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Der Wanderer

von

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Der Wanderer
 

Autor: Shiva

Email: Shiva@anime.de

Disclaimer: Sailor Moon gehört nicht mir, sondern Naoko Takeuchi-sama und "ein bisschen" auch Toei.

Kommentar: Diese Geschichte basiert auf einem Alptraum und spielt 5 Jahre nach dem Kampf gegen Galaxia. Alle Senshi haben schon einen festen Beruf, ansonsten hat sich nicht viel geändert.

Warnings: In dieser Geschichte wird nicht vom "Verschwinden", sondern vom Sterben gesprochen. Will heißen, das wird hier auch getan; diese Geschichte ist erwachsener als die Serie selbst. ^_^v

Wer es nicht verkraften kann, dass unschuldige Menschen sterben, sollte diese Geschichte nicht lesen. Ansonsten viel Spaß dabei. ^_^

(P.S.: Es ist völlig unblutig!... na ja fast. Der Traum selbst war ekliger, aber ich wollte euch die Details ersparen *gg*)
 

Los geht's!

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Der Kalender an der Wand schrieb den 13. Januar 1923. Ein unaufgeräumter Schreibtisch stand in der Mitte des Zimmers vor dem schmutzigen Fenster. Durch die Lammellen der Jalousie flutete gelbes Licht den Raum. Das altmodische Telefon sah aus, als hätte es schon lange nicht mehr geläutet, denn es war, wie die übrigen wenigen Möbel in dem schmutzig wirkenden Raum, total verstaubt.

Michiru betrat diese verkommene Detektei. Ihre türkisen langen Locken waren glatt und ordentlich an den Kopf gekämmt und hinten elegant zusammen gesteckt. Sie trug ein weißes, paillettenbesticktes Abendkleid, passend zur silbernen Brille, durch die ihre blauen Augen wirklich gut zur Geltung kamen.

Zielstrebig ging sie auf den verlotterten Schreibtisch zu. Dahinter saß ein Mann in knittrigem Karohemd und verwaschener Jeans, der die Füße zwischen den ganzen Müll auf dem Tisch platziert hatte. Michiru verkniff sich ein Naserümpfen bei seinem Anblick und beim Einatmen des Rauches seiner dicken Zigarre.

"Na, was wollen, Sie Lady?", fragte der Mann mit den ungewaschenen dunklen Haaren und den winzigen stechenden Augen. Seine Stimme klang dunkel und rauchig.

Michirus Stimme dagegen war hell und sanft, aber dennoch bestimmt.

"Finden Sie einen Optiker, der günstiger ist als Kabutaki!"

"Vergessen Sie's", erwiderte der Mann cool und drückte lässig seine Zigarre aus.

"Cut!", ertönte ein Ruf von hinten. "Wir haben's!"
 

,Na endlich', dachte Michiru. Sie war froh, endlich aus diesem engen Kleid und diesem Set herauszukommen. Warum hatte sie sich auch von Minako überreden lassen, das Angebot der Produktionsfirma anzunehmen. Sie machte sich auf den Weg in ihre Garderobe und kam dabei am Gästeraum vorbei. Dort saßen ein junger Mann und eine junge Frau, er ein südländischer Typ, sie rothaarig und blass. Beide durften nicht älter als 25 sein. Sie schlang gerade ihre Hand um seinen Nacken und zog ihn zu sich heran. Michiru war klar, was jetzt als nächstes passieren würde.

Unbeirrt ging Michiru weiter, stoppte aber abrupt, als sie Hilfeschreie hinter sich hörte. Schon ahnte sie, woher das kam und lief zum Gästeraum zurück.

"Oh, Gott, sie ist tot!", schrie der junge Mann.

"Ganz ruhig", sagte Michiru und war bemüht, dass ihre Stimme nicht umkippte. Sie fasste dem Mädchen an den Hals und musste feststellen, dass da kein Puls mehr war. Mühsam unterdrückte sie die Tränen. Sie senkte den Kopf. Der junge Mann schrie wie am Spieß.

"Oh, Gott, was soll ich nur ohne sie machen? Ich habe sie geliebt! AKIKO! NEEEIIN!". Ungehemmt brach er in Tränen aus.

"Es tut mir.. so leid", stotterte Michiru bestürzt. "Ich werde... einen Arzt rufen", betreten verließ sie den Raum. Sie konnte den Anblick dieses Mannes nicht mehr ertragen.

Kaum hatte sie den Aufenthaltsraum verlassen, verengten sich die Augen des Mannes zu einem Schlitz.

"Du bist die nächste. Und diesmal wird es für immer sein!"
 

*
 

"Und wie war's?", fragte Haruka, als Michiru endlich zu Hause ankam.

"Es war... schrecklich", erwiderte die Angesprochene.

"So schlimm?" Haruka war überrascht, das von ihrer Michiru zu hören, die ja so leicht von nichts aus der Ruhe zu bringen ist.

"Heute ist jemand... gestorben. So plötzlich und ich konnte nichts tun, sie war einfach tot."

Haruka bereute ihren letzten Auswurf. "Entschuldige!"

"Schon gut, du konntest es ja nicht wissen. Ihr Freund war völlig außer sich. Er hat geschrieen und geweint. Aber ich... ich hatte so ein Gefühl... dass da etwas nicht stimmt. Ich schäme mich für diese Gedanken, schließlich hat der den Menschen verloren, den er am meisten geliebt hat..." Sie schlug die Hände vors Gesicht und begann zu weinen. Haruka eilte zu ihr und nahm sie zärtlich in den Arm.

"Schatz! Schatz, beruhige dich. Es ist normal, dass man in ungewöhnlichen Situationen anders reagiert, als man sollte. Aber.. vielleicht kann ich dir ja helfen, darüber hinwegzukommen?" Haruka schenkte ihr ein sanftes Lächeln. Diese kleinen Gesten der Zärtlichkeit schenkten Michiru sehr viel Kraft...
 

*
 

Mist! Es musste wieder sein. Es war gar nicht so einfach ihre Adresse herauszufinden. Die Tatsache, dass sie eine berühmte Geigerin war, erschwerte die Suche immens. Aber dieses Mal sollte die Wanderung ein letztes Mal stattfinden. In letzter Zeit musste es immer öfter sein, ein Zeichen dafür, dass seine Lebenszeit nicht mehr lange andauern würde. Da sah er sie. Eine junge Frau in einem kurzen, pinken Lackrock und strohblonder Perücke. Sie war auffällig geschminkt. Er fuhr mit seinem schwarzen Auto an sie heran.

"Na, Latino? Was darfs denn sein?", fragte die Prostituierte aufreizend.

"Was soll's denn kosten?", konterte er charmant.

"Ich denke wir werden uns noch einig", erwiderte sie mit hoher Stimme.

"Dann schwing dich mal rein!" Er klappte die Wagentür auf und die Blondine setzte sich auf den Beifahrersitz.
 

*
 

"Der junge Schauspieler Julio Gomez wurde heute früh in einer Nebenstraße in Tokyos Rotlichtmilieu tot aufgefunden. Anzeichen für einen Mord gibt es nicht. Die offizielle Todesursache lautet Herstillstand, da weder äußere noch innere Verletzungen vorliegen. Gomez galt als einer der Aufsteiger im westlichen Kinobusiness und sollte hier zusammen mit Bruce Lee einen Actionstreifen drehen. Die Dreharbeiten wurden umgehend abgebrochen..."
 

Sie erblickte das Bild des lächelnden Lateinamerikaners im Fernsehen.

"Was? Das ist doch der Freund von dem Mädchen! Und jetzt ist er tot?!" Michiru hatte sich gerade erst von dem Schock vor zwei Tagen einigermaßen beruhigt. Nun wurden die Wunden wieder aufgerissen. Keiner war zuhause. Haruka hatte heute ein Rennen...

,Das geht nicht mit rechten Dinge zu', dachte sie. ,Ich muss Nachforschungen anstellen. Zuerst stirbt sie, und dann er. Und beide sind unverletzt. In so einem Alter stirbt man doch nicht so einfach! ... Mamoru! Er kann mir bestimmt helfen!'

Michiru raffte Harukas Wagenschlüssel in ihre Tasche und machte sich auf den Weg zu Mamoru, der mittlerweile schon Stationsarzt in dem Krankenhaus war, wo auch Amis Mutter arbeitete.

Sie hatte wirklich Glück. Mamoru nahm gerade eine Mittagspause, saß im "Schwesternzimmer" und nippte an einer Tasse Kaffe.

"Mi- Michiru!". Fast hätte er sich verschluckt.

Sie lächelte kurz. "Mamoru, kann ich dich kurz unter vier Augen sprechen?"

"Ja, klar, Michiru, worum geht's?" Der große junge Mann mit den schwarzblauen Haaren erhob sich und folgte ihr auf den kleinen Balkon am Ende des Ganges. Nun waren sie völlig ungestört.

Michiru erklärte ihm, was ihr in den letzten zwei Tagen widerfahren war. Mamoru hörte ihr aufmerksam zu und zeigte viel Mitgefühl und Verständnis. Auf ihre Frage, ob der Leichnam von Gomez hier liege, wollte er keine Antwort geben. "Michiru, ich verliere meine Approbation, wenn ich das tue."

"Es bleibt unter uns, ich verspreche es!", flehte Michiru.

".... .... Ja, er ist hier...", erwiderte Mamoru zögerlich. "Aber warum gehst du der Sache so intensiv nach?"

"Ich habe da so ein Gefühl, ich glaube nicht, dass er auf natürlichem Wege gestorben ist... Wurde die Leiche schon obduziert?"

"Michiru, dein morbides Interesse am Tod dieses Mannes geht mir doch etwas zu weit. Ich darf dir keine Informationen über meine Patienten geben!"

"Ach, der Patient ist doch schon tot! Wenn Gomez nicht auf natürlichem Wege verendet ist, kriege ich das raus, darauf kannst du Gift nehmen! Und wenn ich hier einbreche und selbst nachsehe!"

Michirus verbissene blaue Augen trafen genau Mamorus Blick. Diese Unnachgiebigkeit und Bockigkeit hätte er von ihr niemals erwartet.

Nüchtern schätzte er die Situation ein und beschloss, dass Michiru durchaus in der Lage war, einen Einbruch und eine unerlaubte Schnippelei an einem Leichnam auszuführen.

"Na schön, Michiru... Aber nur, um dich vor größeren Dummheiten abzubringen: Er ist auf natürlichem Wege gestorben, ganz sicher. Ein Freund von mir hat die Autopsie durchgeführt"

"Danke Mamoru, du bist ein Schatz!" Michiru fiel ihm dam schwarzhaarigen Mann um den Hals um drückte ihm einen schnellen Kuss auf die Wange.

"Das war aber das letzte Mal!", rief er ihr hinterher, als sie schon den Gang zurücklief.
 

*
 

"Ich wusste, sie ist etwas besonderes. Sie hat es gespürt. Such nur nach mir. Du wirst mich nicht finden. Ich werde DICH finden." Die strohblonde Frau im pinken Lackrock sah der anderen nach, die mit wallendem blauen Kleid aus dem Krankenhaus eilte und sich eine Strähne ihrer türkisen Locken aus dem Gesicht strich. Sie spürte, dass sie bald wieder wandern musste und bis dahin sollte diese Geigerin in erreichbarer Nähe sein...
 

*
 

"Hallo Haru-chan!", rief Michiru ihrer Lebensgefährtin entgegen, die gerade vom Motorradrennen heimkehrte. "Wie war's?"

Als sie nur ein Brummen als Antwort bekam, wusste sie, dass Haruka wieder nicht gewonnen hatte.

Im letzten Jahr hatte sie ziemlich nachgelassen und nicht mal halb so viele Siege wie früher eingebracht. Michiru glaubte, es lag daran, dass ihre geliebte Haru-chan nicht mehr so verbittert war wie früher. Vielleicht gab sie jetzt auch ihr zuliebe auf sich acht? Michiru lächelte bei dem Gedanken.

,Schön, so eine Freundin zu haben...' Gerade war sie dabei das selbstgekochte Essen zu servieren. Sie fühlte sich leicht und beschwingt. Irgendwie hatte sie der Besuch bei Mamoru im Krankenhaus beruhigt. Alles war wieder normal. Na ja, bis auf ihre Haru-chan, aber sie wusste schon, dass ein gutes Essen bei Kerzenschein und alles was danach kam, sie wieder aufheitern würde.

"Schatz, holst du mal den Sekt aus dem Kühlschrank?", flötete Michiru ihrer Freundin zu.

"Gibt's denn was zu feiern?", fragte diese verwundert. Michiru lief Haruka entgegen, schloss sie in ihre Arme und fuhr ihr liebevoll durch ihr kurzes blondes Haar.

"Du bist wieder heil zuhause", erwiderte sie kokett und gab ihr einen unerwarteten Kuss, der immer intensiver wurde. Längst hatte Michiru den Reißverschluss von Harukas weiß-blauer Lederkluft gefunden und ihn ihr bis zum Bauchnabel heruntergezogen. Langsam schob sie ihre Hände unter das weiche Leder und spürte Harukas ebenso weiche, nur viel wärmere Haut. Harukas Hände bahnten sich derweil ihren Weg zu Michirus Rücken, um ihr hellblaues Kleid aufzuknöpfen. Dabei küsste sie die sanften Schultern ihrer Freundin. Jetzt hatte sie den ersten Knopf gefunden und wollte ihn öffnen...

Ein lautes Klingeln durchbrach die romantische Stille, in der nichts zu hören war außer den Geräuschen, die zwei Liebende zu erzeugen pflegten. Heute klang das Telefon noch störender als sonst.

"Lass es klingeln!", sagte Michiru, "es kann nicht wichtig sein". Schon waren ihre Lippen wieder auf Harukas.

Erneut erklang Michirus Stimme, diesmal aber mechanisch: "Wir sind leider nicht zuhause. Hinterlassen Sie eine Nachricht nach dem Signalton. Vielen Dank"

Die echte Michiru war derweil damit beschäftigt, Harukas Brüste mit Küssen zu übersäen.

"Michiru? Bist du da? Ich bin's, Mamoru! Es ist wichtig, geh bitte ran, wenn du da bist."

Pause. Keine zwei Sekunden später hatte Michiru den Hörer in der Hand. Haruka war indes sehr erbost, hatte Michiru sie doch im schönsten Liebesspiel einfach stehen lassen... Sie rümpfte die Nase und ging beleidigt ins Badezimmer um zu duschen.

"Was gibt es denn so wichtiges?", blaffte Michiru.

"Oh, Entschuldige!", erwiderte ihr Gesprächspartner sarkastisch, "Aber Du warst doch so interessiert an diesem Gomez, oder nicht? Hör zu, ich habe heute noch mal den Obduktionsbericht unter die Lupe genommen."

"Warum das denn?", wollte Michiru wissen.

"Wenn DU etwas merkwürdig findest, kann an der Sache etwas nicht stimmen", sagte er belustigt. Augenblicklich wurde seine Stimme wieder ernst. "Bei der Obduktion wurden im Magen Rückstände von Lehm und Ton gefunden. Ich weiß wirklich nicht, wie er dazu gekommen ist, das zu essen... In der Luftröhre ist jedenfalls nichts, also kann er es nicht aus Versehen zu sich genommen haben."

"Ja und? Was soll mir das sagen?"

"Das eigentlich noch nichts, aber da wäre noch etwas: Vor drei Tagen hatten wir hier eine junge rothaarige Frau mit dem gleichen Ergebnis!"

Michiru durchfuhr ein Schreck. Vor drei Tagen war diese Sache im Studio passiert. Und nun Gomez selber. Da stimmte wirklich etwas nicht.

"Michiru? Michiru! Hat's dir die Sprache verschlagen?"

"Nein nein, alles in Ordnung, danke Mamoru..."

"Bist du sicher?" Bei dem Tonfall, den sie eingelegt hatte, konnte er ihr nicht so recht glauben.

"Ja, ganz sicher", erwiderte sie diesmal und klang auch wieder normal. Wieder ein wenig beruhigt verabschiedete er sich und wünschte ihr eine gute Nacht.

,Von wegen Gute Nacht!' Michiru war völlig aufgewühlt. Jetzt war die Suche nach einer logischen Erklärung nur noch dringlicher geworden.
 

*
 

Da war es wieder. Dieses Gefühl, diese Dringlichkeit. Mit zunehmendem Alter kamen die Anfälle zwar häufiger, aber die Zeitspanne, die ihm gewährt war, um jemand neuen zu finden wurde länger, so hatte er also noch genügend Zeit, sich nach einem neuen Opfer umzusehen. Diesmal hatte er es wirklich leicht, dieser Körper war nahezu ideal um einen neuen Menschen anzulocken.

Die junge Frau im pinken Lack-Mini und schwarzem Oberteil sah sich suchend um. Na schön, diesmal musste sie noch ein anderes Ziel finden, aber nächstes Mal sollte es endgültig sein. Sie blickte verstohlen zu einem der Hochhäuser auf, die im Infinity-Polder standen. Nach der großen Zerstörung vor 6 Jahren hatten diese primitiven Menschen wirklich alles wieder aufgebaut... Und hier wohnte sie also. Das Objekt ihrer Begierde. Ja, die Menschen waren für sie nichts weiter als Objekte.

Sie kratzte sich am Kopf, wobei die strohblonde Perücke leicht verrutschte und spähte immer noch nach einem geeigneten Körper.

An eine Straßenlaterne stand ein einsamer junger Mann. Grünliche Haare, dunkle Augen, die von einer kleinen Brille umrandet wurden. Er war nach ihrem Maßstab gesehen keinesfalls unansehnlich, ganz im Gegenteil. Er trug ein dunkles Seidenhemd, eine schwarze Hose mit Bügelfalte und polierte Schuhe.

,Ein Ingenieur. Für einen Anwalt zieht er sich zu gut an.'

Sie beschloss, ihn eine Weile zu beobachten, was sie dann auch tat. Innerhalb von 10 Minuten hatte er mindestens 20 Mal auf seine Armbanduhr geschaut. Er schien jemanden zu erwarten, der es offenbar nicht nötig hatte, am verabredeten Ort zu erscheinen.

,Er ist unsicher, der hat ein schwaches Selbstbewusstsein. Er fühlt sich hintergangen und schlecht. Er glaubt, er ist es nicht wert, dass eine Frau zu einem Treffen mit ihm kommt. Um so besser für mich', dachte sie und setzte ein hinterhältiges Grinsen auf.

Sie ärgerten diese Reflexe, aber sie konnte nichts dagegen tun, ihre Gefühle in der Mimik niederzuschreiben. So gut hatte sie ihren Körper nicht unter Kontrolle. Aber was soll's, mit ihrem endgültigen Körper würde sie viel Zeit haben zum Üben...

Sie schätzte die Situation ab und beschloss, dass dies der richtige Augenblick war, um zuzuschlagen. Zielstrebig und mit schwingenden Hüften bewegte sie sich auf den jungen Mann zu. Mittlerweile wusste sie, welche Signale sie senden musste, damit sie von den Männern verstanden wurden.

"Warten Sie auf jemanden?"

Verdutzt blickte er die Frau mit der sehr hohen Stimme an. Sie lächelte verführerisch und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar.

"Ähm ja" Vor lauter Überraschung wusste er nicht, was er sonst hätte antworten sollen. "Aber sie scheint wohl etwas besseres vorzuhaben", fügte er verärgert hinzu.

"SIE?", fragte die junge Blondine aufreizend. "Diese Frau ist sich nicht bewusst, was sie da verpasst". Bingo. Sie hatte schon so gut wie gewonnen. Sie würde ihn ganz einfach um den Finger wickeln können.

Und tatsächlich er wurde rot. "Wie meinen Sie das? Ist das ihr Ernst"

"Aber natürlich. Was halten Sie davon, wenn wir zwei uns einen netten Abend machen?" Ihre erotische Stimme ließ den jungen Mann noch mehr erröten. Er spürte, wie ihm das Blut in die Ohren stieg. Er versuchte sich zu beherrschen, damit das Blut nicht noch andere Körperanhänge erreichte. Aber diese Frau war wirklich attraktiv. Er hatte selten ein weibliches Wesen mit so perfekten Proportionen gesehen. Und sie wollte IHN!

Er ließ sich von ihr bei der Hand nehmen. Ihm war es mittlerweile egal, was nun passieren würde, er ließ es einfach geschehen.

Das war leicht, dachte sie. Sie führte ihn durch eine schmale Gasse und er schien nicht einmal misstrauisch zu werden. Tja, der Trieb macht den Menschen schwach. Sie hatte die Erfahrung gemacht, dass es bei Männern immer leichter war. Beiläufig sah sie zu Boden und erblickte einen leblosen Körper auf dem Boden liegen. Der Brustkorb war völlig zerfetzt, als wäre er explodiert. Überall klebten mit Blut getränkte Lehmklumpen. Das Blut hatte die Wand, an dem der Körper lehnte, braun gefärbt. Er schien schon länger hier zu liegen.

Sie blickte grinsend auf den Leichnam.

,So etwas passiert nun mal, wenn man nicht schnell genug wandert. Pech gehabt, einsamer Wanderer.' Dieser junge Freund hier hatte jedenfalls seine Chance verpasst.

"Oh Gott!", hörte sie hinter sich. "Oh mein Gott, was ist mit diesem armen Menschen passiert?!"

"Das gleiche, was mit mir passieren würde, wenn ich das hier jetzt nicht täte." Blitzschnell riss sie seinen Kopf zu sich heran und presste ihre Lippen auf seine. Er riss die Augen auf, als er ein scharfes Brennen und eine lehmige Substanz im Mund spürte...
 

*
 

Haruka blinzelte. Der Wecker zeigte 8:43. Noch viel Zeit. Der Samstag gehörte nur ihnen. Wie lange waren sie schon nicht mehr am Strand spazieren gegangen? Aber dieses Versprechen für den heutigen Samstag hatte sie Michiru schon vor einer Woche abgenommen. Sie lächelte sanft. Ihre linke Hand tastete zur linken Seite des Doppelbetts.

"Mi-chan?" Sie drehte sich um. Ihre blauen Augen waren noch winzig klein vor Müdigkeit, aber sie konnten schon erkennen, dass ihre Mi-chan nicht da war.

"Wo ist sie jetzt wieder hin?", grummelte Haruka. Mit einem wütenden Schnauben drehte sie sich wieder auf die andere Seite.
 

*
 

"Miss Kaio! Schön Sie wiederzusehen, was führt Sie hierher?" Michiru lächelte sanft.

"Ach, nichts besonderes, ich wollte mich nur mal umsehen." Oh, wie sie diesen schmierigen Regisseur hasste. Aber es blieb ihr keine andere Wahl. Wie heißt es so schön? Der Täter kehrt immer an den Ort des Verbrechens zurück. Also begab sich auch Michiru wieder dorthin, um eventuelle Spuren aufzudecken.

Sie versuchte nüchtern zu denken und sich die Sinnlosigkeit ihres Tuns ins Gedächtnis zu rufen. Denn es konnte keinen Täter mehr geben, die rothaarige Frau und Gomez, der als einziger als ihr Mörder in Frage gekommen wäre, sind tot. Die türkishaarige Frau öffnete die Tür zum Gästeraum des Studios, setzte sich auf das abgewetzte rote Sofa in Lippenform und zwang sich, bei ihren Überlegungen ganz von vorn anzufangen.

Noch vor 4 Tagen hatte Gomez mit der jungen Frau genau hier gesessen. Sie haben sich geküsst und dann war sie einfach gestorben. Und kurz danach ist er gestorben.

Einfach so, wie konnte das passieren? Das rote Sofa wackelte und sie hatte Mühe sich gerade darauf zu halten, als sie die Hand ans Kinn legte, um besser überlegen zu können.

Schon längst wollte sie sich diese Geste abgewöhnen, aber sie konnte sich dennoch nicht dazu überwinden. So fiel ihr so gut wie immer eine Lösung ein.

Die Tür knarrte und ein junger Mann mit dunklen Augen und grün schimmernden Haaren betrat den Gästeraum. Seine Brille ließ ihn ziemlich intelligent und weniger arrogant wirken.

"Sind Sie nicht... Michiru Kaio, die berühmte Violinistin?!", rief er erstaunt aus.

Das hatte ihr gerade noch gefehlt. ,Fanatische Kerle wie der gehören verboten', dachte Michiru, als sich kleine leuchtende Sternchen in seinen Augen abzuzeichnen begannen. Sie zwang sich, ruhig und freundlich zu bleiben.

"Ja, die bin ich", erwiderte sie also nur, obwohl sie am liebsten im Sturm den Gästeraum verlassen hätte.

"Ich bin ihr größter Fan!" Der Typ schrie sie fast an. Aber er schien ihren beinahe angewiderten Blick bemerkt zu haben, denn keine Sekunde später hatte er sich wieder unter Kontrolle und räusperte sich.

"Entschuldigen Sie meinen Ausbruch", sagte er nun mit gesenktem Kopf und leiser Stimme. "Es kommt nun mal nicht jeden Tag vor, dass man so berühmte Persönlichkeiten wie Sie trifft. Ich verehre Sie und bin immer wieder verzaubert von Ihrer Musik." Schon fast kleinlaut wirkte er jetzt.

Michiru musste lächeln. Dieses wechselnde Temperament kannte sie nur zu gut von sich selbst.

"Schon gut, es ist ja nett gemeint", meinte sie daher mit einem leicht gezwungenen Lächeln und winkte mit der Hand ab. (*drop*)

"Sie sind eine bezaubernde Person", fuhr der Mann nun wieder fort. "Ich bin Tsutomu Kagasaki und es wäre mir eine große Ehre, Sie zum Mittagessen einladen zu dürfen."

Mittagessen? Michiru warf einen Blick auf ihre kleine Armbanduhr. Tatsächlich, es war ja schon eins. Haruka machte sich sicher schon Sorgen, wo sie denn bliebe. "Tut mir leid, zum einen müsste ich schon lange zuhause sein, und zum anderen..."

"Ich weiß", unterbrach sie der Mann. "Sie sind mit dem Rennfahrer Haruka Tennou liiert. Ich mache Ihnen keine Avancen, ich wollte nur einmal mit Ihnen essen gehen, weiter nichts. Das war schon immer mein größter Traum."

Michiru errötete. Wann hatte ihr Haru-chan das letzte Mal ein Kompliment gemacht? Es war schon ewig her und Michiru brauchte diese Bestätigung ab und zu. Was sprach eigentlich dagegen? Dieser Mann war doch eigentlich ganz nett und Haruka würde sicher auch nicht böse sein, es handelte sich hier schließlich um einen IHN.

Sie seufzte. "Na schön", gab sie schließlich zur Antwort.
 

Das Restaurant war eigentlich mehr eine Imbissbude, aber es schmeckte vorzüglich. Sie wunderte sich, wie ihr Gegenüber nur gleichzeitig essen und dabei noch so viel uninteressantes Zeug über seinen Beruf reden konnte.

Mit stetigem Blick auf die Uhr fischte Michiru mit großem Geschick die langen Nudeln aus dem kleinen Schälchen. Sie könnte jetzt schon lange zu hause sein. Haruka war bestimmt schon böse. Als auch die letzte Nudel den Weg in ihren Mund gefunden hatte, wollte sie sich verabschieden und gehen.

"Warten Sie", bat Tsutomu. Sein Blick war jetzt sehr ernst. "Ich würde Ihnen gern noch etwas erzählen. Sie haben es doch auch gespürt, oder?"

,Was kommt jetzt?' Angstschweiß trat auf Michirus Stirn. Was sollte Sie gespürt haben?

,Nein, ich will nichts von dir!', hätte sie am liebsten geschrieen.

"Ich habe mehr als nur diesen Ingenieursberuf. Ich habe noch einen Nebenjob", fuhr der junge Mann mit den dunklen Augen fort.

,Ach ja? Vielleicht Zeitungen austragen?' Wieder sah Michiru von seinem Gerede gelangweilt auf die Uhr. Schon viertel vor 2.

Er rückte näher an ihr Ohr heran. Am liebsten wäre sie zurückgewichen, aber sie riss sich zusammen.

"Ich bin Dämonenjäger." Das konnte doch nicht wahr sein! Sie hatte immer geglaubt, Dämonen zu jagen und zu vernichten sei die Aufgabe des Sailorteams.

,Dämonenjäger, was für ein Unsinn, das ist doch nur Science-Fiction.'

"Wollen sie mich jetzt verarschen?!", fragte sie ihm direkt ins Gesicht. Ups, das war zu hart. Das hätte sie nicht sagen dürfen, aber es war zu spät.

Aber er ignorierte es. "Miss Kaio, ich habe einen Dämon verfolgt. Er hat mich angegriffen und wollte von meinem Körper Besitz ergreifen. Zum Glück konnte ich ihm noch entkommen, aber: Er hatte es auf Sie abgesehen. Aber Sie waren nicht das unschuldige Opfer. Sie haben auch nach ihm gesucht."

Er machte eine stilistische Pause. "Ich weiß, was Sie tun." Seine Stimme hatte jetzt einen leisen und eindringlichen Ton.

Sollte das eine Drohung sein?

,Er weiß es! Aber woher weiß er, dass ich eine Sailorkriegerin bin?! Was soll ich jetzt machen?' Michiru bekam es mit der Angst zu tun. Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt, aber sie ließ sich nichts anmerken.
 

"Sie sind auch eine Dämonenjägerin, hab ich recht?", fragte er jetzt aufgeregt. Sie seufzte innerlich vor Erleichterung. Das war gerade noch einmal gut gegangen. Woher sollte er es auch wissen, schon lange war keine Gefahr mehr aufgetaucht und so hatte sie nie zu Sailor Neptun werden müssen. Jetzt war es wohl das Klügste seiner Vermutung nachzugeben.

"Es bringt ja nichts, es zu leugnen", sagte sie demzufolge und senkte gespielt betreten den Kopf.

"Wie schön zu wissen, dass ich nicht allein kämpfe. Zum Glück konnte ich den Dämon vernichten. Denn Sie wären sein nächstes Opfer gewesen".

,Angeber'. Michiru zog eine Augenbraue hoch. Na schön, dann spielte sie eben noch ein bisschen mit, dann könnte sie vielleicht eine Chance finden, ihm zu entkommen.

"Dann verdanke ich Ihnen wohl mein Leben", lächelte sie gezwungen. Nur gut, dass sie sich so gut verstellen konnte.

"Es tut mir schrecklich leid, aber ich muss jetzt wirklich gehen. Ich habe noch einen wichtigen Termin."

"Ich könnte Sie auch fahren!", rief er ihr zu, als sie schon aufgestanden war.

"Nein, danke!"

,Bloß nicht!' Keine zwei Sekunden später war sie auch schon verschwunden.

Er sah ihr verstohlen nach. ,Na ja, nächstes mal...'
 

*
 

Am nächsten morgen war es Michiru, die alleine aufwachte. Gestern Nachmittag war sie in eine leere Wohnung heimgekehrt und hatte dort einen Zettel gefunden.

"Bin bei Setsuna. Warte nicht auf mich."

Haruka musste wirklich sehr böse gewesen sein. Michiru ärgerte sich über sich selbst und drehte sich wütend auf die andere Seite. Wie konnte sie ihren gemeinsamen Samstag auch nur so einfach links liegen lassen. Kein Wunder, dass Haruka darauf gekränkt reagierte.

Jetzt im Nachhinein hätte Michiru sich für ihre Nachlässigkeit ohrfeigen können. Aber jetzt war es zu spät.

Michiru beschloss aufzustehen und sich bei Haruka zu entschuldigen. Dass ihre Lebensgefährtin nicht da war, stellte dabei kein allzu großes Problem dar. Ihr Blick fiel auf ihren Kommunikator, der in der Morgensonne glänzend auf dem Nachttisch lag. Wir sollen ihn ja nur in Notfällen benutzen, grübelte sie. Aber war das nicht ein Notfall?

Sie fragte sich, wie schlimm dieser Streit mit Haruka wirklich war. Jedenfalls hatten sie sich sonst immer gestritten, dass die Fetzen flogen und jetzt ging ihr Haruka einfach aus dem Weg.

Michiru griff nach ihrem Kommunikator und öffnete ihn. Sofort begann es am anderen Ende zu piepsen. Aber: nicht Haruka hörte das Signal, sondern Michiru. Der Kommunikator lag immer noch auf dem Nachtschrank. Haruka hatte ihn absichtlich da liegen gelassen, denn sonst war ihre erste Handbewegung immer der Griff zum Kommunikator in Form einer Armbanduhr, das wusste Michiru.

Wut stieg in ihr auf. Was wäre, wenn es einen wirklichen Notfall gäbe?

Michiru schwang ärgerlich ihre langen schlanken Beine aus dem Bett und zog sich an. Danach aß sie noch 2 kalte Okonomiyakis und machte sich auf den Weg zu Setsuna.

Während sie so vor sich hin ging, dachte sie über die Geschehnisse der letzten Tage nach. Tsutomu hatte von einem Dämon gesprochen.

Michiru war sich dessen schon lange sicher, dass es bei diesen Todesfällen nicht mit rechten Dingen zuging.

"Er wollte von meinem Körper Besitz ergreifen...", hörte sie Tsutomus Stimme in ihrem Kopf. So musste es sein. Ein Dämon, der von Menschen Besitz ergreift, ist nicht unüblich.

Blieb nur noch die Frage, warum Lehm und Ton in den Eingeweiden der Opfer waren. Ist das vielleicht seine Form, seine Substanz? So musste es sein. Ein Tondämon, der durch die Körper wandert und dabei den Wirt tötet.
 

*
 

"Ah!"

"Was ist, Rei?" Die junge Frau mit den langen blonden Zöpfen beugte sich zu der angehenden Shinto-Priesterin hinüber.

"Es geht schon, Usagi." Sie ordnete ihre langen, schwarzen Haare und blickte ernst drein. "Ich spüre Gefahr! Ich glaube, es passiert was!"

Schnell nahm Rei den Sandeimer und löschte das Feuer, das bis eben im Hikawa-Schrein gebrannt hatte. Eine große junge Frau mit braunem Pferdeschwanz räumte mindestens genauso schnell das Teegeschirr weg.

"Lass es ruhig stehen, Makoto. Wir sollten lieber schleunigst die anderen verständigen", meldete sich eine andere langhaarige Blondine zu Wort.

"Bin schon dabei, Minako!"

"Wie immer ein kühler Kopf, was Ami?" Minako zwinkerte.

Die Angesprochene lächelte sanft, ihr kurzes blaues Haar hatte sie heute mit einer Spange nach hinten gesteckt.

"Harukas Kommunikator reagiert nicht, ich versuch's bei Setsuna...", meldete sie.

"Ok", sagte Rei. Ihre dunklen Augen waren freundlich aber bestimmt. "Beeil dich aber bitte, ich habe kein gutes Gefühl"

"Geht klar ... Setsuna, wir glauben, dass wieder neue Feinde auf dem Vormarsch sind. Warum geht Haruka nicht an ihren Kommunikator?"

Eine tiefe weibliche Stimme meldete sich am anderen Ende der Leitung. "Sie hat ihn zu hause vergessen..."

"Das sieht ihr aber gar nicht ähnlich", erwiderte Ami, fuhr dann aber gleich fort. "Wo wollen wir uns treffen?"

"Beim Cafe Crown", kam es zur Antwort. "Bis gleich".
 

*
 

Mit einem lauten Piepsen meldete sich Harukas Kommunikator in ihrer Tasche. Michiru zuckte erschrocken zusammen. "Puhhh. Meine Güte...". Erleichtert entspannte sie sich wieder. Sie beschloss, nicht an den Kommunikator zu gehen, schließlich gehörte er ihr nicht. Wenn es etwas wichtiges ist, werden die anderen schon Bescheid sagen...
 

*
 

Usagi, Rei, Ami, Makoto und Minako saßen bereits am Tisch, als drei weitere Personen auf ihren Tisch zusteuerten.

"Wo ist Michiru?"

"Sie ist nicht da. Aber das ist jetzt auch egal. Was gibt's?" Harukas Ton war wie immer kurz und hart. Usagis Miene verfinsterte sich.

"Ich habe dich nur etwas gefragt. Wir halten kein Treffen ab, wenn die Sailorkrieger nicht alle beisammen sind. Ich dachte, ihr bringt sie mit. Sonst bist du doch immer mit Michiru zusammen!"

"Heute aber nicht."

"Typisch Haruka, stur wie ein Ochse!", tönte es seitens Rei.

"Jetzt fangt nicht an zu streiten, wir haben dafür kein Zeit!", meldete sich ein junges Mädchen mit schwarzen schulterlangen Haaren und dunklen Augen.

"Hotaru hat recht, wir sollten uns nicht streiten, gerade jetzt nicht, da neue Gefahr auf uns zuzukommen scheint", bekräftigte die dritte Person. Es war Setsuna, eine junge Frau um die 25 in einem edlen Kostüm mit langen grün-schwarzen Haaren.

Usagi ließ nicht locker. "Also, wo ist Michiru?"
 

*
 

Noch einmal drückte sie den Klingelknopf. Keiner da. Wo konnte Haruka nur sein, wenn nicht bei Setsuna? Sie überlegte. Die Rennbahn hatte heute geschlossen, also wo nur?

Ihre Augenbrauen zogen sich ärgerlich zusammen.

"Aaaah!", stieß sie als Zeichen des Unmuts und Ärgers hinaus. "Soll sie doch bleiben wo der Pfeffer wächst! Ich habe genug von deinen Spielchen!"

Sie überquerte die vielbefahrene Straße und stapfte weiter Richtung zu Hause. Nun war Michiru wirklich geladen. Sie war extra den weiten Weg hierher gelaufen, alles umsonst.

Tränen der Wut stiegen ihr in die Augen. Zuhause würde sie sich auf Bett werfen und ihr verweintes Gesicht in die Kissen drücken. Danach würde sie ihre Tränen trocknen und auf die Rückkehr von Haruka warten, um sie mit Nicht-Beachtung zu strafen. Michiru wollte immer stark sein, und das konnte sie auch gut. Nur wenn es um Haruka ging, wurde sie schwach. Wann hatte sie das letzte Mal geweint? Es schien eine Ewigkeit herzusein.

Jetzt fühlte sie deutlich die Angst, Haruka zu verlieren. Sie fürchtete, ihre jahrelange, harmonische Beziehung würde einfach so enden. Aber wegen so einer Lappalie so einen Aufstand zu machen...

Nur weil sie, Michiru, einmal nicht das Wochenende mit Haruka verbrachte hatte? Dann dachte sie an die vielen Auftritte und die Welttournee, die hinter ihr lagen. Wie viele Wochen war Haruka von ihr getrennt gewesen? Wie oft hatte sich Haruka wohl nachts umgedreht und einen leeren Platz an ihrer Seite vorgefunden?

,Haruka... es tut mir so leid...', schluchzte sie. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie sich auf einer Leitplanke auf dem gottverlassenen Parkplatz niedergelassen hatte. Nirgendwo war ein Mensch zu sehen. So verweilte sie etwa zehn Minuten lang und weinte aus tiefstem Herzen.

Dann blickte sie mit geröteten Augen in ihre Tasche, kramte nach einem Taschentuch und schnäuzte sich kräftig. Durch das viele Weinen lief ihr das Wasser bereits aus der Nase.

Jetzt ging es Michiru schon viel besser. Sie wusste auch nicht warum, aber so ein Heulkrampf wirkte immer sehr erleichternd auf ihre Seele.

Nein, sie würde sich zuhause nicht heulend aufs Bett werfen, sie würde alles für ein romantisches Abendessen zu zweit vorbereiten und sich bei Haruka entschuldigen, sobald sie nach hause kommen würde. Ja, genau das würde sie tun. Entschlossen stand sie auf, und wollte gehen.

"Schön, dass es Ihnen wieder besser geht". Eine fremde Stimme erklang hinter ihr. Erschreckt drehte Michiru sich um.

"Wer sind Sie?!"

"Oh, entschuldigen Sie bitte, ich wollte sie nicht erschrecken." Die Stimme entsprang einer jungen Frau mit kurzen blonden Haaren. Auf den ersten Blick hätte man sie fast mit Haruka verwechseln können.

"Wie lange beobachten Sie mich schon?", fragte Michiru verärgert. Oh, wie sie solche Spioniererei hasste.

"Lange genug, um mich zu fragen, was eine hübsche junge Frau so traurig machen könnte", erwiderte die ihr Gegenüber kokett. Michiru betrachtete sie musternd. Sie trug eine Jeans und ein enges schwarzes T-shirt mit der roten Aufschrift "evil".

"Entschuldigen Sie mich, aber ich muss jetzt gehen". Ein genervter Unterton schwang in Michirus Stimme mit. Schon hatte sie der jungen blonden Frau den Rücken gekehrt und marschierte los.

"Sagst du das jedes Mal, wenn dich jemand bewundert?", rief die Blonde hinter ihr her.

"Was?!" Sofort richtete sich Michirus angespannte Aufmerksamkeit wieder der Frau.

"Willst du mich schon wieder zurückweisen?!", schrie die Frau ihr entgegen.

Entsetzt starrte Michiru sie an. "Ich weiß nicht, wovon Sie reden!"
 

*
 

"Sie geht nicht ans Telefon!", meldete Haruka besorgt.

"Dann versuch es doch über den Kommunikator!", riet Ami.

"Ach ja richtig *drop*"
 

*
 

"Du weißt nicht wovon ich rede? Das ich nicht lache! Du weißt es ganz genau, du hast mich gesucht und nun haben wir uns gefunden."

"Wer sind Sie?" Michiru versuchte ihrer Stimme einen unerschrockenen, energischen Klang zu geben.

Die junge Frau grinste. "Ich bin jemand, der sich sehr für dich interessiert!"

Michiru wich einen Schritt zurück und griff an ihr Handgelenk. Sie spürte ihren Kommunikator, der heiß an ihrem Handgelenk glühte, als wolle er ihr raten, die anderen zu Hilfe zu rufen.

,Nein!', dachte sie entschlossen. ,Diesmal ist es MEIN Kampf und ich muss es allein schaffen.'

Plötzlich fing das kleine elektronische Gerät, zu piepen an. Gerade wollte Michiru die Klappe öffnen, um den Notruf am anderen Ende entgegenzunehmen, da spürte sie einen harten Schlag auf ihr Handgelenk. Der Kommunikator löste sich von ihrem Arm und das Piepsen und Leuchten erlosch.

Erschrocken sprang Michiru mit einem Satz zurück. Die junge blonde Frau war ihr offensichtlich feindlich gesinnt, denn sie war es gewesen, der den zerstörenden Schlag auf ihren Kommunikator ausgeübt hatte.

"Was wollen Sie von mir?", schrie Michiru.
 

*
 

"Die Verbindung ist gekappt worden!".

Entsetzen spiegelte sich in Harukas Augen wieder.

"Sag, dass das nicht wahr ist, Setsuna! Es ist sicher nur ein technischer Fehler!"

Die große dunkelhäutige Frau schüttelte betreten den Kopf, wobei sie Haruka aus granatroten Augen beunruhigt ansah.

"Michiru ist bestimmt in Schwierigkeiten. Wir müssen sie schnell finden", kommandierte Usagi. "Wir trennen uns, dann finden wir sie schneller"

"Das war es also, was ich gespürt habe", murmelte Rei.
 

*
 

"Ich will.. deinen Körper. Ich spüre einen mächtigen Stern bei dir. Er wird mir die Energie geben, die ich brauche, um nie mehr wandern zu müssen!"

"Du hast all diese Menschen umgebracht, habe ich recht?", schleuderte Michiru der Frau entgegen, die sich ihr langsam und drohend näherte, wie ein Raubtier seiner Beute.

"Das Aussetzen der Körperfunktionen ist nur ein Nebeneffekt, nachdem ich sie benutzt habe. Noch nie ist mir jemand so nah gekommen wie du. Nie hat jemand gewagt, mich herauszufordern. Und noch nie hat mich jemand zurückgewiesen!"

Michiru legte ein böses Grinsen auf. "Einmal ist immer das erste Mal."

"Pah! Was weißt du schon! Die Menschen haben mich alle freiwillig aufgenommen! Sie WOLLTEN sogar, dass ich zu ihnen komme!"

"Ja, aber hätten sie es auch gewollt, wenn sie gewusst hätten, dass sie danach sterben müssen? Wenn sie gewusst hätten, dass sie schon in dem Augenblick sterben, in dem du sie besetzt?!"

"Das spielt jetzt keine Rolle mehr. Die Zeit des Wanderns ist vorbei. Nie zuvor hat ein Dämon unserer Spezies das unglaubliche Glück gehabt, einen so perfekten Körper wie deinen zu besitzen!"

"Ich bin nicht dein Eigentum! Du wirst mich niemals besitzen!"

"Du widersetzt dich also immer noch? Nun gut, dann werde ich mir deinen Körper mit Gewalt nehmen!" Die besessene Frau stellte sich in Angriffspose.

"Versuch's doch!", spöttelte Michiru.

"Was willst du tun? Schreien? Hier wird dich niemand hören. Sie dich doch mal um! Es ist kein Mensch zu sehen!"

"Um so besser, dann kann ich ja schreien. NEPTUNE STAR POWER! MAKE UP!"

Überraschen und Entsetzen wechselten sich im Gesichtsausdruck der sportlichen Blondine ab. Doch nicht sie war es, die die unglaubliche Verwandlung von Michiru Kaio mit ansah, sondern das Wesen in ihrem Innern. Gleißendes Licht und tosende Wellen umspülten den Körper der jungen türkishaarigen Frau und gaben sie daraufhin in einem weißen Kostüm mit dunkelgrünem Rock und Matrosenkragen wieder frei. Auf der Brust und am Rücken prangte je eine dunkelblaue Schleife. Ein paar kurze weiße Handschuhe mit drei Stulpen farblich passend zum Rock schützten ihre Hände. Ein goldenes Diadem mit grünem Stein zierte ihre Stirn. An den Füßen trug sie ein grüne Pumps mit Schnürung.

"Wa - was ist das?!"

"Die Kraft, die du gespürt hast, kommt nicht von ungefähr! Ich bin die weise Königin des Ozeans! Ich bin Sailor Neptune!"

Die Verblüffung wich aus dem Gesicht der blonden Frau und wechselte in Amüsement.

"Aha. Alles klar. Mir ist eigentlich relativ egal, was du alles bist, was mich an dir interessiert, ist dein Körper. Und den werde ich mir jetzt holen."

Kaum hörbar schnaubte Neptune mit einem höhnischen Lächeln. "Vergiss es!"
 

*
 

"Sie ist nicht zuhause", verständigte Haruka die anderen über Setsunas Kommunikator. Diese war mit Hotaru zusammen und brauchte ihren nicht. Die übrigen Mädchen hatten sich über die halbe Stadt verteilt, in der Hoffnung, Michiru irgendwo anzutreffen.

,Michiru... wo bist du nur?' Haruka kämpfte mit den Tränen. Jetzt hatte sie wirklich Angst.
 

*
 

"Ah!"

Die Frau war zum Angriff übergegangen und hatte Neptune am Arm verletzt.. Nein, jetzt war es keine Frau mehr, es war ein Dämon. Diese Frau war tot. Sie war schon lange tot.

,Aber ich werde es nicht zulassen, dass du mich mit in den Tod ziehst', dachte die Sailorkriegerin. "Nimm das! DEEP SUBMERGE!"
 

*
 

Haruka rannte so schnell sie konnte. Sie war schnell wie der Wind. Sie fühlte sich leicht, wenn sie lief; es verursachte ihr keine Anstrengung. Wo konnte Michiru nur sein? Sie überlegte. ,Wenn ich verschwunden wäre, wo würde sie mich suchen?' ...

,Bei Setsuna!'
 

*
 

Eine gewaltige leuchtende Wasserkugel formte sich in ihren Händen. Mit einer geschickten Bewegung feuerte Neptune sie ab und der Dämon wurde frontal getroffen, stürzte und stand nicht mehr auf. Eine Weile beobachtete die Kriegerin ihren Gegner. Nichts geschah.

"Großmaul", kommentierte Neptune den leblosen Körper, der dort hinten in einer riesigen Wasserlache am Boden lag.

"Es tut mir nicht leid um dich. Es tut mir nur leid um die vielen Menschen, die durch dich ihr Leben verlieren mussten." Sie drehte sich um, zu gehen.
 

*
 

Haruka bog um die letzte Ecke. Jetzt nur noch über den Parkplatz, dann würde sie da sein. Doch da sah Haruka etwas, das sie stutzig machte. Da lag eine junge blonde Frau am Boden. Sie schien bewusstlos zu sein. Um sie herum war ein kleiner See von Wasser. Besorgt und zügig bewegte sich Haruka auf die Frau zu.

,Sie hat fast die gleiche Frisur wie ich'. Schnell überprüfte sie die Lebensfunktionen. Sie tastete ihren Hals ab. Kein Puls. Sie beugte sich mit dem Ohr über Mund und Nase der Frau, um ihren Atem zu überprüfen.

Zwei eiskalte Hände umfassten ihren Kopf. Die Bewusstlose war gar nicht so bewusstlos und presste gewaltsam ihren Mund an Harukas. Ein scharfes Brennen erfasste ihre Mundhöhle. Haruka holte mit ihrer Rechten zu einem kräftigen Schlag aus...
 

*
 

Weit war Michiru noch nicht gekommen. Sie hatte gerade mal Zeit gehabt, sich zurückzuverwandeln, als sie Harukas Stimme hinter sich hörte. "Michiru!"

"Haru-chan!" Überglücklich warf sich Michiru ihrer Freundin und Lebensgefährtin in die Arme. "Haru-chan, es tut mir so Leid, dass ich..."

Harukas Miene wurde ernst "Michiru, da hinten liegt eine Frau..."

"Hast du sie angefasst?", rief die andere entsetzt.

"Ja schon, aber hör mir zu, sie hat mich geküsst!"

"WAS?! Haru-chan, geht es dir gut? Was hast du gemacht?", sprudelte es besorgt aus Michiru heraus.

Haruka stockte. "Ich... habe... sie geschlagen und jetzt... jetzt ist sie tot!" Die große maskuline Frau senkte den Kopf und begann leise zu weinen. Noch nie hatte Haruka gut mit dem Tod umgehen können. Und wenn sie auch noch daran schuld sein sollte...

Liebevoll legte Michiru ihre Arme um sie.

"Haruka... shhh! Nicht weinen, diese Frau war schon lange tot! Sie wurde von einem Dämon angegriffen, der den menschlichen Körper als Wirt nimmt. Sobald er einen neuen Körper gefunden hat, ,wandert' er und dabei stirbt der alte Wirtskörper. Eigentlich war sie schon lange tot, denn der Dämon hatte nicht nur ihren Körper sondern auch ihren Geist besetzt. Also ist sie schon in dem Augenblick gestorben, in dem der Dämon in sie eingedrungen war. Du hast keine Schuld!"

"Woher weißt du das alles, Michiru?"

"Ich habe dir doch von dem Mädchen erzählt, das nach dem Dreh des Werbespots am letzten Dienstag gestorben ist. Damit hat es alles angefangen. Ich nehme an, er war zuerst in dem Mädchen, dann ist er zu Gomez gewandert, einem Schauspieler, denn er war derjenige, der beim Zeitpunkt ihres Todes bei ihr war. Erst vorhin ist mir völlig klar geworden, was eigentlich los war, aber ich hatte von Anfang an so ein Gefühl, dass da irgendwas nicht stimmt. Am Mittwoch bin ich dann zu Mamoru ins Krankenhaus gegangen, weil ich der Sache nachgehen wollte. Der sagte mir, dass alles in Ordnung sei, und dass Gomez eines natürlichen Todes gestorben sei. Damit war ich dann erst mal beruhigt. Jetzt fällt es mir wirklich auf, aber ich meine, ich wurde beim Verlassen des Krankenhauses beobachtet."

"Wirklich? Von wem denn?"

"Von einer Prostituierten. Ich nehme an, das war das dritte Opfer des Dämons. Am nächsten Tag bin ich zurück ins Studio, um noch mal nach Spuren zu suchen, und da hat mich dann so ein Kerl namens Tsutomu angesprochen. Er war Nummer vier, wie ich jetzt weiß. Die ganze Zeit hat das Vieh nur mit mir gespielt..." Niedergeschlagen und wütend zugleich schüttelte Michiru den Kopf.

"Hätte ich es früher bemerkt, dann hätten all diese Menschen nicht sterben müssen. Nach Tsutomu ist er in diese Frau gefahren und hat mich angegriffen. ... Hätte ich ihn doch nur früher gefunden und vernichtet..."

"Das muss wirklich schlimm für dich sein. Aber du konntest doch nicht von Anfang an wissen, dass Akiko von einem Dämon besessen war."

"Woher weißt du, dass das Mädchen im Studio so hieß?!"

"Du hast es mir doch erzählt!"

"Hab ich das?"

"Ja sicher! Komm Michiru, die Sache ist vorbei, lass uns nach Hause gehen." Sanft legte Haruka einen Arm um ihre Freundin.

Es war schon spät und die Sonne senkte sich über die Stadt und tauchte alles in ein sanftes orangefarbenes Licht. Arm in Arm schlenderten Haruka und Michiru nach Hause.

Vor der Haustür angekommen suchte Michiru nach dem Schlüssel und sagte: "Ich komme mir vor wie ein junges Mädchen, das von ihrem Verehrer nach Hause gebracht wird." Sie lächelte zärtlich.

"Und? Kriegt der Verehrer keinen Abschiedskuss als Belohnung?"

Harukas kalte Hände umfassten zärtlich Michirus Kopf und zogen ihn direkt vor sich hin. Leise flüsterte Haruka ihr etwas zu.

"Gute Nacht!"



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Kiddy-Phenil
2012-02-27T22:11:11+00:00 27.02.2012 23:11
Das ist mal eine Story die sich lesen, lässt wie Butter in der heißen Mittagssonne.;)
Wirklich gut gelungen, erlebt man selten, also kein Happy End.
Mag ich^^
Von:  PrincessNeptune
2004-01-30T22:35:56+00:00 30.01.2004 23:35
die story ist echt gut. auch wenn ich enden nicht mag wo die beiden sterben, aber es passt
Von: abgemeldet
2003-06-06T21:05:40+00:00 06.06.2003 23:05
Da kann ich nur zustimmen! Vielleicht solltest du doch die restlichen FFs wieder rauskramen, und hier veröffentlichen... Zumindest hoffe ich, dass du das tust ^^!
Wie schon gesagt: Den Schluss finde ich perfekt!! Er gefällt mir wirklich unheimlich gut, da er nicht klischeehaft ist (Haruka taucht auf, rettet ihre Michiru, alles ist wieder gut, und die Vöglein singen...).
Und wie auch schon gesagt: Ich hoffe wirklich, dass du noch mehr hier (oder auf fanfiction.net) veröffentlichen wirst!
Von: abgemeldet
2003-03-26T19:22:42+00:00 26.03.2003 20:22
Wow! Die Story ist wirklich fesselnd und supergut geschrieben. Und sie ist so ganz anders, als sonstige Ruka+Mi Stories. Ich würde sagen, du hast da ein richtiges Meisterwerk geschaffen. Echt super!


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