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Erin Erik 3

Buch 3: Im Reich der weissen Schlange
von

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Kurz vorm Ziel...

Krachend fielen die Überreste der Brücke in die Tiefe und Erin mit ihr. Das letzte was man von ihr hörte, war ihr Schrei, der selbst das Rauschen des Sturmes übertönte.

Auch das Tosen gab nach und hörte schließlich auf. Nichts war zuhören, nur Stille.

Brian ging zu dem Rand, spähte hinunter. Unter ihm lag der Fluss, der ruhig und gemächlich dahinfloss. Die kläglichen Überreste der Hängebrücke, die hinundherschwang. Aber keine Erin. Erschüttert malte er sich aus, wie ihr Körper zerschmettert auf den scharfen Felsen lag. In seinem Hals bildete sich ein dicker Kloss. Sie hatte seine Tochter gerettet und dafür war sie selbst gestorben. Für einen kurzen Moment fühlte er sich nicht im Stande etwas zu fühlen, oder gar etwas zudenken.

Fay trat neben ihn und schaute auch in die Schlucht. Schmerzhaft presste sie die Lippen zu einem dünnen Strich. „Sie…sie hat mir das Leben gerettet!“, kam es aus ihr leise über die Lippen. „Und jetzt…!“

Schweigend blickten sie gemeinsam hinunter. „Erin!“, flüsterte er.

Da schoss eine Hand über den Rand der Schlucht und packte Brians Fuss. Entsetzt schrien die beiden auf und wichen zurück. Die Hand, die sich noch immer an Brians Fuss festhielt, verstärkte den Griff und eine zweite Hand tauchte auf. Dann ein Arm und eine Schulter und zum Schluss…

„Erin!“

Brain und Fay stiesen ihren Namen überrascht, aber auch Erleichtert aus.

„Ja natürlich Erin. Denkt ihr, ich bin hoppsgegangen, oder was. Los helft mir mal!“, sagte sie etwas pampig und Fay und Brian halfen ihr über den Rand. Schwer nach Luft schnappend sank Erin in die Knie und rollte sich auf den Rücken. Alle Viere von sich gestreckt, rang sie nach Luft und hatte die Augen geschlossen. Es vergingen einige Minuten, ehe sie sich wieder aufrappelte. „Ich hasse Brücken. Besonders solche, bei denen der Architekt einige Male zutief ins Glas geschaut hat!“, maulte sie. Rafael drückte sich an seine Herrin. War froh, dass sie noch lebte. Erin umarmte den Wolf. „Ist ja gut!“

„Tja, eins steht fest: Zurück können wir wohl jetzt nicht mehr!“, sagte Lex und die Gruppe schaute zu der anderen Seite, die nun weiter entfernt zusein schien, als eigentlich. „Mal abgesehen davon: Wir haben das meiste an Waffen verloren!“, sagte Fay niedergeschlagen. „Das macht nichts. Wir haben die Waffen, die wir brauchen!“, erklärte Erin.
 

Die Nacht brach schnell herein und die Schattwesen machten sich bereit für die Nacht. Zumindest Brian und seine Familie. Erin saß auf einen Stein hatte die Beine zu einem Schneidesitz übereinander geschlagen und die Augen geschlossen. Bis hierher waren sie gekommen, doch nun musste sie wieder ihren Geist befreien um zu wissen, wie es weitergeht. Diesesmal schien es ihr leichter zufallen, als beim ersten Mal. Sie flog viel schneller duch den Urwald und konnte trotzdem alles sehen, was sie auf ihren Weg sah. Es dauerte auch nicht lange als sie endlich fündig wurde. Vor ihrem geistigen Auge sah sie die Umrisse eines Tempels. Er musste Hundert Jahre alt sein. Risse spalteten die Mauern und Erin konnte deutlich das Bedrohliche, was im Inneren des Tempels nhauste, deutlich spüren. Dabei stand sie noch gar nicht davor. Und trotzdem konnte sie es.

Sie schauderte und kehrte in ihren Körper zurück. Erin schlug die Augen auf und wieder fühlte sie den kurzen Schwindel in ihrem Kopf. Sie seufzte etwas. Wenn das immer so geht, verzischte ich auf diese Art von Suche!“, jammerte sie und streckte sich. Seit ihrem Sturz schmerzten ihre Glieder und sie konnte von Glück sagen, dass sie sich nicht noch größere Verletzungen zugezogen hatte. „Erin?!“

Fay stand hinter ihr und erst als sie sie ansprach, hatte Erin die junge Halbvampirin bemerkt und drehte sich zu ihr herum. „Ja, was gibt es?“

Fay zögerte kurz und schritt dann zu ihr. „Ich...ich wollte mich nur bei dir bedanken. Dafür dass du mich gerettet hast!“, sagte sie leise. Erin schaute sie kurz von oben bis unten an, dann lächelte sie und winkte ab.

„Keine Ursache!“, sagte sie. Fay nickte dann und ging. Erin sah ihr nach und dabei streifte ihr Blick Brian. Kurz trafen sich ihre Blicke und sie meinte ein dankbares und anerkennendes Glänzen in seinen Augen zusehen. Sie lächelte etwas. Es störte sie nicht, dass er sich nicht wirklich mit Worten bei ihr bedankte. Es reichte ihr, dass er sie nicht mehr so ansah, als sei sie sein Feind.

Wie komisch, dachte sie sich, als sie diesen Gedanken weiterverfolgte.

Dabei habe ich ihn gehasst!
 

„Wie weit ist es eigentlich noch?“, fragte Brian und Erin hob die Schultern. „Ein bis zwei Tage. Wenn wir uns ranhalten!“, erklärte sie. „Und was dann?“, mischte sich nun Lex ein. Erin sah ihn kurz an. „Dann werden wir sie fertigmachen!“

„Hm, was wenn uns wieder eines dieser Monster in die Quere kommt?“, fragte Lex. „Die Monster sollten jetzt nicht unser einziges Problem sein.

„Was meinst du damit?“, kam es nun von Esmeralda.

„Whitney hat die Gabe, Blitze zu schiessen. Aber auch Stürme und Unwetter zu beherrschen. Als das Unwetter begann, wo wir auf der Brücke waren, habe ich es deutlich gespürt. Ihren Zorn, aber auch ihre Angst. Sie weiss, dass wir zusammen stärker sind, als sie. Darum wollte sie uns so schnell wie möglich loswerden!“, sagte sie. „Dann kann sie uns wirklich alles auf den Hals schicken, womit wir nicht rechnen!“, murmelte Brian.

„So ist es. Fürchte ich!“

„Dann heisst also wirklich Augen und Ohren auf!“

„Du sagst es!“

Als die Nacht erneut über sie hereinbrach, legten sich alle schlafen. Nur Brian nicht. Er heilt Wache und schaute in die Flammen. Das was sie heute erlebt hatten, hatte ihm gezeigt, wie gefährlich dieses Biest sein konnte. Einen Sturm heraufzu beschwören, konnten nur die mächtigsten Dämonen. Was würde uns noch erwarten, fragte er sich.

Sein Blick glitt dann zu Erin, die schlief. Und seine Bedenken wurden minimal. Sie war genauso mächtig. Das hatte er mehr als einmal gesehen.

Sie konnte die weisse Schlange mit Sicherheit alleine schlagen.

Und doch hatte sie ihn um Hilfe gebeten.

Also musste wirklich am Ende mit ihrem Latein sein?

Wie seltsam…

Brian lächelte etwas.

Lex wachte auf und streckte sich. „Na, wach?“, fragte sein Vater.

Lex machte ein zernknirschtes Gesicht und gähnte. „Man kann ja kein Auge zumachen, wenn man bedenkt, was für Monster noch auf uns lauern!“, murrte er und schaute sich einmal runherum um. Brian lächelte.

„Bald ist alles vorbei!“

„Ja, meinst du wirklich?“, fragte sein Sohn und in seinen dunklen Augen spiegelte sich wachsende Skepsis. Brian ahnte, was er damit anspielte.

„Wir haben schon einiges erlebt und vorallem überlebt. Da werden wir auch das schaffen!“

„Du hast großes Vertrauen, wie?“

Brian lächelte etwas ironisch. „Es fällt mir nicht gerade leicht!“, bemerkte er.

Lex musste leise lachen. „Sie hält sich manchmal gut betucht, die Gute!“, sagte er. „Ja, und das bereitet mir Kopfschmerzen!“, bemerkte Brian. „Du meinst, sie verheimlicht uns immernoch etwas. Wichtiges?“, fragte Lex und Brian überlegte selber. Gut möglich. Erin war nur selten durchschaubar. Zumindest für ihn. Der Gedaanke, das sie noch mehr vor ihnen verheimlichen könnte behagte ihm nicht.

Da hörte er etwas hinter sich Rascheln und Brian hielt inne. Schaute hinter sich. Nichts rührte sich oder war gar zusehen. Doch Brian traute dem nicht und durchsuchte mit seinen Vampiraugen das Gestrüpp und dunkle Unterholz. Lex spürte ebenso wie sein Vater, dass sich etwas hinter ihnen versteckte und sie beobachtete. Langsam griff er zum Schwert, das neben ihm lag. „Hast du das auch gehört?“, fragte er, wobei diese Frage unnötig. Sein Vater war wesentlich älter als alle anderen Vampire und seine Kräfte damit stärker. „Und ob. Da kommt was!“, murmelte er. „Weck deine Schwester und deine Mutter!“

Lex nickte. Tat was sein Vater ihm gesagt hatte.

Nach wenigen Minuten standen sie Rücken an Rücken, mit gezogenen Schwertern und Schusswaffen und stierten konzentiert in die Dunkelheit des Dschungels. Zuerst war nichts zuhören. Gespenstische Stille lag über ihnen. Doch dann raschelte und knackte es. In den Schatten waren Bewegungen zusehen und die vier wechselten rasche Blicke. „Bleibt wachsam!“, sagten Erins Augen. „Denkst ich alberere hier rum!“, erwiederte Brian.

„Hey, Leute da tut sich was!“, mischte sich nun Lex ein und die Blicke aller flogen zu ihm. Er deutete bloss in die Schatten, die sich bewegten und ein eigenes Leben zuhaben schienen. Erins Gesicht wurde hart, als sie schlangenähnliche Leiber sah. Und dabei fesststellte, dass es nicht wenige waren. Es war schwer zusagen, wie lang diese Monster waren, da sie sich einander verschlungen hatten und sich stets bewegten. „Verdammt. Das sind mindestens hundert, oder wenn nicht sogar mehr!“, knurrte Erin, lud durch. Rafael knurrte ebenso.

„Irgendeinen Plan?“, fragte Brian Erin gewandt. „Ähm, warten bis sie angreifen und ihnen die Köpfe einschlagen?“, schlug sie vor. Brian sah sie nur an, als hätte er etwas Besseres erwartet. Sagte aber nichts.

Es vergingen Minuten, doch keiner der Nagas griff an. Sie belauerten sie nur. Schauten mit durchdringenden gelben Augen zu ihnen und zischten. „Worauf warten die denn?“, fragte Lex nach langem Warten. Erin ahnte etwas. „Sie warten auf den Befehl!“, murmelte sie. Erinnerte sich dabei an den Naga, der den Mann verschlungen hatte und sich auf Befehl von Whitney zurückgezogen hatte. „Soll das heissen, dass sie uns nicht töten wollen?“, fragte Fay und fixierte eines der Monster, dass ihrer Meinung nach zunahe war. „Töten schon. Aber nicht gleich. Anscheinend will Whitney mit uns etwas spielen!“, sagte Erin düster. „Na bravo!“

„Spielen. Sind wir hier Puppen oder was?“, knurrte Lex. „Du würdest dich wundern, was sie in uns oder anderen sieht!“, erwiederte Erin. Den Blick nicht von den Monstern lassend, die sie umringten. Die Anspannung der Schattenwesen war deutlich, fast schon körperlich zuspüren. Erin hörte ihr Blut in den Ohren rauschen und ein feriner Schweissfilm bildete sich auf ihrer Stirn.

Plötzlich schoss etwas aus den Büschen gegenüber von Lex und wickelte sich blitzschnell um seinen Oberkörper. Lex schrie überrascht und erschrocken auf und wurde sogleich ins Dickicht gezogen.

„Nein!“, schrien alle gleichzeitig.
 

Brian war der erste und spurtete los. Die anderen folgten ihm. Brachen sich einen Weg durch das Gestrüpp, welches ihren Weg immer mehr zu erschweren schien. In der Ferne hörte er die Schreie seines Sohnes und Kampfgeräusche.

Er musste sich beeilen, um ihn zuretten. Immer wieder, währen er rannte hämmerten die Worte in seinem Kopf: Nicht er…nicht er!

Das die anderen, selbst Erin, kaum mit seinem Tempo mithalten konnte, störte ihm in diesem Moment wenig.

Er schob die restlichen Blätter beiseite und stolperte auf eine freie Lichtung. Wollte weiterennen, weil er fürchtete zuspät zukommen, wenn er jetzt zögerte. Zu seiner größer werdenden Angst, konnte er keine Spur von Lex und dem Monster entdecken. Brian stiess einen Fluch auch und wollte weiter.

Als er plötzlich ein Röscheln hörte und sein Blick automatisch zu dem Baum ruckte, vor dem er stand. Sein Magen drehte sich um. Dort, in einigen Meter über dem Boden, entdeckte er seinen Sohn. Gefangen von dem Monster.

Lex wurde gegen einen der dicken, ausladenen Äste gedrückt und kämpfte dagegen nicht zuersticken. Wand sich förmlich in dem Griff des Monsters, dessen langer Körper sich um ihn geschlugen hatte und immer mehr zudrückte. Mit sichtlicher Freude sah das Schlangenmonster zu, wie sein Opfer immer weniger Luft bekam und seine gespaltene Zunge schnellte immer wieder vor, um über Lexs schweissnasser Haut zu lecken. Brians anfängliches Entsetzen wandelte sich in Zorn.

Dieses Monster würde gleich bereuen, seinen Sohn angegriffen zu haben.

Als das Schlangenmonster sein Maul aufriss um ihn zuverschlingen, ballte Brian seine Faust und Flammen umzüngelten sie. Verschmolzen in Sekundenschnelle zu einem Feuerball, der wild aufflackerte und genauso aufleuchtete, wie das Feuer in Brians Augen. Mit einem wilden Wutschrei schoss seine Faust vor, wie zu einem Schlag und der Feuerball flog zu dem Monster. Als der Feuerball pauf den Kopf des Ungeheuers prallte expoldierte diese mit einem Knall und Funken stoben auf. Gellend schrie der Naga auf, als sein restlicher Körper Feuer fing und sein Kopf dann zerplatzte, wie ein Luftballon. Schlaff entwickelte sich der verbrannte Schlangenkörper vom Baum und ließ Lex frei. Unter der harten Wucht des Aufpralls stiess er ein ersticktes Kuchen und sog japsend Luft in seine ausgepressten Lungen. Brian eilte zu seinem Sohn und stützte ihn. Lex schnappte immernoch nach Luft, rang nach Atem und als er sich einigermassen besser fühlte, lächelte er seinen Vater erleichtert und verschmitzt an. „Ich habe wohl nicht aufgepasst!“, keuchte er. Brian schüttelte nur den Kopf. Klopfte ihm auf die Schulter. „Kannst du aufstehen?“, fragte er und Lex nickte. „Denke schon!“

Brian half seinem Sohn aufzustehen und stützte ihn etwas. Da kamen die anderen und Esmeraldas Augen weiteten sich, als sie verbrannten Schlangenleib und ihren halbtoten Sohn sah. Fay schnappte nach Luft. Eilte zu ihrem Bruder und umarmte sie. Sie hatte Totenängste ausgestanden, als sie versuchten Brian zu folgen und schon das Schlimmste befürchtet.

„Lex…oh Lex…!“, wimmerte sie und Lex versuchte ihre Umarmung zulösen. Wenn sie so weitermachte, würde er doch an einem Erstickungstod sterben. „Schon gut. Ich bin ja noch am Leben!“, sagte er erstickt. „Aber nicht mehr lange, wenn du mich so weiterdrückst!“

„Tschuldige!“

Erin lächelte etwas. „Reizend!“, dachte sie, blickte jedoch wieder in den Dschungel und ihre Gedanken wurden düster. Was für Schrecken würden sie noch erwarten. Dass diese Angriffe nun häufiger und heftiger kamen, war sicher kein Zufall. Erin ahnte, dass sie sich in der Nähe des Tempels befanden. Brian wusste, was sie dachte und stellte sich neben sie. Der Schreck stand ihm immernoch im Gesicht. Fast hätte er seinen Sohn verloren. Etwas, was er sich und vorallem ihr niemals verzeihen würde. Dabei schweifte sein Blick zu Erin. Er war sich bewusst, dass das absurd war. Da zumal seine Familie sich freiwillig bereiterklärt hatte ihn zubegleiten und zum anderen, weil Erin sicherlich nicht beabsichtige sie in Gefahr zu bringen. Sie hatte schließlich Fay vor dem Sturz in die Tiefe bewahrt. Sie war nicht darauf aus, sie zuopfern. Nur umWhitney aufzuhalten. „Das war ziemlich knapp!“, murmelte er trocken. Erin seufzte.

„Ja und glaube mir, ich hätte es mir niemals verziehen!“

Brian lächelte. „Wir sind Vampire. Du eine Werwölfin. Seltsam. Dabei sind wir eigentlich Todfeinde!“, sagte er dann mit einem süffisanten Lächeln. Erin erwiederte es. Dabei war es eine Spur finster. „Und trotzdem kämpfen wir Seite an Seite. Ironie des Schicksals, nicht wahr!“

Brian schwieg und fragte sich, wieso er nun der Intolerante war.

Vermutlich lag es daran, dass er auch eine feine Spur intolerant war.

Was Erin anging zumindest. Anscheinend lag es ihnen im Blut, sich heimlich anzugiften. Erin grinste dabei, als hätte sie seine Gedanken gelesen und stiess ihn, wie einen Kumpel den anderen mit dem Ellenbogen an. „Komm schon. Je eher wir dieser Schlange den Arsch versohlen, desto eher können wir zurück. Ich habe schließlich noch Pläne!“, sagte sie locker als würden sie gar nicht in einem Dschungel stehen, der voller Gefahren war und ging mit hochgehobenen Kinn vorraus. Hatte die Schultern gestrafft und die Fäuste kampfbereit geballt. Rafael folgte ihr. Nahm sich an ihr ein Beispiel und regte erhaben seinen Kopf in die Höhe.

Brian sah ihr nach und musste Lächeln. Verstehe einer diese Frau, dachte er.
 

Die Sonne war bereits untergegangen und das alte Bauwerk ragte, wie ein drohendes Ungeheuer in den nächtlichen Nachthimmel empor. Die Flora um das Bauwerk war abgestorben und man konnte deutlich Geruch von Tod und Verwesung riechen.

Fay schauderte, als sie grausigen und unheimlichen Steinmonster und die Opferpfähle zu beiden Seiten des Tempels sah. Die zerfetzten Überbleibsel der Opfer, die einst daran gebunden waren und deren ledrige Haut im Wind umherflatterte.

Selbst Lex traf dieser Anblick hart in den Magen und schluckte.

Brain beachtete den widerlichen Gestank nicht. Sondern sagte sich, dass es nun kein Zurück gab. Wenn nicht jetzt, dann nie, dachte er.

Unterdrückte dabei die Angst, die zaghaft erwacht war. Angst war etwas, was er sich im Moment nicht leisten konnte.

Er blickte Erin flüchtig aus dem Augenwinkel an und sah, dass es ihr genauso ging. Sie kämpfte ebenso mit der Angst. Aber das war nicht das einzige, was er in ihren Augen sah. Da war auch wilde Entschlossenheit.

Sie hatte die Fäuste festzusammengeballt und in ihren Augen loderte dunkles Feuer. Er konnte sich irgendwie gut vorstellen, dass ihr Zorn auf dieses Miststück größer war, als der Zorn damals auf ihn.

Aber war das ein Wunder. Immerhin hatte sie mehr erdulden und erleiden müssen, als er oder besser gesagt als seinen früheres Leben selbst. Sie hat wirklich viel durchmachen müssen, um bis hierher zu kommen.

Er merkte, wie er Mitleid mit ihr bekam.

„Erin!“, flüsterte er und als sie ihn ansah, merkte er, dass sie ihn gehört hatte. Nicht nur wie er ihren Namen aussprach, sondern auch seine Gedanken. In dem Moment wurde er sich klar, dass er ihr für einen kurzen Moment gestattet hatte, in seine Gedanken zu lesen. Er presste hart die Lippen aufeinander und wich ihrem Blick aus. Verflucht!

Er ließ nach. Wenn das so weiterging, dann…

„Was dann? Hast du Angst dich mit ihr ernsthaft anzufreunden?“, fragte eine Stimme in seinem Kopf und Brian erschauderte, als er sie zukennen glaubte. Schnell versuchte er diese zum Schweigen zu bringen. Zu unbehaglich und schmerzlich war sie für ihn, als das er ihren Worten noch länger lauschen wollte. Doch er schaffte es nicht ganz. Ein Flüstern blieb und es sagte ihm immerwieder auch, dass er nur wegen ihr noch am Leben war. Dass er endlich über seinen Schatten springen sollte. Brain konnte das jedoch nicht.

Erin merkte seinen innerlichen Kampf. Sacht klopfte sie ihm auf die Schulter und hotlte ihn aus seinen Gedanken. „Los gehen wir!“
 

Als sie das Innere des Tempels betraten, schlug ihnen der Atem des Todes entgegen. Erin rümpfte angewidert die Nase. Schwer Blei lag dieser in der Luft. Er war beinahe erdrückend und Erin versuchte die aufkommende Übelkeit zuunterdrücken. Sie schaute flüchtig zu Brian und seiner Sippe. Ihnen machte dieser Geruch ebenso zuschaffen. Einen Moment blieben sie alle in der Vorhalle stehen, dann aber gingen sie weiter. Das Innere des Temples war so finster und unheimlich, dass ein normaler Mensch schon nach den ersten zehn Schritten in heller Panik davongerannt waäre. Die Gefahr lag deutlich spürbar in der Luft. Ließ die Nackenhaare hochstehen und sorgte für kalte Schauer, die ihnen über den Rücken jagten.

Eine beklemmende Stille legte sich über sie, während sie durch einen Gang hindurch liefen. Der mal hier und da abzweigte. Ein wahres Labyrinth. Und Erin ahnte, das sie alle in eine Falle zu tappten. Sagte jedoch nichts. Warum auch?

Brian und seine Familie wussten es sicher auch. Sie waren nicht dumm.

So also schwieg sie.

Nach langem Laufen in dem dunklen Gang, sahen sie nun an dessen Ende ein mattes Licht und kamen in eine zweite, etwas kleinere Kammer. Kurz blieben sie stehen und schauten sich um. Keine Fenster oder andere Öffnungen, durch diese man eindringen konnte. Oder fliehen konnte. Erin konnte sich gut vorstellen, dass Whitney hier viele Menschen verschleppt hatte um sie zu verspeisen. Oder gar erst zu jagen, ehe sie sie…

Erin wollte nicht weiterdarüber nachdenken.

Zu widerlich und zu grauenhaft war der Gedanke daran.

Dennoch machte es sie wütend und ihre Entschlossenheit, Whitney einfürallemal auszulöschen wurde größer.

„Erin?“

Sie hörte nur schwach Brians Stimme, die in ihr Bewusstsein drang und blickte ihn mit düsteren Augen an. Brian schluckte. Selten hatte er sie mit solchen dunklen Augen gesehen. Sie glich immermehr einem Tier. Er ließ sich dies natürlich nicht anmerken, sondern versuchte ruhig zu bleiben. „Alles in Ordnung mit dir?“

Erin schaute kurz zu dem nächsten Eingang. Sah die Dunkelheit darin und versuchte die Gefahr, die darin lauerte, ausfindig zu machen.

„Es geht. Ich will es nur hinter mich bringen!“, waren ihre einzigen Worte und ging weiter. „Nicht nur du!“, ergänzte Brian in seinen Gedanken.
 

Das Licht, welches ohnehin schon durch die wenigen Fackeln im nächsten Gang zu schwach war, kämpfte verzweifelt gegen die Finsterniss, die in diesem Gang lag und es beinahe unmöglich machte, etwas zuerkennen. Erin und den anderen kam es vor, als würden sie Stunden durch diesen laufen. Die Gefahr, die sie vorher schon gespürt hatten, wurde immer stärker. Als würde deren Quelle am Ende des Ganges liegen.

Wachsam ließen sie den Blick umherwandern und lauschten jedem Geräusch.

Da stiess Fay mit dem Fuss an etwas an und blieb stehen. Schaute nachunten und verzog angekelt sofort das Gesicht. „Was in drei Teufelsnamen ist das denn?“, fragte sie und bückte sich um es aufzuheben. Die anderen blieben stehen, drehten sich zu ihr herum. Fay hob, mit Ekel in den Augen etwas hoch, dass doppelt sogroß wie sie selbst war und aussah, wie altes Leder. „Uhh, dass möchte ich ehrlich gesagt nicht wissen!“, sagte Lex. Erin trat zu Fay, befühlte das Ding und ihre Miene verfinserte sich. „Haut…Schlangenhaut!“, murmelte sie. Die Augen aller weiteten sich. „Etwa von Whitney?“, fragte Brian automatisch. Ging zu Erin und Fay und betrachtete selber die Schlangenhaut. Sie war wirklich riesig. Wenn diese von Whitney war, wie groß war sie jetzt. Erin dachte selbst nach, untersuche die abgeworfene Haut nocheinmal, ehe sie den Kopf schüttelte. „Nein. Wohl eher eine von ihren Nagas!“

„Ich weiss nicht, ob mich das jetzt beruhigen soll oder nicht!“, sagte Fay und ließ die Haut zu Boden fallen. Angewidert wischte sie sich die Hände an der Hose ab.
 

Sie gingen weiter und fanden weitere abgestreifte Häute der Schlangenmonster. Doch seltsamerweise kam ihnen keines dieser Monster in die Quere. Was Erin etwas wunderte und für ein ungutes Gefühl in ihrem Bauch sorgte. Brian lief neben ihr her. Ihm erging es nicht anders. „Du denkst sicher dasgleiche, wie ich?“, murmelte sie. „Ja, und ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache. Was wenn sie uns eine Falle stellen will?“

Erin schüttelte den Kopf. „Dann hätte sie das schon längst getan. Nein. Es muss einen anderen Grund haben!“

„Vielleicht denkt sie, sie hat schon längst gewonnen!“, vermutete Lex. Erin hob die Schultern. Klang zumindest logisch. Denn wenn Whitney sich wirklich schon als Siegerin bei diesem Spiel sah, würde sie sicher nachlässig sein und damit eine viel leichtere Beute werden. „Du solltest nicht darauf bauen, Erin. Du weißt genauso gut wie ich, dass sie sicher noch einen Trick im Ärmel hat!“, raunte Erik in ihrem Kopf zu und ihr Gesicht wurde zu einer spöttischen Grimasse. „Genauso wie du, nehme ich an!“, schnappte sie zurück.

Sie hörte Erik grimmig vor sich hinknurren. „Das du mir immernoch nicht vertraust!“, meinte sie zu hören und ihr Gesicht wurde noch spötticher. „Nach dem, was du mir so alles verschwiegen hast, kann ich dir nicht trauen!“, erwiederte sie in Gedanken. „Genauso wenig Daroga!“

Es gab ihr zwar einen Stich, weil er sie meistens aus der Patsche geholfen hatte, aber er war mit seiner Geheimnisskrämerei zuweit gegangen. Vielleicht wäre es das Beste, niemandem zutrauen. Außer sich selbst.

Ihr Herz zog sich bei diesem Gedanken zusammen und sie schüttelte den Kopf. Wollte nicht weiterdarüber nachdenken. Sondern sich lieber auf den Kampf konzentieren. Denn das war jetzt das wichtigste. Als sie den Gang, durch den sie gelaufen waren, hinter sich gelassen hatten, blieben sie stehen und sahen sich um. Sie standen in einem großen Saal, dessen Decke sich in der Dunkelheit über ihnen verlor und von mächtigen Säulen getragen wurde. In diese waren schlangenartige Muster geschlagen. An den Wänden waren Fackeln angebracht und ihr zitternes Licht, ließ diese lebendig werden. Der Raum war in diffuses fast schon in dunkles Licht getaucht und Erin spürte, wie sich eine Gänsehaut auf ihren Armen bemerkbar machte. In ihrem Bauch begann es unruhig zu flimmern und kurz überkam sie der Schwindel. Erin fasste sich an den Kopf. Sie wusste ganz genau, was das zu bedeuten hatte und atmete tief durch. Ließ aber solgeich den Atem wieder ausströmen, als der Geruch von Tod ihr die Lungen zuverbrennen drohte. Verdammt. Wieso musste sie immer so reagieren, wenn sie in der Nähe eines mächtigen Dämons kam. Vergebens versuchte sie ihr wildschlagendes Herz zu beruhigen. Und auch ihre Furcht, die plötzlich über sie gekommen war, wie ein schlimmer Apltraum.

Sie zittern ließ. Erin versuchte diese niederzuringen. Doch es blieb ein leises Flüstern. Sie blickte zu Brian, der das ganze genauso beunruhigte. Doch er verbarg diese. Nur seine Augen zeugten von der Furcht.

Sie blickte zu Esmeralda, Fay und Lex, die sich unwohl umschauten. Konnte ihre Angst förmlich auf der Zunge schmecken. Oder war es ihre eigene. So sehr hatte sie auf diese Stunde, ihre Stunde gewartet und jetzt wo sie da war, wäre sie am liebsten weggerannt. „Erin reiss dich zusammen!“, fauchte Eriks Stimme und riss sie aus ihrer Angst. Erik hatte recht. Wenn sie jetzt schwach wurde und einen Rückzieher machte, würde sie immer auf der Jagd und auf der Flucht sein. Allein schon dieser Gedanke reichte aus, sich aufs wesentliche zu konzentieren. Erin beruhigte sich nur langsam. Doch etwas von der Spannung blieb dennoch und Erin versuchte diese für den nahenden Kampf zu nutzen.

Brian stellte sich nahe an sie, sodass seine Schulter ihre berührte. „Was meinst du. Wird sie auf einen Überraschungsangriff warten?“, fragte er. „Meinst du von uns oder von ihr?“

Brian zuckte die Schulter. „Wir sollten auf alles gefasst sein. Kann vielleicht jemand Licht machen. Wäre nicht schlecht!“, sagte sie. „Ja, warte“, bat Esmeralda und streckte die Hand aus. Paar Sekunden später brannten die Fackeln heller auf und ermöglichten es der Gruppe den Saal richtig zu erkennen. Besonders das Herzstück des Raumes konnten sie nun gut erkennen und jedem lief es eiskalt den Rücken hinunter.

An der gegenüberliegenden Wand stand ein Götzenbild, dass ein Monster zeigte. Halb Mensch, halb Schlange. Es war glich der Monster, die das Dorf angegriffen und sie durch den Dschungel gejagt hatten. Nur war diese da sicherlich die Statue von Whitney, dem Schlangendämon. In dem einen Auge, das vom Fackelstein beschienen wurde, leuchtete es unheilvoll. Als würde darin Leben stecken.

Erin spürte deutlich, dass dieses grässliche Ding alles andere als nur eine Dekoration war. Sie warf Brian einen wissenden Blick zu. Er schien das gleiche zudenken. Er nickte nur.

„Also…hier sind wir. Und wo ist diese weisse Schlange?“, fragte Lex, sich immer wieder umschauend. Minuten des Schweigens erfüllten den Tempel. Welches durch ein leises Rascheln oder gar Zischen unterbrochen wurde.

Sofort waren alle auf der Hut und zückten ihre verbliebenen Waffen.
 

Langsam, so als hätte sie alle Zeit der Welt, schritt sie aus dem Dunkeln hinter der Schlangenstatue und sah sie höhnisch an. Jeden einzelnen und als sie bei Erin innehielt, spiegelte sich Zorn in ihrem Auge. Erin erwiederte ihren Blick und ließ ihre Hand zu dem Gurt mit ihren Waffen gleiten. Whitney lächelte verächtlich. „Hast dich also erneut mit der Krähe verbündet. Ich dachte, du hättest mehr Niveu!“, sagte sie und Zorn schwang in dem letzten Wort mit. „Ich habe dich bei unseren letzten Treffen nicht erwischt. Da muss ich eben zu anderen Mittel greifen. Was soll das ganze überhaupt? Willst du deine Rückkehr feiern?“, fragte Erin, die sich nicht durch Whitneys giftige Worte beeindrucken ließ und zeigte mit einem Kopfnicken zu Whitneys nackten Oberkörper. Um ihren Hals und um ihre Handgelenke trug sie goldene Reifen, die in dem Licht schimmerten. Ihr Unterleib war mit einem weissen Rock umhüllt, der an einen Schlangenschwanz erinnerte, der sich geschmeidig über den Boden ringelte. Eine Mischung aus Trauer und Wut stieg in Erin auf, als sie sich vor Augen hielt, dass dieses Miststück mal ein kleines unschuldiges Mädchen war und nun verschlungen von diesem Monster war. Wie sehr die Dunkelheit einen verändern konnte, dachte sie sich.

„Das könnte man so sagen. Da du mir meinen eigenen Blitz entgegengeworfen hast und ich mich nur mit knapper Not retten konnte, musste ich wieder zu neuer Kraft kommen!“, knurrte sie und warf Erin einen hasserfüllten Blick zu. Brian sah sie wiederum erstaunt an. „Einen Blitz gegen sie geworfen…?“, fragte er verblüfft. Erin winkte ab. „Ist nicht weiter wichtig!“

„In der Tat. Das ist es nicht. Wobei ich niemals gedacht hätte, dass du zu sowas im Stande wärst!“, sagte Whitney und kurz meinte Erin etwas wie Erstaunen in ihren Worten zuhören. Sie grinste finster. „Wenn du wüsstest zu was ich noch in der Lage bin!“, sagte sie und zog eine ihrer Schusswaffen. Dann verschwand das Lächeln auf ihren Lippen und ihr Gesicht verfinsterte sich. „Sag schon. Wie hat es dir gefallen, diese Kinder aus den Armen ihrer Eltern zu entreissen und ihnen die Herz rauszureissen. Nur um deine Macht zusteigern?“, fragte sie verächtlich und Whitney lächelte nun ihrerseits boshaft. „Als ob du ein Unschuldslamm wärst!“, höhnte sie. Erin achtete nicht darauf und hob die Waffe an. Sie hatte keine Zeit und auch keine Lust sich mit dieser Schlange über ihre dunkle Seite zuunterhalten. Sie wollte ihr Ziel endlich erreichen. Sie wollte es endlich hinter sich bringen. „Na was ist? Willst du uns nicht dein wahres, hässliches Gesicht zeigen!“, fragte sie. „Ich habe mich schon immer gefragt, wie du aussiehst!“

Whitneys Mundwinkel zuckten nach oben und sie schüttelte den Kopf. „Du wirst noch früh genug mein wahres Ich sehen!“, sagte sie und machte einen Schritt auf sie zu. „Du weißt ja gar nicht, wie sehr ich mich darauf gefreut habe!“, zischte sie nun und ihr Auge glühte unheilvoll. Wie das der Statue. „Sicher nicht so sehr wie ich!“, knurrte Erin. Am liebsten hätte sie jetzt abgedrückt. Ihr Finger juckte und zuckte förmlich. Aber sie riss sich zusammen. Silber würde Whitney nur kitzeln. „Du verstehst es einfach nicht, oder?“, fragte Whitney und sah sie voller Verachtung an. „Was soll ich nicht verstehen. Du bist eine Dämonin, ich bin eine Dämonin. Ich habe Satan verraten und er hat dich geschickt, um mich zuvernichten. Ist eigentlich ganz logisch!“, meinte Erin herablassend. Sie verstand nicht, warum Whitney nun einen Vortrag hielt, anstatt anzugreifen. Wollte sie Zeit schinden?

Whitneys Mundwinkel verzogen sich zu einem spöttischen und verächtlichen Strich. „Ja ist es auch. Ich dachte, es würde leicht werden, dich zu besiegen. Aber da habe ich mich wohl geirrt. Genauso wie bei dir, Krähe!“, zischelte Whitney drohend und blickte dabei Brian voller Hass an. Brian hielt diesem Blick stand. Sah sie kalt an. „Ich bin nur ungern die Marionette des Teufels!“, grollte er. In seiner Stimme schwang sowohl Zorn, als auch Schmerz. Esmeralda sah ihn von der Seite an und sah, wie hart er die Kiefer zusammenpresste. Sie legte die Hand auf seinen Arm und als er sie ansah, bedeutete sie ihm mit den Augen, ruhig zu bleiben. „Was willst du, Whitney. Uns zu tode quatschen?“, fragte Erin genervt. Das Zucken in ihrem Finger wurde immer stärker. Ein harter Zug legte sich um Whitneys Lippen und diesesmal schwand jeglicher Hohn, Verachtung und Spott aus ihrem Blick und bitterer Ernst war zusehen. Langsam schüttelte sie den Kopf. „Nein. Ich will endlich meinen Auftrag zuende bringen und das Vertrauen, dass Satan einst in mich gesetzt hatte, wiedererlangen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie schwer es ist, in seiner Gunst zustehen und es auch so zubelassen!“

„Richtig. Unschuldige Menschen zu töten und ihre Seelen der Verdammniss zuschenken, ist ja auch soooo schwer!“, höhnte Erin. Whitney zischte wütend und bleckte die Zähne wie eine Schlange, kurz vor dem Agriff. Sie war kurz davor sich auf Erin zustürzen und sie endlich auszulöschen. Diese hochmütige und erbärmliche Kreatur, die sich für etwas Besseres hielt, als das sie ist. Doch dann beruhigte sie sich wieder. „Ich erwarte nicht, dass du es verstehst. Dein Ende ist sowieso unausweichlich. Wenn ich dich endlich erledigt habe, bekomme ich wieder den Respekt, der mir zusteht. Und vielleicht…kriege ich auch mein Auge wieder!“, sagte sie und Erin glaubte zunächst ihre Ohren würden ihr einen Streich spielen.

Ihr Auge?!

Automatisch blickte sie zu ihrer Hand, in dessen Fläche sich das Auge der Hölle befand und schlagartig wurde sich Erin bewusst, was der Alte damit gemeint hatte, als er sagte, der Wolfsdämon hätte dem Schlangendämon etwas entrissen. Etwas, was dem Schlangendämon zu großer Macht verhalf. Ihr wurde kalt, als sie sich vorstellte, wie Erik dem Schlangendämon das Auge rausriss und es für sich behielt und es ihr weitergab. Auch wenn sie sich gefragt hatte, wie sie zu diesem gekommen war, hätte sie jetzt zugern auf die Antwort verzischtet. Sie besaß tatsächtlich einen Teil ihres Feindes und hatte es auch benutzt. In dem Moment kam sie sich nicht besser vor als diejenigen, die sie gehasst, gejagt und getötet hatte. Ekel und Hass über sich selbst ergriff sie und ließ sie würgen. Ihr wurde kurz schlecht und sie schluckte den bitteren Geschmack ihrer Galle hinunter. „Das Auge der Hölle bleibt da, wo es ist!“, sagte sie und ballte die Hand zur Faust. „Wenn du es zurückhaben haben willst, musst du mich schon töten!“

Nun war wieder das hähmische Grinsen auf Whitneys Gesicht und sie streckte sich in die Höhe. „Was meinst du, wie ich ansonsten drankommen würde!“, knurrte sie. Dann holte sie etwas hinter ihrem Rücken hervor. Eine rote, fleischige Masse, die für Erin zuerst wieein Stück Fleisch von einem Tier aussah. Aber dann erkannte sie es und ihr wurde schlecht. Das was Whitney da in der Hand hielt, war ein Herz. Ein menschliches Herz. Vermutlich von einem der entführten Kinder. Ihr Hals schnürte sich zusammen und sie versuchte das klumpige Etwas nicht anzusehen. Whitney musste ihren Ekel und Entsetzten gesehen haben, denn sie lächelte kalt, führte es dann an ihren Mund und biss hinein. Schmatzend verschlang sie das Herz, Stück für Stück, bis sie den letzten Bissen hinunter geschluckt hatte. Ein Schauer ging durch ihren Körper und das Lächeln wurde breiter, triumphierender und Erin hatte so ein ungutes Gefühl in ihrem Magen. Sagte der Dorfälteste nicht, dass die Priester des Schlangendämons ihm Kinderherzen gaben, damit er mächtig wurde.

Würde das auch jetzt, bei Whitney passieren?

Der Griff um ihre Waffe wurde fester. Whitney blickte nun hoch zur Decke. Schien etwas zusehen, was den anderen verborgen blieb und lächelte. Wäre Erin nicht so entschlossen gewesen, wäre ihr ein eisiger Schauer über den Rücken gelaufen. So wie sie lächelte nur, wenn er sich seiner Sache ganz sicher war. Erin ermahnte sich ruhig zu bleiben. Keine Panik zu bekommen, sondern zu warten, was als nächstes passieren würde. „Es ist soweit!“, flüsterte Whitney freudig. Erin spürte plötzlich, wie sich ihre Nakcenhäarchen aufrichteten und auch ihren Verbündeten erging es nicht anders. Selbst Rafael wurde unruhig, Knurrte. Crow, die treu auf Brians Schulter gesessen hatte, zog den Kopf ein und hüpfte von einem Bein auf den anderen. „Was geht da vor?“, fragte brian, der seine Hand, an sein Schwert legte. Erin holte tief Luft. Ignorierte den widerwärtigen süßen Geruch des Todes, der mit einem Male stärler geworden war und antwortete flüsternt:„ Ich weiss es nicht, aber was es auch es ist. Es bedeutet nichts Gutes!“

Plötzlich wurde der Leib von Whitney von wilden Krämpfen geschüttelt und Laute drangen aus ihrem Mund, die unheimlich und grauenvoll waren. Eine Mischung aus Würgen und Stöhnen. Die Zuckungen wurden immer schlimmer und die vier sahen, wie sich unter der Haut ihrer Feindin etwas bewegte. Es sah so aus, als würden die Muskeln von Arm und Beinen, in ihrem ganzen Körper ein Eigenleben entwickeln und sich zusammenziehen. Sich strecken und winden. Genau wie…

Erin glaubte, Eiswasser würde durch ihre Adern fließen. Das was da unter der Haut der Dämonin sich bewegte, waren keine Muskeln, sondern Schlangen. Unzählige Schlangen, die sich ihren Weg durch ihren Körper bahnten und hoch zu ihrem Mund krochen. Doch statt diese Krieschtiere aus dessen Mund schlängeln zusehen, sahen sie nur den pechschwarzen Rauch, der sich wie eine gewaltige Gewitterwolke auftrümte und fast den gesamten Raum ausfüllte. Doch dann zog sich dieser zurück. Flog zu der Statue und versickerte inderen aufgerissenem Maul. Zurück blieb nur der Körper, der einst von einem Dämon besetzt wurde und nun tot zu Boden ging. Dann herrschte Stille. Jeder sah den anderen und in den Gesichtern spiegelte sich Verwirrung, Unbehagen und eine feine Spur voreiliger Erleichterung. Vorsichtig wagten sie sich an die Tote heran. Lex stiess ie mit dem Fuss an, um zusehen, ob das nicht doch eine Finte war. Als sie sich nicht rührte, sah er zu den anderen. „Wars das jetzt. Ist sie tot?“, fragte Fay leise. Lex zuckte mit den Schultern. „Sie rührt sich nicht. Also wäre es hiermit geklärt!“, meinte er nur. Brian ging neben Erin in die Hocke, schaute sich erst den toten Körper vor sich an, dann Erin und sah in ihren Gesichtszügen, die düstere Wahrheit. Das wäre vielzuleicht. Nein, das war nur der Anfang. Whitney lässt sich sicher nicht soschnell vernichten.

Da fing plötzlich etwas zuknacken und knarzten an. Es klang wie Stein, der sich bewegte und auseinander brach. Staub riselte auf sie nieder und nun schauten die Verbündeten zu der Statue auf. Fay stiess einen erstickten Schreckensschrei aus, während sich Lexs Brauen ungläubig hoben. Brian, Esmeralda und Erin wichen zurück, den Blick auf die Statue gErikhtete und ihre Mienen zeugten von Überraschung, Staunen und bitterer Erkenntniss. Zuerst dachten sie, die Wand würde zusammenstürzen. Aber dann sahen sie, wie die Steine der Statue, einem nach dem anderen herausbrachen, wie eine alte Haut, die sich langsam auflöste und den Blick auf die neue weisse Schlangenhaut freigab, die sich unter der Haut aus Stein und Geröll bisher verborgen hatte und sich geschmeidig wand. Muskeln spielten unter den silbrigschimmernden Schuppen und der Vorgang schritt immer schneller voran. Eine gespaltene Zunge schnellte aus dem Schlund, der sich schloss und wieder öffnete. Unter stetigen Regen aus gebrochenem Gestein, befreite sich das Monster aus seinem Gefängniss, bis auch der letzte Stein zu Boden fiel und krachend auseinander barst. Erin und die anderen wichen zurück. Machtem dem Untier Platz. Dieses reckte und streckte sich, als wären seine Glieder und Muskeln vor langer Zeit nicht mehr beansprucht worden und nun darauf warteten, endlich wieder bewegt zuwerden. Mit sich windenen Bewegungen, zuerst ungelenk doch dann mit einer zunehmenden Geschneidigkeit, bewegte sich das Ungetüm auf sie zu und neigte den Kopf zu ihnen. Funkelte sie aus seinem einem gelben Auge an und bleckte die Zähne. Gift tropfte zäh hinunter und troff zischend auf den Steinboden. Erin sah mit finsterem Blick zu der Bestie. Ihr Magen hatte sich zwar mehrfach umgedreht und nun verknotet. Das war also das wahre Gesicht der weissen Schlange. Da wäre ihr doch das men chliche Gefäss, in dem sie noch vorkurzem gehaust hatte, lieber gewesen. Nun aber stand sie einem wahren Titanen gegenüber, der sie mit Leichtigkeit zermalmen konnte. Furcht stieg in ihr auf. Erin rang diese nieder, versuchte es. Konzentierte sich dabei auf ihre Wut, um von dieser nicht übermannt zuwerden. Mit schnellen Handbewegungen zog sie ihre Waffen. „So siehst du also wirklich aus, weisse Schlange!“, knurrte sie und hätte sich geohrfeigt als sie hörte, wie ihre Stimme zitterte. Das Monster zischelte, sodass seine gespaltene Zunge hevorschnellte. Lachte hämisch, als würde es deutlich fühlen, was in Erin vorging. „Und was jetzt?“, raunte Brian, der langsam aber sich nervös wurde. Auch ihm machte dieser Anblick zuschaffen.

„Ein Plan wäre jetzt eigentlich ganz gut!“

„Wir greifen an. Ich, Fay und Lex lenken ihn ab und ihr, Esmeralda und du, haltet euch zurück. Sucht euch ein sicheres Eckchen. Ich gebe euch dann das Zeichen!“, sagte sie und wollte schon losgehen. Brian schnappte sie sich am Arm. Erin drehte sich zu ihm herum. Als sich ihre Blicke trafen, sah sie sich einige Minuten an und Erin sah den Trotz in seinen Augen. „Ich werde nicht hier rumstehen, um zu zulassen und zusehen, wie sich meine Kinder in Gefahr begeben. Und noch weniger werde ich zulassen, dass du sie in Gefahr bringst!“, zischte er und verstärkte den Griff um Erins Arm. Sie konnte verstehen, warum dass er sich weigerte, auf sie zu hören. Wäre sie an seiner Stelle, würde sie genauso darauf bestehen. Aber es ging nicht anders. „Brian, ich verspreche dir, dass ich auf sie aufpassen werde!“, beschwichtigte sie ihn und wollte sich aus seinem Griff winden. Doch Brian ließ sie nicht so schnell los. „Du kannst mir versprechen, was du willst. Es ist mir egal. Meine Kinder werden nicht die Zielscheiben, für dieses Untier spielen!“, knurrte er und Erins Geduld und Nachsicht ging zu neige. Sie hatten keine Zeit für sowas. „Brian ich würde ja gerne länger mit dir darüber diskutieren, aber leider steht vor uns ein zehnmetergroßes Schlangenmonster, dass uns verschlingen will und wir haben keine Zeit, für Diskussionen!“, keifte sie und Brian wollte darauf etwas erwiedern, aber Erin fuhr ihm über den Mund. „Vertraue mir doch einmal in deinem Leben!“

„Ja, vertrau ihr. Sie weiss, was sie tut!“, whisperte eine Stimme in seinem Hinterkopf. Da hielt Brian inne und sein Griff lockerte sich etwas. Diese Stimme hatte er doch schoneinmal gehört. Sie kam ihm sogar sehr vertraut vor. Wem auch immer diese Stimme gehörte, sie sorgte dafür, dass seine Hand sie losließ. Dennoch blieb der finstere Blick, mit dem er Erin ansah. „Pass bloss gut auf meine Kinder auf!“, waren seine einzigen Worte, mehr eine Drohung, als eine Bitte und er wandte sich ab. Ergriff Esmeralda bei der Hand und zerrte sie in eine Nische. Unweit von den anderen.

Fay und Lex stellten sich mit gezückten Waffen, links und rechts hinter Erin und schauten zu dem Ungetüm hinauf, dass nur darauf zuwarten schien, dass sie angriffen. „Irgendwelche Vorschläge?“, fragte Lex hinter ihr. „Nur einen. Greift so an, dass es durcheinander kommt. Es darf nicht die Möglichkeiten, einen von uns zu erwischen!“, antwortete Erin. „Los!“

Kaum hatte sie das gesagt, sprangen die beiden Vampire und sie nachvorne. Lex und Fay hiebten mit den Schwerten nach dem Ungetüm, brachten ihm tiefe Schnitte bei, während Erin schoss. Als das Monster ausholte um sie niederzureissen, wichen sie aus und Erin sprang auf den muskelösen Arm. Rannte hinauf zur Schulter und als das Schlangenmonster sie packen wollte, sprang sie erneut hoch und schlug einen Salto. Feuerte dabei unentwegt ihre Silberkugeln ab, die sich in die weisse Haut frasen und für wenige Augenblicke das Monster schmerzhaft peinigten. Als die Löscher wieder verheilten, schoss Erin nochmals. Wirbelte durch die Luft, stiess sich von der Wand ab und stiess zwei silberne Dolche in den massigen Nacken des Ungetüms. Nun brüllte es noch lauter auf und versuchte sie sich aus dem Nacken zu ziehen. Lex und Fay nutzten dies. Tief stiessen sie beide ihre Klingen in den Leib, sodass schwarzes Blut hervorquoll. Mit einem Ruck rissen sie die Wunden weiter auf und ein ganzer Schwall Dämonenblutes ergoss sich auf dem Boden. Angewidert wichen die beiden Vampire zurück. „Ist ja ekelhaft!“, beschwerte sich Fay. „Jetzt weiss ich, wieso ich Schlangen hasse!“

Lex lachte. „Stell dich nicht so an. Ist doch nur ein mutierter Regenwurm!“, sagte er und schwank erneut das Schwert. Erin drehte den Griff des Dolches und stemmte die Füsse dagegen. Zählte bis drei, riss die Dolche aus der Wunde. Doch nur um sie wieder in die weisse Haut des Monsters zustossen und sich dann hinuntergleiten zulassen. Dabei riss sie die eine senkrechte Wunde. Vom Nacken, bis zum unteren Ende. Schwarzes Blut spritze ihr entgegen. Erin unterdrückte ein angewidertes Stöhnen. Das Monster bäumte sich auf, versuchte nach seinen Feinden zuschlagent. Diese jedoch wichen so schnell aus, dass es ihr unmöglich war. Wütend schnaubte es und spie im nächsten Moment Blitze. Erschrocken sprangen Lex und Fay zurück. Esmeralda schrie entsetzt auf und Brian wollte vorstürmen, um ihnen zu helfen. In diesem Punkt war ihm Erins Worte egal. Zulange musste er sich das ansehen und er würde den Teufel tun und sich feige irgendwo verstecken, während seine Kinder womöglich ihr Leben im Kampf verloren. In einen Kampf, der sie gar nichts anging. Er wollte schon losgehen, als er wieder diese verdammte Stimme hörte. „Nicht, somit hilfst du ihnen auch nicht!“, flüsterte sie und Brian zwang sie zum Schweigen. „Es sind meine Kinder, die dabei draufgehen, verdammt!“, knurrte er und stürmte voran.
 

Erin sah, wie Brian sich buchstäblich auf das Monster warf und fluchte. „Das dieser Blutsauger auch nicht einmal das macht, was man ihm sagt!“, knurrte sie und suchte sich hecktisch um. Es war Zeit, ihre nächste Attacke zustarten und dafür brauchte sie Schatten. Sie fand auch welchen und größer, als sie sich wünschen konnte. Schnell rannte sie zu ihm und drückte ihre Hand darauf, schloss die Augen und konzentierte sich. Für das, was sie noch vor einiger Zeit Minuten gebraucht hatte, brauchte sie nun nur noch wenige Sekunden. Sie spürte wie die Kälte in ihre Arme und dann in ihren Körper floss. Ein normaler Mensch wäre voller Grauen und Angst davor zurückgeschreckt. Vielleicht auch sie selber, aber sie hatte sich daran gewöhnt. Es war ihre Natur, dass sie die Schatten beherrschen konnte und sich auch in ihren wohlfühlte. So ließ sie zu, dass die Schatten immer mehr von ihr Besitz ergriffen und sie erfüllten. Ihr das Gefühl gaben, leicht wie eine Feder und mit ihnen eins zuwerden. Sie versank förmlich darin, wie als würde sie ins Wasser gehen und untertauchen. Als sie gänzlich in der Schwärze versunken war, glitt sie lautlos, wie die Schatten selber, über die Wände.

Brian warf sich mit einem Schrei dem Monster entgegen und schleuderte mächtige Feuerbälle auf diese zu. Zischend und rauchend, frassen sich diese in den Leib des Monsters. Rissen gefährliche Löcher hinnein. Wütend und voller Schmerzen schrie es auf und sah Brian zornbebend an. Mit einem Zischen riss es das Maul auf, um einen Blitz zu speien und damit Brian zu treffen. Brian wollte noch ausweichen, doch es geschah viel zuschnell, als das selbst seine Fähigkeiten als Vampir ihn da noch helfen konnten. Krachend sauste der Blitz auf ihn zu. „Dad!“, schrie Lex, als er es sah. Fay wandte sich genauso um und ihr Schrei gellte durch den Tempel. „Dad, pass auf!“

Brian wandte sich von dem grellen Licht ab und wartete darauf, dass der Blitz ihn verbrannte. Doch nichts passierte. Schatten baute sich blitzschnell auf und warf somit den Blitz zurück. Explodierend krachte diese in die Mauer hinter dem Schlangenmonster. Verblüfft und für diesen kurzen Moment völlig erschrocken, blickte er zu dem Schatten, der in sich zusammenbrach und aus dem Erin, nachvorn gebeugt und schwer nach Luft schnappend emporstieg. „Erin?“, keuchte Brian mehr verblüfft als dankbar und sie drehte sich, immernoch keuchend und mit finsterem Blick zu ihm herum. „Ist es so schwer einmal in deinem Leben auf das zu hören, was ich dir sage?“, fragte sie und strich sich das Haar zurück. Brian erwiederte darauf nichts, sah sie nur mit einer Mischung aus Verblüffung und Erkenntniss an. „Sie würde sogar für mich ihr Leben hergeben. Dabei war ich es, der…!“, schoss es ihm plötzlich durch den Kopf und konnte immernoch nichts sagen. Erin sah ihn weiterhin finster an. „Geh zu deiner Frau, und haltet euch bereit. Es wird nicht lange dauern!“, sagte sie und man konnte ihr deutlich anhören, dass es sie Kraft gekostet hatte, als sie gedacht hatte. Brian nickte nur. Blieb aber, wo er war. Erin nickte auch, sprang dann nachvorne und rief Lex und Fay zu, sie sollten sich nun etwas zurückziehen. Kaum hatten sie das getan, sprang Erin hoch in die Luft. Schien förmlich zu schweben und vollführte dann schwingende Arm-und Handbewegungen. Die Schatten, die sich bis jetzt an den Wänden und auf dem Boden befunden hatten, schossen wie auf Befehl nach vorne. Streckten sich und verwandelte sich in Klingen, die in dem Licht glänzten, wie Schwerter. Erins Bewegungen wurden wilder, schneller und wütender. Genauso wie die Schattenklingen. Eine nach der anderen, stach in den Leib des Schlangendämons und brachte ihm somit tiefe Wunden bei. Gebannt schauten die anderen zu. Erins Kampf glich wie einem Tanz. Einem tödlichen Tanz, der dem Gegner immer weitere Wunden zufügte. Sie wirbelte durch die Luft und die Schatten taten es ihr gleich. Schützten sie und griffen in selben Moment auch an. Das Ungetüm wich unter den Angriffen immer weiter zurück. Schien noch angeschlagener zu sein, als vorher und kurz glaubte Brian, dass sie eigentlich gar nicht seine Hilfe brauchte. Die Wut, die sie dabei an den Tag legte, war wirklich mehr als aussreichend und gab ihr die dazu nötige Kraft. Sie war in diesem Moment so stark. Viel stärker als er vermutet hatte und konnte nicht drumherum kommen, so etwas wie Bewunderung für sie zu empfinden. Erin war nicht wie er. Kein geborener Dämon, sondern einer, durch einen Pakt und dass sie solch eine Macht hatte, war selbst für seinen Verstand ungebreiflich. „Kaum zufassen, dass sie mehr in sich stecken hat, als ich dachte!“, dachte er und lächelte unwillürlich. Etwas in ihm bewunderte sie dafür, dass sie so stark sein konnte. Auch wenn durch ihre Adern menschliches Blut floss.

Sich seinen Feinden zustellen und für das richtigte zukämpfen, erforderte wirklich Mut und Kraft. Die beiden Eigenschaften, die ihm einst selber fremd waren. Brian unterdrückte die aufkommende Erinnerung, an sein früheres Leben und ballte die Hände zu Fäusten.

Esmeralda sah dennoch, wie angespannt er war und legte ihm die Hand auf die Schulter. Seine Anspannung ließ nach und er sah sie an. Lächelte, um ihr zusagen, dass es in Ordnung sei und wandte wieder den Blick zu Erin. In Gedanken sprach er leise und voller Anerkennung:„ Von uns beiden, bist du es, die sich wirklich als Stärkere nennen darf. Alle anderen, selbst ich, können dich nur als Vorbild sehen!“

Erin drehte sich schnell um sich und die Schatten schossen hervor. Wie eine Kreissäge frasen sie sich in den Körper des ohnehin schon schwachen Dämons und schmetterten ihn gegen die Wand. „So und jetzt…!“, knurrte Erin zufrieden und konzentierte sich auf die Kraft, die ihr noch zur Verfügung stand. Sie hatte all ihre Wut in diese dunkle Kraft gesteckt und auch wenn sie froh war, dass sie genug gegen dieses Monster ausrichten konnte, so war die Erschöpfung genauso groß. Nur mit größter Mühe konnte sie sich halten und den nächsten Angriff vorbereiten. Das Monster war in sich zusammen gekrümmt und mehr tot als lebendig. Sein Atem ging schwer, und raselnt. Erin ließ sich davon nicht ablenken. Sie musste jetzt schnell handeln. Wer weiss, wielange es so bleiben würde.

Sie streckte die Arme und ballte die Fäuste. Hob diese über ihren Kopf. Zwei Schattententakeln schoss nach oben, vereinigten sich und richtete sich auf, wie eine Schlange, die gleich zuschlagen würde. „Mache ich dir ein Ende!“, knurrte sie und wollte den Schatten auf das Monster zurassen lassen. Aber da richtete sich das angeschlagene Ungeheuer blitzlschnell auf, fixierte sie mit seinem gelblichleuchtenden Auge und Erin meinte ein boshaftes Lächeln zusehen. Aber ehe sie richtig begreifen konnte, was das zubedeuten hatte, riss das Ungeheuer sein Maul auf und ein Blitz zischte hevor. Erin reagierte schnell genug. Im selben Moment schoss auch der Schatten nachvorne. Als sich die beiden Attacken trafen, gab es kurz einen Zusammenprall zwischen diesen. Beide, Blitz und Schatten schienen miteinander zuringen. Der Krach, der durch ihren Kampf ertönte, war ohrenbetäubend und ließ die Wände erbeben. Erin setzte alles ein, was ihr an Kraft noch zur Verfügung stand und verstärkte den Angriff ihres Schattens. Das gleiche tat auch der Schlangendämon. Wo er vorher verletzt war und den Eindruck machte, sich nicht mehr wehren zu können, schien er nun neue Kraft zuhaben und diese setzte er in seinen Blitzstrahl ein. Erin spürte, wie ihre Arme, die den Schatten befehligten, nachhinten gedrückt und taub wurden. Verzweifelt und unter Schmerzen, die sich in ihren Armen ausbreiteten, reissend und scharf, wie Dolche, die ihre Muskeln durchtrennten, versuchte die den Schatten aufrecht zuhalten. Es schienen Minuten zuvergehen, in denen Erin und der Schlangendämon gegeneinander kämpften. Dann aber passierte es. Erin stiess einen Schrei auf, ihre Arme erschlafften und der Schatten verlor an Kraft. Wurde durchlässiger und so schaffte es der Blitz diesen zu zerfetzen. Erin keuchte auf, sah wie er auf sie zuraste und wollte sich schützen. Doch dazu fehlte ihr die Kraft.

Ungehindert raste der Blitz auf sie zu und brach sich dann durch sie seinen Weg. Erin schrie gellend auf, als sie spürte, wie der Blitz sich durch sie hindurch fras und aus ihrem Rücken wieder hervor. Spürte, wie er ihr Innerstes zerkochte und ihr Herz platzen ließ. Blut sprudelte stoßweise aus den beiden Wunden, in ihrer Brust und in ihrem Rücken. Brian und Esmeralda blickten entsetzt zu ihr hinauf, konnten nicht glauben was passiert war. Auch Fay und Lex konnten es nicht wahrhaben. Ihnen erschien das eben Passierte wie ein absurder Traum. Aus dem sie aber gerissen wurden, der Schlangendämon gröllend auflachte. Seinen Sieg sichtlich und hörbar auskostete.

Erin, deren Mund und das Gesicht vor Entsetzen und Schmerz verzogen, starrte das Monster an, das triumphierend auflachte. Dann fiel sie, schlaff wie eine Marionette, der man die Fäden durchgeschnitten hatte und krachte schwer auf den Boden. Aus ihren Augen war jegliches Leben verschwunden. Nur ihr Mund bewegte sich. Schien Worte aussprechen zuwollen, doch es kam nur ein heisseres Keuchen hervor.

Unter ihr bildete sich eine riesige Blutlache und ihr Körper zuckte unkontrolliert. In ihrer Brust klaffte ein melonengroßes Loch, aus dem stossweise Blut strömte und die Lache unter immer größer werden ließ. Erst als Brian richtig begriff, was mit ihr geschehen war, schrie er auf. Und auch die Stimme in seinem Kopf schrie auf. Schmerz und Unglauben war darin zu hören, wurden, mischten sich in seinen Schrei und hallte doppelt solaut. Auch seine Kinder und seine Frau schrien. Sie konnten nicht wahrhaben, was da passierte. Wollten und hofften, dass es ein Traum war. Doch es war die Wirklichkeit und dieses Wissen ließ sie erfrieren.

Erin, die schwarze Wölfin, starb!

Mit zitternen Beinen, rannte Brian zu ihr und hob sie etwas auf seine Arme. „Erin…Erin!“, schrie er sie an. Doch das einzige, was er zur Antwort bekam war ein nasses Gurgeln. Blut lief aus Erins Mundwinkel. Ihre Augenlider flatterten unruhig und ungut aufundab. Brian konnte es förmlich sehen, wie ihr das Leben aus dem Körper wich. Erin versuchte etwas zusagen, doch ihre Stimme war fort. War nur ein Gurgeln. Brian schüttelte ungläubig den Kopf. Wollte nicht wahrhaben, dass sie wirklich starb. Für ihn erschien es wie ein schrecklicher Traum und als er die Stimme seines vergangenen Ich schreien und weinen hörte, konnte er nicht anders, als selbst vor Schmerz zu schreien. Nie hätte er gedacht, dass ihre Trauer zuseiner eigenen werden würde. Blutige Tränen tropften auf Erins Wangen nieder. Ein schwaches Lächeln bildete sich auf ihren Lippen und als ihre fast schon eisige Hand seine Wange berührte, war es mit Brians Selbstbehrrschung vorbei. Hart presste er die Augen zusammen, bis rote Sterne vor seinen Augen tanzten und schrie sich selbst für seine Dummheit an und fragte sich immer wieder das gleiche.

Wieso wurde ihm erst jetzt, wo sie stirbt bewusst, dass er nur wegen ihr lebte und seine Familie gefunden hatte.

Wieso hatte er sich nicht bei ihr bedankt und stattdessen sie als einen Störenfried gesehen?

Wieso nur?

Rafael trottete zu ihnen heran und winselte. Beklagte ebenso den Tod seiner Freundin und leckte zärtlich über ihre Wange.

„Erin!“, schrie es in seinem Inneren und wieder schüttelte er den Kopf. „Verzeih mir. Um Gotteswilen, bitte verzeih mir!“

Erin schniefte, weinte selbst. Hob dann die Hand und berührte den pelzigen Kopf ihres Freundes. Zumindest glaubte er das zu hören. Als er die Augen öffnete, waren ihre geschlossen und ihre Hand fiel schlaff in den staubigen Boden. Das Aufklatschen klang so entgültig, dass Brian merkte, wie ihm das Herz in die Hose rutschte. Esmeralda kniete sich neben ihm, legte tröstend die Hände auf seine Schultern. Fay musste mit den Tränen kämpfen, während Lex nur dastand und völlig erschüttert zu seinen Eltern und der Toten schaute. „Wenn selbst sie gegen dieses Monster keine Chance hatte, wie sollen wir es dann besiegen?“, fragte er sich. Er wollte es aussprechen, wagte es aber nicht. Zu tief saß das Entsetzen darüber, dass sie sogut wie verloren hatten.

Rafael legte den Kopf in den Nacken und jaulte seinen Kummer aus.

Ein leichter Wind kam auf und strich ihnen durch das Haar. Und dann…dann kamen sie. Schleichend fast zögernd, krochen sie heran.

Schatten.

Sie streckten sich nach ihr aus, zogen sich dann zusammen, als würden sie wahrhaft auf die Leiche zu kriechen. Brian merkte es als erster und wollte sie zuerst zurückziehen, um sie nicht den Schatten zu überlassen. Was auch immer sie wollten, es würde nichts Gutes bedeuten. Doch je öfter er zurückwich, desto näher kamen sie und so gab es Brian auf. Vielleicht würden die Schatten ihr nichts tun. Vielleicht würden sie sie in sich aufnehmen, sie beerdigen. Brian hoffte es und legte sie dann wieder auf den Boden nieder. Sah zu den Schattenarmen, die sich nach Erin regten und sie sanft umfassten. Streichelten sie beinahe. „Was…?“, flüsterte er und wich etwas zurück. Er traute seinen Augen nicht.

Als erstes verflossen die Schatten mit Erins dunklem Haar, das ausgebreitet dalag. Wurde eins mit ihm. Nisteten sich darin ein und glitten weiter. Dann folgte der Unterleib. Er versank wie, unter einer Decke, die über sie gelegt wurde. Die Füsse, die Unter-und schließlich die Oberschenkel. Nur ihr Oberkörper blieb für einen kurzen Moment verschont. Doch dann zogen sich die Schatten auch über diesen. Krochen in die klaffende Wunde in ihrer Brust, schienen sie von innen aufzufüllen. Die Schatten, die vorher nur mit dem Haar verschmolzen waren, wanderten nun zu ihrer Stirn. Über die Wangen und das Kinn. Langsam begann sie dann in die Schatten hinein zusinken, wie als wäre der Schatten Wasser.

Nur ihr Gesicht, oder das, was man noch sehen konnte, war noch zusehen, blieb einen Moment, als würden die Schatten, den Freunden ein letztes Mal einen Blick auf das Gesicht ihrer Verbündeten gönnen, um Abschied zunehmen. Dann versank auch dieses und der Schatten, der die sterblichen Überreste Eeins verschlungen hatte, wurde schmaler, versank dann in den Fugen zwischen den Steinplatten, bis er nicht mehr zusehen war.
 

Brian starrte minutenlang zu der Stelle an der Erin gelegen hatte und sein Verstand weigerte sich, zuakzeptieren, dass sie tot war. Für ihn schien es wie ein Traum. Mit zitternen Fingern berührte er die Stelle, an der Erin lag. Er glaubte noch etwas wie Wärme zu spüren. Ihre Wärme. Er biss sich auf die Unterlippe, sodass er Blut schmeckte und sein Blick ging ins Leere. Er fühlte nichts. Nur Leere. Doch als er das Brüllen des Monsters hörte, wallte Wut in ihm hoch. Sein ganzer Körper spannte sich an, in seinen Augen loderte es unheilvoll und bevor seine Frau oder gar seine Kinder richtig begriffen, was mit ihm loswar, ging er vor wutbrüllend auf das Ungeheuer los.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Hidan_1975
2015-08-21T01:03:58+00:00 21.08.2015 03:03
Ich glaub,der Spruch von Stephen King würde hier passen;allein für Alopa.

Einst sah ich ein Geschöpf in der Wüste kauend auf einem Stein sitzen.Es hielt etwas in seinen Händen.
Ich fragte : Ist es gut mein Freund ?
Das Geschöpf antwortete : Es ist bitter,bitter mein Freund.
Das Geschöpf hielt sein eigenes ♥ in den Händen und aß es auf.


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