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Der Himmel muss warten

von

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Selbstvorwürfe

70) Selbstvorwürfe
 

Mit einem letzten befriedigten Stöhnen strich sich Dean über seinen prall gefüllten Bauch und riss den Engel damit aus seinen Gedanken.

„Das war gut! Wann kann ich wieder zu Sammy?“, fragte er leise.

„Der wird wohl noch brauchen. Du vergisst, dass wir hier eine andere Zeit haben. Außerdem bist du noch lange nicht wieder im Vollbesitz deiner Kräfte und auch noch nicht gesund. Wenn wir jetzt zur Erde zurückkehren, würde dich das wieder umwerfen. Nein Dean. Bitte warte ab, bis sich deine Akkus, bis sich Michaels Kräfte wieder voll aufgeladen haben.“

„Wie lange?“

„Ein paar Tage. Ich verspreche dir, dass ich dich rechtzeitig zurückbringe.“

„Das hast du schon mal gesagt!“

„Ja, habe ich.“

„Und was jetzt?“, wollte der Blonde wissen und schaute sich ratlos um.

„Du solltest schlafen“, sagte Castiel und wies auf ein gemütlich aussehendes, breites Bett.

„Ich bin aber noch nicht müde.“

„Die Sonne geht unter. Du wirst schlafen können.“

„Geht im Himmel auch die Sonne unter?“, fragte Dean verwundert.

„Nein, aber du bist ein Mensch. Für dich ist das normal. Ich wollte es dir hier so real wie möglich machen.“

„Dazu fehlt mein kleiner Bruder.“

„Ich weiß, Dean. Nimm einfach an, er besorgt was zu essen oder ist in einer Bibliothek etwas recherchieren.“

„Hoffentlich haben die in der Bibliothek auch eine Liege. Sam wird schlafen müssen, wenn er da mehrere Tage zubringen soll“, ließ sich der Winchester mit einem schiefen Lächeln vernehmen und schlurfte zum Bett.

Er setzte sich darauf. Die Matratze fühlte sich wunderbar an, unter ihm, und er ließ sich fallen.

Castiel hatte Recht gehabt, überlegte er, als er in Morpheus Arme sank.

Der Engel lächelte und deckte Dean wieder zu.

Er ließ das Essen verschwinden und setzte sich dann auf einen einfachen Stuhl in der Ecke des Zimmers und wartete darauf, dass Dean wieder wach werden würde.

Es war schön, ihn einfach nur zu beobachten.
 

Dean schlief lange. Es war schon fast Mittag, bis er endlich erwachte.

Sofort zauberte der Engel ein köstliches Frühstück für seinen Lieblingsmenschen herbei.

Der Blonde bedankte sich mit einem warmen Lächeln.

„Wie geht es dir?“, wollte Cas wissen, nachdem Dean fertig war mit essen.

„Ganz gut?“

„Bitte Dean. Ich möchte die Wahrheit von dir selbst hören. Ich kann dich auch jeden Tag untersuchen. Es wird nicht weh tun, aber es wäre mir lieber, wenn du es mir sagst.“ Castiel wollte nicht zugeben, dass er Angst hatte, Dean mehr als nötig zu berühren. Er wollte sein Versprechen sich selbst und Dean gegenüber nicht brechen.

„Schlapp und irgendwie als ob ich neben mir stehen würde“, entgegnete der Blonde nach einer Weile und verdrehte dabei die Augen. Wieso wollten immer alle wissen, wie es ihm ging?

„Danke!“

„Und jetzt? Muss ich jetzt wieder ins Bett?“

„Nein. Wir, ich könnte dir jede Menge Unterhaltung bieten, wenn du das willst, obwohl ich es besser finden würde, wenn du dich wirklich mal ausruhst. Ich weiß, dass du das eigentlich nicht kannst. Du hattest nie Zeit für dich, aber bitte versuche zu entspannen.“

„Entspannen?“

„Massage, Wellness, Pool? Ich weiß nicht was du gerne möchtest aber ich werde mich bemühen, dir deine Wünsche zu erfüllen, solange es nicht die Anwesenheit anderer Engel erfordert.“

„Warum nicht?“

„Es gibt im Himmel viele Flecken, die kaum ein Engel kennt. Gabriel und du, ihr hattet auch so einen Ort. Leider hat euch einer von uns nachspioniert und ihn an Zacharias verraten. Sie haben Gabriel von dir, von Michael weggezerrt, obwohl ihr noch Zeit für euch gehabt hättet.

Diesen Platz hier hat Anna gefunden und auch wenn ich ihn für dich verändert habe, möchte ich ihn ihr nicht streitig machen. Jeder Engel, der einmal hier gewesen ist, wird immer wieder herfinden. Anna braucht jedoch Plätze für sich. Sie ist im Himmel noch immer nicht gut angesehen, weil sie sich damals fallen gelassen hat.“

Dean nickte und schaute sich um.

„Hättest du irgendwo ein Auto zum schrauben?“, fragte er nach einer Weile leise. Wie lange hatte er nicht mehr einfach nur an einem Wagen geschraubt? Den Impala hatte er in Schuss gehalten, aber das war auch schon alles.

Castiel nickte lächelnd. Dann wies er auf die Tür.

„Geh einfach raus, du wirst die Werkstatt sehen.“

„Danke“, erwiderte der Blonde und ging zur Tür. „Du solltest öfter lächeln“, sagte er noch und verschwand.

Neben seiner Hütte gab es jetzt ein weiteres Haus und in diesem fand der Winchester eine komplett ausgestattete Kfz-Werkstatt mit einem ziemlich schrottreifen Wagen darin. Doch er wollte ja auch kein Gewerbe aufmachen. Er wollte nur ein wenig schrauben, sich ablenken und beschäftigen. Auf keinen Fall wollte er denken und noch weniger an das was er getan hatte, als er mit Cas hier angekommen war. Egal was Castiel auch sagte, egal wie oft er behauptete, dass er eigentlich Sam geküsste hatte, er hatte es nicht.

Er hatte zwar wirklich geglaubt, dass er bei Sam war, aber das machte es auch nicht ungeschehen. Wie konnte er seinem Bruder je wieder unter die Augen treten?
 

Dean lag unter dem Wagen und ließ die Hand mit dem Schraubenzieher auf seine Brust sinken. Es gelang ihm nicht, nicht zu denken.

Immer wieder kreisten seine Gedanken um den Kuss. Er würde es Sam sagen, sobald er wieder mit ihm zusammen war. Aber war er noch mit ihm zusammen? Er hatte mal irgendwo gehört, dass man sich in einer intakten Beziehung nicht mal nach einem anderen umschauen würde.

Er hatte sich ja eigentlich nicht umgeschaut und er hatte bis jetzt auch nicht das Verlangen nach einem anderen Mann gehabt. Egal wie! Er würde sogar so weit gehen, dass er sich noch immer als hetero ansehen würde, mit einer Ausnahme! Sam! Und er hatte auch kein Verlangen nach einer Frau.

Was er mit Sam hatte, hatte er noch nie erlebt. Er fühlte sich geborgen und umsorgt. Und wenn sein kleiner Dämon endlich von dem Einfluss der anderen Dämonen befreit sein würde, dann würde er bestimmt auch sein Dominanzgehabe fallen lassen. Bis dahin müsste er einfach mehr aufpassen und nicht alles mit sich machen lassen. Doch würde es überhaupt ein „bis dahin“ geben? Hatte er mit dem Kuss nicht alles zerstört?

Am liebsten würde er sofort mit Sam reden. Doch das konnte er nicht, oder Castiel müsste ihn zu Bobby bringen. Aber wollte er seine Probleme vor dem alten Freund ausbreiten?

Er schob sich unter den Wagen hervor. Die Lust am Schrauben war ihm vergangen.

Schnell wusch er sich die Hände und ging zum Strand hinunter. Er ließ sich in den warmen Sand fallen und blickte starr auf die stetig anrollenden Wellen.

Diese Monotonie betäubte seine Sinne und es dauerte nicht allzu lange, bis er sich auf die Seite fallen ließ und eingeschlafen war. Wenigstens im Schlaf schien seine Welt noch in Ordnung.
 

Dean erwachte in dem Bett in der Hütte. Sein himmlischer Schatten hockte wieder auf dem Stuhl in der Ecke.

„Warum tust du das, Cas?“, fragte er leise.

„Guten Morgen Dean!“

„Ich weiß nicht, ob der Morgen gut ist!“

„Ich denke schon. Deine Seele erholt sich zusehends und auch die Wirkung des Pflanzengiftes lässt allmählich nach.“

„Du hast gesagt, dass das nicht so schlimm wäre!“

„Nein, ist es auch nicht. Allerdings haben wir hier die umgekehrte Situation wie auf der Erde. Dort wäre das Gift das geringere Problem, deine Seele dafür umso mehr. Hier heilt die Seele schneller und ich dachte, dass das das Wichtigere wäre.

„Du hast meine Frage nicht beantwortet!“

„Ich dachte, dass du die Antwort kennst.“

„Sag sie mir trotzdem!“

„Vor langer Zeit habe ich den Befehl bekommen, dich aus der Hölle zu holen und in deiner Nähe zu bleiben, um dich auf den dir vorherbestimmten Weg zu bringen. Irgendwann sind wir dann sogar Freunde geworden und ich habe, durch dich, begonnen Entscheidungen zu hinterfragen und gegen den Himmel rebelliert. Jetzt bist du mir der liebste Mensch auf der Welt. Ich würde alles in meiner Macht stehende für dich tun!“

Deans Wangen färbten sich rot. So etwas hatte ihm noch nie jemand gesagt.

„Und wenn ich dich bitten würde, mich zurück zu bringen?“

„Wenn du darauf bestehst werde ich es tun. Doch dann hätten wir eine Situation, die der mehr als nur sehr ähnlich sehen würde, aus der ich dich hierher gebracht habe. Michael ist noch viel zu angeschlagen und dein menschlicher Körper zu schwach. Es könnte dich töten, Dean! Dieser Teil des Himmels ist nicht für Menschen gemacht. Nicht mal für ihre Seelen, das sagte ich dir ja schon. Wenn wir auf die Erde wechseln wird es für dich wie ein heftiger Schlag auf den Kopf sein. Es wird dich für eine längere Zeit regelrecht lahmlegen. Ich kann dich nur bitten hier zu bleiben, bis ich sehe, dass du wieder im Vollbesitz deiner Kräfte bist.“

Der Winchester nickte. Er stand auf und sofort hatte der Engel das Büfett für ihn eröffnet.

Doch Dean aß nur wenig.

„Kannst du mich schlafen lassen?“, fragte er leise und schaute dann bittend in Castiels Augen.

„Warum? Was ist mit dir?“, fragte der alarmiert und machte einen Schritt auf den Winchester zu.

„Noch zwei Gedanken mehr und mir platzt der Schädel. Ich will nicht mehr denken. Bitte! Ich will nicht mehr über den Kuss nachdenken müssen.“

„Dean…“

„Hör auf Cas! Es ist nicht deine Schuld. Ich habe dich mit dem Kuss überrumpelt. Mein Gott! Ich weiß nicht mal, ob Engel überhaupt Gefühle haben. Ich denke nicht.“

Castiel wollte etwas erwidern. Er wollte schreien, wollte ihn an sich reißen und um Sinn und Verstand küssen, um ihm zu zeigen, dass er sehr wohl fühlen konnte, doch noch konnte er sich beherrschen.

„Okay, du und Anna vielleicht, aber das andere Geflügel bestimmt nicht!

Und jetzt heule ich dir einen vor, weil ich meine Gefühle nicht unter Kontrolle habe.

Verdammt noch mal, Cas. Ich habe dich doch mit diesem Kuss regelrecht überfallen und ich kriege ihn einfach nicht aus meinem Kopf. Ich würde gerne zu Sam gehen und das sofort mit ihm klären, aber du sagst mir, dass das nicht geht.“ Der Blonde tigerte inzwischen ruhelos im Zimmer auf und ab.

„Ich benehme mich wie ein Mädchen, das zum ersten Mal Liebeskummer hat und damit auch noch den besten Freund belästigt!“, stellte er traurig fest.

„Du belästigst mich nicht damit. Ich höre dir gerne zu, egal worum es geht und ich fühle mich geehrt, dass du solche Probleme mit mir besprichst“, sagte der Engel ruhig. Es tat ihm weh Dean so leiden zu sehen. Am liebsten würde er ihn schon wieder in den Arm nehmen und küssen, bis er keinen klaren Gedanken mehr fassen könnte. Doch sobald er auch nur daran dachte Dean zu verführen, drängten sich wieder die Bilder von Dean in der Hölle vor sein inneres Auge und er schob dieses Ansinnen weit weg. Vielleicht hatte er ja endlich etwas gefunden, das ihm half sein Verlangen zu zügeln.

„Dean“, begann er stattdessen ruhig, „ich habe dir schon einmal gesagt, dass du dir die Schuld dafür nicht geben darfst. Du warst absolut nicht in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen.“

„Selbst wenn ich das alles berücksichtige: Der Gedanke daran tut weh und ich fühle mich schlecht dabei! Ich liebe Sam und ich habe ihn betrogen!“

„Vielleicht solltest du wirklich noch etwas schlafen“, überlegte der Engel und legte dem Winchester seine Finger an die Stirn. Sofort brach Deans Körper zusammen und Castiel brachte ihn in die Hängematte. Frische Luft würde ihm gut tun.

Er warf noch einen Blick auf den schlafenden Menschen, dann wandte er sich ab und ballte seine Hände zu Fäusten. Zuhören zu müssen, wie Dean über seine Liebe zu Sam und über diesen Kuss, der ihm selbst alles bedeutete, sprach, brannten in ihm wie hundert Höllenfeuer und er konnte plötzlich verstehen, warum Menschen aus Eifersucht töteten. Er würde es jetzt auf jeden Fall tun. Aber er würde weder Sam noch Dean als Ziel seiner Mordlust wählen. Er war ein Engel und für ihn gab es lohnendere Opfer.
 

Zufrieden mit sich, aber auch ein wenig zerrupft, kehrte Castiel zu Dean zurück. Er hatte drei Dämonen erwischt und für immer ausgeschaltet.

Jetzt freute er sich darauf die Zeit, die Dean noch im Himmel war, mit ihm verbringen zu können. Er würde sich ihm nicht nähern. Er hatte ein wirklich wirksames Mittel gegen sein Verlangen gefunden: Die Bilder, die zeigten, wie Dean in der Hölle misshandelt worden war taten ihm mit jedem Mal mehr weh, und seine Energien konnte er wunderbar bei der Dämonenvernichtung los werden.

Nein, er wollte einfach nur Deans ungeteilte Gesellschaft genießen.



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