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Himitsu no Mahou

von

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Dreizehntausendfünfhundertsiebenundachtzig Dämonenleben und ein Menschenleben - Teil 1


 

Seigi musste ein Fluchen zurückhalten. Denn kaum hatte er eine Minute auf dem Boden Englands verweilt, war er auch schon durchnässt bis auf die Knochen. Er hätte Aurora „Kein Regen über England!“ übermitteln sollen. Aber nein. Das hatte er natürlich in seiner Überstürztheit vergessen; wie er so vieles vergaß.  

Er zog seinen braunen Mantel enger und stapfte grimmig, aber in Eile den Weg zu Elisabeths Hütte empor.  

Schnell erkannte er jedoch, dass das Besteigen des Weges nicht nötig war und sofort drehte er sich um: die Tür war zerstört worden.

Seigi hatte also wirklich recht gehabt.

Er fing unbewusst an, schneller in die Richtung des nahe gelegenen Dorfes zu laufen. Zum Glück war er gut trainiert und durch den dichten Regenschauer sah er, wie das Dorf immer näher kam – er blieb nicht einmal stehen, als er einen Dämon spürte; warum auch, die Aura des Dämons kam aus dem Dorf. Nein – es waren zwei, wenn sich Seigis Gefühl nicht täuschte – und das tat es nie, wenn es um Dämonen ging. Die Auren waren nur schwach; ein kurzes Aufflimmern, dann verschwanden sie wieder. Zu diffus für sein Glöckchen, was nur bedeuten konnte, dass es sich nicht direkt um Dämonen handelte, sondern um Dämonie.

Menschen, die von Dämonen besessen waren.

Gut! Sehr gut sogar! Besser hätte es gar nicht kommen können, denn eigentlich durfte Seigi unter keinen Umständen Menschen angreifen, gar umbringen und wenn er niemanden töten durfte, war Seigi deutlich im Nachteil – er war nicht bekannt dafür, Rücksicht zu zeigen; es schränkte ihn nur zu sehr in seinem Handeln ein. Aber Dämonie änderte den Sachverhalt; von Dämonen besessene Menschen durfte man umbringen. Hehe! 

Sofort, als er die ebenfalls vom Regen durchnässten Wege des Dorfes betrat, verlangsamte er seine Schritte, denn trotz des irritierenden Regens waren Menschen auf der Straße; sie hatten sich wohl notgedrungen an das Wetter gewohnt. Nicht unbedingt unauffällig sah Seigi sich um, doch sein Gefühl enttäuschte ihn; die Auren waren jetzt zwischen den Menschen nicht mehr spürbar – hoffentlich waren es nicht einfach nur irgendwelche Menschen, die von Dämonen besessen waren, sondern die, die Elisabeth gefangen genommen hatten. Es konnten nämlich genauso gut andere sein; Seigi hatte von Safiya gehört, dass die Dämonen zur Zeit scheinbar in einem wahren Dämonie-Rausch waren. Beunruhigend, hatten seine Mithikari mit nickenden Köpfen gemeint; Seigi hatte mit den Schultern gezuckt. Er war zu gleichgültig; etwas wofür ihn Safiya des Öfteren kritisierte. Seigi hatte nie versucht, den Vorwurf von sich abzuweisen, war mit sich selbst im Reinen – aber was tat er dann hier? Was trieb ihn in dieses verregnete, schmutzige, nach Tod und Krankheit stinkende Dorf?

Statt sich jedoch lange mit dieser Frage zu beschäftigen, schob er sie beiseite und konzentrierte sich auf sein Vorhaben – und stand schon bald im kleinen, mickrigen Dorfzentrum; einem kleinen, nicht weniger dreckigen Platz vor einer sich in die Höhe hebenden Kirche, deren Glockenturm sich über sämtliche Häuser des Dorfes empor hob und streng auf die Bewohner des Dorfes hinab sah. Ein dunkles, bedrohlich wirkendes Gebäude. Auf dem Platz am Fuße der Kirche hatten sich mehrere Menschen versammelt; die meisten von ihnen waren Schaulustige, die sich an dem Unglück der anderen laben wollten. Seigi weigerte sich, sich zu ihnen zu gesellen; dieses Verhalten war ja widerlich, dachte er, während er sich nach einem besseren Ort umsah – und fand auch schon einen, der ganz nach seinem Geschmack war.       

 

 

Elisabeth hatte Seigi genauso wenig bemerkt wie die anderen Dorfbewohner dem gänzlich fremden Individuum unter ihnen Beachtung geschenkt hatten; sie würden es bald ohne Zweifel tun, aber jetzt noch lag alle Aufmerksamkeit auf Elisabeth, deren Namen die meisten unter ihnen nicht einmal kannten; er war auch unerheblich. Sie war eine Hexe und mehr war nicht relevant, außer, dass man sich von solchen fernhielt… aber war das Mädchen nicht auch schon immer eigenartig gewesen? Hatte es wirklich jemanden überrascht, dass es sich mit dem Teufel traf?     

Das junge Mädchen realisierte kaum, was um es herum geschah; die auf seine Haut hernieder prasselnden Regentropfen und die Tatsache, dass diese es fürs Erste vor dem Feuer retten würden, bemerkte es nicht, denn es war von einer vollkommenen Leblosigkeit erfüllt, die die Umstehenden allerdings nicht davon abhielt, es zu verspotten und zu beschimpfen – Worte, die allerdings keinerlei Regung in seinen leeren Augen hervorbrachten. Seine Kleidung war zerrissen, die Haare zerzaust und durcheinander; sie würden bald abgeschnitten werden, um es bis aufs Mark zu entstellen. Seine Beine und Arme zeigten Wunden der Tortur, der Hunger saß knurrend und beißend in ihm und ihm fehlten die Fingernägel. Es hatte nur noch einen; den Fingernagel seines rechten, kleinen Fingers. Es hatte gestanden, was auch immer es hatte gestehen müssen, was auch immer sie hören wollten; dass es eine Hexe war, die sich mit Dämonen traf, mit ihnen verkehrte – es hatte seine Menschenwürde weggeworfen, aber sie hatten dennoch nicht aufgehört.

Elisabeth besaß den Fingernagel ihres kleinen Fingers noch, weil ihre Peiniger keine Zeit mehr gehabt hatten; nicht, weil sie Gnade gezeigt hatten.

Auch jetzt zeigten sie keine Gnade. Elisabeth wurde an ihrem zerzausten Haar gepackt und ihr Kopf wurde somit in den Nacken gerissen. Mit flehenden Augen und gefesselten, brennenden Händen versuchte Elisabeth, an der Fratze des Mannes mit den gelben Zähnen vorbei zu sehen, weshalb sie das kurze, rote Aufleuchten seiner Augen nicht sah - sie wollte einfach den Himmel sehen, auch wenn er grau war, es sollte einfach vorbei sein…

„Hier sind wohl zwei Dämonen besonders tief gesunken, huh!?“

Keiner der Anwesenden war in der Lage, diese Worte zu verstehen, dennoch hoben alle erstaunt den Kopf, legten ihn weit in den Nacken und erblickten dort oben, ausgerechnet auf der Giebelspitze der Kirche, die Hand lässig am Christuskreuz abstützend, einen in einen braunen Mantel gekleideten Mann, der grinsend auf alle hinabzusehen schien. Die Dämonen ahnten es bereits, aber es war Elisabeth, die ihn als erstes erkannte:

„S…eiji?“ Dieser hatte zwar erkannt, dass sich zwei Dämonen unter den Menschen befanden, aber sein Instinkt sagte ihm leider nicht, welche von den Menschen von einem Dämon besessen waren, weshalb er eine Strategie gefunden hatte, auf die er sehr stolz war – davon musste er unbedingt Safiya erzählen! – denn wann geschah es schon einmal, dass er seine Schritte im Voraus plante? Nur alle Jubeljahre – und dann würde er auch noch Lichtmagie benutzen; seine Schwester würde so stolz auf ihn sein, hehe!

Denn mittels seiner mickrigen Lichtmagie würde er herausfinden, in welchen Menschen die Dämonen nisteten. Menschen nahmen von Lichtmagie keinen Schaden; es blendete sie nur und machte sie unschädlich, wenn sie das Licht direkt sahen – und so wie gerade alle Augen auf ihm lagen… oh ja, er war genial! Dann würde Seigi die Dämonen erkennen und sie natürlich, wie es sich für den Tausendtöter gehörte, eilends ausschalten.

„Ich zeige euch jetzt das wahre Licht, hahaha! Alle gut herschauen und – SPIRIT OF LIGHT!“ Während er diese Worte gerufen hatte, hatte er die Hand über sich erhoben, um diese mit noch größerer Schnelligkeit Richtung Boden zu jagen, womit sich der Lichtstrahl entfesselte und den Dorfplatz für einige Sekunden hell erleuchtete – und zufrieden stelle Seigi fest, dass seine Strategie aufging. Alle Menschen, bis auf zwei, lagen bewusstlos auf dem Boden. Die besagten zwei vermeintlichen Menschen bemerkten nun auch, dass sie nicht nur ertappt worden waren, sondern auch, dass sie in großer Gefahr schwebten; eine Gefahr, die weitaus größer und bedrohlicher war als der doch ziemlich schwache Lightspirit – viel Licht, aber wenig dahinter. Ihr Instinkt sagte ihnen, dass sie sich lieber schnell aus dem Staub machen wollten, aber da machte Seigi ihnen einen Strich durch die Rechnung; gekonnt schlitterte er das Dach herunter und sprang auf den Platz; genau vor die beiden Feiglinge, womit er ihnen den Weg versperrte:

„Zwei kleine, feige Dämonen erlauben sich also einen Spaß mit den Menschen…“, sprach Seigi langsam und deutlich in seiner eigenen Sprache, ganz ungeachtet ob sie ihn nun verstehen konnten oder nicht.

„Ihr wollt mir doch nicht etwa den Spaß verderben? Ich meine, das wäre doch ungerecht, wo ihr doch euren hattet!“  Der größere der zwei von Dämonen besessenen Menschen antwortete irgendetwas, was Seigi genauso wenig verstand wie umgekehrt – aber er hatte seinen Namen herausgehört, begleitet von tiefer Angst. Seigi grinste fies und riss sich die Kapuze vom Kopf.

„Genau! Hikari Meiyo Hikaru Seigi, alias der Tausendtöter, ist hoch erfreut, euch hier zu sehen und wird euch nun persönlich ins Höllenfeuer geleiten!“ Seigis Lichtmagie mochte noch so lächerlich schwach sein, doch umso schärfer war die Klinge seines Schwertes; keiner der beiden Dämonen sah, wie er sein Schwert zog.

Der erste konnte nur tatenlos mit ansehen, wie Seigis Schwert mühelos durch seinen Partner hindurchging. Das Blut ergoss sich auf das weiße Gesicht Seigis, der sich davon nicht abhalten ließ und sich schon an den zweiten richtete, ehe die Leiche des Ersteren zu Boden gestürzt war.

Strike one!“, rief Seigi triumphierend und strahlte den anderen Dämon mit glühenden Augen an. Dieser wich einige Schritte von Seigi weg, der kurz grinsend innegehalten hatte und dann plötzlich hinter ihm auftauchte. Dem Dämon gelang es nicht einmal sich umzudrehen, ehe das Schwert des Hikari schon sein Herz durchstochen hatte und er – samt des Körpers des Wirts – starb.  

Strike two!“ Betrunken von seinem schnellen und absolut einwandfreien Sieg lachte Seigi sich selbst zu, während er das blutige Schwert an seinem Mantel abwischte und es in seine Schwertscheide zurück schob. So schnell ging das!

Als er sich allerdings umsah, schwand sein Grinsen langsam und ein Seufzen entfloh ihm:

„Wie einfach. Wie langweilig! Ich sehne mich nach einer echten Herausforderung…“

„Seiji…?“ Der Angesprochene drehte sich um und wusste noch, ehe er sich vollends zu ihr herum gedreht hatte, dass Elisabeths braune Augen auf dem Blut hafteten, das sich wie sonst auch auf Seigis Kleidung befand. Sie sagte allerdings nichts und Seigi sah auch keine sonderliche Reaktion auf ihrem eingefallenen, kränklich wirkenden Gesicht, als sie sich umsah und natürlich erkannte, dass die zwei Körper ihrer Peiniger nicht bewusstlos, sondern tot waren – und dass es Seigi gewesen war, der sie ermordet hatte.

„Du wirst ja wohl kein Mitleid mit denen haben? Die waren es immerhin, die dich rein des Spaßes wegen gequält haben. Ich hätte sie eigentlich auch länger zappeln lassen sollen, aber wir können ja nicht alle wie Dämonen sein…“ Seigi war sich der Ironie der Worte bewusst, aber statt weiter über diese nachzudenken, kniete er sich zu Elisabeth herunter.

„Das waren keine Menschen“, sagte er langsam und deutlich, so gut wie sein gebrochenes Englisch es zuließ. Elisabeth hatte zwar aufgehorcht, doch ihr Blick ruhte immer noch auf den Leichen, die sich dieses Mal nicht auflösten; immerhin waren die Körper die von Menschen gewesen und Menschen lösten sich nun einmal nicht auf. 

Seigi streckte seine Hand nach Elisabeths Arm aus, aber kurz bevor er ihre zerschürfte Haut berühren konnte, zuckte sie weg – und als wäre die Hand Seigis gefährlich, zog sie sich weiter von ihm zurück, rutschte auf dem schlammigen Boden herum; sah ihn auch nicht an, sondern wich seinem verwirrten Blick mit hastig in ihren Augen herum rollenden Augäpfeln aus.

„Elly, was…“ Weiter kam der Tausendtöter allerdings schon nicht mehr, denn er vernahm Stimmen um ihn herum und als er den Kopf wandte, sah er in die schreckschlagenden Augen der durchnässten Menschen, die zuerst die um die zwanzig bewusstlosen Dorfbewohner sahen, dann Elisabeth und zu guter Letzt den in Blut getauchten Seigi erblickten.

Einer von ihnen rief den anderen beiden etwas zu, was Seigi im Moment nicht verstand – er wollte es auch nicht verstehen.

Seigi dachte nicht sonderlich lange darüber nach; er tat es einfach. Ohne auf Elisabeths Reaktion sonderliche Rücksicht zu nehmen, packte er ihre Hand und brachte sie beide in den Tempel.   

 

 

Im Tempel angekommen wurden sie von einer brodelnden Safiya in Empfang genommen, die ihren Gefühlsausbruch allerdings im Zaum hielt – nein, deren Wut sofort verrauchte, als sie die in Seigis Armen liegende, gänzlich steife und schnell atmende Elisabeth sah. Die Standpauke für ihren Bruder konnte warten.

Bestürzt löste Safiya die streng gefalteten Arme von ihrer Brust und war schon zur Stelle, um das Menschenmädchen zu stützen, als Seigi sie herunter ließ – allerdings schienen Elisabeths Beine im Moment nicht dafür geeignet zu sein zu stehen, weshalb Safiya ihre Tempelwächterin auch schon beauftragte, Hilfe zu holen und das keine Sekunde zu früh, denn als Elisabeths aufgeregt umherhuschende Augen zu realisieren schienen, dass sie nicht mehr im Dorf war, dass sie an einem gänzlich anderen Ort war; an einem Ort, der im Himmel schwebte… da gaben ihre Beine auf und sie sackte ohne Bewusstsein in die sie haltenden Arme der beiden Geschwister.

„Oh… das war wohl etwas viel für sie – hätte ich sie vorwarnen sollen?“ Safiya antwortete ihrem Bruder nicht, stattdessen ließ sie einen mitfühlenden, aber auch prüfenden Blick über das verletzte Mädchen schweifen, wobei sie besonders an dessen Händen hängen blieb.

„Sie wurde gefoltert…“ Safiya blickte auf:

„Seigi, hast du dieses Mädchen etwa vor den Flammen gerettet?“  

„Was hätte ich sonst tun sollen? Du siehst ja selbst, was sie mit Elly getan haben – hätte es nicht geregnet, wäre sie jetzt Asche. War der Regen ja doch noch zu etwas gut…“ Elly? Das war also das Mädchen, in das… also, für das Seigi Englisch lernte? Das Mädchen, in das er laut Gerüchten… verliebt war? Safiya hatte den Gerüchten keinen Glauben schenken wollen, hatte nicht über sie nachdenken wollen, hatte es aber natürlich doch getan… aber in ihren sie plagenden Spinnereien hatte sie sich irgendwie nie Gedanken darüber gemacht, wer das Mädchen war, in das Seigi sich angeblich verliebt hatte oder wie es aussah – die einzige Frage, die sie sich konstant gestellt hatte, war, wie es jemandem gelungen war, ihren Klotz von einem Bruder überhaupt dazu zu bringen, so etwas wie Verliebtheit zu empfinden – wenn es denn wahr war.

Safiya schüttelte den Kopf; sie wollte nicht darüber nachdenken und Seigis fragenden Blick ignorierend, richtete sie sich an den herbei eilenden Arzt und trug ihm auf, sich um Elisabeth zu kümmern; sie von oben bis unten zu durchleuchten und ihr die bestmögliche Pflege zukommen zu lassen. Natürlich verweigerte er den Befehl seiner Hikari nicht, aber in seinem Blick stand doch die Verwunderung geschrieben – sie war doch ein Mensch? Was tat ein Mensch im Tempel?

Genau diese Frage stellte Safiya sich eigentlich auch – ihr eigentlich so rücksichtsloser Bruder lernte nicht nur eine Sprache für eine andere Person, er rettete sie auch noch… machte sich Sorgen um sie; wie deutlich konnte Safiya das nicht in seinen Augen sehen, als der Arzt Elisabeth zusammen mit zwei Tempelwächtern auf einer schwebenden Bahre fortbrachte, um Safiyas Befehl nachzugehen?

„Glaubst du, sie wird wieder?“ Safiya wandte sich von Seigi ab; der Anblick ihres besorgten Bruders schmerzte sie zu sehr:

„Ihr Körper sicherlich. Was ihre Seele angeht… das hängt von vielen Faktoren ab.“ Sie atmete tief durch und zwang sich, ihr schmerzendes Herz zu ignorieren, indem sie ihre Wut wieder heraufbeschwor, aber es gelang ihr nicht gänzlich. Dennoch konnte sie sich wieder zu ihrem Bruder herumdrehen und ihn nun endlich mit den offensichtlichen Fragen konfrontieren:

„Seigi, sag mir, warum du das arme Mädchen hierher gebracht hast.“

„Warum wohl? Sie wurde als Hexe verurteilt, wie ich schon sagte.“ Seine Schwester sah ihn mit hochgezogenen Brauen an:

„Seit wann bist du so sozial?“ Safiyas Augenbrauen zuckten gefährlich, als sie deutlich bemerkte, dass Seigi nicht sonderlich heiß darauf war, dieses Thema zu besprechen; er schien es sogar auf eine recht billige Art wechseln zu wollen, indem er Safiya auf das an ihm klebende Blut aufmerksam zu machen versuchte, aber das funktionierte nicht; sie ignorierte sein Blut mit Müh und Not.

„Willst du jetzt etwa jedes Mädchen hierher bringen, das als Hexe verurteilt ist?! Vor nur fünf Stunden habe ich dir erklärt, dass die Ratsmitglieder gerade beschlossen haben, dass wir nicht mehr in die Menschenwelt dürfen – und das erstbeste was du machst, ist in die Menschenwelt zu gehen?!“

„Diese neue Regel ist ja wohl noch nicht offiziell verkündet worden, oder?“ Safiya war kurz davor, die Arme über dem Kopf zusammen zu schlagen:

„Ich glaube, dieses Argument interessiert die Ratsmitglieder weniger!“

Mich interessieren die Ratsmitglieder und unsere Vorfahren aber nicht.“

„Du weißt genauso gut wie ich, dass das gelogen ist.“ Ganz offensichtlich wollte Seigi gerade rein aus Prinzip gegenansprechen, aber da sah er dann doch ein, dass es nichts brachte, dagegen zu argumentieren.

„In diesem Fall interessiert mich deren Meinung wirklich nicht.“

„Weil du in sie verliebt bist?“ Seigi antwortete nicht, aber Safiya sah überrascht und besorgt, dass Seigi rot wurde und sich tatsächlich abwandte; aber schnell eroberte seine kleine Schwester Seigis Aufmerksamkeit und angesichts ihres plötzlichen Wutschwalls sah er sich auch gezwungen, sich ihr wieder zuzuwenden:  

„Was hast du dir nur dabei gedacht? Ein Menschenmädchen! Du holst ein Menschenmädchen in unser Zuhause, in eine Welt, die nicht für die Menschen vorgesehen ist! Gut, es ist nicht verboten einen Menschen zu lieben, aber hättest du dir nicht ein Beispiel an unserer Mutter nehmen können? Sie hat Vater nie mit hierhin genommen; sie hat ihn immer nur in der Menschenwelt getroffen! Ist dir eigentlich klar, dass das arme Mädchen nie wieder in ihre Welt, in ihr Leben zurückkehren kann?! Was hast du dir bloß dabei gedacht! Ah, nein, warte, ich kenne die Antwort – du hast dir GAR NICHTS gedacht, du hast es einfach getan, weil du du bist, einfach typisch, Seigi!“

„Komm, Safi, sei kein Windwächter und hol tiiiiiiief Luft…“ 

Ich will keine Luft holen! Am liebsten würde ich dich… Argh! Verdammt!“

„Oh! Oh, du hast geflucht, Safi?!“ Die Angesprochene bemerkte ihr Vergehen auch sofort und schlug sich beschämt die Hand vor den Mund:   

 „Ich bitte vielmals um Verzeihung…“ Seigi lachte nur grinsend:

„Ach, das macht nichts! Ich bin deine Standpauken ja gewohnt!“ Finster verdunkelte sich das eigentlich vor Zorn gerötete Gesicht seiner kleinen Schwester:

„Das war nicht an dich gerichtet! Ich habe mich bei unseren göttlichen Vorfahren für mein Fluchen entschuldigt!“ Dann seufzte sie tief, hob die Augen nach oben, legte den Kopf kurz in den Nacken und atmete noch einmal tief durch, ohne Seigis Grinsen sonderlich viel Beachtung zu schenken, der sich plötzlich wieder so aufführte, wie er es immer tat; als wäre dies nur eine ihrer normalen Plänkeleien – aber das war es nicht. Das… war es nicht. Sie war nur gespielt. Sie spielten es beide.

Auch wenn Seigis Gesichtsausdruck es nicht vermuten ließ: von dem Moment an, das wusste Safiya, würde nichts mehr so sein wie früher.

 

 

Die Untersuchungen untermauerten das, was die beiden Hikari-Geschwister bereits geahnt hatten: Elisabeth war gefoltert worden. Neben den herausgerissenen Fingernägeln hatte sie auch mehrere Hämatome und innere Blutungen; nichts, was eine besonders große Herausforderung für die wegen der Kriege geschulten Ärzte des Wächtertums war; dennoch, so sagte man Safiya, wäre es ratsam, wenn Elisabeth erst einmal im Bett bleiben würde. Ein Ratschlag, für den Safiya zwar dankbare Erkenntlichkeit zeigte, aber eigentlich sah sie ihn als relativ unnütz an, denn natürlich war ihr klar, dass es ratsamer war, Elisabeth erst einmal im Bett zu belassen. Es war eine Sache, ihre Fingernägel zu heilen; eine andere ihr dabei zu helfen, das Erlebte zu verarbeiten. Falls nötig sollten sie vielleicht psychologische Hilfe in Betracht ziehen…  

Ohne von Seigi bemerkt zu werden, hatte Safiya die Tür zum Krankenzimmer geöffnet, in das Elisabeth gebracht worden war. Ein kleines, dünnes Zimmer, mit einem runden Fenster hinter dem weißen Bett und damit im Moment auch die einzige Lichtquelle, die grau wirkendes Licht in das ohnehin sehr melancholisch wirkende Zimmer warf.

Vorsichtig schob Safiya die Tür mit ihrem Fuß zu, die sie anders nicht hätte schließen können, denn sie hatte zwei Gläser in der Hand - eines von diesen gab sie nun Seigi, der aufschreckte, als er seine Schwester plötzlich neben sich bemerkte. Er war zu gedankenverloren gewesen, um ihre Anwesenheit zu bemerken. Auch jetzt noch, als er sie bemerkt hatte, blickte er das Glas in ihrer Hand verwundert an, als wisse er nicht, wo es plötzlich herkäme.

„Gurkensaft. Mit einem Spritzer Zitrone und zwei Löffeln Zucker. Genau wie wir es am liebsten mögen.“ Die Verwunderung legte sich und die beiden Geschwister lächelten sich in diesem ungewohnten Moment der Ruhe warm an.

„Danke, Safi.“ Das Lächeln Safiyas wurde ein wenig traurig, doch Seigi bemerkte es nicht, denn er war aufgestanden, um seiner schwangeren Schwester seinen Stuhl zu geben, den sie auch dankend annahm und sich hinsetzte, während Seigi sich kurzerhand auf den Boden fallen ließ.

Die beiden wählten es, schweigend ihren Saft zu trinken; beobachteten beide die ruhig schlafende Elisabeth - jedenfalls teilweise, denn nach einigen verstrichenen Minuten blickte Safiya verstohlen zu ihrem Bruder. Dieser ernste Anblick… wie ungewohnt er für ihn war. Selten hatte sie ihn so ernst, so in sich verschlossen gesehen. Verschlossen… das war eigentlich kein Wort, das sie mit ihrem Bruder in Verbindung brachte. Jedenfalls war er ihr gegenüber nie verschlossen gewesen. Sie hatte nie das Gefühl gehabt, ihn nicht zu verstehen; aber jetzt… jetzt wusste sie nicht, was in seinem Kopf vorging. Es war ein sehr… eigenartiges Gefühl. Befremdlich schon. Befremdlich und lähmend.

Jetzt in diesem Moment, als Seigi, nachdem er seinen Saft ausgetrunken hatte, begonnen hatte, ihr von seinen Erlebnissen in England zu erzählen, rührte sich nicht einmal ihr gefürchtetes Temperament, obwohl es dafür eigentlich Gründe genug gab. Nur bei einer Sache konnte sie nicht ruhig bleiben:

„Von allen Dingen, die du in dieser Situation hättest tun können, musstest du ausgerechnet auf die Idee kommen, von einer Kirche herunter zu springen?“

„Ich hatte eigentlich gedacht, das würde dich beeindrucken!“, erwiderte Seigi schmollend, die Arme mittlerweile auf der Bettkante liegend.

„Das einzige was mich „beeindruckt“ ist deine unüberlegte Tollkühnheit.“ Sie nahm einen Schluck von ihrem Gurkensaft:

„Nicht nur, dass du Menschen mit unserem Licht blendest…“

„Ey, du musst zugeben, das war eine ziemlich geniale Idee…“

„Es ist dennoch Magieeinsatz vor Menschen - und das werden auch die Ratsmitglieder sagen. Menschen haben gesehen, wie du dich teleportiert hast - mit ihrer vermeintlichen Hexe - du bist von einem Kirchturm gesprungen… du hast wirklich ganze Arbeit geleistet. Das Dorf wird garantiert niiiie wieder an die Existenz von Magie glauben.“ Seigi warf einen schielenden Schmollblick zu seiner Schwester:

„War das Ironie?“

Ja, das triefte vor Ironie“, antwortete Safiya mit verengten Augen, ehe sie ihr Glas leerte und es seufzend auf einer niedrigen Kommode abstellte.

„Ich werde es dem Rat sofort mitteilen.“ Laut stöhnend versenkte Seigi seinen Strubbelkopf in das weiße Laken.

„Muss das sein?!“, ertönte seine Stimme gedämpft, aber die Beschwerde war dennoch deutlich zu hören.

„Ja, das muss sein.“ Safiya erhob tadelnd den Zeigefinger:

„Man muss für seine Taten Verantwortung übernehmen - und wenn nicht schnell was unternommen wird, musst du dafür geradestehen, dass ein ganzes Dorf sich selbst abgebrannt hat.“

„Als ob das ein Verlust wäre…“ Der eben noch erhobene Zeigefinger grub sich in Seigis Kopf, gefolgt von tadelnden Worten, dass er so was doch nicht sagen könne und erst recht nicht dürfe!      

 

 

Weder Safiya noch Seigi waren anwesend gewesen, als Elisabeth aus ihrer Ohnmacht erwacht war, aber der Arzt hatte ihr geschildert, dass das Menschenmädchen ein sehr panisches Verhalten an den Tag gelegt hatte.

Von diesem panischen Verhalten sah man im Moment jedoch nichts, wie Safiya feststellen musste, als sie sich von der Tür abwandte, wo sie eben noch mit dem Arzt gesprochen hatte und nun wieder zu dem Bett sah, in dem Elisabeth lag. Jetzt hatte sie sich beruhigt; jetzt wo Seigi neben ihr am Bett saß. Ihre Panikattacke war sofort abgeflaut, als er herein gestürzt gekommen war und ihre Hand ergriffen hatte. Seitdem hatte er sie nicht mehr losgelassen. Desorientiert in dieser fremden Umgebung, losgerissen von allem, was sie kannte und zu dem sie hatte relatieren können, war Seigi das Einzige, was ihr keine Furcht einjagte.

Dennoch war in ihren Augen eine eigenartige Dumpfheit zu erkennen und obwohl sie ihn, der ihr ununterbrochen die Hand hielt, ansah, so schienen ihre Gedanken doch an einem anderen Ort zu sein und gerade als Safiya sich langsam zu ihnen gesellte, zog Elisabeth auch ihre Hand zurück, verbarg sie unter der Bettdecke und wandte ihren Blick ab.

„Sei unbesorgt“, begann Safiya auf Englisch und setzte sich zu Elisabeth ans Bett:

„Hier bist du in Sicherheit.“ Elisabeth blickte nun zu Safiya, dann zurück zum ernst blickenden Seigi, verhielt sich allerdings schweigend, obwohl sie sie sicherlich verstanden hatte.

„Mein Name ist Safiya. Ich bin die jüngere Schwester Seigis.“ Freundlich lächelnd blickte Safiya sie an und ihr war, als würde Elisabeth das Lächeln erwidern wollen, aber etwas hinderte sie daran und ein entschuldigender Ausdruck trat in ihre Augen, als sie sich wieder abwandte. Aber Safiya hatte Geduld.

„Mein Bruder nennt dich „Elly“. Ist das dein richtiger…“ Da unterbrach sie sich selbst, denn das ruckartige Zusammenzucken ihres Bruders blieb ihr nicht unbemerkt. Besorgt drehte sie sich zu ihm herum und ihre Sorge nahm zu, als sie sah, dass Seigi seine Hand über seinen Augen zusammen krampfte und dass auch sein Körper sich eigenartig krümmte.

„Seigi, bist du etwa ver…“

„…Seiji?“ Beide Geschwister sahen nun plötzlich Elisabeth an, die auf einmal, angeregt von der Sorge um Seigi, ihre Stimme wiedergefunden hatte und auch ihre Augen schienen wieder in der Lage zu sein, zu fokussieren. Sofort zwang sich Seigi zu einem Grinsen und löste die bebende Hand wieder von seinem Gesicht:

„Nein, nein, alles gut!“, versicherte er den beiden Mädchen in einem sehr versuchten und gebrochenen Englisch, was Elisabeth aber trotzdem zu verstehen schien, aber beruhigen konnte es sie genauso wenig wie Safiya, die bemerkte, dass Seigi ungewöhnlich blass wirkte. Aber er… war doch nicht verletzt? Er kam doch gerade von einem Gesundheitscheck, bei dem alles in Ordnung gewesen war?

Gerade als die beiden Mädchen eine Erklärung haben wollten, klopfte es an der Tür und als Safiya den unangemeldeten Besucher herein bot, fluchte Seigi in Gedanken, denn der Besucher war Adir - und das bedeutete, dass es Zeit war für Standpauke Nummer zwei.

 

 

„Du schaffst es immer wieder, den Rat in Aufruhr zu versetzen, Seigi.“ Verschmitzt grinsend wich Seigi Adirs tadelndem Blick aus, der ihn die Antwort, ob er das positiv sehen sollte, verschlucken ließ. Denn es war ganz offensichtlich nicht positiv, wie er anhand von Adirs Blick erkannte; der eigentlich sonst so ruhige Hikari wirkte ziemlich angespannt, aber auch erschöpft. Es ging wohl rund im Jenseits, huh?

„Soweit ich weiß, ist die Regel, dass wir Hikari die Menschenwelt nicht mehr betreten können, noch nicht niedergeschrieben“, antwortete Seigi, die Hände auf den Rücken gelegt, denn er wollte vermeiden, dass auch noch Adir seine zitternde Hand bemerkte. Auch er selbst wunderte sich über das Verhalten seiner schwertführenden Hand, aber darum konnte er sich später noch sorgen. Nur das beständige Zittern irritierte ihn sehr.  

„Das ist durchaus wahr, Seigi. Aber leider hast du auch noch ein paar andere Regeln - niedergeschriebene Regeln - gebrochen. Du hast dich Menschen offenbart, du hast im Beisein von Menschen Magie angewandt; du hast sie gegen sie benutzt…“

„Nur um sie zu blenden, damit ich…“

„Irrelevant für jemanden wie Hizashi“, bemerkte Adir mit einem Hüsteln und fuhr fort:

„Das waren schon drei Regelverstöße und dann hast du einen Menschen auch noch hierher gebracht.“

„Was hätte ich sonst tun sollen? Ich habe sie gerettet - ich dachte, das wäre unsere Aufgabe?“

„Ja, in der Tat. Aber nur solange die Bedrohung von Dämonen ausgeht. Geht die Bedrohung von einem Mitmenschen aus, dürfen wir uns nicht einmischen.“

„Aber die vermeintlichen Menschen waren von Dämonen besessen!“

„Darüber sind wir informiert und es war richtig von dir, die besessenen Menschen zu eliminieren - aber dann hättest du dich zurückziehen müssen.“

„Das hätte Ellys Tod aber nur hinausgezögert!“, entfuhr es Seigi wütend:

„Da waren noch andere Menschen, die zu diesen Hexenverfolgern gehörten! Sobald sie wieder erwacht wären, hätten sie weitergemacht und Elly wäre zum jetzigen Zeitpunkt Asche. Safi hat mir erzählt, dass ihr gerade dabei seid, etwas dagegen zu unternehmen…“

„Das ist zwar richtig, aber hierbei handelt es sich nur um die Fälle, die von Dämonen provoziert worden sind und das sind, so wie es im Moment aussieht, nur 15%.“ Der zornige Faustschlag Seigis gerammt an eine Säule unterbrach Adir. Es war wirklich eine gute Idee von ihm gewesen, Seigi aufzusuchen, ehe er vom Rat vorgeladen wurde; Adir wollte gar nicht wissen, wie Seigi reagiert hätte, hätte er gehört, was Hizashi während der Ratsversammlung gesagt hatte… dass sie doch kein Asylheim für Menschen seien und dass die Entwicklung momentan alles andere als positiv sei - zuerst die Mutter mit einem Menschen, dann der Sohn… wo solle denn das alles noch hinführen… dachte denn niemand an das Erbmaterial? Hoffentlich war Safiyas Kind der nächste Lichterbe…

„Ich wusste gar nicht, dass es die Regel gibt, dass man keine Menschen hierher bringen darf“, ertönte Seigis Knurren, als er seine Faust wieder zu sich zog, aber nicht sonderlich beruhigt schien - wie konnte er auch! Nur 15% aller Fälle waren von Dämonen verübt worden?! Was war das für eine Welt, in der Menschen - die immerhin alle zur gleichen Rasse gehörten - sich gegenseitig so etwas antaten?! Und da hieß es, Dämonen seien der Ursprung aller Boshaftigkeit… und in so eine Welt sollte er Elisabeth zurückschicken?! War der Rat denn vollkommen von Sinnen?!

„Die gibt es tatsächlich auch nicht, immerhin wurden die heiligen Regeln zu einer Zeit verfasst, in der die Menschen noch nicht existierten und einzig die Sonderregeln wurden seitdem hinzugefügt. Es ist daher auch nicht richtig zu behaupten, dass es eine neue Regel sei, dass wir Hikari die Menschenwelt nicht mehr betreten können - es ist eher…“ Seigi hatte absolut nicht im Interesse, mit Adir über Definitionen zu sprechen; schon gar nicht im Zusammenhang mit Regeln. 

„Gut“, lautete Seigis giftige Antwort:

„Dann habe ich ja auch nichts falsch gemacht.“ Adir hob die Augenbraue; hatte er ihm zugehört?

„“Im Zweifelsfalle ist die Meinung des Lichtes die, die über allem steht“. Regel B1, Seigi. Ich denke du weißt, was das bedeutet?“

„Jaha, ich weiß, was das bedeutet - das bedeutet, dass der ach so erleuchtete Rat sich einig sein muss und ich nehme an, dass ihr das nicht seid; wie immer.“

„Das stimmt“, gab Adir zu mit einem leichten Kopfneigen, ohne auf Seigis provokanten Tonfall einzugehen:

„Aber es zeichnet sich eine deutliche Meinung ab.“

„Und die wäre?“ Kurz schwieg Adir, betrachtete den ziemlich wütend wirkenden Seigi, der aufgebracht seine Hand in die Hüfte gestemmt hatte und unruhig mit dem linken Fuß auf und ab stampfte. Die Antwort würde wahrscheinlich in einem weiteren Faustschlag resultieren…

„Ein Mensch darf hier nur leben, wenn er mit einem Wächter liiert ist.“

 

 

Safiya bemerkte, dass Elisabeth nun langsam anfing, sie wahrzunehmen. Sie musterte sie und in ihre Augen kehrte nun langsam das Leben zurück; Neugierde kam zum Vorschein, zusammen mit der Verblüffung angesichts des Reichtums, den Safiya als Regime-Führerin trug. Ihr langes Seidenkleid, die darin eingearbeiteten Perlen und Goldfragmente; das goldene Glöckchen, ihre Ohrringe und die Perlen an ihrem Hals und Haarschmuck - und natürlich blieb ihr bei ihrer Musterung auch Safiyas runder Bauch nicht unbemerkt. Dann wurde sie rot, wohl weil sie sich dafür schämte, Safiya so angestarrt zu haben und zog die Decke bis zur Nasenspitze hoch und hätte sie wohl noch höher gezogen, hätte Safiya sie nicht mit einem zurückhaltenden Lachen aufgehalten:

„Möchtest du vielleicht auch so ein Kleid tragen?“

      

 

Adirs Augenbrauen hoben sich eine Spur, als er einige Meter hinter Seigi die Tür zum Krankenzimmer aufgehen sah und er, im Gegenteil zu Seigi, beobachten konnte, wie Safiya das Menschenmädchen bei der Hand haltend den Gang herunter führte. Was hatten die beiden…?

„Mit anderen Worten, ich soll Elly heiraten?“ Seigis Frage sorgte dafür, dass Adir ihn wieder ansah und von dem Vorhaben der beiden Mädchen abgelenkt wurde:

„Ja… das heißt es.“ Seigi zuckte mit den Schultern:

„Gut, dann mach ich das.“ Jetzt hatte Seigi Adirs Aufmerksamkeit unter allen Umständen wieder:

„Was?! Du willst sie heiraten? Hast du nicht noch, als es um den nächsten Lichterben ging, darauf bestanden, dass du nicht derjenige sein würdest, der heiratet?“ Seigi zuckte gleichgültig mit den Schultern, sagte allerdings nichts, weshalb Adir fortfuhr:

„Bist du etwa wirklich in das Mädchen verliebt?“ Eine warme Röte breitete sich auf Seigis Gesicht aus, was nicht nur ihm nicht unbemerkt blieb, sondern auch Adir, der das, was er sah, genauso wenig glauben konnte wie Safiya. Er kannte die beiden Geschwister seit sie klein waren und nie, nie, hätte er gedacht, dass Seigi seine Aufmerksamkeit anderem zuwenden würde außer seinem Schwert und seiner Schwester. Er interessierte sich nicht einmal sonderlich für die Wächter, die sich in seiner Nähe befanden; die Elementarwächter seiner Schwester waren für ihn einfach nur Randfiguren und auch zu seiner Mutter hatte er ein… eher distanziertes Verhältnis. In seiner Welt hatte es immer nur sein Schwert und Safiya gegeben – und jetzt rettete er nicht nur ein Menschenmädchen, er warf sich auch noch in Probleme für sie?

„Ich weiß nicht, ob ich das bin“, antwortete Seigi widerwillig, wie es Adir vorkam:

„Ich weiß nur, dass ich nicht zulassen werde, dass Elly etwas zustößt. Und wenn ich heiraten muss, dann muss ich wohl heiraten.“

 

 

 

 

 

 

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Keiko-maus
2016-01-23T16:00:24+00:00 23.01.2016 17:00
Hahaha, diese Regeln der Hikari^^ Ich weiß ja net, von Dämonen besessene Menschen sind doch noch immer Menschen^^ Aber gut, wenn die Hikari beschlossen haben, dass man Besessene umbringen darf, dann soll es eben so sein, wa? Mehr Spaß für Seigi^^
Ach Seigi, du planst mal was und nutzt dann auch Lichtmagie, wie klasse. Alle paar Jubeljahre, wa? Trifft es wohl ganz bestimmt. Sei stolz auf dich, du hast es dir verdient :D Und wahrlich, was eine meisterhafte Idee von dir^^ Heldenhaft gerettet^^ Blöd nur, dass Seigi voller Blut war, ansonsten hätte man ihn aufgrund seines Aussehens bestimmt als Engel werten können xDD

War klar, dass Safi sauer wird xDD Aber wie süß die beiden einfach mal sind, hehe^^ Und Safi flucht, oje, sie muss ja ernsthaft sauer gewesen sein xDDD Die arme hat es aber auch nicht gerade leicht mit Seigi^^" Und das auch noch in ihrem Zustand O_O
Master Adir :D Der arme Kerl bedauert es hundert pro im gleichen Zeitalter wie Seigi geboren worden zu sein x'D Ach ja, wahrscheinlich muss wegen Seigi immer viel zu viel Papierkram erledigt werden^^"
Wenn ich nur lese, dass das Erbmaterial ja ach so wichtig ist... argh, da wird mir schlecht x_x Wenn ihnen das Erbmaterial so wichtig ist, dann sollen sie ihre Lichtwächter doch nicht auf dem Schlachtfeld so verheizen, sondern mal ordentlich heranwachsen lassen, damit es nicht immer nur einen oder zwei Lichtwächter gibt...
Regel B1 xD Ja, der Rat muss sich einig sein, ganz klare Sache, sehe ich ein, aber schön zu lesen, dass der Rat sich dennoch selten einig ist xDD Aber kennt man ja von überall, nie ist sich ein Rat mal wirklich einig^^"

Oh, Seigi muss heiraten, jawoll, eine sehr gute Idee :D Und wie süß, ich stell mir das so süß vor, wie er errötet und Adir und Safiya sprachlos macht :D Bestimmt ein Bild fürs Leben^^ Seigi knallrot und die anderen beiden mit großen und sprachlosen Augen xDD
Von:  Crimson-Butterfly
2015-01-03T11:37:55+00:00 03.01.2015 12:37
Was habe ich mich auf das neue Remake Kapitel gefreut. Endlich konnte ich Seigis und Elisabeths Geschichte weiter verfolgen <3
Dämonie ist mal wieder ein interessantes neues Info-Fragment aus der Welt von Himi für mich. Gerade auch in Zusammenhang mit den echten Hexenverfolgungen in der Geschichte finde ich diesen Aspekt mal wieder sehr klug eingesetzt. Auch wenn mich Seigis Freude darüber, dass er die Menschen dann doch töten darf, ein wenig... beunruhigt. Sogar noch mehr, als wenn es Menschen wären, die aus eigenem Antrieb handeln. Immerhin haben die es sich ja sicher auch nicht ausgesucht, von Dämonen besessen zu werden. Aber gut, es ist immer noch Seigi, von dem wir hier sprechen. Der freut sich wie immer auf ein bisschen Action. Wenigstens ist es diesmal Action mit noblem Hintergrund xD
Puh, zum Glück hat Seigi Aurora nicht gesagt, dass er keinen Regen über England gebrauchen kann, sonst wäre er vermutlich zu spät gekommen und Elisabeth längst Asche. (Also war der Scheiterhaufen auf deiner Illustration gar nicht ausgebrannt, sondern hat durch den Regen einfach gar nicht erst richtig brennen können? Gemein! xD) Schlimm genug, dass man sie so gefoltert hat. Ob sie sich davon psychisch jemals erholen wird?
Seigi auf dem Dach der Kirche - der Kerl steht auf dramatische Auftritte, das muss man ihm lassen xD Auch wenn mir an dieser Stelle schon klar war, dass ihn sicher keiner der Hikari für seinen überaus genialen Plan loben würde, die Menschen mit seiner Lichtmagie außer Gefecht zu setzen, um so die von Dämonen besessenen Personen zu erkennen. Trotzdem knuffig, wie er sich dafür innerlich selbst auf die Schulter klopft xD
Kein Wunder, dass Elisabeth im Tempel angekommen erst mal bewusstlos wird, nach allem, was sie gerade erlebt hat. Ich meine, der Tempel ist schon für Personen wie Green schwer zu verdauen, die nicht gerade Folter und beinahe Verbrennung auf dem Scheiterhaufen hinter sich haben.
Seigi hat bei seiner Aktion, Elisabeth mit in den Tempel zu nehmen, natürlich mal wieder nicht nachgedacht, aber ich bin trotzdem froh, dass er es getan hat. Sonst wäre sie definitiv gestorben. Zumal ich der Meinung bin, dass hier nicht komplett der Fall "Wächter dürfen keine Menschen retten, die sich gegenseitig töten" zutrifft, denn immerhin hat man Elisabeth wohl in erster Linie zu dem Zeitpunkt als Hexe verurteilt, weil sie Seigi geholfen hat und damit ins Kreuzfeuer des Kampfes Wächter und Dämonen geraten ist. Hätte man sie nicht bei dem Kampf beobachtet, hätte man sie vielleicht auch gar nicht als Hexe geahndet, nachdem ihre Mutter ihr noch mit auf den Weg gegeben hatte, besonders vorsichtig zu sein.
"Sei kein Windwächter"? Seigi hat einfach immer die besten Sprüche xD
Gurkensaft? Nein ehrlich, GURKENSAFT?! Und dann auch noch mit Zucker? Irks >___<"
Seigi hat schon wieder so einen komischen Anfall, das gefällt mir nicht, das gefällt mir überhaupt nicht D: Auch wenn ich keine Ahnung habe, was genau das wohl bedeuten kann, aber gut kann es nicht sein, soviel ist mir klar.
Sollen die Wächter nicht eigentlich die Menschen vor den Dämonen schützen? Wie kann sich dann Hizashi so darüber aufregen, dass Lili mit einem Menschen zusammen war und sie kein Asylheim für Menschen sind? Wegen einem Mädchen? Mann, Hikari manchmal, ernsthaft...
Aww, Safiya bietet Elisabeth an, eines ihrer Kleider zu tragen. Wie cute ist das denn bitte? <3
Und dann geht es auch direkt schon weiter mit der Cuteness, weil Seigi ohne zu zögern zustimmt, Elisabeth zu heiraten, damit sie im Tempel bleiben kann und ihr nichts passiert. Seigiii~ <3 Was zur Hölle muss in diesem Flashback noch mit dir passieren, damit du später bereit bist, ein Baby zu töten? Ich glaube kaum, dass es nur daran liegt, den Hikari, die ihn ächten, etwas zu beweisen.
Ich mag Safiya, besonders in Zusammenspiel mit Seigi. Die beiden sind ein tolles Geschwistergespann. Ich frage mich, warum sie nicht im Jenseits ist?
Der Titel des Kapitels ist mir noch nicht zu hundert Prozent klar, aber das kommt dann wahrscheinlich in Teil 2 - und mir schwant Übles D:


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