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SAW VIII

von

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Hass. Zorn. Wut.

So könnte man Mark Hoffmans momentanen Gefühlszustand beschreiben. Hass, dass Mika ohne konkrete Antworten schon wieder einen Nachmittag, Abend und den Anfang dieser Nacht, verschollen blieb, obwohl er auf ihre Mailbox gesprochen hat, dass sie mit einigen Utensilien unverzüglich auftauchen soll. Zorn auf John, wegen dem er überhaupt hier in diesem Schlamassel sitzt, nur weil er 'Vorkehrungen' getroffen hat, falls Jill stirbt. Und Wut auf sich selbst, weil er auf ein kleines, neunzehnjähriges, rachsüchtiges Mädchen angewiesen ist. Mika ist zwar nett und zuverlässig -auf ihre Weise- aber irgendwas stimmt mit ihr nicht... Sie wirkt zu... er kann es nicht sagen... unnatürlich, vielleicht...?

Seufzend sitzt er über den Bauplänen von Gordons Falle. Sie wird diabolisch. Ohne Hoffnung auf Entrinnen. Der Arzt wird sterben. Gewiss. Doch davor wird er leiden. Schmerz wird gar kein Ausdruck sein... Ein schadenfrohes Grinsen huscht über seine Lippen. Kurz geht er nochmal den Ablauf der Falle durch.

Danach steht er auf, nimmt seine Krücken und schleppt sich in die, sich im Erdgeschoss befindende, Küche, um sich noch einen Kaffee aufzubrühen. Die Treppe brauchte ihre Zeit. Doch als er einmal unten angekommen ist, und die Herdplatte eingeschaltet hat, damit sie das im Topf befindliche Wasser auf die richtige Temperatur bringt -Mika hat nur löslichen Kaffee im Angebot-, überwiegt seine natürliche Neugierde die Leichen im Keller einer Person zu finden. Während das Wasser vor sich hin kocht geht er durch den Flur zu der ständig verschlossenen Tür. Offensichtlich ist das Mikas Zimmer. In rostbraunen Lettern hat jemand mit seinen Fingern ihren Namen drangeschrieben. Diese Tür könnte glatt einem Horrorfilm entsprungen sein. Die Farbe war wohl zu dünnflüssig und verlief -wie Blut- die ganze Holzplatte hinab. Auch sind die Buchstaben nicht regelmäßig oder auf gleicher geschrieben, sondern schräg nach unten verlaufend und immer kleiner werdend. Hinter dem 'A' ist eine Hand mit jener Farbe gegen die Platte gedrückt und dann nach unten gezogen worden.

Irritiert schüttelt er den Kopf. So hätte er sie gar nicht eingeschätzt. So... makaber... das passt gar nicht zu ihr... Wie dem auch sei... er kramt aus seiner Hosentasche -sie gehört wohl Mikas Vater- einen Dietrich, knackt damit in Sekundenschnelle das Schloss. Mühelos schwingt die Tür auf. Noch einmal schaut er über die Schulter. Nichts. Weshalb sollte auch plötzlich zum Beispiel ihr Vater oder ihre Mutter hinter ihm stehen. Zwar scheint das Michaelas Elternhaus zu sein, aber ihre Eltern sind seit seinem -mehr oder weniger- fünftägigen Aufenthalt nicht ein einziges Mal aufgetaucht. Es geht ja so weit, dass er in deren Bett schläft.

Interessiert tritt Mark ein. Auf den ersten Blick scheint dies ein gewöhnliches, jugendliches Zimmer zu sein. Aber nur auf den ersten. Links neben der Tür steht ein säuberlich gemachtes Bett und ein Nachttischlein, auf welchem zahlreiche Medikamentendöschen versammelt sind. Schmerzmittel, Blutverdünner, Herztabletten, Schlaftabletten und Kopwehtabletten.

Daneben, etwa zwei Meter davon entfernt, befindet sich ihr Wandschrank, der zur Hälfte von einem Schreibtisch voller Skizzen blockiert wird. Skizzen von unterschiedlichen Fallen, wie sich herausstellt. Doch diese hat er noch nie in seinem Leben gesehen. Die eine, beispielsweise, sieht so aus wie ein tödliches Band, das aktiviert wird, wenn einer der Beteiligten stirbt. Gegenüber ist ein Regal, auf das ein kleiner Fernsehapparat, Laptop -natürlich ausgeschaltet- und eine kleine Billypuppe gestellt wurde. Ein kleines Fenster, auf der freien Wandseite, erhellt das Zimmer. Die weiße Tapete blättert schon ein wenig ab. Ihr Raum ist klein.

Neugierig geht Hoffman zum Schrank. Er wusste doch, dass mit ihr etwas nicht stimmt. Sie hat Probleme mit Medikamenten. Doch das erklärt aber immer noch nicht, warum sie ständig fehlt und auf nichts und niemanden reagiert... oder warum ihre Eltern noch nicht aufgekreuzt sind...

Vorsichtig öffnet er die Schranktür. Alles normal... scheinbar... Aber er wäre nicht zum Detective Lieutenant befördert worden, wenn er nach dem ersten Blick schon aufhören würde zu suchen. Hoffman schiebt die Kleider weg. Da fällt ihm eine kleine Kiste ins Auge. Mit gierigen Händen nimmt er sie an sich und öffnet sie. Zuerst kommen ihm zahlreiche Zeitungsausschnitte entgegen. Alle handeln von Jigsaw und seinen sogenannten Opfern. Doch darunter liegt ein Foto. Eine hübsche Frau mit lockigen, hüftlangen Haaren und grünen Augen sitzt auf einem Barhocker, mit einem Cocktail in der Hand, neben einem Mann Ende zwanzig, mit dunklem, etwas längerem Haar, vollen, lachenden Lippen und strahlend blauen Augen. Diese Photographie kommt ihm bekannt vor... zu bekannt... Mit zitternden Händen dreht er es um. Auf der Rückseite ist etwas drauf geschrieben: 'Mark Hoffman und ich an Angelina Acombs Geburtstagsfeier.'

Geschockt setzt er sich auf Mikas Bett. Jener Abend kommt ihm wieder in den Sinn. Die zu laute Musik... Angelinas Geschenke... die Drinks... es war eine wundervolle Nacht vor etwa achtzehn Jahren. Das einzige, was ihm entfallen ist, ist der Name dieser hübschen Frau...

Damals saß er -als einziger Mann, abgesehen von Seth Baxter- auf einem Hocker an der Bar und genehmigte sich seinen zweiten Whisky. Nachdem Angelina ihre Gäste empfangen hatte kam sie zu ihm, mit eben jener Frau im Schlepptau.

'Mark', hatte sie gesagt, 'das ist die Freundin, die ich dir unbedingt vorstellen wollte. Sie ist Gerichtsmedizinerin. Ich glaube ihr würdet euch gut verstehen.', mit einem Lächeln war seine einzige Familie, seine heißgeliebte Schwester, dann wieder verschwunden. Mal wieder hatte sie versucht ihn mit jemanden zu verkuppeln. Doch dieses Mal schien es zu funktionieren. Die zwei verstanden sich prächtig.

'Also, du bist beim MPD?', hatte sie begonnen, nachdem sie sich ein Bier bestellt hatte.

'Ja. Seit fast zwei Jahren. Warum?', gab er gut gelaunt -auch ein wenig angeheitert- zurück.

'Weil ich dort auch arbeite. Angi hat doch meinen Beruf genannt.'

'Du wärst mir aufgefallen. Ich habe noch nie eine Gerichtsmedizinern in unserem Leichenschauhaus gesehen.'

'Ich arbeite eher im Hintergrund. Die Cops hier sind sehr sexistisch, deshalb wurde mir geraten, ich solle eher im Hintergrund arbeiten. Bei den Leichen, die die Polizisten sich lieber nicht anschauen. Bei den extra schön verwesten, zugerichteten. Wie zum Beispiel die des Piece-Fall. Ich denke dieser Mörder isst seine Opfer, oder lässt sie von anderen Menschen verspeisen.', sie begann zu lachen, als ihr Blick auf sein verblüfftes Gesicht fiel. So eine Frau hatte er noch nie gesehen. Eine Frau, die sich nicht scheute die Hände schmutzig zu machen. Eine so hübsche Frau, die sogar etwas von Kriminalistik verstand.

'D...du obduzierst die Leichen des Piece-Falls?'

'Klar.'

'I...ich bin einer der Ermittler des Falls.'

'Ich weiß. Angi hat mir viel von dir erzählt. Sie ist immer tüchtig dabei ihren Bruder bei uns schmackhaft zu machen. Sie liebt dich wirklich sehr... und macht sich Sorgen, wenn sie Seth heiratet, was aus dir wird. Warum denkst du, würde sie dir andauernd welche ihrer Freundinnen vorstellen?', sie trank darauf ein paar Schlucke.

So auch er. Ihm wurde plötzlich heiß. Deshalb lockerte er auch die Kravatte seines Anzugs. Er kam gleich nach seiner Schicht in diese Bar. Die Stammbar seiner Schwester -und später hinaus auch seine-.

So ging ihre gemeinsame Unterhaltung weiter. Sie sprachen über ihren Job, Kollegen, Politik, gemeinsame Interessen, Mörder, Familienwünsche -eigentlich wollte er schon immer eine haben- und, natürlich, Angelina. Der Abend war wundervoll. Sie verstanden sich auf Anhieb und... nach der Party gingen sie noch zu ihm nach Hause. Diese Nacht wird er nie in seinem Leben vergessen... voller Leidenschaft...

Doch danach hat er sie nie wieder gesehen. Sie wollte sich melden, aber noch heute würde er auf ihren Anruf warten, wenn er noch an ihr 'interessiert' wäre... Nach zwei Wochen wollte er sie in der Gerichtsmedizin besuchen, aber sie hatte plötzlich gekündigt... Seit dem hatte er keine Frau wie sie mehr gesehen... Doch hatte er drei Monate danach -einenandhalb Monate nach Angelias Hochzeit- andere Sorgen. Sie wurde getötet. Von Seth, seinen Schwager. Rache hat ihn verändert.

Diese hübsche Frau würde ihn heute nicht mehr kennen. Dieser nette Mann von damals existiert schon lange nicht mehr. Er starb mit seiner Schwester.

Etwas niedergeschlagen steht er auf, legt das Kästchen wieder an seinen Platz, und verlässt Mikas Zimmer. Sein Kaffe wartet und -vor allem- Gordons Falle...



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