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Seelenlos

Konoha vs. Akatsuki
von

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Im Reich des Blitzes - Teil 1

[Dieses Kapitel ist Sandoran gewidmet, weil er mich auf etwas hingewiesen hatte, das ich hier eingebracht habe =)]
 

Sämtliche Züge entglitten dem Brünetten und Sprachlosigkeit sprach aus diesen. Er würde die Höhle verlassen dürfen? Als erster von x- Personen? Noch ehe er sein fragliches Glück realisieren konnte, trübte schon eine Frage die aufkommenden Gefühle: Wie hoch würde der Preis für seine Freilassung sein?
 


 

Was haben die Kerle nur vor?, fragte sich Neji, während er Pain und Madara dabei zusah, wie sie sich leise unterhielten. Kein einziges Wort konnte er verstehen, wobei er sich nicht sicher war, ob er das auch tatsächlich wollte. Dass sie nichts Gutes im Schilde führten, war gar nicht abzustreiten. Er dachte noch immer über seine baldige Freilassung nach. Sie ließen ihn sicher nicht aus guten Absichten, Mitleid oder gar, weil sie eine gute Erziehung genossen hatten, frei. Doch warum genau taten sie diesen Schritt? Er wäre schon froh gewesen zu erfahren, warum sie ihn überhaupt entführt hatten. Zudem beschäftigte es ihn, was während seiner Abwesenheit in Konoha geschehen war. Warum war noch keiner aufgetaucht, um ihn aus seiner Lage zu befreien? Er ging davon aus, dass man die Höhle nicht entdeckt und nach tagelanger Suche schließlich aufgegeben hatte. Andererseits hieß ihr Gegner Akatsuki, was bedeutete, dass nahezu nichts unmöglich war. Wegen diesen verdammten Bastarden hatte er höchstwahrscheinlich den Jounin-Wettbewerb verpasst! Und dabei hatte er sich wochenlang darauf vorbereitet, um endlich zeigen zu können, was alles in ihm steckte.
 

Pain kehrte zu ihm zurück, gefolgt von dem gefürchtetsten Uchiha. Unwillkürlich aktivierte sich sein Byakugan, um den Feind gnadenlos mit seiner Verachtung zu konfrontieren. Beeindruckt war jedoch keiner von beiden.
 

Ohne ein weiteres Wort vollführte Pain Fingerzeichen vor seinen eigenen Augen und drückte ihm anschließend die Handinnenfläche auf die Stirn. Noch ehe Neji die Gelegenheit hatte, darüber nachzudenken, was er vorhatte, verlor er schon das Bewusstsein.
 

Der Uchiha betrachtete mit ungerührter Miene sein hilfloses Opfer, welches wie ein nasser Sack an seinen Ketten herunterhing, die braunen Haare das vollständige Gesicht bedeckend.
 

„Gute Arbeit“, sagte Madara gefühlskalt an Pain gewandt.
 

„Wie sieht der nächste Schritt aus?“ Pains Stimme war noch kälter als die Madaras.
 

„Zetsu-san soll ihn an den Ort zurückbringen, wo er ihn entführt hat. Er soll Acht darauf geben, dass ihn niemand dabei beobachtet.“
 

„Ja“, erwiderte er und entfernte sich von seinem Platz, um allen Anschein nach den Befehl seines Anführers weiterzugeben.
 

Madara blieb noch eine Weile an Ort und Stelle und musterte die Gestalt, dessen einziger Halt die Ketten waren. Wie das Leben manchmal spielte! Eben noch waren es diese Ketten, die den Hyuuga von der Freiheit trennten und nun waren sie es, die ihn vor dem schmerzhaften Aufprall auf den Boden bewahrten.
 

Sein Plan nahm langsam Form an. Was er zufällig durch den Zetsu-Neji-Klon über den Fluch der Hatakes erfahren hatte, gab seinem Ehrgeiz nochmals einen Schub. Um sein Vorhaben in die Tat umzusetzen, brauchte er ohnehin den Kopierninja. Und wenn er ihn schon mal hatte, konnte er sich das auch gleich holen, vorausgesetzt, es klappte alles.
 


 


 

Sakura und Ino spazierten durch den Markt Konohas, der ihnen die Früchte von Pains Angriff in aller Deutlichkeit vor die Augen führte. Fleißig arbeiteten freiwillige Zivilisten, vom Kinde bis zum Greis, daran, diesem einst so schönen, farbenfrohen Ort wieder Leben einzuhauchen. Die beiden Kunoichi wurden beinahe täglich im Krankenhaus gebraucht und hatten, wie viele andere Ninja, kaum noch Freizeit. Der Anblick der zerstörten Innenstadt ließ sie immer noch sprachlos werden.
 

„Ist es nicht merkwürdig“, begann die Blonde aus heiterem Himmel, als sie den Markt hinter sich gelassen hatten, „dass Tsunade-sama erst kürzlich ein Jounin-Wettbewerb veranstaltet hat, wo das Dorf doch zur Zeit weiß Gott größere Sorgen hat und es uns derzeit ohnehin erheblich an Ninjas fehlt? So viele haben bei dem Angriff von Akatsuki ihr Leben lassen müssen.“ Der letzte Satz war nur noch ein Flüstern gewesen, der sich fast in der vorbeigezogenen leichten Windböe verloren hatte, doch Sakura hatte es verstanden. Sanft dreinschauend drehte sie sich zu ihrer Freundin um, die ihren Kopf etwas gebeugt hielt und aus deren blauen Augen Betrübnis sprach.
 

„Als ich davon erfahren habe, dass dieser Wettkampf stattfinden soll, habe ich genau dasselbe gedacht wie du, Ino. Aber dann habe ich zufällig ein Gespräch zwischen Tsunade-sama und den Dorfältesten mitbekommen …“
 

„Das ist doch nicht Ihr Ernst!“, empörte sich Koharu über die Entscheidung der Hokage, ein Wettbewerb für die Jounin zu veranstalten.
 

„Und ob das mein Ernst ist!“, gab die temperamentvolle Blonde zurück und erhob sich von ihrem Sessel, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen.
 

„So eine Veranstaltung in unserer derzeitigen Situation zu veranstalten könnte sich als fataler Fehler erweisen. Die Jounin sind unsere besten Kämpfer und mit diesem Wettbewerb würden wir sie schwächen, wodurch wir uns angreifbar machen. Was sollen wir tun, wenn Akatsuki erneut in unser Dorf eindringt? Was haben wir ihnen entgegenzusetzen, wenn unsere Ninja-Elite ausgelaugt ist? Erklärt mir das bitte, Hokage-sama.“ Auch Homura konnte nicht fassen, zu welch einer irrsinnigen Idee sich die Hokage hinreißen ließ.
 

„Akatsuki wird nicht angreifen. Das versichere ich Euch“, sagte Tsunade eindringlich und hielt den Blicken der Ältesten mühelos stand.
 

„Wie könnt Ihr Euch nur darauf verlassen, dass nichts passiert? Diese Organisation ist nicht einzuschätzen. Es wäre sogar möglich, dass sie schon morgen wieder vor den Toren stehen.“
 

„Das wird nicht passieren!“, wiederholte die Godaime lauter als zuvor. „Nach allem, was passiert ist, sehnen sich alle nach ein Stück Normalität. Seht Ihr denn nicht, wie mutlos und verzweifelt sie sind? Dieser Wettbewerb wird sie ein wenig aufheitern, sie auf andere Gedanken bringen und ihnen ein paar schöne, aufregende Stunden bescheren. Was ist daran verkehrt, verdammt?“ Zum Ende hin hatte sie fast geschrien. Sie war es leid, dauernd mit den Ältesten über sämtliche Entscheidung diskutieren zu müssen.
 

„Seid Ihr noch bei Sinnen?“, war das einzige, was Koharu sagte, wobei sie missfällig den Mund verzog.
 

Obgleich es eine rhetorische Frage war, antwortete Tsunade dennoch. Sie sagte: „Ich war noch nie so bei Verstand wie jetzt. Jede Entscheidung, die ich treffe, treffe ich zum Wohle meines Dorfes und seinen Einwohnern. Nach all dem Leid, welches sie in letzter Zeit erfahren haben, verdienen sie ein paar Stunden Unbekümmertheit. Ich habe es satt, von Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit gezeichnete Gesichter zu sehen. Ich will die Bürger Konohas wieder lachen hören.“ Ihre Faust schlug kraftvoll auf den Schreibtisch auf.
 

Für einen kurzen Augenblick sagte keiner etwas.
 

„Also gut“, sagte Homura schließlich. „Ihr sollt Euren Willen haben. Ich hoffe aber, dass Ihr mit dieser Entscheidung leben könnt, sollte etwas Unerwartetes geschehen.“
 

„Ach so, nun verstehe ich es“, sagte Ino, den Blick noch immer gegen den Boden gerichtet.
 

„Ich glaube, das war eine gute Entscheidung von Tsunade-sama. Die Bürger Konohas haben neue Kraft geschöpft. Sie wurden von ihren Problemen abgelenkt und konnten wenigstens für ein paar Stunden so tun, als ob alles in bester Ordnung ist.“
 

„Ja“, entgegnete Ino nun … lächelnd.
 


 


 

„Kuchiyose no Jutsu!“

Eine Schar Hunde erschien direkt vor ihnen, bereit, den Befehl ihres Meisters entgegenzunehmen.
 

„Yo“, begrüßte der Kleinste unter ihnen, Pakkun, die beiden Shinobi und hob seine kleine Pfote. „Na, was können für dich tun, Kleiner?“
 

„Wir –“
 

„Wie seht ihr denn aus?“, unterbrach Pakkun den silberhaarigen Jounin plötzlich, als ihm auf dem zweiten Blick auffiel, dass sie sich äußerlich anders präsentierten als sonst. „Und was macht dein Anhängsel hier? Sollte der nicht eigentlich helfen, das Dorf wieder aufzubauen, anstatt in engen hellblauen Jeans und einem noch bekloppteren aussehenden T-Shirt einen Spaziergang durch den Wald zu machen?“, richtete sich Pakkun in seiner typischen gelangweilten Miene an seinen Meister. Kakashi kam nicht dazu, irgendwas darauf zu antworten, denn Tenzou trat zum Konter nach vorne. Er beugte sich zu dem kleinen Mops herunter und verzog das Gesicht zu einer unheimlichen Grimasse, die angsteinflößend und albern zugleich aussah. Sie war fast schon sowas wie eine Geheimwaffe, die er des Öfteren einsetzte. Auch die Schüler seines Vorgesetzten, Naruto und Sakura, hatten schon Bekanntschaft damit gemacht. Er bedauerte es nur, dass er keine Taschenlampe zur Hand hatte, um seine verzogenen Züge noch eine unheimlichere Note zu verleihen.
 

„Kleine Wesen wie du sollten sich lieber nicht mit Großen anlegen. Das könnte ordentlich ins Auge gehen, weißt du?!“ Er hatte sogar seine Stimme etwas verstellt, doch Pakkuns Gesichtsausdruck zufolge - der unbeeindruckt, um mich nicht zu sagen, absolut gelangweilt aussah – hatte sich das nicht ausgezahlt.
 

„Hat dich deine Mutter als Kind dreimal hochgeworfen und nur – wenn überhaupt – zweimal aufgefangen?“, gab Pakkun gelassen von sich und sorgte dafür, dass Tenzou abrupt seinen Kopf zurückzog. Der ist Kakashi-senpai erschreckend ähnlich, dachte er noch, ehe besagter Jounin, der das kleine Wortgefecht gekonnt ignoriert hatte, dort weitermachte, wo er das letzte Mal unterbrochen wurde.
 

„Wir wollen nach Kumogakure, aber die Grenzen werden überall bewacht. Sucht also das ganze Gebiet ab und findet eine Stelle, wo jemand steht, der weder Tenzous Gesicht noch meins kennt.“
 

„Kein Problem. Dauert nicht lange“, kam es sogleich von Pakkun und keine Sekunde später waren die Ninken verschwunden.
 

„Hoffentlich geht das wirklich schnell, denn langsam bricht die Nacht über uns ein“, bemerkte Tenzou, als er einen Blick gegen den Himmel warf, der sich leicht verdunkelt hatte.
 

„Pakkun weiß schon, was er tut. Er ist bestimmt in wenigen Minuten zurück. Wir können uns ja solange ein wenig ausruhen“, schlug Kakashi vor und ließ sich dann schließlich auf einen Felsen nieder, der unter den herunterhängenden Ästen und reichlichen Blätter eines beeindruckend hohen Baumes lag.
 

„Das ist eine gute Idee, Kakashi-senpai“, verließ es den Anbu gähnend, als er sich ebenfalls zum Felsen begab und dort hinsetzte.
 


 

„Hat dich auch wirklich niemand gesehen?“, wollte Madara wissen, nachdem sein Untergebener den Hyuuga zurück nach Konoha gebracht hatte.
 

„Mich hat mit Sicherheit niemand gesehen, Tobi“, gab die weiße Seite Zetsus ruhig und in einem langsamen Tempo von sich.
 

„Gut. Niemand darf uns auf die Schliche kommen. Jetzt brauche ich nur noch Hatake Kakashi und wir können den Plan in Angriff nehmen.“ Seine dunkle Stimme hatte etwas sehr Bedrohliches und ein Blitzen trat in das blutige Rot seines Sharingans.
 

„Da werdet Ihr Euch aber noch etwas gedulden müssen. Der Kopierninja ist zurzeit auf Mission und er ist nicht alleine. Wir müssen einen günstigen Moment abwarten“, sagte er und erwiderte den Blick seines Vorgesetzten.
 

„Ja, dessen bin ich mir bewusst. Konoha hat kaum noch erfahrene Ninja. Viele sind im Kampf gegen Nagato gestorben. Wir werden sicher nicht lange warten müssen, bis Kakashi-san alleine auf eine Mission geschickt wird. Genau dann werden wir ihn abpassen.“ Eine unerschütterliche Ruhe ging von dem Kopf der Organisation aus und täuschte über den Umstand hinweg, dass er der Erreichung seines Ziels schon seit geraumer Zeit entgegenfieberte.
 


 

Kleine Blitze zuckten schmerzhaft in seinem Kopf, weswegen er stöhnend seine Hand auf diesen presste, ehe er sich langsam erhob. So recht wusste er nicht, was er hier tat. Er sah sich um und erkannte sofort, dass er sich an seinem selbstausgewählten Trainingsplatz im Wald an dem kleinen Fluss befand. Doch wie war er hierhin gelangt? Er konnte sich kaum erinnern. Ich habe es dieses Mal mit dem Training wohl etwas übertrieben, schlussfolgerte er aufgrund der scheinbar kleinen Gedächtnislücke, die er für nicht weiter wichtig hielt.
 

Die Dämmerung verdrängte das schummerige Licht der Sonne und führte Konoha allmählich in die Dunkelheit. Neji machte sich unter den schlimmsten Kopfschmerzen seines Lebens auf den Weg nach Hause. Nicht der Schatten eines Zweifels legte sich auf seinen Verstand, keine Spur der Erinnerung an seine Gefangenschaft fand sich in seinem Gedächtnis. Es war ausgelöscht worden und für immer verloren.
 


 

„Etwa zwei Kilometer von hier, auf zwölf Uhr, steht ein junger Kerl, vermutlich erst um die sechzehn Jahre alt. Er sieht zwar sehr bodenständig und widerspenstig aus, aber trotzdem solltet ihr keine Probleme damit haben, ihn mit eurem Charme um den Finger zu wickeln und ihn dazu zu bringen, euch passieren zu lassen. Er wird mit Sicherheit keinen von euch kennen“, ließ Pakkun die beiden Konoha-Shinobi mit einem Ist-das-alles-nervig Blick wissen.
 

„Gute Arbeit“, lobte Kakashi seine Hunde und streichelte ihnen allen kurz durchs Fell, bevor sie sich in einer grauen Rauchwolke auflösten.
 

„Wir gehen weiter“, rief er dann seinem Kohai zu und eilte voraus.
 


 

Es dauerte nicht lange, bis Kakashi und sein Teammitglied die von Pakkun ausgewählte Stelle erreicht hatten. Die langsam über sie kommende Nacht hatte sie zur Eile getrieben. Menschen, die nachts auftauchten, vertraute man grundsätzlich weniger. Ob es daran lag, dass die meisten die Dunkelheit mit dem Tod verbanden?
 

Den Wald hatten sie endgültig hinter sich gelassen. Um die Stelle, wo der Grenzübertritt erfolgen sollte, schneller erreichen zu können, waren sie durch einen schmalen, sandigen Weg gegangen, der von zahlreichen Gärten umgeben gewesen war. Nun befanden sie sich ganz in der Nähe eines bewohnten Teils Kumogakures. Direkt vor sich konnten Kakashi und Tenzou eine Aneinanderreihung von Häusern und Geschäften erkennen. Laternen brannten und es waren noch einige Menschen unterwegs, die aus der Distanz wie herumlaufende Schatten wirkten. Aus dem Augenwinkel erkannte der Kopierninja eine Gestalt, die von der Dunkelheit fast vollständig verschluckt worden war. Nur seine Silhouette war zu erkennen. Beide hatten ihn schon von einiger Entfernung gespürt, woraus sie geschlossen hatten, dass er, zumindest was die Spionage anging, nicht besonders gut versiert war. Oder er hatte seine Präsenz bewusst nicht gelöscht. Das war weitaus wahrscheinlicher, wenn man bedachte, dass man ihm diese Position anvertraut hatte. Und nur weil er noch so jung war, durfte man ihn nicht unterschätzen.
 

„Was machen Sie hier?“, tönte es plötzlich sehr laut und energisch von dem jungen Mann, der ganz langsam auf sie zukam und dabei ein Kunai in den Händen hielt, welchen er angriffsbereit dicht vor seiner Brust hielt.
 

Kakashi wartete ab, bis die Person so nah an ihn heran getreten war, dass er dessen Gesichtszüge genau sehen konnte. Er erschrak fast, als er das kindliche Antlitz sah, welches durch den angenommen Ausdruck nicht nur um einiges erwachsener, sondern auch furchteinflößender wirkte. Die kindliche Naivität hatte er offenbar vollständig aus seinem Gesicht verbannt. Das braune, leicht lockige Haar verdeckte seine Stirn und eine markante Narbe zog sich über seine linke Wange. Die Mundwinkel waren grimmig heruntergezogen.
 

„Wir sind auf der Durchreise und möchten nach Kumogakure. Sind wir hier richtig?“ Kakashi spielte den unwissenden Touristen und setzte ein freundliches Lächeln auf, um – wie es Pakkun ausdrückte – den Wachmann um den Finger zu wickeln. Bei einer Frau hätte er sicherlich bessere Chancen gehabt, soviel war sicher.
 

Der junge Ninja spuckte beinahe aggressiv vor Kakashis Füße und brachte seinen Kopf in eine provokante schräge Position. So eine arrogante Person war ihnen noch nie untergekommen. Und ausgerechnet mit diesem Rotzlöffel mussten sie sich herumschlagen!
 

„Ich kann hier niemanden durchlassen“, verlautete er, die Arme lässig ineinander verschränkt. Seine ausdrucksarme, neutrale Tonfarbe war es nicht gelungen, eine nichtvorhandende Coolness zu Tage treten zu lassen.
 

Der zwanghafte Versuch, jemanden zu repräsentieren, der er nicht war und mit arroganten Sprüchen über seine Unsicherheit hinwegzutäuschen, bot Kakashi eine glasklare Sicht auf die Art Mensch, die er vor sich stehen hatte.
 

„Du meinst, dir ist es nicht erlaubt?“, richtete er sich nun ruhigen Gemütes an den jungen Ninja. Wie man sich denken konnte, hatte der Kopierninja diese Frage aus einem ganz bestimmten Grund gestellt. Er wollte an dem aufgesetzten Ego seines Gegenübers kratzen. Es schien aber nicht so, als würde er damit Erfolg haben, denn er antwortete: „‘Nicht erlaubt‘ würde ich nicht sagen. Keiner kann mir verbieten, Leute die Grenze zum Dorf übertreten zu lassen, aber Sie will ich nicht passieren lassen. Ich kann Sie nicht leiden.“ Überheblichkeit zeichnete seine Mimik und mit seiner provokanten Körpersprache hatte er die Grenze der Erträglichkeit meilenweit hinter sich gelassen.
 

„Du kannst uns also nicht leiden? Das ist dein gutes Recht, aber ich habe mich vorher erkundigt und erfahren, dass man die Grenzen sämtlicher Dörfer übertreten darf, sofern man keine Gefahr darstellt.“ Kakashi ließ wenige Sekunden verstreichen und sagte dann fast flüsternd: „Stellen wir für dich eine Gefahr dar?“
 

Umgehend trat ein gefährlicher Ausdruck in die dunkeln Augen des jungen Ninja. Offenbar hatte Kakashi direkt ins Schwarze getroffen. Die unterschwellige Provokation, die er in diesen für Außenstehende unbedeutenden Satz gelegt hatte, hatte sein Ziel nicht verfehlt. Mangelndes Selbstwertgefühl machte Menschen angreifbar und hin und wieder konnte das für andere sehr hilfreich sein.
 

„Für mich stellt keiner eine Gefahr dar! Für wen halten Sie sich eigentlich?“, blaffte er, laut und aufbrausend. Dabei kam er Kakashi bedrohlich nah. Die einzige Sorge, die der Jounin in Anbetracht der Entwicklung dieses Zusammentreffens hatte, war ein sich schnell nähernder, unumgänglicher Kampf. Die anfängliche Abneigung des Jungen wuchs allmählich zu Feindseligkeit. Herausfordern blickte er Kakashi entgegen.
 

„Aber nein, Sie missverstehen ihn. Er hat das doch nicht so gemeint“, mischte sich nun auch Yamato ein, der die ganze Zeit stillschweigend daneben gestanden und gehofft hatte, dass sein Teamführer den Jungen schon überzeugen würde. Doch danach sah es momentan ganz und gar nicht aus.
 

„Was wollen Sie Hampelmann denn?“, fuhr er den Anbu an, nur um sich dann wieder Kakashi zuzuwenden. Der schaute sich derweil nach dem zweiten Wachmann um, der irgendwo in der Nähe sein musste. Niemand würde eine ganze Gegend von einem Sechzehnjährigen bewachen lassen, schon gar nicht, wenn dieser anscheinend aus dem Gefühl heraus agierte. Sobald zu viele und zu starke Gefühle im Spiel waren, wurde es gefährlich.
 

Kakashi glaubte, die Umrisse eines Zeltes unweit von ihrem Standort erkennen zu können. Er nahm an, dass die zweite Wache schlief. Wahrscheinlich bewachten sie sämtliche Gegenden zu zweit.
 

Mittlerweile war es stockdunkel und keine einzige Lichtquelle erlöste sie von ihrer derzeitigen Blindheit.
 

„Wenn es stimmt, was du sagst, dann würdest du uns passieren lassen. So einfach ist das“, erwiderte Kakashi gelassen und das obwohl der Junge so dicht an ihn herangerückt war, dass er dessen Atem riechen konnte. Nun, freuen tat es ihn nicht gerade.
 

„Jetzt passen Sie mal auf: Ich-habe-keinen-Bock-auf-Sie, also zischen Sie ab!“ Zwischen jedem Wort hatte er sein Gesicht ein Stückchen weiter nach vorne geschoben, sodass in ihrer Mitte kaum noch genug Platz für ein Blatt Papier war. Das erforderte anscheinend drastische Maßnahmen! Kurzerhand packte Kakashi den Jungen, drehte ihn mit dem Rücken zu sich und schlang dann von hinten seinen Arm um dessen Hals. Genauso schnell zückte er einen Kunai unter seinem Hosenbund hervor und hielt ihm den überraschten Jüngling von rechts an die Kehle.
 

„Senpai!“ Tenzou klang so, als wollte er sagen: Was um Himmels Willen tut Ihr denn da? Doch auch dieses Mal versuchte er, dem Älteren zu vertrauen, auch wenn er daran zweifelte, dass es hier noch etwas werden würde.
 

Kakashi drückte den Rücken des Jungen noch etwas stärker an seinen Oberkörper. Dann beugte er seinen Kopf etwas herunter, sodass sein Mund direkt neben dessen Ohr war. „Niemand stellt also für dich eine Gefahr dar? Du kommst ja noch nicht mal gegen einen normalen Zivilisten wie mich an“, flüsterte er ihm zu und presste ihm das Kunai etwas stärker an die Kehle.
 

Der silberhaarige Shinobi sah, wie der Junge seinen Mund etwas öffnete und doch keinen Ton herausbrachte. Stille hatte doch einen Klang.
 

Kakashi spürte, wie angespannt der Körper war, den er nach wie vor an sich gedrückt hielt. Er entschied, dass es genug war und so drehte er seinen Kopf zu Tenzou um und warf ihm einen vielsagenden Blick zu, bevor er sich abermals dem Jungen widmete.
 

Mit den Worten „Tut mir leid“ ließ er ihn los und zögerte anschließend keinen Augenblick, um sich aus dem Staub zu machen. Sie steuerten die bewohnte Gegend vor ihnen an und ignorierten das langsam verstummende Geschrei des jungen Wachen, der sich offensichtlich von dem Schock erholt hatte.
 

„Zugegeben, die Idee, an seinen falschen Stolz zu appellieren, war nicht schlecht, aber es hätte auch ordentlich in die Hose gehen können“, meinte Tenzou, während sie durch die stille Nacht eine Marktstraße in Kumogakure entlang gingen.
 

„Ich musste mich seinem Charakter anpassen. Was Besseres ist mir auf die Schnelle nicht eingefallen. Aber das ist jetzt nicht mehr so wichtig. Wir brauchen eine Unterkunft für die Nacht. Es ist zu gefährlich, wenn wir draußen bleiben. Wir könnten auffallen.“
 

„Ja, Ihr habt recht. Hier wird sich schon etwas Passendes finden lassen.“
 

Während sie durch die breite Straße marschierten, schauten sie sich aufmerksam nach einer möglichen Schlafgelegenheit um. Die Straße wirkte trotz der späten Stunde noch sehr lebendig, was vor allem daran lag, dass noch dutzende Laternen brannten und die Namensschilder einiger Geschäfte beleuchtet waren.
 

„Seht Euch das mal an, Kakashi-senpai. Diese Dinger fand ich schon als Kind gruselig. Einige von ihnen wirken fast lebendig.“ Sie waren an einem Schaufester stehengeblieben, indem mehrere Porzellanpuppen ausgestellt waren. Der Name des Ladens stand in großen Buchstaben an der Scheibe. Er nannte sich Die Puppenspielerin. Das war – wie Tenzou fand - kein besonders kreativer Name.
 

Kakashi zuckte nur die Achseln und ging weiter. Die Hände in den Hosentaschen vergraben, schlenderte er gemütlich durch die kühle Luft der Nacht und dachte an sein geliebtes Flirtparadies, in welchem er jetzt zur Entspannung nur allzu gern hineingelesen hätte.
 

Hotel Bani. Ein schmaler Riss hatte sich ihren Weg quer über die Mauern gebahnt. Eine pechschwarze, streunende Katze tauchte plötzlich aus dem Nichts neben dem brüchigen Gebäude auf und durchbrach mit ihrem Miauen die friedliche Ruhe der Nacht.
 

„Sollten wir keinen Umweg nehmen, Kakashi–senpai?“, schlug Tenzou beim Anblick des schwarzen Tieres vor, wobei sich ein dezentes Lächeln in seine Züge geschlichen hatte. Sein Respekt vor dem silberhaarigen Jounin verbot es ihm, ein spöttisches Grinsen aufzuerlegen, auch wenn er nahezu den Drang dazu verspürte.
 

Kakashi lachte als Folge dieser offensichtlichen Anspielung herzhaft auf und kratzte sich dabei in scheinbarer Verlegenheit am Hinterkopf. „Ich glaube, dieses Mal kann ich es riskieren. Wir sind immerhin zu zweit und wie heißt es doch so schön? Geteiltes Leid ist halbes Leid. Aber jetzt lass uns lieber reingehen. Es ist ziemlich kalt.“
 

„Wie Ihr wollt“, lächelte der Anbu und folgte seinem Teamführer ins alte Gebäude.
 

Das Hotel bot den Gästen von innen kein besonderes einladendes Bild. Der olivgrüne Teppich hatte im Verlauf der Jahre einen gräulichen Ton angenommen und wirkte alt und schäbig. Die einst beigen Wände wiesen an vielen Stellen dunkle Flecken auf und sahen so aus, als wären sie schon seit Ewigkeiten nicht mehr gestrichen worden. Der staubige Tresen und die dahinter stehende Person vollendeten das sich darbietende Bild eines heruntergekommenen Hotels.
 

„Guten Abend“, begrüßte Kakashi die Person hinter dem Tresen; ein alter Mann mit einem altmodischen grauen Hut, der schneeweiße Haare unter sich begrub. Nahezu pausenlos nahm er einen Zug von seiner Pfeife und machte damit die ohnehin schon sehr stickige Luft nur noch unangenehmer. Als er den Mund zum Gruß öffnete, entblößte er seine Zahnlosigkeit an der oberen Front.
 

„Guten Abend, meine Herren. Was kann ich für Sie tun?“ Kakashi und Tenzou mussten ehrlich zugeben, dass sie nicht mit so einer Höflichkeit gerechnet hatten.
 

„Wir würden gerne für eine Nacht ein Zimmer buchen“, antwortete Kakashi ihm und schob seinen Schal etwas höher, weil er ein Stückchen heruntergerutscht war.
 

„Sind Sie krank?“ Der Mann sandte ihm einen kurzen besorgten Blick rüber, während er die Tür einer hinter ihm an der Wand hängenden Vitrine öffnete und den Schlüssel, über den die Nummer 45 stand, abnahm.
 

Kakashi täuschte einen Huster vor und sagte mit gespielter Schwäche: „Ich habe mich erkältet.“
 

Tenzou konnte über dieses Schauspiel nur lächeln. Es war einfach amüsant.
 

„Wir haben aber auch ein Mistwetter seit Tagen!“, beklagte er sich und reichte Kakashi dann den Schlüssel. „Ein paar Meter weiter ist eine Apotheke“, informierte er den scheinbar Kranken und zeigte mit seinem Daumen hinter sich als Zeichen, welche Richtung er dafür einschlagen musste.
 

„Das ist gut zu wissen. Haben Sie vielen Dank!“ Er schenkte dem Mann noch ein Lächeln und wünschte ihm eine gute Nacht, bevor er sich mit Tenzou zum Zimmer 45 bewegte.
 


 

Neji wachte am nächsten Morgen früh auf und stellte sogleich bitter fest, dass seine Kopfschmerzen noch immer zu spüren waren. Als wäre das nicht schon schlimm genug, waren sie auch noch um einiges stärker als den vorigen Tag. „Verdammt!“, fluchte er, ein Finger an jede Schläfe drückend. Schwerfällig quälte er sich aus dem Bett heraus und stand mit einem tiefen Seufzer auf, um ins Bad zu gehen. Auf dem Weg dorthin stolperte der unachtsame und immer noch müde Hyuuga über sämtliche Dinge, die seinen Weg kreuzten. Dabei handelte es sich jedoch keinesfalls um Gegenstände, die unordentlich inmitten einer kleinen Wohnung standen, sondern um Möbelstücke, die sich an ihrem üblichen Platz befanden. Neji war kein Mensch, der gern in Unordnung unterging, wie manch anderer. Er hielt Ordnung für unumgänglich, vor allem in dem Leben eines Ninja, welches von Hast beherrscht war. Man musste jederzeit einsatzbereit sein.
 

Unter schmerzerfülltem Stöhnen wusch er sich mit eiskaltem Wasser sein Gesicht und hoffte, dem lodernden Feuer in seinem Kopf ein wenig Gegenwehr bieten zu können. Doch es half nicht. Resignierend schnappte er sich mit geschlossenen Augen ein Handtuch und drückte es sich ins nasse Antlitz, wo es für eine ganze Zeit verweilte.
 

Der laute Klang seiner Klingel ließ ihn erschrocken zusammenfahren, weswegen er beinahe das Handtuch fallen gelassen hätte. Wer störte ihn denn so früh am Morgen? Es kam nur einer infrage.
 

„Lee…“ Neji hätte nicht genervter und lustloser klingen können, als er seinen ehemaligen Teamkameraden sah.
 

Die schrille Stimme des schwarzhaarigen Jungen, der laut und voller Energie „Guten Morgen!“ rief und zu allem Übel auch noch eine – wie Neji fand – lächerliche Pose annahm, schickte eine unerwarteten Kälteschauer durch seinen Körper.
 

„Was willst du?“, fragte er Rock Lee geradewegs heraus und machte dabei keine Anstalten, seine äußert schlecht Laune zu verbergen. Kraftlos hatte er seine müden Glieder an die Tür angelehnt.
 

„Komm raus, mein Freund und lass uns trainieren! Die Sonne ist schon aufgegangen und schenkt der jungen Blühte unserer Jahre neue Energie. Sie wird uns zu ungeahnter Kraft verhelfen, denn in uns beiden brennt das Feuer der Jugend! Komm heraus und lass uns noch stärker werden. Ja, wir werden unseren geliebten Sensei stolz machen!“ Die Leidenschaft in seinen Augen sprühte nahezu Funken und die seltsamen Bewegungen, mit denen er seine Worte untermalte, brachten seinen Enthusiasmus zum Ausdruck.
 

Nejis einzige Reaktion bestand darin, die Tür zuzuknallen.
 

Völlig perplex starrte Lee auf die weiße Tür und blinzelte verwirrt, den Körper noch immer in einer euphorischen und vor Energie explodierenden Haltung.
 

Kaum hatte sich Neji wieder ins Bett gelegt, hörte er wieder diese verhasste Klingel. Er seufzte in sein Kissen hinein und entschloss sich dazu, Lee gänzlich zu ignorieren. Doch dieser wollte und wollte nicht aufgeben und klingelte gefühlte tausendmal und schrie noch dazu immer wieder seinen Namen.
 

„Ist ja gut, verdammt!“, gab er sich schließlich geschlagen und torkelte wie ein Betrunkener zur Tür. Allmählich befiel ihn ein Schwindelgefühl. Was war nur los mit ihm?
 

„Was-willst-du?“ Zwischen jedem Wort hatte er eine kurze Pause gemacht, um auch jedes einzelne davon durch eine starke Betonung hervorzuheben. Er bekam seine Augen kaum auf.
 

„Gai-sensei hat mich geschickt, um dich abzuholen. Er wartet auf dem Trainingsplatz unten am Fluss.“ Dieses Mal verzichtete Rock Lee darauf, seine Worte körperlich zu unterstreichen, um nicht eine weitere Abfuhr zu riskieren. Doch allein diese muntere, kraftvolle Stimme hallte schmerzhaft in Nejis Kopf wider. Wer konnte am frühen Morgen nur schon so eklig gut gelaunt sein? Er fragte sich ernsthaft, ob Lee jemals müde und ausgelaugt war und eine Auszeit brauchte. Er bezweifelte es.
 

Da er wusste, dass sein Lehrer genauso war wie Lee, wenn nicht noch schlimmer, gab er nach und sagte zu seinem ehemaligen Teamkameraden: „Richte ihm aus, dass ich gleich komme.“
 

„Juhuuuuu, endlich geht es los! Wir …“
 

Das war zu viel für Nejis Nerven, weswegen er abermals einfach die Tür zumachte. Dennoch konnte er Lees Freudengesang hören. Woher nahm dieser Junge nur seine Energie?
 


 

Nach einer halben Stunde hatte er den verabredeten Platz erreicht. Er sah schon vor einiger Entfernung, dass sein Lehrer und Lee Liegestützen machten. Die beiden konnten aber auch für keine Sekunde untätig herumsitzen!
 

„Da bist du ja endlich, Neji.“ Gai sang die Worte fast und lief ungeduldig mit Lee zu seinem Schüler.
 

„Ja“, war alles, was Neji darauf sagte. Die Schmerzen rissen die Kontrolle über seinen Verstand an sich und benebelten langsam seine Sinne, sodass er Mühe hatte, konzentriert zu bleiben und aufrecht zu stehen.
 

„Ist alles in Ordnung mit dir, Neji?“, hörte er Tenten fragen, die hinter der hohen Gestalt von Gai zum Vorschein kam. „Du siehst nicht gut aus“, hing sie sogleich besorgt hintendran.
 

„Ich bin nur ein wenig müde. Es ist alles in bester Ordnung“, versuchte er sie zu beruhigen und als sie kaum merklich nickte, zeigte ihm das, dass es ihm gelungen war.
 

„Na, dann kann es ja losgehen!“, schrie Gai plötzlich und hob seine Faust in die Höhe.
 

„Jaaaaaaa!“, stimmte Lee mit ein und streckte ebenfalls seine geballte Hand hoch.
 

Neji ahnte nichts Gutes, denn er kannte diese zwei Menschen einfach schon viel zu gut. Er wusste, er würde es bereuen, wenn er jetzt nicht einfach ginge, aber er tat es dennoch nicht. Stattdessen fragte er: „Warum haben Sie mich hierhin bestellt, Gai-sensei?“
 

„Na, warum wohl?“, fragte er viel zu laut für Nejis Geschmack, nur um sich dann selber die Antwort zu geben. „Wir, das heißt ich und du, werden jetzt gegeneinander antreten. Ich will wissen, warum du im Turnier im Finale standest und nicht ich“, erklärte er Neji nicht weniger enthusiastisch als Lee, die Augen eine reine Feuerflamme.
 

„Müssen wir dafür unbedingt gegeneinander antreten?“
 

„Natürlich!“, antwortete Gai überzeugt und voller Tatendrang.
 

„Sowie es aussieht, komme ich wohl nicht drum herum“, seufzte Neji und gab damit indirekt sein Einverständnis.
 

„Genauso ist es! Na dann, lass uns kämpfen!“, rief Gai laut und streckte ihm seinen aufrechten Daumen entgegen.
 

Die beiden Kämpfer, die nicht unterschiedlicher hätten sein können, stellten sich in die Mitte des großen Platzes auf. Die Holzbalken, die aus der Erde ragten, standen wie eine stärkende Einheit hinter dem Lehrer dieses ehemaligen Teams.
 

„Bist du bereit, Neji?“, fragte ihn Gai, der plötzlich wie ausgewechselt war. Er war ernst, wodurch die Farbe seines Haares und seiner Augen noch dunkler wirkten als sonst. Neji fühlte die Gefahr, die von seinem Gegenüber ausging. Das war das erste Mal, dass sein Lehrer ihn so ansah wie einen Feind. Es war erstaunlich, wie Menschen plötzlich eine unterdrückte Seite zum Vorschein brachten, wenn sie sich in bestimmten Situationen befanden.
 

Obwohl er fühlte, dass er der Ohnmacht nah war, antwortete er mit einem leisen aber bestimmten „Ja“ auf die Frage seines Gegners. Die Sonne brannte auf ihrer Haut, kein Lüftchen rührte sich. Die sonstige Frische des frühen Morgens war ausgeblieben. Schwierige Umstände für einen harten Kampf. Die Trockenheit der Luft ließ einen für gewöhnlich nach anstrengender körperlicher Betätigung in der Atmung stocken, was fatal für einen Kämpfer sein konnte. Und dass es sich hierbei gewissermaßen um einen Freundschaftskampf handelte, änderte nichts daran. Beide wollten gewinnen und beide würden so kämpfen, wie sie es auch gegen jeden anderen getan hätten. Freundschaftskampf hin oder her.
 

Getrieben von dem Willen zu siegen, schnellte Gai auf seinen Schüler zu, der etwas seine Knie gebeugt und seinen linken Arm zur Abwehr nach vorne gestreckt hatte. Kurz bevor der Ältere ihn aber erreicht hatte, verschwand er plötzlich aus seinem Blickfeld und tauchte, kaum dass er das realisiert hatte, hinter ihm auf. Das war so schnell gegangen, dass er sich ernsthaft fragte, ob sein Lehrer sich nicht eines Schattenklons bedient hatte, auch wenn er wusste, dass Gai keine Ninjutsus beherrschte. Diesen absurden Gedanken verwarf er schnell und sprang aus dem Effekt heraus zur Seite. Er wusste, dass ihm die Zeit dazu gefehlt hätte, hinter sich zu gucken, um zu sehen, was Gai tun würde. Und so entkam er hauchdünn dem Schlag, der regelrecht auf ihn zugerast war.
 

Bereits jetzt hatte er eine kurze Verschnaufpause bitter nötig, doch sein Gegner ließ ihm keine Gelegenheit dazu. Er stand noch nicht mal wieder aufrecht, als Gai abermals dicht bei ihm erschien und beabsichtigte, ihn mit seiner Faust zu treffen. In einem beeindruckenden Tempo kam die Hand auf ihn zu und Neji schaffte es, diesen Schlag zu parieren, indem er nach dem Handgelenk seines Gegners griff. Es bedurfte ihm nicht viel Zeit, um festzustellen, dass er in Punkto Kraft mit seinem Lehrer nicht mithalten konnte. Also ließ er seinen Oberkörper etwas nach vorne fallen, in der Absicht, all seine Energie in sein Bein zu verlagern und seinem Gegner einen Tritt zu verpassen. Rechtzeitig schaffte es Gai jedoch, über das auf ihn zukommende Bein zu springen und sich nicht nur aus dem Griff seines ehemaligen Schülers zu befreien, sondern auch im selben Schritt zur Gegenattacke überzugehen. Er traf ihn kurz unterhalb des Halses, sodass Neji sein Gleichgewicht verlor und kurz hinfiel.
 

Wenn das so weiter geht, dann bin ich in weniger als einer Minute erledigt, schoss es dem braunhaarigen Jounin durch den Kopf, als er sich hastig wieder aufrappelte und seinen Gegner mit einem höchstkonzentrierten Blick fixierte. Konzentrier dich!
 

Gai stürmte erneut auf ihn zu, die Hände dabei nach hinten ausgestreckt und den Körper nach vorne gelehnt. Eine kurze Schmerzwelle glitt durch Nejis Körper und zwang ihn dazu, seine Zähne aufeinander zupressen, um einen verräterischen Laut zu unterdrücken. Er hob seine Arme, bereit, Gais Angriff zu kontern. Doch ehe er eine Gelegenheit dazu hatte, verschwamm plötzlich seine Sicht, sodass er alles nur noch schemenhaft erkennen konnte.
 

Was ist jetzt los?, fragte er sich, realisierte aber schnell, dass er für derartige Gedanken keine Zeit hatte. Stattdessen entschloss er sich dazu, sich nicht zu rühren und seine anderen Sinne verstärkt einzusetzen. Allerdings gelang ihm das nicht so gut. Sein Lehrer bewegte sich viel zu schnell, weswegen er bald verwirrt war und gar nicht mehr wusste, von welcher Seite er angreifen würde. Was sollte er nur tun?
 

Ein kraftvoller Schlag, der ihn im Gesicht traf, unterbrach seine von Verzweiflung sprechenden Gedanken und er flog einige Meter über den Platz hinweg. Feine Blutrinnsale liefen an seinen Mundwinkeln herunter und mischten sich unter das strahlende Grün des Rasens. Der unverwechselbare Geschmack des Blutes war ihm ein Gaumengraus, weswegen er es rasch ausspuckte und sich anschließend mit dem Handrücken über den Mund fuhr.
 

Jedes einzelne Köperteil schmerzte ihm. Wäre er nicht so ein stolzer Mensch, so hätte er spätestens jetzt aufgegeben. Doch selbst für solche lächerlichen Gedanken fehlte ihm die Zeit. Sein alter Lehrer war gnadenlos und ließ ihn keine Sekunde zum Durchatmen. Wieder griff er an, was ihm zeigte, dass Gai felsenfest entschlossen war, den Sieg davon zu tragen. Und auch wenn Neji das ungern zugab: Er hatte in seinem derzeitigen Zustand nicht den Hauch einer Chance, diesen Kampf zu gewinnen. Auch wenn es ausweglos erschien, er würde sein Bestes geben.
 

Er stand hastig auf und begab sich wieder in Abwehrposition. Als ihn weniger als zwei Meter von seinem Lehrer trennten, sprang Gai in die Luft und streckte seinen Arm aus, um – wie Neji annahm – ihn mit seiner Faust zu treffen. Seine Vermutung sollte sich bewahrheiten, denn Gai bewegte seine geballte Hand auf seinen Opponent zu, der jedoch mit Ach und Krach ausweichen konnte. Nejis Energiereserven neigten sich langsam, aber sicher dem Ende zu. Er brauchte dringend die Hilfe seines Bluterbes, um wenigstens halbwegs dem Geschehen folgen und eine Attacke starten zu können. Er verengte seinen Blick und rief:
 

„Byakugan!“
 

Kaum, dass er das getan hatte, wurde alles um ihn herum schwarz und ein dermaßen starker Schmerz schlug wie ein Blitz in seinen Kopf ein, dass er einen lauten Schrei nicht verhindern konnte. Das Byakugan war immer noch aktiviert, doch er hielt seine Augen vorerst geschlossen und presste in seinem Leiden beide Hände fest gegen seinen Kopf, während undeutliche Laute zwischen seinen zusammengepressten Zähnen drangen. Von weiter Ferne schien er seine Teamkameraden seinen Namen immer und immer wieder rufen zu hören.
 

Schließlich schob er seine Lider langsam nach oben …
 

Sein Blick wanderte von rechts nach links, von links nach rechts und immer so weiter. Er konnte es einfach nicht glauben. Eine erdrückende Angst schlang sich wie Efeu um sein Herz.

Flüsternd stotterte er:
 

„Ich … ich … kann nichts mehr … ich kann nichts mehr sehen.“



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