Sie wissen gar nichts, Sie Trottel. Haben Sie denn nicht gesehen, wie er immer wütender wurde und… Sie haben das doch provoziert. Sie haben es doch drauf angelegt, dass er ausrastet!“
 

Hermine stieß den Heiler von sich weg. Der nickte nur und machte ein Gesicht, als sei er bei einem lustigen Kinderstreich ertappt worden. „Ja, natürlich habe ich das kommen sehen. Ich gestehe auch, dass ich den Ausbruch provoziert habe.“
 

Hermine schnappte perplex nach Luft. „Aber… aber warum?“
 

Der Mund des Heilers wurde schmal, er seufzte schwer und sah nun kein bisschen amüsiert aus. „Nun, Miss Granger. Weil ich es kommen gesehen habe, weil meine Kollegin es bemerkt hat und Sie auch… nur seine Eltern nicht!“
 

„Was soll denn das heißen? Sie können doch nicht… Sie... ist das alles nur eine Show für seine Eltern?“ Sie schüttelte entsetzt den Kopf. „Das ist wirklich das Allerletzte!“
 

„Ja, ich weiß!“ Er seufzte und biss sich auf die Lippen. „Die Sache ist nur, wir hätten in diesem Zimmer noch stundenlang weiterdiskutieren können und diese Leute hätten mir immer noch nicht geglaubt, weil sie es einfach nicht hören wollten. Sie wollten hören, dass sie ihr schönes, bequemes Luxusleben nun wieder in vollen Zügen genießen können und sie ihren einzigen Erben so zurück bekommen als wäre nichts gewesen. Dann hätten sie weitermachen können wie zuvor.“ Er schüttelte den Kopf und betrachtete Narzissa, die recht benommen von Madam Pomfrey zum Zimmer hinausgeführt wurde.
 

„Ich weiß, es war eigentlich unethisch. Aber sie mussten es sehen, sie mussten mit eigenen Augen sehen, wie schlecht es ihm geht und wie schnell er explodieren kann. Wir werden gleich wieder reingehen, bevor Draco seinem armen Vater noch den Hals umdreht. Aber wenn dieser Mann das nicht an eigenem Leib erfahren hätte, hätte er mich einfach verklagt und weiter weggesehen.“

Er stöhnte und schüttelte den Kopf. „Draco hat jetzt eine Stunde lang absolut unrealistischen Quatsch von sich gegeben und trotzdem hätten ihn seine Eltern ohne Weiteres zurück in die Schule geschickt.“
 

Er seufzte schwer und nickte seiner Kollegin entgegen, die eben aus dem Raum gekommen war. Heilerin Chang erwiderte das Nicken, dann legte sie ihren Arm um Narzissa, murmelte in Richtung Madam Pomfrey und führte beide den Gang hinunter, in ein anderes Zimmer hinein.
 

Eine Tür schwang hinter ihnen auf. Hermine sprang erschrocken zur Seite, als ein hünenhafter Mann aus einem der Zimmer kam. Er war sehr groß, breitschultrig und erinnerte sie optisch an einen Profiboxer. Sein stoppeliges blondes Haar war so kurz geschoren, als würde er zum Militär gehören. Zwei andere Männer folgten ihm. Sie hielten Kaffeebecher in der Hand und schienen sich über etwas Lustiges zu unterhalten, denn ihre tiefen, sonoren Stimmen erfüllten den ganzen Korridor.

Der eine war der große Schwarze, der andere ein Weißer mit rotem Bart und einem Gesicht und einer Statur, die sie am ehesten einem Metzger zugetraut hätte.
 

Sie drückte sich nervös in die Ecke, als die drei mit einem freundlichen Gruß an Sayer, an ihnen vorbeimarschierten.
 

„Fühlen Sie sich nun winzig?“, lachte der Heiler. Statt einer Antwort verzog Hermine das Gesicht und drehte sich unsicher in die Richtung um, wo die drei Riesen gerade in einem anderen Raum verschwanden. „Unsere Mitarbeiter… heute Abend ging die Team-Sitzung wohl etwas länger.“
 

Sayer beobachtete Hermines Verunsicherung amüsiert, dann winkte er ihr, ihm zu folgen und führte sie weiter den bunten Gang entlang. „Wir arbeiten mit gewaltbereiten, hoch aggressiven Männern, die keinerlei Impulskontrolle besitzen. Nun ja, wir können unsere Patienten ja nicht dauerhaft mit einer Körperklammer belegen. Gut, könnten wir schon, wäre aber eher kontraproduktiv. Aus diesem Grund brauchen wir Mitarbeiter, die groß und stark genug sind, um eventuelle Ausbrüche zu stoppen. Nun gucken Sie nicht so erschrocken, junge Frau. Das sind wirklich freundliche, intelligente Menschen. Sie sind eben nur groß und beherrschen Kampfsport.“ An der Art wie er lachte, merkte Hermine, wie entsetzt sie trotz der beschwichtigenden Worte aussehen musste. „Wirklich, keine Sorge. Aber wir müssen eben wirklich vorsichtig sein. Wir haben hier Killer, Miss Granger und die Jungs haben alle hin und wieder ihre Aussetzer und dann können wir keine Frau von fünfzig Kilo gebrauchen. Wir brauchen Männer, die allein schon durch ihre optische Erscheinung Respekt einflössen.“
 

Er hakte sich bei Hermine ein und führte sie in den Raum, aus dem die Riesen eben gekommen waren. Eine kleine Küche. Auf dem Tisch standen halbvolle Schalen mit Gebäck, Teetassen und eine Kanne weiter hinten auf der Anrichte.
 

„Möchten Sie Tee? Ich werde wohl eine Tasse trinken… ich möchte hier ein wenig warten!“
 

„Auf was?“, fragte Hermine verwirrt. Der Heiler spülte in aller Seelenruhe eine Tasse aus und füllte sie neu auf. Er reichte Hermine den Tee, obwohl sie ja gar nicht zu verstehen gegeben hatte, dass sie durstig war, und angelte eine zweite Tasse aus dem Geschirr heraus, um sich ebenfalls einzuschenken.
 

„Wir geben Mr. Malfoy ein wenig Zeit festzustellen, dass er keine Ahnung hat, was er mit seinem Sohn jetzt machen soll.“ Er hüpfte überraschend schwungvoll auf einen der Tische und erklärte amüsiert. „Glauben Sie mir, danach können wir ganz anders mit ihm reden.“
 

Er zog seinen Zauberstab aus seinem Umhang und steckte ihn in seinen Tee. Hermine zog die Augenbrauen hoch als sie sah, wie er aus dem Zauberstab ein paar Zuckerwürfel heraus purzeln ließ und danach den Stab in den Tee steckte, um alles schön zu verrühren.
 

„Wollen Sie auch Zucker… oder vielleicht ein wenig Milch?“, fragte er und streckte ihr hilfreich seinen Zauberstab entgegen. Hermine schüttelte sofort den Kopf und drehte sich weg. „Nein, danke“, das hatte nun doch etwas unappetitlich ausgesehen.
 

„Dann eben nicht!“ Der Heiler schlürfte ein wenig Tee, dann wischte er sich den Mund mit dem Ärmel ab und hob seine Tasse vor die Augen, um versonnen den hin und her schwappenden Tee darin anzusehen. „Ich habe wirklich Verständnis für diese Leute, wissen Sie? Sie hatten es bestimmt nicht leicht, das glaube ich. Viele Eltern reagieren so, wenn man sie auf Probleme ihres Kindes anspricht. Das eigene Kind will sterben… Das ist doch furchtbar, nicht? Zumal sie sicherlich ganz genau wissen, wie hoch ihr eigener Anteil an seinen Problemen ist. Das macht ihnen Angst… So viel, dass sie nicht daran glauben wollen. Nun… aber wir haben leider nicht die Zeit zu warten, bis sie sich von alleine an den Gedanken gewöhnen. Die Schocktherapie, wenn ich es so nennen darf, war leider nötig. Draco braucht jetzt Hilfe. Sofort. Nicht erst in einigen Wochen oder gar Monaten. Deswegen müssen wir jetzt, heute Abend noch, überlegen, wie es weitergeht und wie wir ihm am besten helfen können!“
 

Er schlürfte wieder und Hermine trank ebenfalls ihren Tee leer. Sie hätte hinterher nicht sagen können, ob er ihr überhaut geschmeckt hatte oder nicht, zu sehr war sie von den anderen Gedanken in ihrem Kopf gefangen.
 

Den Worten des Heilers. Dracos Forderung, dass sie bei ihm bleiben sollte. Draco und die Schule. Draco und seine Eltern. Draco und der Strick. Hermine hustete heftig, hatte sich bei diesem Gedanken verschluckt und fast ihre Tasse fallen lassen.
 

Der Heiler tätschelte ihr freundlich den Rücken, nahm ihr die Tasse ab und legte ihr die Hand auf die Schultern. „Geht’s wieder?“
 

Sie nickte schwach.
 

Der Heiler seufzte und lockerte sich seine Krawatte. „Mir ist klar, dass das eben grausam war. Das ist absolut kein Bestandteil einer Therapie, eben weil es im Endeffekt am schlimmsten Draco selbst trifft. Aber… nun. Ich habe es mit Heilerin Chang im Vorfeld abgesprochen. Diese Leute wollten nicht einmal ansatzweise zuhören… aber da haben sie jetzt einfach keine Wahl. So hart und herzlos das den Eltern gegenüber sein mag, sie derart heftig mit seiner Störung zu konfrontieren… Er hat sie, und nun haben sie es selbst erlebt… und das müssen sie akzeptieren.“

Er zog die Augenbrauen hoch und kratzte sich schwerfällig im Nacken. „Sie müssen da nun durch. Nicht Sie, Miss Granger, Dracos Eltern. So viel Verständnis ich für ihre Ängste auch habe… da haben die beiden absolut alles falsch gemacht, was man als Eltern nur falsch machen kann. Die beiden haben auf ganzer Linie versagt und das müssen sie sich jetzt von mir anhören. Auch wenn das wehtut, und glauben sie mir, so arrogant sie tun, die beiden haben während dieses ganzen Gespräches vorher Höllenqualen gelitten, die haben gestunken vor Angst.“
 

Er lächelte matt und tätschelte Hermine die Schulter. „Wir müssen die beiden jetzt mal so richtig ausschimpfen, ja? Die beiden sollen für uns vor schlechtem Gewissen auf den Knien liegen. Sie sollen sich in Grund und Boden schämen und sich bei ihrem Sohn dafür entschuldigen, dass sie ihn gerade dann haben fallen lassen, als er sie am meisten gebraucht hätte. So hart das auch ist, wenn die beiden einsehen, dass sie etwas falsch gemacht haben, dann können wir ganz anders zusammen arbeiten. Wenn sie verstehen, dass jetzt mal etwas von ihnen kommen muss, wenn es ihrem Sohn jemals wieder besser gehen soll!“
 

Hermine zuckte die Achseln. „Ich weiß nicht. Denken Sie, dass die so etwas wie schlechtes Gewissen überhaupt kennen?“
 

Der Heiler lachte. „Oh, da bin ich mir sicher. Haben Sie nicht gesehen, wie die beiden sich die ganze Zeit um ein sinnvolles Gespräch herum gewunden hatten? Glauben Sie mir, denen tut das leid. Aber trotzdem… die Strafpredigt erlasse ich nicht.“ Er lächelte hintersinnig und nahm einen weiteren Schluck Tee. Er seufzte und stellte seine Tasse hinter sich auf den Tisch, bedachte Hermine mit einem nachdenklichen Blick und faltete seine Hände im Schoß. „Miss Granger, Sie haben vorhin gehört, dass Draco möchte, dass Sie bei ihm bleiben?“
 

Hermines Magen verkrampfte sich. Nervös verschränkte sie zuerst die Arme vor der Brust, dachte dann, dass der Heiler das als Abwehrhaltung deuten könnte und steckte sie in ihre Hosentaschen. Das fand sie dann aber ebenfalls unpassend und so ließ sie die Arme seitlich herunterhängen. Zu unangenehm und wieder suchte sie eine neue, unverfängliche Position für Arme und Hände.
 

„Nervös?“
 

„Ähm…“ Hermine räusperte sich unbehaglich und kratzte sich am Hinterkopf, ließ es aber schnell wieder bleiben als sie daran dachte, dass das eher nach Läusen denn nach Entspannung aussah.
 

„Wir sollten darüber nachdenken, Miss Granger, wie es jetzt mit Ihnen und Draco weitergeht. Und sicher möchten Sie das nicht vor seinen Eltern besprechen!“
 

„Naja, also ich…“ Hermine verzog vielsagend das Gesicht, obwohl sie eigentlich gar nicht wusste, was sie dazu sagen sollte, lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand und beschloss trotzig, dass sie die Arme nun doch wieder vor der Brust verschränken würde. „Also, ich werde ihn jetzt ganz sicher nicht heiraten und ich habe auch keine Lust, mit ihm in die Winkelgasse zu ziehen!“
 

Der Heiler lachte warm und herzlich und nickte. „Davon könnte ich Ihnen auch nur abraten, aber seien Sie gnädig mit ihm. Er war den ganzen Tag über sehr aufgewühlt und hat nun dringend etwas gesucht, woran er sich festhalten kann.“ Das Schmunzeln verblasste und tiefe Sorgenfalten machten sich stattdessen auf Sayers Gesicht breit. „Ja, aber leider ist das wirklich ein Problem. Draco braucht Halt, wissen Sie? Sein ganzes Leben wurde gestern aus den Fugen gehoben und nun meint er in all dem, was jetzt auf ihn einströmt, zu ertrinken. Deswegen braucht er so viel Halt und Sicherheit wie möglich, um nicht vollkommen unterzugehen!“
 

Hermine gestatte sich, eine Hand von ihren übereinander gelegten Armen zu lösen und rieb sich stattdessen über Gesicht und Nacken. „Ja, natürlich!“
 

Der Heiler lächelte und nickte. „Das Thema verunsichert Sie, nicht?“
 

Hermine zuckte die Achseln und gestand: „Ja, ein wenig! Ich, also… Draco ist nicht einfach. Er wird so schnell wütend und, also, diese Sache… das… ich… das macht mir Angst. Eigentlich hat er ja auch Schluss gemacht, wissen Sie?“
 

„Oh, also ich kann ihnen versichern, dass er Sie sehr mag und sich wirklich wünscht, dass Sie bei ihm bleiben. Das habe ich heute Mittag schon herausgefunden. Er würde auf jeden Fall mit Ihnen zusammenwohnen wollen.“ Er lächelte auf eine Art, die Hermine nicht verstand. Unsicher und ratlos wie sie war, verschränkte sie erneut die Arme und schob sich ein paar Zentimeter vom Heiler an der Wand entlang weg.
 

„Nicht einfach, Miss Granger, nicht?“
 

Da Hermine nicht wusste, was sie dieser offensichtlichen Tatsache noch hinzuzufügen hatte, nickte sie nur und senkte ihren Blick auf den Boden.
 

„Hören Sie“, setzte der Heiler mit einem Mal geschäftig an. „Ich werde jetzt ganz offen meinen Standpunkt dazu sagen. Also zunächst einmal: Draco ist gefährlich. Er ist kein schlechter Mensch, aber im Moment ist er eine Gefahr für sich und andere und allein deshalb können Sie beide einfach nicht alleine zusammen wohnen. Ich würde um ihre Sicherheit fürchten müssen.

Zweitens: Draco ist suizidal und seine Depressionen werden ihn bald wieder einholen. Es ist enorm anstrengend, mit so jemandem zusammen leben zu müssen. Zumal Sie sich dann auch selbst zurücknehmen müssten, um ihm die Hilfe zu sein, die er braucht. Ich weiß gar nicht, wie Sie das neben der Schule machen sollten.

Drittens: Wenn Sie weiterhin in die Schule gehen, ist das eigentlich mit einem Schlussstrich gleichzusetzen. Sie werden einfach keine Möglichkeit mehr haben, sich zu sehen.

Viertens: Draco steht jetzt im Vordergrund. Das ist ein zutiefst verletztes, verängstigtes, krankes Kind, dem man dabei helfen muss, ein gesunder, selbständiger Mann zu werden.

Dafür braucht er ganz viel Hilfe, Unterstützung und absolute Sicherheit. Wer mit ihm zusammenlebt, muss sich und seine Bedürfnisse zurücknehmen können. Das ist anstrengend, auszehrend und erfordert ein fast ungesundes Maß an Aufopferung!“
 

Hermine verzog den Mund und nickte. Was sie da hörte, machte ihr Angst.
 

„Ich möchte Ihnen damit sagen, dass ich es sehr gut verstehen würde, wenn Sie sich nicht auf eine weitere Beziehung einlassen möchten und gehen. Ich habe mein Angebot vorhin ernst gemeint. Wir werden ihn bei Leuten, die sich mit so etwas auskennen unterbringen und Sie können mitgehen. Das ist zu viel Last für eine Person und man würde Ihnen so viel Freiraum und Hilfe geben wie möglich. Also wir können Sie unterstützen, Sie müssen es nicht alleine schaffen. Aber natürlich ist er deswegen immer noch anstrengend, impulsiv und Sie wären nicht alleine. Ich verstehe, dass man sich das als junger Erwachsener nicht wünscht. Da ist man gerade mal mit der Schule fertig, steigt ins Berufsleben ein und zuhause wird man noch viel intensiver beaufsichtigt als zuvor. Aber anders geht es leider nicht. Trotzdem muss ich eines sagen. Draco braucht das. Es geht nicht anders.“
 

Er holte tief Luft, als würde ihm für das, was er sagen musste, die Luft nicht reichen und beschwor sie eindringlich: „Miss Granger, ich will damit sagen, dass Sie gehen dürfen. Alles was jetzt kommt, ist schwer, anstrengend und auszehrend. Er wird es Ihnen auch nicht leicht machen, er kann es nicht. Obwohl er das will. Er liebt Sie und er will mit Ihnen zusammen sein, nur leider ist er im Moment absolut nicht beziehungsfähig. Das muss er wieder neu lernen. Wenn Sie gehen wollen, dann haben Sie dafür mein Wohlwollen und Verständnis. Ich will Sie nicht dazu drängen, aber es wäre eine Entscheidung, die jeder versteht und die mit Sicherheit für Sie als eigenständige Person das Beste ist. Wenn Sie aber sagen, dass Sie ihn trotz alledem nicht missen möchten, dann muss das eine feste Entscheidung sein. Wenn Sie jetzt gehen, nun, dann wird es auch schlimm für ihn. Aber wie Sie sagten, er wollte eigentlich Schluss machen und zumindest heute ist er eh zu verwirrt für klare Gedanken. Wir können jetzt einen Schnitt machen und ihm dabei helfen, ihn irgendwie aufzufangen. Ohne Sie. Aber wenn Sie bleiben, dann bleiben Sie wirklich. Er braucht Sie und er hängt an Ihnen. Es wird ihm bald sehr schlecht gehen und dann wird er festen Halt brauchen. Wenn Sie dann gehen, wird er es nicht verkraften.
 

Es tut mir leid, dass ich so deutlich werden muss aber verstehen Sie, im Moment ist er derjenige, dem es am schlechtesten geht und ich bin sein Heiler und dafür da, ihm zu helfen. Was ich sage richtet sich danach, was für Draco am Besten ist und nicht für Sie. Ich tue das nicht, weil ich Ihr Leben und Ihr Glück als weniger wichtig einstufe sondern, weil nun mal er und nicht Sie mein Patient ist.
 

Ich will Sie wirklich nicht unter Druck setzen. Nochmal: Wenn sie gehen wollen, dann ist das eine gute Entscheidung für Sie. Aber, dann gehen sie sofort, bevor er sich zu viele Hoffnungen macht. Wenn Sie bleiben, dann müssen sie sich selbst hinter ihm zurückstellen. Nicht um jeden Preis, natürlich nicht. Aber er sollte schon die Sicherheit haben, dass Sie bei ihm sind.“
 

Hermine schluckte schwer. Ganz klein, wie die Stimme eines Vögelchens oder eines kleinen Kindes, hörte sie sich an. „Will er es denn wirklich? Würde ich ihm denn helfen?“
 

„Ja, er will es und ja, wenn Sie wirklich bei ihm bleiben, dann würde es ihm helfen, sich neu zurechtzufinden und diese Welt auszuhalten. Aber Sie müssen es auch aushalten können. Wenn Sie das nicht können, wenn Sie sich selbst quälen, dann helfen Sie ihm auch nicht. Sie müssen es aushalten, aber ob sie das können… das, müssen Sie nun selbst entscheiden!“
 

Hermine nickte schwach, hob zaghaft ihren Kopf und wagte, den Heiler wieder direkt anzusehen. „Ich, ich… denke drüber nach. Lassen Sie mir ein wenig Zeit. Zumindest, nun ja… noch ein paar Minuten und…“
 

„Natürlich. Und ich würde Ihnen gerne noch mehr Zeit geben… Aber leider müssen wir das so schnell wie möglich entscheiden.“ Er schnalzte mit der Zunge und klatschte in die Hand, als wollte er für ein Startsignal geben, holte tief Luft, und rutschte vom Tisch. „Nun gut, Miss Granger. Dann werden wir wohl wieder zurückgehen. Ich denke, mittlerweile sollte sich Mr. Malfoy hilflos genug für unsere Zwecke fühlen…“
 

A.N.2: So… in zwei Wochen erfahrt ihr dann, ob man mit den Malfoys denn nun wirklich vernünftig reden kann und natürlich auch, wie es mit Draco und Hermine weitergeht.
 

Bis dahin freue ich mich über
 

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Omama63
2012-07-05T18:38:29+00:00 05.07.2012 20:38
Ein klasse Kapitel.
Die Malfoys sind fürchterlich. Die sollten auch gleich Beide eingeliefert werden. Jetzt haben sie hoffentlich gemerkt, dass Draco Hilfe braucht.
Bin schon gespannt, wie sich Hermine entscheidet.




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