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Die Seele der Zeit

Yu-Gi-Oh! Part 6
von

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Finden?

Die Nacht war vergangen, ohne, dass der Pharao und seine Freunde etwas über den Verbleib des letzten Relikts herausgefunden hatten. Sie alle hatten sich einmal an der Seele der Zeit versucht, leider jedoch ohne Erfolg. Das Schriftstück hatte nichts preisgegeben. Zunächst hatten sie angenommen, sie seien vielleicht zu erschöpft von dem langen Marsch. Somit war der Entschluss gefallen, es am Morgen erneut zu versuchen – vergeblich.

Auch nachdem sie ausgeruht waren, schlugen alle Bemühungen, dem Papyrus etwas zu entlocken, fehl. Selbst Atemus Freunde aus der Zukunft hatten es auf einen Versuch ankommen lassen. Sie konnten das, was sich ihnen zeigte, zwar nicht lesen – Marik einmal ausgenommen – aber sie hatten die Symbole beschrieben, die sie sehen konnten. Meist hatten sie bereits nach ein oder zwei Zeilen damit aufhören können, da den anwesenden Ägyptern rasch klar wurde, dass die Worte keinerlei Sinn ergaben.

Inzwischen waren sie weitergezogen. Sie grübelten dennoch weiterhin darüber nach, was das Problem sein könnte. Waren sie nicht konzentriert genug? Auf einige von ihnen konnte das vielleicht zutreffen, wie etwa auf Seto, der häufig an Kisara denken musste, aber ganz sicher nicht auf alle. Und selbst der Hohepriester war durchaus in der Lage, die quälenden Gedanken für kurze Zeit beiseite zu schieben.

„Vielleicht waren wir auch alle zu nervös“, schlug Tea nun vor. „Ich meine, wir alle wissen inzwischen, dass es nicht so leicht ist, der Seele der Zeit Informationen zu entnehmen. Eventuell haben wir das nicht gut genug ausgeblendet.“

„Schon möglich“, meinte Joey. „Und wenn man dann noch zusieht, wie alle, die es vor einem probieren, scheitern, macht es das natürlich auch nicht besser.“

Atemu hingegen schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht recht. Irgendwie glaube ich, dass das Problem ein anderes ist. Beim letzten Mal funktionierte es auch und ich denke ehrlich gesagt nicht, dass ich heute weniger konzentriert war, als damals. Zumal ich ja nun weiß, wie der Papyrus für gewöhnlich funktioniert. Deshalb müsste meine Anspannung beim ersten Mal eigentlich deutlich größer gewesen sein.“

Während er sprach legte er die Stirn in Falten. Seine Gedanken wanderten zu der Begegnung mit Sachmet, von der er niemandem etwas erzählt hatte. Irgendetwas in ihm brachte ihn dazu, darüber zu schweigen. Vielleicht war es der Umstand, dass die Unterhaltung relativ persönlich war. Im Endeffekt spielte es ohnehin keine Rolle. Was er bei dieser Begegnung erfahren hatte, war, dass die Götter machtlos gegenüber dem waren, was in Ägypten vor sich ging, wollten sie diese Welt nicht noch weiter zerstören – etwas, das er lieber für sich behielt, denn das Wissen, dass selbst über den vermeintlich mächtigsten Wesen dieser Sphäre eine Kraft stand, die noch stärker und ihnen scheinbar nicht wohl gesonnen war, wäre zu demoralisierend. Zudem wusste er nun, wer ihm die Seele der Zeit geschickt hatte. Gewiss war ihm auch zuvor schon der Gedanke gekommen, dass der Traum, der ihn zu ihrem Fundort geführt hatte, von den Göttern gekommen war. Jetzt wusste er lediglich, wer genau es gewesen war – und, dass sie damit vorgehabt hatte, ihn zu unterstützen. Und exakt das war der Punkt, der Atemu zum Grübeln brachte. Wenn Sachmet ihnen hatte helfen wollen, warum hatte sie ihm dann eine Schrift zur Seite gestellt, du nur dann funktionierte, wenn ihr danach war – zumindest erschien es ihm allmählich so. Oder Tristans vermeintlich unkluge Idee von einem Einmalzauber war gar nicht so weit hergeholt … nein, das konnte nicht sein. Die Göttin hätte niemals riskiert, das Gefüge der Welt weiter zu beschädigen, damit sie eines von drei verschollenen Relikten fanden. Denn das hätte bedeutet, dass sich die Suche nach den verbleibenden beiden noch Mondläufe, vielleicht gar Jahre hinziehen konnte. Außerdem hatte die Seele der Zeit schon zweimal den Hinweis auf einen Fundort gegeben, warum also sollte sie nun beim letzten Artefakt streiken?

Es ergab keinen Sinn.

„Was auch immer passiert, wir müssen dran bleiben“, sagte Yugi schließlich. „Wir haben dank ihr schon ein Relikt gefunden und verfolgen die Spur zu einem anderen. Es muss irgendwann klappen. Wir dürfen nur nicht aufgeben.“

„Echt schade, dass Bakura nicht da ist. Jetzt hätte ich gerne mal gesehen, was er für eine schlaue Antwort parat hat, der Klugscheißer!“, kommentierte Tristan ins Blaue hinein und verschränkte die Arme vor der Brust.

Atemu war, als habe man ihn geohrfeigt. Er blieb wie angewurzelt stehen. Seine Freunde gingen noch ein paar Schritte, ehe sie bemerkten, dass er zurückblieb.

„Hey Pharao, alles in Ordnung bei dir?“, erkundigte sich Joey.

„Das ist es …“, erwiderte der Angesprochene nur tonlos.

„Was ist was?“, hakte Duke nach.

Der Herr der beiden Länder sah auf und lächelte seine Freunde an. „Tristan hat das Rätsel um die Seele der Zeit vermutlich gerade gelöst.“

„Öhm … danke. Aber inwiefern?“, erkundigte sich Besagter und kratzte sich am Hinterkopf.

„Überlegt doch mal. Wer war bislang in der Lage, etwas aus der Schriftrolle hervorzubringen?“

„Das ist nicht schwer. Das waren du und Marlic“, erwiderte Tea.

„Richtig. Und was haben er und ich gemeinsam?“

„Ähm … eine etwas ungewöhnliche Frisur vielleicht?“, ließ Joey verlauten.

„Aber nein!“, mischte sich Yugi mit einem Schmunzeln ein, ehe er sich an Atemu wandte. „Ich glaube, ich weiß, worauf du hinaus willst. Ihr wart beide einmal Seelen, die in einen Milleniumsgegenstand eingeschlossen waren.“

Es herrschte Schweigen.

„Das stimmt schon“, meinte Marik schließlich zögerlich. „Aber bist du sicher, dass das damit zusammenhängt?“

„Allerdings“, bestätigte der Pharao. „Es erklärt auch, warum Bakura und Marlic gemeinsam mit mir aus dem Totenreich hierher geschickt wurden. Es gibt dem Ganzen einen Sinn. Anubis gab gegenüber Seto zwar an, es handle sich um eine nötige Bedingung, die an die Wiedergeburt eines Menschen geknüpft werden müsste, aber wenn ich ehrlich bin, klang das bereits von Anfang an etwas weit hergeholt. Ich denke, die Gottheit wusste genau, was sie tat.“

Yugi nickte zustimmend. „Das scheint einigermaßen logisch zu sein. Gut, dann stehen wir nun allerdings vor dem Problem, dass Bakura momentan nicht hier ist.“

„Was sich ändern lässt“, entgegnete Atemu und beschleunigte seine Schritte.

„Was hast du vor?“

„Ein Pferd mit Proviant zu bepacken und ihn zu suchen. Ich weiß, Riell wird nicht begeistert sein, ihn zurückzuholen, ehe er Risha gefunden hat, aber ich fürchte, das lässt sich vorerst nicht ändern.“

„Das kann doch auch ebenso gut jemand von uns machen. Ich denke, es wäre besser, wenn du hier bleibst“, gab Yugi zu bedenken.

„Nein. Ich werde das selbst in die Hand nehmen. Das ist mein letztes Wort. Ihr bleibt beim Tross. Ich werde in meiner Abwesenheit Seto und Riell die Befehlsgewalt übertragen – ich muss sie ohnehin von meinem Vorhaben in Kenntnis setzen.“

Damit machte er auf dem Absatz kehrt und eilte zum vorderen Teil des Zuges davon.

„Hey, warte …“

„Lass ihn“, sagte sein Partner bestimmt und legte Joey beschwichtigend eine Hand auf den Arm. „Er muss das tun. Er braucht eine Aufgabe, verstehst du?“

Der Blonde überlegte. „Ja, schon“, gab er schließlich zu. „Aber ihn mit Bakura alleine lassen?“

Yugi schmunzelte. „Keine Sorge. Ich denke, Atemu weiß sich zu wehren.“
 

Der Tag ging rasch vorüber. Bald hatte Ra seine tägliche Reise über das Firmament beendet und begab sich der Unterwelt entgegen.

Samira gähnte herzhaft. Noch bevor der Morgen überhaupt angebrochen war, hatten sie und Marlic sich mit Kiarnas Hilfe auf den Weg nach Gizeh gemacht. Seitdem kauerten beide in je einer der gewaltigen Pranken der Ka-Bestie. Die Rothaarige hatte versucht, noch ein wenig zu schlafen, da sie davon ausgingen, dass sie ihr Ziel noch vor Anbruch des nächsten Umlaufs erreichen würden – wo sich sogleich mit der Suche beginnen mussten. Doch bislang waren ihre Versuche erfolglos geblieben. Der kühler werdende Wind zerrte an ihrem Umhang und die metallenen Klauen ihres Monsters waren alles andere als bequem. Selbst wenn sie das dicke Tuch, das um ihren Hals geschlungen war, als Kopfkissen benutzte, wurde ihr das Liegen nicht angenehmer. Sie warf einen Blick zu Marlic, der sich gegen die Ballen von Kiarnas Pranke gelehnt und die Augen geschlossen hatte. Dass er schlief, bezweifelte sie zwar, aber die Haltung gab ihr zu verstehen, dass er seine Ruhe haben wollte.

Obwohl … hatte sie das jemals interessiert?

„Hey, Marlic!“

Keine Reaktion.

„Marlic! Komm schon, ich weiß, dass du nicht schläfst!“

Noch immer nichts. Frustriert blies Samira die Backen auf. Ihr war langweilig und wenn sie nicht schleunigst etwas dagegen unternahm, dann würde die Reise noch eine gefühlte Ewigkeit dauern. Sie kramte in dem Beutel, der neben ihr lag, nach einem Stück Brot, riss etwas davon ab und knetete es in der Hand zusammen. Dann nahm sie Maß und warf. Der Brocken traf Marlic mitten im Gesicht. Langsam, schon beinahe bedrohlich, sah er an sich herunter und entdeckte das Stück in seinem Schoß. Er hob es an, musterte es und warf mit hochgezogener Augenbraue einen Blick zu der Schattentänzerin hinüber.

„Hast du mich allen Ernstes gerade mit Brot beworfen?“

Sein Gegenüber zuckte mit den Schultern. „Hier oben gibt’s leider keine Steine.“

Nun zog er auch die zweite Braue nach oben, ehe er den Brocken davon warf. „Und hattest du dafür irgendeinen vernünftigen Grund außer dass du jemanden brauchst, der dich bespaßt?“

„Na jaaa …“

„Also nein. Dann gute Nacht.“

Marlic drehte sich so auf die Seite, dass sein Rücken zu ihr zeigte und schloss wieder die Augen. Er würde ganz bestimmt nicht die Amme für die kleine Kröte geben, oh nein, da hatte sie sich geschnitten.

Allerdings vergingen nur wenige Augenblicke, bis er spürte, wie ihn wieder etwas traf. Und wieder, und wieder, und wieder …

Wütend fuhr er herum, setzte sich auf und sah Samira mit drohendem Blick an. „Hat man dir nicht beigebracht, dass man mit Essen nicht spielt? Und jetzt lass das sein und hör auf, unseren Proviant zu verpulvern!“

Zur Antwort traf ihn eine weitere Krume Brot im Gesicht. „Erst, wenn du versprichst, nicht mehr zu schlafen. Das ist nämlich langweilig. Viel toller wäre es, wenn du mir beispielsweise endlich mal zeigen würdest, wie man Leute mit ihren Gedärmen erdrosselt.“

In Marlics Augen blitzte es auf. „Weißt du was? Das ist gar keine schlechte Idee …“

„Nicht an mir, du Dummerchen, da sehe ich ja kaum was.“

„Tja, dann muss ich leider passen. Wie du vielleicht erkennen kannst, befindet sich weit und breit nichts anderes als leblose Wüste um uns herum. Wenn du mich also entschuldigen würdest …“

„Nein, nein, nein! Bleib wach! Dann erzähl mir eben von anderen interessanten Mordtechniken oder so. Oder lass uns etwas spielen! Kennst du Ich sehe etwas, das du nicht siehst?“

„Ich sehe was, was du nicht siehst und das sind eine Wüste, der Himmel, ein zu groß geratenes Huhn und eine nervige kleine Göre, die mir den Schlaf raubt. Und jetzt lass mich zufrieden!“

Damit wandte er sich ein weiteres Mal ab – ein Fehler, wie er gleich darauf feststellen musste. Er hörte Samira noch „Ach man, du bist echt saudoof!“, rufen, dann traf ihn plötzlich der gesamte Brotlaib am Hinterkopf.

Vollkommen perplex starrte er für einen Moment das Lebensmittel an, dann fuhr er hoch. „Hast du gerade tatsächlich einen verdammten Laib Brot nach mir geworfen? Du hast sie doch nicht mehr alle! Dafür dreh ich dir den Hals um, du Miststück!“

Ein warnendes Grollen drang aus Kiarnas Kehle, während Samira ihn nur mit verschränkten Armen beleidigt anschaute. Marlic überlegte schon, wie er am einfachsten zu ihr hinüber kommen konnte – als ihm eine Idee kam. Gut, er würde ein wenig Zeit und Ressourcen aufwenden müssen, aber dann hätte er mit Sicherheit seine Ruhe. Zuvor musste er sich aber einer Sache versichern.

„Nun gut, weißt du was, du hast mich überredet. Wir spielen etwas.“

Sofort wich der beleidigte Blick aus ihren Augen. „Echt jetzt?“

„Ja, klar. Aber vorher muss ich dir zwei Fragen stellen. Die Erste lautet: Wie verhält sich das denn bei deinem Ka und dir? Ich meine, mal angenommen, du wärst sehr müde, wäre das dann bei deinem Phönix ebenso der Fall?“

„Ähm … ne. Also, es ist so, dass Kiarna ihre Verbindung zu mir bis zu einem gewissen Teil unterbrechen kann, aber ich kann sie nicht ausblenden oder so. Risha sagt, dafür bin ich noch nicht alt genug, außerdem sei mein Ka recht stark ausgeprägt für jemanden in meinem Alter und deswegen ist es mir in Sachen Fähigkeiten teilweise voraus. Das heißt, wenn sie müde wird, werde ich es auch, wenn es aber anders herum ist, dann bleibt sie davon eigentlich meistens unberührt. Wieso?“

Strike!

„Och, ich war nur neugierig. Wobei jetzt ein guter Zeitpunkt wäre, diese Gegebenheit auszunutzen – aber das merkt die Gute schon von alleine“, fügte Marlic leise hinzu und tätschelte eine von Kiarnas Krallen. Dann wandte er sich um und zog einen halbgefüllten Schlauch aus seinem eigenen Proviantbeutel. Eigentlich war dessen Inhalt für den Rückweg bestimmt, wenn sie das Relikt gefunden hatten, aber er opferte ihn gerne zu seinem eigenen Wohl.

Er nahm einen kräftigen Schluck, dann drehte er sich schließlich mit breitem Grinsen zu Samira um. „So, nun zu meiner zweiten Frage, Kleines: Hast du schon jemals Ich hab‘ noch nie gespielt?“
 

Es dauerte nicht lange und Marlics Plan ging auf. Die junge Schattentänzerin war rotzevoll und es würde wahrscheinlich nicht mehr lange dauern, bis sie einfach hinten überkippte und einschlief. Dann konnte er sich weiter ausmalen, wie genau er dem Pharao das nächste Relikt präsentierte, ebenso wie die verschiedenen Reaktionen seiner Majestät darauf. Das machte Spaß, auch wenn er irgendwie zweifelte, dass sein Wunschverhalten – dass Atemu vor ihm auf die Knie fiel und ihm unter Tränen dankte – eintreten würde.

„Alscho jut, jetz‘ bin isch dran!“, grölte es plötzlich von Kiarnas anderer Kralle her und riss ihn somit aus den Gedanken.

„Sam? Meinst du nicht, es genügt allmählich?“, ertönte daraufhin die leicht besorgte Stimme der besagten Ka-Bestie.

„Du!“, erwiderte die Schattentänzerin und deutete auf das Gesicht ihres Monsters. „Du! Du hascht gar nischt zu sagen! Letztesch Mal hast nämlich du gesoffen als … als wärscht du ein … ein …“

„Alkoholiker?“, bot Marlic an.

„Wasch er sagt, auch wenn isch nischt weiß, was das is‘! Genau! Jetze bin isch mal dran, ich darf dasch nämlich auch! Alscho, was wollte isch … jenau! Isch hab‘ noch niiie … geatmet! … Oh, Mist. Hab‘ isch doch. Na ja.“

Der ehemalige Milleniumsgeist musste sich ein Lachen verkneifen. Zwischendurch hatte er geglaubt, sie habe das Spiel verstanden, inzwischen war sich da jedoch nicht mehr so sicher. Zwar sorgte sie des Öfteren dafür, dass er trinken musste, meistens jedoch mit Aussagen, die genauso gut auf sie zutrafen und sie damit ebenfalls zu verdammten, ihrem Rausch Nachschub zu liefern. Sie nahm einen tiefen Schluck und warf ihm den Schlauch zu, woraufhin auch er trank.

„Gut … dann lass mal sehen … Ich habe noch nie … jemanden mit einem Laib Brot beworfen.“

„Hey, das is‘ nisch …“

„Fang!“

Samira erhaschte den Schlauch und nahm einen kräftigen Zug. „Du hasch‘ bestimmt schon mal wen mit Brot beworfen! Das macht jeda mal!“ Sie sah zum Himmel auf, als suche sie etwas. „Isch hab‘ noch nie … versucht den Phar… Pharar… Phararao zu töten!“

Sie schmiss den Wein zurück. Marlic trank. „Na schön … ich habe noch nie einem Clan angehört.“

Dreiste Lüge. Er war in gewissem Maße Teil des Grabwächter-Clans gewesen. Aber das brauchte sie ja nicht wissen. Er übergab den Alkohol wieder an sie – wobei sie ihn jedoch nicht fing, sondern der Schlauch mit einem dumpfen Laut neben ihr landete.

„Hups … da isser ja … jut … isch hab‘ noch nie … keine Freunde gehabt!“, rief’s und warf.

Ein schmerzhafter Kommentar für jeden normalen Menschen, jedoch eine Lobpreisung für Marlic. Er trank. „Ich habe noch nie … jemanden bewundert, außer mich selbst.“

Und wieder wanderte der Wein.

„Ach komm, jeda bewundert irgendjemand!“

„Sag‘ ich doch: mich selbst.“

„Argh, du bisch‘ doof!“ Und gluck, gluck, floss der Alkohol. „Isch hab‘ noch nie … man, das isch gar nisch‘ so leicht … Ha! Jetza! Isch hab‘ noch nie die Zukunft gesehn! Das hassu aber schon, weil du kennscht die alle, die wo von da kommen tun!“

Aufmerksamer als er dachte, die Kleine. Mal überlegen … wie alt war sie eigentlich? Musste doch schon fast heiratsfähig sein, oder? Dann hatte sie doch bestimmt … „Ich habe noch nie meine Tage gehabt.“

Und zack, da wanderte der Beutel wieder und wurde leerer und leerer. „Dasch is‘ auch nich‘ in Ordnung! Du bischt n Mann!“

„Ich weiß.“

„Na jut, dann … boha … irjendwie is‘ mir nich‘ so gut … bin voll müde und schwindlig …“

„Du bist voll müde und schwindlig?“, wiederholte Marlic mit süffisantem Grinsen.

„Ja!“

„Ich weiß zufällig, was dagegen hilft.“

„Echt?“

„Aber sicher, und ich verrate dir sogar, was es ist. Es nennt sich schlafen und tut nach viel Wein ganz besonders gut. Na, was sagst …?“

Ehe er enden konnte, war Samira hinten über gekippt und begann zu schnarchen.
 

Keiro ließ den Blick über die Wüste schweifen. Still und dunkel lag sie vor ihm wie ein nicht enden wollendes Meer. Und irgendwo in dieser Endlosigkeit war Risha. Er musste sie nur noch finden, dann würde sie endlich für das bezahlen, was sie über ihn und seine Familie gebracht hatte, das verfluchte Stück Dreck.

Shadara erschien aus der Dunkelheit neben ihm. Man hatte ihn weder kommen sehen, noch dabei gehört. Seit dem Vorfall mit der Kugel hatte sich vieles verändert. Keiros Verstand war klarer als jemals zuvor. Und der Zerberus hatte ebenfalls einen Wandel durchlaufen. Das einst bunte Fell war pechschwarz geworden. Der ganze Körper der Kreatur war nun weitaus weniger bullig, sondern deutlich sehniger. Er war dadurch schneller geworden. Die drei Köpfe waren ebenfalls schlanker geworden, während die Länge der Reißzähne zugenommen hatte. Flammen von einem unnatürlichen rot flackerten als Kranz um die Hälse und an den Spitzen der drei Schweife. Sechs Augen von einem ähnlichen Ton loderten in der Dunkelheit. Auch die unterschiedlichen Persönlichkeiten des Wesens hatten sich verändert: Sie waren zu einer Einheit verschmolzen.

„Irgendetwas gefunden?“, erkundigte sich Keiro, ohne seine Zwillingsseele anzusehen.

Die schüttelte die Köpfe. „Noch nicht. Aber dazu wird es noch kommen.“

„Mit Sicherheit. Lass uns weiterziehen. Wir haben noch eine Menge vor, mein Guter.“

Damit ritt er in die Nacht hinaus. Shadara, der wieder mit der Dunkelheit verschmolz, folgte ihm.


Nachwort zu diesem Kapitel:
So, da bin ich wieder. Wie hat euch das Kapitel gefallen? Ich glaube, ich muss nicht extra erwähnen, welcher Part beim Schreiben den meisten Spaß gebracht hat.
Nächstes Mal sehen wir dann, wie Sam ihren Kater verkraftet, wie die Suche in Gizeh läuft und ob Bakura und Atemu länger als fünf Minuten miteinander auskommen werden, ohne sich umzubringen.

So, hiermit dann noch eine kleine Ankündigung: Das nächste Kapitel erscheint voraussichtlich nicht vor dem 20.12.2015. Zum einen habe ich mir vor kurzem leider einen bösen Virus eingefangen. Dessen Auswirkungen haben meinen Magen dann so stark belastet, dass ich derzeit mit einer Entzündung in besagtem Organ kämpfe. Das wiederum hat mich alles in meinem Uni-Zeitplan ein gutes Stück zurückgeworfen, sodass da eine Menge Aufholbedarf besteht. Das größte Problem stellt hierbei meine Hausarbeit dar, die bis zum 18.12. abgegeben sein muss. Ginge es dabei nur um das Runtertippen und Korrigieren, ich wäre schnell fertig, aber leider ist da noch der Part mit der Recherche ... Da liegen noch schätzungsweise 300 Seiten Text vor mir, wenn nicht gar mehr.
Seht es mir also bitte nach, wenn es hier wieder einmal stiller wird. Ich wünsche euch bis zum nächsten Upload eine schöne Vorweihnachtszeit und verspreche, zum Fest nochmal etwas hochzuladen!

Bis hoffentlich im nächsten Kapitel,
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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Seelendieb
2015-11-27T05:34:20+00:00 27.11.2015 06:34
Och wie süüüüüüüüüß.

Marlic hat die Kleine tatsächlich abgefüllt! DER HAmmeR! :D

Ansonsten ein sehr schönes ruhiges Kapitel. <3
Antwort von:  Sechmet
27.11.2015 22:31
Danke, das freut mich. :) Demnächst gibt es dann wieder mehr Aktion.


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