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Ikiteru ★ Breaking the rules

Die Regeln brechen
von

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Smaragd

Weckerklingeln. Am frühen Morgen. Ryouga murrte widerwillig, öffnete aber die Augen. Nao streckte sich gerade und schaltete den Wecker aus.

"Morgen", nuschelte Ryouga und blinzelte. Warum zum Teufel war es so hell?

"Guten Morgen. Schlaf weiter." Der Ältere küsste ihn leicht auf die Stirn.

"Gleich. Nao, halt mal still." Schnell griff der Größere nach seinem Handy. "Lächeln."

"Warum?"

"Weil ich ein Bild von dir zu meinen alten Freunden mitnehmen will." Zufrieden betrachtete er das Foto.

"Darf ich jetzt aufstehen?" Immer noch lächelnd stemmte Nao sich ein Stück hoch und stand dann wirklich auf. "Schlaf noch ein wenig. Du siehst müde aus."

Ryouga nickte und wickelte sich in die Decke. Er fror nicht, aber wenn man erst einmal neben einem Menschen aufgewacht war oder auch neben ihm geschlafen hatte, blieb man ungern allein im Bett liegen. Eine besondere Wärme verschwand einfach.

Eigentlich wäre er auch aufgestanden, aber er war noch zu müde. Er hatte keine vier Stunden geschlafen und das Wochenende stand bevor. Nicht, dass seine Freunde ihn nicht ausschlafen lassen würden, aber sie würden ihn auch abends auf Partys schleppen. Mindestens Freitag und Samstag. Urlaub war ein bisschen etwas anderes.
 

"Morgen, Ryou." Lächelnd ließ Reno ihn in das Haus treten.

"Morgen. Deine Oma schon hier?"

"Hm. Sie kann es gar nicht erwarten, dich zu sehen." Genervt verdrehte Reno die Augen. "Neuerdings versucht sie mir einzureden, wie gut wir doch zusammenpassen würden und dass ich mich etwas um dich bemühen soll."

Ryouga musste lachen. "Deine Oma ist immer noch die Beste. Wir können ja eine kleine Kuschelstunde im Wohnzimmer einlegen, damit sie sich freut."

"Wenn das für dich kein Problem ist, können wir das tun. Deine Tasche kannst du in mein Zimmer bringen."

Ryouga nickte. Seine Tasche war so vollgestopft, dass sie kaum noch zuging, aber für ein Wochenende brauchte er eben etwas.

"Wie läuft's eigentlich in deiner Wohngemeinschaft?", fragte der Größere plötzlich.

"Gut, wieso?"

"Er ist immer noch dein Lehrer, das könnte zu Konflikten führen und auf kurz oder lang wird das auch so sein."

"Ach, Reno, wir verstehen uns ausgezeichnet und gestern hat er mir… ein sehr nettes Geschenk gemacht." Ryouga grinste bei dem Gedanken daran. Ein sehr nettes Geschenk, ja, das traf es sehr gut. Nicht jeder würde einfach seinen Körper verschenken.

"Aha." Reno beobachtete, wie Ryouga seine Tasche abstellte. "Seid auf jeden Fall vorsichtig, nicht jeder würde es gut finden, dass Lehrer und Schüler zusammen wohnen, davon, dass der eine den anderen beschenkt, ganz zu schweigen."

"Und nicht zu vergessen die Tatsache, dass einige Lehrer sich von ihren Schülern ficken lassen. Zum Beispiel Hiroto Ogata. Gerüchteweise, versteht sich." Ruhig strich der Jüngere sich ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht. Er musst seinem besten Freund ja nicht auf die Nase binden, dass er seit Neuestem mit Nao schlief.

"Ist schon gut, ich will nicht mit dir streiten." Der Ältere lächelte ihn beruhigend an. "Lass unss nach unten gehen."
 

"Hallo." Freundlich lächelnd betrat Ryouga das Wohnzimmer und ging zielstrebig zum Sofa, auf dem Renos Oma saß. "Alles Gute."

"Ryouga-kun, wie schön, dass du da bist." Entzückt lächelte die ältere Dame ihn an. "Reno, kümmere dich heute besonders gut um ihn, er ist unser, oder eher mein, Ehrengast."

Ryouga musste sich zusammennehmen, um nicht zu lachen. Wenn das kein sehr schlecht verdeckter Verkupplungsversuch war, wusste er auch nicht mehr weiter.

Reno schüttelte den Kopf. "Du kannst dich selbst gut um ihn kümmern. Er ist dein Ehrengast."

"Du wirst das aber für mich tun. Außerdem bin ich mir sicher, dass er sich lieber von einem attraktiven, jungen Mann wie dir als von einer alten Schachtel wie mir umsorgen lässt."

"Natürlich." Genervt ließ Reno sich hinter ihm auf der Lehne nieder und legte ihm einen Arm um die Schultern. Zufrieden seufzend lehnte Ryouga sich an ihn und sie tauschten einen verschwörerischen Blick. Wenn man einer alten Frau so einfach eine Freude machen konnte, sollte man das auch ruhig tun. Schaden konnte das ja nicht. Und es war nicht unangenehm, seinem besten Freund so nahe zu sein, immerhin waren sie auch schon über die Grenze hinausgegangen. Sie hatten Sex gehabt, zwei Mal. Davon wusste außer ihnen zwar so gut wie niemand etwas, aber trotzdem war es so.
 

Endlich war der Tag vorbei. Zumindest fast. Zeitweise hätte Ryouga Renos Großmutter den Hals umdrehen können, einige ihrer Anspielungen waren weitaus mehr als eindeutig gewesen. Von einer so alten Frau so viel Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Beziehungen, damit rechnete doch niemand! Geschweige denn von so viel Vorstellungsvermögen, ohne dass sie gar nicht auf diese Dinge kommen würde!

Wenigstens lagen sie jetzt im Bett und hatten ihre Ruhe vor der Frau, auch wenn Ryouga irgendwie das Gefühl hatte, das von ihnen erwartet wurde, dass sie in dieser Nacht miteinander schliefen.

Selbstverständlich wäre es nur Sex, wie Ryouga ihn schon mit vielen anderen vorher gehabt hatte, und Reno auch, aber aus irgendeinem Grund blockierte irgendetwas sogar die Idee. Seine Gefühle für Nao machten ihm einen ganz gepflegten Strich durch die Rechnung.

"Ryou, was ist los mit dir?" Zögernd nahm Reno seine Hand und strich mit dem Daumen über seinen Handrücken.

"Ich will nicht darüber reden. Deine Oma hat übrigens ziemlich genervt mit ihren Anspielungen."

"Netter Versuch. Jetzt sag schon."

"Nein." Ryouga war fest entschlossen, erst einmal nicht mit Reno über seine Gefühle für Nao zu reden. Es brachte ihm auch nichts und er wollte sich nicht schon wieder irgendetwas vorwerfen lassen, wofür er nichts konnte.

"Schön. Wir beide wissen, dass meine gesamte Familie heute Nacht lauschen wird? Sie erwarten, dass zwischen uns etwas läuft. Lust auf Sex?"

"Nicht wirklich. Du?"

"Irgendwie schon, aber auch irgendwie nicht. Ich weiß es nicht so genau."

Ryouga lachte leise. "Soll ich mich um dich kümmern? Sie werden enttäuscht sein, wenn wirklich keiner von uns stöhnt und unten zu hören ist."

"Du willst es mir also besorgen? Kleiner Blowjob, oder wie?"

Bestätigend nickte der Kleinere. Das war etwas, wogegen sein Gewissen nichts einzuwenden zu haben schien.

"Warum nicht? Der Gedanke ist verlockend. Mach nur, ich werde dich nicht davon abhalten."

Lächelnd küsste er den Älteren kurz und rutschte dann mitsamt Bettdecke abwärts.
 

"Ryou, aufstehen, dein Zug fährt in zwei Stunden." Sanft spürte er Renos Atem an seinem Ohr. "Übrigens warst du gestern Abend unglaublich."

"Und du laut. Man hat dich wahrscheinlich noch zwei Häuser weiter gehört."

Frech grinste Ryouga den anderen an.

"Ups." Ein zarter Rotschimmer legte sich auf die Wangen des Älteren.

"Was soll's. Danke für den Weckdienst." Lustlos stand Ryouga auf und ging ins Bad, alles Notwendige aus der Tasche, die er mitgenommen hatte, mit sich nehmend. Er musste auf jeden Fall sein Alltagsstyling in etwas verbesserter Form durchziehen, er wollte einen guten Eindruck machen, wenn er zu seinen alten Freunden reiste. Wobei die ihn sowieso in bester Erinnerung behalten haben mussten. Und sie genau wussten, dass er immer noch der Alte war, dafür telefonierte er oft genug mit ihnen.

Apropos telefonieren. Nao hatte sich gestern gar nicht gemeldet. Hoffentlich war ihm nichts passiert. Nachdenkend stellte Ryouga sich unter die Dusche und schaltete das Wasser ein. Spätestens am Abend würde er seinen Lehrer anrufen, wenn dieser sich nicht meldete.
 

Der Zug nach Akita war nicht voll, es waren noch genug Plätze frei. Trotz Ferienanfang schienen die meisten Menschen nicht zu verreisen, aber diese Fernzüge waren meistens eh nicht so voll wie die Züge innerhalb der Region, die die Arbeitenden transportierten.

Gedankenversunken sah Ryouga aus dem Fenster. Er war nervös. Warum wusste er selbst nicht, es waren doch nach wie vor seine Freunde. Aber hatte er sich verändert?

Er hatte nichts davon wahrgenommen, aber vielleicht hatte er sich trotzdem verändert. Wegen seinen Freunden. Wegen Uruha. Auch wegen Kazuki und seinem neuen Job. Und vor allem wegen Nao. Bei dem Gedanken an seinen neuen Lieblingslehrer und Mitbewohner schlich sich ein leichtes Lächeln auf sein Gesicht. Er liebte den Älteren wirklich, und dass wurde ihm von Tag zu Tag bewusster.

Die Frage war nur, ob er mit Nao darüber reden sollte oder nicht. Wollte er das überhaupt? Wie groß war die Wahrscheinlichkeit, dass Nao genauso für ihn fühlte? War er bereit, das Risiko, verletzt zu werden, einzugehen? Noch nie war er in so eine Situation geraten. Noch nie hatte er Liebeskummer gehabt, und er wollte es auch so gut wie möglich vermeiden.

Leise seufzte Ryouga und schloss die Augen. Wahrscheinlich würde es eh nichts bringen, mit Nao zu reden. Da konnte er genauso gut schweigen, so lange er es aushielt.

Warum konnten seine Gedanken nicht bei ihm bleiben? Es war schrecklich, immer an Nao denken zu müssen und sich auf nichts mehr konzentrieren zu können, aber bei jedem Gedanken an den Älteren, breitete sich ein Glücksgefühl in ihm aus. Wie widersprüchlich das doch wieder war. Es war wirklich furchtbar, wenn Gefühle sich so widersprachen. Was auch immer er dagegen tun konnte, er würde es tun, ohne Zögern, aber es brachte nichts. Eben weil es keine Möglichkeit gab.

Es war zum Verzweifeln. Warum hatte er sich ausgerechnet in seinen Lehrer verlieben müssen? Warum hatte immer er das ganz große Glück? Und seit wann war er zu feige, das Maul aufzukriegen? Normalerweise redete er einfach drauf los, ohne Rücksicht auf Verluste oder Gefühle anderer. Und er kämpfte um das, was er wollte. Nur brachte er das irgendwie auch nicht fertig. Fazit: Seine Gefühle für Nao lähmten ihn. Sollte Liebe nicht eigentlich stärken? Warum geschah dann mit ihm das absolute Gegenteil?

Er musste sich dringend etwas einfallen lassen. Er wollte nicht mit Nao reden, aber vielleicht konnte er es schaffen, diesen auch so komplett für sich zu beanspruchen.
 

Gelangweilt sah Nao auf die vor ihm liegenden Teile des Kleiderschranks. Das Wohnzimmer war fertig. Eigentlich hatte er noch mehr als genug zu tun, aber allein zu arbeiten war so langweilig. Und ihm fehlte die Motivation. Er vermisste seinen neuen Mitbewohner viel zu sehr. Viel mehr, als es gut für ihn war. Aber wer konnte ihm helfen und ihn ablenken? Ihm fielen genau drei Personen ein. Und einen von denen rief er auch sofort an.

"Meine Fresse, Nao, was ist denn jetzt schon wieder los? So viel Kontakt wie in der letzten Woche hatten wir in den ganzen vorigen Jahren nicht!"

"Danke für die nette Begrüßung, Jin." Nao musste lachen. "Haben Manabu und du Zeit?"

"Weshalb? Wie lief überhaupt dein Plan? Und wieso meldest du dich erst heute? Es ist schon Freitag!"

"Das kann ich dir erklären, wenn ihr hier seid. Mir ist langweilig, ich bin einsam und ich habe hier noch Arbeit, die mit mehreren Personen einfach mehr Spaß macht."

"Wir sollen dir beim Arbeiten helfen? Na danke, nett von dir. Manabu, hast du heute noch etwas vor?" Kurz war eine Diskussion am anderen Ende der Leitung zu hören. "Nao, zahlst du die Mahlzeiten? Lässt Manabu fragen."

"Ehrensache."

Wieder diskutierten die anderen beiden leise. "In Ordnung. Wir sind in einer halben Stunde bei dir. Ich hoffe, du hast genug Getränke und ein bequemes Sofa für ein Feierabendbier."

"Mein Sofa ist sehr bequem, und sonst ist das Bett ein guter Sitzplatz."

"Hm. Bis gleich."

Nao lächelte zufrieden. Wenigstens war er für den Rest des Freitags nicht mehr allein, er würde angenehme, wenn auch neugierige Gesellschaft haben. Und vielleicht musste er dann nicht mehr ständig an Ryouga denken. Auch wenn das unwahrscheinlich war. Ein wenig Glück konnte er auch einmal haben.
 

"So, Nao", seufzte Jin zufrieden und sah sich im komplett aufgebauten Schlafzimmer um. "Wir sind fertig hier. Jetzt auf ins Wohnzimmer und dann musst du mir noch alles erzählen, was Mittwoch nach dem Unterricht war. Und Details, wenn ich bitten darf!"

Aufgrund der Neugier des anderen Brünetten musste Nao grinsen. "Alle Details? Lieber nicht, sonst verlangt dein kleiner, armer Körper noch nach sehr viel Aufmerksamkeit."

"Manabu ist doch hier, der kann sich dann um mich kümmern, wenn du nicht willst." Jin zuckte mit den Schultern und lächelte Erwähnten liebevoll an.

"Kleiner, wir sind hier nicht zuhause", ermahnte der Schwarzhaarige ihn ruhig.

"Und? Nao hat bestimmt nichts dagegen."

"Trotzdem. Ich weiß, dass dir der Ort egal ist, aber jetzt und hier Sex, und das zu einer Erzählung, die dich nichts angeht?"

"Von Sex war in dem Sinne auch nie die Rede."

Seufzend ließ Nao sich auf das Sofa fallen und beobachtete die kleine Diskussion der beiden anderen.

"Nein, Jin. Warum sollte ich? Du hast zwei gesunde Hände, also mach's dir gefälligst selbst."

"Nett von dir." Mürrisch sah der Ältere den anderen an. "Ich will aber, dass du das machst."

"Ich habe doch schon nein gesagt! Spreche ich französisch?"

"Nein, aber du liebst mich doch. Oder?" Schmollend schob der Brünette die Unterlippe vor. Das kannte Nao nur zu gut, auf diese Weise bekam der Kleinere immer, was er wollte. So schmollend sah er auch einfach zu süß aus. Zum Quietschen.

"Natürlich liebe ich dich, und das weißt du genau! Trotzdem bleibt es bei nein!"

"Bitte?" Jetzt setzte der Kleinste auch noch den weinerlichen Ton ein.

"Nein." Man hörte dem Schwarzhaarigen an, dass sein Widerstand langsam dahinschmolz.

"Bitte…" Immer noch mit dieser weinerlichen Stimme und jetzt auch noch einem total niedlichen Dackelblick trat Jin an seinen Freund heran und küsste ihn sanft.

"Verdammt, Jin, nein. Das ist nicht unsere Wohnung, und das können wir nicht tun. Nicht hier."

"Doch, können wir. Bitteee…"

Leise seufzte der Jüngste. Totale Kapitulation. "Wenn das für den Wohnungsmieter, sprich Nao, kein Problem ist, kann ich dir diesen Gefallen tun."

Bittend sah Jin Nao an, der dank dieser amüsanten Meinungsverschiedenheit ein belustigtes Lächeln im Gesicht hatte. "Von mir aus. Aber hinterlasst keine Flecken auf meinem geliebten Sofa, klar?"
 

"Ach, Nao, ist doch super, dass alles so gut lief. Und wie geht's jetzt weiter?" Neugierig sah Jin ihn an, kuschelte sich dabei an Manabu, der etwas vor sich hindöste.

"Kann ich das allein entscheiden? Ryouga und ich passen nicht zusammen, und ich wage anzuzweifeln, dass das jemals passiert." Finster musterte Nao den Boden.

"Ihr kommt zusammen, ganz bestimmt. Er mag dich, und das ist schon mal eine gute Grundlage."

"Und du denkst, dass er mich mag, weil…?" Skeptisch sah Nao den Kleineren an.

"Das fragst du mich jetzt nicht wirklich, oder?"

Nao zuckte nur mit den Schultern. Er wusste, dass es lächerlich war, diese Frage zu stellen, besonders, da er selbst die Antwort kannte

"Junge, er ist zu dir gezogen, ihr schlaft in einem Bett, ihr hattet Sex im Klassenzimmer, was nicht gerade ein perfekter Ort ist, und du fragst mich, weshalb ich denke, dass er dich mag!?" Während seiner Rede war Jin immer lauter geworden, und er war noch lange nicht fertig. "Es klang für mich so, als hätte er dir auch noch angeboten, euer kleines Techtelmechtel zu wiederholen, im Club hatte er nur noch Blicke für dich übrig, und glaub mir, selbst wenn es dir nicht aufgefallen ist, es war so! Und danach hat er dafür gesorgt, dass du heil und sicher nach Hause gekommen bist und er hat dich geküsst! Meinst du nicht auch, dass er dich mag?"

Beruhigend strich Manabu dem Kleinsten durch die Haare. "Jin, jetzt holst du einmal tief Luft und zählst bis zehn, um dich zu beruhigen. Von mir aus kannst du auch das Verb 'sich beruhigen' einmal im Präsens und Präteritum durchkonjugieren, aber du kommst jetzt wieder runter. Okay?"

"Nein, verdammt! Sag doch auch mal etwas dazu, wie dämlich Nao sich anstellt!"

"Du hast da auch recht, aber es hat keinen Sinn, hier jetzt auszurasten."

Zitternd schloss Jin tatsächlich die Augen und atmete tief durch. Innerlich schien er wirklich zu zählen und das Zittern ließ nach. "So ist es gut", lobte Manabu seinen Freund lächelnd.

"Nao, es ist aber tatsächlich so. Was Jin dir jetzt an den Kopf geworfen hat, sind Tatsachen, ob du es mitbekommen hast oder nicht."

"Kann sein. Wie herrlich diplomatisch du sein kannst, Manabu. Wenn ich ehrlich bin, ist es aber egal, ich will nicht länger über meine eigenwillige Beziehung zu Ryouga reden." Abwesend zupfte Nao seine Haare etwas zurecht.

"Nao, darum geht es aber nicht", mischte Jin sich wieder ein. "Wir werden weiter über dein Liebesleben reden, es ist wichtig, damit auch du selbst er schaffst, die Situation mal wieder zu ordnen und zu verstehen."

"Das kann ja sein, aber ich weiß schon, was los ist. Ich verstehe nicht, weshalb ich mich ausgerechnet in ihn verliebt habe, aber das wird schon einen Grund haben, und wenn es Schicksal oder göttlicher Wille war."

"Du bist nicht religiös, also vergiss den Quatsch mit der glücklichen, göttlichen Fügung. Ihr gehört zusammen, wie es zu eurem Treffen kam, spielt keine Rolle mehr."

Nao seufzte genervt. "Wir gehören nicht zusammen. Du weißt genau, dass ich auch nicht wirklich an die große Liebe glaube. Und selbst wenn es so wäre, wie wahrscheinlich wäre es, unter den Milliarden Menschen auf der Erde ausgerechnet diese eine Person zu finden?"

"Unwahrscheinlich, aber freu dich dann doch, dass du Ryouga bei dir hast!"

"Jin, nein, verflucht! Natürlich bin ich froh, Ryouga bei mir zu haben, aber doch nicht wegen einer möglichen, göttlichen Fügung! Du hast doch nicht mehr alle Tassen im Schrank!"

"Jetzt komm du mal wieder runter, Nao. Ich meine es ja nicht böse, ich würde dir nur gern helfen, und manche Menschen muss man zu ihrem Glück zwingen."

"Und ich gehöre dazu, oder wie?"

"Im Moment schon!"

"Ich hab dich auch lieb, Jin-chan." Sarkasmus pur. Langsam hatte Nao die Schnauze voll, es wurde Zeit, dass Jin und Manabu gingen. Sonst würde es heute Abend noch Krieg geben. Und Manabu schien das zu ahnen.

"Schätzchen, meinst du nicht, wir sollten langsam den Heimweg antreten? Es ist schon spät und der Tag war anstrengend."

Widerwillig nickte Jin. "Stimmt, ich freu mich schon auf mein Bett. Nao, wir sehen uns in den nächsten Tagen bestimmt noch."
 

Nervös stieg Ryouga aus dem Zug und sah sich um. Ja, seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt.

"Ryou!"

Erschrocken fuhr er herum und sah auf einen kleinen Silberhaarigen. "Ikuma, erschreck mich nicht so."

Grinsend umarmte der Kleinere ihn. "Bestimmt, Großer. Wie geht's dir?"

"Alles super. Können wir alles andere auf dem Heimweg oder bei dir klären? Wir müssen nicht hier am Bahnhof stehen bleiben."

"Klar. Soll ich deine Tasche nehmen?"

"Nein, ist so schon ganz gut." Still ging er neben Ikuma her und betrachtete den anderen aus dem Augenwinkel. Seit wann hatte der Kleinere silberne Haare? Vorher war es ein helles Blond gewesen. "Jetzt sag mal, was gibt's hier Neues?", fragte Ryouga lächelnd und sah sich um. Die Straßen hier waren immer noch so vertraut. Ihm wurde bewusst, dass diese Stadt immer noch seine Heimat war. Sein Leben. Wie sehr hätte er sich gewundert, wenn das alles einfach so verschwunden wäre? Tokyo war sein Wohnort und natürlich bedeutete es ihm viel, besonders seine neuen Freunde, aber Akita war immer noch die Stadt, in der er geboren worden und aufgewachsen war.

"Hm… Kiri hat eine neue Freundin, ein verteufeltes Miststück, wenn du meine Meinung hören willst. Kaji und Ken hatten Streit, weil Kaji angeblich was von unserem Mädchen will. Und Peco tanzt weiter durch sämtliche Clubs der Stadt und verbringt die Nächte an verschiedensten Orten."

"Was hat Kiris neue Freundin dir denn getan?"

Ikuma schnaubte abwertend. "Diese Schlampe behauptet, ich hätte sie angegrabscht. Und Kiri glaubt ihr natürlich."

"Ihr habt also Stress wegen einem Mädchen. Hatten wir dazu nicht ganz früher mal einen Schwur abgelegt, dass niemals unserer Freundschaft von so etwas zerstört wird?"

"Hatten wir, aber erinnere Kiri mal dran. Er ist wirklich eifersüchtig. Cho ist zwar hübsch, aber ich würde ihm doch niemals die Freundin ausspannen! Aber jetzt mal weg von uns. Wie lief es bei dir in Tokyo? Wie ist deine Schule? Wie wohnt ihr?"

Ryouga zuckte mit den Schultern. "Die Schule ist okay, Tokyo an sich auch. Bei meinen Eltern wohne ich seit gut einer Woche nicht mehr."

Ikuma zog ihn am Ärmel mit zum Hauseingang. "Das musst du mir gleich genauer erzählen. Hallo, Mama." Im Flur zogen sie ihre Schuhe aus.

"Hallo, Ryouga, schön, dich mal wiederzusehen. Ikuma, holst du gleich die Getränke für euch aus dem Keller? Ich koche schon für das Abendessen."

"Klar. Ryou, geh schon mal hoch in mein Zimmer und mach's dir bequem."

Ryouga nickte und ging die Treppe hoch. Ikumas Zimmer sah immer noch so aus wie vor einem halben Jahr. Die Zeit schien hier nicht wirklich weitergelaufen zu sein.

"So." Lächelnd schloss der andere die Tür, stellte die Gläser auf den Nachttisch und drückte Ryouga aufs Bett. "Erzähl mir erst mal von deinen neuen Freunden. Wie heißen sie? Wie sind sie so?

"Hm. Du wirst es nicht glauben, aber ich bin mit meinem Schulrektor befreundet. Uruha ist wirklich nett. Meine eigentlichen Freunde Reno, Shin, Ko-ki und Iv gehen auf meine Schule, sie haben mich gleich in ihre Clique aufgenommen. Und seitdem sind wir die absolute Führung der Schule, so etwas wie die High Society. Ich arbeite jetzt seit letztem Wochenende als Barkeeper und meine Kollegen sind auch ganz cool. Kazuki ist mittlerweile ein guter Freund von mir und hat mir auch den Job besorgt. Und dann gibt es da noch Nao." Automatisch musste Ryouga lächeln.

Ikuma grinste wissend. "Unser Eisprinz ist verliebt. Erzähl mir mehr über ihn."

"Woher weißt du, dass ich verliebt bin?"

"Merkt man einfach. Du wirkst glücklicher und auch noch ausgeglichener als früher."

"Ach so." Ryouga lachte. "Warte." Schnell zog er sein Handy aus der Tasche und zeigte seinem Freund ein Foto von Nao. "Das ist er."

"Hübsch. Du sollst mir aber mehr erzählen. Dass er älter ist als du, sehe ich."

"Er ist 30 und… mein neuer Lehrer." Den letzten Teil fügte er leiser hinzu, und dass auch nur nach einem deutlichen Zögern.

"Du hast was mit deinem Lehrer?" Ikuma sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an.

"Nicht wirklich. Wir hatten einmal Sex. Er lässt mich bei sich wohnen, nachdem ich von Zuhause abgehauen bin, aber wir sind nur gute Freunde."

"Wenn du nicht in ihn verliebt wärst."

Ryouga nickte und lehnte sich zurück an die Wand. "Bist du eigentlich noch immer ungeküsst?"

Genervt seufzte der Angesprochene. "Wenn du damit meinst, dass ich noch keinen Mann geküsst habe, ja."

"Warum nicht? Hast du Angst, doch zum Teil auf Männer zu stehen?"

Seufzend strich Ikuma sich durch die Haare. "Das nicht. Und wenn ich bi wäre, was soll's? Ich vertraue einfach keinem genug."

"Mir vertraust du", warf Ryouga ein und lächelte geheimnisvoll.

"Schon, aber du warst dann plötzlich weg, als ich dich darum bitten wollte." Verlegen biss der Ältere sich auf die Unterlippe.

"Wärst du jetzt noch interessiert?"

"Nur ein Kuss, vielleicht. Eher ja. Aber wenn ich nur daran denke, weiter zu gehen, selbst die Vorstellung macht mir Angst."

"Nur ein Kuss, weiter würde ich auch nicht gehen." Beruhigend legte Ryouga seine Hand auf Ikumas. Der Ältere sah ihn unsicher an, hielt ihn aber nicht davon ab. Vorsichtig verschloss Ryouga ihre Lippen miteinander, aber nur kurz und leicht. Trotzdem erschauderte der andere merklich.

Abwartend sah Ryouga ihn an. Immerhin war er selbst noch in der Lage, andere Männer als Nao zu küssen. Und - dank Reno festgestellt - auch noch zu verwöhnen, ohne dass sein Gewissen im Dreieck sprang.

"Okay…", der Kleinere räusperte sich verlegen. "Das ist gerade eine komische Situation."

Ryouga wuschelte ihm durch die Haare. "Klar ist es das, aber ich glaube, es ist normal, nicht zu wissen, was man sagen soll."

Einen Moment sahen sie sich an und fingen dann an zu lachen. "Oh Mann, wie bescheuert wir uns anstellen. Wie Zwölfjährige", japste Ikuma und drückte seine Hände auf seinen Bauch.

"So alt sind wir doch noch gar nicht, als das wir das nicht mehr dürften."

"Ist es für dich eigentlich kein Problem, andere als deinen Schwarm zu küssen?", fragte der Silberhaarige nach einer Weile leise.

Ryouga zuckte mit den Schultern. "Weißt du, das ist für mich das kleinere Übel. Ich kann nur mit keinem anderen mehr Sex haben, im Moment zumindest nicht. Mein Gewissen und meine Gefühle blockieren mich, weshalb auch immer."

"Würdest du gern mit anderen ins Bett? Ich weiß ja noch aus der Zeit, als du mit den anderen zusammen warst, dass du nicht gerade die treueste Seele bist."

"Mit den anderen war das etwas anderes. Etwas, das mit dem, was jetzt für Nao in mir ist, gar nicht vergleichbar ist."

"Ist es leicht, einen Mann zu lieben?" Nachdenklich sah der Silberhaarige auf seine Hände.

"Ist es für dich leicht, eine Frau zu lieben? Wenn du dir diese Frage beantwortest, hast du auch die Antwort auf die, die du mir gestellt hast."

"Weißt du, Ryou, das ist alles nicht so einfach. Frauen sind Biester. Nehmen wir Cho jetzt einfach mal als Beispiel. Sie will die Freundschaft zwischen Kiri und mir zerstören, und sie ist auf dem besten Weg, das auch zu schaffen. Kiri weiß wie alle anderen auch, dass ich hetero bin, und er glaubt ihr einfach so. Und ich kann nur zusehen, wie ich einen weiteren guten Freund verliere. Meinen besten habe ich zwar nicht ganz verloren, aber er ist weit weg. Und jetzt will diese Schlampe mir auch noch Kiri nehmen." Der Ältere seufzte traurig. Er klang ernsthaft verzweifelt.

"So hast du vorher aber nicht über Frauen gedacht. Was ist denn zwischen Kimiko und dir vorgefallen?"

"Das Miststück hat mich mit ihrem Cousin betrogen", schnaubte Ikuma hörbar aufgebracht. "Nach fast zwei Jahren! Und dann meinte sie auch noch, dass das meine Schuld wäre und dass er ja sowieso so toll ist! Da bleibe ich doch lieber allein."

"Aber nicht alle Frauen sind so", gab Ryouga zu bedenken. "Wir könnten Cho aber eine Falle stellen und sie so ins offene Messer laufen lassen."

"Ich hab nichts mehr zu verlieren. Also, wie lautet der Plan?" Plötzlich schien der Kleinere Feuer und Flamme zu sein.
 

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Halbzeit! xD

Ernsthaft, die Hälfte ist geschafft. Und Ryouga ist wieder in seiner alten Heimat. Was da so Schönes passieren wird... Wer weiß. ;D

Ich habe jetzt gar keine Lust, ein langes Nachwort zu tippen, genauso wenig wie ich die Rechtschreibung noch mal überflogen habe, aber es wird schon nicht so grausig sein. Hoffe ich.
 

Bis in zwei Wochen.^^



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Teiko
2011-11-05T22:30:44+00:00 05.11.2011 23:30
Ich hab schon so ne Idee, was Ikuma und Ryouga anstellen ^____^
Aber Mal abwarten ;)
Ich finde es außerdem unheimlich süß was in Nao für ein Gefühlschaos herrscht... Ryou weiß ja, dass er verknallt ist aber Nao ist bei dem Versuch sich selbst zu verstehen einfach unschlagbar, auch wenn er nicht so ausrasten brauch (Böses Nao) >.>

Unbedingt weiter so und ich freu mich aufs nächste Kapi ^^

LG
Teiko
Von:  Astrido
2011-11-05T15:59:12+00:00 05.11.2011 16:59
der plan.. das wird entweder sehr lustig, oder total peinlich...^^
bin ja mal gespannt!
gut geschrieben fand ich dieses kapitel übrigens.

lg
mayura
Von:  klene-Nachtelfe
2011-11-03T12:39:27+00:00 03.11.2011 13:39
TOLL!!!
Einfach nur toll!!!
Faszinierend wie die Gefühlswelten der Beiden kopf stehen!!!
Bin gespannt was Ryou und Ikuma jetzt planen!
Und was Nao so treibt...und überhaupt.
WEITER SO!!!
LG -^.^-


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