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Ungleiche Kampfpartner

Ein Yaoi-Crossover: Proto Creed
von

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Hotel Mercer

Hotel Mercer
 

Langweilig.

Es war noch nicht einmal die zweite Woche vorbei, da war er kurz vorm durchdrehen. Das Gefühl, eingesperrt zu sein, machte ihn wahnsinnig. Genau deshalb war er früher von der Farm geflohen. Auch bei Abstergo und den Assassinen danach hatte er es kaum ausgehalten, in den selben engen Räumlichkeiten Tag ein und Tag aus seine Zeit zu verbringen. Doch während das alles Gefängnisse waren, die ihn gegen seinen Willen festhielten, so war dieses hier doch ein klein wenig anders.

Er hatte mit Dana ein paar interessante Gespräche über seine jetzige Situation, Blackwatch und seine voraussichtliche Zukunft, wenn er jetzt hier weggehen würde, geführt. Es war aussichtslos, zumindest ihrer Ansicht nach. Bei den Mercers war er vorerst einmal am sichersten aufgehoben. Aber seine Gefühle blieben. In der beengten Wohnung gab es nun einmal auch nicht so viele Tätigkeiten, den er nachgehen konnte. Zudem stellte sich heraus, dass er schon vorher keine nennenswerten Hobbys besessen hatte. Sein normaler Tagesablauf bestand damals aus Arbeiten, Training und Schlaf. Seiner Ansicht nach, war das jedoch nichts schlimmes gewesen. Im Gegenteil; seine Arbeit war alles für ihn gewesen…
 

Oh ja, wie er seinen Job vermissen würde. Da Desmond keine engere Beziehung mit jemanden eingehen konnte, weil er nie wusste, wann er die Stadt verlassen musste, kam ihm die Arbeit als Barkeeper sehr gelegen. Er war eigentlich ein sehr offenherziger Mensch und sprach gerne mit anderen Leuten über alles Mögliche, von Politik über Wirtschaft bis hin zum Sport. Selbst beim neusten Klatsch konnte er immer mitreden. Zudem war er stolz auf seine Fähigkeiten mit dem Shaker. Schon viele habe ihre Bewunderung für diese seine Begabung ausgesprochen. Es schmeichelte ihn, etwas anderes gut zu können als Menschen still und heimlich zu meucheln.

Sicher, es gab auch Ausnahmen, wenn er z.B. Unruhestifter seiner Bar verwies und diese sich auch noch stur stellen mussten. Zu dieser Zeit war er immer froh gewesen, regelmäßig seine Fitness durch typisches Assassinen-Training und Parcour zu trainieren. Doch das alles wurde ihm ja genommen.
 

Nun konnte er nur noch vor dem kleinen, alten Fernseher sitzen und sich mit dem Müll, der dort täglich gezeigt wurde, berieseln lassen. Etwas anderes gab es kaum zu tun. Die Mercers besaßen keine Bücher, die ihn interessierten, der PC, genau wie der Laptop, wurden fast ausschließlich von Dana für ihre Recherchen gebraucht und die Wohnung hatte er auch schon geputzt...

Richtig gehört. Als Desmond hier her kam, war das Apartment ein stickendes, versifftes Loch, in der verdreckten Küche stapelte sich der Abwasch Meter hoch und vom Badezimmer wollte er erst gar nicht anfangen zu erzählen. Die junge Mercer lebte in ihrer eigenen kleinen Welt, die fast ausschließlich im Cyber-Space stattfand und hatte deshalb nie Zeit sich um die Wohnung zu kümmern. Darum hatte er beinah die gesamte erste Woche damit verbracht, alte eingebrannte Flecken von Geschirr, Schimmel und schlimmeres von der Keramik im Bad und etwas, was ihn an die grün-blaue Version von Alex‘ Biomasse erinnerte, aus dem Wohnzimmer zu entfernen. Der junge Mann war manchmal so stark angeekelt, dass er das Handtuch schmeißen wollte. Doch dann hatte er sich eines Besseren belehrt – immerhin musste er ja hier weiterhin wohnen.
 

Seufzend zappte er durch die Kanäle von Kocharena zu Talkshow zu Gerichtssendung. Das Programm langweilte ihn einfach nur. Plötzlich steckte Dana ihren Kopf aus ihrem Zimmer und rief, dass sie hungrig sei. Die Regel, dass der kocht, wer zuerst Hunger hatte, wurde schon am zweiten Tag ihres Zusammenlebens abgeschafft – Dana Mercer konnte einfach nicht kochen. Punkt.

Selbst Fertiggerichte verbrannten oder bekamen einen seltsamen Nachgeschmack, was aber vielleicht auch wegen der verschmutzten Küche her kam. Nach einem abermals grotesk aussehenden und schmeckenden Frühstück, hatte er ihr klipp und klar gesagt, dass er nun für den Küchendienst zuständig wäre.
 

Als er mit seinen jungen 16 Jahren von der Farm geflohen war, wusste er nichts über das Zubereiten von Mahlzeiten. Am Anfang hatte er ausschließlich von Fertiggerichten gelebt. Doch dadurch hatte er damals unangenehm an Gewicht zugenommen – scheiß Junk Food. Nach und nach hatte Desmond es sich selbst beigebracht und konnte nun stolz von sich behaupten, dass er ein sehr guter Koch war. Er schien ein Feeling für gute Lebensmittel zu besitzen, aber vor allem für die alkoholische Getränke – seine Cocktails waren, sind und werden immer seine besten Kreationen bleiben.
 

Da stimmte ihn Dana auch zu. Sie war die Einzige von den beiden, die die Wohnung verlassen konnte, ohne verfolgt zu werden und war deshalb für den Einkauf zuständig. Am Anfang hatte die junge Mercer Cachaca und Limetten mitgebracht und bat ihn einige Caipirinhas zu mixen. Seitdem wurde das Sammelsurium von den verschiedensten Alkoholsorten und Fruchtsäften immer größer, weil sich beide jeden Tag einen bunten Abend machten und dabei miteinander redeten.
 

So hatte er viel über die jüngere, aber vor allem auch über den älteren Mercer erfahren. Die Fragen, die ihm seit seinem ersten Aufeinandertreffen mit dem Gestaltwandler in ihm brannten, wurden von ihr, soweit ihr Wissen reichte, beantwortet. Er hatte von seinem Workaholic-Leben erfahren und wie er zu der Verkörperung der Seuche wurde. So konnte er nun Alex ein klein wenig in seinem seltsamen Verhalten verstehen. Nach all dem was er durchmachen musste, war es irgendwie ein Wunder, dass er nicht so ein irres Monster geworden war, wie diese Elizabeth Greene. Aber es bestätigte auch seinen innersten Instinkt, dass er möglicherweise einer tickenden Zeitbombe glich – diese enorme Energie der Gefahr, die ihn umgab, zeigte das über deutlich. Man sollte in seiner Gegenwart, auch wenn man gerade die Privilegien des 'Schützlings', wie es Dana nannte, genoss, genau Acht geben, was man tat oder sagte.

Aber größtenteils alberten sie herum und machten ihre Späße miteinander. Ja, er genoss seinen Gefängnisaufenthalt, sobald die Dämmerung herein brach. Die Zeit tagsüber fand er hingegen einfach nur als Last. Die Langeweile erdrückte ihn, denn Dana arbeitete dann immer in ihrem Zimmer und bis auf Fern sehen und kochen gab es nichts, was er tun konnte.
 

Nun stand Desmond wieder am Herd, kochte Spaghetti, säuberte und schnitt Champignons und briet das Rindsgulasch in einer delikaten Rotweinsoße. Er hörte ein Rumpeln aus dem Nebenzimmer und wusste sofort, dass die junge Frau, wie sie es immer tat, über die Rückenlehne hinweg auf die Couch gesprungen war und nun auf das Essen wartete. Einige Zeit später, als er gerade die Teller füllte, vernahm er abermals eine Art Rumpeln, doch diesmal folgte der erschrockene Aufschrei von Dana.

Der Ex-Assassin bewaffnete sich sofort mit einigen scharfen Küchenmessern, die seine Gastgeberin wieder zurückgelegt hatte, nachdem sie ihn für vertrauenswürdig hielt.
 

Mit einem Hechtsprung mit nachfolgender Rolle sprang er in das Wohnzimmer und checkte kampfbereit die Lage. Diese sah so aus, dass eine hochrote Dana auf einen angepisst dreinschauenden Alex lag, der versuchte sie von sich herunter zu schubsen. Durch seinen heroischen Sprung hatte er jedoch ihre ungeteilte Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Er fühlte sich gerade wie ein Kind, das mit der Hand in der Keksdose ertappt wurden war. Darum erhob er sich schnell aus seiner hockenden Position, kratzte sich mit dem Messer, das er in seiner Hand hielt, am Hinterkopf und suchte nach den passenden Worten: "Ehm ja... scheint als bräuchten wir noch einen zusätzlichen Teller, nicht? He he... he.“ Sofort wand er sich von dem verwirrt schauenden Geschwisterpaar ab und verkroch sich schnell wieder in der Küche.
 

Dort angekommen, schmiss er frustriert seine 'Waffen' in die Schublade und verfluchte sich selbst. Was für ein grandioser Auftritt von ihm. Zwar hatte er einen guten Grund so zu reagieren, aber vor Alex war das schon etwas dumm gewesen. Der jüngeren Mercer konnte er einfach davon überzeugen, ein ganz normaler Mensch zu sein, bei dem Älteren war das etwas schwieriger; immerhin hatte er ihn schon im Kampf erlebt.

Andererseits konnte er doch auch nicht ahnen, dass der Formwandler so plötzlich wieder kam. Desmond hatte wirklich eher einen Angriff von Blackwatch erwartet als ihn. Darum war er auch in typischer Assassinen-Manier in das Zimmer gehechtet, um Dana vor den Angreifer zu retten. Im Nachhinein war sein Verhalten einfach nur unüberlegt. Jetzt hieß es Ruhe waren…
 

Das konnte man so leicht sagen, doch bei der Umsetzung scheiterte es. Er musste das aufkommende Zittern unterdrücken und biss sich nervös auf die Lippen. Desmond hatte keine Ahnung wie er sich dem Älteren gegenüber verhalten sollte. Sie haben bis jetzt nur im Kampf miteinander geredet und da waren beide nicht sie selbst; zumindest von sich konnte er das behaupten. Zwar kannte er seine Absichten nun, doch er hatte von seiner Schwerster genug Geschichten gehört, dass er wusste, wie schnell er in Ungnade fallen könnte – Vorsicht war also geboten.
 

Nun füllte er den dritten Teller und kam mit den Mahlzeiten in das Wohnzimmer, stellte die Speisen vor den beiden miteinander flüsternden Geschwistern ab und ging wieder in die Küche zurück. Er wollte ihre, garantiert wichtigen Gespräche nicht stören und wollte deshalb hier essen. Kaum hatte Desmond eine Gabel voll in seinen Mund gestopft, schauten schon zwei ‘besorgte‘ Gesichter durch die Tür. Okay, die eine schaute besorgt, der andere schaute ohne ein Anzeichen von jeglicher Emotion herein: „Warum isst du allein? Komm doch rüber zu uns.“ Er biss sich wieder auf die Lippen und antwortete dann, „Nein, passt schon – ihr habt euch garantiert viele Sachen zu erzählen. Da will ich nicht weiter stör...“ „Beweg dich, Jonny-Boy, wenn sie sagt ‘hop‘, springst du, verstanden?!“, knurrte Alex sofort. Seine Schwester wollte gleich die Wellen der Aggression glätten: „Danke Alex, vergraule ihn doch nicht mit deinem 'charmantem' Ader.“ Dann wendete sie sich wieder lächelnd Desmond zu, „Jonathan du kannst ruhig mit rüber kommen, ich kann auch später meinen Bruder alles erzählen.“ Widerwillig nahm er seinen Teller und folgte dem Geschwisterpaar in das Wohnzimmer, um nicht noch verdächtiger der jüngeren Mercer aufzufallen.
 

Sie aßen in einem unangenehmen Schweigen. Der Formwandler stocherte zudem an teilnahmslos in seinem Essen herum und musterte es, als sei darin ein Alien, das ihn aus seinem Versteck in den Nudeln heraus anstarrte. Dana, die diesen Blick bemerkt hatte, stieß ihren Bruder mit dem Ellenbogen in die Seite: „Sei nicht so unhöflich, Alex, und iss!“ „Du weißt ganz genau, dass ich SOWAS nicht esse. Davon werde ich eh nicht vernünftig gesättigt...“, murrte der ältere Mercer wie ein kleines Kind, dem gesagt wurde, dass es sein Gemüse essen soll. Und genau wie die genervte Mutter reagierte die junge Frau mit Autorität: „Mir doch EGAL... du isst das jetzt – sehe es einfach als kleinen Imbiss zwischendurch, oder so. Nu ISS!!“ Und er aß.

Verblüfft wie sehr der Bruder auf seine jüngere Schwester horchte, fragte sich Desmond, wer von den beiden der schlimmere Terrorist in ihrer Beziehung war.
 

Man hörte ein Grummeln aus der Ecke des anderen Mannes und plötzlich stellte er einen leeren, wie sauber geleckten Teller auf den Tisch. Zögerlich fragte der Koch ihn, ob es ihm denn geschmeckt hatte. Noch bevor Alex auch nur einen Ton sagen konnte, stieß ihn Dana, als Warnung, jetzt nichts falsches zu sagen, hart in die Seite.

„Uff...“, kurz schaute er giftig zu ihr, wand sich aber dann wieder seufzend an ihn, „es war... essbar... kein Vergleich zu dem Fraß, den mir mein 'geliebtes Schwesterherz' immer vorsetzt“ Mit einem Grinsen beobachtete der Ältere, wie Dana immer angesäuerter ihr Essen ansah. Als er sie weiterhin mit ihren miesen Kochkünsten aufzog, riss bei ihr der Geduldsfaden: „Ja~ es reicht langsam, Alex. Manchmal bist du wie ein Gott verdammtes Kind!“ „Na du wolltest doch, dass ich ihn lobe und das ist nur möglich, indem ich ihn höher preise als wen anderes. Der Andere warst halt du.“, konterte er sofort. Nun schrie sie ihn an, dass von 'Loben' gar keine Rede gewesen war. Er sollte nur höflich sein: „Aber es war ja klar, dass du dich wieder wie ein Vollidiot verhalten musstest.“ Jetzt war es Alex, der seine Arme verschränkte und stur reagierte: „Ich habe nur gesagt, dass es besser war, als der Mist, den ich sonst immer fressen muss!“ „'tschuldige, dass ich nicht kochen kann. Ist ja auch eine so wichtige Fähigkeit, die du jetzt brauchst, na?! Nix da mit Hacken und Infobeschaffung! Kochen muss ich also können...Fick dich!! Dann geh ich halt in mein Zimmer und lerne für dich Mistkerl, wie man das perfekte Dinner zubereitet!“, damit war sie wütend aus dem Raum gestürmt und hinter einer laut krachenden Tür verschwunden.
 

Ruhe kehrte wieder ein. Desmond wusste nicht recht mit der Situation umzugehen, konzentrierte sich deshalb vollends auf sein Mahl und ignorierte die andere Person im Zimmer, dessen Blick er nun auf sich spüren konnte. Es war der Formwandler, der die Stille unterbrach: „Nimm das nicht zu ernst. Wir brüllen uns ständig so an. Das ist unsere Art uns wieder aneinander zu gewöhnen. In einer halben Stunde ist schon wieder alles vergessen...“ Der Jüngere gab ein zögerlich 'mhm' von sich, um zu zeigen, dass er ihn verstanden hatte.
 

Er aß schnell auf, nahm Alex und seinen Teller und ging hastig in die Küche. Der Ex-Assassin wusste immer noch nicht, wie er auf den Terroristen reagieren sollte. Wäre es wirklich klug ihm gegenüber den selben unbekümmerten Normalo zu geben, wie vor Dana oder wäre das zu verdächtig? Andererseits konnte er ihm auch nicht sein wahres Ich zeigen, weil das auch zu viele Fragen aufwerfen würde, die er nicht gewillt war, zu beantworten. So konnte Desmond nur hoffen, dass Alex sehr bald wieder gehen würde. Denn solange der Ältere in der Nähe war, war sein Gefängnisaufenthalt hier nur noch unangenehmer als bisher.

Aber er hätte ahnen müssen, dass das, was der Gestaltwandler schon von ihm wusste, so widersprüchlich war, dass sein Interesse an ihm bereits geweckt wurden war.
 

So stand besagte Person schon hinter ihm im Türrahmen und stellte jene Fragen, die er niemals von ihm hören wollte: „Weißt du, Jonny-Boy, du bist irgendwie seltsam. Auf der einen Seite bist du ein Musterbürger, zahlst brav alle Steuern und hast nie Probleme mit dem Gesetz bekommen... Doch andererseits kämpfst du mit Dolchen und versteckten Klingen gegen Hunter als wäre das nichts für dich. Deine Bewegungen waren flüssig und zeigen mir, wie viel Training du schon darin gesteckt hast. Zudem hast du nicht gezögert, so ein Monster wie mich anzugreifen...

Findest du nicht auch, dass diese beiden Aspekte irgendwie... widersprüchlich sind? Ich mein, ich hab genug von den 'normalen' Bürgern von dieser Stadt gesehen. Die hauen auch vor diesen torkelnden Leichen ab oder verballern ihre ganze Munition an einen von ihnen. Du passt also nicht ganz ins Schema. Also kommt die Frage auf, was du vor uns verbirgst, findest du nicht auch?“
 

Die ganze Zeit über hatte Alex wie ein lauerndes Raubtier geklungen. Er hatte mit Bedacht seine Worte gewählt, damit Desmond nicht irgendwelche Ausflüchte verwenden konnte, dass er sein Anliegen nicht verstehen konnte. Er war gefangen, weshalb er es erst einmal mit Beschwichtigung versuchen wollte, bis ihm ein besserer Plan einfallen würde: „Du hast recht, klingt auch in meinen Ohren seltsam, wie du es so erzählt hast. Versuchen wir es Mal etwas anders darzustellen...“

Der Ex-Assassin hatte die ungeteilte Aufmerksamkeit von Alex, der seine Arme verschränkt und den Kopf leicht schief legte.. An Anfang etwas zögerlich fing er an, eine Art Halbwahrheiten-Konstrukt aufzubauen, damit es wenigstens ein wenig glaubhaft herüber kam: „Sagen wir erst einmal ich sei normal. Punkt...
 

Weißt du ich arbeitete als Barkeeper. Selbst in einem so reichen und eleganten Viertel, wo meine Bar war, kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit den Gästen. Und anders als jeder normale schwer schuftende Bürger, wurden meine Kunden mit dem Goldlöffel im Mund geboren. Diesen Leuten war es nur wichtig nach außen hin den Schein zu wahren, wie reich sie waren. Und weil sie dauerhaft unter der Angst lebten, etwas von ihren 'hart erarbeiteten' Geld zu verlieren, trug wirklich jeder von ihnen Schusswaffen bei sich. Und wie es so mit Alkohol war, wurden einige von ihnen aggressiv, oder noch schlimmer, sentimental. Da brauchte man als Barkeeper zumindest eine kugelsichere Weste. Und gute Reflexe. Zudem musste ich mich häufig ,wenn ich einen Gast meines Lokals verwies, mich mit dessen Bodyguards anlegen. Ich hatte gelernt, dass man bei solchen Schränken mit roher Gewalt nicht weit kam, zumindest nicht mit meiner Statur. Darum hatte ich mir frühzeitig einige Punkte beigebracht, die sehr schmerzen oder noch besser, lähmen konnten. Damit konnte ich mich mit einer simplen Weste und meinen Fäusten allein 1A gegen alles wehren, was mich angriff.
 

Dann kam die Seuche.

Mein Viertel, wo ich wohnte, war zur Yellow Zone geworden. Ich hatte es am Anfang auch mit Schusswaffen versucht, alles zu regeln, aber die Munition ging mir immer viel zu früh aus. Deshalb hatte ich, um mich wehren zu können, nach anderen Waffen Ausschau gehalten; welche, die sich nicht 'verbrauchen'. Darum war ich zu Messern und Dolchen gekommen. Schwerter waren leider zu groß und ließen sich schlecht verstecken, wenn man an einen öffentlich Ort kam.

Als die Hunter zunahmen, hatte ich vorerst auch immer die Flucht ergriffen, aber diese Biester waren schnell und hatten sehr gute Sinne. Als ich einmal von einem dieser Ungeheuer in die Ecke gedrängt wurden war, hatte sich herausgestellt, dass sie nicht sehr viel anders waren, als die Schränke von Bodyguards der Reichen, nur das ihre Haut dicker war. Darum hatte ich statt auf die Körperpunkte zu schlagen, in diese rein gestochen. Es stellte sich heraus, dass sie dadurch wirklich schnell umkippen konnten. Wenn es nicht mehr als drei von ihnen da waren, hatte ich sie einfach getötet – besser sie waren weg, als dass sie noch weiter Menschen töteten und infizierten…

Also was meinst du zu meiner Fassung? Klingt, meiner Meinung nach, nicht mehr ganz so seltsam. Ich... habe mich doch einfach nur an die Situation angepasst, nicht?“
 

Desmond war, um genau zu sein, gerade sehr stolz auf sich, dass er doch tatsächlich so eine glaubwürdig und vor allem, einer der Wahrheit am nächsten liegende Geschichte hervor gebracht hatte, ohne sich vorher lange etwas auszudenken zu müssen. Vielleicht war sie sogar so gut, dass er keine weiteren Fragen zu befürchten hatte. Doch seine Hoffnungen wurden zunichte gemacht, als Alex, leise auflachend, auf ihn zukam und dabei in die Hände klatschte.
 

„Ein wirklich amüsantes Ammenmärchen, Jonny-Boy. Der Teil, dass dich diese Hunter an Menschen erinnerten, war einfach nur amüsant.“, dabei stimmte gerade dieser Teil seiner Geschichte. Als die Bestien auftauchten, hatte er wirklich einfach Mal dieselben lebenswichtigen Punkte, die auch Menschen haben, angegriffen – mit Erfolg.

Der Formwandler blieb einen Meter vor im Stehen und fuhr mit seinen Ausführungen, was an seine Story nicht stimmte fort: „Als nächstes, was irgendwie nicht ins Bild passt, sind deine Rüstung und Waffen. Ich meine, du hast keine Kugelsichere Weste an, sondern einen verdammten Lederwams. Und warum Dolche? Ein gutes altes Militärmesser hätte doch auch vollkommen gereicht. Von deiner Unterarmklinge will ich erst gar nicht anfangen... deine gesamte Ausrüstung ist irgendwie seltsam. Und noch etwas. Dein Kampfstil ist nicht vergleichbar mit dem eines Barkeepers und ich muss es wissen, denn ich habe mich quer durch Manhattan geprügelt in allerhand Bars.

Wenn man diese ganzen Komponenten aus deiner kleinen Geschichte weg nimmt, stellt sich heraus, dass du schon vorher irgendwo zu einem Kampfmaschine ausgebildet wurden warst. Und wenn das der Fall wäre, dann wäre auch dein Leben als Barkeeper nur zum Schein da. Was uns wieder zum Anfang bringt, Jonny-Boy. Wer bist du? Und vor allem, für wen arbeitest du?!“
 

Der Formwandler war zum Schluss immer energischer geworden, was dem Jüngeren zeigte, dass sein Geduldsfaden immer dünner wurde. Verdammt, er musste hier raus. Wer wusste, was der Terrorist mit ihm anstellte, wenn er sich weiterhin weigerte irgendetwas zu sagen.

Nervös biss er sich auf die Lippen und wog seine Fluchtchancen ab. Wenn er jetzt Rechts andeuten und Links unter Alex' Armen durch tauchen würde, könnte er wenigstens erst einmal die enge Küche verlassen.
 

Sein Versuch scheiterte daran, dass er den Anderen als menschliches Wesen eingeschätzt hatte und nicht als ein widerliches Tentakelmonster. Denn sobald er links an ihm vorbeihuschen wollte, wurden seine Arme ruckartig nach hinten gezogen, weil sich einige Ranken darum gewickelt hatten, zu denen sein Unterarme geworden waren. Alex schleuderte ihn gegen die Wand und schaute gar nicht mehr amüsiert aus: „Na, wo wollen wir denn hin, Jonny-Boy? Angst bekommen, weil deine Lügen keine Wirkung zeigen, wie bei meiner naiven Schwester? Dir ist schon klar, dass du dich nicht vor mir verstecken kannst – nicht in meiner Wohnung. Also raus mit der Sprache: WER bist du? Und für WEN arbeitest du?!“ Er drückte ihn bei jeder Frage fester gegen die Wand und schaute ihn an, als wollte er ihn gleich fressen, wenn er nicht antwortete. Der rechte Arm war nur noch eine nicht identifizierbare Masse aus schwarz und rot geworden, die sowohl seine beiden Arme als auch seine Körpermitte fest umklammert hielt und es dem Ex-Assassin unmöglich machte zu fliehen. Wenn ihm nicht bald etwas einfallen würde, wäre er doch gezwungen die Wahrheit zu sagen... Die Wahrheit zu sagen? Jemanden wie Alex? - VERGISS ES! Dieses arrogante Monster würde ihm doch eh kein Wort von wegen uraltem Kampf zwischen Assassinen und Templer glauben. Warum also erst damit anfangen? Darum nahm er all seine Kräfte zusammen, unterdrückt das aufkommende Zittern und antwortete stur: „Ich bin Jonathan Willow und ich war Barkeeper, bis ich Vollidiot dem 'Staatsfeind Nummer Eins' helfen musste, wegen Gott weiß für einen dämlich Grund! Und weil ich diesen Schwachsinn verbockt habe, bin ich meinen Job, meine Wohnung, nein, MEIN GANZES LEBEN los! Und zu allem Übel bedankt sich dieser Mistkerl, den man gerettet hat, indem er mir an die Gurgel springt und glaubt er könnte mich mit seinem grotesken Körper ängstigen. Fick dich, Terrorist!! Mehr wirst du nicht aus mir raus bekommen...“
 

Man konnte sehen, wie jedes einzelne Wort von ihm immer weiter die Raserei in dem Formwandler schürte bis zu einem Punkt, an dem sie mit einem Mal explodierte: „DU VERDAMMTER HURENSOHN! WER GLAUBST DU, WER DU BIST?!“ (*)

Das Monster hob sein linken Arm, dessen Hand sich in eine riesige Kralle verwandelt hatte und wollte ihm gerade den Kopf zertrümmern... als der Schrei einer Frau die Luft zerriss. „A~LE~X?! Spinnst du nun vollkommen?? Lass Jonathan los, oder du bekommst es mit mir zu tun!!“
 

Es war erschreckend, wie schnell der Zorn und Hass in den eiskalten blauen Augen wich und er wieder den emotionslosen Gesichtsausdruck annahm. Seine Arme verwandelten sich zurück und er ging ohne ein weiteres Wort in sein Zimmer.

Als sich die Ranken zurückgezogen hatten, war Desmond einen halben Meter tief zu Boden gefallen. Ihm war gar nicht aufgefallen, dass er vorher in die Luft gehoben wurden war. Und auch jetzt erst wurde sein Gehirn mit der Information geflutet, dass er beinah gestorben wäre. Ihm plötzlich Übel vor Angst und Entsetzen, übergab er sich auf den Boden. Dana war sofort zu ihm gerannt, half ihm auf und setzte ihn, sobald sich sein Magen beruhigt hatte, in ihren Zimmer auf das Bett. Dort schlang er die Arme fest um sich und wog sanft vor und zurück. In seinem Kopf herrschte das pure Chaos, kein Gedanke wollte sich länger als eine Sekunde manifestieren und trotz dieses Durcheinander fühlte Desmond eine große Leere in sich. Was war gerade passiert?
 

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Warum war das gerade passiert? Alex lief wie ein eingesperrtes Tier in seinem Zimmer auf und ab. Am liebsten hätte er sich an irgendeinen Soldaten oder Hunter abreagiert, doch er wusste, dass jetzt gleich seine Schwester hier rein gestürmt kommen und ihm zu Rede stellen würde. Und wenn man gerade vom Teufel sprach, kam sie gerade durch die Tür und scheuerte ihm Eine: „Alex du Vollidiot, was sollte das, hm?! Jonathan ist in einen Schockzustand gefallen, wegen deiner Aktion. Warum wolltest du den armen Kerl kalt machen; nenne mir einen guten Grund!“

„Um dich zu beschützen.“ Skeptisch zog sie die Augenbraue hoch: „Erkläre mir das, Alex.“
 

Es war irgendwie Instinkt.

Irgendetwas war an Jonathan falsch. Sein gesamtes Leben, zumindest das, welches Blackwatch und die Regierung von ihm wusste, passte nicht zu dem, was Alex von dem Jüngeren gesehen hatte. Sein kampfbereiter Auftritt von vorhin, aber vor allem auch die Aktion gerade, zeigte dass er eher den Tod wählen würde, als zu reden. Das bedeutet für ihn, dass er in irgendeiner 'geheimen' Organisation Mitglied war. Was wiederum Gefahr für seine Schwester bedeutet.

Der ältere Mercer würde sich niemals verzeihen, wenn ihr irgendetwas passieren würde. Dana war die einzige, der er vollkommen vertraute. Nicht einmal seinem 'Lebensretter' brachte er so viel Ehrerbietung entgegen, wie für sie. Darum war der Formwandler 'zahm' wie ein Lämmchen in ihrer Gegenwart und wollte vor allem nicht seine monströse Ader ihr gegenüber zeigen..
 

Seinen Ausführungen, dass Jonathan widersprüchlich war und dass er sie nur vor ihm beschützen wollte, wurde mit schallenden Gelächter beantwortet: „HAHAHAHAHA... Ha... halt Moment. Du meinst das ernst mit 'mich beschützen'? Dann ist dir das aber sehr früh eingefallen, ne? Ich meine, ich war nun geschlagene zwei Wochen mit ihm allein gewesen und er hatte ja auch gekocht. Wenn er mich töten wollte, hätte er jede Möglichkeit gehabt. Selbst wenn er die gesamte Wohnen irgendwie verwanzt hätte, wären dann nicht Blackwatch oder andere Militärs schon längst dagewesen und hätten mich als Geisel genommen? Ich nehme nämlich aus deinen Worten, dass du glaubst, dass sei ein abgekartetes Spiel der Regierung, um endlich an dich ran zukommen. Doch deine Theorie wird dadurch über den Haufen geschmissen, weil in den letzten zwei Wochen nichts passiert ist. Und du weist das auch, stimmt's? Dank der Überwachskameras in den Straßen, kann ich nämlich ganze genau sehen, wo du dich herumtreibst und ich sah, dass du die ganze Zeit in der Nähe warst. Vielleicht stimmte es am Anfang, dass du mich beschützen wolltest, aber dass du gerade ein Massaker in meiner Wohnung anrichten wolltest, hat einen anderen Grund.“
 

Einen anderen Grund? Es stimmt schon, dass er die letzten zwei Wochen in der Nähe des Apartments geblieben war, um sicherzugehen, dass ihm keiner gefolgt war, oder auch niemand kam, um ihren geheimen Agenten abzuholen. Denn kaum hatte sich die Euphorie, seinen Retter gerettet zu haben verflogen, haben sofort Zweifel an dem Wesen seines neuen 'Schützlings' an ihm genagt. Und es war immer noch nicht auszuschließen, dass eine Gefahr von Jonathan ausging. Aber selbst wenn, würde er ihn einfach töten und auch allen anderen, die Dana zu Nahe traten.

Also warum wollte er den Jüngeren schon vorab, bevor er irgendetwas getan hatte, eliminieren... und viel wichtiger war, warum er es nicht tun konnte? Kurz bevor er den entscheidenden Schlag ausführen wollte, bewegte sich sein Körper nicht mehr; seine Biomasse hatte streikt...
 

Nein, je länger er darüber nachdachte, umso mehr wurde ihm klar, dass er Jonathan gar nicht einschätzen konnte: Zu aller Welt war er ein ganz normaler Mensch, doch Alex gegenüber zeigte er sich als Kämpfernatur mit vielerlei Geheimnissen. Seine Sturheit, nichts von sich preis zu gegeben, war schon wieder so enorm, dass es an Schwachsinn grenzte. Überhaupt verhielt sich der Jüngere ihm gegenüber nicht ganz normal. Alle fürchten ihn und würden all ihr Prinzipien über Bord schmeißen, nur um eine Begegnung mit ihm zu überleben. Willow nicht. Er legte sich sogar mit ihm an, beschimpfte ihn und antwortete mit Schweigen auf all seine Fragen. Das machte ihn irgendwie... seltsam? Nerv tötend? Interessant?
 

Es stimmt schon, er war noch nie jemanden begegnet der sich 'freiwillig' gegen ihn gestellt hatte. Selbst der Spezialist von Blackwatch kämpfte nur gegen ihn, weil er einem Befehl folgen musste. Dieser sogenannte Barkeeper wehrte sich jedoch ohne ersichtlichen Grund. Er machte es einfach. Und vor allem mit eine so eisernen Disziplin, wie er sie selten vorher gesehen hatte. Bei ihren kleinen Auseinandersetzungen bewies dieser Mann eine enorme Körperbeherrschung; nicht einmal gezittert hatte er, als er kurz davor war zu Sterben. Er war entweder unglaublich mutig oder verdammt dumm...
 

Bevor er sich in seinen, irgendwie eigenartigen Gedanken der ‘Bewunderung‘ verlor, meldete sich Dana wieder zu Wort, die immer noch auf eine Reaktion seinerseits gewartet hatte: „Ich, für meinen Teil, hab den kleinen Spinner in mein Herz geschlossen. Ich weiß selber, dass bei ihm nicht alles stimmig ist, aber so gesehen, sind wir alle drei irgendwie seltsam, nicht? Vielleicht ist er ja noch der normalste von uns, immerhin hat er sofort als er herkam, den Wischmop geschwungen, um nicht an einer Infektionskrankheit zu sterben. Und wie du vorhin schon festgestellt hattest, kann er auch besser kochen als ich. Somit war er mir in den letzten zwei Wochen eine große Hilfe diesbezüglich. Auch war es mal wieder sehr angenehm mit jemanden reden zu können, ohne ständig die Seuche und den Weltuntergang als Hauptthema zu haben.

Wusstest du, dass wir jeden Abend einen Bunten gemacht haben? Er hat wirklich was drauf mit dem Shaker. Ist nur schade, dass du nicht in den Genuss davon kommen wirst, weil klein Jonathan ja in meinen Bett liegt und wie ein Irrer hin und her wippt. Und das ohne Grund, weil der große Alex Mercer auch keinen hatte, ihn so zu verängstigen... ich geh mal nach ihm sehen.“
 

Als er wieder allein in seinem Zimmer war, dachte er über die Worte seiner Schwester nach. Jonathan soll der ‘normalste‘ sein? Und er soll ihn ohne Grund so zugerichtet haben? Bei beiden Fragen musste er humorlos auflachen.

Nur weil er den Grund nicht in Worte fassen konnte, hieß es nicht, dass er keinen hatte. Immerhin gingen ja die Beleidigungen von dem anderen aus. Der Jüngere hätte ihn bloß ganz normal ansprechen sollen, z.B. mit 'Alex', wie ihn Dana rief, mit 'Mercer', wie Cross immer zu ihm sagte, vielleicht sogar 'ZEUS', wie er vom Militär bezeichnet wurden war, aber nein, nur das Wort 'Terrorist' kam ihm über die Lippen. War ja nicht so, als hätten ihn nicht auch schon einmal einige Soldaten oder gar seine Schwester so genannt, aber bei Jonny-Boy war es eine verdammte Beleidigung, die er immer mit Absicht so abfällig wie möglich aussprach. Ob DAS natürlich ein Grund war, ihn gleich töten zu wollen, war es weiß Gott nicht. Doch es war ein weiterer Aspekt... ein nichtiger Aspekt... aber der einzige der ihm gerade wirklich bewusst war.
 

Plötzlich ging ein überraschter Schrei durch die Wohnung. Sofort rannte der Formwandler zu seiner möglicherweise in Gefahr geratenen Schwester in die Küche. Dort sah er dann, warum sie so reagiert hatte. An der Spüle stand ein quietschvergnügter Jonathan, wusch die Teller ab und summte leise vor sich hin. Er hatte sich auch nach dem Geschrei umgedreht und lächelte Dana nun etwas schief an. „Na~, wat will denn die Dame des Hauses heude Amnd drinkng?“, lallend hatte er dabei eine ausholende Bewegung zum Küchentisch gemacht, wo verschiedenste Sachen standen: Shaker, Gläser und Mörser zum Einen, verschiedenste Flachen von Alkohol und Fruchtsäften zum Anderen. Sogar eine Ananas, einige Limetten, Kirschen und Oliven lagen griffbereit da.

Zuerst verstand Alex nicht, was er mit dem ganzen Zeug wollte, doch dann fiel ihm ein, was Dana vorher gesagt hatte, von wegen, dass sie jeden Tag Einen zusammen tranken.
 

„Also~, wat wollt ihr drinkng? Isch mix eusch alled wat ihr wolld... nur Bloody Marys net - haben leida kein Tomo-saft mehr da.“, sprach er mit schwerer Zunge, ganz so als wäre er scheinbar schon sturzbetrunken und nahm einen weiteren großen Schluck aus einer halb leeren Wodka Flasche. Er machte Tatsache den Anschein, als wäre alles, was vor keiner halben Stunde passiert war, schon vergessen. Vor allem seine Schwester schien sehr froh zu sein, dass der jüngere Mann kein bibberndes Häufchen Elend mehr war. Der Gestaltwandler jedoch empfand diese schnelle Genesung als zu rasant, als dass sie echt sein konnte. Entweder hatte er wirklich seine Angst im Alkohol ertränkt, oder, das was Alex eher glaubte, er veranstaltete wieder sein kleines Schmierendtheater. Aber vorerst würde er dabei mitspielte – natürlich nur seiner Schwester zu Liebe, immerhin schien sie schon sehr stark an diesem Lügner zu hängen.
 

Von dem Jüngeren ging keinerlei Aggression mehr aus. Scheinbar hatte der Alkohol ihn komplett entspannt und nun zeigte er wieder diese naive Dämlichkeit, die er schon die letzten zwei Wochen seiner Schwester vorgegaukelt hatte. Das war scheinbar der Mann, den sie liebgewonnen hatte.

Sie bestellte sich auch gleich einen 'Sex on the Beach'. Nach einer verspielten Verneigung fing er an, sein Können mit dem Shaker unter Beweis zu stellen. Nun verstand Alex zumindest, warum er so bekannt unter den Frauen geworden war. Seine Bewegungen glichen nicht dem einfaches Schütteln eines jeden Barkeepers, nein, sie erinnerten eher an eine orientalische Bauchtänzerin, die mit ihren magischen Hüftschwung ganze Männerheerscharen bezirzen konnte – nur halt umgedreht. Aber dieser hypnotisierende Zauber verflog so schnell, wie der Cocktail fertig geschüttelt war.
 

Plötzlich wand sich Jonathan zu ihm, lächelte schief und frage, nach seinen Wunsch.

Wirklich etwas überrascht, wie gut sich Jonathan verstellen konnte, bestellte er sich das erste Mixgetränk, was ihm einfiel: Ein 'Long Island Iced Tea'. Das war sein Lieblingsdrink gewesen, bevor er zu die Personifizierten Seuche geworden war.

Wieder wirkte der ehemalige Barkeeper seinen Zauber. Doch eines war seltsam dran... Wenn er wirklich so besoffen war, wie er vorgab, warum fing er dann jeden elegant Wurf perfekt auf? - Außer natürlich er spielte wieder einmal eine Rolle, um sein wahres Ich zu vertuschen. Warum tat er das nur? Was war geschehen, dass er ein so dringendes Bedürfnis hatte, sich in dieses scheinbar normales Leben zu flüchten? Er musste dem Jüngeren wirklich nochmal auf den Zahn fühlen, doch mit dem Tod drohen schien nicht zu wirken. Somit musste sich Alex was anderes einfallen lassen.
 

Dann spürte er ein leichtes Ziehen an seinem Ärmel und sah eine Dana, die ihren Bruder aus der Küche zu zerren versuchte . Er gab nach, weil er im Moment sowieso nichts aus Jonathan raus bekommen würde. Solange seine Schwester in der Nähe wäre, würden die Lippen seines sturer 'Schützlings' geschlossen bleiben, weil er ja nicht aus seiner Rolle fliegen wollte.

Doch bevor er den Raum verließ, sah der Formwandler noch, wie der 'Küchenjunge' vor Erschöpfung, vielleicht sogar Erleichterung, in einem Stuhl zusammensackte und müde den Rest der Wodka Flasche exte. Oh ja, er würde ihn nochmal ordentlich Ausfragen müssen. Bis dahin würde der Formwandler seine Schwester nicht allein mit so einem unsicheren Gefahrenfaktor lassen.
 

Später kam Jonathan mit seinem eigenen, blau-grünen Longdrink ins Wohnzimmer, scherzte und lachte mit Dana, ohne Alex auch nur eines Blickes zu würdigen. Der Abend verlief ruhig, auch wenn eine gewissen Anspannung in der Luft lag, doch diese wurde, Dank des reichlich fließenden Alkohols, einfach von allen ignoriert.
 

*~*ooo*~*
 

Die nächsten Tage vermied es der junge Mann allein mit Alex im Raum zu sein, hatte sogar Dana darum gebeten, wenn sie unbedingt in ihren Zimmer arbeiten musste, dass sie zumindest die Tür offen lassen könnte. Ansonsten war er... normal. Ja, das war der Mann, den seine Schwester die letzten zwei Wochen kennengelernt und lieb gewonnen hatte. Er spielte seine Rolle perfekt – er trieb seine Späße mit Dana, schaute TV und stritt sich sogar mit ihm, auch wenn es nur solche nichtigen Dinge waren, wie wann der richtige Zeitpunkt von der Verwendung von Butter, Margarine und Öl beim Kochen und Braten war.

Wenn ihn der Formwandler nicht schon anders erlebt hätte, würde er den Langweiler vor die Tür setzen. Dieser Mann hatte gar nichts mit dem durch trainierten und eiskalten blickenden Killer gemein. Es erstaunte ihn schon, wie sehr Jonathan aber in seiner jetzigen Rolle aufzugehen schien, ganz so, als sei das sein wahrer Lebensstil und nicht jenes, indem er in Kürze einen Hunter von seinem leidigem Unleben befreien konnte.
 

Irgendwie war da etwas faul an der ganzen Angelegenheit und er würde dem auf den Grund gehen. Jetzt da Alex sich etwas überlegt hatte, wie er den Jüngeren zum Reden bringen konnte, musste nur noch Dana für eine kurze Zeit die Wohnung verlassen.

Nun hieß es nur noch Geduld beweisen...
 

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Alles war vorbereitet. Die Wachen waren verfünffacht wurden, jegliche Eingänge wurden genauestens beobachtet und überall auf den Dächern, Straßen und um den Landeplatz waren Bloodtox Generatoren aufgestellt wurden – Mercer hätte keine Chance, an den Neuankömmling heranzukommen.

Der Helikopter landete wenige Meter von ihm entfernt. Cross zeigte keinerlei Emotionen, während er den wichtigen Besucher kühl begrüßte und ihn zu der gepanzerten Limousine führte. Der alte Mann mit den weisen Haaren und Bart rümpfte nur angewidert die Nase, als zu dem langen Auto ging; das Bloodtox Gas hatte einen sehr unangenehmen, stechenden Geruch, war jedoch ungefährlich für normale Menschen. Er, für seinen Teil, roch es schon gar nicht mehr, so stark hatte er sich schon daran gewöhnt.
 

Der Captain setzte sich seinem neuen Schützling gegenüber und fing das typische Standard-Prozedere an: „Mein Name ist Captain Robert Cross und ich werde dafür sorgen, dass Ihnen keine Unannehmlichkeiten, die es hier auf der Insel gibt, widerfahren. Hierfür müssen Sie sich jedoch an einige Regeln halten:
 

1. Keine Alleingänge in Manhattan.

2. Wenn ich Ihnen etwas befehle, dass nur Ansatzweise mit ihrer Sicherheit zu tun hat, dann werden Sie Folge leisten.

3. Ich kann sie nicht beschützen, wenn ich nicht weiß, was genau vor sich geht.
 

General Randall.hat mir nicht viel darüber erzählt, weshalb jemand von Abstergo uns, hier in unserer kleinen Hölle, besuchen kommt. Also müssten Sie diese Aufgabe übernehmen.“
 

Seine Rede wurde mit Schweigen beantwortet. Dem Wissenschaftler sah man an, dass er zwischen all seinen Optionen abwog und scheinbar zu dem Schluss kam, ihm doch einen kleinen Einblick in das Projekt 'Apfel' zu geben: „Mein Name ist Dr. Warren Vidic... Wie viel wissen sie über die Geschichte im heiligen Land des 11. Jahrhunderts, Herr Cross? Ihren belämmerten Gesichtsausdruck nach, nicht besonders viel.“

Er seufzte bekümmert über die Unwissenheit des Spezialisten, rieb sich kurz genervt die Schläfen und fuhr dann fort, „Zu der Zeit kämpften im Nahost edle Kreuzritter für unsere auserwählte Religion. Die größten Feinde der Templer waren aber nicht nur die ungläubigen Aufständischen, sondern auch eine Kampferprobte Gruppe von der Bruderschaft der Assassinen. Zwischen diesen beiden Mächten gibt es bis heute einen erbitterten, aber im geheimen geführten Kampf, um ein altes göttliches Relikt – den Edensplitter. Dieses Artefakt könnte unsere Welt von Grund auf verändern, aber es war im Heiligen Krieg den Assassinen in die Hände gefallen, die es seitdem versteckt halten.
 

Wir von Abstergo sind Nachfahren der ersten Templer und versuchen den 'Apfel' wieder in unseren rechtmäßigen Besitz zurück zu erlangen. Dazu brauchen wir einen ganz bestimmten Assassin, der uns leider entkommen war, bevor wir seine Geheimnisse lüften konnten. Wir wollten schon nach einem neuen Subjekt suchen, doch da haben eure Soldaten einen interessanten Fund gemacht. Eurer Jonathan Willow ist unserer Desmond Miles.“

Während seiner Erzählung hatte der sogenannte Templer dem Captain eine Akte überreicht mit dem Bild eines Jungen Mannes, nach dem Blackwatch gefahndet hatte. Solange Cross noch durch die Papiere blätterte, fuhr Vidic mit einem überlegenen Lächeln fort: „Herr Miles war nicht ausreichend als Assassin trainiert wurden, weshalb er das perfekte Opfer... pardon, Subjekt für uns darstellt.“
 

„Nehmen wir einfach mal an, ich glaube ihre... kleine Geschichte... von Templern, Assassinen und göttlichen Artefakten, nehmen wir weiter an, dass unserer Willow ihr Miles ist, dann haben wir ein größeres Problem.

Wie sie unschwer erkannt haben sollten, steht Manhattan unter Quarantäne, weil hier eine tödliche Krankheit ausgebrochen ist, was verstorbene Menschen in Untote verwandelt. Zudem gibt es hier einen Terroristen namens Alex Mercer, der eine Art Verkörperung dieses Blacklight-Virus ist. Er besitzt die Fähigkeit seine Gestalt in jede erdenkliche Waffe zu verwandeln, seine Stärke übersteigt alles uns bekannten und seine Regeneration ist enorm. Und mit diesem Monster hat sich unsere und somit auch ihre Zielperson verbündet. Wir kennen die genauen Umstände ihrer Zusammenarbeit nicht und auch nicht, wo sie sich verstecken.

Somit war ihr persönliches Kommen sinnlos, Vidic. Sie hätten diese Daten auch ihrer Tochterfirma Gentek schicken können, statt selbst diese gefährliche Reise in ihrem hohen Alter auf sich zu nehmen.“, damit klappte der Spezialist die Akte zu und gab diese dem Wissenschaftler zurück. Dieser lächelte maliziös: „Glauben Sie ernsthaft, Captain, dass Abstergo so einen alten Mann wie mich sinnlos um die halbe Welt sendet, wenn sie nicht genau wüssten, wie die Situation hier aussähe? Soviel sei gesagt: Wir haben ein Ass im Ärmel, das uns Herr Miles direkt in die Arme locken wird. Sie sind mein Bodyguard, also beschützen sie mich einfach nur vor Herrn Mercer. Dann wird alles seinen Gang gehen.“
 

Damit war die Unterhaltung beendet. Sie fuhren zu Gentek, wo sie seinen arroganten Schützling ein Büro eingerichtet hatten. Das würde noch eine innige und herzerweichende Freundschaft zwischen ihnen werden...
 

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Seid gegrüßt werte Leser,
 

es tut mir wirklich furchtbar Leid euch so~ lang hab warten zu lassen – ich könnte ja mein Studium oder meine vielen Jobs voran schieben, mit der Ausrede, zu wenig Zeit gehabt zu haben... aber das wäre gelogen... ich war einfach zu faul in meiner Freizeit und hab lieber Games gezockt ^^°
 

Nun bin ich erst einmal zurück um euch eines..., nein, zwei neue Kapis auf den imaginären Tisch zu schleudern. Habt viel Spaß dabei es zu lesen.
 

Um gleich allen Fragen entgegenzuwirken, dass Desmond sich zu seltsam verhält(immerhin wäre er beinah gestorben), hier eine kurzen Einblick in seine Gedankenwelt:

Er hat etwas bemerkt, was ihn wirklich helfen konnte, die nächste Zeit zu überstehen – und das ist die Bindung der Geschwister. Des hatte gesehen, wie *hust* 'zahm' Alex in der Gegenwart seiner Schwester geworden war. Dies als Schlüssel verwendet, konnte er wie gehabt weitermachen, denn solange die jüngere Mercer da war, solang brauchte er den älteren nicht fürchten.

Um das Eis zu brechen, gab er vor sich in den Suff zu flüchten, wo er dann wieder 'normal' wurde
 

Ich gebe zu, ist ein etwas seltsamer Gedankengang meinerseits, aber es wäre zu früh, dass er die Wohnung verlässt – immerhin wollte ich ja noch Fragestunde Numero Duo bringen >D
 

Auf auf, nun müsste bald auch Kapi zwei da sein

Bis dahin

Viele Grüße
 


 

(*): ( stirb Kartoffel... heute nicht 8T )

Sorry, das war gerade ein Zwang, der mich überkam, als ich diese Szene schrieb ^^°



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Tat
2012-08-07T20:40:20+00:00 07.08.2012 22:40
Guten Abend :D

Als ich deine ENS gestern Abend sah war ich sehr überrascht und erfreut zu gleich gewesen, das es nach einen Jahr die Fanfiction endlich weiter geht! Habe mich schon gewundert, weshalb es keine neuen Kapitels mehr gibt und fand es schöner das es sogar zwei geben wird. Nun zum Kapitel, da es fast ein Jahr her gewesen war habe ich mir die ersten Kapitels noch mal durch gelesen um mich wieder in deiner Ideenstruktur zurecht zu finden. Das Verhalten von Jonathan alias Desmond das er Dana als Schlüssel verwendet um Alex etwas von sich Abstand zu erhalten ist vernünftig, aber löst nicht das Problem. Alex ist ein Bastard und weiß, wie sich ein Raubtier verhält und wann sich die Beute am sichersten fühlt wird er diese Chance nutzen um Desmond in die Mangel zu nehmen. Bin gespannt wie es endet.

Nebenbei muss ich sagen, das ich die Beziehung der beiden Mercer's nicht in diesen Winkel in Betracht gezogen habe. Ich habe mir diese Beziehung den beiden etwas ruhiger Vorgestellt und stimme ein, das Dana eine sehr wichtige Person für Alex ist, dies sieht man ja auch im Spiel selbst wie nahe er doch zu ihr steht, auch wenn die Beziehung der beiden etwas eisig ist. Noch etwas, was ich sagen könnte? Hm, glaube nichts außer das ich auch noch sehr gespannt bin wie die beiden Best Friends (Vidic und Cross) sich verstehen werden ;D

LG Tat


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