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99. Straßenverkehr

„Hmm…“

„Was ist los?“

„Nichts… ich sehe mich nur um.“
 

Sie waren wie Parallelstraßen gewesen.

Ihre Leben liefen nebeneinander her, ohne dass sie sich jemals berührten oder einen Einfluss aufeinander hatten.

Sie gingen auf die gleiche Schule, aber in unterschiedliche Klassen, so dass sie nichts miteinander zu tun hatten.

Aber genauso wie bei Parallelstraßen konnte man die eine von der anderen aus sehen.

Und so sah er sie gelegentlich und fragte sich, was in ihrem Leben so vor sich ging.
 

„Wer ist das?“

„Keine Ahnung, aber… sie sieht schon ziemlich gut aus. Was meinst du?“

„Was denkst du, warum ich frage?“
 

Irgendwann änderte sich ihr Verhältnis und sie waren mehr wie Straßenkreuzungen.

Er war Klassensprecher geworden und sie ebenso und so begegneten sie sich regelmäßig auf irgendwelchen Veranstaltungen, in denen es um die Belange der Schule ging. Langsam aber sicher änderten sich seine Gefühle für sie und wie ein kleines Pflänzchen am Straßenrand wuchs in ihm eine Verliebtheit heran.

Aber wie es auch bei Kreuzungen war, so waren ihre Begegnung jedoch immer nur kurze Momente, nur kleine Begegnung, die schnell wieder vorüber gingen.

Außerdem, so musste er zugeben, war ihr Leben wohl die Hauptstraße und er musste immer wartend an der Kreuzung stehen und zu sehen, während sie an ihm vorbei zog. Vor allem die Begleitung an ihrer Seite missfiel ihm.
 

„Ich weiß nicht, ob mich ärgern oder freuen soll, dass morgen die Sprecherkonferenz ist…“

„Was meinst du?“

„Einerseits sehe ich sie… aber andererseits muss ich auch wieder beobachten, wie dieser blöde Kerl ihr hinterher rennt.“
 

Doch wie auch im Straßenverkehr gab es auch in ihren Leben keinen Stillstand und so wurde ihre Beziehung wie ein Kreisverkehr.

Sie drehten sich immer wieder um einander herum, näherten sich einander an, nur um sich voneinander zu entfernen und dann in verschiedene Richtungen voranzugehen und dann wieder aufeinander zu treffen. Sie waren in der Nähe, aber nie wirklich zusammen.
 

„Es treibt mich in den Wahnsinn!“

„Was meinst du?“

„Was soll ich denn noch machen? Wieso klappt es zwischen uns nicht?“
 

Irgendwann nährten sich ihre Leben an wie die Straßen bei einer Autobahnauffahrt. Sie verbrachten immer mehr und mehr Zeit zusammen und irgendwann war es endgültig: Sie waren ein Paar.

Ab dort war ihr Leben wie auf einer Autobahn: Schnell, spektakulär und immer auf der Überholspur.

Alles war perfekt, die Straße war frei und ohne Hindernisse und sie waren einfach glücklich.
 

„Weißt du was?“

„Sie sieht toll aus, ist intelligent und phänomenal im Bett?“

„Ja, das auch… aber vor allem bin ich super glücklich.“
 

Doch irgendwann war die freie Fahrt zu Ende und sie landeten in einer Sackgasse.

Sie kamen nicht mehr vorwärts und waren festgefahren und alles was vorher aufregend gewesen war, schien nun nur noch zu stören. Auch wenden war nicht mehr möglich und langsam hatte er das Gefühl, dass er sich nicht mit ihr aus diesem Stillstand befreien konnte.
 

„Ich denke nicht, dass sich etwas ändern lässt.“

„Willst du einfach aufgeben?“

„Vielleicht ist das das Beste...“
 

Und alles endete mit einem Crash, einem Totalschaden.

Er hätte sich nur gewünscht, dass auch das nur metaphorisch gewesen wäre und er nun nicht bei ihrer Beerdigung stehen müsste...



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  DemonhounD
2013-03-26T10:14:52+00:00 26.03.2013 11:14
Wow! Erinnert mich an Walther Moers, wo jedes Märchen mit dem Tod enden muss... oder anders gesagt: Ich finds schön metaphorisch, süß geschrieben. Ich liebe diesen Kreisverkehrvergelcih und... verdammt. Das ist echt niedlcih! Okay... heute hab ich gleich zwei Romanzen von dir erwischt. Irgendwie hab ich den Drang in meinen Farbkasten wieder das langverbannte Rosa reinzutun... oder anders ausgedrückt: Heut werd ich zum Mädchen-Mädchen. :-P
Gefällt mir aber... ich mein die FF! ^^
Antwort von:  w-shine
28.03.2013 11:10
:)
Danke für deinen lieben Kommentar hier zu. Freut mich, dass es dir gefallen hat und die Metaphern gefallen. So viele Romanzen sind ja nicht in der Sammlung, aber an dem Tag hast du echt zwei auf einmal erwischt ;)
Na dann, nimm das Rosa und mal ein paar kitschige Bildchen :D
Von:  TommyGunArts
2013-01-05T14:52:51+00:00 05.01.2013 15:52
Hallihallöchen :)
Ich dachte ich schau mal wieder bei dir vorbei und lese mal wieder was neues von dir. *__*
Ich gehe dabei mal durch den Text und gucke mal einfach was mir auffällt oder gut gefällt.

Außerdem, so musste er zugeben, war ihr Leben wohl die Hauptstraße und er musste immer wartend an der Kreuzung stehen und zu sehen, während sie an ihm vorbei zog.
-> Ein absolut toller Vergleich. Dieser Satz hat es mir angetan :D

Sie drehten sich immer wieder um einander herum, näherten sich einander an, nur um sich voneinander zu entfernen und dann in verschiedene Richtungen voranzugehen und dann wieder aufeinander zu treffen.
-> Noch so ein wundervoller Vergleich. Diesen mag ich sogar noch etwas lieber, weil er das Annähern und Entfernen sehr bildlich darstellt. Wirklich toll gewählt!

Er hätte sich nur gewünscht, dass auch das nur metaphorisch gewesen wäre und er nun nicht bei ihrer Beerdigung stehen müsste...
-> Huch! Ein überraschendes und tragisches Ende, mit dem ich nicht gerechnet hätte.

Insgesamt eine interessant gestaltete Geschichte. Ich liebe diese Vergleiche mit bestimmten Teilen des Straßenverkehrs, die das ganze sehr schön veranschaulichen. Fehler habe ich keine gefunden und der Lesefluss wird nicht gestört.
Besonders gut finde ich das Ende. Eine grausame Wendung, die mir persönlich sehr zusagt, weil es dem träumerischen Anfang der Geschichte einen bitteren Beigeschmack verleiht und ihn förmlich zunichte macht. Gefällt mir sehr!
lg
E. Ternity


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