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Lebensdrehungen

Denn es gibt keine Definition
von

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| zwei |

Daniel bereute es, nach Hause gekommen zu sein, als seine Mutter die Tür öffnete. Er sah ihr an, dass es wieder Streit gegeben hatte.

„Hallo, mein Schatz.“ Sie rang sich ein Lächeln ab, „Wie war’s?“
 

„Toll.“, log er murmelnd, rieb sich möglichst unauffällig die Augen. Er hatte verdammt schlecht geschlafen, was ihm überdeutlich anzusehen war.
 

Seine Mutter runzelte die Stirn.

„Wann bist du denn ins Bett?“
 

Gar nicht, ich hab auf einem steinharten, winzigen Sofa geschlafen. Aber er zuckte einfach mit den Schultern und wich der Frage aus.

„Wohin gehst du?“

Sie trug ihre Jacke und zog gerade ihre Schuhe an. Mit mindestens zehn Zentimeter Absatz.
 

„Ach, ich muss noch kurz ins Büro…“, murmelte sie.
 

Daniel hörte seinen Vater im Wohnzimmer verächtlich schnauben.

„Denk dran, den Schreibtisch sauber zu machen, wenn ihr fertig gefickt habt, Emily. Nicht, dass seine Frau noch den Verdacht bekommt, ihr hättet etwas miteinander.“

Arschloch!
 

Sie schloss kurz die Augen und atmete tief durch.

„Wenn ich nicht rechtzeitig zum Mittagessen zurück bin, am Kühlschrank hängt die Karte vom Chinesen.“ Sie drückte ihm einen Zwanzig-Euro-Schein in die Hand und küsste ihn rasch auf die Stirn.

„Bis dann.“
 

„Danke.“, sagte Daniel, „Bis nachher.“

Er steckte das Geld in die Hosentasche, ignorierte seinen Vater und ging nach oben in sein Zimmer, wo er die Schuhe in eine Ecke und die Jacke über den Schreibtischstuhl warf.

Dann legte er sich auf das Bett und starrte die Decke an.
 

War es Liebe? Hatte Erik Recht? War er wirklich in Kevin verliebt? Nun, dachte er, das würde zumindest mein idiotisches Verhalten in letzter Zeit erklären.

Aber schwul? Er? Er hatte noch nie eine Beziehung gehabt, ganz im Gegensatz zu Kevin. Obwohl ihm Kevins Anhängsel eher genervt hatten, statt ihm Lust auf eine eigene Freundin zu machen…

Oder war es Eifersucht? Warum warf ihm Eriks Kommentar so aus der Bahn? Der hatte das vielleicht nur aus Spaß gesagt und gar nicht gewusst, was er damit angerichtet hatte.

Aber wenn er wirklich schwul war, was sollte er dann machen?

Mit Kevin reden?

Kevin, der sich von einem Mädchen zum nächsten hangelte, begehrt wie ein beknackter Promi? Er war der unschwulste Typ, den er kannte.

Und seine Eltern?

Fast hätten ihn seine eigenen Gedanken zum Lachen gebracht. Sein erzkonservativer Vater, der Rassist, war der Meinung, alle homosexuellen Leute gehörten auf den Mars oder sonst wo hin verbannt. Ohne Chance auf Rückkehr. Und seine Mutter hatte genug mit ihrem eigenen Liebesleben zu tun. Ob sie nun eine Affäre mit ihrem Chef hatte oder nicht, zurzeit brachte sein Vater sie oft genug auf die Palme. Sollten sie erst mal ihre eigene Liebe wieder hinkriegen.

Er ging die Leute durch, die er sonst noch kannte. Viele waren es ja nicht und in Frage kam eigentlich keiner. Bis auf Kevin hatte er kaum Freunde.

Erik? Schließlich war der schwul und Schwule hatten angeblich einen Schwulenradar, oder?

Daniel zögerte und verwarf den Gedanken schließlich.

Letztendlich war er überhaupt nicht schwul und hatte sich vollkommen umsonst Gedanken gemacht.

Aber er kam nicht umhin, ein mulmiges Gefühl zu haben, dass sich langsam aber sicher in ihm ausbreitete und ihm die Luft abschnürte.
 

Um sich abzulenken, machte er seine Hausaufgaben. Alle. Er schaffte es sogar, was ihn verwunderte. Normalerweise blieb er zumindest bei Mathe stecken. Blöde Geometrie! Aber gut, er war fertig und ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass gerade mal eine Stunde vergangen war. Stöhnend packte er seine Bücher für Montag in die Tasche. EnglischGeschichteMatheBioKunstKunst.
 

„Daniel!“, brüllte sein Vater von unten.
 

Betont langsam schlurfte er die Treppe runter und hörte das Telefon klingeln.

„Hm?“
 

„Das Telefon klingelt, hörst du doch!“
 

Daniel verdrehte die Augen, war kurz davor, etwas Unfreundliches zu sagen, überlegte es sich aber anders. Er schnappte dich den Hörer und verließ den Raum.
 

„Daniel Jansen, hallo?“
 

„Ich bin’s, hi.“ Kevin.
 

„Was gibt’s?“
 

„Wo zum Henker warst du gestern? Ich hab dich überall gesucht, aber du warst wie vom Erdboden verschluckt. Dein Handy ist auch aus.“

Oh oh. Kevin war wütend, das hörte man ihm an.
 

„Mir ging’s nicht gut, darum bin ich früher gegangen.“, erwiderte Daniel. Das war nicht mal gelogen, er hatte sich schließlich wirklich nicht gut gefühlt.
 

„Es wäre nett gewesen, wenn du mir etwas gesagt hättest. Wir hatten eine Abmachung, schon vergessen?“
 

Leider nicht.

„Du warst da aber gerade sehr beschäftigt.“, sagte Daniel eisig. Was bildete sich der Kerl eigentlich ein, verflixt?
 

Kevin sagte nichts.
 

Daniel seufzte. Besser kein Streit.

„Hör zu, tut mir leid, dass ich dir nichts gesagt hab‘. Klar, dass du jetzt sauer auf mich bist. Aber mir geht’s immer noch nicht wirklich gut, okay?“
 

„Okay.“ Kevin räusperte sich, „Gute Besserung. Kommst du am Montag zur Schule?“
 

Was interessierte ihn die bescheuerte Schule? Er hatte gerade andere Probleme. Bin ich schwul oder nicht? Wenn er sich Kevins Stimme so anhörte, musste er zugeben, dass sie wirklich angenehm klang. Aber das fand jeder. Kevin hatte eine Sexstimme. Alle Mädchen schmolzen bei seiner Stimme dahin wie Vanilleeis in der Sonne. Ich bin aber weder ein Mädchen noch Vanilleeis…
 

„Daniel?“
 

Irgendwie mochte er es ja, wie Kevin seinen Namen aussprach, aber war das Liebe? War er noch nie mit einem Mädchen zusammen gewesen, weil er insgeheim und unterbewusst Gefühle für Kevin hegte? Suchte er deshalb auch ständig seine Nähe? Blödsinn, es ist ganz normal, bei Problemen mit seinem besten Freund zu reden! Und sie kannten sich ja auch schon seit einer Ewigkeit. Da war überhaupt keine Verliebtheit! … Oder?
 

„Daniel! Bist du noch da?“
 

Er zuckte zusammen.

„Hm, was? Ja. Ich bin hier. Was hast du gesagt?“
 

„Du scheinst wirklich durcheinander zu sein. Ich hab gefragt, ob du am Montag in die Schule kommst.“
 

„Ach so. Ja. Ja, ich komme. Holst du mich ab?“

Kevin holte ihn seit zehn Jahren zur Schule ab, weil er zwei Straßen weiter wohnte und Daniels Haus auf dem Weg lag. Trotzdem war sich Daniel kurz unsicher.
 

„Ja, klar.“
 

„Gut.“ Irgendwie war er erleichtert.
 

„Daniel?“, fragte Kevin nach kurzem Schweigen.
 

„Hm?“
 

„Ist sonst alles… in Ordnung mit dir?“
 

Meine Fresse!

Bevor er antworten konnte, rief sein Vater nach ihm.

„Wie lang dauert das denn noch, verdammt! Daniel, ich hab Hunger!“
 

Er grummelte eine Tonfolge Richtung Wohnzimmer.

„Ja, mit mir ist sonst alles in Ordnung. Ich muss unser Mittagessen bestellen. Bis Montag.“
 

„Tschüss.“

Kevin legte auf.
 

Daniel schnappte sich die Karte vom Kühlschrank und ging ins Wohnzimmer.

„Was willst du essen?“
 

„Hühnchen.“
 

Daniel bestellte.
 

„In einer halben Stunde kommt das Essen.“, informierte er seinen Vater.
 

Dieser grunzte.

„War ja klar, dass deine Mutter wieder ewig braucht.“, meinte er gehässig, „Im Bett war sie noch nie die Schnellste.“
 

Daniel seufzte entnervt. Besser nichts sagen. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.

Das würde ein sehr langes Wochenende werden.
 


 

-tbc-
 

xXx
 

Die Kapitel werden jetzt gebetat und ich habe vor, regelmäßig - jeden Freitag oder Samstag - etwas hochzuladen.

Kommentare? *sniff*
 

Danke für's Lesen!

-San



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Onlyknow3
2014-05-02T20:40:14+00:00 02.05.2014 22:40
Was kann Daniel für die Probleme seiner Eltern er hat selber genug mit sich zu tun.
Sehr gut, hat mir gefallen, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Von:  Kris18
2012-03-06T22:01:05+00:00 06.03.2012 23:01
boar
was fürn beschissener vater


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