Zum Inhalt der Seite

Hypolepsis

One Shot Sammlung
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Problembewältigung (Kiba/Naruto)

Es gab viele Dinge, die Kiba an Naruto störten, manche mehr und manche weniger stark. Das war schon immer so gewesen, und auch wenn sie seit über einem Jahr ein Paar waren und mittlerweile sogar zusammen in eine eigene kleine Wohnung gezogen waren, hatte sich daran nichts geändert. Kiba war klar, dass er selbst häufig nicht einfach war und Probleme eigentlich vorprogrammiert waren, wenn zwei Menschen die sich so ähnlich waren eine Beziehung eingingen. Aber in den meisten Fällen wollte er sich seine eigenen Fehler nicht eingestehen, denn es war immer viel einfacher, anderen die Schuld zu geben, wenn etwas nicht so lief wie man wollte.

Als er also an diesem Nachmittag von einem Spaziergang mit Akamaru zurückkam und feststellte, dass Naruto noch unterwegs auf seiner Mission war und den Müll schon wieder nicht rausgebracht hatte, fasste er einen Entschluss. Leise Flüche murmelnd kramte er einen Block und einen Stift aus einer der vielen Schubladen hervor und ließ sich aufs Sofa fallen. Akamaru rollte sich so dicht zu seinen Füßen zusammen, dass Kiba das weiche Fell auf seinen nackten Füßen spürte. Etwas besser gelaunt nahm er sich vor, endlich eine Liste der Dinge zu machen, die er an seinem Freund nicht leiden konnte.
 

1. Er mag keine Hunde
 

Nun gut, vielleicht übertrieb Kiba direkt zu Anfang ein wenig, aber zu seiner Verteidigung sei gesagt, dass er Naruto wegen des vollen Mülleimers schon seit zwei Abenden in den Ohren lag. Eigentlich hatte Naruto nichts gegen Hunde, sondern nur gegen die Hundehaare, die nun einmal zwangsläufig ihren Weg auf Kleidungsstücke, Möbel und Tellerwaren fanden, wenn man mit einem Tier zusammenlebte. Für Kiba war das nie ein Problem gewesen, schließlich war er damit aufgewachsen und liebte Hunde über alles. Was waren da schon ein paar Haare, die man sich ab und an aus dem Mund fischen musste?

Er wäre viel eher bereit Verständnis für Naruto aufzubringen, wenn dieser nicht sogar schon die Frechheit gehabt hätte, eine Tierhaarallergie vorzutäuschen, um Akamaru aus dem Haus zu halten. In diesem Moment war für Kiba eine Welt zusammengebrochen, ganze sieben Minuten lang, bis er richtig darüber nachgedacht und seine Lüge erkannt hatte. Danach hatte er Naruto drei Tage lang ignoriert (und Naruto zu ignorieren war eine Meisterleistung sondergleichen), bis dieser eingelenkt und sich entschuldigt hatte.

Trotzdem maulte er noch rum, wenn Kiba mal längere Zeit bei seiner Familie und den neugeborenen Welpen verbrachte und erst spät abends nach Hause kam. Naruto beschwerte sich immer noch über die Tierhaare in ihrem Bett, auf dem Sofa, im Bad, auf ihren Handtüchern – und Kiba sagte einfach gar nichts mehr dazu.
 

Kiba hielt kurz inne, sein Blick huschte von dem Block zu Akamaru und wieder zurück. Es stimmte zwar, dass Naruto sich über die Tierhaare beschwerte, aber vielleicht tat er das nur um des Beschwerens Willen. Ganz häufig, wenn Kiba nach einer Dusche aus dem Bad kam, sah er Naruto auf dem Sofa sitzen und abwesend Akamaru kraulen, der den Kopf in seinen Schoß gelegt hatte.

Ein Lächeln huschte über seine Lippen, doch im nächsten Augenblick fiel ihm schon ein weiterer Punkt für seine Liste ein, also schrieb er eifrig los.
 

2. Er versteht sich nicht mit meiner Familie
 

Wenn er Naruto mit zu seiner Familie nahm, endete das fast ausnahmslos im Chaos. Wehmütig erinnerte er sich an das erste Treffen zurück, bei dem er ihn auch gleichzeitig als seinen festen Freund vorgestellt hatte. Seine Familie hatte prinzipiell kein Problem damit, mit wem er zusammen war, aber Kiba hatte sich so sehr gewünscht, dass der andere sich mal nicht von seiner schlechten Seite zeigte. Noch heute beschwerte er sich wenn er zu Treffen mitkommen musste, und wenn er tatsächlich mitkam, verhielt er sich seinen Verwandten gegenüber unmöglich, beleidigte ihre Hunde und nahm Reißaus, sobald seine Mutter den Raum betrat. (Dass er eine Heidenangst vor seiner Mutter hatte war das Einzige, das Kiba ihm nicht übel nehmen konnte.)
 

Aber einmal – daran erinnerte er sich gut – hatte er mitbekommen, wie Naruto und Hana sich etwas abseits unterhalten hatten. Seine Schwester hatte ihm einige grundlegende Dinge zur Hundehaltung erklärt, und Naruto hatte ihr aufrichtig interessiert zugehört. Seither hatte Kiba den Verdacht, dass sein Freund einfach nur mit der Situation überfordert war, weil er selbst ohne Familie aufgewachsen war. (Und weil viele seiner Verwandten, gerade die Damen, ziemlich furchteinflößend sein konnten.)

Kiba runzelte die Stirn und überlegte. Vielleicht sollte er in Zukunft mehr Rücksicht auf Naruto nehmen, wenn er schon zustimmte, ihn zu seiner Familie zu begleiten.
 

3. Er nimmt keine Rücksicht auf meine Nase
 

Kiba roch den Müll bis ins Wohnzimmer, schon seit er durch die Tür getreten war, und er war sich sicher, dass Akamaru davon auch nicht begeistert war. Seine Nase war nun einmal sehr viel empfindlicher als die anderer Menschen, und gerade von seinem Freund erwartete er zumindest ein wenig Rücksichtnahme. Ironischerweise war Naruto jedoch der Mensch, den es am wenigsten zu kümmern schien, ob er unter einem Geruch litt. Vom Mülleimer wollte er jetzt nicht wieder anfangen, aber er trug zum Beispiel seine Kleidung viel zu lange, egal wie verdreckt und verschwitzt sie war. Zusätzlich dazu warnte er ihn trotz wiederholter Bitte nicht vor, wenn er Blähungen von all dem Junk Food bekam, das er in sich reinschaufelte, und wenn Kiba ganz ehrlich war, suchten ihn die Erinnerungen an ihren Kampf während des Chuunin-Examens immer noch heim.
 

Dennoch liebte Kiba Narutos Eigengeruch, diesen unverwechselbaren Geruch nach Abenteuer, Sonnenschein und Erde. Besonders schätze er die Tage, an denen Naruto schmollend und nur in seiner Unterhose mit ihm auf dem Sofa lag, weil Kiba ihn gezwungen hatte, endlich seine Kleidung zu waschen. Obwohl er sich immer darüber beschwerte, wie kalt ihm danach war, weigerte er sich andere Klamotten anzuziehen und zog ihn stattdessen so eng an sich, bis es selbst Kiba schwer fiel, ihre Gerüche auseinander zu halten.
 

4. Er hilft nicht im Haushalt
 

Allmählich ließ sich der Gestank des überquellenden Mülleimers nicht mehr verdrängen. Nicht nur innerlich fluchend hatte Kiba den Stift bei diesem Punkt mit sehr viel mehr Druck geführt als bei den vorangegangenen. Zugegeben, er war auch kein großer Fan von Hausarbeit und drückte sich so häufig es ging, da schenkten er und Naruto sich nichts. Aber er gab sich zumindest Mühe, ihre Wohnung nicht völlig in Unordnung versinken zu lassen. Das konnte er von Naruto nicht behaupten. Vom Müll mal abgesehen half er auch sonst nicht; er putzte nicht, er kochte nicht, er kaufte so gut wie nie ein – und wenn, dann hatten sie fast nur Fertigprodukte im Vorratsschrank.
 

Bevor Kiba sich zu sehr aufregte, atmete er einmal tief durch und schloss kurz die Augen. Dann stellte er sich vor, wie Naruto von hinten die Arme um ihn schlang, wenn er ihnen Frühstück machte. Fast konnte spüren, wie ihn blonde Strähnen an der Wange kitzelten, und mit einem Mal war er kaum noch wütend auf seinen Freund.
 

5. Er macht aus allem einen Wettkampf
 

Anfangs hatte Kiba noch gedacht, dass das eine gute Eigenschaft wäre. Doch bereits in den ersten Wochen ihrer Beziehung hatte er aufgehört zu zählen, wie viele Dutzend Male Naruto ihn zu Wettrennen aufgefordert hatte. Er wusste auch schon lange nicht mehr, wer mit den Siegen vorne lag, auch wenn sein Selbstbewusstsein ihm versicherte, dass er es war. Dann waren da die Tage, an denen sie beide frei hatten und ausgiebige Spaziergänge mit Akamaru machten. Diese wären allerdings viel entspannter, wenn Naruto nicht nach wenigen Minuten sein Schritttempo drastisch erhöhen würde, oder wenn er nicht versuchen würde Akamarus Spielzeuge weiter und kräftiger zu werfen als Kiba es für gewöhnlich tat.

Mittlerweile hatte Naruto etwas zurückgefahren und hielt sich oftmals zurück, doch es war ihm meistens dennoch zu viel. Sie hatten zum Beispiel selten die Möglichkeit, zusammen zu essen, und wenn es dann so weit war, würde Kiba sich viel lieber mit seinem Freund unterhalten, als zum tausendsten Mal ein Wettessen daraus zu machen, so wie Naruto es fast immer tat. Kiba wollte nicht mehr wissen, wer von ihnen schneller, höher und weiter ging, sondern einfach nur Zeit mit ihm verbringen.
 

Ihm ging diese ewige Rivalität in seiner eigenen Beziehung so sehr auf die Nerven, dass er sich die positiven Aspekte davon zunächst nicht eingestehen wollte. Sicher, auf Dauer machte es ihre gemeinsame Zeit anstrengend, aber dafür spornte Naruto ihn auch immer wieder dazu an, an seine Grenzen zu gehen. Und wenn Kiba gewann – was in letzter Zeit selten geschah, wie er sich etwas bitter eingestehen musste –, freute er sich völlig neidlos für ihn, egal wie enttäuscht er über seine Niederlage.

Das Schönste war für ihn allerdings die aufrichtige, pure Freude in Narutos Blick, wenn er ihn nach einem Sieg lobte.
 

6. Er ist oft nicht ernst genug
 

Und das aus Kibas Mund. Fast hätte er über sich selbst gelacht, aber dann fiel ihm wieder ein, dass Narutos fehlende Ernsthaftigkeit seine eigene um Längen überstieg. Es war nicht das ewige Rumalbern, das Kiba störte, sondern dass Naruto nicht einmal dann ernst sein konnte, wenn Kiba ihn ausdrücklich darum bat. Er musste immer erst laut werden, und manchmal musste sogar erst irgendetwas kaputt gehen (ja, sie warfen ab und an mit Dingen um sich, zielten aber niemals auf den jeweils anderen), bevor Naruto wirklich bereit dazu war, ohne einen Scherz auf den Lippen mit ihm zu reden.

Als sein Partner fühlte Kiba sich mittlerweile auch fast schon dazu verpflichtet, Narutos manierliche Patzer so gut es ging wieder gerade zu biegen, obwohl ihn das häufiger als nicht in unangenehme Situationen brachte. Naruto hatte ein Talent dafür, die falschen Dinge in den falschen Augenblicken zu sagen, und gerade wenn er das bei jemandem tat, der nicht zu ihrem engeren Freundeskreis zählte, lag es meist an ihm, die Wogen wieder zu glätten.
 

Es war anstrengend und endete oft damit, dass sie einander anblafften. Doch zumindest wusste Naruto auch immer genau, wie er Kiba aufmuntern konnte, wenn es ihm schlecht ging.
 

7. Er ist unberechenbar
 

Zugegeben, Kiba war niemand, der ausführliche Pläne schmiedete, bevor er eine Sache anging. Früher, zu Zeiten von Team 8, hatte er das getrost Shino überlassen, und heutzutage kam er auch irgendwie zurecht. Seit er nicht mehr Zuhause wohnte und auch immer häufiger Missionen leitete, war er sogar dazu übergegangen, sich grobe Pläne und Richtlinien zurechtzulegen. Dass er diese dann sogar in den meisten Fällen problemlos einhielt, machte ihn ein klein wenig stolz.

Aber mit Naruto an seiner Seite war keine Planung möglich, weder bei Missionen noch im Alltag. Selbst nach all der Zeit, die sie miteinander verbracht hatten, war es ihm nicht möglich ihn einzuschätzen. Außerdem vermutete Kiba schon seit Jahren, dass Naruto einfach chronisch immer das Gegenteil von dem tat, was man von ihm wollte. Keine lohnenswerte Eigenschaft für einen Ninja, aber das war ein Problem für eine andere Liste.
 

Trotz all der zusätzlichen Arbeit, die ihm diese Charaktereigenschaft seines Freundes bereitete, konnte Kiba damit noch ganz gut leben. Denn die Überraschungen, die Naruto für ihr Jubiläum, zu seinem Geburtstag oder einfach nur so plante, waren dafür umso schöner.
 

8. Er ist zu laut
 

Auch wenn Kibas Ohren nicht ansatzweise so empfindlich waren wie seine Nase, so litten sie dennoch oftmals unter Narutos lauter Stimme. Manchmal überlegte er, ob sein Freund vielleicht einfach nicht einschätzen konnte, in welcher Lautstärke er wann sprechen sollte. Dann wollte er sogar Verständnis für seine Lage aufbringen – bis Naruto ihm wieder ins Ohr schrie oder ihn durch die Gegend zog, wie das hyperaktive Energiebündel, das er nun einmal war.
 

Wie sehr er sich daran aber schon gewöhnt hatte, merkte Kiba immer nur in den seltenen Momenten, in denen Naruto still war. Kaum etwas war ihm so unangenehm, machte ihm so viel Angst wie seinen Freund traurig oder energielos zu sehen. Es passte einfach nicht, und um seines heilen Weltbildes Willen war er bereit, seine manchmal schmerzenden Ohren in Kauf zu nehmen.
 

9. Er ist nicht kompromissbereit
 

Er übertrieb nicht, wenn er sagte, dass Naruto der sturste Mensch war, mit dem er je zu tun hatte. Sah man sich allerdings seine Familie an, war das schon ein ziemliches Glanzstück, fand zumindest Kiba. Selbst zu seinen aufmüpfigsten Zeiten hatte er mit seiner Familie weniger diskutiert als mit Naruto in der gesamten Dauer ihrer Beziehung. Gut, er selbst nörgelte auch häufig rum, aber wenigstens lenkte er früher ein als der andere. Wobei er das auch eher aus Pragmatismus als auch wahrer Einsicht tat, denn wenn keiner von ihnen nachgab konnte ein Streit auch mal eine Woche oder länger dauern.
 

Für einen Moment wurde Kibas Blick unfokussiert. Abwesend streckte er die Hand aus und kraulte Akamarus weiches Fell, als er sich an einen Moment erinnerte, an dem sie noch keinen Monat zusammen gewesen waren. Damals hatte er Naruto zufällig dabei überrascht, wie dieser in ihrem Schlafzimmer auf und ab gegangen war, in Selbstgespräche vertieft und einen herzzerreißend unsicheren Glanz in den Augen. Er hatte nur Fetzen von dem verstanden, was er sich einredete – irgendetwas davon, dass das alles neu für ihn war und er Angst hatte, etwas falsch zu machen und alles zu ruinieren –, aber es hatte ihm beinahe das Herz gebrochen. Kiba hatte ihn darauf in den Arm genommen und ihm versichert, dass alles gut war. Und er hatte sich geschworen, es niemals wieder so weit kommen zu lassen.
 

10. Er ist zu aufdringlich
 

Nähe war in einer Beziehung ein Muss für Kiba, da führte kein Weg dran vorbei. Natürlich war Körperkontakt zu seinen Freunden, seiner Familie und ihren Hunden selbstverständlich, aber mittlerweile gab es für ihn nichts Schöneres, als mit Naruto auf ihrer Couch oder im Bett zu liegen. Seine Nähe und sein Geruch waren fast so beruhigend wie der von Akamaru, der ihn seit frühster Kindheit begleitete, und wenn er ehrlich war hatte er nicht damit gerechnet, dass das jemals geschehen würde.

Mit Naruto hatte er zum Glück einen Partner, der ebenso auf Körperkontakt bestand wie er selbst. Doch im Gegensatz zu Kiba verstand er nicht, dass es auch Zeiten gab, in denen etwas Abstand gar nicht schlecht war. Wenn sie zum Beispiel Dinge erledigen mussten, wenn sie gemeinsam auf Missionen waren, oder auch wenn sie etwas mit Freunden unternahmen und Naruto am liebsten den ganzen Ausflug über von ihm getragen werden wollte. Naruto war öfters als nicht aufdringlich, gerade auch dann, wie sie sich stritten, und damit konnte Kiba nicht umgehen. Er wollte keine Nähe, wenn er wütend auf ihn war, und deswegen war es manchmal sehr anstrengend, seinem Freund verständlich zu machen, warum er in diesem spezifischen Moment nicht kuscheln wollte.
 

Trotz allem musste Kiba grinsen. Er dachte daran zurück, wie er einmal eine komplette Woche von Naruto getrennt gewesen war, weil dieser auf eine längere Mission hatte gehen müssen. Er hatte ihn so sehr vermisst, dass er ihm am Tag ihres Wiedersehens um den Hals gefallen war, ihn zu Boden geworfen und so lange mit Küssen überhäuft hatte, bis sogar Naruto genug hatte.
 

11. Er ist nicht nur bei mir zu aufdringlich
 

Kibas Gesicht verzog sich ungewollt zu einer Grimasse, als er diesen Punkt niederschrieb. Dumme Eifersucht, aber in gewisser Weise war er es selbst schuld. Auch wenn er sich manches Mal darüber beschwerte, wie sehr Naruto ihm auf die Pelle rückte, wollte er nicht, dass sein Freund sich als Ausgleich Zuneigung von anderen holte. Zu sehen, dass er auch Körperkontakt zu anderen als ihm selbst suchte, trieb ihn zur Weisglut. Manchmal hatte Kiba das Gefühl, Naruto würde sich mit Absicht bei anderen anbiedern um ihn zu ärgern, vor allem dann, wenn er ihn kurz vorher zurechtgewiesen hatte.
 

Eigentlich bestand jedoch kein Grund zur Sorge, das wusste Kiba. So sehr Naruto auch die körperliche Nähe zu Menschen im Allgemeinen suchte, war Kiba der Einzige, bei dem er sich wirklich fallen ließ. Bei jedem ihrer Freunde behielt er immer die Kontrolle darüber, wie nah der jeweils andere ihm kam, wie lange es dauerte und wo es geschah. Nur bei ihm gab Naruto die Zügel aus der Hand, und das zu wissen machte ihn zufriedener, als er sich eingestehen wollte.
 

12. Seine Fixierung auf Sasuke ist ungesund
 

Eigentlich hätte dieser Punkt die Liste anführen sollen. Kiba konnte gar nicht in Worte fassen, was in ihm vor sich ging, wann immer sein Freund Sasukes Namen in den Mund nahm. Es war eine unangenehme Mischung aus Wut, Abneigung, Eifersucht und Angst, die in seinem Magen brodelte, und das für ihn mit Abstand schlimmste an seiner Beziehung mit Naruto, ganz gleich wie selten die Momente zum Glück geworden waren.

Ein Teil von ihm hoffte, auch an diesem Punkt irgendetwas Positives finden zu können, so wie bei dem Rest der Liste. Allerdings war er realistisch genug zu wissen, dass das niemals geschehen würde, also zuckte er nur mit den Schultern und schrieb weiter.
 

Zumindest versuchte er das. Er überlegte angestrengt, ließ den Stift wenige Millimeter über dem Blatt Papier verweilen. Bis ihm schließlich ein Einfall kam, der ihm die Kehle unangenehm zuschnürte. Etwas zögerlich begann er, den letzten Punkt aufzulisten.
 

13. Er ist mir zu wichtig geworden
 

Kaum dass er das letzte Wort geschrieben hatte, schloss Kiba die Augen, lehnte sich zurück und stieß einen langen Seufzer aus. Verglichen mit dem Rest der Liste wirkte dieser letzte Punkt beinahe schon lächerlich, und er kam sich auch ziemlich dämlich dabei vor, ihn überhaupt aufzuschreiben. Aber es stimmte nun einmal, da konnte er sich noch so sehr weigern, es zu akzeptieren. Nie hätte er gedacht, dass ihm ein anderen Mensch außerhalb seiner Familie so wichtig werden würde, dass er sich permanent Sorgen darum machte, ihm könnte etwas passieren. Obwohl gerade Naruto wohl der letzte Mensch war, um den er sich Sorgen machen musste.

Aber es waren nicht nur die Sorgen um das Wohlergehen seines Freundes. Er konnte sich schon gar nicht mehr vorstellen wie es war, Naruto nicht an seiner Seite zu wissen. Mittlerweile war er so an die Anwesenheit des anderen gewöhnt, dass er nichts mit sich anzufangen wusste, wenn er mal nicht da war. Und da war auch die leise Angst, die ihn an manchen Abenden überkam und ihm zuflüsterte, dass Naruto ihn vielleicht verlassen könnte.
 

Eine Weile lange starrte er auf das Blatt Papier in seinen Händen, las sich immer wieder die dreizehn Dinge durch, die ihn an seinem Freund störten. Oder von denen er sich nur einredete, dass sie ihn störten, wenn er sich gerade wieder aufregte.

Plötzlich sprang Akamaru auf, bellte zweimal laut und lief schwanzwedelnd zur Tür. Sofort musste Kiba lächeln, freute sich darüber, wie aufgeregt sein bester Freund immer darauf reagierte, wenn Naruto nach Hause kam. Gerade zu Anfang war er sich nicht sicher gewesen, ob die beiden sich jemals so gut verstehen würden, dass er sie problemlos miteinander allein lassen konnte, doch bereits nach wenigen Wochen hatte er gemerkt, wie unbegründet seine Zweifel gewesen waren.

Mit einem leichten Lächeln wartete er, bis Naruto seinen Namen rief und auf seine Antwort horchte. Danach lief er ohne Umwege ins Wohnzimmer, Akamaru dicht auf den Fersen, der an ihm hochsprang und versuchte, ein paar Streicheleinheiten zu erhaschen. Als er Kiba auf dem Sofa erblickte, steuerte er zunächst grinsend auf ihn zu, doch als er nur noch wenige Schritte von ihm entfernt war, rümpfte er auf einmal die Nase.

»Baah, der Müll stinkt ja echt richtig heftig! Wieso hast du den noch nicht rausgebracht?«

Fast hätte Kiba laut losgelacht, doch er zwang sich zu einem Lächeln, das sehr viel wehmütiger wirkte als beabsichtigt.

»Hab ich vergessen«, log er und lehnte den Kopf schräg nach hinten, damit er seinen Freund besser sehen konnte.

»Na ja, kann ja mal passieren«, grinste Naruto, ehe er dichter an Kiba herantrat und ihn auf die Wange küsste. Sowie er sah, dass der andere offenbar irgendetwas notierte, blickte er ihm interessiert über die Schulter. »Was machst du da?«

»Nichts Wichtiges.«

Noch nie war Kiba so dankbar für seine schreckliche Handschrift gewesen wie in diesem Moment. Hastig knüllte er den Zettel zusammen und steckte ihn in seine Hosentasche, wohlwissend, dass Naruto ihm fast blind vertraute und nicht mehr deswegen fragen würde. Dann stand er auf, streckte sich einmal und drehte sich zu seinem Freund um.

»Wollen wir mit Akamaru spazieren gehen und auf dem Weg den Müll rausbringen?«

Naruto nickte begeistert und schenkte ihm das strahlende Lächeln, das Kiba so liebte, ehe sie gemeinsam das Haus verließen. Kiba war fest entschlossen, das zerknüllte Blatt Papier in seiner Hosentasche im Laufe des Abends zu verschlucken und so dafür zu sorgen, dass es niemals Schaden anrichten konnte.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück