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Das Wunder des Lebens

von

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Brians Augen

XVIII. Brians Augen
 

Es war halb acht, als es an der Haustür klingelte. Jennifer drückte sich hastig den zweiten Ohrring durchs Ohrläppchen, dann eilte sie zu Tür.
 

Justin stand vor ihr, ein wohlgelauntes Lächeln im Gesicht. „Hallo, Mama!“ grüßte er sie fröhlich, während er eintrat.
 

„Hallo Schatz, gut dass du da bist, ich muss gleich los. Hattet ihr einen schönen Tag?“
 

„Ja, Mama, danke fürs Aufpassen! Ich wusste ja von nichts“, antwortete er und steuerte Lilly an, die auf einem Deckchen auf dem weichen Teppich den Wohnzimmers lag und voller Faszination die wippenden Tierfiguren anschaute, die über ihr von einem kleinen Gestellt baumelten, das derartiger Baby-Bespaßung diente.
 

„Was habt ihr denn Schönes gemacht? Oder ist das… geheim…?“ fragte Jennifer.
 

„Nein, nein… Wir waren im Grünen, den Ohio River runter, sind Boot gefahren und sind geschwommen… Es war wirklich sehr schön… Hallo, mein Mäuschen, hast du mich vermisst?“
 

Lilly quietschte vergnügt, als er sie hoch nahm. Sie war mittlerweile in der Lage, zwischen bekannten und unbekannten Personen zu unterscheiden und teilte das in ihren Reaktionen mit. Quietschen, glucksen und lächeln hieß: kenn ich und ist gut – greinen, wimmern und heulen hieß: kenn ich nicht, weg hier.
 

„Das freut mich. Brian gibt sich wirklich viel Mühe, aber daran hatte ich nie Zweifel. Naja… oder inzwischen nicht mehr“, meinte sie und trat zu ihm.
 

„Ja… Molly ist schon weg?“ fragte Justin, der einen unwilligen Laut von Lilly erntete, als er sie erneut ablegte, um ihre Sachen zusammen zu sammeln.
 

„Ja, du hast sie knapp verpasst. Aber ich soll dich grüßen.“
 

„Grüß sie Mal zurück. Wir können demnächst ja vielleicht zusammen mit Gus ins Kino? Wir könnten Ice Age 2 sehen, die Animationen sind klasse und der erste Teil war auch ziemlich lustig.“
 

„War das der mit dem Hörnchen und der Nuss?“
 

„Genau der. Erinnert einen immer ein wenig an Emmet, wenn er versucht zu rennen…“
 

Jennifer musste kurz lachen. „Ja, gerne. Ich wäre ja mehr für „Der Teufel trägt Prada“, aber das dürfte nichts für Kinder sein.“
 

„Stimmt. Außerdem habe ich das zur Genüge zuhause…“
 

„Jetzt tust du Brian aber Unrecht!“
 

„Stimmt… Er trägt auch Gucci, Armani…“
 

Erneut musste Jennifer auflachen. „Brian ist doch sehr liebenswürdig unter seinen Edelklamotten“, verteidigte sie ihren Schwiegersohn.
 

„Teure Hülle, weicher Kern? Sag das bloß nicht in der Öffentlichkeit… Außerdem dürften das seine Angestellten anders sehen, neulich habe ich ihn bei einer Stippvisite bei Kinnetic dabei erwischt, wie er Mal wieder eine Praktikantin zum Heulen gebracht hat.“
 

„Dass Brian kein Weichei ist, dürfte dich wohl kaum überraschen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er seine Angestellten grundlos drangsaliert…“
 

„Nein, tut er auch nicht. Er erwartet von ihnen nur dasselbe wie von sich selbst – und das ist nicht wenig. War Lilly artig?“
 

„Ja, sie hatte ein paar Mal Hunger heute Nacht, aber das ist schließlich normal. Sie ist ein sehr pflegeleichtes Baby, wenn ich da an dich denke…“
 

Das ging noch schlimmer? Justin wollte es gar nicht wissen.
 

„Okay“, sagte Jennifer und schlüpfte in ihre Pumps, „ich muss denn Mal. Hast du alles?“
 

Justin sah sich noch einmal um, dann nickte er. „Ja, ich denke schon. Wenn dir etwas auffällt, ruf mich einfach nachher an.“
 

„Mach ich. Dann gib sie mir doch noch mal.“ Jennifer hob Lilly vorsichtig aus dem ihr von Justin vorgehaltenen Tragekörbchen. „Mach’s gut, Engelchen. Du darfst mich und Molly gerne bald wieder besuchen kommen, versprochen? Ja… Du bist so ein liebes Mädchen…“
 

„Genau“, sagte Justin und grinste, „sag Omi tschüss, Lilly.“
 

Jennifer straffte sich würdevoll. „Genau, sag deiner Oma tschüss. Die ist nämlich sehr glücklich, dass es dich gibt und dass sie deine Großmutter ist, auch wenn ihr missratener Sohn das anscheinend witzig findet.“
 

„Entschuldige Mama…“, versuchte sich Justin aus der Affäre zu ziehen.
 

„Schon gut. Ich kann ja verstehen, dass mein jugendliches Aussehen es absurd erscheinen lässt, dass ich schon Großmutter sein soll…“
 

„Ganz genau!“
 

„Wollen wir hoffen, dass die Jahre auch so freundlich mit dir umgehen… Apropos, hast du deinen Vater in letzter Zeit mal gesehen?“
 

„Ja, ab und an hier, wieso…?“
 

„Ich glaube, er würde sich freuen, wenn du ihn mit Lilly mal besuchst oder ihn einlädst. Er ist schließlich auch ihr Großvater…“
 

Justin legte den Kopf schief. „Stimmt… Du hast Recht… Ich ruf ihn mal an.“
 

„Fahr doch einfach zu ihm rüber. Er ist diese Woche zuhause, renoviert am Haus herum, die Firma ist ja mittlerweile weitestgehend ein Selbstgänger. Witzig, so hatten wir es früher immer geplant…“
 

„Jetzt?“
 

„Warum nicht? Oder hast du was vor?“
 

„Ich muss Gus nachher von der Schule abholen und wollte danach ein paar Bewerbungen tippen… Aber bis dahin… eigentlich nein…“
 

„Na bitte.“
 

„Okay…“
 

„Gut, grüß ihn und sag ihm, dass er sich heute Abend Mal die Holzverkleidung im Keller hier ansehen soll. Ich habe den Verdacht, dass es dahinter schimmelt.“
 

„Das kannst du doch auch selber…?“
 

Jennifer verdrehte die Augen. „Sicher kann ich das!“
 

„Ach so… verstehe…“ Justin grinste süffisant.
 

Er drückte seiner Mutter einen Kuss auf die Wange und machte sich auf den Weg.
 

……………………………………………………………………………………………………………………………………………………………
 

Eine Viertelstunde später parkte er am Kantstein vor dem Einfamilien – oder eher Einmann- Haus seines Vaters ein.
 

Schon von der Straße auskonnte man das vertraute Röhren einer Säge hören. Vorsorglich klingelte Justin Sturm, dennoch dauerte es fast fünf Minuten, bis die Säge verstummt war und sein Vater ihm die Tür öffnete. Er hatte eine Schutzbrille auf und trug Jeans und T-Shirt. Verblüfft musterte er Justin, sein Blick blieb an Lilly hängen.
 

„Hallo Justin… Nanu, was machst du denn hier…?“
 

„Wollte dich mal besuchen. Mama meinte, du seist zuhause?“
 

„Ja, ich baue den Dachboden aus. Außerdem wollte ich Hektor nicht alleine lassen. Komm rein.“
 

Justin folgte der Einladung. „Hektor?“ fragte er.
 

„Ich habe mir einen Hund besorgt. Hatte ja früher immer Hunde… Er ist noch ein Welpe, und er muss sich erst mal eingewöhnen.“
 

„Oh… Ist er das?“ fragte Justin überflüssigerweise, als er Hektors ansichtig wurde. „Das soll ein Welpe sein? Der ist ja jetzt schon drei Dackel…?“
 

„Das ist ein irischer Wolfshund. Der kann einen Meter hoch werden… solange er auf allen Vieren steht.“
 

„Süß… Wolfshund? Weil er so nah am Wolf ist…?“
 

„Nein, weil er Wölfe frisst. Die wurden früher für die Großwildjagd eingesetzt. Eine der ältesten Hunderassen der Welt“, erzählte Craig stolz.
 

„Ja, die Wölfe sind hier im Neubaugebiet von Pittsburgh ein echtes Problem in letzter Zeit…“
 

„Ich wollte nicht so einen Pinscher!“
 

„Das dürfte dir gelungen sein… Zumindest sind in deinem Haus wenigstens noch die Hunde echte Hunde…“
 

„Justin, lass das! Das hat überhaupt nichts mit der… anderen Sache zu tun, okay? Ich wollte nur immer schon so einen Hund. Sie sollen sehr klug sein und einen guten Charakter haben. Komm her, Hektor!“
 

Der Welpe kam vorsichtig um sich schauend angetapst. Seine Pfoten waren geschätzte acht Nummern zu groß, was ihn zum einen sehr niedlich wirken ließ, zum anderen aber von seiner zukünftigen Größe kündete. Justin stellte Lilly auf dem Sofa neben sich ab und ließ sich beschnuppern. Hektor tat das eifrig, dann wedelte er mit dem Schwanz und leckte Justins Finger ab. „Braver Hektor“, lobte Justin, „siehst du, ich schmecke gar nicht nach Wolf! Liebes Monsterbaby!“
 

Craig hatte seine Konzentration mittlerweile wieder auf Lilly gerichtet. „Darf ich sie mal…?“ fragte er.
 

„Klar, du bist schließlich ihr Opa“, meinte Justin nur und kraulte Hektor hinter den Ohren, der begeistert fiepste.
 

Craig schien die Bemerkung gar nicht zu kratzen. Er hob Lilly vorsichtig hoch und gurrte: „Schau mal, Lilly, wer hier ist, dein Opa…“ Offensichtlich war er ein weiteres Opfer Daphnes Welteroberungsplans.
 

Lilly begann zu greinen. „Was hat sie?“ wollte Craig wissen.
 

„Ach, sie fremdelt ein wenig. Das macht sie bei allen, die sie nicht regelmäßig sieht. Das ist nicht böse gemeint“, erklärte Justin.
 

Craig verzog ein wenig betrübt das Gesicht: „Aber nicht doch… Nicht weinen Lilly… Ich bin’s doch…“
 

Lilly ließ sich nicht beirren, aber immerhin steigerte sie sich nicht in ein Heulen.
 

„Willst du sie besser nehmen?“ fragte Craig zweifelnd.
 

„Nein, das ist schon gut. Lass ihr einfach Zeit“, meinte Justin und zupfte Hektor leicht am Schwanz, dass dieser sich völlig verwirrt umschaute, woher das gekommen sein mochte. Soviel zum Thema Klugheit.
 

Craig musterte seine ungnädige Enkeltochter. Ihre Augen hatten begonnen, sich zu verfärben. Jedes Mal, wenn er sie zu Gesicht bekam, waren sie Brians ein wenig ähnlicher geworden, die merkwürdig langen Wimpern hatte sie bereits ganz am Anfang gehabt. Seine Enkeltochter würde ihn mit Brian Kinneys Augen anblicken. Das Leben war doch manchmal wirklich absurd.
 

Aber ihr blondes Haar, die feine Knochenstruktur und die helle Haut zeugten von Jennifers und Justins Erbe. Was hatte sie von ihm abbekommen? Bei sich selbst ließ sich das immer am schwersten sagen. Und es gab ja nicht nur Äußerlichkeiten. Da musste er wohl abwarten oder Jennifer fragen.
 

„Und wie läuft’s mit dem Ausbau?“ fragte Justin.
 

„Ganz gut. Die Isolierung habe ich soweit hin bekommen, jetzt wollte ich mit der Vertäflung beginnen“, erklärte Craig.
 

„Ach, da fällt mir ein“, grinste Justin, „Mama lässt fragen, ob du heute Abend nachschauen kannst, ob es bei ihr im Keller schimmelt.“
 

„Sicher kann ich…“, sagte Craig mit einem schnellen Blick auf seinen Sohn. Sollte der bloß grinsen. Wenn seine Mutter Hilfe brauchte… Und danach könnten sie… „Ach, da fällt mir ein“, sagte Craig. „Ich habe was gebaut… Vielleicht könnt ihr etwas damit anfangen?“
 

„Was denn?“ fragte Justin, dem Hund, der ihn schwanzwedelnd anbetete, Grimassen schneidend.
 

„Komm mit, ich zeige es dir“, meinte Craig und erhob sich, ohne Lilly los zu lassen, die inzwischen nur noch unwillig gnatschte.
 

Er ging voran, Justin und Hektor folgten im Gänsemarsch. Sie traten hinaus in den rückwärtig gelegenen Garten. Die Terrasse war mit einer Arbeitsbank und diversem Gerät vollgestellt, der selten genutzte Pool lag abgedeckt.
 

„Wow“, meinte Justin. „Nicht übel!“
 

„Ja, nicht? Ich hatte ja auch mal eine für dich und Molly im alten Haus gebaut, ihr mochtet sie immer gern und gehalten hat sie auch“, erwiderte Craig mit einem gewissen Stolz in der Stimme.
 

Justin studierte die Schaukel. Sie lastete auf sauber montierten soliden Stämmen, kein billiger Baumarkt-Unsinn, sondern richtig gute Handarbeit. Was wohl sein Vater von seinen Holzbearbeitungskünsten halten würde?
 

„Gus hat nächste Woche Geburtstag. Er würde sich bestimmt sehr darüber freuen?“
 

„Bin ich denn eingeladen?“
 

„Klar. Schließlich bist du für ihn „Opa Craig“. Er hat am Samstag Geburtstag, da ist erst mal Kindersause. Brian weigert sich immer noch konsequent, ins Clowns-Kostüm zu schlüpfen und Luftballons zu falten. Und am Sonntag feiern wir in erwachsener Runde und weihen zugleich den Tennisplatz ein.
 

„Tennisplatz? Ihr spielt Tennis?“
 

„Eigentlich nicht. Aber er gehörte zum Haus und Brian hat ihn wieder herstellen lassen. Da sollten wir ihn der Formalität halber zumindest einmal nutzen…“
 

„Wir haben das früher ein paar Mal gemacht.“
 

„Ja, ich erinnere mich.“
 

„Du mochtest es nicht besonders.“
 

„Nein, nicht wirklich.“
 

„Ebenso wenig wie Football, Baseball…“
 

„Ich mochte die Spieler“, grinste Justin.
 

„Ich weiß“, murmelte Craig.
 

„Wie, du weißt?“
 

„Dein Skizzenblock war voll mit solchen Zeichnungen, damals als du mit Brian…“
 

„Du hast in meinen Sachen gewühlt?!“
 

„Ich wollte wissen, was los ist!“
 

„Das dürfte dir nach dem Studium meiner Zeichnungen ja dann ziemlich klar gewesen sein.“
 

„Allerdings. Machst du überhaupt Sport?“
 

„Außer, dass ich den ganzen Tag lang im Atelier rum wuchte oder Kinder schleppe? Wir haben einen Fitnessraum, da trainiere ich ab und an.“ Justin verschwieg vorsichtshalber, worin seine Trainingseinheiten bestanden. Er bezweifelte, dass sein Vater seinen Kumpels begeistert von seinen Fortschritten beim Pole Dancing berichten wollte, wenn die mit den Football-Ergebnissen ihrer Brut protzten.
 

„Ja, du hast ganz schön viel zu tun… Läuft’s gut?“
 

„Ja. Ich fange gerade an, mich direkt bei Museen und Ausstellungen zu bewerben.“
 

„Und das ist gut?“
 

„Ja, das ist sozusagen der nächste Schritt nach der reinen Galerievertretung. Ich hoffe, es wird etwas draus.“
 

„Bist du gut?“
 

„Ja. Ich bin gut.“
 

„Dann wird was draus. Es ist ewig her, dass ich ein Bild von dir gesehen habe?“
 

„Ich habe einiges zuhause. Komm doch die Woche einfach vorbei, dann zeige ich sie dir. Dann können wir auch die Schaukel montieren, während Gus in der Schule ist, ich wickel sie dann in eine Plane, damit er sie noch nicht zu Gesicht bekommt.“
 

„Das wäre schön. Wie geht es Brian?“
 

„Gut, danke der Nachfrage. Kinnetic brummt, aber er übertreibt es auch nicht, sondern belässt es auch mal dabei, die Zügel in der Hand zu haben.“
 

„Ihr seid jetzt ja auch schon eine ganze Weile… verheiratet?“
 

„Ja. Gestern war unser erster Hochzeitstag.“
 

„Ich weiß. Ich habe die Anzeige von damals aufbewahrt.“
 

„Ach so.“
 

„Glückwunsch.“
 

„Danke.“
 

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Gus an der Hand, Lilly auf dem Arm marschierte Brian die Straße entlang, an der das Anwesen der Novotny-Bruckners lag. Er hatte um die Ecke parken müssen, nach Feierabend waren Parkplätze hier Mangelware. Monty mähte den Rasen vor seinem Haus auf Millimeterkürze. Wahrscheinlich maß er anschließend jeden Halm mit einem Geodreieck nach und brachte ihn in den richtigen Winkel.
 

„Hallo, Monty!“ grüße Brian übertrieben freundlich über das Geknatter hinweg.
 

Monty nickte ihm mit zitronigem Gesichtsausdruck zu, ohne inne zu halten. Es war doch jedes Mal wieder eine Freude.
 

Gus drückte die Klingel, da Brian keine Hand frei hatte, Ben öffnete.
 

„Hallo Brian, Gus, Lilly! Kommt doch rein“, grüßte er freundlich.
 

„Guten Abend Professor“, erwiderte Brian den Gruß und schleppte seine Fracht hinein.
 

„Ui, wen haben wir denn da? Rage, Mini-me und Label-Princess“, kommentierte Hunter.
 

„Und König James I. von den lahmen Sprüchen ist auch zuhause, wie schön“, entgegnete Brian naserümpfend. „Du willst jetzt auch unter die Eierk… äh Gelehrten gehen?“
 

„Ich studiere Mathematik. Und du solltest ganz ruhig sein, Michael hat gepetzt, dass du der totale Streber warst, der immer gelernt hat, bis er auch garantiert der Beste war…“
 

„Und nebenher habe ich noch so allerhand mehr getrieben. Was sagt dir das?“
 

„Dass das Leben unfair ist?“
 

„Haargenau.“
 

„Das wusste ich schon vorher.“
 

„Und hiermit überschritt er den feinen Grat zwischen Streber und Klugscheißer…“
 

„Hallo, Brian“, meldete sich Michael, der aus seinem Arbeitszimmer im ersten Stock die Treppe hinunter kam.
 

„Hi Mikey“, sagte Brian und gab ihm einen schnellen Kuss, alter Gewohnheit folgend.
 

„Oh, du hast ja Lilly mitgebracht“, freute er sich.
 

„Ja, Justin hat uns rausgeworfen, er will in Ruhe Bewerbungen an Museen schreiben.“
 

„Oh, er will direkt verhandeln?“ fragte Ben. „Da drücken wir die Daumen.“
 

„Ganz feste!“ ergänzte James, obwohl die Aufrichtigkeit seiner Äußerung eher dahinzustellen war. Er und Justin waren nie ein Herz und eine Seele gewesen, hatten sich eigentlich gar nichts zu sagen. Sie entstammten verschiedenen Welten und hatten kaum Berührungspunkte finden können noch finden wollen.
 

„Das hört sich gut an“, meinte Michael. „Obwohl das wohl bedeutet, dass es mit einer weiteren Rage-Ausgabe wieder mal nichts wird…“
 

„Mmm“, stimmte Brian zu, der darauf auch gut verzichten konnte.
 

„Papa, kann ich jetzt mit Jenny spielen?“ fragte Gus ungeduldig, obwohl er wohl eher meinte: „Papa, kann ich jetzt mit Jennys Spielzeug spielen?“ Aber naja. Er war eben noch klein, und sie alle taten ihr Bestes, wie das Testament – und Linds und Mel – es wollte.
 

„Klar, Sonnyboy, zisch ab, ich ruf dich später“, sagte Brian und ließ ihn davon brausen.
 

„Ich sage Bescheid, wenn Jenny etwas braucht“, verkündete Gus, schon fast die Treppe hinauf, „ihr könnt euch ja solange unterhalten!“
 

„Dankeschön, Gus…“
 

„Gerne, Papa!“ Weg war er.
 

Ben lud Brian auf die Couch ein, er ließ sich nieder und nahm Lilly auf den Arm. Michael setzte sich neben ihn.
 

„Wahnsinn, wie schnell sie wachsen, nicht wahr?“ meinte er.
 

„Mmm“, antwortete Brian und lehnte sich, Lilly gegen die Schulter gedrückt, zurück.
 

„Jeden Tag entdeckt man etwas Neues an Ihnen, was sie können, wie sie aussehen… es ist unglaublich!“
 

„Und es wird immer unglaubliches, wenn man jeden Tag darüber diskutiert“, murmelte James verhalten, während er am Küchentisch über seinen Aufgaben brütete.
 

„James. Wir freuen uns eben. Bei dir geht es uns doch auch nicht anders. Und du freust dich doch auch über Jenny?“ rief ihn Ben ruhig zur Raison.
 

„Ja, stimmt schon…“, gab James zu.
 

„Darf ich sie mal…?“ fragte Michael Brian mit Blick auf Lilly.
 

„Besser nicht“, antwortete Brian. „Sie hat begonnen zu fremdeln, sagen das Internet und Justins kluges Supermutti-Buch. Wenn sie wer nimmt, den sie nicht so gut kennt, beginnt sie zu heulen. Nimm’s nicht persönlich, kann ja nicht jeder wie Emmet sein.“
 

„Du Ferkel! Aber schon klar, war bei Jenny auch nicht anders. Das gibt sich.“
 

„Echt? Unglaublich! Gut, dass mir das einer sagt!“
 

„Brian… Du kannst ruhig den Rat von Leuten annehmen, die sich auskennen, wir haben das ja auch alles mitgemacht.“
 

„Ja… danke“, sagte Brian recht lahm.
 

„Und wie war euer Hochzeitstag?“ fragte Michael.
 

„Okay“, erwiderte Brian.
 

Michael rollte die Augen. „Was habt ihr denn Schönes gemacht?“
 

„Urlaub auf dem Bareback-Mountain“, antwortete Brian.
 

James verschluckte sich. Was dafür sprach, dass Michael, abgesehen von Ben, was nicht anders zu erwarten gewesen war, wirklich die Klappe gehalten hatte. Aber inzwischen war es Brian auch halbwegs egal. Und wem sollte Heten-James die tolle Nachricht schon verklickern?
 

„Ihr fickt ohne Gummi?“ kam es aus der Küche.
 

„Wow, Abstraktionsgabe A+, Respekt. Tut mir ja leid, wenn ihr dort Einreiseverbot habt, aber ich habe das nicht.“
 

„Und was ist mit deiner Rumfickerei?“ wollte James wissen.
 

„James!“ mahnte Ben. „Brian kann doch machen, was er…“
 

„Klar kann er. Aber wenn er es uns so hübsch unter die Nase reibt, darf man doch mal höflich nachfragen?“
 

„Sagen wir es so: Es gibt auch Wege, safe zu sein, für die man kein Gummi braucht.“
 

„Also entweder spielst du jetzt auf etwas total Säuisches ein – peitscht ihr euch im Ferkelkostüm gegenseitig aus? – oder du willst uns weis machen, dass du nicht mehr rumfickst?“
 

„Das zu entscheiden überlasse ich deiner für einen Schüler sehr lebhaften Imaginationsfähigkeit.“
 

„Das ist aber nicht safe. Nur safe ist safe“, meinte James.
 

„Jaaa… Aber manchmal muss man sich entscheiden. Absolute Garantien gibt es nirgendwo.“
 

„Du musst es wissen… Wünsche euch viel Vergnügen dabei.“
 

„Ja. Exakt das haben wir.“
 

„Altes Ekel…“
 

„Hey! Das „alt“ habe ich überhört!“
 

„Du wirst auch nicht frischer…“
 

„Das nennt man „Reife“ – denk an George Clooney…“
 

„Okay, na gut. Ganz wie du meinst…“
 

Lilly hatte während der Diskussion an Brians Schulter den Kopf gedreht. Michael musste lächeln beim Anblick des blondgelockten Babys. Mochte Brian doch seinethalben einen auf Provokateur machen, Michael wusste, dass sein Freund niemals die Zukunft seiner Kinder leichtfertig aufs Spiel setzten würde. Und Justin ebenso wenig. Die kleine Lilly…
 

Sie schlug die Augen auf und sah Michael direkt an. Ihre Augen waren anders, sie verdunkelten sich… Braun… und Grün schwammen im Blau unter den dichten Wimpernkränzen… wie Br… Innerlich fuhr Michael zusammen. Was?! Das konnte doch nicht sein? Verscheißerte Brian ihn schon wieder? Er hatte doch behauptet, nicht zu wissen, wer der Vater… Aber vielleicht wusste er es jetzt?! War Lilly überhaupt adoptiert? Aber Brian hatte Stein und Bein geschworen, dass er nichts von ihr gewusst hatte. Und dass er parallel zu Justin mit einer Frau rumgevögelt haben sollte, war nun völlig abwegig. Spann er? Meinte er das nur zu sehen? Aber die Augen… Das waren Brians Augen… Oder? Hatte Brians Schwester noch ein Kind bekommen und hatte es Brian…? Aber warum denn das? Was ging hier vor?
 

Michael biss sich auf die Zunge. Nur nicht wieder die Pferde scheu machen, obwohl es ihm unter den Nägeln brannte.
 

„Ach ja“, meinte der Verdächtigte. „Ehe ich es vergesse. Am Sonntag nach Gus‘ Geburtstag feiern wir ihn und den Tennisplatz, ihr seid natürlich herzlich eingeladen.“
 

„Danke“, sagte James, „was wünscht sich der Tennisplatz denn?“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  brandzess
2012-04-15T13:13:01+00:00 15.04.2012 15:13
Michael ist und bleibt einfach anstrengen! Er ist einfach zu neugierig! Aber wie er auch nur für eine Sekunde vermuten kann, dass Brian Justin mit einer Frau betrügt >.< eine Schande!
Hunter war wirklich typisch Hunter^^
Bin mal auf die Geburtstagsfeier gespannt und auf die Tennisplatzfeier xD
Ich musste total lachen, als Justin daran dachte, dass sein Dad mit seinen Poledance-Künsten angiebt während die anderen Väter das mit den Footballergebnissen tun xDDD Da hab ich mich nur gefragt, wie viel wissen Craigs Freund eigentlich vom Leben seine Sohnes! Und was sagen sie dazu? Währe spannend das mal zu erfahren.

Bin schon gespannt wies im Leben der Beiden weiter geht :D
gglvg brandzess ♥

PS: Ich gucke jetzt nochmal QaF aber nur die Teile mit Justin und Brian ;D auf YouTube (heißt Brian and Jaustin Story part 1 with subtitels) ist das englische original mit englischen untertiteln :D ich liebe es! erspart sehr viel zeit weil man nicht auch noch das andere sehen muzss xDDDD

Von:  chaos-kao
2012-04-13T23:31:27+00:00 14.04.2012 01:31
Gute Frage, was schenkt man einem Tennisplatz? xD

Hunter ist dir in dem Kapitel echt gut gelungen :)
Like it! <3



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