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Wer suchet, der findet.

Ob der Fund zur Suche passt ist eine andere Sache
von

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Befehlsverweigerung

Einige Straßen vor dem Restaurant – und Julians Loft – lasse ich meinen Wagen stehen und gehe zu Fuß weiter.

Komischerweise fällt mir gerade jetzt ein, dass ich gar nicht weiß, was ich sagen soll.

Wahrscheinlich sehe ich mich dezent bei ihm um, ob da irgendwo ein brauner Overall ist. Und eine Schirmmütze. Und eine Sonnenbrille. Sein Alibi überprüfe ich auch – heimlich und unauffällig natürlich. Wohin ist er gestern Abend verschwunden? Wieso kam er mit einem Wakizashi heim? Das wiederum werde ich auf Blutspuren untersuchen. Von ihm unbemerkt!

Mitten im Schritt halte ich inne. Bei den Göttern! Was denke ich denn da? Julian ist das nicht! Er kann das nicht sein. Er darf das nicht sein.

Unwillig schüttele ich den Kopf und gehe weiter.

Mein Telefon piept. Ich hätte es im Wagen lassen sollen. Wäre besser gewesen. Das Teil stört mich. Aber… ‚Hätte‘ und ‚wäre‘ funktioniert wirklich nicht.

Wie mir das Display anzeigt ist es Charlene. Tief Luft geholt gehe ich dran. „Meyers.“

„Hey, Ron.“ Nach dem Gruß schweigt unsere Pathologin und gibt mir einen Augenblick Zeit, ihre Stimmlage zu analysieren. Und ich tue es. Besorgnis. Das verheißt nichts Gutes! Im Grunde verheißt es eines: „Hey, Charlene. Ihr habt nichts gefunden.“

„Nein.“ bestätigt sie. „Haben wir nichts.“ Charlene seufzt. „Wir haben absolut nichts, Aaron. Und das ist noch nie vorgekommen. Das Papier. Eine Sackgasse. Die Kiste. Nicht weniger. Nicht mal eine Faser am Klebeband. Keine Fingerabdrücke. Kein Stäubchen. Es ist, als hätte der Irre in einem Luftleeren Raum gearbeitet. Verdammte Scheiße! Der weiß, was er tut!“

„Wir kriegen ihn, Charlene.“ behaupte ich mit einer zuversichtlichen Inbrunst, die jeglicher Grundlage entbehrt.

„Ja… Wir kriegen ihn. Früher oder später.“ Ihr Seufzer ist zum Steinerweichen. „Ich überprüfe alles noch einmal!“

„Und Berger?“ erkundige ich mich. „Ihr wolltet doch essen gehen.“

„Wir essen später. Er assistiert.“

„Aha…?“ Ich hole tief Luft und bemühe mich, nicht beleidigt zu klingen. „Er darf das? Und ich darf das nicht?“

„So ist es.“

„Charlene…“ beginne ich und hole noch mal tief Luft. „Das ist… nicht nett!“

„Ron… Du brauchst eine Pause und ich weiß das. Ich melde mich, wenn ich neue Ergebnisse habe. Bis dann.“ Und KLACK ist das Gespräch beendet.

Das Telefon stecke ich in die Tasche und gehe weiter. Mir schwirrt der Kopf und ich erkenne, Julian jetzt sprechen zu wollen ist ein Fehler.

Für einen Rückzieher ist es eh zu spät. Ich stehe vor dem Restaurant, gehe herum zum Seiteneingang und steige die Treppe empor.

Mit klopfendem Herzen taste ich nach der Türklingel. Betätigen brauche ich sie nicht, die Tür wird geöffnet. Julian steht vor mir, die Augen gerötet und verquollen. „Hey.“ grüßt er heiser und zieht die Nase hoch.

Bei den Göttern. Er muss geweint haben. Und ich allein trage die Schuld daran!

„Hey.“ Und dann tue ich das, was ein Meyers am besten kann. Handeln!
 

()Julian gibt einen überraschten Laut von sich, als Aaron einen beherzten Schritt auf ihn zu macht und mit seinen Armen umschlingt. In dieser festen Umarmung spürt er spürt die Lippen seines Schatzes auf seiner Wange, auf seinem Ohr.

„Heißt das…“ flüstert Julian erstickt. „Du machst nicht Schluss?“

Nie!“ gibt Aaron nicht viel lauter zurück. „Du bist mein Schatz!“

„Aber… Aber… Aber…“ Er löst die Umarmung und rückt etwas von Aaron ab. „Aber… Du warst so komisch am Telefon.“ Unablässig blickt er seinem Gegenüber in die dunklen Augen. „So kurz ab und so… Na ja…“ In Erklärungsnot hebt er die Schultern. „So komisch eben.“

„Ich weiß.“ Schuldbewusst lässt Aaron den Kopf sinken und fährt sich mit einer Hand durch das Haar, ehe er wieder aufblickt und tief einatmet. „Schatz. Wir müssen reden. Ich habe da ein paar Fragen. Es geht um den Fall.“

Nickend nimmt Julian Aaron an die Hand und führt ihn in den Loft.()
 

Diese zärtliche Geste habe ich gar nicht verdient. Julian fasst meine Hand und bringt mich hinein.

Kaum im Loft entledige ich mich meiner Jacke und hänge sie an die Garderobe.

Julian beobachtet mich dabei. „Ich habe Kakao gemacht.“ sagt er und zeigt Richtung Küche.

„Toll.“ murmele ich und höre mich leider nicht allzu begeistert an. Ein Räuspern später versuche ich es noch einmal. „Wirklich toll.“ Nein. Der Tonfall ist genauso lausig wie eben.

Mein Schatz bittet mich am Tisch Platz zunehmen, was ich als gute Idee empfinde. Mir zittern nicht nur die Hände, sondern auch die Knie.

Der Lotussitz ist für mich jetzt am bequemsten und so lasse ich mich auf einem der Kissen nieder. Die Augen geschlossen versuche ich mich mittels Atemübungen zu beruhigen. Es klappt nicht. Nicht einmal leidlich. Die Augen wieder geöffnet und sehe mich um, kann ich nicht anders und frage mich: Sitze ich im Loft eines irren Killers? Habe ich mich ihm gerade ausgeliefert? Was passiert, spreche ich Julian darauf an? Wird er es unumwunden zugeben? Behaupten, er hätte es für uns getan? Oder streitet er alles ab? Versucht er sich der Festnahme zu entziehen? Artet das letztendlich in einen Kampf aus?

Mich überkommen wieder diese Zweifel und ich werde sie nicht los. Viel schlimmer noch. In Gedanken behandele ich meinen Schatz – Meinen Schatz! – wie einen Verdächtigen.

Nach einem Abstecher in die Küche und einem Tablett mit Kanne und Tassen beladen kommt Julian auf mich zu. Sein süßes Lächeln soll eindeutig aufmunternd sein. Er stellt das Tablett auf den Tisch und setzt sich mir gegenüber. Sein süßes Lächeln macht es mir nicht leicht, die richtigen Worte für den Anfang zu finden. Kann ein Mann mit einem solch süßen Lächeln ein Mörder sein?

Den Mund geöffnet schließe ich ihn wieder, weil mir nichts einfällt.

„Du sagtest, es geht um den Fall.“ beginnt schließlich er, gießt den Kakao ein und schiebt mir eine Tasse zu.

„Ja.“ bringe ich tonlos heraus. „Der Fall…“ Die Tasse in die Hand genommen halte ich mich krampfhaft daran fest und hoffe, meine Hände gehorchen mir. Mit barster Gewalt befehle ich ihnen nicht zu zittern. Befehlsverweigerung. Massive Befehlsverweigerung. Ich kippe mir den Kakao aufs Hemd.

Bei den Göttern!“ rufe ich aus und stelle die Tasse auf den Tisch. „Was ein Scheiß.“ Und dann… Dann fange ich an zu heulen und kann gar nicht mehr aufhören.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Witch23
2012-07-30T20:36:29+00:00 30.07.2012 22:36
Kaum im Loft entledige ich mich meiner Jacke aus und hänge sie an die Garderobe. ein klitzekleiner Überarbeitungsfehler. ^.^

Ist schon seltsam das nichts zu finden ist an dem Paket.

Und jetzt frage ich mich was aus den beiden Jungs wird.


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