Zum Inhalt der Seite

Watching your Footsteps

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Sinner

Hey, ein neues Kapitel. Freut ihr euch?

Da hab ich euch nach dem Neu-Uplaod des 18. ja so lang warten lassen, dass es fast so aussah, als würde ich auch nicht weitermachen, was? XD

Also dazu soviel: nein, ich war nicht zu faul. Aber während des letzten Monats befand ich mich in der Endphase meiner Abschlussarbeit für das Bachelor-Studium. Und wie das so ist, auf den letzten paar Metern, der Stress steigt auf 200% an und man kann an nichts anderes mehr denken.

Jetzt, wo das Ding endlich eingereicht ist und bereits eine positive Bewertung erhalten hat, kann ich mich wieder entspannen und auch mal wieder Freude daran haben, Kapitel zu erstellen.

Ich wünsche euch viel Spaß bei der lang ersehnten Fortsetzung...
 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
 


 

Dass sie vor dem Apartmentgebäude gehalten hatten, nahm der Jüngere erst wahr, als Young-Bae ihm die Autotür öffnete und ihm mit sanfter Stimme mitteilte, dass er nun aussteigen müsste. In dieser Sekunde der Überraschung fiel Ji-Yongs stumpfer Blick tatsächlich in die Augen des Älteren. Sie sahen sich bewusst an und am Ende war es nicht Ji-Yong, der diesen Kontakt brach. Es war Young-Bae, welcher seinen Blick zur Seite zwang und ihn bat, nun herauszukommen. Man könnte meinen, er hatte dies getan, um nicht aufdringlich zu wirken, aber dies war nicht der wirkliche Grund. Die Wahrheit war, dass er dem nicht gewachsen war. Ein Blick in diese traurig glanzlosen Pupillen genügte und etwas Kaltes schien sich um sein Herz zu legen. Schien es zu erdrücken. Dies war kaum zu ertragen.

Er atmete einmal tief durch, als sein Freund hängenden Kopfes an ihm vorbei ging, auf den Eingang zu. Young-Bae folgte ihm so schnell wie möglich.

Der Jüngere schritt zwar langsam aber ohne zu Zögern voran, was ihn beinahe wunderte, doch behielt er seinen Abstand, diesmal hinter Ji-Yong und fragte sich währenddessen, ob Seung-Hyun wirklich auf sie wartete. Wenn dieser einfach weggelaufen wäre, hätte er dies sogar verstanden. Nicht gebilligt, aber verstanden.

Im nächsten Moment entging er gerade noch einem Zusammenstoß mit seinem Freund. Ji-Yong war einfach am oberen Treppenabsatz stehen geblieben, seine rechte Hand so fest um das Geländer geklammert, dass sie weiß wurde. Sein Kopf hatte sich gehoben. Er blickte auf ihre Eingangstür, welche nur wenige Meter von ihm entfernt lag.

Young-Bae schluckte. Er beobachtete, wie der Kopf des Jüngeren sich drehte, dessen Blick sich über die Wände tastete.
 

Ihre Farbe war neu. Die Schmierereien von damals hatten nicht entfernt werden können, weshalb sie übergestrichen worden waren. Die Augen konnten ihn nun nicht mehr anstarren. Und trotzdem fühlte er sie ganz deutlich hinter der Schicht neuer Farbe. Eine Gänsehaut breitete sich über seinen Körper aus und befreite ihn aus seiner Starre. Er konnte hier nicht bleiben.
 

Young-Bae war erleichtert, als sein Freund von allein weiterging. Sobald genügend Platz vorhanden war, überholte er ihn und zog seinen Schlüssel hervor. Ungute Vorahnungen beschlichen ihn, während er versuchte, diesen in das Schloss zu bekommen und er flehte. Er wusste nicht, wohin sein Flehen reichen würde, aber es kam ihm vor wie ein Stoßgebet.
 

Bitte, bitte lass alles gut gehen. Bitte lass Ji-Yong wieder...gesund werden.
 

Aber was für eine Krankheit hatte er eigentlich?

Noch bevor er über diese seltsame Frage nachdenken konnte, klickte das Schloss und die Tür sprang auf. Um dem Jüngeren zu zeigen, dass alles in Ordnung war, trat er zuerst ein und rief wie an einem ganz normalen Tag in die Räume, dass sie zurück waren. Young-Bae war selbst überrascht, wie ruhig seine Stimme klang.

Die Tür zum Wohnzimmer sprang auf und Seung-Hyun stürmte auf ihn zu. Der Ältestete hatte erwartet, Ji-Yong zu sehen, hatte versucht, sich seelisch so gut es ging darauf vorzubereiten und nun stand nicht er sondern lediglich Young-Bae im Flur. Sofort packte er diesen an den Schultern, in Gedanken all seine düsteren Vorstellungen bündelnd.
 

"Wo ist Ji-Yong? Ist ihm was passiert? War es doch noch zu früh-"
 

"Hyung, du darfst nicht so laut sein."

Mit dieser sanften Zurechtweisung deutete der Jüngere nach draußen. Vor der Tür stand ihr Leader, die Finger in den Rand seines T-shirts gegraben. Das Gesicht strikt dem Boden zugewandt schien er darauf zu warten, dass ihm erlaubt wurde, einzutreten.

Etwas überrumpelt ließ Seung-Hyun von seinem Freund ab und trat sogleich einen Schritt zurück, wieder das Bedürfnis bekämpfend, Ji-Yong nah zu kommen.

Warum...warum...warum er...
 

"Ji-Yonga...schön, dass du wieder zurück bist.", quälten sich die Laute aus seinem Mund, ohne dass sie ihm ganz bewusst waren. Wie sollte er diesen Anblick überleben? In dieser Sekunde kam es ihm unmöglich vor, bei Verstand zu bleiben.

Nur für den Bruchteil einer Sekunde hob Ji-Yong seinen Blick, ihre Augen trafen einander und es war als würde die Zeit stillstehen und mit ihr Seung-Hyuns Herz. Er las so viel in diesem kurzen Blick, dass ihm fast schlecht wurde, so viel Verzweiflung, Angst, so unglaublich viel Schmerz. Fast hatte er es nicht mehr ertragen können, fast wäre er unter der Last dieses Augenblicks zusammengesunken, doch der andere senkte seinen Kopf fast im gleichen Moment wieder, sagte nichts, sondern streifte sich nur die Schuhe von den Füßen und schob sich an den beiden Älteren vorbei, den größtmöglichsten Abstand zu ihnen wahrend. Seung-Hyung versuchte vergeblich noch einen Blick von ihm zu erhaschen
 

"Ich geh duschen."

Ji-Yongs Worte waren genuschelt, fast unverständlich und schon war er verschwunden, hatte die Tür hinter sich geschlossen und ließ die beiden verwunderten Männer hinter sich zurück.
 

Seung-Hyun stieß die Luft aus, die er angehalten hatte und sank gegen die Wand, schloss die Augen und versuchte, sein rasendes Herz zu beruhigen.
 

"Gib ihm einfach Zeit."
 

Ja, das würde er. Er hatte natürlich nicht erwartet, dass alles gut sein würde, sobald Ji-Yong und er sich wieder gegenüberstanden, das wäre dumm gewesen. Aber es war schwierig. Es war schwierig, ihn nicht in den Arm zu nehmen, nicht zu wissen, was man sagen konnte, wie man etwas sagen konnte. Und ein wenig spürte er auch Enttäuschung in sich aufsteigen und hasste sich im selben Moment dafür, denn es war unsinnig und egoistisch.
 

"Ich weiß..." Das war alles, was er dazu sagen konnte. Er legte den Kopf gegen die kühle Wand, atmete einmal tief durch. Er musste stark sein und Ji-Yong geben, was er ihm geben konnte. Auch wenn ihn das seine gesamte Kraft kosten würde, das war es ihm wert. Das war ihm Ji-Yong wert. Er musste sich nur selbst wieder unter Kontrolle kriegen.
 

"Wir sind wieder zuhause!"

Dae-Sung streckte den Kopf zur Wohnzimmertür herein und lächelte fröhlich. Er entdeckte sofort Seung-Hyun und Young-Bae die auf dem Sofa saßen und sich unterhielten, aber Ji-Yong konnte er nirgendwo entdecken. Hinter ihm trat Seung-Ri ein und auch er schien sich zu fragen, wo ihr Leader abgeblieben war.
 

"Da seid ihr ja wieder. Habt ihr euch die Zeit gut vertrieben?"
 

"Geht so, wir wollten zuerst in die Spielhalle, aber sind dann nur was trinken gegangen. Ihr wisst schon in diesem kleinen Cafe, wo... ach ihr wisst schon..." Seung-Ris Stimme erstarb mitten in seinem Bericht, es gab im Moment Wichtigeres. "Wo ist denn Ji-Yong? Hat er sich hingelegt? Wie geht es ihm?" Sein Gesicht war sorgenvoll und er versuchte so leise wie möglich zu reden.
 

"Er ist nur unter der Dusche", erklärte Young-Bae und fügte nach einem Blick auf die Uhr hinzu: "Und das seit fast einer halben Stunde. Und naja... es ist schwer zu sagen, ich glaube es geht ihm nicht besonders, aber das wäre wohl auch ein Wunder. Er spricht kaum ein Wort und versucht, immer großen Abstand zu halten." Young-Bae blickte ernst in die Runde. "Ich hatte vorhin noch ein längeres Gespräch mit Dr. An. Er sagt, dass es extrem wichtig ist, dass wir Ji-Yong nicht zu nahe kommen, wenn er es nicht möchte und ich bitte euch inständig, das zu beachten. Dr. An hat mir zwar Beruhigungsmittel für den Fall der Fälle mitgegeben, aber ich möchte sie Ji-Yong eigentlich nicht geben müssen und ich denke, euch geht es nicht anders."
 

Seung-Hyun bemerkte, dass der Blick des anderen ein wenig länger an Seung-Ri hängen blieb, woraufhin dieser beschämt den Seinen abwand. Es war nur eine sehr kleine Geste gewesen, aber sie sprach Bände. Auch darüber, wie nah sich die beiden inzwischen standen.

Seung-Hyun wollte auch noch etwas sagen, aber er hörte, wie die Tür zum Badezimmer geöffnet wurde und konnte nicht anders als aufspringen und in die offene Wohnzimmertür treten um nachzusehen, ob bei Ji-Yong alles in Ordnung war. Er sah immer noch müde und schlaff aus, sein Blick wanderte unstet über den Boden und die Wände.
 

"Hey, Ji-Yonga..." Seung-Hyuns Stimme war leise und sanft, aber der Jüngere zuckte trotzdem zusammen und blieb stehen, als wäre er von einem Moment auf den anderen zur Salzsäule erstarrt. Dann schien er zu registrieren, dass es nur Seung-Hyun war, der sprach und entspannte sich wieder. "Kann ich etwas für dich tun?"
 

Ji-Yong schüttelte den Kopf.
 

"Mach dir keine Umstände..."

Er schlurfte weiter in Richtung ihres Zimmers und Seung-Hyun überlegte, ob er ihm folgen sollte, ließ es aber. Er war hin- und hergerissen zwischen dem Bedürfnis, nein dem Zwang, Ji-Yong zu helfen und der Angst, ihm zu nahe zu treten. Es würde sicher noch eine ganze Weile dauern, bis er den richtigen Mittelweg gefunden hätte.

In einer halben Stunde würde er nochmal nach Ji-Yong sehen.
 

Doch diese 30 Minuten erschienen ihm länger als sie es je in seinem Leben getan hatten. Er vebrachte sie im Wohnzimmer, gemeinsam mit den anderen. Normalerweise wären sie alle nun mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt. Dies geschah zumeist, wenn ihnen ein paar freie Tage vergönnt waren. Aber es war kein freier Tag. Heute hätten Big Bang einen Gastauftritt gehabt und endlich wäre wieder ihr Leader bei ihnen gewesen. Endlich wieder vollständig, ohne große Sorge um Ji-Yong, da er ihn nun im Auge haben könnte. Gedanken wie diese waren Seung-Hyun noch vor zwei Tagen durch den Kopf gegangen.

Endlich...die Zeit war um.

Seine Hand griff die Klinke ihrer Schlafzimmertür und öffnete sie. Der Älteste erwartete, seinen Freund in dessen Bett vorzufinden. Vielleicht schlafend. Ein solch friedlicher Anblick hätte ihn erleichtert. Jedoch wie er ins Zimmer sah, fand er niemanden. In leichter Panik ließ er seinen Blick schweifen.
 

"Ji-Yonga?"

Weiter hinten im Raum tat sich auf der rechten Seite eine Bewegung. Er ging weiter hinein und dabei erkannte er, wo der Jüngere sich versteckt hatte. Leicht aus der Bahn geworfen kehrte Seung-Hyun ins Wohnzimmer zurück und ließ sich auf das Sofa sinken, den Kopf in die Hände gelegt. Die anderen sahen ihn neugierig an und Dae-Sung legte ihm eine Hand auf den Rücken, als wollte er ihn trösten, ihm sagen, dass sich alles zum Guten wenden würde.
 

"Was macht er denn?", fragte Young-Bae vorsichtig. Der Älteste fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht und sah ihn an.
 

"Er hat sich in seine Decke eingewickelt und...sitzt unter dem Schreibtisch."
 

"Unter dem...oh Gott...", flüsterte Seung-Ri sehr leise, doch sie konnten es alle hören. Und wenn Seung-Hyun ehrlich war, hatte er das Selbe gedacht, als er es sah. Von ihrem Leader war nichts mehr übrig geblieben.
 

"Hey, jetzt hört auf." Young-Bae erhob sich von seinem Platz, um einige Schritte durch das Zimmer zu machen. "Wir wussten alle, dass er sich anders verhalten würde. Und es ist logisch, dass er sich schützen will. Wenn er glaubt, dass es ihm in diesem Versteck besser geht, dann soll er dort bleiben...vorerst."

Und sie alle wussten, was dies bedeutete. Sie würden zu kämpfen haben.
 

Ji-Yong ging es gut in seinem Versteck. Hier konnte er bleiben und am liebsten war es ihm, sich nie wieder einen Zentimeter von diesem Ort fort zu bewegen.

Doch auch hier schaffte es nicht, ruhig zu bleiben. Schaffte er es nicht, das durchlebte zu verdrängen. Seine Hände tasteten sich unter der Decke hervor. Er betrachtete sie verzweifelt.

Er wollte umarmen, aber nicht umarmt werden.

Wenn er ihn doch nur in die Arme schließen könnte, dann wäre alles in Ordnung, dann könnte er vergessen. Er war sich sicher, dass ihn dies retten würde. Die Nähe Seung-Hyuns. Aber er konnte sie nicht bekommen.

Ji-Yong rieb seine Hände aneinander. Mit starkem Druck fuhr er wieder und wieder über seine Haut, doch es änderte sich nichts. Er versuchte sie an der Decke abzuwischen. Vergeblich.

Er fühlte den Stoff der Decke um sich, aber sie wirkte nicht mehr weich. Sie war kalt und unangenehm. Er striff sie zitternd von sich und ließ seine Blicke über seine entblößten Beine schweifen, welche nur durch zum Teil durch eine Boxershorts verdeckt waren. Bebend ließ er seine Hand über das Linke gleiten, immer höher, bis sie den Stoff der Hose erreichte und sie ein Stück bei Seite schob.
 

"Nein!", gab er heiser von sich und starrte auf das, von dem er gehofft hatte, dass es nun endlich verschwunden wäre.

Das Mal, welches Min-Ho auf der Innsenseite seines Oberschenkels zurückgelassen hatte, leuchtete mit der selben Kraft wie zuvor. Immer noch da, in seiner blassen Haut. Das Rot und Violett lachten ihn hämisch an.

Panisch kam er auf die Beine und stürzte aus dem Zimmer. Die anderen hörten es und sprangen sofort auf, um zu sehen, wo er hinlief. Doch er ignorierte sie. Lief einfach weiter, zurück ins Badezimmer und vergaß in seiner Hektik, die Tür zu verschließen. Er achtete nicht einmal darauf, ob sie ins Schloss fiel.

Sein einziger Gedanke war jener, welcher ihn seit gestern beherrschte. Er musste sauber werden.

Warum schaffte er es nicht?

Hatte er noch nicht fest genug geschrubbt?

Völlig davon eingenommen stolperte Ji-Yong in die Dusche, nicht einmal bemerkend, dass er noch seine Boxershorts trug und nur das T-shirt von sich geworfen hatte. Er riss den Lappen samt Haken von der Wand und begann ein weiteres Mal, während kochend heißes Wasser auf ihn herunterprasselte. Doch egal wie rot seine Haut auch wurde, es verschwand nicht, wurde nicht blasser. Ließ ihn nicht los.
 

"Verschwinde doch endlich! Verschwinde!" schluchzte er unter Tränen. Schrubbte gnadenlos über seine Beine und Arme, wie er es bereits im Krankenhaus getan hatte. Wie er es vorhin getan hatte.

Und wie oft würde er es noch tun müssen, bis dieses Mal von ihm genommen werden würde?

Ji-Yongs Haut war krebsrot, als er den Lappen endlich sinken ließ. Schluchzend vergrub er das Gesicht in den Händen, sein ganzer Körper zitterte und ihm war trotz des dampfenden Wassers kalt. Er sank auf die Beine, sein Kopf fiel schlaff gegen die weißen Fliesen.

Er wollte, dass endlich diese Spuren von seinem Körper verschwanden, die ihn hässlich und schmutzig machten. Sie sollten verschwinden und den Schmerz, die Erinnerungen an diese schlimmen Stunden mitnehmen, auf dass sie sich nicht mehr in sein Herz fressen und ihn wahnsinnig machen konnten.

Ji-Yongs Hand löste sich langsam von seinem Gesicht und wanderte unsicher zum Rand der Dusche. Sie umklammerte eine Kante und er versuchte wieder auf die Beine zu kommen. Die Welt drehte sich vor seinen Augen. Fast wollten ihn seine Beine nicht tragen, er schwankte gegen die Armaturen, doch spürte keinen Schmerz. Dann zog er den Duschvorhang zur Seite und taumelte nur aus der Dusche, hin zum Waschbecken.

Dieses schmutzige Mal musste verschwinden und er wusste, wie er es entfernen konnte. Es durfte ihn nicht weiter angrinsen und jedes Mal, wenn er an sich heruntersah, neue Schmerzen in ihm auslösen, weiter sein Herz zerreißen.

Einen Moment blieben seine Augen an seinem eigenen Spiegelbild hängen. Er hätte kotzen können, denn es war nicht er selbst, der ihn aus dem Spiegel anstarrte, es war der grinsende Geist seiner Verzweiflung. Dann riss er die Tür des Badezimmerschränkchens auf, kramte mit zitternden Händen nach etwas, das die Erinnerung aus ihm herausschneiden könnte.
 

Seung-Ri war aufgeschreckt, als er die Badezimmertür zufallen hörte. Er verdrehte den Kopf, um einen Blick in den Flur erhaschen zu können, aber es hatte nur Ji-Yong sein können.

Er erwartete, dass die Tür gleich wieder aufgehen würde, doch stattdessen hörte er, wie erneut das Wasser der Dusche aufgedreht wurde und Sorge stieg ihn ihm hoch.
 

"Sagt mal... war Ji-Yong nicht erst vorhin unter der Dusche?"
 

Die anderen, welche Seung-Ris Blick gefolgt waren, wandten ihre Augen nun betreten dem Boden zu. Vor allem Young-Bae und Seung-Hyun hatten Schwierigkeiten ihre Unruhe zu kaschieren.
 

"Ja.", antwortete der Älteste letztlich, weigerte sich aber, Seung-Ri anzusehen. Wie sollten sie dies erklären? Sie verstanden es ja selbst kaum. Wer von ihnen könnte nachvollziehen, wie es Ji-Yong ging? Wer von ihnen konnte sich die Gedanken ihres verletzten Freundes ausmalen? Wer würde das wollen?

Der Jüngste horchte weiterhin in den Flur hinein, in der Hoffnung, dass das Rauschen des Wassers bald erstarb. Aber viele Minuten lang veränderte sich nichts und die Frage, was Ji-Yong in diesem Moment durchmachte, fraß sich immer weiter in ihn hinein. Er wusste, dass er nicht die beste Person war, um sich darüber aufzuregen, wie die anderen sich verhielten, aber einfach nichts zu tun, konnte nicht die Lösung sein.

Er sprang auf und lief energischer Schritte auf die Tür zu.
 

"Ich gehe jetzt nachsehen, was er da macht."
 

Young-Bae sah erschrocken auf und blickte dann zu Seung-Hyun, welcher den Kopf schüttelte.
 

"Seung-Ri, ich denke nicht, dass das eine gute Idee wäre."
 

Der Jüngere drehte sich ruckartig um und bedachte seinen Freund eines verwurfsvollen Blickes.
 

"Ach? Und es einfach zu ignorieren und darauf zu warten, dass etwas Schlimmes passiert ist besser?" Dies war nahezu ein Schlag ins Gesicht und auch Seung-Ri schien es sogleich bewusst zu werden, da er sich die Hand vor den Mund schlug. "Entschuldige. Das wollte ich nicht sagen...ich geh jetzt fragen, ob er was braucht.", murmelte er daraufhin nur noch und war dann in Richtung Bad verschwunden.

Vor der Tür angekommen wich seine Entschlossenheit der Angst. Er musste an den Blick denken, welchen Ji-Yong ihm im Krankenhaus zugeworfen hatte.
 

Bitte, sieh mich nicht mehr so an.
 

Er musste es schaffen, es besser zu machen, sonst würde er für immer von Albträumen geplagt werden.

Leise klopfte er an, doch wie erwartet bekam er keine Antwort. Nach dem dritten Versuch war er mehr als beunruhigt.
 

"Hyung, ich...ich bins. Seung-Ri. Ich komm jetzt rein, OK?", kündigte er unsicher an und öffnete vorsichtig die Tür. Sofort kam ihm eine gewaltige Dampfwolke entgegen, welche ihn heiß überrollte. "Was-?", stieß er halb erstrickt hervor und sah zur Dusche hinüber, in welcher zwar das Wasser lief, aber niemand duschte. Mit einem Schritt stand er mitten im Raum.
 

"Hyung, was tust du?"
 

Ji-Yong saß auf den Boden vor dem Waschbecken, um ihn verstreut irgendwelche Dinge. Medikamente, Haarbürsten, Haarspray. Sie schienen aus dem offen stehenden Spiegelschrank gefallen zu sein. Der Jüngere trat noch ein Stück näher heran und schreckte beinahe wieder zurück. Die Haut seines Freundes war nahezu von leuchtendem Rot. Er war durchnässt, genauso wie die die Boxershorts, die er trug. Als SeungRis Blick daran hängen blieb, erkannte er auch, was er in der Hand hielt.

Seine Augen weiteten sich und für den Bruchteil einer Sekunde glaubte er, sich nicht bewegen zu können. Ji-Yong war im Begriff eine Rasierklinge auf seinen nackten Oberschenkel herunter zu senken. Wie das Badezimmerlicht darauf traf und refelktiert wurde, erwachte der Jüngere endlich.
 

"Nicht!", rief er und stürzte auf Ji-Yong zu, um ihn von einer solchen Dummheit abzubringen. Dieser riss erschrocken den Kopf hoch, scheinbar hatte er ihn gar nicht bemerkt. Dabei senkte sich die Klinge leicht in seine Haut und zog einen Schnitt neben dem Mal, das er entfernen wollte. Seung-Ris Hände streckten sich nach ihm aus und Ji-Yong wollte sie mit einem angsterfüllten Schrei abwehren.
 

"Ah! Hyung, bitte!"

Schmerz fuhr durch den Unterarm des Jüngeren. Die Klinge hatte ihn im Gerangel getroffen, doch er war entschlossen, weshalb seine Hand wieder zugriff und nun endlich das Handgelenk seines Freundes zu packen bekam.
 

Die Panik kehrte zurück.
 

"Nein! Lass los! Lass los!!!"

Ji-Yong kam auf die Beine und versuchte sich loszureißen. Seine freie Hand schlug nach Seung-Ri, welcher es ein weiteres Mal schaffte, ihr auszuweichen und endlich die Rasierklinge zu packen bekam. Er riss sie ihm aus der Hand, erleichtert, es geschafft zu haben.

Ji-Yong war außer sich.
 

"Gib sie zurück!!! Ich brauche sie!!!"
 

"Nein!! Hyung, sei vernünftig!"
 

"Gib das her!!"

Der Ältere hörte nicht zu. Er brüllte nur und ging auf ihn los. Seung-Ri spürte einen Schlag in die Seite, doch er blieb standhaft. Solang Ji-Yong nur ihn schlug, würde er sich nicht weiter verletzen.

So konnte er es wieder gut machen.
 

Seung-Hyun war aufgesprungen, als er die Schreie aus dem Badezimmer vernommen hatte. Das konnte alles nichts Gutes bedeuten, er würde dazwischengehen, egal was passiert war.

Doch als er es betrat und auch ihm die feuchte Hitze entgegenschlug, als er sah, dass Seung-Ri das Handgelenk des anderen festhielt, dass er blutete, konnte er für einen Moment überhaupt nichts tun. Er versuchte zu verstehen, was hier gerade passiert war, konnte es aber nicht.

Es dauerte zu lang, bis er erkannte, dass es in diesem Moment überhaupt keine Rolle spielte. Fragen konnte er auch hinterher noch stellen. In diesem Moment war es nur wichtig, die beiden zu trennen und dafür zu sorgen, dass Ji-Yong sich wieder beruhigte.
 

"Stop!! Hört sofort auf!!", rief er mit fester Stimme, aus der er jedes Zittern, dass sich in seinem inneren anschleichen wollte, verbannt hatte. Seung-Ri schreckte kurz auf, als er den Älteren hörte, doch Ji-Yong zeigte keine Reaktion. Er war viel zu sehr in Rage, schlug um sich und kreischte unverständliches Zeug.

Seung-Hyun dachte nicht über das nach, was er als nächstes tat. Er streckte den Arm aus, nahm Seung-Ri an der Schulter und schob ihn hinter sich, während er einen Schritt nach vorn machte und zwischen die beiden Männer trat. Er ahnte, dass er allein durch seine Stimme Ji-Yong diesmal nicht zur Ruhe bringen konnte, deswegen versuchte er es gar nicht. Er packte den Jüngeren nur an den Oberarmen und presste ihn an sich. So leid es ihn in diesem Moment tat und so sehr er diese Nähe eigentlich verhindern wollte, für diesen Augenblick ging es nicht anders. Ji-Yong musste sich beruhigen, bevor er sich selber wehtat. Wie nah er noch vor wenigen Minuten genau davor gestanden hatte, wusste Seung-Hyun nicht. Aber wenn er es geahnt hätte, wäre es ihm wahrscheinlich doch lieber gewesen, dass der Jüngere im Badezimmer Amok lief.
 

"Seung-Ri, Handtuch!!", bellte Seung-Hyun, der alle Hände damit zu tun hatte, Ji-Yong festzuhalten.
 

"Was... ich..."
 

"Schnauze, HANDTUCH!!"
 

Seung-Ri wurde aus seiner Starre gerissen und griff nach dem großen, durchnässten Handtuch, das neben ihm auf dem Boden lag. Er drückte es Seung-Hyun in die Hand und war nicht böse, dass er ihn angeschrieen hatte. Beinah war er dankbar. Paralysiert in der Gegend herumzustehen, wenn er doch eigentlich helfen wollte, war nicht besonders hilfreich.
 

Warum wurde ihm seine einzige Chance, sich von dem Schmutz, dem Beweis für seine Schande zu trennen, genommen? Er hätte nur einige Sekunden mehr gebraucht, dann wäre es verschwunden gewesen. Dann wäre er endlich erlöst.

Ji-Yongs verwirrter Geist war nur von diesem einen Wunsch erfüllt. Er musste die Klinge wieder in seinen Besitz bringen. Koste es, was es wolle. Dass er dabei völlig durchdrehte, nahm er kaum bewusst wahr. Um ihn herum befanden sich Dampf und Schatten. Und als Seung-Hyun ihn packte, ihn einfing, da erkannte er ihn nicht.
 

"Lass mich frei!!!!! Geh weg!!!!!!!!!"

Ji-Yong kämpfte, wehrte sich. Trat nach dem Älteren, schlug gegen seine Brust. Aber es nützte nichts, dieser blieb standhaft. Nur für eine Sekunde ließ er von ihm ab, doch die Zeit genügte nicht, um zu er fliehen konnte. Ji-Yong spürte wie das nasse Handtuch fest um ihn gelegt wurde. Seung-Hyun schnürte ihn regelrecht darin ein, sodass er kaum noch ausreichend Bewegungsfreiheit hatte, um mehr zu tun, als zu zucken und mit den Beinen zu strampeln.
 

"Seung-Ri, aus dem Weg!"
 

Der Jüngere riss die Badtür soweit auf, wie es ging, dann trat er bei Seite, um Seung-Hyun hindurch gehen zu lassen, welcher ihren schreienden Leader hochgehoben hatte und ihn nun fest an sich gepresst hielt. Als er Ji-Yong in den Flur hinaustrug, schien dessen Panik ihre nächste Stufen zu erreichen. Er begann zu weinen, zu flehen, dass er ihn gehen lassen sollte. Seung-Hyun aber war unerbittlich, auch wenn es ihm das Herz brach.

Natürlich standen auch Dae-Sung und Young-Bae im Gang und schafften es gerade so, den Tritten Ji-Yongs auszuweichen.

Sofort folgte Dae-Sung ihrem Ältesten. Dieser würde vielleicht Hilfe brauchen.
 

Young-Bae wiederum machte sich mehr Sorgen darum, wo Seung-Ri abgeblieben war. Schnellen Schrittes trat er ins Badezimmer und fand diesen dort stumm weinend auf dem Boden sitzen. Der Ältere stellte die immer noch laufende Dusche endlich ab und hockte sich vor ihn. Gerade wollte er seine Hand nach dem von Trauer und Schmerz geprägten Gesicht ausstrecken, als ihm auffiel, dass Seung-Ri eine Hand auf seinen Unterarm presste.
 

"Was ist hier passiert? Warum ist Ji-Yong ausgerastet?"
 

"Hyung...", presste sein Gegenüber unter Tränen hervor. Er hob die Hand vom Arm, Blut quoll darunter hervor und tropfte auf den Boden. Zwischen den Finger hielt er die ebenfalls von Blut verschmierte Rasierklinge. "Er...er wollte sich schneiden. Am Oberschenkel...ich weiß nicht, warum...aber ich musste doch etwas tun..."
 

Young-Bae betrachtete seinen Gegenüber ganz genau. Er war unruhig, sein Blick unstet, er konnte sich an nichts festhalten, er konnte ihm nicht in die Augen blicken. Seine Hände zitterten und fast hätte er die blutige Klinge fallen gelassen, aber er hielt sie wie etwas, dass ihn davor bewahrte, den Verstand zu verlieren.
 

"Ich habe ihn abgehalten... er hätte sich sonst verletzt. Das hätte ich mir... hätte ich mir nicht verzeihen können und jetzt... ist schon wieder so ein Unglück... es ist schon wieder passiert und ich bin Schuld..."

Seung-Ri atmete tief ein, seine Stimme vibrierte von unterdrückten Schluchzern, dann ließ er den Kopf sinken, als hätte er keine Kraft mehr, ihn zu halten.
 

Young-Bae sank auf die Knie und rutschte ein bisschen näher an seinen Freund heran, dann legte er die Hand auf seine tränenfeuchte Wange, wischte sie trocken und streichelte sie zärtlich.
 

"Sag so etwas nicht", bat er ihn und auch seine Stimme zitterte leicht. Er hasste es, den Geliebten so leiden zu sehen, er hasste diese gesamte verdammte Situation. "Das Ganze ist nicht deine Schuld, wirklich. Das darfst du nicht denken. Es ist gut, was du gemacht hast. Ich will mir wirklich nicht vorstellen, was ansonsten passiert wäre!"

Seung-Ri hob langsam den Kopf und Young-Bae zwang sich zu einem Lächeln von dem er hoffte, dass es beruhigend wirken würde, aber da war er sich nicht so sicher.
 

Der Jüngere wollte es erwiedern, doch es blieb bei einem Versuch. Er konnte einfach nicht erfassen, was erneut geschehen war. Young-Bae hatte recht. Es war nicht seine Schuld, er hatte Ji-Yong doch helfen müssen. Seung-Ri kämpfte innerlich mit sich, um die Überzeugung seines Freundes teilen zu können. Aber es verblieb diese leise Stimme in ihm, welche ihn daran erinnerte, dass er es besser hätte tun müssen. Auf eine Art, die ihren Leader nicht dazu gebracht hätte, sich zu vergessen.

Diesen Weg jedoch gab es überhaupt nicht und darüber konnte er sich nicht bewusst werden.
 

Während sein geliebter Freund sich all diese Gedanken machte, betrachtete Young-Bae mit zunehmendem Unbehagen die Wunde an seinem Arm, die noch immer leicht blutete. Der Schnitt musste tief sein. Er stand auf und schnappte sich eines der kleinren Handtücher, um es fest um den verletzten Arm zu binden. Seung-Ri zuckte schmerzerfüllt zusammen.
 

"Hyung, was machst du?"
 

"Wir werden jetzt zum Arzt fahren."
 

Verwirrt ließ sich der Jüngere auf die Beine ziehen. Sogleich hielt er sich an seinem Freund fest. Ihm war schwindelig. Young-Baes Hand griff nach der seinen und entnahm ihr endlich die Rasierklinge. Sie noch länger zwischen den zitternden Fingern zu sehen, hätte er nicht über sich gebracht. Mit einem gezielten Wurf ließ er sie im Mülleimer verschwinden und zog Seung-Ri in den Flur hinaus.
 

"Der Schnitt muss genäht werden."
 

"Meinst du?"
 

"Ja. Jetzt komm."

Er wollte nur noch hier raus. Nichts lieber als mit Seung-Ri nur für eine halbe Stunde verschwinden. Young-Bae half dem Jüngeren gerade in dessen Schuhe, als Dae-Sung zu ihnen stieß, welcher sehr abgekämpft wirkte. Sorgenvoll betrachtete er Seung-Ri und stutze bei dem Handtuch um seinen Arm.
 

"Wo geht ihr hin?"
 

"Zum Arzt. Ji-Yong hat ihn vorhin im Gerangel geschnitten."
 

Dae-Sungs Augen weiteten sich ungläubig und blickten wieder zu Seung-Ri herüber.
 

"Er hatte eine Rasierklinge und Seung-Ri meinte, er wollte sich am Oberschenkel schneiden. Das sagst du am besten Seung-Hyun...vielleicht hat er sich ja verletzt." Letzteres sprach er unsicher aus. Es würde nicht einfach werden Ji-Yong in seinem Zustand zu untersuchen, aber sie konnten dies auch nicht einfach ignorieren.
 

"W-wie geht es Ji-Yong?", fragte Seung-Ri nun leise und seine Augen lagen flehend auf Dae-Sung. Flehend nach einer guten Antwort.

Aber der Ältere schüttelte nur den Kopf und schwieg.

Ji-Yongs hilfloses Wimmern, welches zu ihnen herüberwehte, ersparte ihm jedes Wort.
 

Seung-Hyun hatte seinen strampelnden und schreienden Freund durch den kleinen Flur in ihr Zimmer getragen und dann so vorsichtig, wie es unter diesen Umständen ging, auf sein Bett gelegt. Er nahm schnell Abstand, versuchte aber dennoch den anderen irgendwie zu fixieren, damit keiner von ihnen sich verletzte.

Er musste Ji-Yong wieder ruhigstellen, aber wusste nicht, wie. Die einzige Idee, die er hatte, war, sich den anderen einfach austoben zu lassen, aber das erschien ih micht die beste Lösung zu sein.
 

Ji-Yongs Augen waren tränenverschleiert und er wand sich noch immer wild unter dem festen Griff des anderen.
 

"Lass mich los, lass mich verdammt nochmal los!", kreischte er.

Es klang wild und hysterisch und Seung-Hyun zerriss es bei diesen Worten das Herz, obgleich er wusste, dass sie gegen einen unsichtbaren Peiniger gerichtet waren und nicht gegen ihn. Gerne wäre er dem Wunsch seines Freundes nachgekommen, aber er konnte nicht zulassen, dass er sich etwas tat. Solangeer noch so in Rage war, musste er ihn einfach festhalten.
 

"Ji-Yong, bitte sieh mich an" Seung-Hyun versuchte seine Stimme sanft, aber eindringlich klingen zu lassen, doch er hörte sie selbst kaum, da Ji-Yong angefangen hatte zu brüllen. Laut und hoch. es klingelte in seinen Ohren und er wusste nicht, wie er es beenden sollte.
 

Im Türrahmen stand Dae-Sung und betrachtete die Szene, ohne sich rühren zu können. Viel zu geschockt vom Verhalten ihres Leaders. Und selbst wenn er gekonnt hätte, er hätte nicht gewusst, was zu tun wäre. Dabei wollte er doch helfen.

Langsam ebbte Ji-Yongs Stimme allerdings ab, bis es nur noch ein Wimmern war. Nun hatte doch die Erschöpfung gesiegt und so hörten auch seine Beine auf, wild um sich zu treten. Tränen liefen aus seinen Augenwinkeln und Seung-Hyun wagte es schließlich, seinen Griff zu lösen und den Freund aus dem nassen Handtuch zu befreien, das noch immer seine Bewegungsfreiheit einschränkte.

Ji-Yong rollte sich auf die Seite, weinend, schluchzend und zog die Beine an. Seung-Hyun konnte nicht mehr tun, als eine Decke über ihm auszubreiten, damit sein Freund nicht fror. Wieder einmal fühlte er sich sehr hilflos.

Der Ältere taumelte ein Stück, als könnte er sich nicht mehr auf den Beinen halten, doch es ging noch. Er schloss die Augen für einen kurzen Moment und besann sich wieder. Es war jetzt vorbei. Er hatte es geschafft.
 

"Hyung?"

Dae-Sungs Stimme tauchte neben ihm auf. Dieser war zurückgekommen und hatte ihn am Arm gepackt, als er sah, wie sehr sein Freund schwankte. Seung-Hyun schien noch immer gefangen in dem eben Geschehenen, sodass er ihn mit sanfter Gewalt in Richtung Tür zog.
 

"Komm, wir gehen in die Küche."
 

"Ja.", war die atemlose Antwort, die ihm gegeben wurde.

Sie ließen die Türen ein Stück geöffnet, um hören zu können, wenn Ji-Yong ihre Hilfe bräuchte. Aber beide glaubten nicht daran, dass dieser sie rufen würde. Dies würde er jetzt wahrscheinlich eine lange Zeit nicht mehr tun.
 

Dae-Sung kochte ihnen einen Tee und setzte sich dann zu Seung-Hyun an den Esstisch, welcher Gedankenversunken in seine Tasse starrte, ohne sie anzurühren. Dabei bemerkte er, wie still es in der Wohnung war.
 

"Was ist mit Seung-Ri und Young-Bae? Seung-Ri war verletzt."
 

"Sie sind zum Arzt gefahren. Young-Bae meint, dass der Schnitt genäht werden muss."
 

"Oh..."

In dem Kopf des Ältesten tauchte wieder verschwommen das Bild der Szene im Badezimmer auf. Es war grauenvoll mit anzusehen gewesen und wenn sie nichts unternahmen, würde Seung-Ri bald ebenfalls ein nervliches Wrack sein. Seung-Hyun war so unendlich dankbar dafür, dass der Jüngste Young-Bae hatte, welcher sich um ihm kümmern würde. Und er war ebenfalls froh, dass Dae-Sung hier bei ihm war. Sein Freund schien eine solche Kraft und Ruhe auszustrahlen, welche es sogar schaffte, ihn wieder aufzurichten.

Aber in Dae-Sungs Innerem sah es nicht ganz so gelassen aus. Unsicher blickte er zu dem anderen herüber und nahm einen Schluck aus seiner Tasse.
 

"Ich muss dir noch was sagen."

Er schluckte und begann nervös mit dem Gefäß in seinen Händen zu spielen. Das, was Seung-Ri gesehen haben sollte, schockierte ihn unglaublich. Und es würde auch Seung-Hyun aus der Bahn werfen. "Young-Bae hat gesagt, dass Seung-Ri ihm erzählt hat, dass Ji-Yong eine Rasierklinge in der Hand hatte, als er ins Bad kam."
 

Der Ältere merkte auf. Dies war zumindest eine Erklärung für den Schnitt am Arm ihres Jüngsten. Aber...
 

"Warum-"
 

"Seung-Ri meinte wohl, er hat sich am Oberschenkel schneiden wollen...oder hat es schon getan."
 

"Am Oberschenkel..."
 

"Ich denke, wir sollten sicher gehen und nachsehen."
 

Seung-Hyun stieß den Atem schwer aus. Die Vorstellung war unangenehm. Ji-Yong hatte sich eben erst beruhigt, wie sollten sie das anstellen? Er spürte Dae-Sungs Hand auf seinem Oberarm.
 

"Warten wir noch ein bisschen."
 

Der Ältere nickte.

Er bemühte sich, ruhig zu sitzen und abzuwarten. Zwang sich, langsam seine Tasse zu leeren, um Ji-Yong Zeit zu geben, sich zu beruhigen. Und eigentlich wusste er, dass auch er selbst diese Zeit mehr als nötig gehabt hätte, aber die Sorgen zwangen ihn, schon nach kurzer Zeit wieder aufzustehen und den schweren Gang in ihr Schlafzimmer anzutreten.
 

"Bist du sicher, dass du das hinbekommst?"
 

Seung-Hyun nickte. Er würde nachschauen müssen, wenn er jemals wieder ein wenig Ruhe und vielleicht sogar so etwas wie Sicherheit haben wollte.
 

"Ich pack das."
 

Dae-Sung blieb dicht hinter ihm, um einzugreifen, falls es nötig werden sollte, versuchte aber gleichzeitig, dem Älteren nicht auf die Pelle zu rücken.

Ji-Yong hatte sich nicht bewegt, er lag noch immer in Embryonalhaltung auf dem Bett und obwohl mitlerweile auch das Wimmern abgeklungen war, zitterten seine Schultern unter tonlosem Weinen.

Seung-Hyun ließ sich vor dem Bett in die Hocke sinken, langsam, peinlich darauf bedacht, den anderen nicht zu erschrecken und einen neuen Ausbruch zu riskieren.
 

"Ji-Yonga...?", fragte er leise und wartete auf eine Reaktion. Die Augen des Angesprochenen öffneten sich, schienen aber durch den Älteren hindurchzublicken."Ji-Yong, ich möchte nachsehen, ob du verletzt bist, lässt du mich?"

Natürlich erhielt er auf diese Frage keine Antwort, aber das hätte ihn zugegebenermaßen auch sehr überrascht. Er hatte nur Angst davor, Ji-Yong zu berühren, ohne es vorher anzukündigen. Die Augen seines Freundes begannen hektisch hin- und herzuhuschen, als er die Hand ausstreckte, um die Decke beiseite zu schlagen und er krallte sich fest in den bunten Bezug.
 

"Bitte, Ji-Yong, es ist mir sehr wichtig."

Er erwartete fast, dass Ji-Yong anfangen würde zu schreien, als er seine Beine freilegte, aber das geschah nicht. Jedoch war nicht zu übersehen, wie panisch dieser wurde und so beeilte er sich mit seiner Inspektion. Blut konnte er zu seiner Erleichterung nicht entdecken, aber ein großer rotvioletter Fleck grinste ihn von dem schmalen, zitternden Oberschenkel seines Freundes an. Er konnte ihn nicht ganz sehen, da Ji-Yong seine Beine fest zusammengepresst hatte, aber das brauchte er auch nicht, um zu wissen, woher er kam.

Nun war ihm klar, was Ji-Yong mit der Rasierklinge gewollt hatte und er war so bestürzt über diese Tatsache, dass er fast vergaß, dass seine Augen noch immer auf die nackten Beine des Jüngeren geheftet waren. Schnell deckte er ihn wieder zu.

In Ji-Yongs Gesicht stand die Panik und sein Atem ging schnell, aber noch schien er sich unter Kontrolle zu haben und Seung-Hyun war sehr froh darüber. Er wusste nicht, ob seine Kraft ausgereicht hätte, eine weitere Panikattacke seines Freundes zu überstehen. Von seiner Psyche ganz zu schweigen.

"

Siehst du, ich bin schon fertig." Er lächelte und unter anderen Umständen hätte er Ji-Yong wohl durch die Haare gestreichelt, aber er hatte schon fast gelernt, diesen Drang gar nicht mehr in sich aufkommen zu lassen.
 

Allmählich sickerte eine Erkenntnis durch den Jüngeren hindurch in sein Bewusstsein, welches noch von Panik und Angst umschlossen war. Aber es lichtete sich, sodass er verschwommen erkennen konnte, dass es niemand anderer war als Seung-Hyun, welcher vor ihm saß und an ihm heruntersah. Ji-Yong wurde klar, was dieser untersuchte.

Was dieser sehen würde.

Doch als er völlig zu seinem Verstand zurückkehrte, war es bereits geschehen und Seung-Hyun senkte die Decke wieder auf seine Beine.
 

"...Nein...", wisperte er. "Sieh nicht hin....sieh nicht hin..."

Die Worte brachen wie ein leiser Nachhall heiser aus ihm heraus. Es war bereits zu spät, doch er konnte sie nicht mehr aufhalten. Seung-Hyun sah ihn an, lächelte. Er lächelte, obwohl er es gesehen hatte.

Wie konnte er?

Seine Schande war so groß, er wollte man liebsten verschwinden. Für immer. Ji-Yong schob seine Hände vor sein Gesicht und begann erneut heftig zu weinen. Wo all diese Tränen ihre Quelle hatten, konnte er nicht sagen, aber sie kamen ihm einfach so und er musste sie fließen lassen, sonst würde er zerspringen.
 

"Sieh mich nicht an!", presste er lauter hervor und rollte sich noch weiter zusammen.
 

Der Ältere fühlte wie sich seine Brust zusammenzog, als sich das Gesicht seinen Freundes verzerrte und er sich wieder zu verstecken suchte. In der Sekunde, in welcher Ji-Yong ihm verbat, ihn anzusehen, hatte er das Gefühl, sein Herz würde still stehen bleiben. Und es würde nie mehr weiterschlagen können.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (5)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  THEdark_princess
2012-03-23T19:09:04+00:00 23.03.2012 20:09
Hilfe! Ich weiß Jiyong Oppa und Seunghyun Oppa sind zwar die Hauptcharaktere aber wieso schreibt niemand was wegen SEUNGRI OPAA?? ER HÄTTE VERBLUTEN KÖNNEN!! T.T *panisch werd* Mein armer, knuffeliger Pandaaaaaa T.T

Aber das neue Kapitel ist wieder so toll geworden!! <3

Ich liebe deinen Schreibstil sooo dooll *___*
Und deine FF!!! *_____*

Aber natürlich haben die anderen recht; ARMES JIYONG!!!!!! T.T
Ich hoffe auch, dass es ihm schnell wieder besser geht und dass die Therapien helfen ihn die Sache verarbeiten zu lassen und hoffentlich stirbt dieser Dreckskerl Min-Ho eines qualvollen Todes ò.ó DIESER PÄDOPHIELER!!!!!!!! >.<° Ich würde ihn gerne in der Luft zerreißen, dafür was er unserem lebensfrohem Jiyong Oppa angetan hat!! ;'(
Aber gott sei dank ist ja noch Seunghyun Oppa für Jiyong Oppa da!! Er ist so liebevoll und fürsorglich, das kann einem wirklich das herz brechen ;o Aber ich finde es einfach nur toll und fiebere richtig mit :DDD RIESEN LOB AN DIE BEIDEN VERFASSER!! *-*
Von:  Smiloda_VIP
2012-03-21T21:33:44+00:00 21.03.2012 22:33
endlich ein neues Kapitel *_*
... warum hab ich das Gefühl, dass das Vorwort grade an uns gerichtet ist xD Aber ist verständlich ^~^

soo ... nun zum Kapitel
Ich leide so mit Jiyong mit ey >_< Diese Leere ... ich mag nicht, dass der Leader solche Schmerzen spürt ;_;
Ich hoffe, dass es ihm jetzt bald besser geht ... wenigstens irgendeine Veränderung o_o

Irgendwie lässt mich das Ende hoffen ^^ ... ich hoffe, dass sich meine Ahung als wahr erweist ^^ ... ich hoffe du uploadest bald ^~^
Von:  chiara86
2012-03-21T09:00:58+00:00 21.03.2012 10:00
ich freue mich so das es endlich weiter geht.
armer Jiyong. dieses kapitel war echt sehr hart und schwer zu verdauen.
Das kapitel hat mich schwer getroffen ich fühl mich selber richtug verzweifelt.
Hoffentlich geht es ihm bald wieder besser.

freu mich schon auf das nächste kapitel
Von:  YviAmuro
2012-03-20T23:54:58+00:00 21.03.2012 00:54
Ich habe mich auch so gefreut das es weitergeht *Q*
Liebe deine FFs von BB ^~^

jep, der arme Jiyong *schnif*
Und TOP ist soooo süüüß zu GD *-*

muss da auch verarbeiten gehen ;____;
du must schnell weiterabloaden, will das es Jiyong besser geht!!

Von:  Sakurya
2012-03-20T23:41:06+00:00 21.03.2012 00:41
1. Und wie ich mich freue dass es endlich weiter geht!!!! :D

2. Das ist echt nen schweres Stück zu schlucken. Mit jeder Seite wuchs die Hoffnung, dass er sich beruhigt und zumindest Seunghyun in seiner Nähe akzeptiert. Die bloße Anwesenheit. Aber nichts. ;_;
Bitte, bitte lass es Jiyong nicht zu lang so schlecht gehen.
Ich muss nun das Kapitel verarbeiten gehen. Q_Q'

Ich hoffe das nächste Kapitel folgt bald. :(


Zurück