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What The Hell

von

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Grenzwertbestimmung

Kapitel 2
 

Es geht endlich weiter :D

Daher will ich auch keine großen Worte verlieren.

Vielen Dank für die vielen Reaktionen auf das erste Kapitel … war total happy

Also viel Spaß beim lesen
 

***
 

Grenzwertbestimmung
 


 

Freitag! Der beste Tag unter den Wochentagen. Endlich war es Wochenende und man konnte sich auf eben dieses freuen. Inzwischen hatte ich mich auch mehr oder weniger von den Ereignissen des vergangenen Samstags erholt. Ich war in meine eigene Welt zurückgekehrt, welche zum größten Teil aus schulischem Alltag bestand. Das war vielleicht weniger aufregend, aber das nahm ich gerne in Kauf, wenn ich diese seltsamen Gestalten nie wieder sehen musste. Vor allem auf eine gewisse Person konnte ich gerne weiterhin verzichten.

Die Rückfahrt war schon schlimm genug gewesen, da mich dieser Freak die ganze Zeit über als Kissen missbraucht hatte. Ich hatte versucht, mich mit Händen und Füßen dagegen zu wehren, aber den Kerl hätte nicht einmal der Urknall persönlich aufwecken können. Das war doch alles andere als normal.

Natürlich schaffte ich es in der misslichen Lage nicht, auch nur eine Sekunde ein wenig Schlaf zu tanken und zum krönenden Abschluss war mir noch halb der Arm abgestorben, weil sich Blondchen unbedingt an mir festkrallen musste, als würde er gleich ertrinken. Ich hätte ihn zu gerne darauf hingewiesen, dass wir uns in einem Zug befanden, der sich auf festen Untergrund fortbewegte und nicht auf der verdammten Titanic. Wenigstens hatte er nicht auch noch angefangen zu sabbern. Dann wäre das Fass wirklich bis oben hin voll gewesen.

Natürlich war Schwuppi ausgeschlafen und gut gelaunt, als wir endlich in der Heimat ankamen. Ich wollte nur noch nach Hause. Er auch, aber zu meinem. Der hatte sie wirklich nicht mehr alle. Mal abgesehen davon, dass ich mich lieber erhängen würde, als diesem Deppen meine Adresse mitzuteilen, was sollten meine Eltern denken, wenn so etwas bei uns auftauchte? Nicht, dass sie sonderlich streng oder intolerant wären, aber alles hatte ja seine Grenzen. Zumindest würde mich meine Familie eigenhändig steinigen, wenn ich so herum laufen würde.

Es hatte mich meine letzten überlebenden Nerven und eine Menge Geduld gekostet, diesen Typen loszuwerden.

Auf meinem Heimweg war ich regelrecht paranoid, war hundert Umwege gelaufen und letztlich im Nachbargrundstück eingebrochen, um von dort über den Zaun zu klettern. Man sollte ja immer auf Nummer sicher gehen. Ich traute Schwuppi alles zu.

Scheinbar war er mir tatsächlich nicht gefolgt oder er hatte bei Oma Frieda nebenan geklingelt und die hatte ihn mit einem Besen ordentlich verwurzelt. Wie auch immer, ich hatte die ganze Woche meine Ruhe und war mehr als glücklich über diesen Umstand.

Ich warf mich zufrieden mit mir und der Welt auf mein Bett, nachdem ich meinen Rucksack in irgendeine Ecke geschmissen hatte. Bis zum Abendessen würde es noch eine Weile dauern, daher konnte ich beruhigt vor mich hindösen. Frühes Aufstehen war noch nie so mein Ding gewesen, daher musste ich ja meinen Schlaf irgendwie anderweitig nachholen, nachdem die Schule meinen Vorschlag, einfach drei Stunden später anzufangen, abgelehnt hatte. Die Welt war wirklich ungerecht und das zeigte sie mir auch in diesem Moment gleich wieder mehr als deutlich, indem mein Handy meine Schlafpläne zerstörte.

„Was?“, grummelte ich wenig begeistert in das kleine Plastikteil.

„Na Schweinebacke“, trällerte mir meine ehemals beste Freundin entgegen. Die Frau kam doch die gesamte Woche nicht einmal auf die Idee, sich bei mir zu entschuldigen. Die hatte sich scheinbar gleich ein paar Gehirnzellen von ihrem Ken, oder wie der Typ auch immer hieß, wegvögeln lassen.

„Bist du etwa immer noch sauer?“, fragte sie dann doch etwas ruhiger, nachdem von mir keine Reaktion kam.

„Lass mich überlegen. Zuerst schleppst du mich zu dieser Freakversammlung, sorgst dafür, dass mir eine dieser Gestalten am Arsch klebt, die dafür zuständig war, dass mich drei manische Fangirlies beinahe abgeschlachtet hätten und lässt mich dann auch noch mit dem alleine? Natürlich bin ich sauer.“ Da kam erst einmal nichts. Ich war vielleicht doch etwas zu forsch gewesen. Seufzend drehte ich mich auf den Rücken und starrte auf meine rote Dachschräge über dem Bett.

„Ich dachte du verstehst dich gut mit Shuri. Er meinte jedenfalls, dass ihr super auskommt und ich beruhigt gehen kann“, kam es kleinlaut von ihr und ich hatte nicht gerade wenig Lust diesem Kerl den Hals umzudrehen. „Tut mir leid.“

Ich konnte ihr einfach nicht böse sein, auch wenn ich es noch so sehr wollte. Ich projizierte lieber meine Wut auf Schwuppi. Der hatte es deutlich mehr verdient, auch wenn ich meine Aggressionen nicht an ihm ausleben konnte, denn das würde ja einen weiteren Kontakt voraussetzen, den ich unbedingt vermeiden wollte.

„Geschenkt.“

„Also bist du fürs Erste nicht mehr böse auf mich?“ Die Frage machte mich irgendwie stutzig.

„Wieso fürs Erste?“

„Nur so. Du Phil, ich muss jetzt auch los. Wir hören uns“, und schwups hatte sie aufgelegt. Was war denn das bitte für ein Abgang?

Ich fühlte mich langsam wirklich wie im falschen Film. Jetzt grübelte ich auch noch seit gefühlten Stunden über diese Aussage nach, obwohl es wahrscheinlich überhaupt nichts zu bedeuten hatte. Zum Glück erlöste mich irgendwann meine Mutter, weil das Essen fertig war. Eigentlich war ich heute auch mit meiner Freundin verabredet. Ja, ich hatte so etwas. Sie war blond und auch nicht die hellste, aber man sollte ja nicht zu hohe Anforderungen stellen, immerhin hatte ich nicht vor, die Frau zu heiraten. Herkommen tat sie auch nie, da meine Eltern eine leichte Abneigung gegen ihre Art entwickelt hatten. Sie hatte vielleicht doch einmal zu viel an ihrem Haarspray geschnüffelt und bildete sich ein, die personifizierte Aphrodite zu sein, oder was auch immer. Da merkte man wieder: Haarspray war wirklich gefährlich. Dass Schwuppi davon ebenfalls zu viel abbekam, durfte ich ja am eigenen Leib erfahren. Und warum zur Hölle geisterte dieser Sack jetzt auch noch durch meinen Kopf?

Ich versuchte, mich an meiner Konsole abzulenken, nachdem ich der holden Weiblichkeit kurz und knapp per SMS abgesagt hatte. Wozu großartig Freiminuten verschwenden. Vielleicht war es auch ein wenig erbärmlich für einen Jugendlichen in meinem Alter, an einem Freitag Abend daheim zu hocken, aber ich hatte letztes Wochenende schon genug Aufregung gehabt.

Ich hatte mich mit meinen Abendprogramm mehr als nur angefreundet. Samt einer kühlen Flasche Bier widmete ich mich den fesselnden virtuellen Welten. Selbst der nervtötende Ton der Haustürklingel konnte mich nicht von meinem Fernseher lösen.

Irgendjemand würde schon die Tür öffnen. Wahrscheinlich wollten irgendwelche Omas einem nur wieder etwas von Gottes Gnade oder ähnlichem berichten. Alles schon mal erlebt und ich konnte wirklich bis auf weiteres darauf verzichten. Was ich von der angeblichen Gnade Gottes zu erwarten hatte, bewies dieser ja fast täglich, indem er mir kräftig in den Arsch trat und sich wahrscheinlich da oben einen ablachte.

„Du solltest deine Spezialattacke nicht jetzt schon verbrauchen.“

„Wuahhh!“ Der Urschrei kam übrigens von mir. Mein Herz war gerade stehen geblieben und ich konnte von Glück reden, dass ich nicht meinen Pad vor Schreck durch das Zimmer geschmissen hatte. Wer rechnete denn auch damit, dass plötzlich jemand unangemeldet in seinem Zimmer auftauchte? Und es war nicht irgendwer, sondern das Grauen schlecht hin: Schwuppi, der völlig entspannt an meinem Türrahmen lehnte und breit grinste. Ich konnte nicht anders, als ihn schockiert und mit offenen Mund anzustarren. Das musste doch ein schlechter Scherz sein. Wahrscheinlich war mein Abendessen verdorben gewesen und ich phantasierte nun.

„Ich hätte dir gar nicht so ein Zimmer zugetraut. Ich hatte mehr Chaos und Poster von nackten Frauen erwartet. Ich bin schon enttäuscht“, sabbelte der Eindringling drauf los und ließ sich irgendwann auf meinem Bett nieder. Ich konnte nicht anders, als diese Szene sprachlos mitanzusehen. Hatte der sie noch alle? Sah ich aus wie ein niveauloser Prolet? Apropos Aussehen. Das war ein zweiter Schock für mich. Der Blonde sah irgendwie fast normal aus und nicht wie ein Alien. Ich dachte nicht, dass dies überhaupt möglich war. Glatte Haare, einfache schwarze Hose und T-Shirt, beides für meinen Geschmack immer noch viel zu eng anliegend für einen Kerl, aber es war eine Steigerung im Gegensatz zum letzten Mal.

„Hab ich irgendwas im Gesicht oder warum starrst du mich so an?“

Ach du meine Güte. Der Kerl hatte recht. Ich starrte ihn wirklich an. Schnell versuchte ich irgendetwas anderes zu fixieren und erblickte meine Rettung: die kalte Flasche Bier. Schnell schnappte ich mir diese und nahm auf den Schreck erst einmal einen kräftigen Hieb, bevor ich versuchte, meine Sprache wieder zu erlangen. Mich interessierte nämlich brennend, woher dieser Depp wusste, wo ich wohnte. Immerhin war ich die ganze Woche aufgrund meiner ausgeprägten Paranoia überaus vorsichtig gewesen. Daher fragte ich ihn das auch, ohne auf den dummen Kommentar zum Thema 'Starren' einzugehen. Wo kämen wir denn da hin.

„Ich bin ins Meldeamt eingebrochen, um an deine Adresse zu kommen. Du glaubst gar nicht, was die dort für lächerliche Sicherheitsmaßnahmen haben.“

„Hä?“ Ich musste ziemlich dümmlich aus der Wäsche geschaut haben, denn Schwuppi fing lauthals an zu lachen. Was denn? Ich konnte doch auch nichts dafür, dass ich diesem Kerl alles zutraute. Ich stellte mir das gesamte Szenario schon bildlich vor: Blondi im Ganzkörperkampfanzug, perfekt gestylt mit Nachtsichtgerät über den Boden unter Sicherheitsschranken durchrobbend.

„Das war nur ein Scherz. Rese hat sie mir gegeben. Ich wollte mich ja vorher anmelden, aber du gehst ja nicht an dein Handy.“ Ich würde diese Frau leider langsam und qualvoll umbringen müssen. Wie kam sie dazu, einfach meine Nummer und Adresse an solche Psychos weiterzugeben?

„Und was willst du hier?“ Ich ging mal nicht davon aus, dass der Kerl mir nur beim Zocken zusehen wollte.

„Dich entführen. Ich hab Bock, wegzugehen und alleine macht das keinen Spaß.“ Mit mir macht das sicher auch keinen Spaß.

„Hast du keinen Friseur, den du fragen kannst?“

„Der konnte leider nicht, daher musst du herhalten.“ Jetzt grinste dieser blöde Sack schon wieder so selbstgefällig. Hatte der ein Glück, dass ich keine große Lust verspürte, hier noch lange herumzudiskutieren.

„Hab ich eine Wahl?“, fragte ich daher wenig begeistert.

„Nein, jetzt nicht mehr“, besiegelte er nahezu mein Schicksal, dem ich mich scheinbar nicht entziehen konnte.

„Zieh dir was anderes an. Ich wollte sowieso schon länger mal den einen Club ausprobieren.“ Skeptisch sah ich an mir herab und verstand nicht ganz, was an meinen Klamotten so verkehrt sein sollte. Klar, es waren sicher nicht meine besten im Schrank, aber für einen Freitag Abend sollten es ja auch Schlabberjeans und Shirt tun. Scheinbar war da Schwuppi anderer Meinung, denn dieser verging sich sofort an meinem Kleiderschrank. Na da würde er aber nicht sehr viel Glück haben, immerhin sah 90 Prozent meiner Bekleidung nicht anders aus. Ich mochte es halt bequem. Ich fragte mich echt, was dieser Kerl nun schon wieder auszusetzen hatte, immerhin trug dieser ja auch nicht gerade einen Hugo Boss Anzug, oder.

„Bist du langsam mal fertig da drin? Ich zieh mich bestimmt nicht um, nur weil dir was nicht passt. Geh halt alleine“, grummelte ich vor mich hin und bedauerte mal wieder, diesen Kerl nicht gleich aus dem Haus verfrachtet zu haben. War ja nicht zum Aushalten das Ganze.

„Das Bier kostet übrigens nur 1,30“, ertönte es aus den Tiefen meinen Schrankes und ich wurde hellhörig.

„0,3l oder 0,5l?“

„0,5l.“

„Such raus, was auch immer dir beliebt.“ Es ertönte nur ein Lachen und schon flogen mir die ersten Sachen entgegen. Was denn? Ich war halt nicht sonderlich schwer zu begeistern und wer sagte zu einem günstigen Bier schon nein?

Es dauerte weitere zehn Minuten, bis Blondi wohl aufgab, zumindest schloss ich das aus seinem resignierten Seufzen. Das letzte Kleidungsstück, was in meiner Richtung landete, war meine einzige schwarze Jeans, die ich immer bei Familienfeiern trug.

„Wir müssen dringend Shoppen gehen.“

„Wir können es aber auch lassen“, antwortete ich schnippisch und schnappte mir besagte Hose und einfach eines der Oberteile, welche nun verstreut über meinen sonst so aufgeräumten Zimmerboden lagen. Sah ich bitte so aus, als würde ich ausgiebige Shoppingtouren mögen? Der hatte echt 'nen Knall.

Ich ließ ihn einfach stehen und stapfte in das angrenzende Badezimmer. Ich würde mich ganz sicher nicht vor diesem Spinner umziehen. Am Ende kam der noch auf die Idee, mich zu vergewaltigen. Zuzutrauen wäre es ihm. So langsam beschlich mich auch die Idee, dass diese gesamte Aktion in einem Disaster enden würde.

 

Ich wusste nicht, wohin ich da überhaupt mitgeschleift wurde. In dieser Gegend war ich, um es ehrlich zu sein, noch nie gewesen und wenn ich mir so die Gestalten hier ansah, war das auch besser so. Kein Wunder, dass sich Schwuppi hier scheinbar so wohl fühlte, der sah immerhin (bis auf heute) genauso aus.

„Sind gleich da“, verkündete dieser fröhlich, aber ich blieb weiterhin misstrauisch. Ich rechnete im Grunde mit einer weiteren Freakansammlung oder ähnlichem. Wo mir dieser Gedanke so durch den kopf ging, fragte ich mich ernsthaft, ob mein Hirn unter Fehlfunktionen litt. Unter normalen Umständen hätte ich mich nie darauf eingelassen.

Blondi blieb plötzlich vor einem dunklen Eingang stehen, welcher mich eher abschreckte, als einladend zu wirken. Der Türsteher, welcher mich an einem riesigen Pit Bull erinnerte und uns kritisch musterte, trug nicht gerade dazu bei, mich besser zu fühlen. Ich betete beinahe darum, dass wir nicht hineingelassen wurden, aber wie so oft wurden meine Gebete einfach überhört.

In dem kleinen Vorraum war es neblig und stickig. An einer Theke lehnte ein seltsamer Kerl in definitiv zu kurzen, glänzenden Hosen. Mit zu kurz meinte ich, dass ich solche Hosen, wenn überhaupt, an einer weiblichen Stripperin sehen möchte, aber nicht an dem da. Mir kam spontan das Kotzen und mein Instinkt schaltete sofort auf Fluchtmodus um, aber 1,30€ für ein Bier war verflucht verlockend. So stapfte ich also tapfer weiter hinter Schwuppi her, welcher scheinbar den Eintritt für uns beide bei diesem komischen Vogel zahlte, welcher mir anschließend einen Stempel auf die Hand drückte und mich dabei seltsam anstrahlte.

„Viel Spaß im „Geh rein“. Wenn dir drinnen zu langweilig ist, kannst du mir ja hier Gesellschaft leisten“, schwafelte es und mir blieb, gelinde gesagt, die Spucke im Halse stecken. Mit offenen Mund starrte ich noch zurück, während mich meine Begleitung auch schon weiter zog. Wo war ich hier nur gelandet und was war „Geh rein“ eigentlich für ein dämlicher Name? Leider beantwortete sich mir die Frage dann doch etwas zu schnell, denn der Innenraum war überfüllt mit Kerlen. Überall Schwänze, wo man nur hin sah. Das neonfarbene Logo stach mir sofort entgegen, worauf das vermeintliche Wort „Geh“ nicht unbedingt so geschrieben wurde, wie ich es verstanden hatte.

„Du hast mich in einen verdammten Schwulenclub mitgeschleppt“, fauchte ich ungehalten und suchte den Ort schon nach der schnellstmöglichen Fluchtmöglichkeit ab. Der Typ hatte doch echt ein Rad ab. Wutentbrannt wollte ich mich vom Acker machen, als mich eine Hand auf meiner Schulter davon abhielt.

„Jetzt trink doch wenigstens was mit mir, bevor du gleich wieder abhaust. Geht auch auf mich“, versuchte Schwuppi die Wogen zu glätten.

„Wäre ja auch das mindeste. Du hättest mich wenigstens vorwarnen können“, grummelte ich immer noch, aber wer sagte schon zu einem Freidrink nein.

„Wärst du dann mitgekommen?“

Okay, Punkt für Blondi. Ich ließ mich also zu der kleinen Bar führen und versuchte einfach, die Blicke zu ignorieren. Der Laden war mir nicht geheuer. Eindeutig zu viele Kerle auf einen Ort und die paar weiblichen Wesen, welche sich darunter tummelten, sahen eher so aus, als ob sie einen auffressen würden, sobald man sie ansprach.

Ich war reichlich glücklich über mein Bier und den kleinen Kurzen, welchen ich zuerst hinter stürzte. Nach dem zweiten sah die Welt schon nicht mehr ganz so schlimm aus. Ich konnte dieser Bruchbude sogar ein oder zwei positive Aspekte abgewinnen. Zum einen war die Musik gar nicht mal so übel und zum anderen stellten sich die Getränkepreise als äußerst human heraus, sodass man sich den Umstand, von schwulen Kerlen umgeben zu sein, doch ganz gut schön trinken konnte. Versuchte ich natürlich auch gleich in die Tat umzusetzen.

„Und, ist es jetzt so schlimm?“, rief mir Schwuppi gegen die laute Musik entgegen. Inzwischen saßen wir an einem kleinen Tisch auf einem Podest in der Nähe der winzigen Tanzfläche, die ziemlich überfüllt war.

„Lässt sich aushalten, solange du mich nicht noch zum Tanzen nötigst.“ Eher würde wohl die Hölle gefrieren, als dass ich mich dort zum Deppen machte. Rhythmische Bewegungen waren nicht unbedingt meine Stärke. Außerdem, wer tanzt, hatte nur kein Geld zum Saufen.

„Ich kann mich schwerlich zurück halten“, grinste mein Gegenüber und checkte wohl den einen oder anderen Typen ab. So langsam war ich davon überzeugt, dass sein „Outing“ bei unserem ersten Treffen wohl kein Scherz gewesen war. So lange er seine Griffel bei sich ließ, hatte ich damit auch kein Problem. Scheinbar war ich auch nicht gerade sein Objekt der Begierde, denn Blondi stierte schon seit geraumer Zeit irgendeinen dunkelhaarigen Futzi an, welcher auf der anderen Seite des Clubs stand.

„Was dagegen, wenn ich dich kurz allein lasse?“, fragte er etwas unsicher, worauf ich lachen musste. Sah ich aus, als ob ich mich nicht selber verteidigen könnte?

„Ich werde mich schon zu benehmen wissen.“

„Ich mach mir auch nicht um dein Benehmen sorgen.“ Na das konnte einem ja Hoffnungen machen. Am Ende wollten die mich hier noch in einer dunklen Ecke vergewaltigen. Aber nicht mit mir. Ich beherrschte den Chuck Norris Round House Kick und ich würde ihn auch benutzen. Das versicherte ich auch Schwuppi, sodass dieser getrost abzischen konnte. Nun saß ich alleine da. Und was nun? Weiter Bier trinken war eine gute Idee. Ich lauschte nebenbei der Musik und versuchte weiterhin die seltsamen Gestalten, welche sich hier mitunter tummelten, zu verdrängen. Der eine oder andere blickte mich tatsächlich etwas komisch an, aber bis jetzt verscheuchte ein geübter Todesblick jeden. Wie gesagt, bis jetzt.

„Hey“, ertönte es in meiner Nähe, aber ich fühlte mich nicht angesprochen, zumindest so lange nicht, bis sich dieses störende Etwas auf Schwuppis leeren Platz setzte und mich schief angrinste.

„Hier ist doch noch frei?“, faselte es weiter. Ich war überfordert. Zum einen, weil ich nicht wusste, was ich tun sollte, wenn mich ein Kerl anmachte und zum anderen mit dem, was mich da anmachte. Ich schätzte aufgrund der Stimme, dass es männlich war. Seine Augen waren so stark dunkel umrandet, dass ich an einen Pandabären denken musste, seine schwarzen Haare standen seltsam vom Kopf ab und natürlich ein Bandshirt mit einer solchen krakeligen Schrift, dass man die Buchstaben nur erahnen konnte. Auf unserer Schule liefen auch ein oder zwei Vertreter dieser seltsamen Gruppierung herum. Großes Kino! Schlimm genug, dass sich hier einer überhaupt traute, mich anzusprechen, dann musste es ausgerechnet noch ein Emokind sein. Mir blieb auch nichts erspart.

„Würde dich ein „Nein“ abhalten“, antworte ich frostig und hoffte, dass sich mein neuer Tischgenosse so schnell wie möglich wieder verzog.

„Nein“, grinste es nur dümmlich und richtete es sich schon mal heimisch ein, indem er sein Glas abstellte und mich seltsam musterte.

„Ich hab dich hier noch nie gesehen. Neu?“ Was war das denn bitte für eine Frage? Kannte der hier jeden mit Vor- und Nachnamen, samt Adresse oder wie?

„Nein, ich hab mich nur immer erfolgreich unter den Tischen versteckt“, antwortete ich trocken und wünschte mir sehnlichst Schwuppi herbei. Ich dachte nicht, dass ich jemals so tief sinken würde.

„Da wärst du mir trotzdem schon aufgefallen“, säuselte es und mir wurde spontan übel. Versuchte der gerade mit mir zu flirten? Hilfe, ich brauchte dringend mehr Schnaps.

„Aha.“ Vielleicht sollte ich diesem Kerl mal verklickern, dass ich nicht interessiert war.

„Ich bin übrigens Aiden.“ Es redete einfach weiter und hielt mir jetzt auch noch seine Pfote entgegen. Meine Güte, der Kerl schien es auch nicht zu begreifen. Und was war denn bitte Aiden für ein bescheuerter Name?

„Planten deine Eltern schon damals, dass du schwul wirst?“, entgegnete ich genervt und hoffte, dass dies jetzt mal gesessen hatte.

„Planten deine, dass du ein Arschloch wirst?“, konterte er ohne aufzuhören zu grinsen. So langsam bekam ich wirklich schlechte Laune.

„Ja, ich denke schon.“

„Dann hatten sie ja bei uns beiden Erfolg.“ Toll, der freute sich scheinbar auch noch darüber, mir auf die Nerven gehen zu können. Ich dachte nicht, dass jemand noch schlimmer als Blondi sein konnte, aber ich wurde ja eines besseren belehrt.

Wenn man schon vom Teufel sprach bzw. dachte – wo zur Hölle war dieser blöde Kerl, wenn man ihn mal brauchte? Wahrscheinlich amüsierte der sich in irgendeiner Ecke, während ich hier mit diesem Psycho alleine gelassen wurde. Ich überlegte ernsthaft, einfach zu verschwinden.

„Hat es dir jetzt die Sprache verschlagen?“, holte mich dieses Etwas zurück in die Realität und strahlte schon triumphierend.

„Nein, ich dachte nur, unser Gespräch wäre beendet.“ Das hatte ich wirklich gehofft, aber scheinbar hatte es sich dieser Mensch zum Ziel gemacht, mich in den Wahnsinn zu treiben.

„Wir haben doch erst angefangen.“ Vielleicht sollte ich Schwuppi, Schnuffi oder wie auch immer ausrufen lassen, dass er mir gefälligst zur Hilfe eilen sollte. Problematisch war jedoch die Tatsache, dass ich mich nicht an seinen verdammten Namen erinnern konnte, so sehr hatte ich mich an meine eigenen erdachten gewöhnt.

„Ich hatte gehofft, du verlierst schneller die Lust“, antwortete ich resignierend. Scheinbar konnte diesen Emo nichts so schnell vertreiben.

„Ich mag halt Herausforderungen.“ Schön für ihn und scheinbar schlecht für mich. Etwas mulmig wurde mir jedoch schon, wenn er so von Herausforderungen sprach. Ich wollte gar nicht wissen, was der alles vor hatte.

„Ich bin nicht schwul, nur mal zur Info nebenbei.“ Raus war es und ich konnte nur beten, dass es wirkte. Jedoch wurden meine Gebete ja noch nie erhört; so auch in diesem Fall.

„Das sagen sie alle am Anfang.“ Es grinste und mir klappte der Unterkiefer runter. Der hatte ja nicht mehr alle Latten am Zaun. Ich war mir mehr als schlüssig über meine Sexualität, vielen Dank auch.

„Ich bin wirklich nicht schwul“, meinte ich schon fast verzweifelt.

„Warum solltest du sonst hier sein?“

„Weil er mit mir hier ist.“ Halleluja, Blondi war zurück. Am liebsten wäre ich ihm um den Hals gefallen, aber das könnte hier etwas falsch verstanden werden. Also strahlte ich ihn nur wie die Sonne an und hätte ihm in diesem Moment jeden Wunsch erfüllt, nur damit er mich von dieser Plage befreite.

„Ist er das?“ Scheinbar war Emokind verwirrt und schaute von einem zum anderen, während Schwuppi einen Mörderblick drauf hatte, welcher sogar mir weiche Knien machte. Hätte ich ihm gar nicht zugetraut.

„Ist er und du belegst meinen Platz.“ Seine Stimme klang eisig und ich wollte ihm am liebsten mit Fähnchen und Pompons anfeuern. Schwuppi war definitiv mein Held für diesen Abend. Scheinbar gab sich jetzt auch die Nervbacke geschlagen, denn dieser erhob sich langsam. Nur sein blödes Grinsen verschwand einfach nicht aus seiner Visage.

„Nicht schwul, huh? Wir sehen uns noch“, wandte er sich in meine Richtung und verschwand dann endlich. Während sich Blondi schnaubend auf seinem Stuhl niederließ, benutzte ich meine Stirn mit der Tischplatte.

„Lass mich nie wieder alleine.“ Mir egal, ob ich wie ein Jammerlappen klang, aber das war gerade echt zu viel für meine armem Nerven gewesen.

„Nie wieder?“, kam es von meinem Gegenüber amüsiert.

„Du weißt, wie ich das meine.“

„Wenn ich mich recht entsinne, warst du auch von meiner Gesellschaft nicht sehr angetan.“ Dieser Sack hatte das bemerkt und mich trotzdem genervt. Klebte ein verdammtes Schild an meiner Stirn oder was?

„Jetzt habe ich ja auch herausgefunden, dass du das kleinere Übel bist“, nuschelte ich immer noch gegen die Tischplatte.

„Kriegt das „Kleine Übel“ dann was zu trinken?“ Jetzt musste ich doch wieder aufschauen und lachen. Der Kerl dachte auch nur ans Saufen. Ich glaubte, dass war auch der Grund, warum ich langsam anfing ihn zu mögen.

„Wenn du mir deinen Namen verrätst.“

„Shuri, weißt du doch.“ Ah, Shuri war es gewesen. Sollte ich mir vielleicht doch mal merken.

„Deinen richtigen.“

„Warum willst du den wissen?“, fragte Blondi skeptisch. Scheinbar schien sich nicht sehr oft jemand dafür zu interessieren.

„Damit ich das nächste mal gezielt um Hilfe schreien kann.“

„Es gibt ein nächstes Mal?“ Verdammt, manchmal sollte ich meinen Kopf auch zum Denken benutzen.

„Hab ich eine andere Wahl?“

„Nein“, schmunzelte Shuri und sah mich anschließend kurz nachdenklich an. „Julian. Krieg ich jetzt was zu trinken?“

„Wenn ich es schaffe, lebendig zurückzukommen“, seufzte ich mich erhebend und kämpfte mich todesmutig durch die lauernden Massen und das nicht zum letzten Mal an diesem Abend.
 

TBC

Ich würde mich wie immer sehr über Feedback freuen :)



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  -ladylike-
2011-10-04T17:34:13+00:00 04.10.2011 19:34
sehr sehr amüsant, muss ich echt sagen :D
schwuppi ist echt zu cool!
ich kenn ihn zwar jetzt erst seit ein bisschen weniger als 19 seiten, aber ich kann nichts dagegen tun: der typ is toll! :)

aber auch philipp gefällt mir auch gut. xD
mieeesepeter! es ist immer lustig, wenn solche typen voll verwirrt werden *grins*

bin gespannt auf weiterführung,
lady
<3
Von:  Shunya
2011-10-03T22:22:33+00:00 04.10.2011 00:22
Und schwupps steht Schwuppi in der Tür. Armer Philipp, der scheint ja nur pech zu haben. dann schleppt Schwuppi ihn auch noch in eine Schwulenbar. XD lol
Finde ich echt süß, wie Julian Philipp zu hilfe kam. Das war wohl rettung in letzter Minute. ;)
Da scheint Philipp den Blondschopf ja langsam sympathischer zu finden. Find ich gut. Bin mal gespannt, wie es mit den Beiden weitergeht.
Von:  Schwarzer_Fussel
2011-10-03T18:17:17+00:00 03.10.2011 20:17
Also Philipp kann ich ja mal mehr als nur leiden xD
Ich muss gestehen, manchmal denk ich genauso :'D
Ih möchte niemandem auf den Shlips treten, aber ab und an, denk ich mir auch welche Freakshow läuft v.v
Also ich mags (:
Auch wenn ich mich frage warum seine Freundin überhaupt erwähnt wird in den Steckbriefen, aber noch nicht in der Story o:
Die könnte man auch einfach weglassen (':
Naja, ich würde mich freuen, wenn das zu 90% abgeschlossene dritte Kapitel endlich die noch nötigen 10% Aufmerksamkeit bekäme (:
Könnt ich ne ENs bekommen, wenn das der Fall ist? :D
Wäre super süß (:
Bis zum nächsten Kapitel
Lg, Fussel
Von:  Jeschi
2011-10-02T16:09:14+00:00 02.10.2011 18:09
Whuuu~ Der Arme wird von seltsamen Menschen angemacht. Klar, dass er da nen Schock kriegen muss. xD
Jedenfalls war das sehr amüsierend. XD
Wobei es ja auch gemein war, in in so eine Bar mitzunehmen. XDDD
Süßes Kapi jedenfalls. x3
lg


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