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Eternal Search

Die Suche nach dem Hier
von

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Wir sind Sucher.

Seit unserer „Geburt“ gibt es für uns nur einen wirklichen Antrieb und der besteht darin, zu suchen. Wir wissen nicht, nach was oder wo wir suchen müssen. Aber wir können nicht eher damit aufhören, bis wir das gefunden haben, wofür wir diese allmächtige Sehnsucht empfinden.

Als ich damals erwachte, konnte ich bereits am ganzen Körper spüren, dass ich nicht vollständig war, dass mir etwas fehlte. Etwas, was ich jedoch nie besessen hatte. Merkwürdig, oder? Du vermisst etwas so sehr, dass es dir Schmerzen bereitet und dabei hast du es noch nie zuvor gesehen, gehört, gefühlt… Du bist ihm nie begegnet. Und doch zerreißt es dich, dass es nicht bei dir ist.

Und darum begann ich mit meiner Suche, genau wie all die anderen meiner Art.
 

Ich bin mir ziemlich sicher, so einen Gegenstand noch nie gesehen zu haben und kann doch nicht aufhören, ihn in der Hand zu wiegen, daran zu riechen oder über seine glatte und doch raue Oberfläche zu streichen.

„Was bist du?“, flüstere ich fasziniert vor mich hin. Der kleine Gegenstand wird mir nicht antworten – ich bin inzwischen bei der Erkenntnis angelangt, dass er nicht lebendig ist. Aber aus unerklärlichen Gründen glaube ich auch, dass er nicht immer tot war. Wie auch immer, sprechen kann er trotzdem nicht.

„Hey.“ Die Stimme hinter mir hat nur halblaut gesprochen, aber da ich so vertieft in die Betrachtung des Gegenstandes war, habe ich ihn nicht kommen hören und stoße einen kleinen Schrei des Schreckens aus. Die Stimme lacht. Wütend drehe ich mich herum.

„Kannst du dir nicht endlich jemand anderen suchen, an den du dich ranschleichst?“, fauche ich und das nicht ohne Grund – das ist nämlich schon das fünfte Mal. Der Junge, der einige Meter von mir entfernt steht, lacht erneut und streicht sich dabei das strubbelige goldblonde Haar aus der Stirn.

„Kann ich nicht. Du bist nämlich die einzige, bei der das hin und wieder funktioniert, D!“ Ich seufze. Leider hat er Recht. Alle, die mich kennen, nennen mich Träumerin. Ich neige dazu, öfters mal den „Kopf in die Wolken zu stecken“, wie der Junge vor mir es immer ausdrückt. Ich weiß nicht, ob man das so sagen kann, denn es kommt mir nicht so vor, als ob ich träume – ich fantasiere weniger, als dass ich einfach zu viel nachdenke. Über alles. Über unsere Existenz, über die anderen, über mich… Und darüber, ob ich wohl jemals eine Antwort auf all die Fragen finden werde, die in mir herumirren.

„Trotzdem“, murmele ich leicht angesäuert, „irgendwann ist Schluss mit lustig.“ Von einer Sekunde auf die nächste wandelt sich seine Miene von dem freundlichen Lächeln zum verärgerten Schmollmund.

„Oh bitte, Madame hat jetzt also genug. Schon klar“, knurrt er und wendet sich zum Gehen. Innerlich habe ich schon dreimal aufgestöhnt.

„Warte, Way! Das war doch nicht so gemeint.“ Er bleibt stehen, dreht sich aber nicht um.

„Hast du mir was zu sagen?“ Auch das nächste Stöhnen dränge ich in mein Inneres zurück, bevor es hervorkommen und Way wirklich vertreiben kann.

„Bleib bitte“, sage ich leise und aufrichtiger, als ich gedacht hätte. Schon dreht Way sich um, den Blick bereits wieder aufgehellt. Dieser Junge hat ein Talent zur Unberechenbarkeit. Aber ich mag ihn und ich bin froh, dass er mich noch nicht abgeschrieben hat, so wie viele andere. Denn ich komme nicht wirklich gut mit anderen meiner Art aus.

„Sogar ein Bitte. Das muss heute mein Glückstag sein!“ Er tätschelt mir kurz die Schulter und lässt sich dann auf einem der großen Felsen nieder, die in dieser Welt einfach überall herumliegen. Ich zögere kurz, dann setze ich mich auf einen Stein ihm gegenüber.

„Du, Way…“, sage ich schließlich und blicke zu Boden.

„Hm?“

„Weißt du, was das ist?“ Ich öffne die Faust und halte ihm den kleinen Gegenstand hin, den ich gefunden habe. Das ist schon ein paar Tage her. Ich war wie immer auf der Suche nachdem, was mir fehlt, als ich in diese seltsame Stadt gelangte. Die Welt, in der sie sich befand, lag nahe der Grenze zum Reich der Dunkelheit, also im Zwielicht. Welten, die im Zwielicht liegen sind immer auf eine Art besonders. Diese Besonderheit ist nur selten von außen her zu erkennen… ich glaube, so etwas kann man nur fühlen.

Ihrer Lage verdankt sie jedoch den immerwährenden Dämmerzustand. Die ganze Stadt war erfüllt von orangefarbenem Licht, Schatten und Ruhe. Im Grunde ein schöner Ort…

Als ich durch ihre Straßen ging, die Menschen beobachtete und nach einem Anzeichen für meinen fehlenden Teil suchte, sah ich plötzlich dieses Mädchen. Sie war wie ein Fremdkörper in dieser Welt und schien doch genau in sie hineinzugehören. Ihre Aura flimmerte und irgendwie hatte ich das Gefühl, sie zu kennen, obwohl mir ihr Gesicht gänzlich unbekannt war.

Das kurze schwarze Haar, der zierliche Körper verborgen unter einem pechschwarzen Ledermantel und dieser Blick… diese Aufrichtigkeit, dieser Mut und… dieser Schmerz – das alles war es, was mich dazu brachte ihr zu folgen. Ich wollte sehen, wohin sie ging. Ich wollte sie nicht ansprechen, nur um dann – wie immer – vergessen zu werden. Ich wollte nur wissen, wohin sie ging.

Aber dann verschwand sie plötzlich. Ich war ihr durch die halbe Stadt gefolgt, bis in eine Hintergasse, die wohl nur selten von jemandem betreten wurde. Das Mädchen schien das zu wissen und trotzdem sah sie sich einige Male um, ehe sie die Hand hob und so etwas wie ein Portal entstehen ließ. Ein Durchgang aus Dunkelheit. Das Mädchen gehörte zur Dunkelheit. War Teil davon. Sonst hätte sie das Durchschreiten des Portals nicht überlebt.

Nachdem sie hindurchgegangen war, löste sich der Eingang wieder auf. Aber sie hatte etwas verloren. Da sie bereits verschwunden war und ich nicht wusste, wohin, nahm ich den kleinen Gegenstand an mich. Ich dachte, dass ich sie vielleicht eines Tages wieder treffen würde und dann könnte ich ihn ihr zurückgeben. Aber bis jetzt war ich nicht wieder in dieser Zwielicht-Welt. Zudem ist es fraglich, ob ich das überhaupt jemals wieder sein werde. Und außerdem… dieser Gegenstand faszinierte mich zu sehr. Ich wollte erst wissen, was er ist und woher er kommt.

All das schießt mir in den wenigen Sekunden durch den Kopf, in denen Way mir den Gegenstand aus der Hand nimmt und mit skeptischem Blick begutachtet. Seine leuchtend grünen Augen verengen sich zusehends.

„Einen Moment, gleich hab ich’s…“, meint er grüblerisch. Gespannt beuge ich mich näher zu ihm hin. Dann stößt er urplötzlich einen überraschten Laut aus, der mich so überrumpelt, dass ich zurückzucke und die Augen aufreiße. Er wirft mir einen schelmischen Seitenblick zu und ich verfluche seine sprunghafte Ader doppelt und dreifach.

„Also wenn mich nicht alles täuscht, stammt dieses Ding ursprünglich aus dem Wasser.“ Er lässt ihn in meine noch immer geöffnete Hand fallen. „Und zwar nicht aus irgendeinem kleinen Flüsschen, sondern aus dem ‚Meer’.“

„Meer…?“, wiederhole ich wie verzaubert. Dieses Wort klingt… seltsam vertraut. Und irgendwie tut es gut, es zu hören.

„Jep, Meer“, lächelt Way und breitet beide Arme aus, um es zu veranschaulichen. „Eine sehr groooße Ansammlung von salzhaltigem Wasser. Leider nicht gerade in jeder Welt zu finden. Ich hab’s bisher auch nur einmal gesehen.“ Schweigend senke ich die Augen wieder auf den Gegenstand in meiner Hand. Er ist leicht hohl und läuft zum einen Ende schmal zu, dort ist er hellrosa, aber an der breiteten Seite wird er gelb wie das Dämmerlicht in dieser Stadt im Zwielicht. Und seine Oberfläche… das ist mir ein Rätsel.

„Glaubst du, dieser Gegenstand hat mal gelebt?“, spreche ich meine Gedanken von vorhin aus. Way lacht und das irritiert mich, sodass ich den Blick hebe und ihn ansehe.

„Nein, das da hat nicht gelebt“, sagt er und deutet mit dem Finger darauf. „Aber es hat etwas Lebendes gehütet.“

„Gehütet?“ Er nickt und mit einem Mal scheint sein Lächeln sanfter.

„Genau. Was du da hast ist eine Art ‚Schale’. Und bevor sie in deine Hände fand, hat sie irgendwann einmal eine Lebensform beinhaltet. Aber nicht allein…“

„Wie meinst du das?“ Er streckt die Hand aus und dreht das kleine Ding in meiner Hand herum, sodass die leicht hohle Seite nach oben zeigt. Dann streicht er über das schmalere Ende.

„Hier war sie mit ihrem Gegenstück verbunden. Ein Teil, der genauso aussieht wie sie. Und gemeinsam haben sie den Schutzschild für das Lebewesen geschaffen.“

„Wo ist ihr Gegenstück?“, frage ich leise. Etwas in mir bedauert die kleine Schale. Es gab eine Zeit, da war sie vollständig, kannte ihren Zweck, ihre Aufgabe und nun… Way seufzt und schließt meine Finger behutsam wieder um sie.

„Irgendwo.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Xaris
2011-08-17T23:48:24+00:00 18.08.2011 01:48
Dein Schreibstil ist wirklich toll! *o* Ich habe nichts zu kritisieren und auch die Story selbst klingt sehr spannend. :)
Hm, also hat das Mädchen eine Muschel gefunden? xD Irgendwie frage ich mich, wass die beiden nun Allgemein mit KH zu tun haben, aber ich vermute einmal, dass die beiden Niemande sind.^^
Bei dir ging es mir etwas zu langsam, ich sagte ja, dass ich sowas nicht so mag... aber gut, ist keine Kritik, gibt ja Leute, die genau das mögen. :D


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