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Venia Legendi Eudaimonía

Die Erlaubnis zu lehren wie man glücklich ist
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ja! Es gibt tatsächlich ein neues Kapitel!

Den Anstoß dazu hat mir Ran34 geliefert, der ich hier dafür deshalb nochmal ganz lieb danken will X33 Sie hat mich nämlich indirekt auf die Idee gebracht, dass ich mich vielleicht dazu motivieren könnte, wenn schon nicht dazu, alles feinsäuberlich, was ich noch geplant hatte, auszuformulieren, wenigstens sozusagen im Zeitraffer, bzw. in einem Rückblick zu zeigen, was Heinrich und Alexander noch alles erleben.

Das hier ist also, bitte nicht böse sein, das letzte Kapitel VLE, in dem alles, was noch auf meiner Liste stand, eingeflossen ist - ich enthalte euch also nichts vor, bzw. erspare euch nichts XD

Vielen Dank an alle, die VLE die Jahre über verfolgt und kommentiert und so große Geduld gezeigt haben, ihr seid toll X33!

Wer Lust auf mehr hat, darf gern bei meiner neuen FF "Schillern" vorbeischauen ;3

Ansonsten viel Spaß mit diesem letzten Kapitel :3 Komplett anzeigen

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Der Kaffee ist mittlerweile kalt, als er den ersten Schluck nimmt, aber süß genug.

„Du bist wieder spät.“

„Jaja.“

„Kein Jaja, du hast in einer Viertelstunde im Seminar zu sein.“

„Ich weiß.“

Er stellt die Tasse ab, halb leer, und lockert seine Krawatte.

„Wie siehst du überhaupt aus?“

Er fährt sich kurz durch die hellbraunen Haare, versucht sich die Locken aus der Stirn zu streichen.

„Hatte keine Zeit heute Morgen.“

Von der anderen Seite des Bürotisches sieht ihn sein älterer Bruder an. Wie immer adrett gekleidet, Anzug, Hemd, Schlips, die Haare um die hohe Stirn sorgfältig gekämmt.

„Alexander“

„Hm?“ Mit blauen Augen sieht er zu dem Universitätsleiter auf.

Wilhelm Humboldt hat seine Stirn gekräuselt und bedenkt ihn nur mit einem skeptischen Blick.

„Was hast du wieder gemacht, am Wochenende?“

Alexander schmunzelt, aber mehr nicht.

Er nimmt noch einen Schluck Kaffee.

Wilhelm seufzt.

„Ich sag dir: Irgendwann passiert es. Und dann brauchst du nicht zu meinen, bloß weil dein Bruder Leiter dieser Universität ist, würdest du deinen Job behalten. Das ist ganz allein dein Problem, das du dann hast.“

Alexander stellt die leere Tasse ab.

„Ist ja auch mein Leben.“, meint er, als er aufsteht.

Er nimmt sein Jackett vom Stuhl und hängt es sich zusammen mit seiner Tasche über die Schulter.

„Also, viel Spaß bei der anstrengenden Büroarbeit. Grüß mir deine Frau.“

„Dir auch viel Spaß.“, grummelt Wilhelm, und sein jüngerer Bruder verlässt das Büro.

Gemütlich schlendert Alexander über den Campus. Er ist Ende Dreißig, Professor für Philosophie, diesen Morgen soll er zum Beginn der neuen Einheit eine Vorlesung über die Stoa halten. Dürfte eigentlich kein Problem sein, auch wenn es gestern etwas später geworden ist. Aber was sein Bruder wieder zu bemängeln hat…das tut er jedes Mal, wenn sie sich sehen. Da Alexander jeden Morgen bei ihm auf eine Tasse Kaffee vorbeikommt, hat er auch oft genug Gelegenheit dazu. Leider.

„Guten Morgen, Herr Professor Humboldt!“

Im Gang holt eine der Studentinnen zu ihm auf. Sie trägt heute wieder ein enges Top auf dem kurzen Rock, den sie schon den ganzen Sommer über anhat. Jeden Montag und Donnerstag in seinen Stunden. Das hat er recherchiert.

„Guten Morgen.“, grüßt er sie mit einem Grinsen zurück.

„Auch etwas später dran heute?“

Sie lacht und macht eine Bewegung, als wenn sie ihm eine Hand an den Arm legen wollte.

„Nein, ich saß nur da vorne und habe auf Sie gewartet.“

„Oh, danke.“

Sie lächelt entzückt, als er ihr die Tür zum Saal aufhält.

Mit einem „Guten Morgen“ tritt er vor die Studenten, und als erstes entledigt er sich wieder seinem Jackett, das er zusammen mit seiner Tasche aufs Pult wirft.

Er unterrichtet schon seit einigen Jahren an der Universität; an dieser, die sein Bruder leitet, ist er nun auch schon seit drei Jahren.

Zuerst ist er sich nicht sicher gewesen, ob es das Wahre ist, diesen Arbeitsplatz zu wählen. Zwei Professoren Humboldt an einer Universität, Brüder, der eine dazu noch der Chef. Muss er den anderen dann nicht selbstverständlich bevorzugen?

Alexander kennt die Antwort: Nein, definitiv nicht.

Dafür hat er jedoch ziemlich schnell festgestellt, dass er von anderer Seite her bevorzugt wird. Von seinem weiblichen Publikum nämlich.

Er will nicht arrogant klingen, aber er würde sich schon als attraktiv bezeichnen: Breite Schultern, ein paar Muskeln, noch braun gebrannt von seinem Brasilienurlaub, und auch sein Gesicht scheint seiner Erscheinung nicht zum Nachteil zu gereichen.

Manche der Studentinnen machen es nur allzu deutlich, dass sie das Fach lediglich seinetwegen gewählt haben.

Auch heute sind die Bänke vor ihm nur höchstens zu einem Viertel mit jungen Männern gefüllt.

Während er aus dem Stegreif über die Stoa, Sokrates und die Eudaimonía referiert, fragt er sich, was sein Bruder da also zu befürchten hat?
 


 

Er stellt den Cocktail ab, um ihn nicht zu verschütten, als seine abendliche Bekanntschaft sich anschickt, auf seinem Schoß Platz zu nehmen.

Sie hat schwarze Locken, jedoch nicht das Geringste mit seinen schwärmenden weiblichen Studenten gemeinsam – denn sie ist männlich.

„So, warst du also in Südamerika, hm?“

Mark, so ist sein Name, lässt seine dünnen Finger über Alexanders Hals und Schlüsselbein fahren.

„Hab mich schon gewundert, wieso du so umwerfend braun bist...“

Mit einem Grinsen auf dem Gesicht knöpft er den obersten Knopf des weißen Hemdes auf.

„Ob die Tropensonne deinen ganzen Körper erreicht hat, oder ob noch einige Stellen blass geblieben sind...?“

Alexander vermeidet es, eine Diskussion darüber anzufangen, dass es nicht die Tropensonne war, da in den Tropen die Sonne nur selten durch den dichten Regenwald dringt, und zieht den anderen stattdessen einfach zu einem Kuss zu sich hinunter.

Der junge Mann, eben noch so selbstsicher, keucht fast erschrocken auf.

Alexander schmunzelt in den feuchten Kuss hinein. Eindeutig, er steht auf so was, würde gerne noch etwas länger bei seiner Bekanntschaft bleiben, ihn vielleicht mit ins Hotel nehmen, aber…

Der Schwarzhaarige gibt einen frustrierten Laut von sich, als Alexander den Kuss unterbricht.

Es dauert ein paar Sekunden, bis sich die blauen Augen öffnen. Sie schreien förmlich nach mehr.

„Ich muss gehen, tut mir Leid“, macht Alexander nichtsdestotrotz klar.

„Muss morgen früh raus.“

Dem jungen Mann ist die Enttäuschung anzumerken, als er etwas behäbig zurück auf seinen Platz rutscht.

„Was arbeitest du denn so wichtiges, dass du mich schon verlassen musst?“

Alexander knöpft sich das Hemd wieder ordentlich zu, was ihm etwas Zeit gibt, sich eine Antwort zurechtzulegen.

„Im Büro. Da kann man nicht grad kommen und gehen, wann man will.“

Er sieht auf, und schon wieder sind die Hände des anderen da.

„Aber…“

Der Junge hat ein etwas zu spitzes Gesicht, fällt Alexander jetzt auf, ein rundes würde ihn noch attraktiver machen.

„Es ist doch erst halb Zwölf…“

Alexander grinst ihn an und kann nicht anders, als mit einer Hand den Oberschenkel seines Gegenübers hinaufzufahren.

„Wenn wir zwei noch was miteinander unternehmen würden, wären wir nicht vor drei fertig.“

Er nutzt den Moment, in dem der junge Mann einfach nur baff dasitzt, um aufzustehen.

„Darfst meinen Cocktail gerne fertig trinken.“, meint er und schnappt sich sein Jackett.

Aus seiner Hosentasche fischt er einen Zehneuroschein, den er auf den Tisch legt.

„Viel Spaß noch.“

Als er die Bar verlässt und sich auf den Weg zur Tiefgarage macht, versucht er daran zu denken, für welchen guten Zweck er dieses Vergnügen aufgegeben hat. Nur will ihn der Gedanke an den morgigen Marathontag an der Universität nicht so recht aufheitern.
 

„Du bist wieder spät.“

„Ich weiß. Und stell dir vor: es hat sich diesmal sogar nicht gelohnt.“

Er nimmt einen Schluck kalten Kaffee und ignoriert den vorwurfsvollen Blick seiner Schwägerin. Sie hat ihn noch nie verstanden. Muss sie auch nicht, er versteht ja auch nicht, wie man so verklemmt sein kann.

„Alexander“

Er sieht leicht genervt zu seinem älteren Bruder auf.

„Wilhelm, wie oft willst du mir das noch sagen? Ich bin schwul – schön!“

Frau Humboldt zuckt zusammen.

„Aber das heißt nicht gleich, dass ich über irgendwelche Studenten herfalle. Man mag es mir vielleicht nicht glauben, aber auch ich besitze so etwas wie Moral.“

Er steht auf, ohne die Tasse ausgetrunken zu haben.

„Ich spreche nicht nur im Unterricht über Philosophie, ich lebe sie auch.“

„Na, platonische Liebe ist das nicht gerade…“, hört er seine Schwägerin nuscheln und dreht sich auf der Türschwelle noch einmal um.

„Hättest du Ahnung von diesem Fach, Caroline, wüsstest du, dass Platons Symposion mehr homosexuelle Beziehungen enthält, als ich an einem Wochenende eingehen kann.“

Er steht wieder ein paar Minuten später vor der Klasse.

Johanna hat ihn aufgehalten. Oder ist es Jasmin gewesen? Nein, die trug einen anderen Minirock, ihrer hat Rüschen.

Er stellt sich seine Bekanntschaft von gestern Nacht in diesem Rock vor und muss tatsächlich kurz stocken. Wo ist er doch gleich gewesen? Genau.

„Man sieht also schon deutlich den Unterschied zwischen der stoischen Schule und dem Hedonismus. Während es der Stoa auf die Apatheia, die Autarkeia und die Ataraxía zum Erreichen der Eurdaimonía ankommt, steht im Hedonismus zum Erreichen der Glückseligkeit auch die materielle und körperliche Befriedigung im Vordergrund. Es möge also jeder die für ihn passende philosophische Richtung wählen.“

Wie zu erwarten werfen ihm hierauf einige der Mädchen in der ersten Reihe vielsagende Blicke zu, die er schwerlich ignorieren kann.

Plötzlich scheppert es.

In einer der hinteren Reihen bückt sich jemand nach einem heruntergefallenen Ordner. Als der knallrote Kopf wieder über dem Tisch erscheint, erkennt Alexander, dass es sich nicht um eines der Mädchen handelt, die sich mit solch einer Aktion Aufmerksamkeit von ihm erhofft hätten: Es ist ein Junge.

„E-entschuldigung.“

Ein Junge, der…ziemlich…

Alexander wendet seinen Blick von ihm ab.

„Schon gut. Wo war ich? Jasmin?“

„Mein Name ist Jessica…“

„Oh.“
 

„So, machen wir Schluss für heute, in fünf Minuten klingelt es. Auch wenn es der Beginn des Semesters ist, seid ihr bestimmt schon mit Arbeit überschüttet. Also, raus mit euch!“

In der regen Aufbruchsstimmung packt Alexander seine Sachen zusammen. Er hat nicht viel gebraucht, nur seine zwei altbewährten Folien über die Stoa und den Hedonismus hat er aufgelegt.

„Herr Professor“

„Ja“ Freundlich sieht er zu…der jungen Frau, deren Name mit J beginnt, auf.

„Ich habe eine Frage, die ich mich nicht getraut habe, im Plenum zu stellen, da sie doch etwas privat ist.“

„Und die wäre?“

Sie blinzelt ihn schüchtern an und schiebt sich scheinbar beiläufig einen Träger ihres Tops zurecht.

„Für welche Philosophenschule haben Sie sich entschieden?“

Alexander muss lachen.

„Hmm“, macht er und nimmt auf der Ecke des Pults Platz, wodurch sie sich nun zwischen seinen Beinen wiederfindet.

„Was schätzt du denn?“

Sie legt sich einen Finger an die Lippen.

„Ich hätte da eine Vermutung…“, meint sie.

„Sei nächstes Mal pünktlich, dann wirst du vielleicht sehen, ob sich deine Vermutung bestätigt.“, sagt er.

Irgendwie muss er sie ja loswerden, und Wilhelm kann ihm auch keine Vorwürfe machen, seine (männlichen) Studenten zu belästigen.

Sie schaut noch einmal zu ihm auf – war das ein Zwinkern?

„Dann bis zum nächsten Mal.“

Er sieht ihr nach, als sie den Raum verlässt.

Gerade will er sich wieder daran machen, seine Sachen einzupacken, da bemerkt er die Gestalt, die auf der anderen Seite des Pults die ganze Zeit gewartet haben muss.

Überrascht sieht Alexander den jungen Mann an, der dasteht, die Hände krampfhaft um den Ordner geschlossen, den er vorhin hat fallen lassen, bestimmt eineinhalb Köpfe kleiner als er.

Von Nahem ist es eher ein Junge, den man auch gut auf Sechzehn schätzen könnte. Ein Junge, der, wie er vorhin schon feststellen musste, unwahrscheinlich weiche Züge auf seinem rundlichen Gesicht, und bedürfniserweckende blaue Augen hat.

Diese blauen Augen schauen gerade so fürchterlich verunsichert zu ihm auf, dass sie ihn sprachlos lassen.

„Ich…ich wollte mich noch einmal für vorhin entschuldigen. Das war…das war keine Absicht…“

Alexander versucht das Gefühl zu ignorieren, das diese Stimme in ihm drinnen auslöst, und räuspert sich.

„Kein Problem.“, meint er und klingt dabei erstaunlich sicher.

„Ich wollte Sie nicht rausbringen.“

„Na, hör mal, ich werd nach fünfzigtausend Vorlesungen ja wohl noch in der Lage sein müssen, den Faden wieder zu finden!“, lacht Alexander.

Da senkt der Junge den Kopf. Strähnen seiner schwarzen Haare fallen ihm in die Augen.

„Selbstverständlich. Tut mir Leid.“, nuschelt er, und schneller als Alexander schauen kann, ist er aus dem Raum gestürmt.

Etwas ratlos sieht Alexander ihm nach. Schließlich besinnt er sich wieder und rauft sich die Haare.

„Das geht vorbei, keine Angst. Ganz sicher geht das vorbei…“

Es ist ein Hotelzimmer. Niemals wäre er auf die Idee gekommen, ihm zu sagen, in welcher Stadt er wirklich wohnt, welchem Beruf er wirklich nachgeht, wie er wirklich heißt. Aber all das spielt momentan keine Rolle.

„Zieh dich aus.“

Blaue Augen sehen ihn baff an. Dieser Ausdruck steht ihm, muss Alexander feststellen.

„Was ist? Weißt du nicht, wie das geht, dich ausziehen? Soll ich dir helfen?“

Er wartet keine Antwort ab, sondern zieht den jungen Mann zu sich auf den Schoß. Er packt ihn am Hinterkopf und vergräbt seine Hand in den schwarzen Locken.

Als er ihn küsst, muss er an den Studenten denken, der so wunderbar sündhafte Lippen hatte.

Bei jeder Berührung, bei jedem Kuss auf die blasse Haut, die er aufdeckt, muss er an ihn denken.

„Weiter…hn – bitte, mach weiter…“

„Dreh dich um.“

Er gehorcht, und Alexander küsst seinen nackten Rücken, den Nacken, den Haaransatz. Er hat ihn an Schneewittchen erinnert, jetzt ist es ihm eingefallen.

„Hah – nn, Alex…“

Es ist die falsche Stimme. Seine klang heller, weicher, nicht ansatzweise nach Rauch. Unschuldig. Ob sie genauso brüchig klingen würde, wenn er ihn hier unter sich hätte?

Als Alexander schließlich schweißgebadet auf der Matratze liegt und sich vom anderen wegdreht, womit er ihm deutlich macht, dass er keinerlei Interesse an irgendwelchen weiteren Aktivitäten hat, muss er feststellen, dass er zwar erschöpft, aber in keiner Weise befriedigt ist.

„Ich dachte, wir werden vor Drei nicht fertig?“

„Wenn du nicht genug hast, such dir jemand andres.“, gibt Alexander grummelnd von sich.

„Aha, bist du immer so mies gelaunt, nachdem du Sex hattest?“

„Wenn nicht, muss es wohl an dir liegen, hm?!“

Er hört nur noch, wie der andere beleidigt die Luft ausstößt und seine Sachen zusammensucht, bevor er das Zimmer mit knallender Tür verlässt.

Ihm wäre jetzt nach einem donnernden Frustschrei zumute, aber er will die anderen Hotelgäste nicht unnötig wecken.
 

„Du- du bist ja pünktlich, Alexander!“

„Konnte nicht schlafen.“ Wie ein Verdurstender klammert er sich an die bereitstehende Kaffeetasse.

Wilhelm sieht ihn entzückt überrascht an.

„Wie ist das denn möglich, Bruder? Bist du übers Wochenende keusch geworden?“

Alexander stützt seinen Kopf auf die Hände und massiert seine Schläfen.

„Es ist passiert, Wilhelm.“, sagt er.

Der Universitätsleiter legt seinen Stift nieder.

„Was…was ist passiert?“

„Ich…“

Er bricht ab, als ihm klar wird, was er da gerade im Begriff ist zu tun. Seinem Bruder, seinem besserwisserischem, korrekten, hochheiligen Bruder erzählen, dass endlich das eingetroffen ist, wovor ihn dieser unfehlbar schlaue Mensch seit Ewigkeiten gewarnt hat?!?

Nein. Das geht nicht.

„Ich habe beschlossen, meine wochenendlichen Ausflüge nach Berlin in Zukunft zu unterlassen.“, verkündet er stattdessen, was auch der Wahrheit entspricht. Jedenfalls sieht seine momentane Gemütslage gerade danach aus.

Als er aufschaut, grinst ihn Wilhelm glücklich an.

Das ist ein kluger Gedanke! Ich bin stolz auf dich. Du wandelst dich nicht etwa zu deinem Besseren?“

Alexander verdreht die Augen.

„Wenn „besser“ für dich heterosexuell bedeutet, dann lautet die Antwort: Nein.“

Da bedenkt Wilhelm seinen Bruder mit einem prüfenden Blick.

„Eggebrecht hat mir am Freitag erzählt, dass er dich nach deiner Vorlesung am Donnerstag mit einer Studentin gesehen hat…“

„Oh, ich werde oft mit Studentinnen gesehen“, meint Alexander, bevor er einen Schluck Kaffee nimmt.

„Laufen ja einige auf dem Campus rum.“

Wilhelm seufzt übertrieben.

„Nicht doch so. Er sprach von einer…sehr intimen Situation.“

„Huch.“ Gespielt entsetzt blickt Alexander seinen Bruder an.

„Sie stand…na ja, ziemlich dicht…zwischen deinen Beinen.“

Alexander muss gehässig lachen.

„Schön“, meint er.

„Da hat Eggebrecht doch ein richtig anständiges Bild von mir. Kein schwuler Pädophiler, sondern ein verständnisvoller Universitätsprofessor, der den jungen Studentinnen die Chance gibt, auch mit außerkurrikularen Aktivitäten ihren Schnitt aufzubessern.“

„Alexander!“

„Ist es nicht so?! Ist es nicht überall auf dieser Welt so, egal wie fortschrittlich manche Gesellschaften vorgeben zu sein, dass Homosexualität immer noch ein Tabuthema ist?!?“

„Alexander, bitte– “

„Schweig!“ Jetzt hat er sich in Rage geredet, jetzt ist er nicht mehr zu bremsen.

„Du, mein Bruder, genau du bist das Musterbeispiel für einen weltoffenen, toleranten Bürger Deutschlands, der allem und jedem gegenüber tolerant ist – ohja, die Steuern sind so hoch, natürlich, hat ja nur sein Gutes; das Mädel haut ihrem Geschwisterchen mit der Schaufel auf den Kopf, nicht schlimm, sie weiß es ja nicht besser; die Nachbarn meinen, sie müssen bis in die Puppen feiern, der Herr Promi-Opa betrügt seine Familie und geht mit ner Sechzehnjährigen ins Bett – ist doch alles nicht schlimm! Aber wenn ein Mann mit einem anderen Mann Sex haben will, weil er ihn attraktiv findet, oder er ihn womöglich sogar noch liebt, das kann man natürlich nicht tolerieren, weil es die verwerflichste Todsünde der Welt ist!“

Mit festem Blick bleibt Alexander mitten im Büro stehen, starrt seinen älteren Bruder an, der nur beschwichtigend die Hände hebt.

„Alexander, du weißt doch, dass ich nicht so denke…“

„Ha!“, meint der dazu.

„Genau so reden sie alle. Du bist nicht anders, Wilhelm, aber, hey, ich nehm’s dir nicht übel. Du bist mein Bruder, machst dir doch nur Sorgen um mich.“

Er hängt sich seine Tasche um und zwingt sich zu einem Lächeln.

„Das eben war keineswegs böse gemeint, ich hab nur noch einmal die Tatsachen klargestellt. Bis morgen, ich muss zum Unterricht. Grüß mir deine Frau.“

Als er das Büro verlässt, vermeidet er es, die Tür zu schließen, damit er sie nicht zu fest zuwirft.
 

So. Das hat er gut gemacht. Nicht die privaten Sachen mit in den Seminarsaal nehmen. Was können denn die Studenten dafür, dass ihn das schwere Los der Homosexualität getroffen hat.

Er lacht kurz an einer Stelle, an der es im Vortrag eigentlich nicht angebracht wäre, und verwirrt so vielleicht einige.

Was soll’s, er ist zufrieden mit seinem Leben. Mit seinem Beruf, mit seinem Einkommen – mit der Erbschaft, die ihn und seinen Bruder vor vier Jahren glücklicherweise getroffen hat. Auch mit seinem Liebesleben ist er zufrieden.

Gut, da gibt es diesen Studenten, eigentlich den ersten in seiner Laufbahn als Professor, mit dem er sich nicht nur vorstellen kann, ins Bett zu gehen, sondern dies auch liebendgerne tun würde, aber das sollte kein Problem darstellen.

Er kann den Jungen ja einfach ignorieren.

Sein Blick huscht in die letzte Reihe, wo blaue Augen zurückschauen.

Na ja, ignorieren wird schwer werden.

Aber er könnte sich doch einfach eine Grenze setzen. Genau. Wenn nicht anschauen nicht geht, dann eben nicht mit ihm reden.

„Nächstes Mal dann mehr über Platon, den wir heute nur kurz erwähnt haben. Manche Kollegen mögen das zwar seltsam finden, dass wir mit den römischen Philosophenschulen begonnen haben, aber da ich die griechischen Ursprünge für anspruchsvoller halte, sei mir diese Reihenfolge verziehen.“

Es kommen ein paar zustimmende Seufzer des weiblichen Publikums, bevor sich die allgemeine Aufbruchsstimmung unter den Studenten breit macht.

Janette-Jasmin-Johanna macht sich als erste davon. Sie ist wohl enttäuscht, dass er so spät wie üblich zum Unterricht gekommen ist, und sie somit umsonst eine halbe Stunde vorher schon, seines Kommentars vom letzten Mal wegen, vor dem Saal gewartet hat. Was hat sie sich aber auch erhofft?!

Gerade hat Alexander seine Sachen beisammen und macht sich auf den Weg zur Tür, da muss er feststellen, dass der letzte, der langsam die Stufen im Hörsaal hinuntersteigt, der Junge ist, der ihm am Wochenende den Schlaf geraubt hat.

Wie von selbst bleiben Alexanders Füße stehen, hören nicht mehr auf ihn.

„Na?“ – Wie war das mit der Grenze?!

Der Junge schaut nur zu ihm auf.

„Ich wollte mich für letzten Donnerstag entschuldigen.“, sagt er – spricht mit ihm, das soll er doch lassen!

„Das war nicht beleidigend oder so gemeint. Es sollte…lediglich ein Scherz sein, verstehst du?“

Der Junge nickt langsam, und Alexander glaubt zu sehen, wie sich seine Mundwinkel ein wenig heben.

„Willst du vielleicht – ich könnte dich als Entschuldigung auf einen Kaffee oder ein Eis einladen.“ – Haaaalt! Ganz falsch! Verdammt, was tut er da?!?

Doch da blinzeln ihn schon die blauen Augen an, und das hübsche Köpfchen nickt verhalten.

„Das wäre…nett.“

„Gut, dann…wann hast du heute Schluss? Ich könnte so gegen Sieben.“

„Ja, da hab ich – ist ja dann fertig. Um Sieben geht.“

„Dann um Sieben im Café hier auf dem Campus.“

„Danke.“ Der Junge nickt noch einmal höflich, macht aber keinerlei Anstalten, voraus zu laufen, sondern steht nur weiter da vor ihm.

Also reißt sich Alexander zusammen und verlässt den Saal.

Na, bravo! Das hat er ganz toll gemacht. Nicht mit ihm reden…Grenze Eins erfolgreich überschritten.

Gut. Er kann doch eigentlich so viel mit ihm reden, wie er will. Wenn es nur über die Uni geht und nicht zu privat wird, ist doch alles kein Problem.

Genau.

Das nimmt er sich für heute Abend vor: Eine neue Grenze, die es einzuhalten gilt. Und dieses Mal wirklich einzuhalten!

Kopfschüttelnd rauft sich Alexander die Haare. Er überlegt doch gerade nicht wirklich, was er anziehen soll?

Was soll der Quatsch?! Er zieht sich so normal und schlicht wie immer an, wenn er zur Universität geht. Am besten lässt er die Sachen von heute Morgen gleich an.

Nein, halt…die sind vielleicht ein wenig verschwitzt. – Aber was interessiert das den Jungen?!? – Nun, es könnte ihm unangenehm auffallen, und dann hätte er seine Chance bei ihm verspielt.

Moment. Was für eine Chance bitte?!?

Genervt von sich selbst zieht Alexander einfach ein neues weißes Hemd über und verschwindet im Bad.

Am liebsten würde er ehrlich sagen können, er hätte sich nicht extra noch einmal rasiert und würde jetzt nicht nach seinem normalerweise nur an Wochenenden aufgetragenen Aftershave duften, als er seine Dachwohnung in der Innenstadt verlässt.

Er hat sich dazu entschlossen, die paar Meter zur Universität mit der Straßenbahn zu fahren, damit er nicht in Verlegenheit kommt, dem Jungen am Ende noch anzubieten, ihn nach Hause zu fahren.

Während er also in der Bahn steht, überlegt er sich, wie sein Student überhaupt heißt. Ob er so einen modischen Namen wie die ganzen Chantalls und Janettes hat? Würde überhaupt nicht zu ihm passen. Vielleicht Peter, oder Paul, oder Jonathan…Er muss schmunzeln: Solange es nicht Wilhelm ist, ist alles in Ordnung.
 

Als Alexander über den Campus läuft, stellt er fest, dass einige Studenten, die noch unterwegs sind, oder im Café sitzen, sich zu ihm umdrehen. Es sind hauptsächlich die Studentinnen, die sich anscheinend freuen, ihn hier anzutreffen.

Aber keine zwei Sekunden später ist ihm all das so was von egal.

Denn da sitzt ganz außen an einem kleinen Tisch sein Student und sieht in seiner Freizeitkleidung noch…beeindruckender aus.

„Nabend. Tut mir Leid, dass ich etwas zu spät bin.“, grüßt ihn Alexander mit einem Lächeln und nimmt ihm gegenüber auf dem freien Stuhl Platz.

„Nein, Sie sind pünktlich, Herr Professor Humboldt, nur ich dachte, Sie kommen nicht mehr…“

Alexander lacht herzlich, kann nicht anders, bei den Gefühlen, die ihn wieder überkommen.

„Wieso das denn? Ich habe es doch versprochen, nicht?“

„Schon…“ Der Junge senkt seinen Kopf, zupft sich am Ärmel. Er trägt ein violettes Shirt mit V-Ausschnitt und eine Jeans, die gerade über die Knie geht.

Wie gerne würde Alexander die zarten Schlüsselbeine küssen…

„Und? Hast du dir schon was rausgesucht?“, lenkt er sich selbst ab.

Sein Gegenüber nickt, kratzt sich an der Nase. Er hat ein wunderbar süßes Stupsnäschen.

„Ich hätte gerne den Eisbecher mit heißen Himbeeren. Aber ich werde auch selbst bezahlen, weil der Preis– “

„Nein, ach was“, unterbricht ihn Alexander sofort.

„Ich lad dich ein, wie abgemacht.“

Zufrieden lächelt er den Jungen an, als sich dessen Gesichtszüge aufhellen.

„Danke…dankeschön, Herr Professor Humboldt.“

„Alexander“, hätte er beinahe gesagt – aber zum Glück nur beinahe. Damit würde er seine gesetzte Grenze übertreten.

Als die Bedienung zu ihnen kommt, bestellt er das Himbeereis und einen Eiskaffee.

Das weitere Gespräch muss so wenig privat wie möglich werden. Am Besten man redet über die Uni.

„Und? Wie war dein Tag heute? Anstrengend?“

Der Junge schüttelt den Kopf.

„Nein, nur Ihr Seminar und – wir machen Projekte – Experimentalphysik.“

„Oh, du studierst also Physik?“

„Ja, ich– “ Plötzlich hält er inne.

Seine Augen scheinen an Alexander vorbeizuschauen.

„Vielleicht…“, fängt er wieder an.

„Vielleicht war es der Adhärenzpunkt, was ich nicht– “

„Bitte?“, unterbricht ihn Alexander verwirrt.

Da scheint ihn der Junge wieder wahrzunehmen.

„Oh, das…e-entschuldigen Sie.“, stammelt er sichtlich verlegen, und zu Alexanders Verzweiflung färben sich seine Wangen rötlich, was den Jungen für ihn noch attraktiver macht. Viel besser als die Baffheit seiner letzten Berliner Bekanntschaft.

Wie stark er wohl die Wangen mit einem Kuss oder einer unanständigen Berührung zum Glühen bringen könnte…?

„Herr Professor?“

Aufgeschreckt sieht Alexander dem Jungen wieder in die Augen und schlägt sich mental für seine Gedanken.

„Sie sind jetzt nicht böse auf mich, oder…?“

„Nein, nein, um Gotteswillen, Junge! – ähm…“

Sein Gegenüber lächelt ihn verhalten an, und die vollen rosigen Lippen verraten ihm endlich den Namen der verbotenen Frucht, von der der Professor nur allzu gerne naschen würde.

„Heinrich, heiß ich. Heinrich Kleist.“

„Heinrich.“

Alexander kann nicht anders, diesen Namen zu wiederholen, ihn endlich in den Mund zu nehmen.

Er passt einfach zu gut zu diesem Jungen, und er hätte sich wohl noch vorgestellt, wie er ihm diesen Namen in seine Ohrmuschel haucht, während er immer wieder in ihn – aber da kommt die Kellnerin mit der Bestellung und unterbricht, zu seinem Glück, diesen Gedankengang.

Der Eiskaffee ist eine willkommene Ablenkung für Alexander. So muss er nicht dauernd sein Gegenüber beobachten, wie der sich mit seinem Himbeereis vergnügt.

Der Professor denkt krampfhaft über ein Thema nach, über das er mit dem Studenten reden könnte, das nicht belanglos, aber auch nicht zu privat ist.

Bevor er jedoch irgendeines findet, hört er den Jungen leise murmeln.

Alexander schaut auf und will schon nachfragen, aber da sieht er, dass sein Gegenüber nur in seinen Eisbecher starrt, einen Löffel nach dem anderen nimmt, und zwischen jedem Bissen etwas Unverständliches von sich gibt.

Alexander kann irgendwas mit „solltest du nicht tun“ und „Norm“ erhaschen. Auch meint er immer wieder ein „Ja, ist in Ordnung“ zu erkennen.

Als der Junge zu nicken beginnt, spricht ihn Alexander darauf an.

„Heinrich?“

„Hn?!“ Sofort schnellt der Kopf hoch und der Student scheint wieder vollkommen da zu sein.

„Was…was redest du denn laufend?“

„Ich rede…? – Oh, das! Ich denke nach.“, antwortet Heinrich mit einem leichten Lächeln, und da Alexander das Gefühl hat, dass es das erste Mal ein ehrliches, völlig unbefangenes Lächeln ist, belässt er es dabei und lächelt stattdessen zurück.

„Wie sieht dein Tag morgen aus? Ist der genauso entspannt?“

Heinrich schüttelt den Kopf.

„Nein, da hab ich ziemlich viel auf meinem Stundenplan.“

Er versucht die Himbeersoße aus seinen Mundwinkeln zu bekommen, leckt sich über die Lippen.

Alexander sieht nervös auf ihren Tisch, auf den Boden.

„Was, ähm, was steht denn an?“

„Ah, wissen Sie wo das schönste Gebäude der Welt steht?!“

Etwas desorientiert schaut Alexander den Studenten an.

„Wie…wie kommst du denn jetzt plötzlich darauf?“

Heinrich lacht. Er lacht so wunderschön, dass er seinem Professor damit eine Gänsehaut beschert.

„Sie sagten „steht“, da musste ich dran denken.“

„Oh, ähm, stimmt…“

„In Berlin! Das Brandenburger Tor, ist das nicht das schönste Gebäude der Welt?!?“

„Das…? Ähm, ja, stimmt, das Brandenburger Tor ist wirklich…gigantisch.“, antwortet Alexander etwas überfordert.

Die blauen Augen des Jungen strahlen richtig, und er schiebt seinen leeren Eisbecher beiseite.

„Waren Sie schon mal in Berlin, Herr Professor Humboldt?!?“

„Ja, ich…genauer genommen bin ich in Berlin geboren.“

„Echt?!?“

Alexander muss grinsen. Ihm gefällt das plötzliche Engagement des Kleinen.

„Ich war noch nie in Berlin, obwohl es nicht weit ist, aber ich will unbedingt mal hin! Erzählen Sie was über Berlin! Wann waren Sie das letzte Mal da?!“

Alexander fährt sich schmunzelnd durch die Haare. Jetzt wird es ja doch privat. Aber es ist ja nicht ihm zu verdanken, Heinrich hat angefangen.

„Dieses Wochenende.“, antwortet er also, weiß selbst nicht, wieso er den Kleinen nicht anlügen will.

„Ich bin an der Siegessäule vorbeigekommen, dem Reichstag…Berlin hat sehr viele Gesichter, weißt du das?“

„Erzählen Sie!“

„Kleinen Moment.“

Schnell ruft Alexander die Kellnerin herbei, die gerade drei Tische weiter ist.

„Ich möchte dann zahlen, bitte.“

Sie nickt, und er wendet sich wieder Heinrich zu.

„Na ja, es gibt eine Menge über Berlin zu erzählen, da reicht ein Abend nicht. Außerdem musst du morgen früh raus.“

Das Lächeln verschwindet vom Gesicht seines Gegenübers, was Alexanders Herz zum Stocken bringt.

„Hey, aber…! Wir können uns ja noch mal treffen, vielleicht…vielleicht kann ich ein paar Fotos mitbringen, von Berlin.“

Ihm fällt ein Stein vom Herzen, als das Lächeln wieder zurück ist.

„Das wär…danke, ich – ich freu mich drauf, Herr Professor Humboldt.“

„Siehst du“, meint Alexander.

„Die Vorfreude macht dir den anstrengenden Tag morgen vielleicht etwas angenehmer.“

Heinrich nickt bestätigend.

Da kommt auch schon die Kellnerin, und Alexander bezahlt.

„Wie kommst du denn nach Hause?“, fragt er den Kleinen.

„Mit der Bahn.“

Ein Glück ist Alexander nicht mit dem Auto da…

„Ah, welche musst du nehmen?“

„Die Fünf.“

„Hm, ich muss nach hinten zur Sieben.“

Alexander steht auf und schiebt den Stuhl wieder an den Tisch. Heinrich folgt ihm hinaus auf den Campus.

Als sie ein paar Schritte gelaufen sind, und Alexander sich gerade umdrehen will, um sich vom anderen zu verabschieden, kommt ihm der Junge zuvor.

„Herr Professor Humboldt!“

Heinrich ist stehen geblieben und schaut verunsichert auf. Seine Stimme klingt fest, aber die geballten Fäuste zittern und seine Wangen färben sich ganz langsam rosa.

„Ich danke Ihnen für…für Ihre Einladung und das Gespräch und Ihr Angebot wegen Berlin, für…dass Sie…dass Sie so nett zu mir waren…“

Alexander muss zweimal hinschauen. Das sind doch nicht etwa Tränen in den blauen Augen...?

„Heinrich, das…das hab ich doch gern gemacht. Es…auch mir hat der Abend gefallen.“ Du hast mir gefallen. Das lässt er dann doch lieber weg.

Der Junge wischt sich hektisch über die Augen.

„Dann…dann bis morgen?“

Alexander nickt zuversichtlich.

„Ja, wir werden uns irgendwo über den Weg laufen.“

Er grinst den anderen an.

Heinrich lächelt zurück, sieht zu seinem Professor auf, blinzelt, zögert.

Er hat so lange Wimpern...

„Gu- gute Nacht, Herr Professor Humboldt.“

„Gute Nacht, Heinrich.“, wünscht auch Alexander, und ihm wird einmal mehr bewusst, dass der Kleine gar nicht weiß, was er mit diesen Worten bei ihm auslöst.

Für Alexander hingegen ist es jetzt schon klar, dass er diese Nacht mehr als nur einen Gedanken an diesen Jungen verschwenden wird, und als er dann heftig atmend in seinem Bett liegt, stellt er fest, wie schön es doch ist, endlich seinen Namen zu kennen, den er in die Stille seines Schlafzimmers hinein keuchen kann.

„Na, wieder pünktlich?“

„Jaja.“

Alexander nimmt bei seiner Kaffeetasse Platz.

Wilhelm schaut ihn abwägend an, das verunsichert ihn.

„Was ist?“, fragt er nach.

Der Universitätsleiter faltet seine Hände. Das heißt nichts Gutes.

„Eggebrecht hat dich gestern hier auf dem Campus gesehen.“

„Hm, kann passieren, ich war bei der Arbeit.“

Wilhelm verdreht die Augen.

„Gestern Abend. Mit einem Jungen.“

„Mist!“, gibt Alexander von sich.

„Jetzt hab ich bestimmt mein anständiges Bild, das er von mir hatte, zerstört.“

„Alexander, nimm das doch bitte etwas ernster.“

Der Jüngere seufzt.

„Ich nehm es ernst genug, Wilhelm, da musst du keine Bedenken haben. Ich hab Heinrich nur eingeladen– “

„Heinrich?!?“

„Ja, das ist sein Vorname. Menschen haben Vornamen, auch unsere Studen– “

„Du hast ihn eingeladen?!?“

„Ja, ich hab mich bei ihm damit für eine ungerechte Behandlung im Seminar entschuldigt.“

Wilhelm schaut immer noch skeptisch über seinen Schreibtisch hinweg.

„Alexander. Wie lange kenne ich dich jetzt schon?“

„Ich nehm an, das war eine rhetorische Frage?“

Wilhelm ignoriert seinen Einwurf.

„Ich weiß, dass du so was nicht ohne Hintergedanken machst.“

Alexander seufzt.

„Was willst du hören? Dass ich ihn mit nach Hause genommen und dort vergewaltigt hab? Da kann ich dich beruhigen, ich hab die Nacht alleine verbracht und mich nur mit dem Gedanken an ihn selbstbefriedigt.“

Entrüstet schaut Wilhelm seinen Bruder an.

„Was ist mit deiner Moral, Alexander?! Ich dachte, es wäre für dich selbstverständlich, dass du dich nicht auf einen Studenten einlässt.“

Da muss Alexander lachen.

„Mich auf ihn einlassen?! Wilhelm, da wird schon allein aus dem Grund nichts zwischen uns passieren, da ich wohl verdammtes Glück haben müsste, dass der Junge gleichzeitig schwul und an zwanzig Jahre älteren Herren wie mir interessiert ist.“

„Also gibst du zu, dass du dir eine Beziehung zu ihm vorstellen kannst!“, stellt Wilhelm klar. Er ist aufgestanden.

Alexander rauft sich verzweifelt die Haare.

„Ja, verdammt! Es ist passiert, Bruder, du hast Recht! Du hast immer Recht! Ich bin – ich hab mich…ich bin ernsthaft interessiert an ihm, sagen wir’s so; ich mag ihn, okay?“

Wilhelm hat dafür nur einen mahnenden Blick übrig.

„Du setzt deinen Beruf aufs Spiel, Alexander.“

„Jaja.“ Er versucht wieder runterzukommen und nimmt einen Schluck Kaffee.

„Ich will nicht weiter drüber reden, ja?“, versucht er es etwas ruhiger.

„Sprich mich wieder drauf an, wenn du mich wegen meiner auf dem Campus ausgelebten Beziehung zu Heinrich entlässt. Dann freu ich mich vielleicht sogar über meine Entlassung.“

Alexander stutzt, als von seinem Bruder ein leises Lachen kommt.

Kopfschüttelnd schaut ihn Wilhelm an.

„Ach, Alexander…mein Sorgenkind…“

Der Professor muss grinsen.

„Wer hat denn gesagt, dass du dir Sorgen um mich machen musst?!“

Wilhelm schaut dezent auf seine Armbanduhr.

„Wann musst du bei deiner Projektgruppe sein…?“

Alexander springt genervt auf.

„Deinen Job möchte ich haben!“, ruft er seinem Bruder zu, bevor er dessen Büro verlässt.

„Den ganzen Tag nichts zu tun haben und nebenbei den Moralapostel spielen!“
 

Die Gänge der Universität sind größtenteils leer, als Alexander auf dem Weg zu seinem Büro ist. Seinen von Wilhelm angesprochenen Termin hat er erst in einer Viertelstunde.

Schon wieder mit den Gedanken bei Heinrich schließt Alexander die Tür auf.

Er will sie gerade wieder hinter sich zumachen, da taucht die Studentin mit J und ihrem Minirock auf.

„Guten Morgen, Herr Professor.“

„Morgen.“, grüßt sie Alexander zurück, und sie drängelt sich an ihm vorbei ins Büro.

„Du bist heute doch gar nicht bei mir, oder?“, hakt er leicht verwirrt nach.

Sie schüttelt lächelnd den Kopf.

„Nein, ich bin wegen etwas anderem hier.“

„Ah“ Er zögert kurz.

„Willst du dich setzen?“, bietet er ihr dann den Stuhl vor seinem Schreibtisch an.

Sie wirft ihm nur einen Blick zu, bevor sie Platz nimmt.

Als Alexander auf seinem Schreibtischstuhl sitzt, schlägt sie demonstrativ die Beine übereinander.

„Was kann ich also für dich tun?“

Die junge Frau grinst hierauf, und Alexander bereut die Frage.

Aber sie scheint heute wirklich einen anderen Grund zu haben, zu ihm gekommen zu sein.

„Ich möchte nachfragen…auch wenn es mich vielleicht nichts angeht, aber…Wir haben Sie gestern Abend im Café hier auf dem Campus gesehen und da haben wir uns gefragt…Warum haben Sie sich denn da mit diesem Studenten getroffen?“

Alexander setzt ein unechtes Lächeln auf. Na, super. Noch ein Kreuzverhör?

„Du meinst…Heinrich?“

Sie zuckt mit den Schultern.

„Ja, keine Ahnung wie der heißt, aber das würde passen. Der Typ ist einfach nur ein Freak.“

Alexander schaut sie fragend an.

„Was? Wieso?“

Die Studentin sieht ihn verständnislos an.

„Sagen Sie bloß, Sie haben nichts gemerkt?! Der ist doch total komisch.“

„Wie, komisch?“

„Na, er führt laufend Selbstgespräche, ist dauernd abwesend, hat keine Freunde…Bei Gruppenarbeiten is er total unfähig und er ist übelst abweisend gegenüber Mädels. Außerdem zieht er bei jedem Wetter was Langärmliges an, der hat doch Komplexe der Junge!“

Alexander weiß nicht, was er dazu sagen soll. Er weiß nur, dass er seinem Gegenüber gerne ins Gesicht schlagen würde.

„Und…“, beginnt er so gelassen wie möglich.

„Und da unternehmt ihr nichts dagegen?“

Sie schaut ihn irritiert an.

„Bitte?“

„Na, wenn euch schon auffällt, dass er solche Probleme hat, wieso redet ihr nicht mal mit ihm, oder sagt wenigstens irgendeinem der Professoren bescheid?“

Die Studentin winkt ab.

„Mit dem Freak will ich lieber nichts zu tun haben. Soll er doch selbst schaun, von welcher Brücke er springt.“

Mit einem Ruck steht Alexander auf.

Die junge Frau zuckt unter seinem Blick zusammen.

„Würdest du jetzt bitte mein Büro verlassen, ich habe in fünf Minuten einen Termin.“

„Aber, ich wollte doch– “

„Geh. Bitte.“

Sie hebt abwehrend ihre Hände und macht sich davon.

Alexander jedoch kommt zu spät zum Unterricht, da er noch einige Zeit an seinem Schreibtisch sitzt und über das nachgrübelt, was er soeben erfahren hat.

Alexander entlässt seinen Kurs fünf Minuten früher, damit ihm noch genügend Zeit bleibt, hinüber zum Physiktrakt zu laufen. Die Vorlesung des Kollegen Eggebrecht müsste in exakt einer Minute Fünfundzwanzig enden. Ein sehr penibler Mann. Alexander vermutet fast, Eggebrecht schwatzt ihn nur immer so oft bei seinem Bruder an, weil er selbst gerne so gut beim weiblichen Geschlecht ankommen würde. Alexander würde diese Eigenschaft liebend gerne gegen Heinrich eintauschen.

Es klingelt, und wie vorherzusehen öffnet sich Sekunden später die Tür.

Alexander hofft darauf, mit Heinrich nach draußen flüchten zu können, bevor Eggebrecht sie zusammen sieht. Das würde ihm morgen früh einiges an Diskussion mit seinem Bruder ersparen.

Es sind schon einige Studenten an ihm vorbeigelaufen, die meisten sind Jungen, da erscheint endlich Heinrich in der Tür.

„Heinrich“

Der Kleine erschrickt sich fast.

„H-Herr Professor Humboldt…!“

„Hast du Zeit? Kannst du kurz mit in mein Büro kommen?“

Heinrich umklammert seinen Ordner fester. Er trägt wieder ein braunes, langärmliges Hemd.

„J-Ja, ich…Ja.“, gibt er von sich, bevor er Alexander zögerlich folgt.

Als sie durch die Gänge der Universität laufen, muss der Professor feststellen, dass der Junge wie schon zuletzt irgendetwas vor sich hin murmelt: „darfst du nicht denken“, „Schande“ und „Jawohl, ist in Ordnung, jawohl“. Dagegen muss eindeutig etwas unternommen werden.

Alexander schließt seine Tür auf und bittet Heinrich ins Büro. Während er dem Studenten den Stuhl vor seinem Schreibtisch anbietet, ordnet er seine Gedanken. Das folgende Gespräch wird privat werden, also muss erst einmal eine neue Grenze her: Er kann mit dem Jungen über alles reden; solange er ihn nicht anfasst, ist alles in Ordnung.

Also gut.

„Heinrich, pass auf, es ist so…“, beginnt er vorsichtig.

„Ich hab niemandem davon erzählt!“, platzt der Kleine dazwischen.

Verwirrt sieht Alexander sein Gegenüber an, das wie ein zitterndes Häufchen Elend vor ihm sitzt.

„Was…was meinst du?“

„Das mit Berlin! Falls Sie jemand drauf angesprochen hat, ich – ich weiß, dass das was Privates war, was Sie mir erzählt haben, so was würd ich doch niemals weitererzählen!“

Da muss Alexander lachen. Einfühlsam sieht er den Jungen an.

„Heinrich, wer hat denn gesagt, dass so etwas vorgefallen ist? Du hast rein gar nichts falsch gemacht. Dass du hier sitzt, hat einen anderen Grund.“

„Ah…E-Entschuldigung.“, stottert der Student und senkt seinen Kopf.

Alexander kämpft mit sich. Der Junge tut ihm Leid, er will ihm die Hände an die Wangen legen und ihn zwingen wieder aufzuschauen. Ihn zum Lächeln bringen.

Ein Glück steht der Schreibtisch zwischen ihnen.

„Heinrich, bitte, zerbrich dir nicht deinen Kopf, du musst dich bei mir für nichts entschuldigen, und ich bin auch nicht wegen irgendwas böse auf dich.“

„O-okay.“ Zögerlich sieht er wieder auf.

„Also, ich…ich habe bemerkt, dass du wenig Anschluss findest, ist das so?“

Heinrich kratzt sich an seiner Nase. Fast undeutlich nickt er.

„Du…kann das sein, dass du ab und zu nicht ganz bei der Sache bist?“

Die blauen Augen starren auf den Boden vor Alexanders Schreibtisch. Eine Antwort bleibt aus.

Der Professor sieht ein, dass das so nicht geht und steht auf.

Sofort wirkt Heinrich wieder hellwach, seine Augen folgen Alexander sogar, bis er sich direkt vor ihn auf den Schreibtisch setzt.

„Heinrich“

„Hm?“

„Wohnst du hier in der Stadt?“

„Ja.“

„Alleine?“

„Bei meinen Eltern.“

„Ah.“ Alexander freut sich, dass sich so langsam wieder ein Lächeln auf das Gesicht des Jungen legt.

„Darf ich euch mal besuchen kommen? Ich würde die Berlinbilder mitbringen.“

„J-Ja! Gerne!“, stimmt Heinrich begeistert zu.

„Wann darf ich denn dann vorbeikommen?“

„Hm, heute – nein, da ist er – morgen – Morgen gegen Abend würde gehen. Morgen um Fünf, wenn Sie da schon Zeit haben?“

Alexander nickt.

„Ja, das hört sich gut an.“ Er läuft wieder um seinen Schreibtisch herum.

„Sagst du mir grad noch deine Adresse?“

Heinrich steht auf und stellt sich vor den Schreibtisch, bevor er zu diktieren beginnt.

Alexander will ihn zum Abschied küssen.

„Dann bis morgen Nachmittag.“

„Bis morgen Nachmittag, Herr Professor Humboldt.“

Alexander trägt eine Krawatte. Eine Krawatte, richtig gebunden, das Hemd bis oben zugeknöpft. Man sollte ihn loben.

Er vermisst irgendwie den Blumenstrauß in seiner Hand, als er bei Familie Kleist klingelt. Es ist ein bescheidenes, aber herausgeputztes Reihenhaus.

Ein großer Mann mit dunklen Haaren öffnet. Er sieht so aus, als wäre er vor ein paar Jahren noch so kräftig gewesen, wie Alexander.

„Guten Tag, ich bin Professor Humboldt von der Universität. Ihr Sohn hat mich schon angekündigt?“

Der Mann nickt und reicht ihm die Hand.

„Leutnant Kleist“

Alexander erwidert den festen Händedruck.

„Oh, Leutnant. Sie sind bei der Bundeswehr?“

„Ich war, bis vor drei Jahren.“

Alexander nickt und wird von dem Mann hereingebeten.

Im Flur hängen zahlreiche Urkunden, Medaillen und eine Militärmütze.

„Heinrich ist in seinem Zimmer oben, soll ich ihn rufen?“

„Nein, ich würde gerne erst mit Ihnen alleine sprechen, wenn das möglich wäre.“

Der Mann bleibt stehen.

„Mit mir? Davon hat er nun wieder nichts gesagt. Was hat er denn verbrochen?“

Alexander lacht halbherzig.

„Nein, nein, Heinrich hat nichts verbrochen. Keine Sorge.“ Das liegt wohl in der Familie…

„Gut, dann…Setzen wir uns am Besten ins Wohnzimmer.“

Leutnant Kleist läuft voraus und führt Alexander in das größte Zimmer des Hauses, in dem dunkle Möbel stehen, weiße Gardinen hängen. Alles ganz sauber und ordentlich.

Auf dem Ledersofa sitzt eine zierliche Frau mit schwarzen Haaren, die ihr über die Schulter fallen. Sie klappt das Buch zu, in dem sie bis eben gelesen hat, und sieht auf. Eindeutig Heinrichs blaue Augen und sein schüchternes Lächeln.

„Meine Frau.“

„Guten Tag.“ Alexander reicht ihr höflich die Hand.

„Das ist Professor…“

„Humboldt.“

„Ja, von der Universität. Er ist hier wegen Heinrich. Stört es, wenn meine Frau dabei ist?“

„Nein, nicht im Geringsten.“

„Nehmen Sie doch auf dem Sessel Platz.“

Alexander setzt sich, während sich Herr Kleist gegenüber auf dem Sofa zu seiner Frau gesellt.

Nun, wie fängt er das am Geschicktesten an…?

„Ich habe mich dazu entschlossen, Sie aufzusuchen, nachdem ich mitbekommen habe, wie es Ihrem Sohn so an unserer Universität ergeht.“

„So? Die Noten sind doch akzeptabel.“, wirft Herr Kleist ein.

„Seine Leistungen meinte ich auch nicht. Es geht um die soziale Komponente. Und um die psychische.“

„Moment.“, unterbricht ihn der Vater ein weiteres Mal.

„Sie sind Professor für…?“

„Nein, nicht Psychologie. Philosophie.“, antwortet Alexander und merkt, wie sein Gegenüber ihn schon einmal eine Stufe herabsetzt. Aber er lässt sich nicht beirren.

„Kommt es hier zuhause auch vor, dass Heinrich, zum Beispiel beim Essen, Selbstgespräche führt?“

Die Mutter nickt stumm, aber der Vater sieht Alexander nur an, als wäre der von einer anderen Welt.

„Selbstgespräche?! Mein Sohn ist doch nicht verrückt!“

„Das habe ich auch mit keinem Wort behauptet, Herr Kleist.“

„Was wollen Sie eigentlich?“

„Ich will Ihrem Sohn helfen.“

„Helfen?! Tut mir Leid, aber ich wüsste nicht, wobei Sie Heinrich helfen wollen. Und ich sehe es auch nicht ein, dass Sie meinen, sich in meine Erziehung einmischen zu müssen.“

Alexander versucht ruhig und höflich zu bleiben.

„Es ist einigen Schülern und mir aufgefallen, dass Heinrich manchmal ziemlich abwesend ist und sich etwas seltsam benimmt. Ich würde das gerne genauer beobachtet haben, man muss ihn ja nicht gleich zum Psychologen– “

„Das wäre ja noch schöner!“, bringt Kleist heraus.

„Mein Sohn ist weder verrückt noch seltsam, Herr…Professor! Er ist ein disziplinierter junger Mann und kann sich glücklich schätzen, dass er von seinen Eltern so unterstützt wird. Wäre es nach seinem Großvater gegangen, wäre er zur Bundeswehr gegangen, aber ich war so großzügig und habe auf seinen Wunsch, frei zu studieren, reagiert.“

„Sehr schön.“, meint Alexander dazu nur, wobei er es noch nicht einmal so denkt.

„Aber verstehen Sie nicht, dass– “

„Verstehen Sie nicht, Herr Professor, dass wir das alleine hinbekommen?! Ich mische mich ja auch nicht in die Erziehung Ihrer Kinder ein.“

So langsam wird es ungemütlich.

„Erstens ist Heinrich ein erwachsener Mann, zweitens habe ich keine Kinder, tut mir Leid.“

„Dann haben Sie aber etwas anderes, um das Sie sich sorgen – Ihre Frau, zum Beispiel– “

„Ich habe keine Frau.“

Herr Kleist verstummt. Frau Kleist schaut nervös auf den Fußboden.

Alexander kostet es einige Überwindung, aber er weiß, was er zu antworten hat, um dieses Gespräch noch zum gewünschten Ziel führen zu können.

„Ja, um meine Verlobte mache ich mir natürlich Sorgen.“, meint er.

„Aber gerade deswegen würde ich etwas unternehmen, wenn sie sich so benehmen würde wie Heinrich, verstehen Sie?“

Kleist entweicht ein Seufzer, der sich nach einem Grummeln anhört.

„Wir behalten ihn im Auge.“

Das ist zwar nicht das, was Alexander erreichen wollte, aber bei dieser nicht vorhandenen Kooperation ist das schon ein kleiner Erfolg.

„Dankeschön.“

Kleist nickt, seine Frau lächelt erleichtert.

„Ich bin noch mit Heinrich verabredet, kann ich zu ihm raufgehen?“

Herr Kleist erhebt sich.

„Ja, es ist das zweite Zimmer rechts.“

„Danke.“

„Ich muss jetzt los, also sehen wir uns nachher nicht mehr.“, meint der Mann und reicht Alexander die Hand.

„Okay, dann Danke, dass Sie mir Ihre Zeit geopfert haben. Schönen Abend noch.“

„Danke, Ihnen auch. Und grüßen Sie mir Ihre Verlobte.“
 

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Eben weil die Kapitel so kurz sind, kann ich sie so schnell hochladen.

Wenn ich mir mal mehr Zeit nehm, werden sie etwas länger ^^
 

Bei der Gelegenheit bedank ich mich aber für die tollen Kommentare! Freut mich, dass es euch anscheinend bis jetzt gefällt :)

Es ist eine helle Holztür, vor der Alexander stehen bleibt. Die zweite rechts.

Er ist sich wirklich nicht sicher, ob es das Richtige ist, was er gerade tut. Er wird gleich im Zimmer des Jungen stehen, der ihm nachts in seinen Träumen auf unanständigste Weise erscheint. Im Zimmer des Jungen, dessen Vater anscheinend ein homophober Ex-Leutnant ist.

Alexander fasst sich prüfend an die Tasche, die er umhängen hat. Es sind doch nur Berlinfotos, die er ihm zeigen will…

Er gibt sich einen Ruck und klopft an.

„Herein!“, kommt es von innen, fast militärisch.

Vorsichtig öffnet er.

„Heinrich?“

„O-oh, Herr Professor Humboldt!“ Heinrich kann sich nicht zwischen Unbehagen und Freude entscheiden.

„Kommen Sie doch rein. Es…es ist zwar etwas unordentlich, aber…“

Alexander schaut sich im Zimmer um. Der Ordner liegt aufgeschlagen auf dem Boden und einige Blätter und Stifte daneben, auf dem Schreibtisch ist der Laptop geöffnet. Der Hintergrundbildschirm zeigt das Brandenburger Tor.

„Also, ich wär froh, wenn’s bei mir zuhause so aussehen würde.“, meint er mit einem Grinsen.

Das bringt Heinrich sichtlich in Verlegenheit. Er zupft an den Ärmeln seines blauen Shirts. Leider kein V-Ausschnitt, aber an der Hüfte etwas kürzer, als das violette.

„Ähm…nehmen Sie doch Platz, ich – ist halt nur ein Stuhl da…“

Alexander öffnet seinen Mund und weiß schon da, dass er einen riesigen Fehler begehen wird.

„Wenn wir zusammen in die Bilder schauen möchten, wär’s doch am Besten, wir setzten uns auf dein Bett, oder nicht?“ Nein, natürlich nicht. Aber das kommt davon, wenn das obere Hirn nicht mehr die vollkommene Kontrolle über den Körper hat.

„Ja, das…das ist eine gute Idee.“, stimmt Heinrich auch noch zu. Aber was hätte er anderes sagen sollen?

Also setzen sie sich zusammen aufs ordentlich gemachte Bett. Alexander ermahnt sich dazu, abstand von Heinrich zu halten – und sich nicht auf die Decke zu werfen, um Heinrichs wohligen Geruch in sich einzusaugen.

Als Alexander jedoch das Fotoalbum aus seiner Tasche holt, rutscht der Junge etwas näher.

„Mann, bin ich aufgeregt!“, gibt er mit einem Grinsen von sich.

„Ich konnte heute Nacht fast nicht schlafen.“

Oh, ich auch nicht. Das behält Alexander aber lieber für sich und schlägt die erste Seite auf.

Es ist ein kleiner Junge mit dem Berliner Fernsehturm im Hintergrund zu sehen.

Heinrich sieht entzückt zu seinem Professor auf.

„Sind das…Sind das Sie?!?“

„Ja, peinlich nicht?“

„Nein, Sie sind richtig süß! – Äh-ähm, auf dem Bild…da…“

Alexander findet es einfach nur überwältigend, wie rot der Junge wird. Am Liebsten würde er ihm sagen, wie süß er gerade aussieht, aber das sollte er lieber lassen.

„Weißt du denn, wie der Platz heißt, auf dem ich da steh?“, fragt er stattdessen.

Heinrich ist ihm sichtlich dankbar über die neutrale Frage.

„Ja, natürlich! Das ist der Alexander-Platz, nicht?“

„Richtig. Und jetzt darfst du dreimal raten, wieso meine Eltern unbedingt dieses Bild machen mussten.“

„Oh!“ Der Junge sieht wieder zu ihm auf.

„Sie…Ihr Vorname ist Alexander?!“

„Genau.“

Die blauen Augen leuchten.

„Das ist ein schöner Name.“

Alexander bringt ein „Danke“ heraus, während er schnell weiterblättert.

Es sind noch einige Fotos aus seiner Kindheit im Album eingeklebt. Sie schauen sich nur die an, auf denen auch etwas von Berlin zu sehen ist, und Heinrich ist durchweg begeistert.

Besonders über die neueren Fotos ist er erstaunt, auf denen hin und wieder auch das Nachtleben Berlins zu sehen ist.

„Ich hab dir ja gesagt, dass Berlin viele Gesichter hat.“

„Ja, ich erinnere mich. Welches Gesicht gefällt Ihnen denn am Besten?“

„Hm“ Alexander muss ernsthaft überlegen.

„Vielleicht…“, beginnt er.

„Vielleicht die soziale Seite, die Toleranz. Alle möglichen Kulturen und Menschengruppen können in Berlin zusammen leben und werden von der großen Mehrheit auch toleriert.“

Heinrich sieht ihn an, sein Gesichtsausdruck wirkt verträumt.

„Berlin ist toll.“, sagt er, und Alexander will ihn wieder einmal gerne küssen.
 

Es ist mittlerweile Zwanzig vor Acht, als Alexander das Fotoalbum schließt und Heinrich alle Gesichter Berlins zumindest in der Theorie kennengelernt hat.

Es ist Heinrichs Übermütigkeit zuzuschreiben, dass sich ihre Hände beim Umblättern ein paar Mal in den Weg gekommen waren. Wenn es nach Alexander ginge, hätte er die kleinen, zarten Hände einfach ergreifen und gar nicht mehr loslassen wollen.

„Vielleicht schaff ich’s mal, nach meinem Studium, nach Berlin zu kommen.“, meint Heinrich und rutscht ein wenig weiter nach hinten auf seinem Bett, um sich an die Wand zu lehnen.

„Bestimmt.“, macht ihm Alexander Mut. Er kann nicht anders und lässt sich ebenfalls nach hinten sinken, fährt mit seinen Fingern fast unbewusst über die weiche Bettdecke.

„Ich beneide Sie, Herr Professor Humboldt.“

Alexander lacht leise.

„Wieso das denn?“

„Weil Sie einfach mal am Wochenende nach Berlin können. Mein Vater würde mir das niemals erlauben.“

Es geht nicht mehr. Alexander legt dem Jungen eine Hand auf die Schulter. Die nächste Grenze futsch.

„Aber du bist doch erwachsen, Heinrich.“

„Aber ich wohne noch hier und bin finanziell von ihm abhängig.“

Alexander weiß nicht mehr, was er darauf sagen soll. Seine Hand fährt kleine Kreise auf Heinrichs Schulter. Beruhigend, vielleicht für ihn. Alexander hingegen macht diese Berührung schier verrückt. Er hätte es lassen sollen. Jetzt will ihm seine Hand nicht mehr gehorchen.

Er sollte gehen, es ist schon spät. Er will aber nicht. Heinrich soll ihn rausschmeißen.

„Wann…wann gibt’s denn Abendessen?“

„Um Acht.“, antwortet der Junge. Er zieht seine Beine an den Körper.

„Da kommt Vater zurück.“

Alexander nickt.

„Dann sollte ich langsam gehen.“ Seine Hand kommt auf dem schmächtigen Oberarm zum Ruhen.

„Mo-moment, warten Sie kurz!“, erwidert Heinrich da und springt plötzlich auf.

Er stolpert fast über seinen Ordner und bückt sich, um die unterste Schublade an seinem Schrank aufzuziehen. Dabei rutscht ihm das Shirt höher, und Alexander bewundert die nackte blasse Haut. Doch beim zweiten Hinsehen setzt er sich auf.

„Heinrich.“

„Hm?“ Der Junge dreht sich kniend zu ihm um.

„Ich such nur einen Zeitungsartikel über Berlin, den ich– “

„Komm bitte her.“

Eingeschüchtert hält der Student inne, bevor er sich schließlich erhebt und vor seinem Professor stehenbleibt.

„Was…?“

„Setz dich zu mir. Ich will was schauen.“

Der Junge ist sichtlich verwirrt, als er wieder auf seinem Bett Platz nimmt.

„Drehst du dich bitte um? Ich will deinen Rücken sehen.“

Die blauen Augen weiten sich entsetzt.

Doch bevor Heinrich aufspringen kann, hat ihn Alexander am Shirt gepackt und zieht es nach oben.

„N-Nein! Lassen Sie das…! Ah! Nicht!“

Der Junge sträubt sich mit aller Kraft, aber Alexander packt ihn an den Handgelenken, und schließlich verstummt er. Stumme Tränen laufen ihm die Wangen hinab, während sein Professor mit Entsetzen die vielen blauen Flecken an Rücken, Bauch und Brust zählt.

„Er…! Dieser…! Dein Vater schlägt dich…!“

Heftig schüttelt Heinrich den Kopf.

„Nein, er…Ich bin doch Schuld…ich bin…ich bin nicht brav…“

Völlig fertig schiebt Alexander das Shirt noch etwas höher, um der Schorfspur auf dem linken Schulterblatt zu folgen.

„Dieser verdammte…!“

Er greift wieder nach Heinrichs Armen.

„Hat er auch…?“

„Nein!“

Alexander schiebt die blauen Ärmel hinauf und entdeckt zahlreiche Kratzer an Handgelenk und Unterarm.

„Du…du tust dir…?!“

Heinrich weint nur, und Alexander hätte gerne mitgeweint.

Plötzlich schallt ein lautes „Bin wieder da!“, durchs Haus, und Heinrich springt entsetzt auf.

„Oh, mein Gott, wenn Vater…!“ Schnell zieht er sein Shirt wieder zurecht und wischt sich mit den Ärmeln hektisch über die Augen, um sie zu trocknen.

„Bitte…könnten Sie von meinem Bett aufstehen, ich weiß nicht, wie er– Und sagen Sie bloß nichts zu ihm! Bitte! Er wird mich umbringen, wenn Sie was sagen!“

„Aber, Heinrich– !“

„Bitte!“

Alexander kann es nicht fassen, dass der Junge doch tatsächlich nichts gegen seinen Vater unternehmen will.

„Heinrich.“, versucht er es etwas ruhiger und steht wie gewünscht vom Bett auf.

„Das kann doch nicht so weitergehen, du musst doch– “

Plötzlich klopft es hart an die Zimmertür.

„Bitte.“, flüstert Heinrich, so unheimlich verzweifelt, und wischt sich noch einmal schnell über die Augen, bevor er mit einem überzeugendem „Herein!“ antwortet.

„Essen, mein Sohn – Oh, Sie sind noch da?“

„Ja.“, gibt Alexander trocken von sich. Er kann gar nicht beschreiben, welche Schmerzen er diesem Mann gerne zufügen würde.

„Aber ich bin auch schon so gut wie weg.“

Er dreht sich zu Heinrich herum und bringt noch ein echtes, aber enttäuschtes Lächeln zustande.

„Bis Morgen..“

„Bis…Morgen“

„Guten Abend, Herr Kleist.“

Und damit verlässt er Heinrichs Zimmer.

Als er unten zur Haustür hinausgeht, weiß er, dass er diese Nacht wohl noch weniger schlafen wird.

Alexander nimmt kommentarlos vor dem Schreibtisch Platz. Seinen kalten Kaffee rührt er nicht an.

Statt einem „Du bist spät“, kommt von Wilhelm ein „Du siehst, mit Verlaub gesagt, scheiße aus. Was ist passiert?“

Alexander seufzt und stützt sein Gesicht in seine Hände.

„Was würdest du machen, wenn du rausfindest, dass einer deiner Studenten von seinem Vater geschlagen wird?“

Wilhelm sieht seinen Bruder skeptisch an.

„Ich würde den Vater anzeigen.“

„Und wenn dein Student dich anfleht, es nicht zu tun?“

„Dann würde ich es trotzdem machen.“

„Auch wenn du weißt, dass sein Vater ihn dann wohlmöglich totschlagen wird, bevor irgendeine Behörde irgendwas unternimmt?“

Wilhelm runzelt die Stirn.

„Dann würde ich ihm eben vorschlagen, auszuziehen. Wird in seinem Alter eh langsam Zeit.“

Alexander seufzt noch einmal. Dieses Mal klingt es noch ein wenig frustrierter.

„Ist der Mann ein Trinker?“, versucht Wilhelm wenigstens etwas zu helfen.

„Nein, Ex-Leutnant von der Bundeswehr.“

„Na, sieht du! Solche Leute schlagen ihre Kinder doch nicht ohne Grund“

„Wilhelm!“

„Nein, ich meinte…Wir haben auch eine Ohrfeige von unserem Vater bekommen, wenn er gesagt hat, wir sollen die Torte nicht anfassen, die ist für die Geburtstagsfeier heute Abend, und wir doch die Kirschen runtergenascht haben, oder nicht? Also würde ich meinen Studenten fragen, warum er denn geschlagen wird, vielleicht kann er sich dann bessern. Wenn er den Grund wirklich nicht weiß, dann würde ich zur Anzeige schreiten.“

„Hm.“ Alexander ist mit diesem Ratschlag natürlich nicht zufrieden.

„Danke, ich schau mal. Muss los.“ Er quält sich hoch und vergisst beinahe seine Tasche, als er das Büro verlässt.
 

Alexander ist bis abends auf dem Campus, aber Heinrich trifft er nirgendwo an. Er spielt schon mit dem Gedanken, bei ihm zuhause vorbeizuschauen, aber das hält er dann doch für keine so gute Idee.

Also stürzt er sich am Abend in die Vorbereitung für die Vorlesung morgen, zu der Heinrich hoffentlich wieder erscheint.

Es ist die Einführung in die Einheit, die er am liebsten unterrichtet: „Die philosophische Homosexualität“. Er findet es faszinierend, wie Philosophen oder die antike griechische Gesellschaft mit diesem Thema umgegangen sind. Da können sich die Weltenbürger von heute einige Scheiben von abschneiden.

Nachts träumt er von Heinrich, wie sie sich beide unter den Säulen des Brandenburger Tors lieben, bis sein Vater mit einem Panzer angefahren kommt und ganz Berlin überrollt.

Wäre er Professor für Psychologie, würde er sicherlich wissen, was dieser Traum zu bedeuten hat.
 

Als er vor den Studenten im Hörsaal steht, ist er so erleichtert, Heinrich in einer der hinteren Reihen vorzufinden, dass er den Traum einfach verdrängt.

„So, ich weiß nicht, ob sich noch jemand erinnert, aber am Montag habe ich angekündigt, dass wir uns näher mit Platon beschäftigen werden. Vielleicht kennt jemand sein Symposion? Oder den Begriff „platonische Liebe“? Jedenfalls hoffe ich, dass die Frauen unter uns es verzeihen, dass wir die nächsten Stunden nur noch über Männer reden werden.“

Die Studentinnen kichern und die Studenten schmunzeln.

„Ich entnehme eurer Reaktion, dass ihr damit einverstanden seid. Aber, Achtung, es geht um die philosophische Homosexualität.“

Alexander findet es immer wieder amüsant, nach diesem Satz in die Runde zu schauen.

„So, meine Damen, wenn Sie sich jetzt mal umdrehen, dann kommen Sie in den Genuss ganz unmännlich entsetzte Gesichter bei Ihren Kollegen zu erblicken.“

Die Studentinnen folgen kichernd seiner Aufforderung, wodurch einige Gesichter der Studenten rot anlaufen.

„Jungs, das Thema ist nicht so gefährlich, wie es klingt.“, meint Alexander grinsend.

„Das hier ist eine Vorlesung. Wir machen auch keine praktischen Versuche.“

Die Studentinnen müssen lachen, und anscheinend beruhigt dieses Versprechen tatsächlich auch einige der anwesenden Männer.
 

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Sry, wieder etwas kurz. Das nächste wird länger.

Alexander hat drei Kreise an die Tafel gemalt.

„Nachdem wir jetzt besprochen haben, um was es in diesem Gastmahl von Platon im Allgemeinen geht, können wir die einzelnen Passagen, besser gesagt die einzelnen Lobesreden der verschiedenen Personen auf den Eros unter die Lupe nehmen. Ich möchte hier mit der Rede des Komödiendichters Aristophanes beginnen, der den Mythos des Kugelmenschen erzählt.“

Ein paar vereinzelte Studenten lachen hinter vorgehaltener Hand.

„Nein, der Kugelmensch ist nicht die Folge übermäßigen Fastfoodkonsums. McDonald’s gab es zu Zeiten Platons noch nicht. Vielmehr ist mit dem Kugelmenschen die ursprüngliche Form des Menschen gemeint, der von den Göttern, aus Angst vor seiner Kraft und Stärke, entzwei geteilt wurde.“

Alexander zieht durch jeden der Kreise einen senkrechten Strich.

„Es gab drei verschiedene Kugelmenschen. Einen androgynen, bestehend aus einer männlichen und einer weiblichen Hälfte.“ Er markiert die eine Hälfte mit dem Symbol männlich und die andere mit dem Symbol weiblich.

„Einen rein-weiblichen, bestehend aus zwei weiblichen Hälften, und einen rein-männlichen, bestehend aus zwei männlichen Hälften.“ Wieder zeichnet er die Symbole ein.

„Seit dieser Teilung haben beide Hälften Sehnsucht danach, sich mit dem jeweils anderen Teil wieder zu vereinen. Dieses Streben nach der Wiederherstellung der Ganzheit wird als Liebe, als Eros bezeichnet, der den einzelnen Hälften mit einem passenden Geliebten die höchste Glücksseligkeit ermöglicht, wo wir wieder bei der Eudaimonía wären. Ich möchte jetzt keine Umfrage starten, aber hieraus wird deutlich, dass es Frauen gibt, die es zum richtigen Mann, und Frauen, die es zur richtigen Frau hin zieht. Genauso ist es mit uns Männern.“

Alexander kann den Studentinnen in der ersten Reihe genau ansehen, dass sie jetzt gerne einen Kommentar dazu abgeben würden. Letztes Jahr hat er nach dieser Einheit nicht nur einen Liebesbrief mit „Ich bin Ihre verloren gegangene Hälfte!“ bekommen…

„So, nun kommen wir zur nächsten Rede.“, macht er weiter.

„Das wird einigen von euch nicht gefallen, was Platon seine nächste Figur sagen lässt. Der Adlige Pausanias spricht nämlich von zwei Formen der Liebe. Nach ihm gibt es einen gewöhnlichen und einen himmlischen Eros. Der gewöhnliche sucht nur körperliche Befriedigung. Dieser ist abzulehnen.“

Einige der Studenten geben wie vermutet ihr Uneinverständnis zu verstehen.

„Ja, ja, aber die Philosophie ist eben hart. Also, vielleicht solltet ihr es mal mit dem himmlischen Eros versuchen, die bleibende Vereinigung mit der Wesensart des Freundes. Hört sich doch schön an.“

Die Mädchen nicken bestätigend.

„Ja, unser weibliches Publikum hier vorne ist der Sache nicht abgeneigt, aber da muss ich euch leider enttäuschen, Mädels. Nach Platon, beziehungsweise Pausanias, ist diese Art von Eros nämlich nur unter Männern möglich.“

Die hinteren Reihen mit den meist männlichen Studenten beginnen gehässig zu lachen.

„Hier ist der Begriff der Päderastie, der Knabenliebe, wichtig. Ihr würdet das vielleicht eher als „Pädophilie von Schwuchteln“ bezeichnen.“

Einige der Studenten grinsen erneut.

„Nein, das ist jetzt ausnahmsweise nicht zum Lachen.“, entgegnet Alexander.

„Macht euch das mal bewusst: Wir leben in einer Zeit, in der man es duldet, dass Jugendliche perverse Tierpornos auf ihren Handys hin- und herschicken, aber wehe einer deiner Kumpels ist homosexuell. Ich hab euch eben gesagt, was Platon davon gehalten hat, was man im antiken Griechenland damals von Knabenliebe gehalten hat: Ein himmlischer Eros. Der Knabenliebe wurde ein pädagogischer Wert beigemessen, junge Männer in eurem Alter waren in der Gesellschaft hoch angesehen, wenn sie einen Lehrer, einen Erastes hatten. Heutzutage eine frevelhafte und inakzeptable Vorstellung. Denkt darüber mal ein wenig nach bis zum nächsten Mal, damit wir dann…etwas weniger verkrampft…tiefer in die Thematik eindringen können – wer hier lacht, outet sich!“

Kichernd verlassen die Studentinnen den Saal, ihre männlichen Kollegen wirken noch etwas überfordert.

Wie nicht anders zu erwarten, bleibt J bei Alexander am Pult stehen.

„Herr Professor, darf ich Ihnen sagen, dass ich es ganz toll finde, wie offen Sie mit diesem Thema umgehen können.“, meint sie und blinzelt ihn scheinbar entzückt an.

„Dankeschön.“, sagt er nur, während er sich die Kreide von den Händen reibt.

„Aber vielleicht liegt das daran, dass Sie auch bei Männern sicherlich einige Verehrer finden würden.“

„Ach, ja?“

„Hmhm, kann ich mir denken. Die Armen tun mir ja so Leid, dass die Männerwelt auf Sie verzichten muss.“

Alexander bekommt mit Mühe ein Lächeln zustande. Wenn sie nur wüsste, wer hier auf wen verzichten muss…

Da bemerkt er, dass Heinrich soeben den Saal als Letzter verlässt – wie wird er diese Nervensäge mit J jetzt am Besten ganz schnell los?!?

Er könnte es ja mal mit vorgetäuschter Eile versuchen.

„Oh, ich muss los, hab noch einen Termin in der Stadt.“ Hastig greift sich Alexander seine Tasche.

„Ich bin mit dem Auto da, ich kann Sie fahren.“, bietet ihm J an, während sie mit einem vielsagenden Lächeln zu ihm aufblickt und ihre langen blonden Haare von der Schulter wirft.

„Danke, nicht nötig, ich– “

Das, was sie ihm zuwirft, soll wohl ihr Schlafzimmerblick sein…?!

Gut, denkt sich Alexander, dann eben in die Offensive.

„Ich sollte nicht…“ Er macht einen Schritt auf sie zu und lehnt sich mit der Hand über ihrem Kopf an den Türrahmen.

„…nicht mit dir alleine in diesem engen Auto sein…“, raunt er mit gesenkter Stimme.

„Ich könnte für nichts mehr garantieren…“

Das hat sie so überwältigt, dass er ganz einfach an ihr vorbei aus dem Raum flüchten kann.

Verdammt, wo ist jetzt Heinrich?!

Alexander kommt der Gedanke, dass der Junge immer mit der Straßenbahn nachhause fährt. Mit der Fünf. Also schnell zur Haltestelle.

Ein Glück geht er jedes Wochenende joggen, sonst würde ihn der Sprint ernsthaft überfordern.

Aber da ist er. Abseits der größeren Studentengruppe steht er an der Haltestelle.

„Heinrich!“

Leicht außer Atem macht er vor dem Jungen Halt.

„Her Professor Humboldt, was – was machen Sie hier…?!“

Alexander grinst sein verwirrtes Gegenüber unbeholfen an.

„Ich…ich hab mir Sorgen gemacht. Wieso warst du gestern nicht hier?“

„Ich war hier, aber nur für zwei Stunden.“

„Ah.“ Peinlich. Da hätte er nicht so viel nachgrübeln dürfen.

„Ich wollte…kann ich kurz mit dir reden?“

Heinrich sieht hinüber zur Fahrtenanzeige und beißt sich auf die Unterlippe.

„Gerne, nur meine Bahn…“

„Ich bin mit dem Auto da, ich fahr dich dann nachhause.“ Okay, jetzt ist es doch passiert. Macht nichts, er hat ja noch seine Grenze. Wobei er die letztes Mal meilenweit überschritten hat. Aber das mit dem Shirt hochziehen ist eine Ausnahmesituation gewesen. Und soll es auch bleiben.

„Wo…worüber wollen Sie denn reden?“

„Ähm…setzen wir uns am Besten erst einmal in meinen Wagen.“

„Okay.“

Auf dem Weg zum Professorenparkplatz hinter der Universität überlegt Alexander, ob er Heinrich auch auf das Thema seiner Vorlesung ansprechen kann, oder es lieber lassen sollte. Nun, der Kleine wird ihn sowieso nicht plötzlich bitten, mit ihm eine päderastische Beziehung einzugehen, also muss er es nicht unbedingt versuchen.

Alexander schließt seinen schwarzen Jeep auf. Er würde gerne die Klimaanlage einschalten, aber dazu müsste er den Motor zu lange laufen lassen.

Heinrich hat neben ihm auf dem Beifahrersitz Platz genommen und schaut sich beeindruckt um.

„Sie sitzen ganz schön hoch.“

Hinten sind die Scheiben getönt und man kann die Sitze klasse nach hinten umlegen, fallen Alexander weitere Vorzüge ein, die er seinem Studenten dann doch lieber nicht an den Kopf werfen sollte.

„Also“, beginnt er stattdessen.

„Du hast mir ja verboten, etwas gegen deinen Vater zu unternehmen…“

„Sie – Sie haben aber nicht doch was getan?!“, entfährt es Heinrich voller Entsetzen.

„Nein, habe ich nicht.“, entgegnet Alexander betont.

„Auch wenn ich es immer noch nicht verstehe, wieso du dich nicht wehrst. Aber ich möchte dich fragen, ob du denn wenigstens weißt, warum er dich schlägt. Vorgestern hast du gesagt, weil du nicht brav gewesen bist. Was hast du denn getan, dass er dich so…so grausam behandeln muss?“

Voller Unverständnis schaut Alexander den Jungen an, doch die blauen Augen weichen seinem Blick aus.

„Ich…ich hab…ich bin nicht…“ Er schlingt seine Arme um den Körper und macht sich ganz klein auf dem Sitz.

„Vater will…er will, dass ich ein guter Sohn bin, aber…ich bin nicht so, wie er mich haben will…“

„Heinrich, aber das ist doch nicht– “

„Doch! Sie würden mich auch hassen, wüssten Sie bescheid!“

„Doch! Sie würden mich auch hassen, wüssten Sie bescheid!“

„Heinrich, bitte…! Ich würde dich niemals hassen…“

Überfordert schaut Alexander zu, wie der Junge sich hektisch über die tränenden Augen wischt, während er sich in die äußerste Ecke zwischen Tür und Sitz drängt.

„D-doch…gerade Sie werden mich hassen…“

„Aber wieso das denn?“

„Sie haben heute… – nein, ich…! Ich will es nicht sagen! Ich will nicht drüber sprechen, bitte…“

„Okay, schon gut.“, versucht ihn Alexander zu beruhigen.

„Ich wollte dich zu nichts zwingen. Aber wenn du drüber reden möchtest, dann kannst du das jederzeit mit mir tun, ja?“

Heinrich nickt zögerlich und zieht sich die Ärmel weiter über die Hände.

„Und…wieso…“, fängt Alexander da wieder an.

„Wieso tust du dir zu allem Übel noch selbst weh?“

Der Kleine beißt sich auf die Unterlippe. Eine überaus reizende Geste.

„Weil ich es nicht besser verdient hab. Ich sollte sterben!“

Heinrich erschrickt, als Alexander ihn plötzlich am Handgelenk packt.

„Hey! Ich verbiete dir, so was zu sagen. Tu das bitte nicht mehr, ja? Bitte.“

Eindringlich sieht er den Jungen an, versucht in den blauen Augen eine Antwort zu finden.

Heinrich versucht sein Handgelenk zu befreien, und Alexander lockert seinen Griff. Die kleine Hand rutscht hinab und bleibt zögerlich in der Größeren liegen.

„O-okay.“

Alexander will seine Finger zwischen Heinrichs schieben, will gerade so vieles, aber er nimmt seine Hand wieder zu sich.

„Hat er dich vorgestern wieder geschlagen, nachdem ich weg war?“, fragt er stattdessen.

Heinrich schüttelt den Kopf.

„Wirklich nicht?“

Da wandern die Hände des Jungen zögerlich an den Kragen seines braunen Hemdes und er öffnet den ersten Knopf.

Tu das nicht!, will Alexander sagen, bringt aber kein Wort heraus.

So sieht er nur stumm zu, wie Heinrich Knopf für Knopf sein Hemd öffnet und es schließlich von den Schultern streift.

„Sehen Sie. Die Flecken wären noch rot. Und die blauen sind auch schon fast alle verheilt.“

Ja, Alexander sieht. Er sieht das attraktivste Geschöpf des Erdballs auf seinem Beifahrersitz sitzen, den Oberkörper, die zarte blasse Haut entblößt.

Und bevor er sich in Erinnerung rufen kann, dass da mal so etwas wie eine Grenze existiert hat, die er nicht überschreiten wollte, liegt seine Hand auf dem flachen Bauch.

Er spürt, wie Heinrichs Muskeln sich unter seinen Fingern zusammenziehen.

„Herr – Herr Professor Humboldt, Ihre Hand ist…ganz warm…“

In der Tat ist es im Wagen gerade viel zu heiß ohne Klimaanlage.

„Ich wollte nur – zeig mir noch deinen Rücken.“, redet sich Alexander schnell heraus.

Heinrich gehorcht und dreht seinem Professor den Rücken zu. Der Schorf auf dem linken Schulterblatt ist abgegangen. Die Wunde ist fast ausgeheilt.

„Glauben Sie mir jetzt? Er hat mich nicht geschlagen. Das letzte Mal war vor fünf Tagen gewesen.“

Alexander nickt.

„Dann…zieh dich wieder an, wir fahren los.“

Während Heinrich sich das Hemd überzieht, startet Alexander den Wagen.

Er schlägt sich mental dafür, was er sich eben geleistet hat. Wie konnte die Situation ihm bloß so entgleiten?!? Es hätte nicht viel gefehlt und…! Und er hätte doch noch von den automatisch umzulegenden Sitzen und den getönten Fensterscheiben Gebrauch gemacht!

Das darf ihm nicht noch einmal passieren. Er muss willensstärker sein. Die Grenze „Heinrich nicht berühren“ muss mit aller Macht aufrechterhalten werden.
 

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Sehr kurz, ich weiß...

Aber das wollt ich noch zum letzten Kapi ergänzen^^

„Du bist ja wieder pünktlich.“

Alexander lässt sich kommentarlos auf seinen Stuhl vor dem Schreibtisch fallen und nimmt einen Schluck Kaffee. Noch schön warm.

„Hast du dich beruhigt, hm?“

„Weniger.“

„Der Junge ist erwachsen, Alexander. Du bist nicht sein Vater. Ich hab dir immer gesagt, du bist ein Mensch, der eigentlich Kinder bekommen sollte.“

„Wilhelm. Ich will ihm keine Gutenachtgeschichten vorlesen, ich will mit ihm ins Bett.“

„Wieso hast du’s dann noch nicht getan?! Wenn der Junge sich von seinem Vater schlagen lässt und schweigt, dann wird er auch seinen Mund halten, wenn du dir einfach nimmst, was du willst, oder?!“

„Wilhelm!“ Entrüstet schaut Alexander seinen älteren Bruder an. So etwas hätte er von ihm niemals erwartet.

Aber Wilhelm grinst ihn nur an.

„Siehst du. Genau das ist es. Du willst eben nicht einfach nur mit ihm ins Bett. Du machst dir Sorgen um ihn. Bis jetzt warst du auch nicht so zimperlich mit den Typen, die dir von Berlin aus nachgejammert haben, nachdem du sie nach einer Nacht sitzen lassen hast. Dich hat weder interessiert, was vor, noch was nach dir in ihrem Leben war, oder? Wieso jetzt also auf einmal so sentimental? – Weil er dir endlich mal wirklich was bedeutet! Eigentlich eine Schande, dass ich dir so was erst sagen muss.“

Alexander blickt über den Kaffeetassenrand zu seinem Bruder auf.

Er kommt sich vor, wie in seiner Kindheit, morgens beim Frühstück, als Wilhelm ihm erklären musste, was das bedeutet, wenn ein Mädchen ihm einen Liebesbrief schreibt.

„Du müsstest dann los.“

„Oh.“

Alexander steht zögerlich auf. Er wirft Wilhelm ein Grinsen zu.

„Danke.“

„Keine Ursache.“

„Grüß mir deine Frau.“
 

Als Alexander den Hörsaal betritt, fühlt er sich irgendwie frei. Das hat er gebraucht. Endlich Klarheit über seine Gefühle, auch wenn das nicht heißt, dass er demnächst von Heinrich loskommen wird und wieder seinen gepflegten Wochenendausflügen in Berlin nachgehen kann.

Heinrich sitzt übrigens wie immer an seinem Platz. Er kritzelt irgendwas auf seinen Block. Damit er nicht aufschauen muss?

„Guten Morgen.“

Außer den freudigen Rufen der Studentinnen erreicht ihn eher unmotiviertes Gebrummel.

„Ich staune, dass die Herrenriege sich vom Thema nicht abschrecken lassen hat und auch heute so zahlreich erschienen ist.“, meint er mit einem Grinsen.

„Und das, wo wir uns heute ja näher mit der Päderastie, der philosophisch wertvollsten Liebe befassen wollen. Hat irgendjemand zufällig Vorkenntnisse?“

Die Mädchen kichern und drehen sich erwartungsvoll zu ihren männlichen Kommilitonen um.

„Nein? Auch gut, dann können wir ganz von vorne anfangen. Am besten ihr macht euch zu Beginn noch einmal klar, dass Päderastie eben keine Pädophilie ist. Der jüngere Partner in einer päderastischen Beziehung war nämlich keineswegs ein Kind. Im Grunde handelte es sich um Jugendliche in der Pubertät, also grob im Alter von zwölf bis zwanzig, die durch diese Beziehung zum Erwachsenen erzogen werden sollten. Der Jüngere wurde als Eromenos, als Geliebter bezeichnet, während der Ältere der Erastes, der Liebende war, für welchen keine Altersgrenze existiert. Wichtig ist nur die altersbedingte physisch-psychische Überlegenheit. Wie ich schon letztes Mal erwähnt habe, hatten solche Beziehungen einen ernorm hohen pädagogischen Wert, und der Eromenos eines angesehenes Mannes zu sein, brachte dem Jüngling eine ebenfalls hohe Stellung in der Gesellschaft ein. Solche Bindungen sollten dazu dienen, den Eromenos weise und gut zu machen, in Vernunft und der übrigen Tugend zu fördern, und Bildung und die übrige Weisheit zu vermitteln.“

Eine der Studentinnen in der ersten Reihe meldet sich.

„Hach, eine Meldung! Das ist mir schon lange nicht mehr passiert. Bitte, sprich.“, fordert Alexander sie guter Dinge auf.

„Ja, ich wollte nachfragen…“, fängt sie an und stützt blinzelnd ihr Kinn auf ihre Hände.

„Was Sie bis jetzt erzählt haben, hört sich für mich nach der Beziehung an, die Sie zu jedem von uns haben. Gibt es da noch eine sexuelle Komponente…?“

Alexander muss kurz auflachen. Ja, sie sieht so aus, als würde sie sich das wünschen…

„Das ist ja weniger philosophisch, soll ich das wirklich noch erwähnen?“

Von den Studentinnen kommt eindeutige Zustimmung.

„Gut.“, meint Alexander mit einem Zwinkern.

„Aber nur, weil die Herren da hinten so aussehen, als könnten sie gerne drauf verzichten.“
 

„Schenkelverkehr?!“

Alexander muss über das Unverständnis der Stundenten schmunzeln.

„Ja, Schenkelverkehr. Jetzt sagt bloß, ihr könnt euch darunter nichts vorstellen“

Nein. Er wird der wild blinzelnden Dame mit J nicht anbieten, es ihr nachher zu zeigen.

„Was wird Mann da wohl an den Schenkel reiben?“

Ein Raunen geht durch die Bänke.

„Na, bitte. Jetzt hat es auch der Letzte verstanden. Also, generell ist zu sagen, dass jegliche Art von sexueller Befriedigung erlaubt war, solange der Erastes dem Jungen dadurch einen Dienst erfüllt, der ihm hilft, Weisheit und Güte zu gewinnen.“

Einige Studenten schmunzeln.

„Ja, ich weiß, das kann man weit auslegen, aber es stand wirklich immer der pädagogische Nutzen im Vordergrund.“

Bei diesem letzten Satz klingelt es.

„Punktlandung, würde ich sagen. Könnt ihr mir einen Gefallen tun, und bis nächsten Montag Platons Symposion lesen? Müsste im Internet oder sogar bei Reclam zu finden sein. Ansonsten schönes Wochenende.“

Irgendwie war es zu erwarten, dass Alexander nicht aus dem Saal kommen würde, ohne nicht erst von J und ihrem heute nicht mehr ansehnlich ausgeschnittenen Top konfrontiert zu werden.

„Herr Professor…“

„Ja?“

„Nach dem, was Sie letztens zu mir gesagt haben…“

Ach ja, da war ja das mit dem Auto gewesen…

„Ich glaube, diese Beziehung, die Sie uns eben erklärt haben, würde auch mir einen immens größeren pädagogischen Nutzen bringen, als der Frontalunterricht...“

Alexander grinst seine Studentin an. Wie kann man bloß so dreist sein?!

„Da tut es mir aber Leid, Schatz, dass du kein Junge bist.“, sagt er trocken und lässt sie einfach stehen.

Draußen auf dem Gang sieht er sich nach Heinrich um. Wieso hat er nicht auf ihn gewartet?!

Die Tasche umgehängt sprintet er wieder durch die Gänge hinaus auf den Campus. Unten an der Treppe erwischt er ihn.

„Heinrich.“

„Oh, hallo.“

„Wieso wartest du denn nicht auf mich? Hast du schon aus für heute?“

Der Kleine läuft weiter und Alexander müsste schauen, wie er hinterherkommt, wäre da nicht die physische Überlegenheit.

„Ich wollte…ich wollte Sie nicht stören, wie Sie mit…mit Ihrer Studentin……reden.“

Alexander muss lachen. Ihm wird innerlich warm, weil er sich einbildet, Eifersucht in der Stimme des anderen zu hören.

„Hast du dir übrigens überlegt, ob du mir verraten willst, warum du ein ganz ungezogener Junge bist?“

„Nein.“

„Du hast es dir nicht überlegt?“

„Ich will es Ihnen nicht verraten.“

„Darf ich dich dann wenigstens nachhausefahren?“

„Ich würde nur in die Stadt gehen, was essen. Nachher hab ich noch Physik.“

Alexander muss mit Missfallen bemerken, dass sein Student heute ziemlich abweisend ist. Auch kein Wunder, wie er ihn das letzte Mal begrabscht hat…

„Gut, dann…“ Er fühlt sich richtig schäbig, fährt sich planlos durch die Haare.

„Ich könnte dich zum Essen einladen. Als Entschuldigung.“

Heinrich schaut zu ihm auf.

„Für was?“

„Na, wegen irgendwas bist du doch grad nicht so gut auf mich zu sprechen.“

Der Junge runzelt die Stirn.

„Ja, dafür könnten Sie sich wirklich mit einem Mittagessen entschuldigen.“, meint er und legt sich einen Finger an die Lippen.

„Sehr gut.“, ist Alexander erleichtert.

„Darf ich dich fahren?“

„Das wäre das Mindeste.“

Er muss lachen und holt die Autoschlüssel heraus.

„Was hätte der junge Mann denn gerne? Italienisch, Französisch, Griechisch? Oder doch lieber Chinesisch oder Indisch?“

„McDonald’s.“

„Okay. Wär mal was anderes.“

Wenn Wilhelm ihn nur sehen könnte… Jetzt sitzt er hier, in einem schmierigen Fastfood-Restaurant im Industriegebiet, schiebt sich einen ungesunden Cheeseburger mit Pommes zwischen die Kiemen, und das alles nur seinem Gegenüber zuliebe. Sein Bruder hat schon Recht, wenn er behauptet, er wäre dem Jungen völlig verfallen.

„Schmeckt’s?“, fragt Heinrich freudig – seine Laune hat sich über die Autofahrt hinweg gebessert.

„Geht so.“, antwortet Alexander, will dem Kleinen das Ketchup aus den Mundwinkeln lecken.

„Ist eine Ewigkeit her, dass ich mal wieder so gesund esse.“

Heinrich lacht. So wunderschön herzhaft, dass Alexander ihn gerne in die Luft schmeißen und wieder auffangen möchte.

„Aber nicht, dass du jetzt bloß diese Preisklasse ausgewählt hast, weil ich dich einladen will.“

Der Junge schüttelt den Kopf. Eindeutig, er kann schlecht lügen.

„Und jetzt, mit gestärktem Geist und vollem Magen…willst du mir jetzt was verraten?“

Heinrich betrachtet seine letzte Pommes, die er zwischen seinen Fingern dreht.

„Nein…“

„Heinrich. Ich mach mir wirklich Sorgen um dich. Was ist es denn, das deinem Vater so an dir missfällt?“

Der Junge stopft sich nur die Pommes in den Mund.

Alexander seufzt.

„Ich kann es mir ernsthaft nicht vorstellen, Heinrich, was deinen Vater so wütend machen könnte. Gut, ich kann mir denken, dass ihm das Thema, das ich gerade mit euch durchnehme, nicht besonders zusagt, aber er schlägt dich doch nicht, weil du zu Vorträgen über Homosexualität gehst, oder?“

Von Heinrich kommt keine Antwort, aber es ist schon Antwort genug, dass er Alexanders Blick ausweicht und nervös an seinen Ärmeln spielt.

Dem Professor kommt plötzlich ein Wunschgedanke, der ihm den Mund ganz trocken werden lässt.

„Heinrich ich…verzeih mir, aber deine Reaktionen lassen bei mir nur einen Schluss zu. Du musst jetzt schon was sagen, um mir zu Beweisen, dass es nicht so ist.“

Da schüttelt der Junge den Kopf, die Augen fest geschlossen.

„Es ist schon so, wie Sie denken.“, bringt er heraus, kaum ein Flüstern.

„Mein Vater schlägt mich, weil ich…weil ich mir eine Zeitschrift mit nackten Männern gekauft hab und weil ich…er meint, ich bin pervers und…und eine Schande, und das wär gegen die Norm und ich soll nicht solche Gedanken haben, aber ich hab immer wieder diese Träume, und wenn er mich dann morgens findet…“

Dem Kleinen laufen die Tränen über die Wangen und er beginnt zu schluchzen.

Alexander stellt fest, dass ein Fastfood-Restaurant der schlechteste Ort für ein solches Coming-Out ist. Er kann nichts anderes tun, als nach Heinrichs Hand zu greifen.

„Heinrich, hast du vergessen, was ich im Unterricht gesagt habe? Es gibt Leute, die diese Art von Liebe als göttlich empfinden, als pädagogisch wertvoll, als…“

„Aber ich…“ Der Junge zittert so heftig, Alexander will ihn in den Arm nehmen.

„I-ich will…verstehen Sie nicht, dass ich auch…dass mich auch der gewöhnliche Eros reizt? Dafür müssen Sie mich doch hassen…“

„Niemals, Heinrich. Hörst du, niemals. Das ist, wie der Name schon sagt, das gewöhnlichste der Welt, dass du solche Bedürfnisse hast.“

„Nein, das…das ist pervers. Das darf ich nicht, das muss ich unterdrücken, jawohl, ich werde anständig, jawohl, zu Befehl.“

Jetzt reicht es.

Wie gut, dass man in Fastfood-Restaurants zu Beginn zahlt.

Alexander steht auf und zieht den Jungen mit sich. Als Heinrich sich sträubt, nimmt er ihn kurzerhand auf den Arm und trägt ihn nach draußen, wo er sich hinter den Parkplatzbüschen an die Hauswand setzt, Heinrich fest in seinen Armen.

„Du musst gar nichts unterdrücken, Junge. Du musst dich nicht ändern, du bist perfekt, so wie du bist, hörst du?“

Der Kleine krallt sich nur in Alexanders Hemd fest und heult wie ein Schlosshund.

Der Professor streicht ihm beruhigend durch die Haare.

Verdammt schwierig, in so einer Situation noch zu wissen, wo die Grenze ist.
 

Alexander reicht dem Kleinen ein Taschentuch, dabei will er ihm so gerne die Tränen von den Wangen küssen.

„Geht’s wieder?“

Heinrich nickt und befreit sich etwas unbeholfen aus Alexanders Umarmung.

„T-Tut mir Leid, ich…ich wollte Sie nicht belästigen…“, stottert er sichtlich peinlich berührt und schnäuzt sich die Nase.

„Hast du nicht. Es tut mir Leid, dass ich so drauf beharrt hab und…es ist wohl meine Schuld, ich hätte einfühlsamer sein sollen.“

„Nein, nein, ich bin eben zu…zu verweichlicht.“

Alexander klopft ihm sachte auf den Rücken.

„Ach, was, sag so was nicht!“, meint er mit einem Lächeln.

Heinrich weicht seinem Blick aus.

„Setzen wir uns in den Wagen?“

„Mhm.“

„Nimm dir doch den Nachmittag frei. Soll ich dich bei Eggebrecht abmelden?“

„Nein, ich…ich sollte hingehen.“

„Wie du willst. Steig ein, ich fahr dich zurück.“

Die Fahrt über schweigt Heinrich, und Alexander lässt ihn mit seinen Gedanken alleine.

Auf dem Professorenparkplatz stellt er den Motor ab.

Abwartend sieht er zu seinem Studenten hinüber, der sich noch ein wenig fassen muss.

Erschöpft atmet der Junge aus und rauft sich die Haare.

„Argh! Ich kann es nicht glauben, dass Sie jetzt Bescheid wissen.“

Alexander lächelt ihn an.

„Und? Ich werd’s nicht ans Schwarze Brett hängen und schlagen werd ich dich dafür auch nicht.“

„Nghh…“

Heinrich reibt sich übers Gesicht.

„Und zu allem Überfluss bin ich auch noch verliebt…“

„Ah?“

Alexander kann nicht anders, als sein Gegenüber mit großen Augen anzuschauen.

Heinrich schlägt voller Entsetzen die Hände vor dem Mund zusammen. Seine Wangen glühen.

„Ah, ich…ich…“

„Darf ich fragen, in wen du verliebt bist?“

„In…in einen Freund von…aus der Schule, ja, ich, ähm, hab mit ihm zusammen Abitur gemacht…Sie werden ihn nicht kennen…“

Alexander nickt. Das tut verdammt weh.

„Dann…ich sollte gehen, sonst komm ich zu spät. Professor Eggebrecht ist ja immer so pünktlich.“

Alexander nickt wieder.

„Danke – vielen Dank für die Einladung. Für Alles“

„Gerngeschehn.“

Damit steigt Heinrich aus, und nachdem er die Autotür zugeworfen hat, ist es still im Wagen.

Das nennt man Höhenflug mit anschließender Bruchlandung.

Erst erzählt ihm das wertvollste Geschöpf dieser Welt, dass auch er auf Männer steht, und keine fünfzehn Minuten später eröffnet er ihm, dass sein Herz schon vergeben ist.

Tja. Es wäre auch zu schön gewesen…

Alexander beschließt, dieses Wochenende mal wieder einen Abstecher nach Berlin zu machen. Anders wird er wohl die drei Tage nicht überleben.

Als er seinen Wagen startet, sieht er, wie Heinrich im Gebäude verschwindet.

Oh ja, das wird ein langes Wochenende...

Es ist sonntagmorgens und Alexander ist fix und fertig.

„Du bist so was von armselig…“

„Danke, ich weiß.“

„Nein, ich mein im Bett. Das war echt schlecht.“

„Dankeschön für die Blumen, aber schon mal dran gedacht, dass du nicht der erste in den letzten achtundvierzig Stunden warst?“

Der junge Blonde schnaubt verächtlich.

„Und das ist wohl nicht dein erstes Glas Whisky, nehm ich an.“

„Richtig.“

„Mann! Da hab ich gedacht, ich bin endlich mal einem gutaussehenden, verantwortungsbewussten, reichen Typen begegnet, und dann ist das wieder nur so ein perverser Säufer, der sich in Eigenmitleid ertränkt!“

Alexander dreht sich auf den Bauch und zieht sich das Kissen über den Kopf.

„Bitte nich so laut, ja? Hau ab, wenn’s dir nich passt…“
 

Es ist bereits Abend, als Alexander seinen Rausch ausgeschlafen hat und vom Zimmerservice aus dem Hotel gejagt wird.

Mit brummendem Schädel und der Erkenntnis, dass ihn der Alkohol mehr als seine Berliner Bekanntschaften befriedigt hat, tritt er seine Heimreise an.

Als er die Autobahnabfahrt in die Stadt hinein nimmt, ist es nicht das erste Mal, dass er an Heinrich denkt. Er wollte ihn zwar übers Wochenende vergessen, aber eigentlich hat er doch jede Sekunde an ihn gedacht.

Und er hat einen Entschluss gefasst: Er möchte dem Jungen helfen.

Egal, in wen sein Student so heftig verliebt ist, er wird ihm helfen, diese Liebe für sich zu gewinnen. Er will ihm helfen, glücklich zu werden, dann ist auch er glücklich. So lautet jedenfalls sein Plan.

Die Räder des schwarzen Jeeps rollen langsamer, als Alexander in die kleine Straße mit den Reihenhäusern einbiegt. Er hätte hier nicht durchfahren brauchen, aber er hat es eben doch getan.

Im Schritttempo passiert er den gepflegten Garten, blickt fast sehnsuchtsvoll hinauf zum Fenster im oberen Stock. Morgen wird er ihn endlich wieder sehen.

Alexander will gerade wieder beschleunigen, da springt plötzlich die Haustür auf.

Heinrich kommt heraus gerannt, und Alexander tritt wie ein Bekloppter auf die Bremse.

Der Junge reißt die Beifahrertür auf.

„Herr Professor Humboldt, ich…! Ich hab Sie von oben gesehen – wusst ich’s doch, dass es Ihr Wagen ist!“

„Hallo.“, lacht Alexander nur, noch immer ziemlich überrascht.

„Was ist los, wieso so freudig? Bist du mit deiner großen Liebe weitergekommen?“

Da verstummt Heinrich sofort und drückt sich den Zeigefinder auf die Lippen.

„Pschhhht! Vater darf doch nicht…er darf’s doch nicht wissen…“

„Warte“, meint Alexander.

„Ich fahr kurz rechts ran.“

Als er bei Kleists vor der Haustür steht, steigt Heinrich zu ihm in den Wagen.

„Ich bin noch nicht weiter, nein“, meint er.

„Werd auch wohl nie weiter kommen.“

„Wieso das denn?“, fragt Alexander erstaunt.

„Hat er eine Freundin? Hast du ihn gefragt?“

Der Junge schüttelt heftig den Kopf.

„Nein, ich darf ihn doch nicht fragen. Eigentlich darf es niemand wissen, dass ich…dass ich schwul bin, weil ich ja anständig sein muss.“

Jetzt ist es Alexander, der vehement den Kopf schüttelt.

„Nein, nein, Heinrich. So funktioniert das nicht. Dein Vater hat kein Recht, dir irgendwas zu verbieten, und schon gar nicht darf er dir vorschreiben, wen du liebst. Du musst zu dir und deinen Gefühlen stehen, verstehst du?“

Heinrich sieht unsicher auf und beißt sich auf die Unterlippe.

„Aber…das geht doch nicht…“

„Doch!“, meint Alexander überzeugt.

„Das geht! Sei offen, sei ehrlich zu dir selbst! Wenn dich jemand drauf anspricht, dann darfst du ihm ruhig sagen: „Ja, ich bin schwul“. Du belügst nicht nur andere, wenn du ihnen als Alibi von einer Freundin erzählst, sondern du belügst auch dich selbst. Verleugne dich nicht, sonst wirst du nicht glücklich, Kleiner.“

Die blauen Augen sehen abwägend auf.

„Heinrich, denk an die Eudaimonía. Du wirst die Glücksseeligkeit nur erreichen, wenn du dich nicht verleugnest.“

Langsam legt sich ein zaghaftes Lächeln auf Heinrichs Gesicht.

Alexander wundert sich, woher er plötzlich diese Moralpredigt hergeholt hat, denn er selbst ist ja wohl auch nicht besser: Fährt an Wochenenden in eine andere Stadt, um dort unter falschem Namen seinen Gelüsten nachzugehen, während er Kollegen und Studenten den Frauenheld, und Heinrichs Vater den anständigen Verlobten vorgaukelt.

„Meinen Sie…meinen Sie wirklich?“, gibt Heinrich von sich.

Alexander nickt bejahend.

„Ja, das ist der beste Ratschlag, den ich dir geben kann. Wenn du nicht ehrlich zu dir selbst bist, dann kann das nie was werden, mit deinem Freund. Er wird dich nicht akzeptieren, solange du dich selbst nicht akzeptiert hast, verstanden?“

Heinrich grinst ihn an.

„Verstanden.“ Und die ganzen Plagen des Wochenendes sind auf einmal verflogen.

„Oh, da in der Tür steht deine Mutter.“

„Ah, dann geh ich mal wieder. Wir sehen uns morgen.“

„Ja, bis morgen. Und viel Gelingen für deine Eudaimonía.“

Wie leicht Heinrich ihm zu seiner verhelfen könnte…

Skeptisch sehen Alexander seine graublauen Augen aus dem Spiegel an.

Er betrachtet seinen nackten Oberkörper, reibt sich über den roten Fleck auf seiner Schulter. Er hat diesem Idioten doch gesagt, er soll ihn nicht beißen!

Während er sich seine Hose anzieht und ein Hemd überstreift, muss er an gestern denken. Er hat sich doch damit abgefunden, dass er schwul ist, er hat es akzeptiert, er lebt damit. Wieso kommt er trotzdem nicht ohne dieses Netz von Lügen aus?

Er schließt seinen Gürtel.

Vielleicht sollte er Heinrich zuliebe etwas ändern, um ein besseres Vorbild zu sein?
 

Als Alexander ins Vorzimmer des Universitätsleiters kommt, trifft er seinen Bruder unerwarteter Weise schon dort vor seinem Büro an.

„Ein Glück bist du pünktlich.“, begrüßt ihn Wilhelm mit ernster Miene.

„Was…Ist was passiert?“, fragt Alexander verwirrt.

„Bekomm ich heute keinen Kaffee?“

„Doch, gerne. Nachdem du dich vor Eggebrecht gerechtfertigt hast.“

„Eggebrecht?!“, entfährt es Alexander.

„Pst! Er sitzt in meinem Büro.“, bremst ihn sein Bruder mahnend.

„Er ist heute Morgen zu mir gekommen, weil er…dir etwas vorzuwerfen hat.“

„Aha.“ Skeptisch schaut Alexander den anderen an.

„Er soll’s dir am Besten selbst erklären.“, meint Wilhelm.

„Aber überleg dir schon mal, wie du da wieder rauskommst…!“

Ohne ein weiteres Wort der Erklärung öffnet Wilhelm die Tür zu seinem Büro und tritt mit Alexander zusammen ein.

Eggebrecht erhebt sich von seinem Stuhl.

„Guten Morgen, Professor Humboldt.“

„Morgen.“, entgegnet Alexander trocken.

„Ich höre, Sie haben eine Beschwerde gegen mich vorgebracht?“

„In der Tat.“

„Dürfte ich erfahren, um was es sich dabei handelt?“

Eggebrecht setzt ein süffisantes Grinsen auf.

„Gerne doch. Aber ich bin nicht aus eigenem Antrieb hier, sondern im Auftrag einer Studentin.“

Oh. Alexander schwant Übles. Übles mit J.

„Um exakt zu sein, suchte mich am Freitag Janette Schindler auf, eine Ihrer Studentinnen aus Ihrem Philosophieseminar.“ Aha, Janette heißt sie also.

„Sie wirkte überaus verstört auf mich und hat mir Schreckliches gebeichtet.“

So langsam wird Alexander ungeduldig.

„Und das wäre…?“

Eggebrecht sieht ihn abschätzig an.

„Ich glaube, Sie wissen schon ganz genau, was ich meine, Herr Professor. Schämen Sie sich nicht dafür, das Vertrauen eines unschuldigen Mädchens so…so zu missbrauchen?!“

„Tut mir Leid, Herr Kollege, aber wenn Sie nicht bald Klartext reden, wird mir nicht deutlich, was ich getan haben soll.“

„Sexuell belästigt haben Sie sie! Unmoralische Angebote haben Sie ihr gemacht! Von wegen, ob sie Sie nachhausefahren kann, und in ihrem Wagen haben Sie dann – es ist unaussprechlich, was das arme Mädchen mir anvertraut hat!“

Alexander schüttelt den Kopf. Er kann das Lachen nicht mehr unterdrücken.

„Was…?! Hören Sie gefälligst auf zu lachen! Was ist das denn bitte für eine Reaktion! Zur Rechenschaft werden Sie dafür gezogen! So sieht’s aus!“

„Herr Eggebrecht.“ Plötzlich ganz ernst sieht Alexander seinen Kollegen an. So langsam reicht es ihm. Alles.

„Dieses „arme Mädchen“, hat sich Ihnen nur an den Hals geworfen, weil ich nicht auf ihre plumpe Anmache eingegangen bin, weil sie es gerne so gehabt hätte, wie sie es Ihnen erzählt hat.“

„Herr…!“

„Und ich weiß auch, wieso Ihnen das Ganze so was von recht kommt: Sie hätten es nämlich gerne, dass sich die Studentinnen für Sie interessieren und Ihnen eindeutige Angebote machen.“

„Also…!“

„Aber keine Angst, Kollege, ich nehm Ihnen die Mädchen bestimmt nicht weg, denn – ich – bin – schwul, und kein bisschen an irgendeiner Janette oder Jasmin, oder wie auch immer sie heißen mag, interessiert.“

Eggebrecht sind die Gesichtszüge entgleist. Wilhelm schaut auch nicht besser drein.

„Hat das jetzt jeder verstanden, ja? Und wenn Sie wollen, können Sie die Neuigkeit am Schwarzen Brett aushängen, Sie würden mir damit einen großen Gefallen tun, dann blieben mir nämlich diese lächerlichen Annäherungsversuche erspart. Ich danke Ihnen. Auf Wiedersehen, ich muss zum Unterricht.“
 

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Wieder etwas kurz, aber ich denke dafür aussagekräftig XD

Alexander stellt fest, dass seine Anklägerin mit J – den Namen hat er schon wieder vergessen – heute gar nicht anwesend ist. Da hat sie wohl damit gerechnet, dass er gleich vom Dienst suspendiert würde…

„So, habt ihr alle schön das Symposion gelesen? Ich hoffe es mal, sonst wird es etwas schwierig heute mitzukommen. Also, fangen wir an, uns die Funktion von Einleitung und Schluss anzuschauen…“

Während Alexander vor seinen Studenten steht, fragt er sich, wie lange es wohl dauern wird, bis die Neuigkeit über seine sexuelle Neigung bei ihnen angekommen ist. Wie sie wohl reagieren werden? Und wie Heinrich wohl reagieren wird? Aber er bereut es nicht, es endlich jemandem gegenüber klargestellt zu haben. Er bereut es nicht im Geringsten. Genau so, will er, soll Heinrich denken.

„Deshalb wird diese Liebe auch als Platonische Liebe bezeichnet. Philosophisch gesehen ein Weg, die Eudaimonía zu erlangen. Da es gleich klingelt, noch schnell einen Ausblick auf die weiteren Stunden: Nachdem wir uns jetzt also mit den römischen und griechischen Philosophen befasst haben, wenden wir uns der Philosophie des Mittelalters zu. Da hoffe ich, dass ihr alle schön bibelfest seid.“, meint Alexander mit einem Zwinkern, was einige Studenten aufstöhnen lässt.

„Tja, es wird nicht ohne gehen. Dafür verspreche ich euch, dass wir es hier wenig mit peinlichen, lasterhaften Themen wie der Sexualität zu tun haben werden. Also, ihr kennt eure Pflichtlektüre. Bis zum nächsten Mal.“

Genießerisch sammelt Alexander seine Unterlagen zusammen, ohne dabei von irgendeiner aufdringlichen Studentin gestört zu werden.

Nur Heinrich tritt zu ihm ans Pult heran und zaubert ihm ein Lächeln aufs Gesicht.

„Was gibt’s?“

Doch der Junge scheint nicht so begeistert zu sein.

„Hier.“ Er hält seinem Professor zögerlich einen Umschlag entgegen.

In zackiger Handschrift ist er mit Alexanders Namen versehen.

„Von meinem Vater.“

„Was…?“

„Er hat mich erwischt, wie ich das Symposion gelesen hab.“

Alexander sieht den Jungen entsetzt an.

„Er hat dich doch nicht wieder geschlagen…?!“

„Nein, nur…nur eine Ohrfeige. Ich hab ihm erklärt, dass Sie uns aufgegeben haben, es zu lesen. Er will jetzt anscheinend wissen, ob ich die Wahrheit gesagt hab.“

Alexander wirft Heinrich noch einen besorgten Blick zu – die linke Wange ist in der Tat etwas rot – bevor er hastig den Brief aufreißt. Schnell überfliegt er die Zeilen.

„Was schreibt er?“

Alexander zerknüllt den Brief in seinen Händen und läuft zur Tür, um ihn dort in den Mülleimer zu werfen.

„Er bittet mich um ein dringendes Gespräch.“, sagt er mit deutlicher Verachtung in seiner Stimme.

Als er sich zu Heinrich umdreht, versucht er zu lächeln.

„Kann ich heute Abend vorbeikommen?“

„Sicher.“

„Du kündigst mich an?“

„Werd ich machen, Herr Professor Humboldt.“

„Gut.“

Er überlegt ernsthaft, ob er den Kleinen in den Arm nehmen soll, lässt es dann doch lieber.

Auch widersteht er dem Drang, ihm durch die Haare zu fahren.

„Pass bis dahin auf dich auf. Wenn er es sich doch noch anders überlegt und dich schlagen will, haust du ab, ja?“

Der Junge nickt zögerlich.

Alexander weiß, dass er es nicht tun und dableiben würde.
 

Es ist mittlerweile halb Sechs abends, als Alexander seinen Wagen vor dem gepflegten Reihenhaus parkt.

Er schließt den schwarzen Jeep ab und öffnet das Gartentürchen, läuft durch den Vorgarten. Bevor er klingelt, richtet er sich noch einmal die Krawatte.

Frau Kleist öffnet, ein freundliches Lächeln auf ihrem Gesicht.

„Guten Abend, Herr Humboldt.“

Alexander ist erstaunt, dass sie sich seinen Namen behalten hat.

„Guten Abend, Frau Kleist.“

„Kommen Sie rein.“

Sie schließt hinter ihm die Tür, und er lässt sie ihm den schon bekannten Weg ins Wohnzimmer weisen.

Dort erhebt sich Herr Kleist vom Sofa, als Alexander den Raum betritt.

„Guten Abend.“

„Guten Abend, Herr Kleist.“

Der Mann sieht zur Tür, wo seine Frau kurz darauf verschwindet.

„Setzen Sie sich.“

Alexander nimmt auf dem Sessel Platz.

„Hat mein Sohn Ihnen schon berichtet, was vorgefallen ist?“

„Nein.“, antwortet Alexander, ohne mit der Wimper zu zucken. Er hält diese Antwort für besser.

„Also gut, es geht um Folgendes: Heinrich hat mir erzählt, dass Sie Ihren Studenten aufgegeben hätten, dieses…dieses Buch zu lesen…“

„Das Symposion von Platon?“, hakt Alexander nach.

„Ja, das.“

Er schlägt die Beine übereinander und sieht den Hausherrn erwartungsvoll an.

„Gibt es irgendein Problem damit?“

Herr Kleist lacht kurz verächtlich auf.

„So kann man das nennen. Ich erziehe meinen Sohn nach den üblichen Normen und Sitten, da kann ich es nicht verantworten, dass er solch einen…Schund ließt, der ihm wohlmöglich noch irgendwelche unmoralischen Flausen in den Kopf setzen wird.“

„Herr Kleist, dieser Schund ist eines der bedeutendsten Werke des vielleicht größten griechischen Philosophen der Antike und enthält einige lehrreiche Grundsätze.“

„Mein Sohn soll aber nicht lernen, wie man Unzucht betreibt! Wenn Sie mir nicht versichern können, in Zukunft diese Art von Themen aus Ihren Seminaren fernzuhalten, muss ich Heinrich verbieten, daran weiter teilzunehmen.“

Alexander schlägt seine Beine wieder auseinander und lehnt sich nach vorne.

„Herr Kleist. Das einzige, was ich Ihnen versichern werde, ist, dass Heinrich ein erwachsener Mann mit eigenem Willen ist, und Sie nicht über ihn zu bestimmen haben.“

„Also…!“ Entrüstet springt Kleist auf.

„Das ist doch die Höhe! Das muss ich mir doch von Ihnen nicht bieten lassen! Schauen Sie erstmal zu, dass Sie mit Ihrer Verlobten Kinder in die Welt setzen, dann können wir weiter darüber reden, was ich als Vater zu tun und zu lassen habe!“

Okay, das war’s.

Alexander steht auf, sein Gesicht blank. Er knöpft sich sein Jackett wieder zu, das er zum bequemeren Sitzen geöffnet hat.

„Ich glaube, ich muss hier erst einmal was Grundlegendes klarstellen.“, sagt er mit beängstigend ruhiger Stimme.

„Ich werde mit meiner Verlobten keine Kinder bekommen, genauso wie ich den Gruß an ebendiese letztens nicht bestellen konnte, da es keine Verlobte gibt. Mich interessieren nur Männer, ich bin homosexuell, schwul, betreibe Unzucht, wie sie’s auch ausdrücken möchten. Und ich werde einen Teufel tun und Sie noch dabei unterstützen, Ihrem Sohn zu verbieten, was ich lebe!“

Kleist ist sprachlos. Seine Schläfen zucken gefährlich.

Jetzt flippt er aus, denkt Alexander, aber er hat Boxen als Schulsport betrieben, also fühlt er sich trotz der Armeewaffen im Haus ziemlich sicher.

„Raus.“ Es ist nur ein Krächzen.

„Raus aus meinem Haus – RAUS!“

Alexander wirft dem Mann noch einen verächtlichen Blick zu, bevor er sich umdreht und das Wohnzimmer verlässt.

Draußen gleich hinter der Tür stolpert er über Frau Kleist.

„Ah…“

Er schafft es tatsächlich, sie freundlich anzulächeln.

„Es tut mir Leid, Ihnen solchen Ärger gemacht zu haben.“, meint er, bevor er an ihr vorbei zur Haustür läuft.

„Sie…“

Er dreht sich fragend um und da erschrickt er. Wie ängstlich und hilflos ein Mensch doch aussehen kann…

„Sie…Wollen Sie nicht noch bleiben…? Vielleicht…vielleicht will Sie Heinrich sehen, oder… Ich hab noch ein Stück Kuchen, das Sie…“ Ihre Stimme erstickt ihr und sie wischt sich hastig über die Wangen.

Alexanders Augen weiten sich.

Verdammt, ja. Er darf jetzt auf keinen Fall gehen.

„Danke. Ich danke Ihnen, ich…Ich fahre schnell meinen Wagen ein Haus weiter. Lassen Sie mich wieder rein?“

Sie nickt hastig.

Gerade ist er zum Haus hinaus, da springt die Wohnzimmertür auf

„Ist dieser Bastard weg?!?“

„J-Ja, Schatz.“

Herr Kleist rennt in die Küche und sieht durchs Fenster den schwarzen Jeep losfahren.

„Bleib in der Küche.“, befiehlt er seiner Frau, bevor er sich unten an die Treppe stellt.

„Heinrich! Komm sofort runter!“

Mit schnellen Schritten hechtet Alexander durch den Vorgarten. Vorsichtig schielt er durchs Küchenfenster.

Er begegnet gleich hinter der Scheibe Frau Kleists blauen Augen.

Keine Sekunde später ist sie an der Haustür und lässt ihn ohne einen Mucks zu machen herein, die Tränen laufen ihr die Wangen hinunter.

Das erste, was Alexander hört, ist Heinrichs herzzerreißenden Schrei.

„Aaaa! Ich hab nicht – !“

„Sag es mir! Was hat er mit dir in deinem Zimmer gemacht, dieses perverse Schwein?!“

„Ni–argh!“

„Schämst du dich nicht?!? Du bist gestern zu ihm ins Auto gestiegen! Zu was hast du dich da zwingen lassen?! Hast du ihm den Schwanz gelutscht?! Sag es mir!“

Etwas zerbricht mit großem Klirren, und Frau Kleist zuckt zusammen.

Alexander packt sie an den Schultern.

„Ich hab die Polizei gerufen. Werden Sie aussagen?!“

Sie beginnt zu schluchzen.

„Werden Sie aussagen?!?“

„J – Ja…!“

„Gut.“

Er kann nicht anders, drückt ihr einen Kuss auf die Stirn, bevor er ins Wohnzimmer stürzt.

Heinrich liegt zwischen Tonscherben auf dem Boden, sein Vater steht über ihm, einen Stock in der Hand.

Alexander nutzt das Überraschungsmoment und schlägt dem Mann frontal ins Gesicht.

„Sie sind hier das perverse Schwein!“

Der Ex-Leutnant taumelt einige Schritte rückwärts und fällt zu Boden, was Alexander dazu nutzt, um sich zu Heinrich hinunterzubeugen.

„Heinrich“

Der Kleine schaut durch einen Schleier aus Tränen und Schmerz zu ihm auf.

„Keine Angst, ich bin da. Hast du gehört? Ich bin da.“

Vorsichtig fährt er ihm über die Wange.

„Lass deine dreckigen Finger von meinem Sohn…!“

Alexander bleibt die Luft weg, als er mit einem Fußtritt in den Bauch zur Seite befördert wird.

Kaum hat er sich wieder aufgerappelt, stürzt er sich erneut auf den Mann. Er landet einige richtig gute Faustschläge im Gesicht, wofür er auch gerne einen Gegenschlag mit dem Stock einsteckt.

„Geben Sie auf! Das ist krank!“

„Du bist krank, Schwuchtel!“

Alexander packt sein Gegenüber am Kragen und verpasst ihm einen letzten Faustschlag, womit er ihm mal zeigt, zu was so eine Schwuchtel alles fähig ist.

K.O. geht der Ex-Leutnant zu Boden.

Heftig atmend kniet sich Alexander wieder zu Heinrich, der mittlerweile die Augen geschlossen hat.

„Hey, Heinrich. Heinrich!“

Beunruhigt haut er ihm sanft gegen die Wange, was den Jungen dazu bringt, seine Lider wieder zu öffnen.

„Nicht ohnmächtig werden. Sprich mit mir. Was tut dir weh?“

Der Kleine bringt nur ein erschöpftes Stöhnen heraus.

Alexander schiebt die Scherben aus dem Weg und zieht das grüne Shirt hoch.

Ganz vorsichtig sucht er die Haut nach Verletzungen ab, findet nur rote Flecken, keine offene Wunde.

„Sind deine Arme in Ordnung? Ist was gebrochen? Heinrich.“

Gerade legt er dem Jungen eine Hand an die Schulter, als es plötzlich hinter ihm klickt.

Dicht hinter ihm.

Entsetzt dreht er sich herum und schaut in den Lauf einer Pistole.

Kleist steht vor ihm, das Blut tropft ihm aus der Nase und der aufgeplatzten Lippe.

„Du hast meinen Sohn beschmutzt.“

Mit weit aufgerissenen Augen sieht Alexander zu ihm auf.

„Selbst jetzt kannst du deine dreckigen Finger nicht von ihm lassen. Dafür wirst du sterben. Ihr werdet beide sterben.“

Alexander kneift die Augen zusammen und wirft sich schützend über Heinrich, als der Schuss fällt.

Ich entschuldige mich ja schon für den Cliffhanger ^^'

Darum geht's gleich heute noch ein Stückchen weiter:
 

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Der Leutnant schreit wie ein Verrückter, ein Irrer.

Als Alexander die Augen öffnet, sieht er, dass seine Hand, in der er eben noch die Pistole hielt, blutet, und wie ihm Polizisten Handschellen anlegen und ihn aus dem Haus zerren.

„Sind Sie okay?“, wird er von einem der Leute gefragt.

Er ist nur zu einem fahrigen Nicken fähig.

„Der Junge. Habt ihr…einen Krankenwagen!“

„Ja, steht draußen. Wir bringen eine Trage.“

Alexander steht auf, seine Beine zittern so sehr, dass er Heinrich beinahe nicht nach draußen folgen kann.

Im Flur auf der Treppe sitzt Frau Kleist. Sie weint und schluchzt und kann gar nicht mehr aufhören.

Er setzt sich zu ihr und nimmt sie in den Arm.

„Haben Sie…können Sie irgendwo bleiben?“

„Ich werde…meine Schwester…“

„Soll ich…“ Er stockt.

„Darf ich Heinrich zu mir nehmen?“

Sie nickt sofort.

Eine Polizistin ist die letzte, die das Wohnzimmer verlässt.

„Kann man Sie irgendwo hinbringen?“, fragt sie hilfsbereit.

„Ich fahr selbst. Sie können aber Frau Kleist zu ihrer Schwester mitnehmen.“

Die Polizistin nickt und hält der Frau eine Hand entgegen.

„Kommen Sie.“
 

Es ist dunkel, als Alexander im Krankhaus auf Heinrichs Station ankommt. Er verbringt die Wartezeit damit, dem Polizisten erste Auskunft für sein Protokoll zu geben, und erstattet zusammen mit Frau Kleist Anklage gegen ihren Mann.

„Ihr Handrücken blutet. Sie sollten sich ebenfalls untersuchen lassen.“, schlägt ihm der Polizist vor.

Alexander bewegt prüfend seine Finger.

„Nein, nein, schon in Ordnung.“

„Wie Sie meinen.“

Endlich verlässt der Arzt Heinrichs Zimmer.

Sofort ist Alexander bei ihm.

„Herr Doktor, wie geht es ihm?“

„Sind Sie verwandt?“

„Nein, aber ich…bin sein Professor und war nicht unwesentlich daran beteiligt, dass er nicht noch mehr zu Schaden gekommen ist. Ich mach mir Sorgen um ihn, was ist jetzt also mit ihm?“

„Er hat eine Menge Hämatome, keine offenen Wunden, und hat wohl einen Schlag auf den Kopf bekommen, weswegen er noch etwas weggetreten ist. Mit viel Ruhe und den richtigen Medikamenten wird das aber wieder hinzukriegen sein.“

Alexander atmet erleichtert aus.

„Wann kann er entlassen werden?“

„Von mir aus schon morgenfrüh. Die Nacht sollte er noch hier verbringen und sich vor allen Dingen ausruhen. Dann kann er gehen, so schlimm ist es nun auch wieder nicht, dass wir ihn ewig hier behalten müssten.“ Außerdem würde das den Staat unnötig Geld kosten…

„Gut.“, meint Alexander.

„Ich bin morgen um halb Acht wieder hier.“

Noch auf dem Gelände des Krankenhauses holt er sein Handy heraus und ruft seinen Bruder an.

„Alexander?“

„Ja, ich – “

„Weißt du, wie spät es ist?! Warte…Ist was passiert? Du rufst sonst nie bei mir an…“

„Ja, es ist was passiert. Heinrich liegt im Krankenhaus.“

Am anderen Ende der Leitung herrscht einige Sekunden Stille.

„Sein…sein Vater…?“

„Ja, aber den ist er jetzt ein für allemal los. Er sitzt in Untersuchungshaft und hat eine Anklage von seiner Frau und mir am Hals. Ich wollte mich für morgen an der Universität abmelden. Heinrich wird erst einmal zu mir ziehen – so ist es jedenfalls geplant. Ich werd ihn wohl die ganze Woche über noch nicht alleine lassen können.“

Wieder dauert es eine Weile, bis Wilhelm etwas erwidert.

„Er zieht zu dir?!? Sag mal, wie – wie hast du dir das denn vorgestellt?!?“

Alexander fährt sich übers Gesicht.

„Ja, ich werd eben…ich werd mich eben beherrschen müssen, und– “

„Du und beherrschen?! Sei mir nicht böse, Alexander, aber das ist wie Eggebrecht und Unpünktlichkeit.“

Alexander seufzt, als er seinen Wagen aufschließt.

„Ich weiß, aber…Wir kommen gut miteinander zurecht, er…er sieht mich wohl als guten Kumpel, ich…ich werd ihn dann eben auch so behandeln, das geht schon. Bin ich mir sicher.“

„Na…!“

Als Alexander daraufhin nichts mehr erwidert, sondern gerade bemerkt, dass er das Blut von seinem Handrücken an sein Lenkrad geschmiert hat, meldet sich wieder Wilhelm zu Wort:

„Ja, Schatz – Du, Alexander, ich muss Schluss machen, Caroline möchte gerne schlafen. Genauso wie ich übrigens auch.“

„Okay. Dann gute Nacht.“, wünscht Alexander etwas abwesend, doch sein Bruder hat schon aufgelegt.

Genervt sucht er nach einem Taschentuch, um seine Sauerei zu entfernen.

Tjaja, das hat er sich wirklich etwas einfach vorgestellt, mit einem Heinrich, der in Zukunft bei ihm wohnen wird.

Aber das ist die einzige Lösung; er setzt sich wieder eine neue Grenze: Berühre den Jungen nur freundschaftlich, wie bisher.

Zur Not gibt es ja noch die Option, dass Heinrich gar nicht bei ihm wohnen will.

Alexander stellt in seinem Handy den Alarm auf 7 a.m. und legt sich auf die Rückbank seines Wagens. Es dauert eine ganze Weile, bis er endlich in einen unruhigen, wenig erholsamen Schlaf entgleitet.
 

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Herzlichen Glückwunsch! Ryosae erhält für ihre Vermutung 100 Punkte! XD

Als Heinrich aufwacht, braucht er eine Weile, bis er realisiert, wo er ist.

Ganz langsam tauchen die Bilder von gestern vor seinem inneren Auge auf, und er begreift, was vorgefallen ist.

„Professor!“ Hektisch will er sich aufrichten, muss sich aber kurz darauf mit höllischen Schmerzen wieder zurück auf die Matratze fallen lassen.

Langsam hebt Alexander seinen Kopf von selbiger. Er ist schon vor dem Alarm seines Handys aufgewacht und hat sich zu Heinrich ans Bett gesetzt, wo er anscheinend wieder eingeschlafen ist.

„Heinrich“

„H-Herr Professor Humboldt, Sie sind…!“ Ein erleichtertes Lächeln macht sich auf seinem Gesicht breit.

„Geht es Ihnen gut?!“

Alexander lacht und widersteht dem Drang, dem Jungen sanft über die Wange zu streicheln.

„Das fragst du mich? Ja, mir geht es gut. Wie geht es dir, Heinrich?“

„Es…überall tut es ein bisschen weh, aber das spür ich schon fast gar nicht mehr.“

Alexander nickt betreten.

„Heinrich, es…es tut mir so schrecklich Leid…“

Ernsthaft verwirrt sehen die blauen Augen des Studenten zurück.

„W-wieso, was denn…?“

„Dein Vater…er hat dich doch wegen mir geschlagen, weil ich ihm…die Wahrheit gesagt hab. Ich hätte das nicht…ich hätte das nicht tun sollen.“

„Aber, Herr Professor! Sie haben mir doch gesagt, dass man sich nicht belügen darf. Nicht sich selbst und andere auch nicht.“

Alexander muss schmunzeln.

„Heinrich, das…In dieser Situation hätte es bestimmt auch eine andere Möglichkeit gegeben, als es ihm so direkt zu sagen.“

Der Junge schüttelt den Kopf.

„Nein, das war schon richtig von Ihnen. Sie können doch nichts dafür, dass mein Vater…diese…unrealistischen Assoziationen zieht.“

Alexander nickt vorsichtig. Unrealistisch? Junge, du kennst meine Gedankenwelt nicht. Na ja, das ist auch besser so…

„Was anderes, Heinrich.“, fängt er an.

„Dein Vater ist vorläufig im Gefängnis.“

Die blauen Augen weiten sich.

„Ich hab deine Mutter überreden können, ihn mit mir anzuzeigen. Willst du unsere Klage unterstützen?“

Heinrich atmet langsam aus. Er weicht Alexanders Blick aus.

„Eigentlich beschämend, dass man mich das erst fragen muss.“

„Ich wollte nicht– “

„Nein, die Frage ist ja berechtigt. Ich hab…ich hab immer noch gedacht…“ Langsam quellen ein paar Tränen aus Heinrichs Augen hervor.

„…er würde irgendwann ein besserer Vater werden…“

Alexander reicht ihm ein Taschentuch, in das er kräftig hineinschnäuzt.

„Ja“, meint er endlich.

„Ich zeig ihn an. Und wenn’s sein muss, dann werd ich auch vor Gericht gegen ihn aussagen.“

Alexander nimmt ihm das Taschentuch aus der Hand und drückt sie fest.

Lächelnd sieht Heinrich zu ihm auf.

„Was ist mit meiner Mutter?“, fragt der Junge schließlich.

„Geht es ihr gut? Kümmert sich wer um sie?“

„Ja, sie ist gleich gestern zu deiner Tante gebracht worden.“

„Gut.“

Alexander nimmt seine Hand wieder zögerlich zu sich.

„Ähm, wo wir gerade dabei sind. Wo…wo wirst du denn jetzt wohnen?“

Heinrich sieht hinab auf seine weiße Bettdecke.

„Jetzt wo Sie’s sagen…“, fängt er an.

„Ich will nicht zurück in dieses Haus…“

„Du könntest… – na ja, also, es ist nur ein Vorschlag, aber ich dachte mir…vielleicht willst du zu mir ziehen. Vorübergehend. Hab ne kleine Dachwohnung in der Innenstadt – aber genug Platz für dich. Nur bis du dir irgendwo was selbst gesucht hast. Was hältst du davon?“

Heinrich grinst ihn an.

„Das…das würden Sie machen?! Ich – Ja, gerne!“

„Soll ich dich stützen?“

„Nein, es geht. Nach dem Essen bin ich gestärkt. Tut fast nichts mehr weh.“

Skeptisch betrachtet Alexander den Jungen, wie er sich doch mit einiger Mühe die Treppen zum Parkplatz hinabkämpft. Er persönlich ist nicht so überzeugt davon, dass das Frühstück in der Cafeteria des Krankenhauses solche Wunder wirken kann…

„Hast du dir die Tabletten mitgeben lassen?“

„Ja, alles eingesteckt, noch bevor die Polizisten da waren.“

„Gut.“ Alexander hält Heinrich die Beifahrertür auf.

Bevor der Kleine protestieren könnte, schnallt er ihn an.

Als Alexander auf dem Fahrersitz Platz nimmt, betrachtet er seinen Studenten eindringlich.

„Wir sollten zu dir nachhause, wenigstens das Nötigste schon mal mitnehmen. Vor allem neue Kleider; das, was du jetzt trägst, ist sogar zerrissen.“

Heinrich lacht.

„Ihr Hemd sieht aber auch nicht besser aus.“, meint er und deutet auf das angetrocknete Blut.

„Oh.“
 

Es ist sicherlich für beide seltsam, als sie in den ruhigen, verlassenen Hausflur treten.

„Eigentlich wollte ich gar nicht mehr herkommen.“, flüstert Heinrich, als wenn er sich davor fürchtet, laut zu sprechen.

Sie vermeiden es, das Wohnzimmer zu betreten, und machen sich auf den Weg nach oben.

Heinrichs Zimmer sieht so aus, wie er es Montagabend verlassen hat, als sein Vater nach ihm gerufen hat.

Unter seinem Schreibtisch holt Heinrich einen Korb hervor.

„Hier tun wir am Besten alles rein.“, meint er und beginnt seine Sachen zusammenzusuchen.

Er packt seinen Laptop ein, sein Mäppchen und einige weitere Sachen vom Schreibtisch, das Bild auf seinem Nachttisch, auf dem er in den Armen seiner Mutter zu sehen ist… Dann durchforstet er seinen Kleiderschrank, wirft Alexander einige Sachen zu.

„Da, halten Sie mal kurz. Und das noch. Und…“

Der Professor versucht zu ignorieren, dass auch einige Unterhosen in seinen Armen landen.

„Meinst du nicht, das reicht erstmal?“, fragt er, als er schon fast nicht mehr alles heben kann, und Heinrich zeigt sich tatsächlich gnädig.

Schließlich sammelt er noch einige Sachen aus dem Bad zusammen und wirft sie in den Korb, mit dem er unterm Arm hinter Alexander das Haus wieder verlässt.

Nachdem er abgeschlossen hat, widersteht er dem Drang, den Schlüssel fortzuschmeißen. Es liegen noch einige wertvolle Bücher in seinem Zimmer.
 

Alexanders Wohnung ist die einzige im dritten Stock: Geräumig, modern eingerichtet, hell durch die schrägen Dachfenster, und ziemlich unordentlich.

„Entschuldige bitte, wie’s hier aussieht. Ich hatte nicht mit Besuch gerechnet.“, meint Alexander verlegen und begibt sich mit dem Wäscheberg Heinrichs erst einmal in sein Schlafzimmer.

Sein Student folgt ihm und betrachtet mit einer Mischung aus Begeisterung und Schüchternheit das ungemachte Bett.

„Das…Ihr Bett ist ja riesig!“

Alexander geht auf diesen Kommentar sicherheitshalber nicht ein.

„Ist vielleicht etwas ungeschickt, aber hier im Kleiderschrank hab ich als einziges noch Platz für deine Sachen. Ist das okay?“

„Was? – Ja ja, natürlich. Ich bin nur Gast, das bestimmen Sie. Darf ich gleich einräumen?“

Alexander nickt.

„Ich werd derweil mal schauen, ob ich dir mein Büro zu einem Schlafplatz umfunktionieren kann.“ Und ob er noch eventuelle Peinlichkeiten entfernen kann.

Damit macht sich Alexander auf den Weg durch den Flur, wo er damit beginnt, die dreckige Wäsche vom Wochenende aufzusammeln und in die Waschmaschine im Bad zu stopfen. Gleich im Bad angekommen, macht er auch dort Klarschiff. Dann läuft er noch prüfend durch Küche und Wohnzimmer, wo er kurz grübelt, ob er den Schwulenporno, den er einmal von einer Wochenendbekanntschaft aus Spaß geschenkt bekommen hat und der jetzt zwischen den anderen DVDs im Schrank steht, verstecken soll, entschließt sich letztendlich doch dagegen.

Sein Büro ist noch der mitunter ordentlichste Raum, da er sich dort auch ziemlich selten aufhält. Da seine Vormieter ein Ehepaar mit dreizehnjähriger Tochter waren, steht immer noch das Bett im Zimmer, auf dem sich Alexanders Akten stapeln.

Er räumt die Ordner in den Schrank, wo sie eigentlich hingehören, und bringt auch den Schreibtisch in Ordnung. Kaum hat er Decke und Kissen vom Sofa geholt und aufs Bett geschmissen, ruft Heinrich nach ihm:

„Herr Professor Humboldt, wo sind Sie?“

Alexander hätte dem Jungen schon längst das Du angeboten, müsste er nicht so gut es geht Distanz wahren – und würde ihn nicht jedes Mal ein wohliger Schauer überkommen, wenn der Kleine ihn so nennt.
 

Alexander wirft sich das Handtuch über den Kopf und reibt sich die Haare trocken.

Normalerweise würde er jetzt so das Bad verlassen und sich im Schlafzimmer neue Sachen raussuchen, aber Heinrich will er das lieber nicht antun.

Also schlüpft er in seinen Bademantel, um sich auf den Weg zu machen, während sein Student gerade damit beschäftigt sein müsste, sich im Büro einzurichten.

Nachdem Alexander sich eine Jeans und ein T-Shirt angezogen und das blutverschmierte Hemd im Waschbecken eingeweicht hat, will er doch mal nach dem Kleinen schauen.

„Heinrich? Du bist so still, was…“

Ein zärtliches Lächeln legt sich auf sein Gesicht, als er das Büro betritt: Heinrich liegt schlummernd auf dem Bett, der Korb steht ausgeräumt auf dem Boden. Er kann verstehen, dass der Junge so geschafft ist.

Alexander kann nicht anders und kniet sich zu ihm, um das schlafende Gesicht betrachten zu können. Er hört Heinrich leise atmen, sein Mund ist leicht geöffnet, einige schwarze Haarsträhnen fallen ihm in die langen Wimpern. Ein Engel. Oder Schneewittchen.

„Ich werd dir helfen, Kleiner.“, flüstert Alexander, hebt eine Hand, um die zarte Wange zu berühren, nimmt sie doch wieder zurück.

„Wir werden nicht aufgeben, bis dein Prinz dich irgendwann wachküsst. Versprochen.“

Es ist schon hell draußen, als Alexander zögerlich seine Augen öffnet. Gähnend dreht er sich auf die Seite.

Wie schön es doch ist, auch unter der Woche ausschlafen zu dürfen…Noch schöner wäre es, würde er nicht alleine in seinem großen Bett liegen.

„Nicht diese Gedanken am frühen Morgen…!“, ermahnt er sich selbst und richtet sich schnell auf, bevor ihm etwas in den unteren Regionen zuvorkommen kann.

Noch halb verschlafen kommt er im Bad an und entschließt sich dazu, den Tag mit einer kalten Dusche zu beginnen.

Rasiert und die Haare gekämmt erscheint Alexander kurz nach Elf in seiner Küche.

Und traut seinen Augen kaum.

Heinrich sitzt in die Zeitung vertieft am Frühstückstisch – am reich gedeckten Frühstückstisch.

„Heinrich…! Du hast doch nicht etwa…?!“

Der Junge schaut verlegen auf.

„Guten Morgen, Herr Professor Humboldt. Ich – ich wollte Ihnen was Gutes tun, da…Verzeihen Sie mir bitte, dass ich einfach Ihren Kühlschrank durchstöbert habe, ohne nachzufragen…“

Alexander zwingt sich dazu, seinen Mund wieder zu schließen.

„Ich verzeih dir alles, für diesen Service!“, meint er mit einem breiten Grinsen und nimmt am Tisch Platz.

Heinrich legt freudig die Zeitung beiseite und fängt an, sein Spiegelei zu schneiden.

„Und du hast sogar Kaffee gemacht!“, stellt Alexander, immer noch völlig begeistert, fest.

„War das nicht viel zu viel Arbeit für dich? Du warst so erschöpft gestern.“

Der Junge schüttelt den Kopf.

„Ich hab mich ja ausgeruht und heute Morgen schon Tabletten genommen. Das geht.“

„Dann besteh ich aber darauf, dass du dich nachher aufs Sofa legst und dich ausruhst, wenn ich die Küche sauber mach, ja?“

Man sieht Heinrich an, dass er eigentlich nicht damit einverstanden ist, aber er gibt nach.

„Okay. Guten Appetit, Herr Professor.“

„Danke, dir auch.“

Alexander ist gerade dabei, sich Butter auf sein Brötchen zu schmieren, da bemerkt er, dass Heinrich ihn anstarrt.

„Was ist?“, fragt er amüsiert.

Der Junge schreckt hoch, und seine Wangen nehmen einen leichten Rotschimmer an.

„Ah, tut mir Leid, Sie…Sie sehen so anders aus, in T-Shirt und Jeans…“

Alexander muss lachen.

Bevor er etwas erwidern kann, spricht der Kleine weiter.

„Als mein Vater…ich konnte es gar nicht glauben, dass Sie schwul sind.“

„So?“

„Ja, Sie…die ganzen Studentinnen…wie Sie immer mit denen geflirtet haben…“

Der Professor seufzt.

„Genervt haben sie mich. Das ist das einzige.“

Heinrichs blaue Augen schauen ihn prüfend an.

„Aber Sie sehen gar nicht so aus, als wenn Sie schwul wären.“

Alexander muss einmal mehr lachen.

„Wieso das denn? Wie muss man denn aussehen, dass man schwul ist?“

Der Junge kratzt sich verlegen an der Nase.

„Na ja…nicht so männlich, oder?“

„Ist man nicht schwul, gerade weil man auf Männliches steht?“

Heinrich richtet seinen Blick auf seinen Teller.

„Ja…ja stimmt.“, meint er mit einem verhaltenen Lächeln und nimmt einen Bissen Spiegelei.

„Wie sieht denn dein Freund aus?“, fragt Alexander nach. Er gibt zu, dass er neugierig ist.

„Hm?“

„Der aus der Schule, in den du verliebt bist.“

„Ah, ähm…nicht so…männlich. So wie ich halt. Er ist süß.“ Der Kleine lächelt verlegen.

Alexander nickt, und auch wenn er sich geschworen hat, Heinrich zu seinem Glück zu verhelfen, tut es immer noch weh.
 

„Wilhelm?“

„Ja, stell dir vor. Aber keine Sorge, es ist nichts passiert.“

Alexander klemmt sich den Telefonhörer zwischen Ohr und Schulter ein, während er weiter den Schrank nach einem Kartenspiel durchsucht.

„Ich wollt nur hören, wie’s euch so geht. Dir und deiner Beherrschung.“

Alexander stöhnt genervt auf.

„Danke für die Nachfrage, beiden geht es blendend. Mir ein wenig besser.“

„Wo hast du denn den Kleinen untergebracht?“

„In seinem Zimmer – meinem Büro.“

„Er schläft nicht bei dir im Bett?“

„Darauf muss ich jetzt nicht antworten.“

„Dann könnte ich aber einige falsche Schlüsse ziehen, Bruderherz.“

„Viel Spaß dabei.“

„Also darf ich deiner bescheidenen Laune entnehmen, dass du bei ihm noch nicht zum Zug gekommen bist?“

Alexander lacht bitter auf.

„Wilhelm. Der Junge ist verliebt. In einen früheren Schulfreund. Ich bin fast zwanzig Jahre älter als er, ein alter Sack. Da wird er sich in seinem Leben einige schönere Dinge vorstellen können, als "mich zum Zug kommen zu lassen".“

„Verstehe.“

Alexander schließt die Schranktür.

„Ähm, ich muss jetzt Schluss machen. Heinrich wartet auf mich im Wohnzimmer.“

„Ist gut. Sei schön brav zu ihm.“

„Jaja, Gruß an deine Frau.“

Damit legt er auf. Mist. Er hätte ihn fragen können, ob er irgendwo ein Kartenspiel hat…

Heinrich hat sich wie versprochen nach dem Essen hingelegt gehabt, doch kaum war er wieder auf, wollte er etwas unternehmen. Alexander hat ihn überreden können, auf dem Sofa liegen zu bleiben, und ein Kartenspiel vorgeschlagen. Welches er nun aber nicht finden kann. (Hat er jemals eines besessen…?)

„Heinrich, ich– “

„Oh, Herr Professor, ich hab mir die Zeit anderweitig vertrieben.“, begrüßt ihn der Junge.

Vor ihm auf dem kleinen Tisch vor dem Sofa liegen Unmengen von Bastelutensilien.

„Keine Sorge, das hab ich alles von mir mitgebracht. Auch die Pappe hab ich Ihnen nicht geklaut.“

Amüsiert nimmt Alexander neben seinem Studenten Platz.

„Das ist natürlich auch eine Idee.“, meint er.

„Wollen Sie mal sehen, was ich schon eben gemacht hab? Ging ganz schnell. Ich bin dafür, dass wir es draußen an die Wohnungstür hängen, als Ausdruck dafür, dass wir uns nicht belügen.“

Der Kleine hebt stolz ein Pappschild hoch, und Alexander fällt beinahe vom Sofa.

„Sch – Schwulen-WG?!?“

„Ja, mit rosa Häschen. Ist doch hübsch.“

„Schon, aber…so weit müssen wir dann doch nicht gehen.“

Heinrich lacht.

„War nur ein Scherz.“

Alexander sieht sein Gegenüber perplex an.

„Du…!“ Am liebsten würde er den Jungen jetzt ganz ungnädig mit einer Kitzelattacke bestrafen, aber er beherrscht sich dann doch noch, gibt ihm nur einen leichten Klaps auf den Hinterkopf.

Sie lachen zusammen, bis Heinrich plötzlich so ernst wird.

„Hey. Was ist denn los?“, fragt Alexander vorsichtig nach.

„Hm“, gibt der Junge von sich.

„Ich bin heute Morgen die Wohnungsanzeigen in der Zeitung durchgegangen…das ist alles so verdammt teuer…“

„Heinrich, ich schmeiß dich doch nicht morgen raus!“, entgegnet Alexander.

„Es ist mir klar, dass du als Student kein Geld hast. Das mit der Wohnung hat noch Zeit, von mir aus auch, bis du dein Studium abgeschlossen hast.“

„Aber…!“, fängt der Kleine an.

„Ich bin eine Last für Sie und…wenn Ihre…wenn Männer herkommen, mit denen Sie sich treffen…“

Alexander lacht leise und winkt ab.

„Ach, keine Sorge. Wird momentan sowieso nicht vorkommen. Aber hör zu“, meint er und sieht seinen Studenten eindringlich an.

„Wenn du deinen Prinzen einladen willst, dann bin ich gerne bereit, dir die Wohnung für eins zwei Tage zu überlassen. Ich komm bei meinem Bruder unter, keine Sorge.“

Heinrich sieht ihn so entzückend schüchtern an.

„Ähm…danke, Herr Professor Humboldt.“

Früher oder später hat es ja so kommen müssen. Na ja, genauer genommen, Alexander hat mit vielem gerechnet, aber das hätte er sich nun doch wieder nicht zugetraut.

Es hat schon damit angefangen, dass er den Fehler gemacht hat, den Wein aufzumachen. Ein Glas nur für jeden, aber das war schon genug für Heinrich.

Der Junge ist so albern gewesen.

„Herr…Herr Professor, schaun Sie mal…!“

Er hielt ihm einen aus Pappe ausgeschnittenen Kreis entgegen.

„Wissen Sie, was das is?!“

„Was das sein soll?“

Der Student begann zu lachen.

„Ein Kugelmensch!“

Er schnitt den Kreis in der Mitte durch.

„Und jetzt…“ Eine Hälfte drückte er Alexander in die Hand.

„Jetzt muss Ihre Hälfte vor meiner wegrennen, sonst krieg ich Sie…!“

„Ähm– “

„Zu spät!“

Bevor der Professor vom Sofa aufstehen konnte, hatte sich Heinrich halb auf ihn geschmissen und drückte seine Papphälfte an die Alexanders.

„Hm…ah…hah! Jah~ Ah! Fester!“

Alexander ist es plötzlich viel zu heiß geworden, aber der Junge lachte nur wieder.

„Haben Sie erkannt, um welchen Kugelmenschen es sich handelt? Um einen androgynen, rein-weiblichen, oder rein-männlichen?“

Alexander war nicht fähig, irgendetwas zu antworten.

Und hier beging er, nur mit der Absicht, sich irgendwie noch zu retten, den nächsten Fehler:

„Du – du solltest – ins Bad, ja genau, du solltest dich vor dem Abendessen noch duschen. Nachdem du gestern nicht dazu gekommen bist…“

Ja, und jetzt steht Alexander hier, an die Tür zu seinem Bad gelehnt, und lauscht mit geschlossenen Augen dem Rauschen von Wasser, wie es an Heinrichs nackter Haut abperlt.

Geh da weg! Lass ihn! So machst du’s dir doch nur noch schwerer! Aber all seine Ermahnungen nützen nichts.

Plötzlich wird der Wasserstrahl ausgestellt, und Alexander will schon beschämt die Flucht ergreifen, da hört er, dass ein kleines Rinnsal Wasser weiterläuft.

Alexander horcht auf.

Was war das?

Ist mit Heinrich alles in Ordnung?

Hat er etwa wieder Schmerzen? Er hat sich anscheinend doch zu viel angestrengt heute…

Noch einmal hört Alexander das Keuchen.

Oder anscheinend nicht. – Kann es sein, dass…?!

Alexander reißt die Augen auf, sein Herzschlag beschleunigt sich wie von selbst.

Bitte lass das nicht wahr sein, bitte lass das nicht…!

Doch. Der Junge, der ihn noch um den Verstand bringt, steht unter seiner Dusche und holt sich einen runter. Er kann es hören. Er kann es förmlich vor sich sehen. Der schmächtige Rücken an die nassen Fliesen gepresst, der Kopf in den Nacken geworfen, der sinnliche Mund einen Spalt geöffnet, damit ihm das leise verhaltene Stöhnen entweichen kann. Wassertropfen laufen seinen Hals hinab, über die Brust, den flachen Bauch, hinab dahin, wo seine Hand unaufhörlich auf und ab reibt.

Bevor es Alexander merkt, ist er hart.

„Oh, verdammt…“

Er will unbedingt seine viel zu enge Jeans loswerden. Er will diese Tür eintreten und Heinrich…!

Aber er stößt sich von der Wand ab und eilt ins Wohnzimmer, muss seine Atmung unter Kontrolle kriegen.

Da liegen die Kugelmenschen-Hälften, und er muss an Heinrich denken, wie er halb auf seinem Schoß sitzt und stöhnt…

„Ver…!“

Ah, das Telefon! Seine Rettung!

„Geh ran, verdammt, geh ran…!“

„Wilhelm Humboldt, guten Abend.“

„Ich bin’s. Alex.“

„Alexander? Du hörst dich so– “

„Gib mir deine Frau. Bitte.“

„Was? Caroline? Wieso– “

„Beeil dich…!“

„……gar nicht, was ich soll? Ähm, hallo, Alexander?“

Ah. Er ist gerettet.

„Hallo. Caroline. Du willst dich doch bestimmt mit mir über deine Geranien unterhalten…?“
 

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Sehr kurz, sorry ^^'

Hoffe der Inhalt macht's ein wenig wieder gut...?

Vielleicht schaff ich's morgen schon, das nächste hochzuladen...

Erschöpft lässt sich Alexander in sein Bett fallen.

Es war wirklich schwierig, Heinrich nach dieser Aktion in die Augen schauen zu können. Aber er wollte sich nichts anmerken lassen. Eigentlich war er ja im Wohnzimmer, hat von allem gar nichts mitbekommen, stand nicht vor der Badtür…

Alexander seufzt und zieht sich die Decke über den Körper. Er sollte es sich abgewöhnen, im Sommer nur in Boxershorts zu schlafen.

Morgen, da muss sich was ändern, auch wenn er bis jetzt seine gesetzte Grenze nicht überschritten hat. Er wird Heinrich ermuntern, seinen Schulfreund am Wochenende zu besuchen.

Ob er unter der Dusche an ihn gedacht hat?

Nein, falscher Gedankenstrang.

Also, wegen dem Date. Ja, er wird Heinrich ein Date organisieren. Da fällt ihm ein, dass er gar nicht weiß, ob der Junge überhaupt noch Kontakt zu seinem ehemaligen Schulfreund hat. Aber bestimmt hat er das. Er ist ja in ihn verliebt.

Alexander dreht sich auf die Seite.

Was Heinrich wohl gerade macht? Ob er schon schläft, oder noch am Schreibtisch sitzt? Oder ob er…wieder…

Halt. Ganz schlecht.

Ob er am Wochenende nach Berlin gehen sollte? Aber kann er Heinrich alleine lassen…?

Alexander vergräbt sein Gesicht im Kopfkissen.

Ja, Wilhelm hat ja Recht! Er macht sich viel zu viele Sorgen um den Jungen! Er ist eben…ja, vielleicht…oder…sicherlich.

Entkräftet dreht sich Alexander auf den Rücken und starrt an die Decke, wo der Mond seine Schattenspiele treibt.

„Oh, mein Gott. Ich bin in einen zwanzig Jahre jüngeren Studenten verliebt.“
 

Als Alexander am nächsten Morgen aufwacht, hat er es wieder gepackt, so lange zu schlafen, dass Heinrich schon mit der Zeitung am gedeckten Frühstückstisch sitzt.

„Guten Morgen, Herr Professor Humboldt!“

„Guten Morgen, Heinrich.“

„Heute keine Eier, Ihr Kühlschrank ist fast leer.“

„Oh. Ja. Da müssen wir morgen einkaufen gehen.“

Heinrich nickt.

Alexander nimmt einen Schluck Kaffee.

„Du kannst mich morgen ruhig wecken, wenn du aufstehst.“, meint er.

„Dann kann ich dir beim Frühstückrichten helfen und wir kommen nicht so spät los.“

„Ist gut.“

Das Frühstück über informiert Heinrich seinen Professor darüber, was so alles in der Welt passiert ist, während der hauptsächlich nur seinen Kaffee genießt, Hunger hat er heute nicht so viel.

„Oh. Und darf ich nachher…“

Der Junge beißt sich auf die Unterlippe. Plötzlich bekommt Alexander doch Hunger.

„Darf ich Ihnen dann was zeigen, was ich…mitgebracht hab?“

Alexander nickt.

„Gerne.“

„Es wird peinlich werden.“

„Für wen?“

Heinrich lacht schüchtern.

Nachdem sie zusammen den Tisch abgeräumt und das Geschirr in die Spülmaschine gestellt haben, bittet Heinrich seinen Professor darum, im Wohnzimmer auf ihn zu warten.

Alexander setzt sich also aufs Sofa, und schon kurze Zeit später kommt Heinrich mit einem Buch zurück.

Er drückt es Alexander in die Hand und nimmt neben ihm Platz.

Experimentalphysik“, liest der Professor vor und schaut den Jungen skeptisch an.

„Öffnen Sie’s.“, meint Heinrich mit einem verlegenen Lächeln.

Alexander kommt der Bitte nach – und muss schmunzeln.

„Aha. Experimentalphysik also.“

Heinrichs Wangen färben sich so wunderbar rosa, während Alexander die Schwulenzeitschrift aus dem Buch nimmt.

„Kennen Sie die?“

Alexander grinst den Kleinen an.

„Nein, ich lese Zeitschriften nur beim Arzt. Und da liegen die hier gewöhnlich nicht rum.“

Er blättert ein wenig durch die Seiten.

„Steht was Interessantes drin?“, fragt er.

Heinrich nickt scheu.

„Einiges. Das ist meine einzige. Ich hab sie in dem Buch vor Vater versteckt. Kann sie schon fast auswendig.“

Alexander muss schmunzeln.

„Die Bilder auch?“, meint er und hebt dem Jungen die Seite mit den Nacktmodels entgegen.

„Das ist peinlich, Herr Professor! J-ja, die Bilder auch…“

„Ist ja nicht schlimm, Kleiner.“

Alexander blättert noch ein wenig weiter, während Heinrich ihm zuschaut.

„Ah, es steht auch drin, wie man…“

„Hm?“ Alexander sieht von der Zeitschrift zu seinem Studenten auf.

„Wie man das üben kann, dass man…ähm…“ Er deutet sich auf den Mund.

„…dass man seinen Brechreiz unterdrückt, wenn man den…ganz weit…Sie wissen sicher, was ich mein.“

Alexander nickt flüchtig. Er weiß zu gut, was Heinrich meint. Starrt in die Zeitung, um nicht auf die Idee zu kommen, es sich vorzustellen, was jedoch auch nicht wirklich hilft.

„Wegen deinem Freund.“, beginnt er hastig und schlägt die Zeitung zu.

„Hast du noch Kontakt zu ihm?“

„Äh, ja. Ja. Er wohnt in der Stadt. Im Norden. Stadtrand.“

Alexander muss sich überwinden, weiter zu sprechen, aber alles andere würde keinen Sinn machen.

„Du solltest ihn mal am Wochenende besuchen, meinst du nicht? Je eher du was unternimmst, desto eher kannst du ihn für dich gewinnen.“

Heinrich nickt.

„Das ist eine gute Idee.“

Sicherlich eine bessere, als sich als Lamm länger hier im Löwenkäfig herumzutreiben, stellt Alexander fest.

Alexander stellt das Weinglas auf dem Tisch ab – Heinrich hat dieses Mal eine Cola bekommen.

„Ich räum ab.“, sagt der Professor grinsend und schiebt die zwei Pappbecher zusammen, in denen vorhin der asiatische Lieferservice das Essen gebracht hat.

Heinrich schüttelt den Kopf, als Alexander stolz die beiden Becher in den Abfalleimer wirft.

„Wir sollten am Wochenende mal was Gescheites zusammen kochen.“, schlägt der Junge vor.

„Bist du da nicht bei deinem Freund?“

„Hm, vielleicht.“ Heinrich macht sich auf den Weg ins Wohnzimmer.

„Ich will heute Abend eine DVD gucken, geht das?“

Alexander folgt ihm.

„Ja, wieso nicht.“

„Dann such ich mir eine aus!“, verkündet Heinrich und kniet sich vor den DVD-Schrank.

Alexander setzt sich erstaunlich ruhig aufs Sofa, dabei ärgert er sich jetzt schon, dass er diese unsägliche DVD doch nicht weggeschafft hat…

„Oh, Sie haben alle Stirb langsam?!“

„Jap.“

„Finden Sie den auch so gut, wie alle anderen behaupten?“

„Naja, so berauschend sind die Filme wirklich nicht, wie alle immer tun.“

Heinrich nickt eifrig.

„Vor allem sieht der Typ nicht gut aus.“

Alexander muss lachen.

„Oh, was ist denn– “

Na, bitte. Es musste so kommen.

„Ah“ Unsicher blinzelnd sieht Heinrich zu seinem Professor auf, die DVD mit dem alles erklärenden Cover in der Hand; seine Wangen färben sich gleichmäßig rötlich.

Alexander räuspert sich.

„Ein Schwulenporno. Hab ich geschenkt bekommen.“

Er lacht nervös.

„Hört sich jetzt so an, als müsste ich mich rechtfertigen.“

Heinrich versucht, Alexander in die Augen zu sehen.

„Nein, das…das müssen Sie nicht.“, meint er nervös.

„Haben Sie…das schon mal angeschaut?“

„Ja, ich geb zu, ich war neugierig.“

„Und?“

Alexander lacht. Er darf jetzt nichts Falsches sagen, was sie wieder in so eine eigentlich zu vermeidende Situation bringen könnte.

„Sagen wir’s so: Ich kann ihn dir weiterempfehlen, schlage aber für heute Abend was anderes vor.“ Das ist gut gelungen.

Heinrich nickt und stellt die DVD wieder zurück in den Schrank.

„Oh, dann schauen wir einen Indiana Jones!“

„Hm, das ist gut.“

Glücklich nimmt der Junge die DVD aus der Hülle.

„Ich liebe diese Filme.“

Alexander will einen Kommentar dazu machen, irgendetwas mit dem Altersunterschied zwischen Harrison Ford und Heinrichs Schulfreund, aber da klingelt das Telefon.

„Oh, entschuldige.“

Er steht auf und nimmt ab.

„Humboldt?“

Es ist Frau Körner, die unten im Erdgeschoss wohnt. Sie ist eine liebe alte Frau, ruft öfters mal bei ihm an, wenn etwas ist. Alexander hilft ihr gerne, obwohl sie schon einmal die Polizei alarmiert hat, als sie beobachtet hat, dass ein kräftiger Mann in Lack und Leder zu ihm in die Wohnung ist. (War mal so ne Phase von ihm damals…keinen weiteren Kommentar…) Die Sache jedenfalls war zwar etwas peinlich, aber konnte geklärt werden. Frau Körner glaubt so heute immer noch, dass sie ihn wirklich vor einem Schläger bewahrt hatte…

Alexander legt auf und wendet sich Heinrich zu.

„Das war die ältere Frau, aus dem Erdgeschoss. Sie braucht kurz Hilfe, ich bin gleich wieder zurück.“

„Okay.“

„Du kannst ja schon mal die DVD einlegen und von mir aus auch schon anfangen.“

Heinrich nickt ihm lächelnd zu, bevor Alexander sich den Wohnungsschlüssel in die Hosentasche steckt und sich auf den Weg nach unten macht.
 

Es war die Waschmaschine, die komisch geblinkt hat.

Frau Körner hat ihm erzählt, dass ihr Enkel ihr immer so neue Geräte anschleppt, ihr aber nie richtig erklären würde, wie man diese bedient.

Nachdem Alexander ihr mitgeteilt hat, dass das rote Licht Ablauf reinigen anzeigt, eben diesen gesucht und gereinigt hat, steht er nun bei ihr im Bad und wäscht sich die Hände.

„Sie können sich die Kekse mitnehmen, die im Wohnzimmer stehen.“

„Ach, das ist nicht nötig.“, winkt Alexander ab. Sie will ihm immer etwas aufschwätzen.

„Als Dank, Junge. Bitte nehmen Sie sie mit. Wenn Sie nichts Süßes mögen, ich glaub ich hab irgendwo auch noch einen selbstgebrannten Schnaps von meinem Mann…“

„Na gut, ich nehme die Kekse. Aber es wäre wirklich nicht nötig gewesen.“

Also verlässt Alexander nun mit der Schachtel Kekse in den Händen die Wohnung der wieder glücklichen Witwe.

Als er die Treppen hinaufläuft, fragt er sich, ob Heinrich wohl gerne Kekse isst. Bei ihm stehen sie immer nur herum.

Vor seiner Wohnungstür angekommen, fischt er in seiner Tasche nach dem Schlüssel. Das hat jetzt doch etwas länger gedauert. Bestimmt hat der Junge schon angefangen. Aber nicht schlimm, er kennt den Film ja schon fast auswendig.

Als er die Tür öffnet, will er gerade ankündigen, dass er etwas mitgebracht hat, aber da stellt er fest, dass die Geräusche, die soeben verstummt sind, nicht wirklich zu einem Indiana Jones Film gepasst haben.

„Heinrich?“

Er betritt das Wohnzimmer, wo der Junge panisch und mit hochrotem Kopf mit einer DVD-Hülle hantiert.

„Du hast doch nicht…“ Alexander muss grinsen.

„E-es tut mir Leid, ich wollte nur…“, stammelt Heinrich. Kaum hat er die peinliche DVD zurück in den Schrank gestellt, legt er die Hände krampfhaft in den Schoß.

„Schon gut.“, meint Alexander und zwingt sich dazu, aufzuschauen.

„Ich…ich geh unsere Gläser holen. Du kannst ja dann die richtige DVD einlegen.“

Damit verschwindet Alexander in der Küche.

Er stellt die Keksdose auf dem Tisch ab und atmet erst einmal richtig durch. Der Kleine hat ausgesehen, als wolle er weinen, so peinlich ist ihm das. Alexander hätte ihn nur zu gerne da vom Boden aufgehoben und ihn fest an sich gedrückt.

Er versucht sich zu erinnern, was Heinrich wohl gesehen hat. Wenn er von Anfang angefangen hat, dann…in fünfzehn Minuten…? Aber Alexander fällt nur noch ein, beim Anschauen enttäuscht darüber gewesen zu sein, dass es zwei große, muskulöse Männer waren, die diese Sachen miteinander taten. Gar nicht sein Typ…Und wohl schon gar nicht Heinrichs Typ. Ob das, was sein Student da gesehen hat, ihn wohl eher verschreckt hat?

Als Alexander mit den Gläsern und der Keksdose wieder das Wohnzimmer betritt, läuft der Vorspann zu Indiana Jones.

Heinrich sitzt in der äußersten Ecke des Sofas und seine Wangen glühen immer noch.

„Hey, es ist nicht schlimm, Heinrich.“, meint Alexander und lächelt ihn an.

„Du musst dich nicht dafür schämen. Ich hab doch gesagt, ich empfehl ihn dir weiter.“

Als er dem Jungen zuzwinkert, legt sich endlich ein zaghaftes Lächeln auf dessen Gesicht.
 

Heinrich seufzt.

„Der Film geht immer viel zu schnell rum.“

Alexander grinst seinen Studenten an.

„Besonders die Szene auf dem Schiff, hm?“

Heinrich verdreht die Augen.

„Wenn diese blöde Frau nicht wäre, hätten Sie vielleicht sogar Recht.“

Alexander schlägt die Beine übereinander und legt einen Arm auf der Sofalehne ab.

Er spricht, ohne nachzudenken.

„Darf ich fragen, wie dir die ersten fünfzehn Minuten gefallen haben?“

Heinrich weiß sofort, dass sein Professor nicht den Indiana Jones Film meint.

„Na ja…“, fängt der Junge verlegen an.

Er kratzt sich an der Nase und vermeidet den Blickkontakt.

„Ich wollte nur fragen, weil…“, fängt Alexander an.

„Weil, ich nehme an, durch deinen Vater…Du hast noch nicht so viel Erfahrung, hm?“

Heinrich zieht seine Beine hinauf aufs Sofa.

„Eher…gar keine.“, nuschelt er. „Aber…“

Alexander schaut den Jungen abwartend an.

„Aber ich weiß, dass ich…der…“

Zögerlich sieht Heinrich zu seinem Professor auf.

„Also, dass ich der Eromenos wär. Auch wenn…man sagt ja, dass es wehtun soll, am Anfang…Ist das so?“

Alexander braucht eine Weile, bis er antworten kann. Ihm ist gerade erst klar geworden, was „gar keine“ bedeutet.

„Das…Ja.“, sagt er schließlich nickend.

„Ich war…Moment…ich glaub, ich war damals Siebzehn und hab dem Typen weismachen können, dass ich Neunzehn sei. Es tut weh am Anfang, aber wenn dein Partner es richtig macht, dann legt sich der Schmerz mit der Weile und dann fühlt es sich richtig gut an. Natürlich tut dann danach vielleicht eine Weile das Sitzen weh, oder du merkst es beim Laufen…aber das ist nur beim ersten Mal so extrem.“

Heinrich nickt verhalten.

Alexander lächelt ihn an.

„Ich hoff, ich hab dir jetzt keine Angst gemacht. Dein Freund wird schon liebevoll mit dir umgehen.“

Anders als ich, denkt Alexander.

„Meinen Sie?“

„Ja, sicher. Wenn er auch nur ein bisschen an Männern interessiert ist, wirst du mit ihm zusammenkommen. Und es ist wohl das Beste, wenn du dein erstes Mal mit einem Gleichaltrigen hast, der dich liebt.“

Heinrich nickt wieder.

Alexander weiß, dass es immer schwieriger wird, Abstand von dem Jungen zu halten, aber immer wichtiger.

„Herr Professor Humboldt.“

Es ist nur ein Hauchen, das Alexander hört, irgendwie verschwommen, aber er öffnet wie von selbst die Augen.

Heinrich kniet neben ihm im Bett. Aber er sieht nicht so aus, als wenn er ihn nur wecken wollte.

„Herr Professor…“

Seine Wangen sind unheimlich gerötet.

„Herr Professor Humboldt, ich will…ich will, dass Sie mit mir das tun, was die beiden Männer auf Ihrer DVD miteinander gemacht haben…“

Alexander sieht ihn mit weiten Augen an.

„Bitte…“

Und ehe er irgendetwas erwidern kann, hat Heinrich die Decke beiseite geschoben, lässt sich langsam auf seinen Körper sinken.

Alexander spürt die sinnlichen Lippen an seinem Hals, ist nicht fähig, sich zu rühren oder zu verstehen, was hier gerade passiert.

Der Mund wandert weiter hinab, über seine nackte Brust, den Bauch. Die Hände des Jungen fahren über seine Seiten.

Er getraut sich nicht, dessen Namen auszusprechen, weil er sich seiner Stimme nicht mehr sicher ist.

„Herr Professor“, keucht Heinrich, die Lippen unter Alexanders Bauchnabel auf die gebräunte Haut gepresst.

„Darf…darf ich Ihnen zeigen, wie fleißig ich geübt hab? Wie tief ich Sie in den Mund nehmen kann?“

Alexander stöhnt als Antwort auf.

Wie im Traum spürt er, wie Heinrich ihm die Boxershorts auszieht, wartet sehnsüchtig darauf, dass der Junge wahr macht, was er angeboten hat…

„Herr Professor.“

Heinrich? Von so weit weg?

„Herr Professor, aufstehen!“

Entsetzt öffnet Alexander die Augen.

Er liegt in seinem Bett, ja, und es ist Morgen, aber Heinrich kniet neben ihm, und nicht zwischen seinen Beinen, und er ist zugedeckt.

Ein Glück ist er das.

„Ver– !“ Alexander schluckt.

„Verdammt ich…ich hab verschlafen, nicht?“, versucht er nervös abzulenken, seine Stimme klingt jedoch viel zu rau.

„Das haben Sie.“, bestätigt der Junge grinsend.

„Aber deshalb haben Sie mir ja erlaubt, Sie zu wecken. Also stehen Sie auf, oder ich muss die Methoden meines Vaters anwenden!“

„Ähm“ Er kann so unmöglich vor dem Jungen aufstehen.

„Geh schon mal…Frühstück richten, ich…ich komm dann nach, ja?“

„Nein, nein, nein.“, meint Heinrich entschlossen.

„Wir müssen pünktlich los, einkaufen. Wenn ich jetzt geh, schlafen Sie wohlmöglich wieder ein.“

Nein, ich werde ins Bad flüchten.

„Ach was, ich…“

„Stehen Sie auf!“, ruft der Junge grinsend.

Und zieht Alexander –

„Nein!!“

– kurzerhand die Decke weg.

Der Professor schlägt die Hände über seinem Gesicht zusammen und lässt sich zurück ins Kopfkissen sinken.

Von Heinrich kommt nur ein zaghaftes: „Oh“

Am Besten ist es, denkt Alexander, der Junge geht jetzt einfach und spricht ihn auch nie mehr drauf an. Aber da beginnt sein Student zu stottern.

„T-tut mir Leid, ich wusste nicht – woher auch – es ist nicht…Sie müssen sich nicht schämen, nur ich muss mich – ver-verzeihen Sie mir bitte, Herr Professor, ich hätte nicht…“

„Jaja, schon in…du kannst ja…“ Doch, er kann schon was dafür. Mist.

Alexander öffnet endlich die aus Scham geschlossenen Augen. Dass Heinrich den Blick wie ertappt von der Beule in seiner Shorts hebt, erregt ihn nur noch mehr.

„Ich…“, fängt der Junge zögerlich an.

„Ich gehöre geschlagen dafür, aber…würden…würden Sie mir sagen, wer…wer Sie so…an wen Sie gedacht haben, wenn sie an jemanden bestimmten…?“

Alexander setzt sich leicht auf und winkelt ein Bein an, in der Hoffnung, die Peinlichkeit vor Heinrich verdecken zu können.

„Das…das sag ich dir lieber nicht.“, nuschelt er und fährt sich durch die Haare. Auf seiner Stirn perlt der Schweiß.

„Wieso? Ist es…ist es einer Ihrer Bekannten?“

Alexander schüttelt nervös den Kopf, weiß nicht, was er machen soll. Es wird immer schlimmer.

„Sind es die Männer…auf Ihrer DVD? Ist es…?

„Du.“

„Hm?“

„Du bist es, Heinrich!“

Mit Schmerzen muss Alexander das Entsetzen im Blick des Jungen feststellen.

„W-was…? Ich? A-aber, ich dachte…! Wie kann so jemand wie ich… – ich hab doch gar keine breiten Schultern und keine Muskeln und bin nicht groß und…! Ich bin ein – ein Student, seh nicht mal aus wie Zwanzig und…!“

„Ja, ich weiß!“, meint Alexander verzweifelt.

„Aber ich kann nichts dagegen tun, verstehst du?! Dabei weiß ich ja, wie…wie pervers das von mir ist, wie…wie dir zumute sein muss, wenn du weißt, dass so ein alter Sack von dir träumt, das muss dich…anwidern! Dabei bist du ja in deinen Schulfreund verliebt und–“

„Ich hab Sie belogen!“

Alexander verstummt und schaut seinen Studenten verwirrt an.

„Was…was meinst du?“

Heinrichs Wangen sind knallrot.

„Ich hab Sie belogen, als ich behauptet hab, ich wär…in einen Schulfreund verliebt. Ich…ich war mir nämlich sicher, Sie stehen auf reifere Männer und würden mich hassen, wenn ich Ihnen gesagt hätte, was ich für Sie…dabei…dabei kann ich doch gar nichts mit Gleichaltrigen anfangen, ich will nur…“

Fast so flehend wie im Traum sehen Alexander die blauen Augen an.

„Ich will, dass Sie mein Erastes sind.“

Alexander glaubt, sich verhört zu haben.
 

-------

Kam das jetzt überraschend...? ^^

Alexander liegt in seinem Bett und hat die Augen geschlossen.

Als er sie öffnet, ist Heinrich immer noch da, sieht ihn so verzweifelt an, dass er ihn gerne zu sich herunter ziehen würde.

„Heinrich, das…das hast du eben nicht ernst gemeint…?“

Der Junge fängt fast an zu weinen.

„Doch…aber wenn es Sie…wenn Sie nicht wollen…“

„I-ich will, Heinrich. Ich will dich, verstehst du nicht? Seit du nach der Vorlesung zu mir gekommen bist, um dich zu entschuldigen, will ich nichts anderes, als dich küssen und berühren und– “

„D-dann tun Sie’s doch.“

Alexander muss schlucken.

Eindringlich sehen ihn die blauen Augen an.

„Bitte.“

„Du solltest mir nicht solche Angebote machen.“

„Aber…! Sehen Sie nicht, dass…dass mein Körper das will, von Ihnen…berührt zu werden…? Jedes Mal, wenn ich bei Ihnen im Seminar sitze, stell ich mir vor, wie Sie…wie Sie es mit mir tun, wie Sie es mir beibringen, so wie es ein Erastes seinem Eromenos beibringt…“

Alexander muss lächeln. Nein, es ist ein Grinsen.

Seine Hand zittert ein wenig, als er sie nach Heinrichs Wange ausstreckt.

Ohne Worte zieht er den Jungen neben sich auf die Matratze und haucht ihm einen Kuss auf die Stirn, bevor er ihn fest in die Arme schließt. Endlich darf er das, endlich darf er ihm so nahe sein, ihn anfassen…

„H-Herr Professor…“

Alexander spürt den warmen Atem an seinem Hals, fühlt, wie schnell sich die schmale Brust hebt und senkt.

„I-Ich…“

Der Junge windet sich in den starken Armen, und erst nach einigen Sekunden ist es immer die gleiche Bewegung. Alexander spürt die raue Jeans an seinem Hüftknochen, fühlt ganz deutlich Heinrichs Erregung durch den Stoff.

„Du kannst es nicht mehr abwarten, hm?“, lacht er leise.

Heinrich kneift die Augen zusammen, seine Wangen glühen vor Scham, aber er kann nicht aufhören.

„E-es tut mir Leid, aber…!“

„Sieh mich an, Heinrich.“

„Ich…!“

„Sieh mich an.“

Die blauen Augen öffnen sich zögerlich, und Alexander erlaubt es sich, dem Jungen durch die Haare zu fahren, bevor er ihn küsst.

Heinrich keucht in den Kuss hinein, seine Hände wissen nicht wohin, bleiben schließlich auf Alexanders nackter Brust liegen.

Schwer schnaufend sieht er seinen Professor mit halbgeschlossenen Augen an.

„Du bist wunderbar.“, haucht ihm Alexander ins Ohr, bevor er sie zur Seite dreht, sodass er nun über Heinrich kniet.

Er beugt sich zu ihm hinunter und küsst die zarten Schlüsselbeine, die dank des violetten, ausgeschnittenen Shirts wieder sichtbar sind, während er seine Hände den schmalen Körper erkunden lässt.

„Darf ich?“, fragt er und sieht Heinrich abwartend an, als seine Hände an dessen Hosenbund angekommen sind.

„J-Ja“ Der Junge nickt heftig.

„Bitte.“

Alexander küsst weiter den fragilen Hals, während er den Knopf an der Jeans öffnet und den Reißverschluss aufzieht. Sorgfältig schiebt er Heinrich die Hose über Knie und Füße, wobei auch gleich die Socken auf dem Schlafzimmerboden landen.

„Du kannst es wirklich kaum mehr erwarten.“, stellt Alexander mit einem Grinsen fest und beugt sich wieder zu seinem Heinrich hinunter, um ihn zu küssen.

Sein Heinrich.

Niemals hätte er das für möglich gehalten.

Der Junge keucht auf, als Alexander mit seiner Zunge in den Bauchnabel stupst, das violette Shirt weiter nach oben schiebt, um auch die Brust mit Küssen zu übersäen, ganz vorsichtig, immer darauf bedacht, keinen der mittlerweile blauen Flecken zu treffen. Schließlich beschließt er, an der linken Brustwarze etwas zu verweilen.

„H-Herr Professor…!“

„Nenn mich Alexander. Das andere hört sich in dieser Situation so pervers an.“

„A-aber…es gefällt Ihnen…“

Alexander weiß nicht, ob das eine Feststellung oder Vermutung ist. Jedenfalls kann er es nicht leugnen.

„Ja, schon, nur…“

„Dann…bitte…hah…ziehen Sie mir die Unterhose aus, Herr Professor…“

Alexander muss schmunzeln.

Das erste Mal lässt er sich ganz auf den Jungen hinabsinken, und presst ihre Unterleiber aneinander.

„Ah…!“ Heinrich stöhnt auf.

Alexander will mehr davon hören.

„Hh…ah…oh, mein…! Sind Sie…Sind Sie groß…!“

Alexander blinzelt ein paar Mal. So langsam wird es gefährlich. Er will den Jungen nehmen, jetzt, hier, auf der Stelle. Aber er weiß, dass er das nicht darf.

„Bitte…die Hose…!“

Trotzdem gehorcht er, und sie entledigen sich noch ihren letzten Kleidungsstücken.

Die zarten Hände greifen nach ihm, die Finger krallen sich in seinen breiten Rücken. Heinrichs Keuchen ist Musik in seinen Ohren. Er bewegt sich schneller auf ihm, presst sich fester an ihn.

Das ist besser, als alles, was er jemals erlebt hat. Heinrich ist besser, als alles, was er jemals erlebt hat.

„Hn – Herr Professor…!“

Der lustverschleierte Gesichtsausdruck, die warme Flüssigkeit, die an seinen Bauch spritzt…

Mit zitternder Hand greift Alexander nach seiner eigenen noch pulsierenden Erregung. Er will Erlösung. Jetzt. Sonst weiß er nicht, was er noch mit dem Kleinen macht.

„L-lassen Sie mich…“

„Nngh…nein“

„Wenigstens etwas, das ich…?“

Alexander will etwas antworten, aber da schmeißt sich ihm Heinrich schon um den Hals, reibt sich an ihn, küsst ihn.

„Herr Professor, ich will…ich will, dass Sie sich gut fühlen. Ich will sehen, wie Sie…wie Sie kommen, Herr Professor.“

Das ist eindeutig zu viel für ihn. Mit einem in Heinrichs Halsbeuge ersticktem Stöhnen erfüllt er seinem Studenten den Wunsch.

Heftig atmend lässt er sich neben Heinrich auf die Matratze rutschen.

Er gibt ihm einen Kuss auf die glühende Stirn.

„Ich glaube, das wird heute nichts mehr, mit dem Einkaufen.“
 

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So, hab mich beeilt...Zufrieden? ^/////^

Alexander streicht sich die Haare aus der Stirn. Er ist verschwitzt, nackt, hat eindeutig eine Dusche nötig, aber er ist glücklich.

Mit dem Rücken an die Fliesen gelehnt sitzt er auf dem Klodeckel im Bad und hört zu, wie sich Heinrich wäscht.

„Soll ich dir helfen?“, fragt er mit einem Grinsen.

Er hört den anderen nur kichern, dann wird das Wasser abgestellt und der Kleine schiebt die Dusche auf.

„Bin schon fertig.“, meint er und nimmt ein Handtuch vom Haken, das er sich um den Körper wickelt. Es tut Alexander innerlich weh, die vielen Blutergüsse auf der seidigen Haut zu sehen.

Als er an dem Jungen vorbei in die Dusche steigt, stellt er fest, wie wunderbar Heinrich nach seinem Duschgel duftet.

Er lässt die Dusche einen Spalt offen und stellt das Wasser an. Sofort entspannt sich sein Körper unter dem lauwarmen Regen.

Alexander hat die Augen geschlossen, als er Heinrich etwas sagen hört.

„Hm?“ Er stellt die Stärke des Wasserstrahls etwas nach unten.

„Was hast du gesagt?“

Der Junge erscheint, mit dem Handtuch um seine Schultern, hinter der milchigen Glasscheibe.

„Ich…ich hab wissen wollen, wieso ich…wieso durfte ich vorhin nicht…?“

Alexander beobachtet gebannt, wie sich seine Hände von außen an die Scheibe legen.

„Was?“

„Ich…! Ich hätte dich anders…ich hätte probieren können, wie gut ich trainiert hab, wie weit ich dich in…“

Heinrich bricht ab, aber Alexander weiß schon, was er meint.

„Das…“, fängt der Professor vorsichtig an.

„Pass auf, es ist so: In dieser Situation wäre nichts gewesen mit „probieren““, versucht er zu erklären.

Heinrich sieht ihn fragend an.

Ein Glück ist da die Milchscheibe zwischen ihnen.

„Na ja, wenn ich…wenn ich meinem Höhepunkt so nah bin, hab ich Angst, dass ich keine Kontrolle mehr darüber hab, ob ich dir nicht vielleicht wehtue, verstehst du?“

Über das Rauschen des Wassers hinweg hört Alexander von seinem Studenten nur ein zaghaftes: „Ahso.“

Kurz wendet er sich der Armatur zu, um das Wasser auszudrehen; als er sich wieder umdreht, steht Heinrich im kleinen Spalt, den er in der Duschkabine offen gelassen hat.

Er sieht lächelnd zu ihm auf.

„Jetzt“, sagt er.

„Jetzt bist du doch noch weit von deinem Höhepunkt entfernt.“

Alexander hebt seine Augenbrauen und bringt ein nervöses Lachen heraus.

„Heinrich, nein, du…du kannst nicht…“

Der Junge lässt das Handtuch von seinen Schultern gleiten und steigt zu ihm unter die Dusche, die plötzlich viel zu klein ist.

„Heinrich.“

Die Hände fahren seine Seiten hinab zu seiner Hüfte, die Knie berühren den nassen Boden.

„Heinrich, nein.“ Alexanders Widerstand ist nicht besonders überzeugend.

Und ehe er etwas dagegen unternehmen kann – oder will? – schauen von da unten diese bedürfniserweckenden blauen Augen zu ihm auf.

„Herr Professor Humboldt. Bitte.“

Das ist zu viel, er kann nicht mehr.

Und seine Entscheidung, nachzugeben, soll sich in jedem Fall bezahlt machen: Heinrichs Mund ist so warm und seine Zunge so übereifrig…

Alexander getraut sich nicht, hinabzuschauen, und als er es nach einiger Zeit doch tut, stöhnt er auf. Noch nie hat ihn irgendetwas, irgendjemand so erregt, wie dieses Bild von Heinrich, wie seine Wangen glühen, die nassen Haare ihm in der Stirn kleben, seine blauen Augen so konzentriert und genießerisch, und wie er ihn Zentimeter für Zentimeter mehr in seinem Mund verschwinden lässt.

„Ha – Heinrich, oh mein…!“

Alexander fasst nach den Fliesen hinter sich, um den Jungen nicht am Kopf zu greifen.

„Du…du musst aufhören, das geht so nicht, ich– !“

„Mmmnnnn…“ Heinrichs Protestlaut vibriert in seiner Mundhöhle und bringt Alexander zum Keuchen.

„Nicht – ich…Heinrich!“

Er kann nicht anders, schnellt mit seiner Hüfte vor.

Heinrich lässt keuchend von ihm ab, wirkt einen Moment verschreckt, aber – oh, mein Gott! – er leckt sich über die Lippen, probiert die weiße Flüssigkeit, die sein Kinn hinab läuft.

„Es schmeckt…bitter, aber…“ Der Junge schaut zu ihm auf.

„Nein, Heinrich.“

„Doch. Ich will…ich will, dass Sie die Kontrolle verlieren. Ich will schuld sein.“

„N-nein!“

„Hmmm…“

„N…!“

„Mmmmnnnh“

„Ja! Oh, ver – tiefer, Heinrich, bitte…mehr!“

Und der Junge gehorcht. Alexander weiß nicht, wie er das geübt hat, aber er war eindeutig erfolgreich dabei.

Dem Professor geben die Beine beinahe nach, so überwältigt ist er von diesem Gefühl, und er wirft seinen Kopf in den Nacken, kollidiert unsanft mit den Fliesen, aber es tut nicht weh, er spürt nichts, einzig und alleine Heinrichs Mund.

Es dauert nicht mehr lange, bis er mit Heinrichs Namen auf den Lippen kommt.

Einige Sekunden braucht er, bis sich sein Atem einigermaßen reguliert und er sich wieder gesammelt hat.

Als er Heinrich erblickt, der mit halbgeschlossenen Augen zu ihm aufblickt, dem sein Erguss aus den Mundwinkeln läuft, das Kinn und den Hals hinabtropft, geben seine Knie endgültig nach und er zieht den Jungen zu sich, lässt ihre Lippen kollidieren, schmeckt sich selbst.

Der Kuss wird zärtlicher, als Heinrichs Finger in Alexanders nasse Haare fahren, und der Ältere lässt schließlich von seinem Mund ab, verteilt Küsse übers Kinn, den Hals hinab, leckt ihn bis zum letzten Tropfen sauber.

„Ich…“, bringt Heinrich heraus.

„Ich kann es nicht glauben, dass ich dich dazu bringen kann, solche Sachen zu sagen…“

Alexander haucht ihm einen weiteren Kuss auf die Lippen.

„Du kannst mich noch zu so viel mehr bringen, Heinrich…“, wispert er heißer gegen den Mund.

„Steh auf, damit ich mich revanchieren kann.“
 

„Ja?“

„Alexander? Bist du unterwegs?“

„Ja, Wilhelm, wenn du es so nennen willst. Heinrich und ich nehmen unser…Mittagessen, das eigentlich gleichzeitig auch das Frühstück ist, in einem Schnellimbissrestaurant zu uns, dessen Namen ich dir jetzt nicht nennen werde, du regst dich sowieso nur wieder drüber auf.“

„Aha, ich will es ja gar nicht wissen. – Wieso lacht der Kleine?“

„Er meint es nicht so.“

„Wieso bist du so gut gelaunt?!?“

„Tjaaa…“

„Oh, nein – Alexander! Du…! Du kannst doch nicht…! Wo ist deine Verantwortung?! Ich hab dir tausendmal gesagt – “

„Was ist?“, fragt Heinrich, als sein Gegenüber das Handy wegsteckt.

„Och, er hat aufgelegt.“, meint Alexander zwinkernd.

Heinrich hat Ketchup in den Mundwinkeln, und sein Professor ist es noch gar nicht richtig gewöhnt, es einfach so wegküssen zu dürfen, deshalb nimmt er nur sanft sein Kinn in die Hand und wischt es ihm mit einer Servierte weg.

„Danke.“

„Wir müssen uns überlegen, ob wir noch diese Woche zur Uni gehen.“, fängt Alexander das Thema an, von dem er sich sicher ist, dass es sein Bruder am Telefon eigentlich ansprechen wollte.

„Oh, du kannst morgen von mir aus arbeiten gehen.“, meint Heinrich und nimmt einen Schluck Cola.

Nach diesem Morgen kann Alexander ihm einfach nicht mehr ohne Hintergedanken beim Trinken aus einem Strohhalm zuschauen…

„Äh – nein, nein, ich…Ich wollte eigentlich warten, bis es dir besser geht. Wirklich gut geht, bis du wieder zum Unterricht gehen kannst.“

Heinrich schließt seine Hände um den Pappbecher und schaut hinab in die braune Flüssigkeit.

„Die…die Leute werden sicherlich reden, wenn…“

Alexander lacht leise und gibt dem Kleinen einen Kuss auf die Lippen.

„Das macht mir doch nichts aus, siehst du. Ich hab es letzte Woche Eggebrecht verraten, dass ich schwul bin, und das penetrante Mädchen aus dem Philosophieseminar weiß es auch. Also weiß es bestimmt schon die ganze Stadt.“

Alexander sieht dem Jungen in die Augen.

„Wenn es dir nichts ausmacht, Heinrich.“

„Natürlich nicht!“, meint der und bestätigt seine Aussage mit einem zärtlichen Kuss.

„Siehst du.“

Alexander lacht.

„Danke. Jetzt wissen die Leute an den Nachbartischen wenigstens, dass du das freiwillig machst und ich dich nicht auf dem Schulhof abgepasst hab und jetzt belästige, um nachher gegen deinen Willen ganz böse Dinge mit dir anzustellen.“

Heinrich grinst und winkt dem älteren Ehepaar, das mit ihrem Enkel am Tisch nebenan sitzt, zu.

„Ich bin volljährig!“, ruft er freudig.

„Ich darf so was!“

Alexander versucht seinen Freund zurechtzuweisen, aber der Lachanfall hindert ihn daran.

„Wir sollten die Flucht ergreifen, Heinrich.“, bringt er nur heraus und zieht den Kleinen an der Hand mit sich.

So laufen sie die Straße entlang, Heinrich schlägt vor, sie sollten in den Park gehen, oder noch besser: Schwimmen!

„Das ist vielleicht keine gute Idee.“, meint Alexander.

„Du müsstest erklären, woher du die ganzen blauen Flecken hast.“

„Hm“ Heinrichs Schmollmund soll bestimmt nicht süß wirken.

„Dann halt nicht.“

„Weißt du was?“, fängt Alexander an.

„Wir gehen jetzt in die Apotheke und da fragen wir, ob sie eine Salbe haben, die die Heilung deiner Haut beschleunigt, ja?“

„Auja“, stimmt Heinrich zu, zu Alexanders Erstaunen mit einem breiten Grinsen.

„Und dann gehen wir nachhause und du reibst mich ein – am ganzen Körper.“

Ah, jetzt versteht er…

Heinrich war den ganzen Tag so überdreht und freudig gewesen, dass Alexander den Postboten gerne wieder weggeschickt hätte, der ihnen diesen Brief eingeworfen hat.

„Was ist es?“, fragt der Junge und schließt die Wohnungstür hinter ihnen.

„Die Vorladung vors Gericht.“, antwortet Alexander.

„Oh.“

„Ja, wegen deinem Vater.“

Heinrich senkt seinen Kopf.

Sofort zieht ihn Alexander zu sich und nimmt ihn in den Arm.

„Denk bitte nicht so viel drüber nach. Wir schaffen das schon, wir beide und deine Mutter. Ich bin bei dir und werde bei dir bleiben, bis dieser Mensch hinter Gittern sitzt.“

„Danke.“, nuschelt Heinrich gegen Alexanders Brust. Das grüne T-Shirt riecht so gut…

„Wie hast du denn…wie hast du deine Muskeln denn so hinbekommen?“

Alexander muss schmunzeln. Er ist immer wieder erneut überrascht über die abrupten Themenwechsel des anderen.

„Ich hab während der Schul- und Studienzeit geboxt, war bis vor zwei Jahren hin und wieder auf Weltreisen, meistens eben an so Plätzen der Erde, an denen man sich selbst durchschlagen muss…“

„Echt?! So wie Indy Jones also? Das klingt ja interessant!“

„War es auch. Jetzt geh ich jedes Wochenende joggen und oft schwimmen. Der Rest sind wohl die Gene.“

„Dein Bruder sieht aber ganz…“

„Wilhelm kommt nach meinem Vater.“

Heinrich schaut misstrauisch zum anderen auf, immer noch fest in seinen Armen.

„Du willst mir nicht erzählen, dass deine Mutter solche Muskeln hatte…?!“

Alexander muss lachen.

„Sie war Handballerin in der DDR, immer schon sportlich…“

Heinrich legt seinen Kopf wieder an die Brust seines Freundes.

„Ich will Vater vor dem Gerichtstermin noch einmal sehen.“

Dieser Themenwechsel…

„Bist du sicher?“, fragt Alexander und küsst die seidigen schwarzen Haare.

„Ja. Und ich will, dass du mitkommst. Bitte.“

„Selbstverständlich komm ich mit. Ich hätte dich niemals alleine dort hingehen lassen.“

„Können wir gleich gehen?“

Alexander zögert kurz.

„Jetzt gleich?“

„Ja.“

„Naja…gut, okay.“
 

Alexander ist schon einmal im städtischen Gebäude der JVA gewesen; das war als er den indischen Kollegen, den er von seiner Asienreise mitgebracht hatte, wieder rausholen wollte, aber der Gute hatte Drogen bei sich, da konnte man nichts machen.

„Wir wollen zu Herrn Joachim Kleist, ich bin sein Sohn.“, meldet Heinrich sie an, und sie werden eingelassen, müssen ihre Ausweise abgeben.

„Du darfst gerne meine Hand halten.“, flüstert Heinrich, als sie dem Wärter durch den Gang folgen.

„Dann fühl ich mich sicherer.“

Alexander nickt und schiebt ihre Finger ineinander.

Sie werden in einen Raum gebracht, in dem die berüchtigte Trennwand steht, hinter der die Gefangenen Platz nehmen.

„Setzen Sie sich hier an eine freie Kabine, ich hole Ihren Vater.“

„Danke.“

Alexander zieht sich einen Stuhl heran, um neben Heinrich Platz zu nehmen.

Der Junge sieht lächelnd zu ihm auf.

„Du darfst ruhig näher rücken und wieder meine Hand nehmen.“

„Mhm.“, meint Alexander, und er hat gerade seine Hand über Heinrichs in dessen Schoß abgelegt, da erscheint der Wärter hinter der Scheibe mit dem einzigen Mann auf dieser Welt, den er so gerne auf qualvollste Weise umbringen würde.

Der einst so würdevolle Leutnant sieht ganz schön mitgenommen von den drei Tagen im Gefängnis aus. Seine Gesichtszüge sind unheimlich verbittert.

„Was lässt du dich hier noch blicken?!“, raunzt er seinen Sohn durch die Scheibe hindurch an.

„Weißt du nicht, was für eine Schande du für die ganze Familie bist?!?“

Heinrich weicht dem Blick seines Vaters aus, der am linken Handgelenk mit einem paar Handschellen am Stuhl festgekettet ist.

„Wer sitzt hier hinter Gittern, weil er seinen eigenen Sohn beinahe zu Tode schlägt?!“, erinnert Alexander sein Gegenüber mit soviel Abscheu in der Stimme, die er aufbringen kann.

Kleists Augen fixieren nun ihn, als wenn er ihn bis eben versucht hat zu ignorieren, sein Blick huscht über die ineinandergelegten Hände.

„Du Schwein! Nimm deine Drecksfinger von meinem Sohn…!“

Alexander merkt, wie Heinrich sich in seinem Stuhl aufrichtet, damit er etwas größer ist.

„Oh, Vater“, fängt er an, und zwingt seine Stimme, nicht wie sonst immer vor diesem Mann zu zittern.

„Du willst ja gar nicht wissen, wo Alexander seine „Drecksfinger“ schon alles hatte. Und falls es dich interessiert: Ich hab es getan. Wie du es mir vorgeworfen hast, bin vor ihm auf die Knie gegangen und hab „seinen Schwanz gelutscht“.“

Heinrichs Vater ist sprachlos. Einmal in seinem Leben ist er sprachlos. Sein Gesicht läuft ungesund rot an, er kocht vor Wut, aber Heinrich kann den Schmerz in seinen Augen sehen.

Und einen Moment will es ihm Leid tun, was er gesagt hat, aber dann erkennt er, dass es der Schmerz ist, den er all die Jahre gefühlt hat, und er stellt mit Genugtuung fest, dass dieser Mann, der ihn einmal gezeugt hat, nichts anderes verdient hat, als diesen Schmerz nun selbst zu fühlen.

„Und es hat mir gefallen. So verdammt gut gefallen…“

„Halt die Klappe! Sofort! Sag so was nie wieder! Du bist…! Du verdammtes…!“ Er schreit so fürchterlich um sich, dass sofort der Wärter kommt und ihn zurück in seine Zelle schleift.

Heinrich grinst, als er Alexanders leicht entsetzten Blick bemerkt.

„Schade“, meint der Kleine.

„Ich hätte dich gerne noch dazu aufgefordert, mich vor ihm zu küssen.“

„Damit hättest du es übertrieben.“, ist Alexander der Meinung und erhebt sich, den Jungen immer noch an der Hand.

„Gehen wir nachhause. Ich muss meinen Anwalt noch anrufen und einen Termin ausmachen. Wir sollten uns vor dem Gerichtstermin mal mit deiner Mutter zusammensetzen.“
 

„Ja, Michael, ich bin’s, Alexander.“

Er klemmt sich das Telefon zwischen Ohr und Schulter, um die Salbe aus der Apotheke öffnen zu können.

„Nein, leider nicht. Es ist beruflich, also, für dich. – Genau, der Fall Kleist. – Ja, die Vorladung haben wir auch bekommen. – Heinrich und ich. Der Sohn, der wohnt jetzt bei mir.“

Alexander muss lachen.

„Ja, richtig geraten. Das war auch der Grund, wieso sein Vater ihn immer geschlagen hat. – Mhm, daran hab ich auch schon gedacht. – Nein, die Nummer weiß ich nicht, Moment.“

Alexander läuft mit der endlich geöffneten Salbe ins Bad, doch der Junge ist verschwunden.

„Heinrich?!“

„Ja?!“, kommt die Antwort aus dem Schlafzimmer.

„Hast du die Nummer von deiner Tante?!“

„Nein, muss ich nachher auf meinem Laptop nachschauen!“

Alexander wendet sich wieder seinem Telefonat zu und holt noch Heinrichs Tabletten, bevor er sich auf den Weg ins Schlafzimmer macht.

„Nein, die Nummer hat er auch nicht, er muss nachschauen. Ich mail sie dir später, ja? – Gut.“

Heinrich sitzt auf dem Bett, als Alexander das Schlafzimmer betritt, und er nimmt neben ihm Platz.

„Ja, natürlich hab ich das nicht vergessen. Aber man hat so wenig Zeit. – Ja, genau. Hast du noch immer keine Neue? – Seit der Scheidung? Das sind doch jetzt…drei Jahre fast?!“

Heinrich nimmt Alexander die Salbe ab und legt sie auf den Nachttisch. Dann zieht er sein Shirt aus.

„Ja, das könnte…wirklich…nicht zu…nicht – sorry, Michi, was wollt ich grad sagen?!“

Alexander muss lachen.

„Nein, nein, mein Freund zieht sich nur grade aus, weißt du? – Ja, im Bett. – Ein wenig, ja, ich schreib dir später noch, bis dann. – Ja, Tschau.“

„Endlich.“, grinst Heinrich, der sich in Unterhose auf die Matratze legt. Er dreht Alexander den Rücken zu und lässt seinen Kopf auf seinen Unterarmen nieder.

„Hoffentlich ist die Salbe nicht so kalt. Du musst schön reiben, ja?, damit’s warm wird.“

„Gerne doch.“

„Oh, Alex, bitte!“

Alexander sieht kopfschüttelnd zu seinem Freund auf, der aufs Bett gestiegen ist und mit einer seiner Krawatten herumfuchtelt.

„Heinrich, ich kenn Michael gut. Da muss ich keinen Anzug anziehen für das Treffen.“

„Aber, schau! Ich hab auch ein Hemd an!“

Einen unachtsamen Moment später hat Heinrich ihm die Krawatte um den Hals geschmissen und zieht ihn an der Schlinge nun zu sich.

„Du siehst doch so gut aus im Anzug…“

„Hm, na ja, dann bind mir eben die Krawatte…“
 

Die Kanzlei liegt im Erdgeschoss einer kleinen Doppelhaushälfte.

Michael Haas, Rechtsanwalt, steht auf dem Klingelschild.

Sie treffen sich in Michaels Büro, das sich seit Alexanders letztem Besuch ziemlich verändert hat.

„Hallo, Michi.“

„Alex, willkommen.“

„Das ist Heinrich.“

„Guten Tag, Heinrich – ich darf dich doch duzen?“

„Gerne“, meint der Junge und reicht dem Anwalt die Hand. Er trägt einen dunklen Anzug, seine Haare sind kurz und dunkel, seine Augen blau. Er sieht nett aus, wirkt etwas jünger als Alexander.

„Da hat sich aber einiges verändert.“, stellt Alexander fest und tritt ans Fenster, das jetzt doppelt so groß ist, wie zuvor.

„Ja, wirkt heller und freundlicher so, nicht?“

Alexander nickt und betrachtet den ordentlich bepflanzten Garten. Da hat sich einer wohl einen Gärtner geleistet…

„Nehmt doch Platz.“, meint Michael, und die beiden setzen sich an die eine Seite des Holztisches, der schon mit einigen Unterlagen beladen ist.

„Ist Frau Kleist noch nicht da?“, fragt Alexander.

„Nein.“, meint Michael und sieht auf die Uhr.

„Sind ja noch drei Minuten. Wollt ihr was trinken?“

„Ein Wasser, bitte.“

„Für mich auch.“, meint Heinrich.

Michael stellt gerade vier Gläser und die Flasche auf dem Tisch ab, da klingelt es.

„Ah, das muss sie sein.“, vermutet er und läuft zur Tür.

Als der Anwalt die Frau ins Büro geleitet, erhebt sich Alexander und Heinrich springt auf, um seiner Mutter in die Arme zu fallen.

„Mama! Wie geht es dir?“

Die Frau lacht leise und streicht ihrem Sohn über den Kopf.

„Mir geht es gut. Und dir?“

Heinrich nickt.

„Bestens.“

„Das ist schön.“, meint sie, und er lässt sie los.

„Setzen Sie sich, Frau Kleist. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?“

„Vielen Dank.“, sagt sie, als sie Heinrich gegenüber Platz nimmt und begeistert hinaus in den grünen Garten schaut.

Michael bleibt am Tisch stehen und sieht sie ein paar Sekunden abwartend an.

„Ah“, macht sie plötzlich und lacht nervös.

„Entschuldigen Sie. Wasser, bitte. Ich bin…ich bin etwas verwirrt zurzeit.“

„Verständlich.“, meint Alexander.

„Ah, guten Tag, Herr Humboldt! Tut mir Leid, dass ich Sie einfach ignoriert habe, tut mir wirklich– “

Alexander lacht nur und nimmt ihre Hand zur Begrüßung entgegen, bevor er sich wieder hinsetzt.

„Nicht schlimm, nicht schlimm.“, versichert er und stellt fest, dass sie diese liebreizenden Aufmerksamkeitsdefizite anscheinend an ihren Sohn vererbt hat.
 

Während Alexander Heinrich das Blatt zuschiebt, auf dem Michael schon einmal sein Anklageplädoyer grob formuliert hat, schenkt dieser Frau Kleist, die neben ihm sitzt, Wasser nach.

„Haben Sie einen Anwalt, Frau Kleist?“, fragt er.

Sie schüttelt den Kopf, wodurch einige ihrer schwarzen Haare aus der Klammer am Hinterkopf rutschen.

„Nein, mein Mann hat das alles immer geregelt, wissen Sie…“

„Kein Problem.“, meint Michael und lächelt die Frau an.

„Wenn Sie nichts dagegen haben, werde ich auch Sie vertreten. Wenn es Ihnen Recht ist.“

„Ja, ja, das…Das wäre nett, danke.“

Ihr Lächeln ist genauso schüchtern, wie das von Heinrich manchmal.

„Muss ich da nicht…irgendwas ausfüllen und unterschreiben?“, fragt sie vorsichtig, während ihre Finger mit ihrem Glas spielen. Obwohl sie zuhause wohl immer die ganze Arbeit machen musste, sind ihre Finger grazil und gepflegt.

Michael lacht sanft.

„Ja, Sie müssen was unterschreiben, aber das machen wir später, oder?“

Sie nickt.

„Seid ihr fertig?“, fragt er nun Alexander und Heinrich, die noch über das Schreiben gebeugt sind.

„Soeben.“, meint Alexander und schaut abwartend zu seinem Freund, der auch Sekunden später den Kopf hebt.

„Das ist gut.“, stellt Heinrich fest.

„Kompliment.“

„Danke.“, lacht Michael.

„Das ist mein Job. Also ist alles in Ordnung?“

Die beiden nicken.

„Gut, dann lesen Sie sich das bitte auch noch durch, Frau Kleist.“, bittet Michael und wendet sich dann Heinrich und Alexander zu.

„Wollt ihr beide eine Aussage machen?“

„Ja.“

„Mhm.“

„Dann sollten wir besprechen, was ihr sagt. Und wie ihr euch verhaltet, wenn Herrn Kleists Verteidiger etwas fragt – was meistens nur provokativer Unsinn ist, aber das sei mal dahingestellt. Besonders du Heinrich, darfst dich nicht zu unnötigen Aussagen hinreißen lassen.“

Mit großen Augen schaut der Junge zwischen Michael und Alexander hin und her.

„Was soll denn das schon wieder heißen?!“, meint er, und es hätte beleidigt gewirkt, wenn er nicht dabei grinsen würde.
 

„So. Dann hätten wir das geklärt, oder?“, fragt Michael in die Runde.

Alle drei nicken.

„Gibt es noch Fragen?“, will er wissen, als er die Unterlagen zusammenräumt.

„Ähm, ja.“, fängt Frau Kleist an.

„Ich hätte…“ Sie schaut kurz zu Heinrich, bevor sie zu Michael aufschaut.

„Ich möchte mich von meinem Mann scheiden lassen. Können Sie das für mich regeln?“

Alexander schaut genauso erstaunt wie Michael, aber Heinrich klatscht in die Hände.

„Mama, das ist toll!“

Frau Kleist lächelt erleichtert.

„Ich bin froh, dass du damit einverstanden bist, Heinrich.“, meint sie.

Michael heftet die Unterlagen in einen Ordner.

„Ja, ich…ich helfe Ihnen gerne. Ich bin sozusagen Experte auf diesem Gebiet.“

Als Frau Kleist ihn nur fragend anschaut, ergänzt er mit einem schiefen Lächeln: „Ich bin selbst geschieden. Seit drei Jahren.“

„Oh, das tut mir Leid.“

Michael lacht und setzt sich wieder neben sie.

„Das muss Ihnen doch nicht Leid tun. Hätte meiner Ex-Frau auch nur ab und zu etwas Leid getan, hätten wir die Ehe vielleicht noch retten können.“

„Haben Sie Kinder?“

„Nein, zum Glück nicht.“

Frau Kleist nickt abwesend.

„Gut“, meint Michael.

„Dann machen wir gleich einen Termin aus, wann wir uns noch mal treffen, oder?“

„Ja. Ja, bitte.“, stimmt sie zu und streicht sich eine Strähne zurück hinters Ohr.

„Ihr seid entlassen.“, meint Michael und sieht zu Alexander und Heinrich auf, bevor er seinen Organizer aus der Jacketttasche holt.

„Darf ich noch kurz mit Ihnen reden, Frau Kleist?“, fragt Alexander, als er aufsteht.

„Oh. Ja. Selbstverständlich.“

„Können wir raus in den Garten, Michi?“

„Ja, grad den Hebel runter, du weißt ja.“

Etwas zögerlich schiebt Frau Kleist ihren Stuhl zurück, und Michael steht auf, um ihr Platz zu machen.

Sie lächelt ihn schüchtern an, bevor sie Alexander nach draußen folgt.
 

„Der Garten ist schön, nicht?“

„Oh ja. Da hat sich Michael richtig Mühe gegeben. Als ich das letzte Mal hier war, hat er es noch vermieden, seinen Klienten mehr als das Büro zu zeigen.“

Sie nickt, und Alexander bleibt stehen.

„Frau Kleist“

„Ja?“

„Ich möchte Ihnen sagen, dass…Na ja, Sie haben ja gehört, was Ihr Mann von mir behauptet hat, und Sie haben sicherlich auch gehört, was ich ihm zuvor über mich gebeichtet hab.“

Alexander merkt, wie sich ihre Wangen leicht röten und sie seinem Blick ausweicht, und das ist ihm Antwort genug.

„Ich wollte Ihnen sagen, dass ich…mit Ihrem Sohn…zusammen bin.“

Plötzlich sieht sie wieder zu ihm auf.

Ihre Augen strahlen.

„Sie sind…?! Sie können seine – sein Interesse also erwidern?!?“

Alexander lächelt etwas verlegen.

„Ja, das kann ich. Das habe ich schon, und deshalb wollte ich wissen, ob es Sie nicht stört, wenn…na ja, Heinrich ist zwar erwachsen, aber…“

„Ich danke Ihnen!“

Etwas überrumpelt stellt Alexander fest, dass die Frau nach seinen Händen gegriffen hat.

„Sie haben meinen Sohn glücklich gemacht, ich danke Ihnen tausendmal dafür!“

„Sie…dafür müssen Sie mir nicht danken“, meint Alexander mit einem Lächeln, total überwältigt und drückt ihre Hände fest in seinen.

Ihn überkommt wieder der Drang, ihr einen Kuss auf die Stirn zu geben, aber er unterlässt es.

„Sie sind eine wunderbare Frau.“, sagt er nur.

„Und irgendwann wird das auch ein Mann erkennen, der fähig dazu ist, Sie zu lieben.“
 

Nachdem man sich von Michael, und Heinrich sich ausgiebig von seiner Mutter verabschiedet hat, verlassen sie die Anwaltskanzlei.

„Tut mir Leid, dass ich dich so lange mit Michael alleine gelassen hab.“, meint Alexander und schließt das Auto auf.

„Och, nicht schlimm.“, entgegnet Heinrich mit einem Grinsen.

„Er hat mich schon nicht angeknabbert.“

„Zu seinem Glück!“, bemerkt Alexander drohend und steigt ebenfalls ein.

Heinrich grinst nur.

„Was hast du denn mit ihm geredet?“, will Alexander wissen, bevor er den Motor startet.

„Hm, ich hab ihm gesagt, dass er meine Mutter nicht unglücklich machen soll, sonst bekommt er es mit mir zu tun.“

Alexander schaut den Jungen erstaunt an.

„Nicht wirklich?!“

„Doch. Ich find ihn richtig nett, er Mama auch, und sie ihn ebenfalls, ich seh das.“

Alexander nickt.

„Gut, wenn du meinst. Wir werden das weiter verfolgen, ja?“

„Aber bitte!“
 

Alexander schließt die Haustür und schmeißt den Schlüssel auf die Kommode. Gleich greifen seine Hände nach der Krawatte, aber Heinrich hält ihn sofort auf.

„Halt!“, ruft er und packt Alexanders Handgelenke.

Mit einem verschmitzten Lächeln sieht er zu seinem verwirrten Freund auf.

„Was denken Sie denn, Herr Professor, wieso ich Ihnen die Krawatte gebunden hab?“

„Öhm…“

„Ich will sie Ihnen natürlich auch wieder ausziehen.“

„Ah…“

„Aber als allerletztes.“
 

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So, ich glaub das muss für die nächsten vier Tage reichen, da ich ab morgen im Prüfungsstress bin ^^

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel31_non-adult

Der Kaffee ist mal wieder kalt, als er den ersten Schluck nimmt, und er süßt noch mit einem Löffel Zucker nach.

„Du bist spät, Alexander.“

„Ich weiß, aber wenigstens bin ich diese Woche überhaupt wieder da, findest du nicht auch, Bruderherz?“

Er stellt die Tasse ab, halb leer, und widersteht dem Drang, seine Krawatte zu lockern.

„Wie siehst du nur wieder aus.“, seufzt Wilhelm.

Alexander zuckt mit den Schultern, versucht kurz, seine Haare ein wenig zu ordnen, jedoch weniger erfolgreich.

„Ich hab das Wochenende fast kein Auge zubekommen, jetzt, wo Heinrich doch bei mir im Bett schläft…“

Er zwinkert seinem Bruder zu, der nur abwinkt.

„Verschone mich mit Einzelheiten, Alexander, und kümmer dich lieber darum, dass du pünktlich in dein Seminar kommst!“

Lachend schultert Alexander seine Tasche und macht sich auf den Weg.

Tatsächlich ist er zu wenig Schlaf gekommen, seit er sich das Bett mit seinem Studenten teilt. Wer jetzt glaubt, sie würden die ganze Nacht irgendwelche Orgien abhalten, liegt falsch, so ist es nicht. Nur…der Kleine muss schon ziemlich müde sein, wenn er sich nicht an ihn schmiegt und das eine Mal frech, das andere Mal mit geröteten Wangen flüstert: „Alexander, können wir…?“

Genau diese Frage blieb auch gestern Abend nicht aus.

„Alexander, können wir…?“

„Es ist schon halb Elf, Heinrich, wir müssen morgen früh aufstehen.“

„Na, und?“ Der Kleine schnurrte ein wenig, als er seine Beine um Alexanders Hüfte schlang.

„Willst du mir erzählen, dass du etwa müde bist?“, meinte er, ließ seinen Professor nicht zur Antwort kommen, sondern nahm seinen Mund mit einem Kuss ein. Wieder einmal musste Alexander feststellen, was für ein wunderbarer Küsser Heinrich mittlerweile geworden ist.

„Ich…ich bin wirklich müde, Heinrich, bitte…“

Der Kleine kicherte amüsiert.

„Deine Augen vielleicht, aber andere Körperregionen wirken doch ganz aufgeweckt.“, stellte er fest. Nur allzu richtig, wie Alexander zugeben muss.

„Du kannst auch da liegen bleiben, wenn du willst.“, hauchte Heinrich zwischen zwei Küssen auf Hals und Brust.

Alexander antwortete darauf nichts mehr, sondern ließ es einfach geschehen. Nicht, dass er nicht mehr an Heinrich interessiert wäre, im Gegenteil. Nur darin liegt das Problem: Immer wieder fordert ihn der Junge auf, einen Schritt weiter zu gehen, ihn endlich zu nehmen, und jedes Mal muss ihm Alexander unter größter Selbstbeherrschung erklären, dass das nicht geht. Dann müsse man endlich etwas unternehmen, dass es geht, verlangt Heinrich dann immer, und gestern Abend hat er sich wohl gedacht, selbst die Initiative ergreifen zu müssen.

Sie waren nicht dazu gekommen, es richtig zu tun, davon hat Alexander seinen Freund erfolgreich abhalten können, aber da er danach beschloss, erstmal duschen zu gehen, und Heinrich beschloss, mit ihm unter die Dusche zu steigen, wurde es doch reichlich spät, bis er zum Schlafen kam.

Und das ist der Grund, weshalb, als Alexander den Seminarsaal betritt, schon alle wartend auf ihren Plätzen sitzen.

„Guten Morgen, meine Herrschaften, meine Damen. Ich hoffe doch, Sie verzeihen mir die Verspätung…?“

Seine Fan-Reihen Mädchen nicken eifrig, und Heinrich deutet mit seinem spitzbübischen Grinsen an, dass auch er wohl nichts dagegen hat.
 

„Ich bitte Sie sich das Johannes Evangelium für Donnerstag anzuschauen, wir wollen dann nämlich über seine philosophischen Grundgedanken sprechen.“

Damit entlässt Alexander seinen Kurs und macht sich daran, seine Sachen einzupacken. Dabei muss er feststellen, dass er ganz schön gespannt ist, ob irgendeine J immer noch zu ihm kommt, oder ob man ihn jetzt nach seinem doch bestimmt herumgesprochenen Comming-Out in Ruhe lässt.

Aber nichts da: Es ist nicht die, die ihn bei Eggebrecht verpfiffen hat, sondern eine andere, die mit dem gerüschten Minirock.

„Herr Professor?“

„Ja, was gibt’s denn?“, versucht er freundlich zu klingen.

„Ich wollte nur…ich hab mir nämlich Sorgen gemacht, was mit Ihnen letzte Woche war…“

„Das ist nett, danke, aber mir ging es gut. Ich musste nur zuhause bleiben, da ich…jemanden zu pflegen hatte.“ Ach, hat er das nicht schön ausgedrückt?

„Ah.“, macht da die Studentin nur und mit einem „Vielen Dank, bis dann.“, ist sie auch schon wieder verschwunden.

Nach weiteren zwei Stunden und drei weiteren Nachfragen nach seiner Gesundheit seitens Schülerinnen und zwei seitens Kolleginnen, macht Alexander sich auf den Weg zum Café. Er hat am Morgen mit Heinrich abgemacht, dass sie sich zum Mittag dort treffen, und schon den ganzen Tag über überlegt, ob er ihn mit einem Kuss begrüßen soll oder nicht.

Da Heinrich noch an keinem Tisch anzufinden ist, bleibt ihm also noch ein wenig Zeit, darüber weiter nachzudenken.

Alexander sucht sich einen Tisch in der Mitte aus, und gleich kommt die Bedienung zu ihm, die ihn freundlich begrüßt.

„Einen Kaffee, bitte.“, bestellt er, schlägt die Beine übereinander und schaut hinaus auf den Platz.

Es dauert eine Weile – er hat schon seinen Kaffee – bis er bemerkt, dass etliche Studenten an den umliegenden Tischen sich ein paar Mal nach ihm umdrehen.

Alexander versucht sich nichts anmerken zu lassen und fasst sich an den Hemdkragen. Mist. Doch nicht hoch genug. Aber bei diesen Temperaturen hätte er niemals einen Schal anziehen können…

„Meinst du?“

„Ja, natürlich.“

„Er ist doch total anders drauf.“

„Und er war zu spät.“

„Humboldt hat eine Freundin.“

„Oh, wie ich diese Frau beneide…!“

„Was?“

„Humboldt hat ne Freundin.“

„Ach, deshalb war er heute so gut gelaunt.“

Alexander versucht ein Grinsen zu unterdrücken und wendet sich ab, aber auch auf der anderen Seite des Cafés wird kräftig diskutiert.

„Ist das ein Knutschfleck?“

„Er war die ganze letzte Woche nicht da. Meint ihr es war wegen ihr?“

„Jessica hat gemeint, er hat sie pflegen müssen.“

„Ja klar, „pflegen“…“

„Um was geht’s?“

„Humboldt hat ne Freundin.“

„Was? Er hat eine…!“

„Ja, noch nicht gehört? Er hat die ganze letzte Woche für sie freigenommen.“

„Und ich dachte, ich hätte ne Chance…“

„Bestimmt is das doch voll die Zicke und wird ihn gleich betrügen.“

„Wenn ich diese Tussi in die Finger bekomm…!“

„Also ich geb nicht auf. Ich will wissen, was die bitteschön hat und ich nicht.“

„Genau, sie hat ihn bestimmt gar nicht verdient, so sieht’s aus!“

„Pschht, nich so laut, da drüben sitzt er doch…“

„Oh, schaut mal, da kommt der Freak.“

Alexander blickt auf, aber er sieht keinen Freak, sondern Heinrich, der etwas schneller über den Platz läuft.

„Wo war der denn eigentlich letzte Woche?“

„Stimmt. Am Mittwoch hab ich schon gedacht, er ist endlich von ner Brücke gesprungen…“

Alexanders Grinsen wird breiter. Oh ja. Das wird ein Spaß. Still bedankt er sich bei seinen Umsassen, dass sie ihm die Entscheidung abgenommen haben.

„Oh, nee…der will hier her.“

„Leg die Tasche auf den Suhl – bei uns is besetzt.“

Aber Heinrich denkt natürlich nicht mal daran, irgendwo bei den anderen Studenten Platz zu nehmen, sondern schlängelt sich durch die Tische hindurch.

„Ey, der kann ja Lächeln, Leute.“

„Das is sogar ein Grinsen…!“

„Hä? Was will der…? Geht der zum Humboldt?“

„Hey, Kleiner.“, begrüßt Alexander den anderen voller Vorfreude und legt ihm eine Hand an den Hinterkopf, um ihn zu sich herunterzuziehen.

Er gibt ihm einen kleinen Kuss auf die Lippen. Und noch einen. Und vielleicht noch einen etwas längeren…?

Kichernd sieht ihn Heinrich an.

„Wenn du Hunger hast, bestell dir was, ich bin grad nicht zu haben.“

Alexander küsst ihn noch ein letztes Mal kurz auf den Mund.

„Mm, schade.“, meint er und lässt ihn dann gegenüber Platz nehmen.

„Tut mir Leid, dass ich so spät bin, aber Eggebrecht wollte wissen, wieso ich die letzte Woche nicht da war.“

Alexander nickt.

„Nicht schlimm. Was hast du ihm denn geantwortet?“

„Och…“, meint Heinrich und legt sich einen Finger ans Kinn.

„Herr Kleist, darf ich erfahren, was Sie letzte Woche davon abgehalten hat, mein Seminar zu besuchen? Wie ich hörte, waren Sie überhaupt nicht an der Universität. Können Sie mir einen triftigen Grund dafür nennen?“

„Naja, also…mein Vater hat mich krankenhausreif geschlagen, weil er dachte, ich hätte dem Herrn Professor Humboldt den Schwanz gelutscht, was zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht gestimmt hat, aber da der Professor einschreiten konnte, wurde mein Vater verhaftet, und ich nach meiner Entlassung aus dem Krankenhaus bei Professor Humboldt aufgenommen, damit meine Mutter ein wenig entlastet ist und er mich gesund pflegen konnte, was übrigens der Grund dafür ist, dass er letzte Woche ebenfalls nicht an der Universität war, wie Sie sicherlich schon festgestellt haben.“

„Ich hab ihm die Wahrheit gesagt.“, antwortet Heinrich schließlich mit einem frechen Grinsen.

Alexander muss lachen und beugt sich ein wenig über den Tisch.

„Wie hat er reagiert? War er geschockter, als es gerade deine Kommilitonen sind?“

Heinrich sieht sich grinsend um, und einige Gaffer wenden sich schnell wieder ab.

„Schwer zu sagen. Nimmt sich eigentlich fast nichts.“
 

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So, ich hoff das ist jetzt im vertretbaren Bereich >/////<

Und ich hab einen echten Kleist-Satz am Ende eingebaut…! X3

Nur wegen dem ist das andere adult geworden, da man so was niemandem zumuten kann XP

Alexander macht sich Sorgen.

Es war abends, Heinrich hat sich zu ihm ins Bett gelegt, sich an ihn gekuschelt– und schloss die Augen.

Alexander küsste seine Stirn, die Wange, den Mund – aber Heinrich hatte die Augen geschlossen! Und er rührte sich nicht. Nirgendwo rührte sich was.

„Gute Nacht.“, kam es nur von ihm, worauf Alexander mit Mühe die Antwort fand.

Alexander macht sich wirklich Sorgen.

Es ist Samstagmorgen und Heinrichs Seite des Bettes ist leer.

„Heinrich?“

Mühsam quält sich Alexander unter der Decke hervor, läuft barfuß, nur in Unterhose hinaus auf den Flur.

„Heinrich?“

Keine Antwort.

Es ist ein Bruchteil einer Sekunde, in dem Alexander denkt: „Er hat mich verlassen!“ und sich ihm schmerzlich die Brust zusammenzieht.

Aber dann kommt er in die Küche und da sitzt Heinrich am Esstisch, ein Stapel Bücher vor sich.

„Morgen.“

„Heinrich.“, wiederholt Alexander noch einmal seinen Namen, hörbar erleichtert, und fährt ihm zärtlich durch die Haare, bevor er ihm einen Kuss auf die Wange gibt, da Heinrich es ihm nicht möglich macht, ihn auf den Mund zu küssen.

„Ist…ist was?“, fragt der Professor etwas irritiert.

„Ich hab viel zu tun, muss mich aufs Examen vorbereiten. Deshalb bin ich schon wach.“, antwortet der Kleine, und dabei klingt er dem anderen viel zu emotionslos.

„Heinrich?“

Der Junge verdreht die Augen.

„Ja, sag meinen Namen noch ein fünftes Mal hintereinander! – und falls du ein ernstes Gespräch mit mir führen willst, das ist nicht möglich, wenn du fast nackt hier rumrennst; zieh dir was an.“

Geschockt sieht Alexander den Jungen an.

Wie ein kleines Kind, das soeben von den Eltern zurechtgewiesen wurde, schlurft er zurück ins Schlafzimmer und anschließend ins Bad.

Als er angezogen, rasiert und gekämmt wieder zurück in die Küche kommt, ist Heinrich immer noch am Lesen und Herausschreiben. Er beachtet seinen Freund noch nicht mal.

„Heinrich, jetzt sag mir verdammt noch mal, was mit dir los ist!“

Beide zucken sie zusammen.

Alexander sieht die Angst in den blauen Augen des Jungen aufblitzen und will sich sofort entschuldigen.

„Ja, genau“, presst Heinrich hervor, „Wenn ich es dir nicht sagen will, dann schlag mich doch.“

Der Professor rauft sich die Haare.

Kurzentschlossen lässt er sich neben Heinrichs Stuhl auf die Knie fallen und sieht schuldig zu ihm auf.

„Heinrich, es tut mir Leid, aber du – ich erwarte von dir, dass du ehrlich mit mir bist, und ich seh doch, dass dich was bedrückt! Ich mach mir doch nur Sorgen um dich…“

Heinrich schaut starr auf seine Notizen, er blinzelt heftig, um die Tränen zurückzuhalten.

„Vater hat sich auch immer nur Sorgen um mich gemacht.“

„Aber doch nicht so, wie ich!“, entgegnet Alexander und schlingt seine Arme um den Bauch des anderen.

Heinrich ist erstaunt, wie sanft er dabei ist, wie weich seine Wange, die er an seine Brust presst.

„Dein Vater hat dich nicht akzeptiert. Mir gegenüber sollst du nur ehrlich sein, und wenn du mir jetzt antwortest, dass das mit uns doch nichts wird, dass du gehst, weil du die Lust an mir verloren hast, weil ich schrecklich bin, wenn man mich näher kennt, dann akzeptier ich das und werde dich doch niemals schlagen, Heinrich…!“

Da stürzt sich der Junge vom Stuhl und fällt Alexander schluchzend in die Arme.

„Du bist nicht schrecklich und ich will bei dir bleiben, aber ich hab solche Angst…!“

„Schhhh…“ Beruhigend fährt der Professor dem Kleineren über den Rücken.

„Was macht dir Angst, Heinrich, hm?“

Der Junge krallt sich in seinem T-Shirt fest.

„D-der Prozess beginnt am Montag und ich muss…ich muss aussagen, vor ihm und – ich hab solche Angst davor, dass es nicht reicht, dass er da wieder rauskommt, dass er mir alles noch mal antun wird…!“

„Nein, das wird er nicht, Heinrich.“, redet Alexander beruhigend auf seinen Freund ein und verteilt kleine Küsse in seinen Haaren.

„Er wird verurteilt werden, und vor allem: Er wird dich nie wieder anfassen. Vertrau mir. Vertrau Michael. Wir schaffen das zusammen mit deiner Mutter.“

Als Heinrich aufhört zu schluchzen, steht Alexander vorsichtig mit ihm im Arm auf, und sie setzen sich aufs Sofa. Immer noch hält er den Jüngeren in seinen Armen.

„Tut mir Leid…“, beginnt Heinrich und wischt sich über die Augen.

„Das…das war nicht so gemeint, vorhin.“

„Es tut mir Leid, dass ich dich so angeschrieen hab.“, antwortet Alexander leise.

„Das hast du nicht verdient, so behandelt zu werden.“

Heinrich versucht ein kleines Lächeln und er lehnt sich nach vorne, um Alexander einen Kuss auf die Lippen zu hauchen.

„Danke.“
 

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Short, I know…

Morgen hab ich aber alles hinter mir :)
 

Ich wollt außerdem fragen, ob ich adult-Kapitel noch mal als non-adult hochladen soll, oder ob das niemanden betrifft. Nur so für die Zukunft :3

Es ist Montagmorgen, als Alexander in der Stadt vor dem Gerichtsgebäude ankommt. Er ist mit der Bahn hergefahren. Michael hat er schon bescheid gesagt, dass er alleine kommt.

„Morgen, Alex.“, begrüßt ihn der Anwalt, wie immer ganz locker.

„Morgen.“, antwortet Alexander, klingt dabei wohl etwas angespannt, weshalb ihm sein Freund lachend auf den Rücken schlägt.

„Juliane – Frau Kleist ist auf der Toilette.“, informiert ihn Michael.

„Aha.“, gibt Alexander mit einem Grinsen von sich.

„Juliane. Hätte nicht gedacht, dass ihr beide schon so weit seid.“

Michael sieht ihn mahnend an.

„Kein Wort ihr gegenüber, sie weiß noch nicht, was sie mir angetan hat.“

Alexander hebt die Augenbrauen.

„Oh, du meinst die Sache da nach deiner Scheidung, von wegen: „Frauen können mir ab jetzt gestohlen bleiben“…?“

„Genau.“, antwortet Michal schmunzelnd.

„Und sie hat’s gewagt mir diesen Grundsatz zu brechen.“

Alexander räuspert sich und nickt hinüber zur Tür, wo Frau Kleist gerade erscheint.

Michael dreht sich zu ihr herum und Alexander geht auf sie zu, um ihr die Hand zu reichen.

„Guten Morgen, Frau Kleist.“, begrüßt er sie.

„Guten Morgen, Herr Humboldt. Haben Sie…Wo ist Heinrich?“

Alexander sieht kurz zu Michael, bevor er antwortet: „Er hat uns darum gebeten, dass er zuhause bleiben kann. Es sind wohl ein wenig die Nerven, aber das geht auch ohne ihn für die erste Verhandlung, Michael hat das mit dem Gericht abgeklärt.“

Frau Kleist nickt betreten.

„Juliane“, sagt Michael sanft und sieht sie eindringlich an. „Sie sind trotzdem nicht alleine.“

Sie nickt und ein kleines Lächeln legt sich auf ihre Lippen.
 

Alexander war noch nie vor Gericht, aber es läuft genau so ab, wie man es aus diesen Fernsehsendungen kennt.

Er muss draußen bleiben, nur Herr und Frau Kleist haben gemeinsam mit ihren Anwälten den Saal betreten.

Als Alexander also auf einer der Stühle im Flur sitzt und es ihm nach zwanzig Minuten langweilig wird, nimmt er sein Handy heraus.

- Schon wach?

Es dauert nicht lange, bis Heinrich zurück schreibt.

- Lieg noch im bett. Warst du schon dran?

- Nein

- Ist er da?

Alexander weiß sofort, wen Heinrich meint.

- Natürlich

- Wie gehts mutter?

- Gut. Ich glaub du hattest recht mit michael

- ;)

Alexander muss schmunzeln. Er schaut sich kurz um, wo der Lautsprecher ist, durch den man ihn aufrufen wird, da bemerkt er, dass ihm gegenüber auf der anderen Seite des Flurs ein junger blonder Mann Platz genommen hat.

Noch ein Zeuge? Aber doch nicht in ihrem Fall, oder? Bevor Alexander sich erklären kann, was der Mann hier will, vibriert sein Handy wieder.

- Musst du rein?

- Noch nicht. Was machst du?

- Lieg noch im bett. Auf deiner seite

Alexander schleicht sich ein Grinsen aufs Gesicht.

- Schade dass ich nicht bei dir sein kann

- Extrem schade
 

Es ist eine weitere halbe Stunde vergangen, bis Alexander in den Zeugenstand gerufen wird.

Sein Blick fällt zuerst auf Herrn Kleist, der neben einem älteren, bebrillten Mann sitzt, der Alexander gleich mit einem unfreundlichen Blick begrüßt. Erst als er schon am kleinen Tisch vor dem Richter Platz nehmen will, bemerkt er Michael und Frau Kleist, die neben ihm sitzt; die beiden schauen irgendwie noch halb entsetzt aus. Das verunsichert ihn.

„Guten Tag.“, spricht ihn der Richter an, ein älterer Mann mit weißem Oberlippenbart und lichtem Haar.

Alexander grüßt zurück.

„Sie sind Herr Alexander Humboldt.“

„Ja.“

„Sie sind achtunddreißig Jahre alt, wohnhaft hier in der Stadt, ledig.“

„Ja.“

„Mit dem Angeklagten sind Sie weder verwandt noch verschwägert.“

Alexander verneint.

„Sie sind Nebenkläger in diesem Verfahren. Am Besten wir fangen damit an, dass Sie uns die Ereignisse vom Tatabend einmal aus Ihrer Sicht schildern.“

„Gerne.“, fängt Alexander an und versucht sich nicht von der seltsamen Stimmung im Gerichtssaal verwirren zu lassen.

Detailgetreu schildert er also die Geschehnisse, angefangen von dem Brief des Vaters, den Heinrich ihm in der Universität überreicht hat, bis hin zu der Stelle, an der er wieder in seinen Wagen gestiegen ist und zu Heinrich ins Krankenhaus gefahren ist.

Der Richter nickt langsam, sucht Blickkontakt mit seinen Schöffen, dem Schreiber.

Es herrscht Stille im Saal.

„Danke, wir haben keine weiteren Fragen an Sie. Herr Haas?“

Erwartungsvoll sieht Alexander zu Michael, der sich erst räuspern muss.

„Ja, nur…Haben Sie die Wahrheit gesagt?“

Alexander versucht nicht allzu verwundert dreinzuschauen.

„Ja“, antwortet er, „Natürlich.“

Wieder nickt der Richter, nicht als ob er ihm zustimmt, sondern als ob er signalisieren wollte, dass er seine Antwort verstanden habe.

„Haben Sie, Herr Brünning, noch Fragen an den Zeugen?“

„Ja, einige.“, entgegnet der unfreundlich wirkende Mann, dem sich Alexander nun zuwendet.

„Herr Alexander Humboldt“, fängt Kleists Anwalt an, mit einem unsympathischen Grinsen auf dem Gesicht.

„Sie sind also schwul.“

Alexander unterdrückt ein Lachen, schnaubt nur unmerklich und hebt einen Mundwinkel. Natürlich. Mit solchen Fragen hat er gerechnet.

„Ja, bin ich. Aber ich denke, hier vor Gericht ist das Wort „homosexuell“ angebrachter, Herr Anwalt, das müssten Sie doch eigentlich wissen.“

Der Mann geht auf diese Anschuldigung leider nicht ein, sondern behält sein Grinsen bei.

„Hatten Sie zu dem Zeitpunkt des hier zu verhandelnden Vorfalls eine feste Beziehung?“

„Nein.“

„Würden Sie uns bitte über die Gestaltung Ihrer Wochenenden aufklären?“

„Einspruch!“, kommt es da von Michael, wie Alexander findet nur zu Recht.

„Ja?“, fragt der Richter.

„Ich sehe nicht“, fängt Michael leicht gereizt an, „was das hier zu unserer Verhandlung beitragen könnte.“

„Einiges, Herr Kollege“, entgegnet Brünning mit fester Stimme, „Das wissen Sie doch bereits.“

„Aber Herr Humboldt weiß es nicht.“, kontert Michael.

„Einspruch stattgegeben.“, beschließt der Richter.

„Klären Sie bitte zuerst den Zeugen auf.“

„Nun“, beginnt Brünning und ignoriert die Blicke, die auf ihm ruhen, während er nur Alexander ansieht.

„Stimmt es nicht, dass Sie regelmäßig nach Berlin gefahren sind, um sich dort in Clubs Männer für eine Nacht zu suchen, mit denen Sie dann Ihre Bedürfnisse befriedigen konnten?“

Alexander lacht bitter auf.

„Herr Richter“, meint er.

„Würden Sie gnädigerweise etwas gegen diese Unverschämtheit unternehmen?“

Der Richter sieht Brünning mahnend an, dann wendet er sich wieder Alexander zu.

„Beantworten Sie seine Frage, er wird sie nächstes Mal angebrachter formulieren.“

Alexander legt seine Hände flach auf den Tisch, um sich zu beruhigen, ehe er mit einem lang gedehnten „Jaah“ antwortet.

„So“, gibt Brünning triumphierend von sich.

„Und wissen Sie was, Herr Humboldt? Irgendwann haben Ihnen Ihre Männer aus Berlin nicht mehr gereicht. Sie wollten Ihren Studenten, den Sohn meines Mandanten!“

Sprachlos starrt Alexander den Mann an, blickt hinüber zu Michael. Jetzt weiß er, wieso der so niedergeschlagen aussieht. Sag bloß, das ist das Gegenplädoyer dieses verdammten Kleists?!?

Bevor Alexander etwas sagen kann – er ist noch zu überfordert – redet Brünning weiter auf ihn ein.

„Schon eine Woche vor dem Vorfall haben Sie sich, als Herr Kleist nicht zuhause war!, in das Zimmer seines Sohnes Einlass verschafft. Nur der arme Junge weiß, was Sie ihm da angetan haben.“

„Nichts! Ich habe– “

„Ruhe!“

„Herr, Richter– !“

„Schweigen Sie.“

„Und während meinem Mandanten hier eine Misshandlung seines Sohnes angedichtet wird, war er es, der seinen Sohn vor einem brutalen Vergewaltiger gerettet hat!“

„Was…?!“

„Sie waren es, Herr Humboldt, der den Jungen so zugerichtet hat!“

„Das sind doch Lügen! – Herr Richter, bitte. Darf ich dazu etwas sagen?“

„Bitte.“

Alexander atmet erleichtert aus. „Ich möchte klarstellen, dass ich bei meiner Schilderung der Tatsachen bleibe: Ich habe Heinrich nicht geschlagen, ich wollte ihn nicht vergewaltigen und ich habe ihn lediglich vor seinem verrückt gewordenen Vater beschützt.“

„Seltsam“, meldet sich Brünning wieder zu Wort.

„Dabei ist es doch schon einmal vorgekommen, dass Sie handgreiflich wurden, als einer Ihrer Objekte der Befriedigung nicht spurte.“

Alexander sieht den Mann skeptisch an.

„Was für ein Märchen haben Sie sich denn jetzt schon wieder ausgedacht?“, meint er.

Doch Brünning wendet sich dem Richter zu.

„Ich versichere Ihnen, Herr Richter, es handelt sich hierbei beileibe nicht um Märchen. Ich möchte gerne einen Zeugen aufrufen.“

Da schlägt die Erkenntnis bei Alexander plötzlich ein. Ein weiterer Zeuge! Der Blonde aus dem Flur! – Der Blonde aus Berlin!

„Du bist so was von armselig…“ […] „Mann! Da hab ich gedacht, ich bin endlich mal einem gutaussehenden, verantwortungsbewussten, reichen Typen begegnet, und dann ist das wieder nur so ein perverser Säufer, der sich in Eigenmitleid ertränkt!“ […] „Hau ab, wenn’s dir nich passt…“

„Herr Humboldt. Würden Sie bitte dort hinten Platz nehmen?, ich wiederhole mich nur ungern.“

Völlig perplex steht Alexander auf und setzt sich auf einen der Stühle in der ersten Reihe.

Das darf doch nicht wahr sein. Das darf doch alles nicht wahr sein…!
 

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Jaaa, ich weiß…einige haben wohl mit so was nicht gerechnet, aber wir brauchen doch ein bissl Drama, don’t we? XP
 

Ich entschuldige mich übrigens, falls das mit dem Gericht nicht so plausibel wirkt – wobei ich zu meiner Verteidigung sagen muss: Ich WAR schon zweimal in einer Verhandlung! Nur sind die Richter da beide Male total anders vorgegangen. Und haben mich verwirrt. Nuja ^^'
 

Zukünftige Adult-Kapitel wird’s auch als non-adult geben, da so gewünscht :)

Heinrich streckt sich gähnend. Jetzt ist er doch wieder eingeschlafen.

Aber sobald er aufsteht, muss er an die Verhandlung denken und an Alex und an seinen Vater und daran, dass alles schief gehen kann und…

Seufzend fährt er sich übers Gesicht, rutscht hinüber zum Bettrand.

Er wuschelt sich durch die Haare, als er sich barfuß auf den Weg in die Küche macht. Wenn Alex ihn so sehen würde, nur in einem seiner großen T-Shirts mit nichts drunter…
 

„Ja.“

Alexander beißt sich auf die Unterlippe. Nein. Er darf nicht ausrasten. Nicht hier. Nicht jetzt.

„Er…“

Der Blonde zittert und seine Stimme klingt brüchig. Ein viel zu guter Schauspieler.

„Er hat mich aufs Bett geschmissen, mit dem Gesicht auf die Matratze und…ich hab versucht mich umzudrehen, mich zu wehren, aber…“

Der junge Mann zieht dramatisch die Nase hoch.

„Er hat mich an den Haaren gepackt und – ich weiß nicht mehr, wo er mich überall geschlagen hat, oder m-mit was, jedenfalls hat…hat er mir dann die Hose runtergerissen und…“

Alexander schließt die Augen und reibt sich die Stirn. Er weiß nicht, ob der Richter ihn beobachtet, seine Reaktionen, aber er weiß auch nicht, wie man hier reagieren sollte, um deutlich zu machen, dass das der größte Stuss ist, den der Typ da von sich gibt.

Er schaut hinüber zu Michael, doch der ist damit beschäftigt, Frau Kleist zu beruhigen, die anscheinend immer mehr in Panik ausbricht.

Während der Blonde mittlerweile an der Stelle angekommen ist, an der Alexander ihn angeblich im Hotelzimmer eingeschlossen hat, um sich dann später noch einmal an ihm zu vergehen, überlegt er, wie Kleist und sein Anwalt das Ganze durchbringen wollen? Man muss doch nur zum zweiten Verhandlungstermin Heinrich befragen und…!
 

Seufzend steckt Heinrich das Handy weg. Nichts. Keine neue Nachricht von Alex.

Ob er den Fernseher anmachen soll, um sich abzulenken? Ob er den Schwulenporno…?

Er lässt beinahe sein Marmeladenbrot fallen, als es an der Tür klingelt.

Erstaunt schaut er auf die Uhr. Sag bloß, Alex ist schon wieder zurück?!

Freudig lässt er alles stehen und liegen und springt zur Tür. Jetzt kann er ihn ja doch noch in seinem T-Shirt sehen…!

„Alex, du – oh, ähm…kann ich Ihnen helfen?“

„Ja, du kannst uns beiden sagen, ob wir hier richtig bei Humboldt sind.“

„Äh, ja. Er ist im Moment aber nicht da, soll ich– “

„Das wissen wir. Du bist dann Heinrich, nehm ich an, hm…?“
 

Alexander schüttelt den Kopf, als der Blonde sich das Shirt auszieht.

„Ja…, das sind schon beachtliche Verletzungen.“, meint der Richter.

„Was sagen Sie dazu, Herr Humboldt?“

Alexander versucht ruhig zu klingen, als er antwortet, versucht die Bitterkeit in seiner Stimme zu verdrängen.

„Ich weiß nicht, wer ihm die zugefügt hat, ich war es sicherlich nicht.“

„Herr Richter.“, meldet sich endlich Michael zu Wort.

„Bitte, Herr Haas.“

„Ich will jetzt ja gar nicht über Bestechung oder Falschaussage diskutieren, aber bereiten wir dem schlechten Schauspiel ein schnelles Ende: Ich frage mich, wie der Herr Verteidiger sich das erklären will, dass Heinrich Kleist bei meinem Mandanten wohnt, obwohl der ihn ja, wie Sie behaupten, vergewaltigt haben soll?“

Alexander nickt zustimmend. Endlich ein Lichtblick.

Doch Brünning scheint keineswegs verunsichert, stattdessen antwortet er mit einem überheblichen Lächeln.

„Der Sohn meines Mandanten ist psychisch labil, er ist schwach, er sieht keinen Ausweg mehr, seit sein Vater im Gefängnis ist, deshalb lässt er das alles mit sich geschehen. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was ihm in dieser Wohnung jeden Tag widerfährt.“

Alexander sieht zu Michael, der ihm die Antwort abnimmt: „Wie gedenken Sie das zu beweisen, Herr Verteidiger?“

Ein sehr zufriedenes Lächeln legt sich auf Brünnings Gesicht, als wenn er gerade auf diese Frage gewartet hätte.

„Ich beauftrage hiermit eine Durchsuchung in der Wohnung des Herrn Humboldts und ein ärztliches Gutachten über den Gesundheitszustand des Jungen.“

Verwirrt sieht Alexander zu Michael, der starrt genauso verwirrt zurück. Eine Wohnungsdurchsuchung?! Was wollen die da finden?!? Und Heinrich wurde, seit sein Vater in Haft ist, nicht mehr geschlagen, es müsste –

Brünning grinst siegessicher, Kleist regt keine Miene.

Alexander springt entsetzt auf.

„Oh, mein Gott, das – das kann nicht Ihr Ernst sein…Sie…!“
 

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…Ich kommentiere mal nicht, sondern versteck mich nur irgendwo… ^^'

Alexander reißt einen Stuhl fast um, als er aus dem Saal stürmt; ihm ist es scheißegal, was ihm der Richter da grade androht, er will nur zu Heinrich!

Wenn dieses Arschloch seinem Kleinen auch nur ein Haar gekrümmt hat, auch nur…! –

„H-Heinrich?!“

Alexander hätte den Polizisten am Ausgang fast umgerannt, der vor Heinrich das Gerichtsgebäude betritt.

Unbeschreiblich erleichtert sieht Alexander den Jungen an.

„Heinrich, ist alles in Ordnung? Was…was machst du hier? Was ist mit deiner Lippe, wieso…ein Polizist?“

Sein Freund, der ungewöhnlicherweise in Jogginghose und Alexanders Trainingsjacke gekleidet ist, weicht seinem Blick aus.

„Wo ist der Verhandlungsraum?“

Alexander ist so verwirrt, dass er einfach antwortet.

Als Heinrich ohne ein weiteres Wort an ihm vorbeiläuft, kann er ihm nur folgen.

Alexander weiß nicht genau, was es ist, aber er vermutet es ist der gefühlslose Blick in Heinrichs Augen, der ihm gerade die Kehle zuschnürt, sodass er nicht weiter nachfragen kann.

Heinrich starrt stur geradeaus, als er den Gerichtssaal betritt.

„Darf ich fragen, wer Sie sind?“, fragt der Richter etwas irritiert, als er auf dem Stuhl Platz nimmt, auf dem kurz zuvor noch der Blonde aus Berlin saß.

„Ich bin Heinrich Kleist. Und ich möchte eine Aussage machen, die den Anwalt meines Vaters belasten wird.“

Ein Raunen geht durch den Saal, und Brünning zieht beide Augenbrauen hoch. Alexander setzt sich leicht benommen auf seinen Platz.

„Dann…“, fängt der Richter an.

„Sie hatten darum gebeten, erst am zweiten Verhandlungstag auszusagen?“

„Ja, aber ich möchte jetzt aussagen.“, antwortet Heinrich bestimmt und legt seine Hände auf dem Tisch vor sich ab.

Alexander ist erstaunt; sie zittern kein bisschen.

„Sie sind also Heinrich Kleist, zwanzig Jahre alt, ledig, wohnhaft…bei Herrn Humboldt, stimmt das?“

„Ja.“

„Und der Angeklagte ist Ihr Vater.“

„Ja.“

Der Richter schaut kurz hinüber zum Polizisten, der Heinrich in den Saal begleitet hat, bevor er sich wieder an den Jungen wendet.

„Was wollen Sie uns erzählen, Herr Kleist?“

Heinrich fährt mit den Fingern seiner rechten Hand das Muster des Holzes nach und holt kurz Luft, als wäre es jetzt das Nebensächlichste der Welt, was er zu berichten hat.

„Es war elf Uhr dreiundvierzig, als es heute Morgen an der Wohnungstür geklingelt hat. Da ich dachte, dass es Herr Humboldt war, öffnete ich…“ Heinrich nickt kurz, wie um sich selbst zu bestätigen, dass es richtig ist, was er tut, „nur in einem T-Shirt, das ihm gehört. Aber es war nicht er, sondern es waren zwei fremde Männer, zwei große kräftige Männer. Sie wollten wissen, ob sie richtig bei Humboldt seien, ich bejahte, dann müsste ich ja Heinrich sein. Die beiden zwängten sich trotz meiner Verbote in die Wohnung, wie hätte ich ihnen auch Widerstand leisten sollen, schauen Sie mich an, egal, jedenfalls haben sie, verzeihen Sie, dass ich die Reihenfolge nicht mehr weiß; sie haben die Wohnung ein wenig verwüstet, haben mich ins Schlafzimmer gezerrt; während der eine mich geschlagen hat, hat der andere meine Kleider überall verstreut, dann haben sie“ Heinrich macht eine kleine Pause, in der er seine Hände vom Tisch nimmt und in seinen Schoß legt, „Dann haben sie das Blut von meiner aufgeschlagenen Lippe ans T-Shirt geschmiert und an meinen Bauch und, ja, keine Ahnung, sie haben das T-Shirt ein wenig zerrissen, lagen dann beide fast auf mir; jedenfalls hat dann der eine gemeint, es müsse authentisch aussehen, ich sei ja schließlich ein mehrfaches Vergewaltigungsopfer, worauf der andere angefangen hat, sich die Hose aufzumachen.“

Hier endet Heinrich und schaut das erste Mal zum Richter auf.

Der Saal ist ruhig, nur Frau Kleist, ihre Hände fest in Michaels, weint stumme Tränen, während man Alexander deutlich schluchzen hört. Verzweifelt presst er sich seine Hände aufs Gesicht. Noch nie hat er derartige Schmerzen gespürt, nicht als er über glühende Lava gerannt ist, nicht als er diesen Graben hinabgestürzt ist – Verdammt, man hat ihm das Herz aus der Brust gerissen!

„Herr Richter.“, fängt Heinrich wieder an, mit dieser verflucht monotonen und gefühlslosen Stimme.

„Sie werden das Blut an mir finden und die Schürfwunden der Schläge und auch die Druckstellen an meinen Handgelenken und Oberschenkeln. Aber all das ist nicht – ist nicht von Herrn Humboldt, sondern von den zwei Männern, die die Polizei festgenommen hat.“

Der Richter schaut hinüber zum Polizisten, der einen Schritt nach vorne macht.

„Ja, Herr Richter, eine ältere Frau aus dem Erdgeschoss hat uns gerufen, da sie die zwei Männer beobachtet hat, wie sie nach oben gingen. Sie hat uns dazu genötigt, in die Wohnung einzubrechen, und da haben wir die Situation so vorgefunden, wie der junge Mann seine Schilderung beendet hat. Wir konnten eine Vergewaltigung also gerade noch verhindern.“

Der Richter nickt. Er sucht Blickkontakt mit seinen Schöffen, schließlich wendet er sich Brünning zu, dem sein fieses Lächeln vergangen ist.

„Herr Verteidiger…“, beginnt er.

„Nun sieht es doch so aus, als wenn die Anklage von Anfang an die Wahrheit gesagt hat, und Sie, obwohl Sie – oder gerade weil Sie von der Schuld Ihres Mandanten überzeugt sind, uns hier Lügen aufgetischt haben, einen Zeugen zur Falschaussage bestochen haben, und um ihre Argumentation zu untermauern, zwei Männer auf den jungen Herrn Kleist losgehetzt haben, um ihm „authentische“ Verletzungen zuzufügen. Bedenkt man, dass Sie ein Rechtsanwalt sind, Herr Brünning, sind das schon ungeheuerliche Entwicklungen. Was sagen Sie dazu?“

Brünning atmet geräuschvoll aus, bevor er den Kopf schüttelt. Langsam schleicht sich wieder ein Lachen auf seine Lippen.

„Nein, nein, so einfach hängen Sie mir das ni– “

„Du verdammtes Arschloch!“

Alexander schreckt auf.

Ja. Das hätte er Brünning gerade gerne an den Kopf geworfen, und ja, er hätte ihm gerne eine reingehauen, genau so. Aber er ist es nicht, der von seinem Stuhl aufgesprungen ist.

Es ist Herr Kleist.

„Du solltest mich hier rausholen, damit ich wieder auf meinen Sohn acht geben kann, und nicht diese Scheißkerle auf ihn loslassen!“

„Herr Kleist…!“

„Das verzeih ich dir nicht, was du ihm angetan hast, du Dreckskerl! Ich darf ihn züchtigen, wenn es nötig ist, aber niemand – niemand fasst so meinen Sohn an, hast du gehört?!“

Schwer atmend starrt Kleist den am Boden liegenden Brünning an; er kann nur mit Mühe von dem Polizisten zurückgehalten werden.

„Davor wollte ich ihn bewahren, davor, vor solchen Schweinen! Deshalb hab ich ihn geschlagen, nur deshalb!“

Noch während der Schreiber das Geständnis notiert, rollen Kleist die ersten Tränen die glühenden Wangen hinab, Brünning will nicht mehr vom Boden aufstehen, Michael nimmt Frau Kleist fest in den Arm, und Alexander sieht weinend zu Heinrich hinüber, zu dem jungen Mann, der bis heute Morgen noch sein ein und alles war, und der jetzt ohne eine Gefühlsregung zu zeigen dasitzt und mit leeren Augen in die Ferne starrt.
 

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Achjeh, ich muss mich bei euch entschuldigen >/////<

Ich hab Heinrich doch auch lieb und er tut mir Leid, da er immer fürs Drama herhalten muss…!

Alex tut mir hier übrigens auch grad leid, aber da müssen sie durch^^
 

Ansonsten bin ich auf eure Kommis gespannt :3

Es ist Wochenende. Der zurückliegende Gerichtstermin ist nun fast eine Woche her. Ein weiterer Tag, an dem Alexander alleine in seinem Bett aufwacht.

Heinrich schläft seit besagtem Montag wieder im Arbeitszimmer, Alexander versucht so gut es geht, ihm den Freiraum zu lassen. Am Dienstag hat er ihn nachts weinen gehört, aber als er nachschauen gegangen ist, hat Heinrich ganz panisch reagiert und ihn angeschrieen. Jetzt zieht er sich immer nur die Decke über den Kopf, wenn er wieder das Schluchzen hört. Er selbst weint schon seit der ersten Nacht nicht mehr. Er sieht keinen Sinn darin.

Gefühlte tausendmal hat Alexander dieses Gespräch mit seinem Bruder geführt: Was kann man machen? Eine Psychologin? Er weigert sich. Sicher braucht er nur Zeit.

„Ich hatte ihn…ich hatte ihn da rausgeholt, Wilhelm. Ich hatte die Schnecke aus ihrem Schneckenhaus, aber dann…dann hat ihr jemand an die Fühler gestupst und…jetzt hat sie sich wieder verkrochen…“

Es ist nicht so, als wenn Heinrich sich in seinem Zimmer verschanzen würde. Nein, er geht noch zur Uni – dass er da keinen Kontakt zu irgendwem hat, ist leider ja nichts Neues, aber er redet nicht mehr mit Alexander, nicht mehr viel jedenfalls, und schon gar nicht lässt er sich anfassen.

„Ich hab Spaghetti gemacht, kommst du, Heinrich?“

Ausdruckslos sah der Junge von seinen Unterlagen auf.

„Kein Hunger.“, sagte er tonlos, bevor er sich seinen Büchern wieder zugewendet hat.

„Aber du musst doch was essen.“, versuchte es Alexander, doch er bekam keine Antwort.

Schließlich hat er ihm einfach den Teller neben auf den Schreibtisch gestellt. Als er ihn später wieder abgeholt hat, war er leer. Alexander sah das als kleinen Lichtblick.

Es ist Abend und der Professor sitzt vor dem Fernseher. Eigentlich sollte er die Lesung für Montag vorbereiten, aber ihm fehlt die Motivation dazu. Er schaut einen Indiana Jones und hofft, dass Heinrich aus seinem Zimmer kommt und sich zu ihm setzt. Aber seine Hoffnungen werden enttäuscht; er muss spät nachts ins Bett gehen ohne den Kleinen zu Gesicht bekommen zu haben.

Am Sonntagmorgen wird Alexander durch Geräusche im Flur geweckt. Es ist ungewöhnlich, dass Heinrich so früh wach ist, besser gesagt, sein Zimmer verlässt.

Schnell hebt sich Alexander aus dem Bett, er zieht sich noch an, da er das irgendwie rücksichtvoll Heinrich gegenüber findet, und öffnet seine Schlafzimmertür.

„Heinrich?“

Alexander hört es hinter sich Rumpeln und dreht sich um.

Mit weiten Augen starrt er seinen Studenten an, der seine Jacke an hat, einen Rucksack auf und einen gepackten Koffer neben sich.

Es dauert einige Sekunden, bevor Alexander begreift.

„N-nein, du kannst doch nicht…!“, stammelt er, in seiner Brustgegend zieht sich alles zusammen.

„Es ist die einzig logische Konsequenz.“, meint Heinrich hingegen ohne eine Miene zu verziehen.

„W-wieso?!?“, fragt Alexander, nicht laut, nur verzweifelt, und getraut sich nicht, einen Schritt auf den anderen zuzumachen.

„Aus dem einfachen Grund, da ich meinen Part in unserer Beziehung nicht mehr erfüllen kann.“

Alexander blickt ihn verwirrt an, und Heinrich schaut hinab auf seine Hand, die nach dem Koffer greift.

„Ich sehe mich nicht mehr dazu imstande, mich von dir berühren zu lassen. Das ist nicht die Form der Päderastie, die wir ausgemacht hatten.“

Alexander schüttelt hektisch den Kopf.

„Nein. Nein! Heinrich, ich – du hast Recht, ich hätte es viel lieber, wenn ich dir nah sein könnte, aber es geht mir doch nicht um den Sex!“

Als der Junge bei diesen Worten zurückweicht, macht Alexander einen Schritt auf ihn zu.

„Ich hab Gefühle für dich, Heinrich, die ich…die ich noch nie einem Mann gegenüber hatte. Du bedeutest mir so viel und…ich würde alles für dich tun, ich würde – das klingt unheimlich kitschig, aber ich würde mein Leben dafür aufs Spiel setzen, dass du glücklich bist und bei mir bleiben kannst! Tu mir das nicht an und geh, Heinrich, bitte. Ich…ich liebe dich doch.“

Erschrocken über seine eigenen Worte steht Alexander im Flur, sieht Heinrich mit angsterfülltem Blick an. Hoffentlich hat er ihn damit nicht ganz verstoßen! Bitte nicht! Er muss doch bleiben…!

Plötzlich sackt der Junge in sich zusammen und kauert sich weinend auf den Boden.

„H-Heinrich…!“

Besorgt stürzt Alexander zu ihm, und als er schon befürchtet, etwas falsch zu machen, indem er ihm eine Hand auf den Rücken legt, packt ihn Heinrich und wirft sich ihm an die Brust.

Schluchzend krallt sich der Kleine an ihm fest, und Alexander legt ganz vorsichtig seine Arme um ihn.

Langsam beruhigt sich der zitternde Körper und Heinrich hört auf zu weinen.

„E-“, er muss schlucken, „Es tut mir so Leid.“

„Nichts muss dir Leid tun.“, flüstert Alexander.

„Ich war egoistisch, ich– “

„Das ist nur verständlich, Heinrich. Es ist in Ordnung, wenn du nur weißt, dass ich dir helfen will.“

„Ja.“, bringt der Kleine heraus, seine letzte Träne versickert in Alexanders T-Shirt.

„Ich liebe dich.“, wiederholt der und ist vollkommen einverstanden damit, dass Heinrich diese Nacht wieder im Arbeitszimmer schläft, solange er morgen nur mit ihm Frühstückt.
 

Auch Mitte der Woche sitzt Alexander lächelnd am Frühstückstisch.

Heinrich hat ihn heute Morgen mit einer Umarmung begrüßt, und an der Uni reden sie hin und wieder nach Vorlesungen miteinander.

Und er hat einen Plan.

„Heinrich.“, sagt er sanft über den Küchentisch hinweg.

Der Jüngere schaut fragend zu ihm auf.

„Schau mal, was ich hier hab.“, meint Alexander und hebt seinem Freund ein Schreiben entgegen.

„E-eine Bescheinigung von meiner Krankenkasse…?!“

„Mhm. Damit bist du bis auf weiteres freigestellt. Du darfst deine Examina nächstes Jahr machen und hast bis zum Jahresende Urlaub.“

„A-Aber…!“, stammelt Heinrich voller Unverständnis und Besorgnis.

„Ich brauch doch Ablenkung und – das kannst du nicht machen, ich brauch Beschäftigung, ich…sonst…“

Alexander nimmt sanft die kleineren Hände in seine und sieht den Jungen lächelnd an.

„Deshalb werden wir beide zusammen verreisen.“

Heinrichs Augen weiten sich.

„W-wo – “

„Nach Südamerika. Weg von den ganzen Menschen. Nur wir beide und ein paar Moskitos. Was hältst du davon?“

Heinrich antwortet nicht. Unschlüssig sieht er den anderen an.

Alexander merkt, wie er selbst nervöser wird. Die ganze Zeit während seiner Planung hat ihn immer wieder die Angst überkommen, dass Heinrich nein sagen würde. Nein.

Bitte nicht.

„I-ich weiß nicht, das…das hört sich verrückt an.“

„Das tut es, aber du weißt doch, dass ich schon mal in Brasilien war, im Regenwald, und in Peru und – Dir wird nichts passieren, ich will nur, dass du mal…frei von allem sein kannst.“

Langsam legt sich ein Lächeln auf Heinrichs Lippen.

„Gut.“, sagt er leise.

„Wenn du dir schon solche Mühe gemacht hast…“

„Danke.“, bringt Alexander erleichtert heraus und zieht Heinrichs Hände ein wenig zu sich, um sie sanft zu küssen.

„Du wirst es nicht bereuen.“
 

„Nein, ich bin nicht verrückt geworden.“

„Aber, Alexander, so was muss man durchplanen, dazu braucht man Zeit! Weißt du überhaupt, ob der Junge geimpft ist gegen das Zeug, das man sich da überall einfangen kann?!“

„Ich bin nicht dumm, Wilhelm, ich weiß, was ich tu. Wenn ich dich dran erinnern darf: Das ist nicht die erste Reise, die ich dorthin unternehm, ich weiß, was auf uns zukommt. Und welche Vorkehrungen man im Vorfeld treffen muss.“

„Das heißt, ihr geht zum Arzt?“

Alexander seufzt.

„Du machst dir wieder viel zu viele Sorgen um mich. Ich weiß, wieso ich dir eigentlich nicht bescheid sagen würde, wollte ich dich nicht noch um diesen kleinen Gefallen bitten.“

„Kleiner Gefallen?!?“, wiederholt Wilhelm entrüstet.

„Du Untertreibst! Aber gewaltig! Weißt du, was mich das für Unmuss kosten wird?! Mindestens drei Tage gehen schon mal drauf, nur um diese beschissene Farbe aufzutreiben!“

„Nicht „beschissen“, Wilhelm, gut dass wir noch mal drüber sprechen, da hast du wohl was falsch verstanden: orange will ich haben, ein helles, freundliches Orange.“

„Jaja, ist gut.“

Alexander muss schmunzeln. Niemals würde es Wilhelm zugeben, aber er macht sich wirklich Sorgen um ihn.

„Dann…macht’s gut.“

„Werden wir.“

„Und meld dich mal.“

„Wird schwierig. Kein Netz.“

„WENN du wieder Netz hast!“

„Ja, natürlich. Halt Eggebrecht schön auf Trab, ja?“

„Hm. Bis dann.“

„Tschüss, Gruß an meine Schwägerin.“

„Gruß an meinen…ohmeinGott, ich sag es NICHT!“

Lachend legt Alexander auf.

Mit einem Grinsen auf dem Gesicht läuft er ins Wohnzimmer, wo Heinrich seinen Koffer packt.

„Gruß von meinem Bruder.“, sagt er und fährt seinem Freund kurz durch die Haare.
 

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Sot. Hier beginnt also sozusagen ein neuer Abschnitt in ihrer Beziehung :3

d.h. das Käthchen hat keine Ahnung, was in/nach Amerika noch alles passieren wird^^
 

Aber an dieser Stelle will ich mich mal bei meinen treuen Lesern bedanken!!! X3

Ich hoff doch, ihr kommentiert weiter so fleißig ;)

Ich würd mich auch sehr darüber freuen, wenn der ein oder andere, der sich bis jetzt noch nicht gemeldet hat, auch hin und wieder einen Kommi dalässt :)

„Das sieht so wenig aus. Haben wir auch nicht was vergessen?“

Alexander muss schmunzeln, als er den Motor startet und Heinrich sich neben ihm anschnallt.

„Wir haben eher zu viel dabei. Ich möcht dich nach den ersten zehn Kilometern Fußmarsch hören, wenn du mit deinem riesigen Rucksack fast zusammenbrichst.“

Heinrich legt sich eine Hand an die Wange und sieht aus dem Fenster.

„Bin halt nicht so kräftig.“, murmelt er.

„Und das ist vollkommen in Ordnung.“, entgegnet Alexander sofort.

Heinrich kann sich irgendwie gar nicht so recht freuen, dass es nach Berlin geht. Sie fahren ja nur bis zum Flughafen, und dann sieht er es nur aus dem Auto und nur kurz von oben, und eigentlich hat er momentan gar nicht die Nerven für so was.

„Alex, das Schild da eben hat angezeigt: Flughafen nach rechts abbiegen.“

„Ich weiß.“

„Wieso fahren wir dann geradeaus weiter?“

Alexander muss grinsen.

„Wir besuchen noch kurz einen alten Freund von mir.“

Fragend sieht Heinrich den Älteren an.

„Bonpland. Wir waren zusammen in Amerika.“

„Ah.“ Heinrich wendet sich wieder ab und sieht aus dem Fenster, bis der Wagen in einer engen Straße hält.

„Wir sind da.“, verkündet Alexander und schnallt sich ab.

„Kommst du, Heinrich?“

Der Junge antwortet nicht, sondern steigt einfach aus.

Beide schauen sie sich zwischen den Häuserblocks um.

„Das ist Berlin?“, gibt Heinrich wenig begeistert von sich.

„Eines der vielen Gesichter, ja.“, antwortet Alexander und läuft voran zu einem der Hauseingänge mit den tausend Klingeln.

Es dauert etwas, bis er die richtige gefunden hat, aber wenigstens stimmt die Adresse noch, denn er ist schon bestimmt zwei Jahre nicht mehr hier gewesen.

„Ja?“, kommt es aus der Anlage.

Auf Alexanders Gesicht legt sich ein Grinsen. Er erkennt die Stimme sofort wieder.

„Humboldt hier, dein Mitstreiter aus Amerika.“

Es ist eine Weile still, dann kommt noch ein „Das darf doch nicht…!“ aus dem Lautsprecher, bevor der Summer ertönt und Alexander die Tür öffnen kann.

Zusammen mit Heinrich erreicht er gerade den ersten Stock, als ihnen ein kräftiger Mann mit dunklen Locken und Dreitagebart im weißen Unterhemd entgegenkommt und sich Alexander um den Hals wirft.

„’umboldt, mon ami! Was für eine Überraschung! Ich kann’s gar nicht glauben!“

„Schrecklich, Bonpland, du hast dich kein bisschen verändert.“, lacht Alexander.

„Aber du bist alt geworden.“

„Hey, pass auf, was du sagst!“

Als Bonpland seine Augen von Alexander nimmt, entdeckt er Heinrich, der etwas missmutig an der Wand steht.

„O’, wen ’ast du mir denn da mitgebracht?“, fragt der Franzose mit einem Grinsen, das Heinrich nicht so recht gefallen will.

„Das ist Heinrich.“, antwortet Alexander und legt seinem Freund eine Hand auf die Schulter.

„Wir gehen zusammen nach Amerika.“

Für einen Augenblick sieht Bonpland ziemlich überrascht aus.

„Deshalb bin ich auch hier.“, ergänzt Alexander.

Sofort ist das Lächeln wieder zurück auf dem Gesicht des Franzosen, „Dann kommt mit, kommt mit nach oben, ihr beiden!“, und er scheucht seine Gäste die Treppen hinauf.
 

Die Wohnung ist ziemlich unordentlich und klein, aber nicht dreckig oder ungemütlich.

Heinrich und Alexander nehmen auf einem alten Ledersofa Platz, während Bonpland zwei Flaschen Bier und eine Coladose aus dem Kühlschrank holt.

„Ihr zwei geht also zusammen nach Amerika.“, sagt Bonpland, als er sich gegenüber in den Sessel gesetzt hat, und reicht Alexander das Bier, Heinrich die Cola.

„Ja, der Flug nach Venezuela geht heute Abend.“

Bonpland hebt einen Mundwinkel.

„Venezuela. ’at da unsere Reise nicht auch begonnen?“

Alexander nimmt einen Schluck Bier, bevor er nickt.

„Weißt du noch, die erste Nacht im Dschungel?!“, redet Bonpland gut gelaunt weiter.

„Wir warn danach so fertig…!“

Alexander schüttelt lachend den Kopf.

„War ja klar, dass du die Einsamkeit in der Wildnis nicht verkraftest.“, meint er.

Bonpland winkt grinsend ab.

„Ah, dann…“

Überrascht sehen die beiden zu Heinrich, da der sich endlich mal zu Wort meldet.

Er sieht ein wenig gekränkt aus, als er zu Bonpland aufsieht.

„Dann hattet ihr also…eine Beziehung…?“

Der Franzose beginnt zu lachen, während Alexander plötzlich reichlich unbehaglich zu Mute ist.

„Nein, nein.“, antwortet Bonpland amüsiert.

„Alex ist zwar sehr gut gebaut, aber seine Brust ist mir dann doch etwas zu flach.“

„Oh, du bist nicht…?“

„Nein, ich bin nicht schwul. Ich steh auf Frauen.“

„Ein Weiberheld bist du.“, nuschelt Alexander.

„Was nicht heißt“, ergänzt Bonpland, „dass ich mich da in der einsamen Wildnis nicht mal dazu überreden lassen hab, unserem notgeilen Forscher hier als Aushilfe zu dienen.“

Alexander stützt genervt seinen Kopf in die Hände.

„Danke, Bonpland. Echt.“

„Schon gut.“, meint Heinrich leise und sieht wieder hinab zu seiner Coladose, die er in den Händen hält.

„O’“, gibt der Franzose da ganz unschuldig von sich.

„Ihr beide seid zusammen?!“

Alexander schaut wieder auf, um Heinrichs Blick zu suchen.

„Ja.“, antwortet der, wobei er das Wort leicht dehnt.

„Mhm.“, entgegnet Bonpland skeptisch.

„Es ist also etwas komplizierter mit euch beiden.“

„Ja, das ist es.“, antwortet Alexander und hat plötzlich etwas Dringliches in seiner Stimme.

„War schön mit dir über alte Zeiten zu plaudern, aber ich bin eigentlich hier, weil ich noch ein Zelt brauch. Könnte ich deins für ne Weile ausborgen?“

Bonpland nickt.

„Selbstverständlich. Ich muss nur– “

„H-halt!“

Erstaunt sehen die beiden Männer Heinrich an, der ein wenig unzufrieden zu Alexander aufschaut.

„Ich…wieso noch ein Zelt?“

Alexander sieht seinen Freund irritiert an.

„Na ja, ich dachte…du hast doch bis jetzt in deinem Zimmer geschlafen und– “

„Aber doch nicht in der Wildnis!“, entgegnet der Kleine leicht hysterisch.

„I-ich schaff das schon. Das geht mit einem Zelt. Wirklich.“

„O-okay.“

Bonpland betrachtet die beiden nur kopfschüttelnd.

„Ich korrigiere mich: Es ist um einiges komplizierter mit euch.“
 

Es ist ruhig am Terminal, obwohl einige Leute auf den Stühlen sitzen und auf die Bording-Time warten. Ein kleines Mädchen spielt zur Ablenkung mit ihrem Kuscheltier. Irgendwo fällt ein leerer Pappbecher zu Boden.

„Tut mir Leid.“

Heinrich schließt die Augen, als Alexander vorsichtig eine Hand auf seine legt.

„Ich kann mir denken, dass das bei Bonpland unangenehm für dich war. Ich hätte dich nicht mitnehmen sollen. Aber er meint es nicht so. Das ist halt seine Art, im Grunde ist er ganz nett. Und da war wirklich nicht mehr zwischen– “

Alexander stockt, als Heinrich seinen Arm mit einem Ruck an sich zieht.

„Halt die Klappe, Dummkopf.“, nuschelt der Junge gegen Alexanders Schulter, der mit einem liebevollen Lächeln seinen Kopf an den seines Freundes legt.
 

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Sorry, dass es so lange gedauert hat. Es kam mir ein April-Scherz in die Quere^^

Ich hab ein Bildchen von Heinrich und Alex in Amerika hochgeladen. Wer will, kann es sich anschaun und auch gerne kommentieren. Würd mich freuen :)

„Oh, Gott! Was war das?!?“

Alexander verkneift sich ein Lachen und nimmt stattdessen Heinrichs Hand in seine.

„Nur ein Luftloch.“, antwortet er.

„Ein Luftloch?!“

„Ja, ein Luftloch. Das kommt vor, wenn das Flugzeug durch Leewellen fliegt. Du weißt, was Leewellen sind? Die vom Wind abgewandte Seite eines Berges bezeichnet man als Lee. Wenn die warme Luft– “

„Ich glaub, du hast deine Professur verfehlt.“, gibt Heinrich etwas blass im Gesicht von sich.

„Och, so schlecht bin ich als Philosoph doch auch nicht, oder?“, meint Alexander scherzend.

Plötzlich sackt das Flugzeug wieder ein wenig ab.

„Mensch, jetzt hör auf zu labern und mach was!“, meckert Heinrich hysterisch.

Alexander muss nun doch lachen.

„Du wolltest doch unbedingt am Fenster sitzen.“

„Und du wusstest, dass das mein erster Flug ist! Hättest du mich nicht warnen können?!?“

„Kann man Ihnen helfen, die Herren?“

„Nein!“

Alexander schaut die blonde Stewardess entschuldigend an, die ganz geschockt auf Heinrichs unfreundliche Abweisung reagiert.

„Können Sie mir vielleicht einen Stift und etwas Papier auftreiben? Das wär nett.“, bittet er sie.

„Selbstverständlich.“, meint die junge Frau, jetzt wieder ein wenig beruhigt, und macht sich davon.

„Was willst du mit nem Stift und Papier?“, grummelt Heinrich ärgerlich, ohne seinen Blick stur geradeaus auf den Vordersitz aufzugeben.

Alexander antwortet nicht, sondern legt Heinrichs Hand an seine Wange, haucht ihm einen Kuss in die Handfläche.

„Du bist echt süß, wenn du so trotzig aggressiv bist, Heinrich. Aber ich hab dich lieber, wenn du glücklich bist.“

Langsam sieht der Kleine zu seinem Freund auf.

„Und deshalb werden wir nicht eher wieder nach Deutschland zurückkehren, bis ich dich wieder glücklich gemacht hab. Einverstanden?“

Heinrichs Wangen röten sich etwas, aber er wendet sich erneut ab.

Mit zusammengezogenen Augenbrauen nimmt er seine Hand wieder zu sich.

„Wenn wir hier überm Atlantik abstürzen, wird eh nix draus.“

Alexander unterdrückt den Impuls, an dieser Stelle verzweifelt zu weinen.

Doch da kommt endlich die Stewardess und reicht Alexander einen kleinen Block und einen Kuli.

„Vielen Dank.“

Mit neuem Mut wendet er sich an Heinrich.

„Ich zeichne was, und du musst raten, was es ist, okay?“

„Hm.“, gibt dieser nur von sich, was Alexander schon als „Ja“ interpretiert.

Also kritzelt er schnell was auf die erste Seite des Blocks, um sie dann Heinrich vors Gesicht zu heben.

„Und?“

Der Junge hebt skeptisch seine Augenbrauen.

„Nicht dein Ernst, oder?!“

Alexander muss grinsen.

„Sag mir, was du erkennst.“

„Dass du überhaupt weißt, wie so was aussieht…“

„Jetzt sag schon!“

„Oh. Sag bloß, du hattest doch was mit einer deiner Studentinnen…!“

„Heinrich…!“

„Titten!“

Alexander will gerade erleichtert ausatmen, da dreht sich vor ihnen eine ältere Dame um und bedenkt Heinrich mit einem entrüsteten Blick, der diesen ganz rot im Gesicht werden lässt.

„Danke, Alex. Echt.“, nuschelt der Junge beschämt.

„Sorry.“, entschuldigt sich der Ältere und reicht ihm den Block.

„Jetzt darfst du was malen.“

„Pfff…“, macht Heinrich und weigert sich, auch nur den Kuli entgegenzunehmen.

„Was soll das bitte bringen?“

Auf Alexanders Gesicht legt sich ein Grinsen.

„So hast du schon drei Luftlöcher ignoriert; das soll es bringen.“

Überrascht und verwirrt sieht Heinrich zu seinem Freund auf, bevor er ihm den Kuli aus der Hand nimmt und den Block umblättert.

Wortlos beginnt er zu zeichnen.

Seine Strichführung ist etwas hektisch und sein unbeteiligter Gesichtsausdruck, Alexanders Meinung nach, nicht an Niedlichkeit zu übertreffen.

„Ein Männchen.“, stellt Alexander fest.

„Woher weißt du, ob es nicht vielleicht ein Weibchen ist?“, entgegnet Heinrich, während er an seiner Zeichnung weiter malt.

„Ich meinte ein Strichmännchen.“

Der Junge rümpft die Nase.

„Ach, jetzt geht der Arme auch noch aufn Strich, ja?!“

Alexander muss lachen.

„Nein, tut mir Leid. Das wollte ich ihm niemals unterstellen. Entschuldige mich bitte bei ihm.“

Heinrich lässt den Stift sinken.

„Entschuldigung angenommen.“, sagt er leise.

Alexander tippt Mr. Nicht-Strich-Männchen in den Schritt.

„Ist das ein Baströckchen?“, fragt er.

„Mhm.“, entgegnet Heinrich.

„Erwartest du, dass wir auf Eingeborene treffen, die so was tragen?“, hakt Alexander interessiert nach.

Der Junge zuckt nur mit den Schultern.

„Würdest du eines anziehen?“

„Nee, das piekst doch bestimmt total.“, meint Heinrich.

„Nö, gar nicht so.“

Die Augen des Kleinen weiten sich und geschockt sieht er zu seinem Freund auf.

„D-du…du hattest so was mal an?!?“

„Pschhh“, zischt Alexander, als sich schon wieder die Reihen vorne und neben ihnen umdrehen.

„Ja, ich hatte so was schon mal an.“, antwortet er leise.

„Und nach Bonplands Meinung sah ich darin ganz schrecklich aus.“

„Das wird verifiziert.“, beschließt Heinrich und wendet sich wieder dem Block zu.

Bis das Essen gebracht wird, lässt Alexander den Jungen noch ein wenig malen. Die Turbulenzen haben sich auch gelegt, sodass sie in Ruhe essen können.

„Ich wollt dir noch sagen…“, fängt Alexander an, als er gerade den Mund leer hat. Die Brote schmecken sowieso nicht so gut.

„Südamerika ist an sich nicht schwulenfeindlich, aber in einigen kleinen Dörfern, wo die Leute sehr christlich sind, sollte man doch vorsichtig sein. Aber da wir ja sowieso nicht so…uns nicht so intim verhalten, sollte das kein Problem werden.“

„Nein.“, gibt Heinrich von sich, ohne von seinem Tablett aufzusehen.

Alexander betrachtet ihn von der Seite. Wenn er darüber nachdenkt, wie viel schlechter es hätte laufen können – Heinrich hat ihn schließlich verlassen wollen – dann legt sich doch ein zufriedenes Lächeln auf seine Lippen und in seiner Magengegend kommt ein wenig Wärme auf. Was sicherlich nicht vom lausigen Bord-Kaffee kommen kann…

„Was für ne Sprache sprechen die Leute denn da, wo wir hinkommen?“, meldet sich plötzlich Heinrich zu Wort.

„Spanisch.“, antwortet Alexander.

„Kannst du Spanisch?“

Der Junge schüttelt den Kopf.

„Nur Englisch und Französisch.“

„Nicht schlimm.“, meint Alexander.

„Viele indigene Völker sprechen aber auch Quechua.“

„Hm. Sprichst du das auch, Ketscha…p?“

„Quechua. Ja. Ein wenig.“

„Sag mal was.“

Alexander stellt seinen Kaffee auf dem Tablett ab und dreht sich etwas zu Heinrich herum.

Heinrichchay.

Sein Freund sieht ihn skeptisch an.

„Das war Ketschap? Das hat sich ja wie mein Name angehört.“

„Das war auch dein Name.“, meint Alexander mit einem Lächeln und er fährt Heinrich vorsichtig und zärtlich durch die Haare.

Cha heißt „klein“, und y heißt „mein“. Mein kleiner Heinrich.“

Alexanders Herz setzt für einen Moment aus, als Heinrichs Mundwinkel sich langsam heben.

Er lächelt. Ein kleines Lächeln!

Alexander könnte ihn drücken vor Freude.
 

Sie haben den Flug gut überstanden und verlassen mit ihrem Gepäck den Flughafen in Venezuela, als Heinrich Alexander am Arm nimmt.

„Halt.“

„Hm?“, fragend sieht der Ältere zu seinem Freund herab.

„Ich…“

Heinrich schaut sich kurz um, bevor er Alexander eine Hand in den Nacken legt und ihn zu sich herunterzieht.

Alexanders Herz setzt für einen langen Moment aus, als Heinrich ihm einen kleinen Kuss auf die Lippen drückt.

„Weil du…weil du so lieb zu mir bist und dich so toll um mich kümmerst.“

„Danke.“, bringt Alexander heraus und muss sich abwenden, um die Freudentränen zurückzuhalten, die sich in seinen Augen gesammelt haben.
 

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Ihr habt im letzten Kapi ja gar nichts zu Bonpland gesagt? (In Realität war der mit Humboldt in Amerika.)

Sagt bloß, der war euch nicht so sympathisch…? XP

Es ist Mittag, die Sonne steht hoch am Himmel und es ist keine Wolke zu sehen. Trotzdem ist der Boden überall noch feucht. Heinrich fühlt sich immer wieder an das Klima in einem Gewächshaus erinnert.

Er sitzt auf der Wiese und entfernt sorgfältig die Stängel von den Beeren, bevor er sie in die Schüssel wirft, in die er zuvor schon einige Bananen geschnitten hat.

Erneut muss er sich den Schweiß von der Stirn wischen. Alexander hat ihm zwar geraten, nicht so dicke Kleidung mitzunehmen, aber auch in T-Shirt und kurzer Hose ist es dem Jungen warm.

Heinrich unterbricht seine Arbeit, als er Alexander entdeckt, der aus dem dichten Regenwald zu ihm auf die Wiese kommt. Als er realisiert, dass er ihn zu lange anstarrt, wendet er schnell seine Augen ab.

„Hey.“, begrüßt er ihn leise ohne aufzuschauen, als sein Freund neben ihm stehen bleibt.

Alexander fährt sich mit seiner rechten Hand in den Nacken.

„Soll ich…soll ich mir was überziehen?“, fragt er etwas verunsichert ob seines nackten Oberkörpers.

„Nein! Ich…es ist nicht…nein.“

„Okay. Es ist nämlich wirklich ziemlich heiß.“

Heinrich nickt und plötzlich bemerkt er, dass er sich unbewusst eine nach der anderen Beere in den Mund gestopft hat. Seine Wangen beginnen noch ein wenig mehr zu glühen und er wendet sich hektisch wieder seiner Arbeit zu.

Alexander seufzt, als er in die Weite schaut, die ringsherum von hohen Tropenbäumen begrenzt ist.

„Ich hab zwei Hasen gefangen.“

Jetzt sieht Heinrich doch auf und erblickt die toten Tiere, die Alexander in der Hand hat.

„Oh, hab ich gar nicht…“

„Deshalb sag ich’s ja. Ich hab festgestellt, dass du Recht hast. Das Essen aus den Konservendosen schmeckt schrecklich.“

„Aber mir erst nicht glauben wollen.“

Alexander lacht leise.

„Und was ist das? Eine Maus?“, fragt Heinrich, als er das kleinere tote Tier bemerkt, das an einem langen Schwanz baumelt.

„Eine Spitzmaus.“

Der Junge verzieht angeekelt das Gesicht.

„Die willst du aber nicht essen, oder?!“

„Nein, natürlich nicht. Die brauch ich nachher.“

„Aha.“

Alexander geht nicht weiter drauf ein, wischt sich stattdessen mit dem Unterarm den Schweiß von der Stirn.

„Tja. Ich geh dann mal zum Lager und schau, ob ich uns daraus was machen kann, okay?“

„Mhm.“, meint Heinrich.

„Ich hab uns…ich hab uns auch was zum Essen gemacht.“, berichtet er und steht auf, um Alexander die Schüssel entgegenzuhalten.

„Ein Obstsalat.“

Alexander lächelt entzückt.

„Süß von dir. Danke.“

Heinrich weicht seinem Blick aus.

„Ich hätt ihn schon alleine gegessen, wenn du nicht bald wiedergekommen wärst…!“

„Da hab ich ja noch mal Glück gehabt.“
 

Das Feuer knistert noch leise, als Alexander seinen Teil der Beute schon verspeist hat.

Er sieht zu Heinrich, der ihm gegenüber sitzt und noch dabei ist, das Fleisch abzunagen.

Sie sind jetzt schon vier Tage in Venezuela und der Junge ist tatsächlich etwas braun geworden. Erst war er ja eher rot. Kommt davon, wenn er nicht hört und sich nicht eincremt. Dass Alexander auch keine Sonnencreme braucht ist da kein Argument. Aber, ja, er hat ein wenig Farbe abbekommen. Und in seinen kurzen Shorts sieht er einfach nur zum Anknabbern aus.

Alexander schüttelt den Kopf. Da war er schon mal, an der Stelle, wo er sich noch einmal in Erinnerung rufen muss, dass er solche Gedanken nicht haben sollte.

Wobei er sich die Situation nachts eigentlich schwieriger vorgestellt hat. Wenn er ins Zelt kriecht, liegt Heinrich – jedenfalls war es die letzten Nächte so – schon in seinem Schlafsack auf der einen Seite und schläft. Er selbst verkriecht sich dann in seinem Schlafsack auf der anderen Seite. Und fertig. Entstellende Träume haben ihn bis jetzt ebenfalls verschont. Alles also in bester Ordnung.

„Alexander?“

„Hm?“

Heinrich sieht ihn unsicher an.

„Hat dir der Obstsalat geschmeckt?“

„Ja, sehr gut.“, antwortet Alexander mit einem Lächeln.

„Wie war der Hase?“

„Och…genießbar.“

Alexander verdreht die Augen.

Heinrich streckt ihm die Zunge raus.

Was Alexander dazu veranlasst schnell aufzustehen.

„Ich bring kurz die Maus weg. Bin gleich wieder da.“, meint er und nimmt die tote Maus, die jedoch noch roh ist, vom Stein. Aus der einen Tasche an seinem Gürtel, den er umhat, nimmt er eine Kordel heraus, bevor er sich auf den Weg macht.

Heinrich nutzt die Zeit alleine dazu, ihr Lager ein wenig aufzuräumen und das Feuer zu löschen.

Als Alexander wiederkommt, liegt er im Schatten eines Baumes und betrachtet ein Bild.

Der Professor erkennt den Bilderrahmen als den, den Heinrich mit der ersten Fuhre aus seinem alten Zimmer geholt hat. Das Bild, auf dem er und seine Mutter sind.

Ungefragt legt sich Alexander ohne ihn zu berühren zu ihm und schließt die Augen.

Er öffnet sie erst, als er hört, wie Heinrich die Nase hochzieht.

„Weiß sie, dass sie sich keine Sorgen um mich machen soll?“, spricht er irgendwann leise, und Alexander erkennt in seiner Stimme, dass er weint.

„Ja, ich hab ihr vor unserer Abreise Bescheid gesagt.“, antwortet der Ältere.

Ein wenig später spürt er, wie Heinrich seine Stirn an seine Schulter legt.

„So was hat sie nicht verdient…“, bringt der Kleine unter Tränen hervor.

„Sie hat soviel Leid in ihrem Leben nicht verdient.“

Langsam dreht sich Alexander zu seinem Freund um und legt ihm eine Hand an die Wange.

Automatisch rutscht Heinrich näher und lässt sich vom Größeren in die Arme nehmen, während er sein Gesicht an seine Brust presst.

„Du hast so was nicht verdient, Heinrich.“, flüstert Alexander leise.

„Mach dir keine Sorgen um deine Mutter. Michael kümmert sich um sie, und sie weiß ja jetzt, dass es dir wieder besser geht.“

„Ich will, dass sie endlich glücklich wird, Alex. Wenigstens sie soll glücklich werden…!“

„Das wird sie. Weil auch du wieder glücklich werden wirst. Das hab ich dir doch versprochen.“

Alexander merkt, wie Heinrich nickt.

„Ja, hast du…“

„Also.“

Noch eine Weile liegen die beiden da auf der Erde, bis Heinrich sich Alexanders Umarmung etwas entzieht, um sich die Tränen aus den Augen zu wischen.

Als der Professor das Gesicht seines Freundes so von Nahem betrachtet, muss er schmunzeln.

„Was ist?“, fragt Heinrich.

Alexander antwortet nicht, sondern fährt ihm über die Wange.

Sein Grinsen wird breiter, als er die Bartstoppeln unter seinen Fingern spürt.

„Willst du dich nicht rasieren? – Nicht dass du mir so nicht gefallen würdest…“

Heinrich dreht seinen Kopf weg und setzt sich auf.

„Ich weiß nicht…Ich hab mich immer nur mit elektrischem Rasierer rasiert…“

Alexander setzt sich ebenfalls.

„Den hab ich jetzt leider nicht dabei, tut mir Leid, aber ich hatte keine Lust, hier irgendwo ne Steckdose zu suchen.“

Heinrich verdreht wenig amüsiert die Augen.

„Soll ich dir zeigen, wie’s geht?“, fragt er den Kleinen also.

Der scheint ein wenig mit sich zu hadern.

„Ja.“, gibt er schließlich von sich.

„Na, dann komm mit.“
 

Ganz vorsichtig verteilt Alexander den Rasierschaum in Heinrichs Gesicht, bevor er ihn sanft am Kinn nimmt.

„Letztes Mal hatte ich einen Moskitostich auf der Wange, da war das mit dem Rasieren nicht so toll.“, berichtet Alexander und Heinrich muss schmunzeln.

„So. Stillhalten.“

Langsam setzt er die Klinge an der rechten Wange an.

„Ich muss auf deine tollen Koteletten aufpassen, das würd ich mir nicht verzeihen, würd ich die mit tilgen.“

Heinrich hätte bestimmt geantwortet: „Ich würd’s dir auch nicht verzeihen!“, aber er soll ja stillhalten.

Nachdem Alexander seinem Freund den Schaum mit dem Wasser aus einer der Feldflaschen aus dem Gesicht gewaschen hat, fährt er ihm erst einmal genießerisch über beide wieder samtweiche Wangen.

„Ey.“, grummelt Heinrich.

„Sorry, konnte nicht widerstehen.“, meint Alexander mit einem Grinsen.
 

Am Abend legt sich Alexander gleich zu Heinrich ins Zelt. Er hat sich wieder sein T-Shirt übergezogen, obwohl die Luft noch nicht wirklich abgekühlt ist.

„Wir hätten ein Buch mitnehmen sollen.“, meint der Junge, als er sich in seiner Ecke zudeckt.

„Ich hatte keine Ahnung, was du gerne liest.“

„Krimis. Ich hab auch selbst schon welche geschrieben.“

Beeindruckt sieht Alexander seinen Freund an.

„Echt?“

„Mhm.“

„Muss ich bei Gelegenheit mal lesen.“

„Besser nicht.“

„Ach, doch! Jetzt hast du mich neugierig gemacht.“

Heinrich entgegnet nichts mehr, sondern vergräbt sich etwas tiefer in seinem Schlafsack.

Als Alexander sich ebenfalls zugedeckt hat, redet der Kleine weiter:

„Wie hast du denn die…Tiere, also, die Hasen…fangen können?“

Alexander deutet auf seinen Gürtel, den er neben sich liegen hat.

Es dauert etwas, bis Heinrich die Form der einen Tasche erkennt.

„E-eine…Du hast eine Pistole dabei?!“

„Ja, einen alten Revolver, nichts Besonderes.“, meint Alexander.

„Die hatte ich schon letztes Mal dabei. Man fühlt sich immer sicherer; hier laufen schließlich auch größere Tiere rum.“

Heinrich nickt mit großen Augen.

„Kannst du…kannst du mir das Schießen beibringen?“

Alexander winkt sofort ab.

„Lass mal.“

„Aber…! Ich muss uns doch auch verteidigen können – wenn was mit dir ist…!“

Alexander schüttelt den Kopf.

„Das wird schon nicht vorkommen.“

Heinrich versteckt sein Gesicht im Kissen, aber Alexander erkennt seinen Schmollmund.

„Ich…Du bist sicherer, wenn du nicht weißt, wie– “

„Wie ich mir ne Kugel in den Kopf jag, ja?!“, unterbricht ihn Heinrich beleidigt.

Alexander sieht den anderen geschockt an.

„Das ist es doch, was du denkst!“

Der Ältere kann darauf nichts mehr erwidern und schließt stattdessen kommentarlos die Augen.

Heinrich legt sich auch wieder hin.

„Und damit hast du vielleicht sogar Recht.“, nuschelt er ins Kopfkissen.

Als von Alexander immer noch nichts kommt, ergänzt er: „Du stinkst übrigens. Ganz schrecklich. Schon seit gestern.“

„Ach, und du meinst, du nicht, hm?“, antwortet ihm der Ältere nun doch endlich.

„Nein, mein ich nicht.“

Alexander öffnet seufzend seine Augen.

„Stimmt, du stinkst nicht „ganz schrecklich“, du riechst. Gut. So wie Mann eben nach vier Tagen in der Wildnis ohne Dusche riecht.“

Heinrich dreht sich von ihm weg, aber der Größere kann noch sehen, wie sich auf seine Wangen ob dieser Bemerkung ein leichter Rotschimmer legt.

Alexander schließt wieder die Augen, und es ist noch eine Weile still im Zelt. Nur die Geräusche des Waldes sind leise von draußen zu hören.

„Du stinkst nicht wirklich.“, kommt es irgendwann von Heinrich.

„Mir wär lieber, du hättest das mit der Pistole nicht ernst gemeint.“, entgegnet Alexander leise.

Heinrich will antworten, aber er beißt sich nur auf die Unterlippe.

„Gute Nacht.“

„Nacht.“
 

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So, das war jetzt aber wirklich lang, oder? ^^

Ich denk, das nächste Kapitel wird auch so umfangreich, da ich den Inhalt nicht trennen will...

Könnte also evtl. etwas länger dauern ^^'

Die Sonne ist mittlerweile am Himmel höher gestiegen, als Alexander und Heinrich ihr provisorisches Frühstück zu sich genommen haben.

Sie haben wenig geredet diesen Morgen und sind erst spät aufgewacht. Scheinbar haben beide das Gespräch vom gestrigen Abend noch im Sinn.

Heinrich meldet gerade an, dass er jetzt gerne mit Zelt, Sack und Pack weiterziehen will, da steht Alexander vom Boden auf.

„Das können wir machen, gegen Abend.“, meint er.

„Aber nur, wenn du es dann noch willst. Ich hab uns gestern nämlich eine Möglichkeit zum Waschen ausgekundschaftet. Wir stinken schließlich schon.“

Heinrich verzieht gekränkt das Gesicht.

„Es tut mir Leid.“, seufzt er.

„Nein, du hast ja Recht gehabt, gestern.“, entgegnet Alexander mit einem Lächeln.

„Nimm dir ein Handtuch mit und komm.“

Wenn Heinrich auf dieses Geheiß hin noch ziemlich unmotiviert seinem Freund durch den Wald gefolgt ist, dann schlägt seine Stimmung urplötzlich um, als sich die Bäume und das Unterholz lichten und eine Landschaft zum Vorschein kommt, die man eigentlich nur für Utopien aus Romantik-Filmen halten kann: Das Gras ist flach, nur einzelne Pflanzen ragen aus dem saftigen Grün heraus. Grillen zirpen, exotische Vögel pfeifen ihr leises Lied, beide begleitet vom beruhigenden Rauschen von klarem Wasser. Ein kleiner Wasserfall entspringt aus der hohen Felswand, die die paradiesische Lichtung begrenzt, und füllt ein flaches Becken mit frischem Quellwasser.

„Was sagst du?“, fragt Alexander grinsend und dreht sich zu Heinrich herum.

Der steht nur mit offenem Mund und weiten Augen regungslos da und kann die Schönheit dieser Landschaft nicht fassen.

Alexander ist das Antwort genug und er legt sein Handtuch am Ufer ab, bevor er nach dem Stock fasst, der im Boden eingegraben ist.

„Was…was ist das?“, fragt Heinrich, der zu ihm getreten ist, und beobachtet, wie Alexander eine am Stock festgebundene Kordel aus dem Wasser zieht.

„Das ist die Spitzmaus von gestern.“, antwortet Alexander, und tatsächlich kommt das tote Tier an die Oberfläche.

Eindringlich mustert er die maus, bevor er zu seinem Freund aufsieht.

„Schau: Kein bisschen angeknabbert.“, stellt er fest.

„Es war seit gestern also kein Fleischfresser in diesem Wasser. Wir können unbesorgt unser Bad nehmen.“

Auf Heinrichs Gesicht legt sich ein leichtes Lächeln.

„Schlau von dir.“, lobt er den Älteren.

Alexander zwinkert ihn grinsend an.

„Ist doch klar, dass ich dich mit niemandem teilen will.“

Heinrichs Lächeln wird zu einem schüchternen.

„So.“, meint Alexander und schmeißt den Stock samt Maus und Schnur etwas abseits ins Gras.

„Wie machen wir das jetzt?“

Heinrich sieht ihn fragend an.

„Willst du zuerst baden? Wenn du willst, geh ich wieder zurück zum Lager.“

„Nein!“, ruft der Junge da sofort.

Seinen Blick auf den Boden gerichtet ergänzt er: „Geh nicht weg, ich…ich fühl mich immer so verloren hier, wenn du nicht bei mir bist.“

Dieses Geständnis zaubert Alexander ein gerührtes Lächeln aufs Gesicht.

„Gut.“, sagt er, „Dann bleib ich hier. Willst du trotzdem zuerst rein?“

Heinrich nickt und lässt sein Handtuch neben Alexanders auf den Boden fallen.

„Ich…ich kann da also nackt rein?“, hakt er nach.

„Wenn du willst, ja.“, antwortet ihm Alexander und muss sich eingestehen, dass er es sehr begrüßen würde, wenn der Kleine sich hier vor ihm ganz ausziehen würde. Er hat ihn nicht nackt gesehen, seit…seit dem Wochenende vor diesem Montag im Gericht eben.

Und tatsächlich zieht Heinrich nach seinem T-Shirt auch noch seine kurze Jeans aus…, macht bei der Unterhose jedoch Halt.

„I-ist das Wasser auch nicht zu kalt?“

Alexander setzt sich ins Gras.

„Bestimmt nicht. Aber schau doch nach.“

Heinrich nickt, bevor er vor zum Ufer läuft und vorsichtig einen Fuß ins Wasser hängt.

„Es geht tatsächlich.“, stellt er fest.

„Richtig schön abkühlend.“

Alexander will etwas erwidern, aber da zieht sich Heinrich doch noch die Unterhose aus, und er vergisst, was er sagen wollte. Er wendet seinen Blick von seinem Freund ab, bis der ganz im Wasser ist.

Heinrich geht das Wasser bis über den Bauchnabel, wenn er steht, doch gleich läuft er etwas weiter in die Mitte des Beckens, um auch bis zu den Schultern im angenehm kühlen Nass zu verschwinden.

Alexander hat sich auf den Bauch gelegt und sieht dem Jungen zu, wie er kurz mit dem Kopf untertaucht.

„Wie ist der Boden?“, fragt er, als Heinrich wieder aufgetaucht ist.

Sein Freund wirft ihm ein flüchtiges Lächeln zu.

„Komm doch rein und schau selbst.“

„Keine schlechte Idee.“, denkt Alexander, da er eine Abkühlung mittlerweile eindeutig nötig hat, und erhebt sich.

Er streift sich das Hemd von den Schultern, das er sich diesen Morgen umgehängt hat, und öffnet seine Hose. Er kann es verstehen, wenn Heinrich sich nun abwendet, bis er zu ihm ins Wasser gestiegen ist.

„Herrlich.“, seufzt Alexander genießerisch und taucht erst einmal unter.

So waschen sie sich beide, jeder für sich, und auch ihre Kleider, bis Heinrich als erster wieder an Land geht und sich in sein Handtuch wickelt.

Die Kleider legen sie zum Trocknen auf die Felsen, und sich selbst zu einem kleinen Mittagsschläfchen aufs Handtuch.

Am Abend beschließt Heinrich, dass sie ihr Lager lediglich auf die Lichtung vor dem Wasserfall verlegen sollten.
 

Die nächsten drei Tage beginnen deshalb alle mit einem morgendlichen Erfrischungsbad und enden mit einem erholsamen Schwimmen am Abend.

Nur sollte man erwähnen, dass diese Morgen- und Abendbäder eine Steigerung beinhalten.

Am Abend des ersten Tags nämlich schon bemerkt Alexander, dass Heinrich ihm heimlich beim Ausziehen zuschaut. – Was er natürlich keinesfalls unangenehm findet.

Am Morgen des zweiten Tages schwimmt Heinrich näher bei ihm und schlägt sogar vor, dass sie sich gegenseitig die Haare waschen sollten. – Was Alexander dazu verdonnert, noch ein wenig länger im kalten Wasser bleiben zu müssen, als Heinrich schon längst wieder im Zelt sitzt, um sein erhitztes Gemüt abzukühlen.

Am Abend des zweiten Tages hat Heinrich sein Handtuch viel näher an Alexanders platziert. – Was den Älteren nun wirklich dazu veranlasst, die ganze Situation ein wenig skeptisch zu betrachten: Er interpretiert das Ganze bestimmt viel zu einseitig. Heinrich hat über die letzten Tage wieder Vertrauen zu ihm gefasst, schätzt einfach nur seine Nähe. Er hat ihn nicht berührt und will auch wohl noch nicht berührt werden. Also halt dich zurück, Alex.

Am Morgen des dritten Tages wacht Alexander nicht alleine in seinem Schlafsack auf. Es ist nicht Heinrich; der schlummert noch friedlich auf seiner Seite des Zelts; er hat einfach nur ein kleines großes Problem. So Richtung Lendengegend. Bezüglich des Traums, an den er sich nicht mehr erinnern kann. Nur noch daran, dass er ausgefüllt mit Heinrich war.

Also schnappt er sich schnell sein Handtuch und hechtet ins Wasser.

Er entschließt sich dagegen, das Problem auf praktische Weise zu beheben, denn er will auf keinen Fall, dass Heinrich ihn hört. Also schließt er die Augen und taucht mit dem Kopf unter. Er denkt erst an seine Schwägerin und ihre Geranien, doch dann blendet das Dröhnen des Wasserfalls langsam alles aus, und er denkt schlicht an nichts.

Als er nach Luft schnappend wieder auftaucht, hört er sofort Heinrich seinen Namen rufen.

„Alexander, du Arschloch!“

Verwirrt starrt er den Jungen an, der noch leicht panisch am Ufer steht.

„Kannst du dir vorstellen, wie mir zumute ist, wenn ich aufwach, und von dir keine Spur?!“

Heinrich ist nicht lange beleidigt. Als Alexander mittags zum Nachtisch Banane servieren kann, ist alles wohl wieder vergessen.

Am Abend legen die beiden wieder ihre Handtücher am Ufer ab und steigen gemeinsam ins Wasser. Heinrich gibt sich mittlerweile schon gar keine Mühe mehr, seine Blicke, die er Alexander zuwirft, zu verheimlichen.

„Darf ich dich was fragen?“, fängt der Ältere an, als er sich an die Felswand gelehnt hat, dort wo ihm das Wasser bis zur Brust geht.

„Ja?“, entgegnet Heinrich und dreht sich zu ihm herum.

„Du…du siehst mich wieder an, wenn ich nackt bin. Findest du mich noch attraktiv?“

Auf das Gesicht des Jungen legt sich ein Lächeln.

„Natürlich find ich dich noch attraktiv. Das…das hat doch damit nichts zu tun. Du bist so schön und perfekt in meinen Augen, wie eh und je.“

Alexander nickt.

„Du bist für mich auch so wunderbar und perfekt, wie eh und je, das weißt du?“

„Das weiß ich.“, antwortet Heinrich und schwimmt auf ihn zu.

„Und irgendwie vermiss ich dich.“

Alexander versteht nicht ganz.

„Was?“

„Deine Lippen, zum Beispiel.“

Als Heinrich sich zu ihm hinaufreckt, weiß Alexander, dass er ihn küssen wird, aber er hat nicht damit gerechnet, so geküsst zu werden.

So zart und sanft, aber nicht nur Mund auf Mund, der Junge bewegt seine Lippen, presst sie auf die seines Freundes, öffnet diese mit seiner Zunge.

Alexander keucht tatsächlich erschrocken auf, als ihm klar wird, dass Heinrich ihn hier richtig küsst. Richtig!

Und ihm wird klar, dass sein Körper das gerade ganz aufregend findet. Verzweifelt versucht er einen klaren Kopf zu bewahren, aber er will nicht an Caroline und ihre Geranien denken, dazu wäre dieser Moment viel zu Schade, aber genauso will er Heinrich auf keinen Fall abschrecken, er darf nicht zulassen, dass…!

Plötzlich bricht der Kleine den Kuss ab, und Alexander ist erstaunt, dass er ihn enttäuscht ansieht.

„Du…dein Körper reagiert nicht mehr auf mich.“, bringt er heraus.

Alexander schüttelt hastig den Kopf.

„N-nein, so…so ist das nicht, ich hab nur…! Ich wollte bloß nicht, dass… Ich wusste nicht, ob es dir Recht ist, oder ob du damit noch nicht klarkommst, deshalb– “

Alexander verstummt, als Heinrich ihm einen Finger auf die Lippen legt.

„Mir ist es Recht, dass du einen Ständer bekommst, wenn ich dich küss. Ich denk, damit komm ich klar. Im Moment fühl ich mich jedenfalls so. Hab ein ähnliches Problem.“

Mit einem halben Grinsen rückt er etwas näher an seinen Freund heran, um ihm deutlich zu machen, was er meint.

„Ich sag dir schon, wenn ich was nicht will.“

„Okay.“, bringt Alexander heraus.

„Darf ich meine Hände an deinen Rücken legen?“

„Ja.“

„Darf ich dich küssen?“

„Nein. Das will ich übernehmen.“

Damit lehnt sich Heinrich in die Umarmung des Größeren und legt ihre Lippen wieder aufeinander.

Und dieses Mal lässt Alexander seinen Körper tun, was ihm gefällt. Und das ist Heinrich zurückzuküssen, seine Hände etwas tiefer wandern zu lassen und ihn so fester an sich zu drücken.

Der Junge lässt keuchend von seinen Lippen ab, küsst sich den nassen Hals herab, zum Schlüsselbein, während seine Hände über die muskulöse Brust fahren und er sich unaufhaltsam am Becken des Älteren reibt.

Alexander geht der Bewegung entgegen, eine Hand greift nach Heinrichs Wange, und er zieht ihn wieder zu einem Kuss zu sich hoch.

„Darf ich…deine Beine…“, keucht der Professor außer Atem.

„Mach. Ich sag dir, wenn ich’s nicht will.“, antwortet Heinrich hastig zwischen zwei Küssen, und Alexander nimmt Heinrich also bei den Oberschenkeln, um seine Beine um die eigene Hüfte zu legen.

„Und?“, fragt er mit rauer Stimme.

„Mmmm…Sehr gut…“

Alexander stellt fest, dass er viel zu lange hierauf verzichten musste. Viel zu lange auf Heinrich verzichten musste. Je schneller der Kleine ihre Unterleiber aneinander reibt, desto lauter wird sein Stöhnen, je genießerischer Heinrichs Gesichtsausdruck, desto mehr erregt es ihn selbst.

Mit vor Lust verschleierten Augen legt Alexander seine Stirn an die des Jungen, der mit ebensoviel Lust im Blick zurückschaut.

„Das…das ha-hab ich auch vermisst…“, bringt Heinrich heraus, was ein Hauchen auf Alexanders geöffneten Lippen ist.

„H-Heinrich, ich…ich kann nicht mehr…!“

Der Kleine packt ihn mit beiden Händen am Kopf und führt ihre Lippen noch einmal zu einem innigen Kuss zusammen, in dem das Stöhnen der beiden untergeht.

Alexander genießt das Gefühl, das er bei seinem Höhepunkt erfährt. Er genießt das Gefühl, Heinrich wieder in den Armen halten zu dürfen.

Noch völlig außer Atem sieht er sich um.

„Ich hoff mal, das war jetzt keine Umweltverschmutzung.“

Heinrich reagiert auf diese unqualifizierte Bemerkung mit einem Prusten, und Alexander schmilzt das Herz, als er seinen Freund das erste Mal wieder lachen hört.
 

--------------

Es ist vollbracht! (Ran hat mich mit ihrem Schreib-Eifer dazu inspiriert, es doch noch heute fertig zu bringen) XD

Ihr seht: Es geht…aufwärts mit den beiden^^

Es ist noch dunkel draußen, als Alexander aus seinem ruhigen Schlaf erwacht. Und er fühlt sich das erste Mal seit den letzten Wochen wieder richtig wohl. Denn er hält Heinrich in seinen Armen.

Zärtlich kuschelt er sich noch etwas enger an seinen Freund, schmiegt seine Wange an Heinrichs Brust und atmet dessen wunderbaren Geruch ein.

„Hey…“

Alexander muss grinsen, als er den gegähnten Protest des Kleinen hört und eine Hand in seinen Haaren spürt.

„Es ist noch mitten in der Nacht.“, beschwert sich Heinrich.

„Tut mir Leid.“, flüstert Alexander und haucht dem anderen einen Kuss auf die Lippen.

„Bin aufgewacht.“

„Einfach so?“, fragt Heinrich misstrauisch.

Alexanders Antwort geht im Stoff des T-Shirts auf Heinrichs Brust unter.

„Was?“, hakt der Junge nach und kann einfach nicht aufhören, dem Älteren durch die lockigen Haare zu fahren.

„Hab wohl Durst.“, ist beim zweiten Anlauf von Alexander zu hören, der jetzt Küsse auf dem Stoff über Heinrichs Bauch verteilt, bis zu dem er ihn vom Schlafsack befreit hat.

Der Junge stützt sich auf seine Ellenbogen.

„Du…du kannst mir das T-Shirt auch…“

Alexander muss grinsen und lässt sich das Angebot nicht entgehen. Langsam schiebt er das Kleidungsstück nach oben.

Der Kleine beißt sich auf die Unterlippe, um nicht aufzukeuchen, als sein Freund ihm mit der Zunge in den Bauchnabel fährt und seine großen Hände unters T-Shirt über seine Brust wandern lässt.

„Wegen meinem Durst…“, fängt Alexander leise an, ohne aufzuschauen oder seine Arbeit zu unterbrechen.

Heinrich entweicht nun doch ein Keuchen.

„Du…meinst nicht…?“

Da lässt Alexander von ihm ab und legt stattdessen eine Hand an seine Wange.

„Nur wenn du willst.“, haucht er, sieht seinen Freund einfühlsam an.

Heinrich schüttelt etwas betreten den Kopf.

„Nein, ich…ich kann noch nicht… – Also, i-ich könnte dir noch nicht…“

„Musst du doch auch gar nicht.“, entgegnet Alexander ernst.

Heinrich schweigt eine Weile.

„O-okay.“, sagt er schließlich.

„Also, wenn du willst – wenn es für dich in Ordnung ist, dass ich dann nicht auch– “

Alexander unterbricht den Kleinen mit einem innigen Kuss.

„Vollkommen in Ordnung.“, flüstert er, bevor er sich dem Hals des Jungen zuwendet, sich hinab zur Brust küsst.

Er kann Heinrich ein Keuchen entlocken, als er an einer der Brustwarzen saugt, und ein weiteres, als er wieder an seinem Bauchnabel angekommen ist.

Ganz langsam schiebt Alexander den Schlafsack noch ein wenig nach unten – und muss ob der beachtlichen Beule in Heinrichs Shorts grinsen.

„Bist du damit aufgewacht, oder schon so ausgehungert, dass es so schnell geht?“

„Beides.“, bringt der Junge mit hochrotem Kopf heraus.

Schmunzelnd presst Alexander sein Gesicht in Heinrichs Schritt, fährt mit Nase und Lippen über den Stoff.

„N-nicht…!“, keucht der Kleine, und sofort stoppt sein Freund und sieht besorgt zu ihm auf.

„Was nicht?“

Heinrich braucht eine Weile, dann schüttelt er den Kopf.

„Ich meinte nicht…Du kannst weitermachen, nur nicht durch die Hose, das…das macht mich verrückt…“

„Also muss ich das „nicht“ ja gar nicht beachten.“, beschließt Alexander grinsend und fährt fort, was er unterbrochen hat.

Genießerisch leckt er Heinrichs Länge entlang, was dem Jungen endlich ein richtiges Stöhnen entlockt.

Zur Belohnung zieht ihm Alexander die Hose herunter.

„Hab ich dir schon mal gesagt, dass du wunderschön bist, Heinrich?“, haucht er ergriffen und sieht zu seinem Freund auf.

„Wenn nicht, dann hab ich es jetzt schnell gesagt, weil mein Mund gleich mit anderen Sachen beschäftigt ist.“

Heinrich würde über diese typische Bemerkung grinsen, wenn er nicht im nächsten Moment sein Gesicht vor Lust verziehen müsste.

Stöhnend greifen seine Hände nach Alexanders Kopf, und da der Ältere ihn kein bisschen festhält, kann er unaufhaltsam seine Hüften heben.

„Ah – Alex…du…! Du bist so…so un…so unglaublich…hah!“

Es dauert nicht mehr lange, bis Heinrich sämtliche sinnvollen Sätze abhanden gekommen sind, aber gerade sein wahlloses Gestammel liebt Alexander so sehr.

„Ich…ah…nicht mehr…k-kann nicht…nnnn……-ah!“

Mit genießerisch geschlossenen Augen stillt Alexander seinen Durst und schluckt jeden Tropfen, den Heinrich ihm schenkt.

Als sich der Körper des Jungen beruhigt hat, zieht ihm Alexander wieder die Hose hoch, haucht noch einen Kuss über den Bauchnabel, bevor er das T-Shirt zurechtstreicht und sich schließlich neben Heinrich legt.

Er hält dieses Mal ein wenig mehr Abstand von ihm, als er seine Arme wieder um ihn legt.

„D-du…“, fängt Heinrich unsicher an.

„Ich bin im Moment egal.“, entgegnet Alexander.

Es reicht ihm schon, dass der Kleine ihm noch einen Gute-Nacht-Kuss gibt.
 

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Zum weiteren Verlauf der Story: Ich nehm an, ihr könnt alle Englisch? XD

Das Spanisch muss man nicht verstehen, da, wie wir wissen, Heinrich ja auch kein Spanisch kann, also wird Alex übersetzen^^

Falls aber jemand von euch Spanisch kann und euch ein Fehler bei mir auffällt, dürft ihr mich gerne verbessern, ich hab die Hälfte von dem, was ich gelernt hab, nämlich mittlerweile vergessen! >.<

Quechua jedenfalls kann auch ich nicht XP

Da werden einige Worte nachgeschlagen sein, der Rest frei erfunden.
 

Das nur mal als Vorwarnung, ich hoff das schreckt niemanden ab :3

Alexander sieht etwas müde aus, als sie schon zwei Stunden durch den Regenwald gelaufen sind. Er ist dann gestern Nacht doch nicht mehr so leicht eingeschlafen…

„Kannst du noch?“, fragt er Heinrich, der kurz stehen geblieben ist.

„Ja.“, antwortet der Junge und lehnt sich etwas nach vorne, um seinen Rucksack besser tragen zu können.

„Wie weit ist es noch?“

Alexander holt seinen Kompass heraus uns sieht auf die Uhr.

„Nicht mehr weit. Bald müssten wir am Waldrand ankommen. Von da führt eine breite Straße in die nächste Stadt. Vielleicht nimmt uns jemand mit, damit wir schneller Richtung Anden kommen.“

Und tatsächlich erreichen sie innerhalb der nächsten halben Stunde besagte Straße, an der sie erst einmal die Rucksäcke abstellen.

Alexander bückt sich und holt aus der hintersten Ecke seiner Tasche das Handy heraus.

„Wir haben wieder Empfang.“, verkündet er, doch Heinrich ist gerade damit beschäftigt, hinterm einzigen Baum zu verschwinden.

Alexander muss grinsen.

„Kann man dir helfen?“, fragt er.

„Nee, danke.“, kommt es zurück.

„Beeil dich, da vorne kommt ein Auto.“

„Oh, verdammt!“

„Warn Scherz.“

„Du…!“

Alexander lacht nur und wählt die erste eingespeicherte Nummer.

„Alexander!“

„Melde mich gehorsamst, Sir. Wir sind noch vollzählig und alle wohlauf.“

„Sag mal, später hättest du dich nicht melden können, oder?!?“

„Wir haben jetzt erst wieder Empfang. Sind dann doch etwas länger in der Wildnis geblieben.“

„Mhm.“

„Wie geht’s dir so, Bruderherz?“

„Mir? Tu nicht so, als wenn dich das interessieren würd. Aber mir geht’s gut, ja, was soll schon sein?“

„Stimmt auch wieder.“

Alexander sieht sich kurz um und senkt seine Stimme etwas, da Heinrich soeben hinterm Baum hervorkommt.

„Weißt du was vom Prozess?“

„Hm. Ja.“

„Ja, und?!“

„Du hättest Michael in den Verhandlungen erleben sollen…! So ernst und verbissen hat er noch nie einen seiner Jobs erledigt…“

„Verständlich.“, hört Heinrich Alexander sagen, als er wieder bei ihm ankommt.

„Wilhelm?“, flüstert der Kleine, und sein Freund nickt kurz.

„Sehr gut.“, spricht der weiter.

„Ja, natürlich. Und die zwei anderen? – Ich bin erleichtert. Was ist mit dem Typen aus Berlin, der Blonde? – Auf Bewährung, hm.“

Heinrichs Augen weiten sich. Er fasst sich an den Hals, der auf einmal ganz trocken wird.

Alexander bemerkt die Veränderung im Blick seines Freundes und greift mit seiner freien Hand nach dessen Schulter.

Der Junge sträubt sich etwas, aber Alexander zieht ihn einfach an sich.

„Wilhelm, ich ruf dich später noch mal an. – Bis dann.“, damit legt er auf und steckt das Handy weg, um sich voll und ganz Heinrich zu widmen.

„Hey“, sagt er leise, fährt seinem Freund sanft über den Rücken.

„Es ist alles gut ausgegangen. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.“

Als der Kleine nicht antwortet, nimmt ihn Alexander vorsichtig am Kinn und zwingt ihn dazu, aufzuschauen.

„Willst du hören, zu was sie verurteilt wurden?“

Heinrich schluckt, weicht dem Blick des Älteren aus.

Schließlich nickt er fast unmerklich.

„Dein Vater…kommt für zwei Jahre ins Gefängnis. Sein Anwalt bekommt die Lizenz entzogen und drei Jahre Haft.“

Alexander stockt kurz, als Heinrichs Hände zitternd in seinem Hemd Halt suchen.

„Die zwei Männer kommen auch ins Gefängnis. Und ich werd nicht zulassen, dass einer von denen je wieder auch nur in deine Nähe kommt. Okay?“

Der Junge nickt zaghaft.

Alexander wischt ihm mit dem Zeigefinger die Tränen aus den Augen und schließt ihn wieder fest in seine Arme.

So stehen sie dort eine ganze Weile am Straßenrand, bis von weitem das Brummen eines Motors zu hören ist.

Langsam lässt Alexander seinen Freund los und sieht die Straße hinab.

„Ein Laster.“, erkennt er.

„Der kommt sicher von den Plantagen und fährt in die nächste Stadt.“

„Jetzt bin ich mal auf deine Spanischkünste gespannt.“, meint Heinrich und versucht ein kleines Lächeln, als er sich wieder den Rucksack aufzieht.

„Sieh zu und staune.“, entgegnet Alexander, zieht sich ebenfalls seinen Rucksack auf – und stellt sich kurzerhand mitten auf die Straße.

Der Lasterfahrer steigt in die Eisen und der Wagen kommt einen Meter vor dem Professor zum Stehen.

Sofort lehnt sich der Fahrer aus der fensterlosen Tür und fuchtelt aufgebracht mit den Armen.

„Eh, señor! ¿Que haces?“, ruft der Mann, der mit dunklem Schnauzer, schwarzen Augen und gebräunter Haut Heinrichs Vorstellung eines Südamerikaners schon nahe kommt.

„No te molestes!“, antwortet Alexander gekonnt.

„Solo quiero preguntar a donde vas?“

„Voy al San Carlos!“

„Puedes llevar nos? Te pago.“

Heinrich beobachtet, wie die Gesichtszüge des Mannes sich ändern. Er lacht und wirft ihm einen kurzen Blick zu.

„Con tu pequeño amigo?“

Alexander schüttelt bestimmt aber mit einem kleinen Grinsen den Kopf und gibt eine Antwort.

„No.“, versteht Heinrich, was eindeutig so viel heißt wie „nein“. Mehr versteht er leider nicht.

Jedenfalls sieht der Mann kurz abwägend aus, dann nickt er schließlich und weist nach hinten auf seine Ladefläche.

„Vámonos!“

„Gracias, señor. Muchas gracias.“, bedankt sich Alexander.

„Wir können einsteigen.“, sagt er zu Heinrich, der ihm nach hinten folgt.

„Kommst du rauf?“, fragt er den Kleinen, da die Ladefläche etwas hoch ist, und als Heinrich ihm keine Antwort gibt, sondern vergeblich versucht, sich hochzuziehen, packt ihn Alexander einfach an der Hüfte und drückt ihn nach oben.

Selbst steigt er auf die Stoßstange und kann sich mit den Armen, die er auf der Ladefläche ablegt, hochhieven.

Der Laster hat Bananenstauden geladen, zwischen denen Heinrich gelandet ist.

Der will sich gerade über die Hilfe beschweren, da fährt der Laster aber so plötzlich an, dass er seinem Freund in die Arme fällt.

„Huch, halt dich fest.“, lacht Alexander und kämpft sich mit dem Kleinen etwas weiter zwischen die Stauden, wo sie sich niederlassen können.

Der Motor dröhnt und es ruckelt ziemlich, aber Heinrich muss trotzdem nachfragen.

„Was hat der Mann gesagt?“

„Hm?“

Heinrich weiß nicht, ob Alexander ihn wirklich nicht verstanden hat.

„Was hat der Mann gesagt?!?“, ruft er lauter.

„Dass er uns mitnimmt.“

„Er hat doch zuerst gezögert.“

„Und dann hab ich ihm gesagt, ich bezahl ihn.“

„Und wieso hat er so zu mir geschaut?“

Alexander antwortet nicht gleich und weicht Heinrichs Blick aus. Der Junge versteht ihn nicht, als er leise vor sich hin murmelt.

„Was?!?“

„Nichts!“

Heinrich seufzt und rückt etwas näher zu seinem Freund, um ihm eine Hand ans Knie zu legen.

„Was hat er gesagt?“

Alexander fährt dem Kleinen mit seiner Hand in den Nacken.

„Ob ich ihn mit „meinem kleinen Freund“ bezahlen will.“

Heinrich nickt, und zu Alexanders Erstaunen lächelt er leicht.

„Gut, dass ich deine Antwort verstanden hab.“

„Ja?“

„Mhm. Das No.“

„Hättest du mir zugetraut, dass ich dich hergeb?“

Der Junge schmiegt sich an Alexanders Brust.

„Niemals.“

Der Regenwald lichtet sich allmählich. Die Straße verläuft nun auf immer staubigerem Grund. In der Ferne ist eine Gebirgskette zu erkennen, über der sich einige Gewitterwolken gesammelt haben.

„Ein stoischer Weiser hätte sich nicht besser verhalten als du, Heinrich.“

„Hm?“ Fragend schaut der Junge zu seinem Freund auf.

Der sieht in die Ferne, wo die Straße mit ihren Biegungen im Staub verschwindet. Er wirkt nachdenklich.

„Deine Ataraxía. Dir ist so etwas Schreckliches passiert und du hast dir nichts anmerken lassen. Hast mich ignoriert, hast alles um dich herum ignoriert, was deine Seele positiv oder negativ erschüttern und sie aus dem Gleichgewicht reißen könnte. Ein Leben frei von Affekten und Emotionen, das ist es, was einem die Eudaimonía bringen soll. Erinnerst du dich daran?“

Heinrich blinzelt ein paar Mal. Es ist wohl der Staub, den der Laster aufwirbelt, der seine Augen zum Tränen bringt.

„Ja.“, antwortet er schließlich, während er ebenfalls in die Weite schaut, immer noch seinen Kopf an Alexanders Brust gelehnt.

„Das hast du erwähnt, in einer deiner Vorlesungen. Bevor mir mein Ordner runtergefallen ist.“

Heinrich spürt, wie Alexander ihn kurz fester an sich drückt, und sieht zu ihm auf.

Der Professor lächelt leicht.

„Genau.“, sagt er leise, scheint den blauen Himmel nach einer Wolke abzusuchen.

„Was sagst du aber dazu,“, fängt er an, „wenn ich behaupte, dass der Mensch ohne Emotionen und Affekte gar kein Mensch ist? Weshalb sonst soll er denn dazu fähig sein, Trauer, Schmerz, Erfolg, Zufriedenheit, Wut, Liebe, und all das andere zu fühlen?“

Endlich sieht er Heinrich an, blickt ihm mit einem sanften Lächeln in die Augen.

„Ich denke, wenn man noch nie unglücklich in seinem Leben war, wenn man noch nie getrauert hat, noch nie geweint, sich noch nie geärgert hat, …dann kann man auch nicht die Glückseligkeit erreichen.“

Der Junge schluckt.

„Was meinst du, Heinrich?“

„Ja.“, bringt er heraus und presst sein Gesicht an Alexanders Brust, während ihm stumme Tränen die Wangen hinab laufen.

„Ich hab mich geärgert“, schluchzt er, „und ich hab geweint. Jetzt mach du mich glücklich. Bitte.“

Alexander fährt dem Kleinen zärtlich durch die Haare und legt seine Arme um ihn.

„Natürlich. Das hab ich dir doch versprochen.“
 

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Seit Kafka löst das Wort „Prozess“ bei mir genau so einen Anfall wie hier eben bei Heinrich aus… XD

Euch hoff ich, hat die kurze Rückkehr zur Philosophie gefallen^^

Es sind zwei Tage vergangen, in denen Heinrich und Alexander quer durch den Norden Südamerikas getrampt sind. Sie sind durch Kolumbien, Ecuador, durch kleine Dörfer, größere Städte, wo sie wieder in Betten schlafen konnten, wenn auch nicht die besten; durch Steppen, durch Sümpfe, durch einige Monsune, stets auf dem Weg nach Peru.

„Das Dorf der Sarayacu. Das sind Indios, die Quechua sprechen. Bonpland und ich wurden da das letzte Mal überaus gastfreundlich aufgenommen, als er krank wurde. Ich hab dem Häuptling versprochen, dass ich mal wieder vorbeikomm.“

Nun sind es nach Alexanders Angaben nur noch ein paar Meter, bis sie das Dorf erreichen müssten. Eine aufregende Reise liegt hinter ihnen, auf der sie auch tatsächlich noch wilden Tieren begegnet sind: Alexander hat den Jaguar mit einem Schuss in die Luft verjagen können. – und exotischen Pflanzen: „Kann man das essen?“ „Jaaaa, bitte… – NEIN! Die Samen sind giftig! Außerdem ist die Frucht im überreifen Zustand sehr empfindlich und kann ganz leicht– “

Es blieb Heinrich überlassen, sein Gesicht panisch vom Fruchtfleisch und den ja so hochgiftigen Samen zu befreien, da Alexander irgendwie nicht ansprechbar war…
 

„Ich glaub, ich seh die ersten Hütten.“

„Ja?“

Heinrich macht einen Schritt nach vorne – und sieht sich plötzlich im Angesicht eines bemalten Indios.

„Aaaaaaaaa!“

„Tama ayan! Soy yo, Alexander!“

Heinrich atmet erleichtert durch, als der Mann vor ihm bei Alexanders Worten den Speer senkt.

„Cumleh Heinrich. Yanay.“

Der Junge nickt bestätigend, als sein Freund ihm eine Hand auf die Schulter legt, obwohl er lediglich seinen Namen verstanden hat.

Da legt sich ein Lächeln auf das Gesicht des Indios und er gibt Alexander die Hand, bevor er sie auch Heinrich reicht.

„Katle, katle. Macum vana.“, sagt er freundlich und deutet den beiden, ihm zu folgen.

„Das muss Wayra sein.“, meint Alexander, „Ist wirklich groß geworden.“

„War er schon immer so aggressiv?“, fragt Heinrich noch etwas überfordert.

„Vorsichtig, nennt man das.“, verbessert ihn Alexander mit einem Grinsen, als sie aus den Büschen heraustreten.

Kleine Hütten und Zelte, die sich um ein Wasserloch angesammelt haben, kommen zum Vorschein, überall das fröhliche Treiben der Stammesmitglieder; einige Frauen hängen Wäsche auf, die Kinder spielen Fangen.

„Katle, katle! Alexander nohau iyi!“, ruft Wayra aufgeregt und alle Köpfe drehen sich zu ihnen herum.

Alexander nimmt lachend seinen Hut vom Kopf, als die Indios freudig auf ihn zukommen.

„Yaw! Quntal te diriq.“, begrüßt Alexander seine alten Freunde und schüttelt einigen die Hand.

Immer wieder stellt er Heinrich als yanay vor. Dass das y wohl wieder „mein“ heißt, kann sich der Junge denken, aber mehr auch nicht. Vor lauter Händeschütteln und dreister Umarmungen hier und da findet er jedoch keine Gelegenheit nachzufragen.

„Das da vorne ist Tecumseh.“, meint Alexander plötzlich und zieht seinen Freund mit sich durch die Leute.

Heinrich erkennt einen älteren Mann, der im Vergleich zu den anderen Männern auch den Oberkörper bedeckt hat und prächtigen Schmuck in den grauen Haaren trägt.

„Der…Häuptling?“, fragt er erstaunt.

„Ja, richtig.“, kann Alexander gerade noch antworten, bevor er freudig auf den alten Mann zuläuft.

„Alexander! Sabía que volverás algún día!“, begrüßt ihn Tecumseh auf Spanisch, und redet zu Heinrichs Erstaunen endlich in einer Sprache weiter, die auch er versteht.

„And who did you bring along with you? Not Bonpland?“

„Manam.“, antwortet Alexander und legt Heinrich einen Arm um die Schultern.

„Bonpland would not survive this trip again. This here is Heinrich, yanay, my boyfriend.“

„Ah...“, macht der Häuptling mit einem wissenden Grinsen, „Yanayki. Then, welcome Heinrich.“

Der Junge verneigt sich schüchtern.

„Thank you, sir.“

„Oh, just call me Tecumseh.“, lacht der Alte und wuschelt Heinrich durch die Haare.

Als dieser zu Alexander aufschaut und sieht, wie fröhlich sein Freund ist, wird auch er von der guten Stimmung, die scheinbar im ganzen Dorf herrscht, angesteckt.

„Katle, umos! Vayan, vayan! Lotqe nyamkichike!“, ruft Tecumseh in die Menge und die Indios lösen ihre Traube aus Schaulustigen auf, fahren jedoch nicht wieder mit ihrer Arbeit fort, sondern strömen aus, um den beiden Neuankömmlingen ein Willkommensmahl zu bereiten.
 

Alexander summt ein Lied, als er die Zeltstangen aus seinem Rucksack holt.

„Sind das die Rolling Stones?!“, fragt Heinrich entsetzt.

„Huch, die Jugend kennt Lieder, die entstanden sind, bevor sie auf die Welt gekommen sind!“, gibt Alexander gespielt erstaunt zurück.

Fünf Minuten später hat Heinrich ohne es zu merken ins Summen eingesetzt.

Während sie ihr Zelt zwischen den Hütten der Indios und nicht weit von der Wasserstelle aufschlagen, genießt Heinrich die Ruhe, die wieder um sie eingekehrt ist. Der Empfang ist doch schon etwas hektisch vonstatten gegangen.

Alexander hingegen sieht man es an, wie gelassen er ist. Während Heinrich denkt, er freue sich nur, seine alten Freunde wieder zu sehen, weiß der Professor selbst, dass er hauptsächlich erleichtert ist, jetzt nicht mehr alleine für Heinrich verantwortlich zu sein. Denn irgendwie hat es sich so die ganze Zeit angefühlt, als sie alleine im Dschungel unterwegs waren. Natürlich war das ein schönes Gefühl, er hat es auch stets genossen, doch es war auch immer mit der Angst verbunden, dass dem Kleinen etwas passieren könnte. Und dass er dann schuld daran ist, was Alexander sich niemals verzeihen würde.

Während Heinrich die Zelthaken im Boden festmacht, richtet der Ältere sich wieder auf und fächelt sich mit seinem Hut ein wenig Luft zu.

Da sieht er eine Frau an der Wasserstelle, die einen Krug auffüllt, während ihr zahlreiche Kinder durch die Beine rennen, mit dem Wasser spritzen, an ihrem gemusterten Rock ziehen.

Alexander ist auf sie aufmerksam geworden, weil sie zu ihm herüberschaut. Kann das…? Ist sie das etwa?

Da fällt sein Blick auf eines der Kinder, dessen Haut ein wenig heller als die der anderen ist.

„Alex?“

Er gibt keine Antwort mehr; Heinrich schnaubt beleidigt, als sein Freund einfach fortläuft. Als er sieht, dass ihn sein Weg zu der jungen Frau führt, wird er eher stutzig.

„Tica? Suma yu?“

Er versteht natürlich nicht, was Alexander sagt, aber er sieht, wie die Frau nickt und sich ein Lächeln auf ihr hübsches Gesicht legt.

Sie streicht sich einen ihrer langen schwarzen Zöpfe von der Schulter, während Alexander zu den Kindern schaut.

Heinrich folgt seinem Blick und entdeckt ebenfalls das weiße Kind.

„Wawayki?“

„Arí.“

„Yuraq estun wachikan.“

„Arí.“

Der kleine Junge lacht fröhlich auf, als er bemerkt, dass er von den beiden beobachtet wird, und rennt auf die Frau zu, um sich ihr an den Rock zu werfen.

Sie muss seine Mutter sein, vermutet Heinrich. Sicherlich ist sie seine Mutter.

Alexander bückt sich, um den Kleinen auf den Arm zu nehmen. Heinrich kann sehen, wie er dem Jungen ein Lächeln schenkt, bevor er wieder zu der Frau aufschaut.

„Churin?“, fragt er, und die Art, wie er es fragt, lässt Heinrich plötzlich den Atem anhalten.

„Arí.“, sagt die Frau wieder, nickt, ein liebevolles Lächeln auf ihren Lippen.

Heinrich kann nur noch das Kind anstarren, das ahnungslos bei Alexander auf dem Arm sitzt, unschuldig mit dessen Hemdkragen spielt. Wie von ganz weit weg hört er, dass Alexander die Stimme hebt, dass die Frau zu schreien beginnt.

„Manam, Alexander! Eto munani, pero no quiero dinero! Soy contenta con el niño. Solo con el niño! Quntanle eto, manam moraye!“

„No puedo tolerar a esta situación, Tica! Ha – ! Verdammt!“

Als Alexander den Kleinen wutentbrannt seiner Mutter in die Arme drückt und davonläuft, wendet Heinrich schnell seinen Blick ab.

Er versucht den schrecklich bitteren Geschmack in seinem Mund zu ignorieren, aber er schafft es gerade nur, die Tränen aufzuhalten, als er noch einmal zu dem kleinen Jungen aufschaut.
 

Es vergeht eine halbe Stunde, bis Alexander sich wieder am Zelt blicken lässt. Er erwähnt den Vorfall mit keinem Wort, und Heinrich tut so, als hätte er von allem nichts mitbekommen.

„Ich war bei Tecumseh. Das Dorf plant eine große Willkommenparty für uns. Wir können schon jetzt auf den Platz kommen, wenn wir wollen.“

„Hm…“, gibt Heinrich weniger motiviert von sich und denkt nicht daran, von seinem Schlafsack aufzustehen.

„Geh du mal, ich bin so müde, ich glaub ich leg mich gleich schlafen.“

„Aber, Heinrich! Sie wollen uns willkommen heißen.“

„Tut mir Leid, ich bin wirklich müde.“

Alexander seufzt enttäuscht und setzt sich seinen Hut auf.

Eine Weile steht er noch vor dem Zelt und sieht seinen Freund erwartungsvoll an, doch der hat sich weggedreht und die Augen geschlossen.

Schweren Herzens macht er sich schließlich alleine auf den Weg.
 

--------------

Tjaaaaa… XD

Vermutungen und so sind natürlich gerne erwünscht ;)
 

Genauso übrigens, wie ein Korrekturlesen von BellEveryday ^^'
 

Achja, ich hab auf Anfrage das FA mit reingenommen :3

Versteht man jetzt halt nur richtig, wenn man das Bild gesehen hat...

Als Heinrich am nächsten Morgen aufwacht, muss er feststellen, dass Alexanders Schlafsack gegen seine Erwartungen nicht leer geblieben ist: Sein Freund liegt neben ihm, wenn er auch etwas blass aussieht.

Heinrich schnaubt. Da hat wohl einer gestern mächtig lange Spaß gehabt… Unwillkürlich muss er an den weißen Jungen denken.

„Hnnn…“

Leicht erschrocken dreht sich Heinrich zum anderen um.

„Alex?“

Er bekommt keine Antwort, aber die Augenbrauen des Älteren ziehen sich fast qualvoll zusammen.

„Alexander?“

Alarmiert legt ihm Heinrich eine Hand an die schweißnasse Stirn: Glühend heiß.

„Oh, shit…!“

Sofort sind die Gedanken an die Einheimische und ihr Kind vergessen und nur noch Sorge um seinen Freund vorhanden.

„Alexander, wach auf, du hast verdammt hohes Fieber! Was hast du denn gemacht, du Idiot?!“

Mit ein paar sanften Schlägen auf die Wange bekommt Heinrich den Professor dazu, die Augen zu öffnen.

„Wassis…?“, bringt der heraus, bevor er sich verschluckt und heftig husten muss.

„Du bist krank!“, ruft Heinrich.

Alexander zieht müde einen Mundwinkel nach oben.

„Physisch, verdammt!“, ergänzt der Kleine gereizt.

„Tecumseh muss dir helfen! Gibt’s hier einen Medizinmann oder so was?!?“

„Catahe…cassa.“, nuschelt Alexander, bevor er wieder seine Augen schließt.

Heinrich springt schnell auf und hechtet aus dem Zelt. Den ersten Indio, den er antrifft, hält er an.

„Tecumseh?! Tecumseh!“, ruft er, bis der Mann verstanden hat und ihn zu seinem Häuptling bringt.

„Tecumseh, I need your help! Alexander is ill! Please! Cata…something – I’m sorry – but it’s very bad and…!“

„Calm down, my boy.“, versucht ihn Tecumseh zu beruhigen und legt ihm eine Hand auf die Schulter.

„We will go to Catahecassa. He can help him, I’m sure.“

„Then, please, quickly!“

Aufgeregt folgt Heinrich dem alten Mann, der ihm viel zu langsam durchs Dorf läuft, um schließlich vor einem breiten Zelt stehen zu bleiben.

„Catahecassa?“, ruft Tecumseh, bevor er eintritt.

Der Mann, der ihnen entgegenkommt, ist genauso auffällig wie sein Häuptling geschmückt, vielleicht noch ein wenig bunter.

Im Zelt riecht es seltsam, aber nicht unangenehm, wohl nach Salben und Kräutern.

Während Heinrich sich umschaut, erklärt Tecumseh dem Arzt anscheinend die Sachlage, woraufhin dieser sich nachdenklich übers Kinn fährt, nickt und zum Ausgang eilt.

Dort stößt er fast mit Alexander zusammen, der wortwörtlich ins Zelt stolpert.

„Telem, telem! Lay hin down, Cata, lay him down!“

Aufgebracht hieven die zwei Indios zusammen mit Heinrich den Kranken hinüber, wo sie ihn hinter einem beiseite gezogenen Vorhang aufs Bett legen.

Während Catahecassa Alexander das Hemd öffnet und die ersten Untersuchungen vornimmt, wendet sich Tecumseh an den immer noch total nervösen Heinrich.

„I suppose it’s the desease we had here in our tribe this week. I should not have let him play with this kid yesterday, that was just healthy again since then…“

„Is this…is this desease…?“

„No, his life is not in danger.“, unterbricht Tecumseh den Jungen.

„Not when we can sink his fever.“

Es dauert noch eine Weile, dann kann Catahecassa die Vermutung seines Häuptlings bestätigen. Es handle sich wohl um den gleichen Virus, der Tage zuvor im Dorf kursiert ist.

„Can I…can I do something…help you?“, fragt Heinrich den Arzt, da er genau weiß, dass er nicht einfach wieder zurück zu ihrem Zelt gehen kann, bis Alexander wieder gesund ist.

„Arí. I mean, yes.“, antwortet der Indio mit einem Lächeln.

„He needs to rest a lot and to drink my medicine. But to sink his fever you can rub his chest with this.“

Heinrich nimmt nickend die Schale entgegen, in der Catahecassa eine Salbe zubereitet hat.

„Thank you.“, sagt er noch leise, woraufhin der Indio ihm lächelnd zublinzelt, bevor er den Vorhang hinter sich zuzieht.

Heinrich dreht sich zu seinem Freund um und muss erst einmal aufseufzen.

„Als wenn ich nicht schon genug Probleme hab, da musst du mir noch welche machen…“, nuschelt er und stellt die Salbe auf dem kleinen Tischchen ab, als er auf dem Hocker neben dem Bett Platz nimmt.

Es ist plötzlich so ruhig im Zelt, während er seine Finger in die Schale tunkt. Vorsichtig setzt er seine Hände auf Alexanders Brust ab. Er hält seinen eigenen Atem an, um den seines Freundes zu hören.

Alexander atmet schwer, sein Brustkorb senkt sich unter Heinrichs Händen.

Langsam beginnt der Junge die wohlduftende Salbe auf der dunklen Haut zu verteilen. Immer noch ist es still im Zelt.

Alexander blinzelt kurz, als eine von Heinrichs Tränen auf seine Brust tropft.

„Du simulierst doch nur.“, presst der Kleine weinend hervor.

„Damit du dich von mir verwöhnen lassen kannst.“

Auf Alexanders Gesicht legt sich ein leichtes Lächeln.

Da nimmt Heinrich seine Hände wieder zu sich und wischt sich mit dem Unterarm über die Augen.

„Eigentlich sollt ich dich verrecken lassen…!“

Der Junge schreckt auf, als sich Alexanders schweißnasse Finger schwach um sein Handgelenk schließen.

Der Ältere hat die Augen immer noch nicht geöffnet; Heinrich wendet stur seinen Kopf ab, seine Hand lässt er in Alexanders.

Es herrscht wieder Stille im Zelt. Der Geruch der Salbe hat sich in der warmen Luft verteilt.

„Du…“

Heinrich unterbricht sich kurz. Er schließt fest die Augen. Aber er muss es jetzt einfach wissen.

„Du warst ja schon mal hier. Wie lange ist das her?“

Er hört, wie Alexander schluckt, bevor er antworten kann.

„Vier Jahre.“, kommt es leise von ihm.

Heinrich nickt, und der bittere Geschmack ist zurück in seinem Mund.

„Mhm.“, sagt er, „Ich hätte den Kleinen auch auf drei geschätzt.“

Alexander stutzt ob dieser Bemerkung.

Und plötzlich reißt es Heinrich nach vorne, als der Größere sich aufrichtet.

„H-hey! Was wird das?! Du musst liegen bleiben!“

Vergeblich versucht der Junge seinen Freund wieder zurück in die Kissen zu drücken, doch der sieht ihn nur eindringlich mit vom Fieber gläsernen Augen an.

„Heinrich, ich werd mich…mich nicht eher wieder hinlegen, bis…ich das mit dir geklärt hab.“

„Da gibt es nichts zu klären!“, ruft der Kleine, verzweifelt darüber, dass ihm schon wieder die Tränen die Wangen hinab laufen.

„Zu wissen, dass…dass du natürlich was mit anderen Männern hattest…! Das ist eine Sache, aber…dieses Baby zu sehen…! Diesen Jungen, der immer da sein wird und – als Beweis, a-als Ergebnis von…!“

Heinrich verstummt, als Alexander ihm eine Hand auf den Mund presst.

„Ich würd dich ja küssen, damit du still bist, aber ich…will dich nicht anstecken.“, sagt er leise, und man hört, dass es ihm schwer fällt.

„Das Kind ist nicht…meines.“

Heinrich befreit sich von der Hand und sieht seinen Freund empört an.

„Von wem ist es dann?! Du kennst die Frau! So wie die dich angesehen hat…!“

Alexander will sofort zur Antwort ansetzen, doch ein Hustenanfall unterbricht ihn.

„Und du sollst verdammt noch mal liegen bleiben!“, ruft Heinrich mit den Nerven am Ende, weil er so schrecklich zwischen Wut und Sorge hin und her gerissen ist.

Aber Alexander gehorcht nicht, umschließt die Arme des Jungen, die ihn zurück aufs Bett drücken wollen, mit den eigenen.

„Ich hatte…nichts mit Frauen, seit ich sechzehn…bin, Heinrich. Ich könnte niemals…Vater werden. Das Kind ist von Bonpland.“

Ungläubig sieht Heinrich seinen Freund an. Er versteht die Welt nicht mehr.

„D-Du lügst! Wieso hast du dich mit ihr gestritten! E-es ging doch um das Kind…!“

„Weil ich ihr gesagt hab, wie sch…scheiße ich das von Bonpland find. Ich hab ihr angeboten, es…es ihm zu sagen; er soll ihr Geld schicken, aber…aber sie lässt es nicht zu, dass ich so über ihn rede. Sie w…will kein Geld, nur Bonpland selbst. Das…das hab ich nicht verstanden.“

Heinrich kommt nicht mehr dazu, diese neuen Informationen zu verarbeiten, denn da fällt ihm Alexander völlig entkräftet in die Arme.

„Du verdammter…Idiot! Idiot! Ich hab gesagt du sollst dich hinlegen, und du…!“

Die Tränen laufen ihm über die Wangen, als er den Größeren zurück in die Kissen drückt, sich dabei fast auf ihn wirft.

Schluchzend presst er sein Gesicht an Alexanders Hals, fährt ihm mit den Händen über die Brust, da ihm irgendwie das mit der Salbe wieder eingefallen ist.

Es ist wieder ruhig im Zelt, nur Heinrichs Schluchzen ist zu hören.

„Ich verdammter Idiot…“
 

--------------

So, auf Wunsch von Ran34 ist Alex krank geworden. Schäm dich…! XD
 

Und eure Hoffnungen/Vermutungen wegen dem Kind haben sich natürlich bestätigt ;)

Ein exotischer Vogel, der zu seinem abendlichen Lied anstimmt, holt Alexander sanft aus seinem Schlaf.

Es riecht seltsam. Nicht schlecht. Nach…Salbe…?

Mühsam hebt er seinen Kopf und als er Heinrich sieht, der an seinem Krankenbett sitzt und schlummert, fällt ihm alles wieder ein.

Unwillkürlich muss er den Kopf schütteln. Wie ist der Kleine bloß auf so was gekommen?! Niemals hätte er gedacht, den Streit mit Tica vor ihm rechtfertigen zu müssen. Er und eine Frau – das ist doch das Abwegigste, auf das man kommen kann…!

Mit einem amüsierten Lächeln lässt er seine rechte Hand in Heinrichs Haare wandern und streichelt ihn sanft.

Er selbst hat solche Gefühle noch nie gehabt, aber Wilhelm hat ihm mal erklärt, dass Eifersucht blind mache. Das scheint also wohl zu stimmen.

Heinrich zuckt plötzlich zusammen und mit einem Mal ist er wach.

An seinen Augen, mit denen er Alexander erschrocken anstarrt, erkennt man noch, dass er geweint hat.

„W-wie geht’s dir?“, fragt er hastig, „Fühlst du dich wieder besser? Ist das Fieber wenigstens weg? – Oh, ich war ja so ein Idiot, Alexander, i-ich… Wie bin ich bloß darauf gekommen, dass…! Tut mir Leid, es tut mir ja so Leid! Ver…verzeihst du mir…?“

Mit einem sanften Lachen fährt Alexander dem Jungen über die Wange.

„Mir geht’s wieder besser. Fühl mich nicht mehr so arg schlapp. Und natürlich verzeih ich dir. Ich dachte bloß wirklich nicht, dass du auf so eine Idee kommst. Versprich mir nur, das nächste Mal, wenn dir was nicht klar ist, nachzufragen und nicht einfach zu schmollen, okay?“

Heinrich nickt eifrig, nimmt die Hand des Älteren von seiner Wange, um tausend Küsse auf dessen Handfläche zu verteilen.

„Ich versprech es dir, Alexander. Aber bitte verzeih mir, ich kümmer mich jetzt auch besser um dich! Ich bin…ich will dir die allerbeste Krankenschwester sein, versprochen, nur werd schnell wieder gesund, bitte…!“

Alexander muss sich erstmal räuspern.

„Ähäm…wie…wie meinst du das mit der Krankenschwester…?“

Heinrich scheut sich davor, ihn anzusehen, küsst sich stattdessen nur seinen Arm hinauf.

„So…wie du’s meinst…“, sagt er leise, als seine Hände nach Alexanders Wangen fassen.

„Nicht, ich– “

Weiter kommt der Professor nicht, denn da hat Heinrich seine Lippen für sich beansprucht, gibt ihm einen zärtlichen, feuchten Kuss.

„Ich bin ansteckend.“, bringt Alexander heraus, als der Junge an seinem Kiefer saugt.

„Du bist unrasiert.“, gibt Heinrich nur zurück.

Alexander rollt mit den Augen, bevor er seinen Freund am Hinterkopf packt, um ihre Münder wieder zusammenzuführen.

„Ich muss dich noch mal einreiben.“, haucht Heinrich, bevor er mit seiner Zunge wieder der des anderen entgegenkommt und ihre Lippen verschließt.

Schließlich kann er sich doch vom Älteren lösen, um seine Hände in die Schale mit der Salbe zu tunken.

„Mach’s dir bequemer.“, meint Alexander und zieht ihn zu sich aufs Bett, sodass der Junge auf seiner Hüfte sitzt.

Mit einem spitzbübischen Grinsen legt Heinrich seine Hände auf der Brust des Größeren ab und beginnt zu reiben.

Alexander schließt genießerisch die Augen, während die Finger seines Freundes verwöhnend über seine Haut streichen.

„Ich hab mir…ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht.“, flüstert Heinrich und beugt sich zum anderen hinunter, gibt ihm einen Kuss, den man auch draußen vor dem Vorhang hört.

„Mmm…ich hab mir auch Sorgen gemacht.“, haucht Alexander, während er versucht, noch einen Kuss zu erhaschen.

„Ich werd doch sonst – nie – krank.“, bringt er von kleinen Küssen unterbrochen heraus.

Plötzlich richtet sich Heinrich auf und sieht skeptisch auf seinen Freund herab.

„Mit wem hast du gestern Abend denn alles Körperflüssigkeiten ausgetauscht, dass das auf einmal passiert ist?!“

Alexander merkt, dass Heinrich das nicht wirklich ernst meint, und muss auch seinerseits grinsen.

„Och…“, meint er.

„Da war dieser kleine Knirps, der vor vier Jahren bei meinem Aufenthalt hier geboren wurde und gestern unaufhörlich mit mir Sandburgen bauen wollte.“

„Aha.“, gibt Heinrich von sich.

„Das war also der Junge, der noch nicht ganz gesund war, wie Tecumseh gesagt hat.“

„Mhm. Er heißt Alexander.“

Heinrichs Augen weiten sich überrascht.

„Echt?!“

Alexander nickt ein wenig stolz.

„Ja. Sie haben ihn nach mir benannt.“

„Okay.“, meint Heinrich.

„Du hast also mit keinem der Indios rumgemacht, weil du so verzweifelt warst, dass ich nicht da war?“

„Ich war so verzweifelt, dass ich mich mit einem vierjährigen Energiebündel rumgeschlagen hab…!“

Heinrich lacht leise und stütz seine Hände neben Alexanders Gesicht ab.

„Jetzt kannst du dich mit einem zwanzigjährigen Testosterongesteuerten rumschlagen.“

Mit einem zufriedenen Grinsen auf dem Gesicht legt Alexander dem Kleinen seine Hände an die Hüfte.

„Ich denk, damit komm ich klar.“

„Beweis es.“, haucht Heinrich, und Alexander kann sich nicht daran erinnern, dass der Junge schon mal so sexy geklungen hat.

Sofort sind Heinrichs Lippen wieder auf seinen, seine Zunge verschafft sich frech Einlass in Alexanders Mundhöhle, entzieht sich ihm immer wieder aufs Neue, und der Ältere muss sich seinem Freund entgegenrecken, um nicht zu lange auf das Gefühl des leckeren Mundes auf seinem verzichten zu müssen.

Den Jungen amüsiert dieses kleine Spiel und er steckt all seine Leidenschaft hinein.

„Das – gefällt dir, hm?“, meint Alexander, „Meine Hilflosigkeit – mmmmh – so auszunutzen.“

„Mhmmm~ Und wie’s dir erst gefällt…“, haucht Heinrich, bevor er sich der Unterlippe des Älteren zuwendet, an der er zu saugen beginnt.

Gerade stellt Alexander fest, wie schwierig diese Gradwanderung ist – immerhin befinden sie sich immer noch im Zelt des Arztes, doch will er das hier auch genießen – da dringt ein Lachen zu ihnen durch.

„You are enjoying yourselves, I see.“

Heftig erschrocken richtet Heinrich sich auf, sein Gesicht rot wie eine Tomate.

„Schon okay, bleib sitzen.“, meint Alexander schnell, als der Junge hastig von ihm runtersteigen will, bevor er sich mit einem kein bisschen eingeschüchterten Lächeln an Tecumseh wendet.

„Yes, we do. Didn’t you tell me to find true love eventually?“

Der Häuptling nickt lächelnd.

„I did, Alexander. But I did not say kiss like crazy when you are seriously ill.“

„I’m sorry.“

Tecumseh seufzt resignierend.

„No, you’re not.“, sagt er, bevor er auf die beiden zukommt.

Heinrichs Atmung und Gesichtsfarbe haben sich immer noch nicht normalisiert, als der Indio ihm durch die Haare fährt. Prüfend schaut er dem Jungen in die Augen.

„I will talk to Catahecassa that he will make some more medicine. For both of you.“

Alexander nickt, jetzt doch etwas schuldig.

„Now go on.“, meint Tecumseh mit einer flüchtigen Handbewegung und zieht hinter sich den Vorhang wieder zu.

Für die beiden Turteltauben hat es sich jedoch ausgeturtelt, da Alexander Heinrich erstmal in den Arm nehmen und vor einem nervlich bedingten Kreislaufkollaps bewahren muss.

Er könnte Tecumseh alle möglichen Sachen an den Kopf werfen! Jetzt war Heinrich gerade so…so umwerfend verführerisch selbstsicher und dominant und… – und dann muss der Alte hier auftauchen!

Alexander schmollt.

Das hat er bestimmt mit Absicht gemacht.
 

--------------

Die Krankheit, die Alex hat, darf sich jeder selbst raussuchen; vielleicht war’s auch nur Liebeskummer, da Heinrich aus unerklärlichen Gründen nicht mit ihm feiern ist ^^
 

Was ihr euch auch raussuchen dürft:

Alex und Heinrich werden evtl. noch nach Mexiko-Stadt und auf jeden Fall nach NYC kommen. Was sollen die beiden da erleben?? Ich nehm gerne Vorschläge an und schau, ob ich sie umsetzen kann :)
 

So, und jetzt will ich mich mal dafür bedanken, dass ich

- Leute dazu gebracht hab, Kleist zu lesen!

den Google-Übersetzer zu benutzen XD

- hier anscheinend eine Story produziert hab, die besser als Greys Anatomy ist!^^

und ab und zu Gänsehaut hervorruft -
 

was will man mehr?! X3

Am Morgen wacht Heinrich mit dem Kopf auf Alexanders Brust auf und ist glücklich, dass er nachts kein einziges Mal von diesem aus dem kleinen Krankenbett geworfen wurde.

Vormittags werden die beiden noch von Catahecassa untersucht, dürfen dann aber zurück zu ihrem Zelt.

Abends haben die Indios die Wiederholung der Willkommensfeier angesetzt, da Heinrich sich nun ihnen gegenüber ein wenig geöffnet hat.

Er war auch schon bei Tica, nach dem Jungen schauen.

Es tut mir Leid, „Je suis navré.“, hat er zu ihr auf Französisch gesagt.

Sie hat ihn überrascht angesehen. Ihn vielleicht nicht wirklich verstanden, aber sein Französisch schon.

Jetzt sind einige Männer gerade dabei, das Feuer zu entfachen, während die Frauen Fladenbrot und leckere Salate zubereiten.

Alexander begleitet die Indios auf der Jagd, Heinrich hingegen ist von ein paar Jugendlichen auf Englisch angesprochen worden und nun mit ihnen in die nächste Stadt aufgebrochen, um „something to drink“ zu holen.

Auf dem Weg dorthin gesellt sich irgendwann eines der Mädchen zu ihm, das mit den schönen gekräuselten kurzen Haaren.

„Hey“, sagt sie mit einem netten Lächeln, „I am Tamaya. You are very misk’i, Heinrich, do you know that?“

Er sieht sie nur fragend an.

„She means cute.“, meint einer der Jungs, und Tamaya stößt ihn mit einem Augenrollen von sich, als er ihr einen Arm um den Hals legt.

„Oh, ähm…thank you.“, gibt Heinrich etwas eingeschüchtert von sich.

„Alexander is really lucky that he found you.“, spricht sie weiter, während sie nebeneinander den Pfad entlanglaufen.

„And you´re happy about being his boyfriend, right?“

„Yes.“, antwortet Heinrich, und ein Lächeln legt sich auf sein Gesicht, „Indeed, I am happy.“ Ob man das happy wohl tatsächlich mit „glücklich“ übersetzen könnte?

Der Junge erschrickt etwas, als Tamaya sich bei ihm einhakt.

„Oh, Alexander is such a handsome man!“, fängt sie an zu schwärmen, „The last time he was here, many women tried to get close to him, and we were really shocked, when Urpi suddenly cought him making out with Wayra…“

Sie kichert, wohingegen Heinrich plötzlich ein ganz mieses Gefühl hat, seinen Freund mit eben diesem Wayra in einem anderen Winkel des Waldes auf der Jagd zu wissen.

„Hey, what's wrong?“, fragt ihn Tamaya besorgt.

Heinrich wendet seinen Blick von ihr ab.

„Nothing.“, sagt er tonlos und er schweigt sie den weiteren Weg weitestgehend an, während sie fast ohne Unterbrechung über alles Mögliche redet.

Heinrich weiß, dass er sich ja nicht mehr über solche Sachen aufregen wollte, keine Eifersucht mehr zulassen, aber es geht einfach nicht! Er kommt nicht daran vorbei, sich vorzustellen, was passiert, wenn Wayra Alexander die Jahre über nicht vergessen konnte, ihn von den anderen Jägern weggelockt hat und sich jetzt gerade an ihn ranmacht…! Wie reagiert Alexander?! Wayra sieht gut aus, er ist muskulös und gebräunt, und auch sein Gesicht ist attraktiv, seine Augen so schwarz und eindrucksvoll, wie bei einem wilden Tier…! Wayra ist eben alles, was er nicht ist…

„Heinrich?“

Aus seinen trostlosen Gedanken gerissen sieht der Junge zu Tamaya auf, die ihm eine Cola-Dose entgegenhält.

„Wanna drink a Coce? Or do you prefer something alcoholic?“

Heinrich, der schon die Cola entgegennehmen will, seufzt frustriert auf.

„Alcohol, please.“, antwortet er.
 

Als Alexander mit den anderen zurück ins Dorf kommt, stellt er erfreut fest, dass Heinrich mit den Jugendlichen schon am Feuer sitzt und sich anscheinend köstlich amüsiert. Schön, dass sein Freund sich hier doch wohl fühlt.

Wayra gibt ihm zu verstehen, dass er sich nicht um die Beute kümmern muss, das würden die anderen zusammen mit den Frauen schon machen.

Wayra. Der Indio hat ihn im Wald kurz beiseite genommen. Sie haben sich ausgesprochen, über damals. Er habe jetzt eine Frau im Dorf, hätte aber auch ab und zu wieder Beziehungen zu Männern gehabt. Wobei das zwischen ihnen ja gar keine Beziehung war. Nur eine Nacht, da Bonpland sowieso nicht da war; er war bei Tica. – Wayra hat sich jedenfalls für Alexander gefreut, dass er nun endlich einen festen Freund hat. Und übrigens: Heinrich sei auch wirklich misk’i.

„Na?“

Besagter Junge sieht mit seinen blauen Augen zu ihm auf, als er ihm eine Hand in den Nacken legt.

„Hi, Alex.“, grüßt Heinrich ihn grinsend zurück.

„Kann ich mich zu dir setzen?“

„Klar.“, antwortet der Kleine und rutscht etwas näher zu Tamaya, nicht ohne dass beide sich dabei ankichern müssen.

Skeptisch fasst Alexander seinen Freund beim Handgelenk, um das Etikett der Flasche in seiner Hand zu lesen.

„Du trinkst Alkohol?“

Heinrich entzieht sich dem Älteren.

„Ich erlaub mir halt auch mal was.“, meint er, bevor er noch einen Schluck nimmt.

Alexander geht nicht weiter drauf ein. Es ist ja nur Heinrichs gutes Recht.
 

--------------
 

Heinrich + Alkohol = ......???

XD
 

(Sorry, bin etwas spät dran diesmal ^^')

Das Essen ist wieder einmal riesig ausgefallen, sodass das ganze Dorf daran satt werden konnte.

Die Älteren sind dann auch schon gleich gegangen, Tecumseh ist noch am längsten geblieben.

Mittlerweile ist die Sonne untergegangen, und ums Feuer versammelt sitzen nur noch die jungen Indios, Wayra und Alexander sind die ältesten.

Alexander hat schon vor einer halben Stunde versucht, Heinrich dazu zu bringen, endlich mit dem Trinken aufzuhören.

„Heinrich, hey, meinst du nicht, das ist genug für einen Abend?“

„Och, Alex, sei kein Spielverderber!“

„Morgen hast du einen ganz schrecklichen Kater.“

Der Junge hat nur abgewinkt und sich wieder Tamaya zugewandt.

Die hat gerade ihre Flasche leer getrunken und legt sie nun vor sich auf die Erde.

„Much’a!“, ruft sie grinsend, und die anderen fangen zu jubeln an.

„Mutscha?“, wiederholt Heinrich fragend.

Tamaya gibt ihm einen Kuss auf die Wange.

„This means much’a.“, meint sie, und der Junge muss wieder kichern.

Alexander ahnt schreckliches: Flaschendrehen. Dafür ist er nun wirklich zu alt. Hilfesuchend schaut er zu Wayra.

Der wendet sich sofort an die anderen, man solle doch sie beide verschonen.

Einer der Jungen streckt ihm die Zunge raus. Niemand wolle auch so einen alten Sack wie ihn küssen.

Also findet das Spiel aller Spiele ohne sie statt, während Alexander sich auf die andere Seite des Feuers zu Wayra setzt.

Tamaya beginnt zu drehen und die Flasche landet auf Nahuel, der Junge, der am Nachmittag noch so fies zu ihr gewesen ist.

Mit einem rachevollen Grinsen weist Tamaya auf dessen Sitznachbarn.

„Much’ay!“, befiehlt sie, sodass der Indio zusammenzuckt.

Sein Protest geht in Heinrichs Lachen unter, der sich fast auf seine neu gewonnene Freundin draufwirft.

Mit einem deutlich unbehaglichen Gesichtsausdruck wendet der Junge sich also seinem Nachbarn zu und legt ihm kurz seine Lippen auf den Mund.

Während von den anderen ein paar Buhrufe kommen, springt Tamaya empört auf.

„You know what will happen if you don’t do it right! And you know how to do it right!“

Der Indio seufzt und sieht den anderen an. Der zuckt nur mit den Schultern, bevor er ihn am Hinterkopf packt und zu sich zieht.

Die Jugendlichen johlen und klatschen, als die zwei Jungs sich „right“ und ausgiebig küssen.

Alexander sieht amüsiert zu Wayra, der nur den Kopf über die Jüngeren schüttelt.

Heinrich bemerkt den Blickwechsel der beiden, was ihn noch ein Stück näher an Tamaya heranrücken lässt.

Der Gepeinigte von eben steht auf, um die Flasche zu drehen.

Großes Gegröle bricht aus, als der Flaschenhals auf Tamaya zeigt.

„Manaaaaam!“, ruft das Mädchen entsetzt.

„You will pay for what you did to me. Now.“, meint ihr Gegenüber hingegen mit einem breiten Grinsen.

„Much’ay!“, ruft er. Und zeigt, selbst von seiner Genialität überwältigt, auf Heinrich.

Heinrichs Herzschlag beschleunigt sich mit einem mal. Er versucht nicht allzu sehr seine Freude über diesen schönen Zufall deutlich werden zu lassen, als er Tamaya ansieht.

Deren Wangen sind plötzlich gerötet und sie blickt unsicher zu ihm auf.

„I’m sorry.“, bringt sie heraus.

„For what?“, meint Heinrich, nun doch mit einem kleinen Grinsen, und er kann förmlich Alexanders Blick auf sich spüren, als er dem Mädchen sanft einen Hand an die Wange legt und sich zu ihr hinüberbeugt.

Tamaya schmeckt süß und irgendwie aufregend, sie küsst so voller Leidenschaft, so sanft, so gut, so…

Es hat einige lange Sekunden gedauert, bis die erlebten Gefühle endlich ent-alkoholisiert in Heinrichs Gehirn angekommen sind: Tamaya küsst zögerlich. Und zurückhalten. Ihm fehlt die Frechheit, die große Hand an seinem Hinterkopf, die Bartstoppeln unter seiner, der herbe Geschmack von…von…

„What do you think you're doing?!?“

Erschrocken findet sich Heinrich auf dem Boden wieder, Wayra – Wayra?!? – über ihm.

„You stupid…!“

Wütend sieht der Mann zu Tamaya auf, ruft ihr irgendwas in Quechua zu, bevor er sich wieder an Heinrich wendet.

„Why did you do that?! Alexander does not deserve such things!“

„Yes, he only deserves you, right?!“, schreit der Junge und Tränen sammeln sich in seinen Augen.

Wayra sieht ihn lange mit seinen dunklen Augen an, richtet sich schließlich wieder auf.

„No.“, sagt er und blickt auf den anderen hinab.

„He only deserves you.“

Heinrich weiß nicht, wie ihm geschieht, als der Indio ihm eine Hand entgegenstreckt.

Zögerlich nimmt er diese an und lässt sich hochhelfen.

„I’ve got a wife.“, flüstert ihm Wayra zu, „I don’t love him. He doesn’t love me. He only loves you.“

Nachdem der Indio kurz in die Runde winkt und schließlich zwischen den Hütten verschwindet, blickt Heinrich alleingelassen in die Runde. Ihm steigt die Schamesröte ins Gesicht. Als er Alexanders verletzten Blick einfängt, wird ihm übel.

Sofort lässt er sich wieder auf die Knie fallen, um sich zu übergeben.

Da beginnen die Jugendlichen zu lachen, nur Tamaya steht auf, um ihm eine Kopfnuss zu geben.

„You are stupid, Heinrich!“, meint sie und reicht ihm das Tuch, in dem die Brote eingepackt waren, damit er sich den Mund abwischen kann.

„I – I’m sorry, I didn’t mean to…“, stammelt der Junge, „You are really nice, Tamaya, please don’t be upset, I– “

Das Mädchen gibt ihm erneut eine Kopfnuss und einen Schluck Cola, um den unangenehmen Geschmack loszuwerden.

„I am a bit angry, yes, but don’t say sorry to me, say sorry to Alexander.“

Heinrich nickt und versucht hastig, sich aufzurichten.

Sein Freund hat die Arme vor dem Körper verschränkt, als er auf ihn zuläuft.

„Alex, ich…“

Alexander unterbricht ihn: „Es hören alle zu, Heinrich, wir müssen das jetzt nicht hier ausdiskutieren, dass du mal wieder von völlig falschen Tatsachen ausgegangen bist, dich betrunken hast, das arme Mädchen mit ihren Gefühlen fehlgeleitet, und zum Abschluss uns allen vor die Füße gekotzt hast.“

„N-Nein, das muss wirklich jetzt sein! Die verstehen doch kein Deutsch!“

„Sie sehen uns zu.“

„Es tut mir so Leid, Alexander…!“

„Das wäre alles nicht passiert, wenn du nicht wieder unbegründet eifersüchtig gewesen wärst.“

„Diesmal war es nicht unbegründet! Und was kann ich dafür?! Warst du eben nicht eifersüchtig, als ich Tamaya geküsst hab? Warst du überhaupt schon mal eifersüchtig, weißt du, wie sich das anfühlt?!?“

Alexander sieht endlich mit einem sanften Lächeln zu ihm auf.

„Ich hoffe doch, du wirst es mich niemals erfahren lassen.“

Da merkt Heinrich, wie ihm wieder die Tränen kommen, und schnell wirft er sich seinem Freund um den Hals.

„Much’ay! Much’ay!“, rufen die Indios, und Alexander beginnt zu lachen.

Er zieht Heinrich richtig auf seinen Schoß und legt ihm seine Hände an den Rücken.

„Qanta munani.“, sagt er und legt ihre Nasenspitzen aneinander.

„Ich liebe dich, Heinrich, und du weißt ganz genau: nur dich.“

Der Kleine wischt sich über die Augen.

„Ja, ich weiß.“, meint er betreten, „Es tut mir Leid.“

„Much’away.“, sagt Alexander.

„Küss mich.“

Heinrich lächelt endlich, legt dem Älteren sanft eine Hand an die Wange beugt sich zu ihm hinunter.

Alexander erwidert seinen Kuss keineswegs zögerlich. Frech dringt dessen Zunge in seinen Mund ein, und da ist die große Hand an seinem Hinterkopf, die Bartstoppeln und der herbe Geschmack von…einfach nur Alexander.
 

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Sooooo, ein wenig albern heute ^^
 

Ist vielleicht noch zu früh dazu, aber ich wünsch euch allen Frohe Ostern! :3

Hab leider keine Zeit ein Bildchen mit Heinrich und Alex auf Eiersuche zu malen... XD

Alexander traut seinen Augen nicht: Ist das das Meer?

Ja, er kann die Wellen riechen, spürt den weichen Sand unter seinen Füßen. Und da vorne…

Heinrich kommt auf ihn zu, die Hände hinterm Körper verschränkt. Er wirkt schüchtern, unsicher, fährt sich mit seinen schlanken Fingern zögerlich über die nackte Brust.

Alexander lässt seinen Blick den Körper des Jungen hinabwandern. Und ihm fallen benahe die Augen aus: Ein…ein Bastrock! Sein Freund trägt doch tatsächlich – nur – einen Bastrock!

Mit jedem Schritt, den Heinrich näher kommt, wird der Himmel röter, der Sand unter Alexanders Füßen heißer. Auf das Gesicht des anderen legt sich langsam ein Grinsen, er leckt sich eine Schweißperle von der Oberlippe.

Alexander kann fast nicht mehr atmen, als der Junge vor ihm zum Stehen kommt, dankt ihm dafür, dass er ihm das Hemd aufknöpft, das mittlerweile ungemütlich an seinem Körper klebt. Heinrich fährt ihm wortlos mit einem Arm in den Nacken, dreht sich langsam um. Alexander keucht auf, als sein Freund ihm seinen mit dem Bastrock bekleideten Hintern in den Schritt presst. Mit einem viel zu unschuldigen Lächeln auf dem Gesicht beginnt Heinrich, seine Hüften zu bewegen, während er mit flammenden blauen Augen zu ihm aufsieht, mit den Haaren in seinem Nacken spielt.

Alexander legt seine Hände auf die brennend heißen Oberschenkel des Jungen, fährt die feuchte Haut hinauf… Heinrich denkt nicht daran aufzuhören, reibt sich immer lasziver an ihm; seine Augen sind halb geschlossen, er legt sich einen Finger an die Lippen, „Alexander…“, öffnet seinen Mund, seine Zunge leckt über die Fingerkuppe…, „Alexander“…

„Alexander, ich find’s ja super, dass du so was Schönes träumst, aber kannst du bitte n bisschen leiser stöhnen, ich hab Kopfweh…“

Völlig verwirrt schaut sich Angesprochener im Zelt um, fährt sich schließlich deprimiert übers Gesicht, als er feststellt, dass das Ganze ein Traum war, Heinrich nicht mit Bastrock sondern mit Kater neben ihm liegt, und er selbst wirklich unerträglich verschwitzt ist.

„Verdammt…“, bringt er mit rauer Stimme heraus.

„Kenn ich.“, murmelt Heinrich.

„Nh, ist mein Mund trocken…!“

„Yup.“

„Ich brauch unbedingt was zu trinken. Ham wir noch was da…? – Oh Gott, bin ich grad verpeilt…“

„Same here.“, meldet sich Heinrich unmotiviert.

Alexander fährt sich erneut übers Gesicht und bringt sich mit allerlei Mühe in die Senkrechte.

„Ich glaub, ich geh mal raus ans Wasser, mich waschen.“, meint er, doch als er aufstehen will, greift Heinrich nach seinem Handgelenk.

Verwirrt blickt er seinen Freund an, der mit geschlossenen Augen noch immer in seinem Schlafsack liegt.

„Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich dich so da rausgehen lass. Kann ja nicht zulassen, dass irgendein Wayra dir zufällig begegnet und dir seine Hilfe anbietet.“

Alexander setzt sich seufzend wieder hin und schaut betreten hinunter in seinen Schritt, wo die Boxershorts leider nicht viel kaschiert.

„Im muss raus, Heinrich, hier im Zelt ist es viel zu heiß und die Luft zu stickig und du…, als dass sich da irgendwas ändern sollte.“

„Wer hat denn gesagt, dass du darauf warten sollst, dasses weggeht?“, nuschelt der Junge.

Auf Alexanders Gesicht legt sich mit einem Mal ein freudiges Grinsen. Erwartungsvoll sieht er seinen Freund an.

Heinrich öffnet zögerlich eines seiner Augen, bevor er es genervt wieder schließt und sich einen Arm übers Gesicht legt.

„Du siehst strohdumm aus, mit dem Grinsen. Fehlt grad noch, dass du anfängst zu sabbern. Was erwartest du bitte?!, mir brummt der Schädel. Mach’s selbst, aber leise…!“

Alexander muss ein paar Mal blinzeln und ist nicht fähig dazu, eine Antwort auf diese Worte zu formulieren.

Schließlich lässt er sich mit einem Seufzen wieder auf seinen Schlafsack sinken. Aber wenn Heinrich jetzt denkt, er würde mit so was durchkommen, dann hat er sich damit ziemlich verschätzt: Denn Alexander zögert nicht lange, dann zieht er sich die Boxershorts herunter.

Heinrich braucht eine Weile, bis er realisiert, dass sein Freund tatsächlich seinem Befehl folgt. Nur leise hört er den beschleunigten Atem neben sich und die gedämpften Geräusche der auf und ab reibenden Hand.

Alexander muss grinsen, als er sieht, wie Heinrichs Körper sich verkrampft.

„Weißt du, was ich geträumt hab?“, flüstert er leise, „Ich hab von dir geträumt, in einem Bastrock. Du warst so sexy…“

Heinrich nimmt vorsichtig seinen Arm vom Gesicht. Langsam öffnet er seine Augen. Trotz brummendem Schädel gefällt es ihm, was er sieht.

„Und was hab ich gemacht?“, fragt er.

Alexander sieht ihn mit einem genießerischen Gesichtsausdruck an.

„Mmmm…, du hast dich an mich gepresst, dein wunderschöner Po…und dann hast du mich angesehen und…und einen Finger in den Mund genommen…“

„So?“, fragt Heinrich, vollkommen unschuldig, und leckt sich über den Zeigefinger.

„Jah…, ja…genau so…“

Der Junge schließt die Augen, um sein Kopfweh auszublenden, während er einen weiteren Finger in den Mund nimmt und zu saugen beginnt.

Alexander hat nun immer mehr Mühe, sein Stöhnen leise zu halten, biegt seinen Rücken durch.

„Sag was, Heinrich.“, bringt er heraus.

Sein Freund nimmt die Finger wieder aus dem Mund.

„Was?“

„Irgendwas, was…!, was mich…!“

Heinrich dreht sich seufzend auf die Seite, wobei ihm wieder einmal fürchterlich schwindlig wird.

„Okay, okay…“, meint er, „Aber du kümmerst dich dann darum, dass Catahecassa was beischafft, was mein Kopfweh besser macht, ja?“

Alexander nickt nur flüchtig. Er hat die Augen geschlossen, seine linke Hand liegt auf seiner schweißnassen Brust.

Heinrich atmet noch einmal tief durch, bevor auch er die Augen schließt und kurz die Luft anhält, um seinen Atem künstlich zu beschleunigen.

„Aaah, Alex…Nnnn…bitte mach weiter…weiter…Zieh mir mein Baströckchen aus und…! Ah! Ja, genau…“

Alexander merkt, wie ihn Heinrichs Stöhnen noch mehr erregt, sein Blut noch mehr in Wallung bringt. Er ist wieder zurück am Strand, Heinrich windet sich auf seinem Schoß, die Blumenkette, die er um seinen wunderschönen Hals trägt, wird zerdrückt, als sie sich enger aneinanderpressen.

„F-fester!“, hört er den Jungen keuchen und beschleunigt die Bewegungen seiner Hand.

„J-ja, ah…Alexander, du…! Du bist so…ngh! Bitte, mach’s mir!“

Er merkt, dass er nicht mehr weit –

„M-mach’s mir von hinten, bitte…!“

„OhmeinGottHa – ! ……Heinrich…“

Völlig außer Atem sieht er zu seinem Freund hinüber, der mit rotem Kopf seinem Blick ausweicht.

„Das war…das hätt ich dir nicht zugetraut.“, bringt Alexander heraus.

„Muss noch der Rest-Alkohol sein.“, nuschelt Heinrich beschämt.

„Bestimm.“, meint der Ältere mit einem Lachen.

„Danke jedenfalls. Darf ich mich jetzt so waschen gehen?“

„Mhm. Zieh dir vorher aber noch die Hose hoch.“
 

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Das war jetzt ja wohl nicht viel ernsthafter, als das letzte Kapi, oder…?! XD

Aber wir hatten auf der anderen Seite ja auch schon soooo viel Drama ^^

Seine nassen gewaschenen Shorts an, läuft Alexander am späten Morgen durchs Dorf. Letztes Mal hat er solche Aktionen noch vermieden, aber da die Indios ja nun wissen, dass er in festen (sehr eifersüchtigen) Händen ist, hat er keine Stalker oder Anbeter mehr zu befürchten.

„Cata?“

Vorsichtig öffnet Alexander den Vorhang zum Zelt des Arztes.

Catahecassa sitzt an seinem Tisch und reibt einen Haufen Blätter mit dem Mörser klein.

„Magani, Alexander. What can I do for you?“

„Magani. I need…something to ease Heinrich’s headache.“

Der Indio beginnt zu lachen.

„Yes, yes, he did drink a lot, no?“

„Arí. A bit too much.“

Catahecassa erhebt sich von seinem Hocker und läuft hinüber zu seinem Schrank. Dort holt er ein kleines Fläschchen heraus, womit er sich zu Alexander umdreht.

„Thank you.“, bedankt sich Alexander schon und will das Mittelchen entgegennehmen, da entzieht es ihm der Indio noch mal.

„And his headache caused you to take a bath - with all your clothes on -, so that you´re dripping on my floor now?“

Alexander hebt schmunzelnd einen Mundwinkel.

„No, I will not tell you. But I’m sorry for your floor. Really.“

Catahecassa gibt noch ein amüsiertes Schnaufen von sich, bevor er dem anderen endlich die Arznei reicht.

Als Alexander schon am Zeltausgang ist, ruft er ihm voller Genugtuung hinterher: „Theres no need to tell me; Goyathlay heard you while he passed your tent.“
 

Heinrich liegt mit angewinkelten Beinen auf seinem Schlafsack, die Augen fest geschlossen, als Alexander das Zelt öffnet.

Er beschließt erstens, die Zeltabdeckung eine Weile offen zu lassen, um mal anständig zu lüften, und zweitens, dass es Heinrich verboten gehört, nur in Unterhose schlafen zu gehen, mag er noch so betrunken sein.

Alexander kniet sich leise neben ihn. Sanft fährt er ihm durch die Haare.

„Heinrich…Schau mal, was ich hier für dich hab…“

Langsam öffnet der Kleine seine Augen.

„Was gegen deinen Kater.“

Der Junge grummelt irgendwas Unverständliches, reibt sich über die Augen, bevor er sich auf die Ellenbogen aufrichtet.

Alexander kann nicht anders und gibt ihm einen Kuss auf die Stirn.

„Sogar total verkatert bist du einfach nur hinreißend.“

„Jaja, gib her.“, nuschelt Heinrich nur und nimmt ihm das Fläschchen ab.

„Soll ich alles trinken?“

„Nimm einen Schluck.“

Der Junge tut wie geheißen und reicht Alexander die Flasche wieder zurück.

„Ich bring die gleich wieder zurück, ja?“

Heinrich nickt.

„Ich geh baden, falls ich mich besser fühl.“, meint er.

„Gut.“, entgegnet Alexander mit einem Lächeln und verlässt das Zelt.
 

Nach einer Weile geht es Heinrich tatsächlich ein wenig besser, und er schnappt sich sein Handtuch, um sich auf den Weg zur Wasserstelle zu machen.

Wie es ihm Alexander bei ihrer Ankunft erklärt hat, folgt er dem Flusslauf durch eine Reihe Büsche aufwärts, wo ein tieferes Becken zum Vorschein kommt. Am Ufer legt er das Handtuch ab und zieht seine Unterhose aus, bevor er sich ins Wasser begibt.

Das kühle Nass tut ihm gut, beruhigt den pochenden Schmerz in seinem Kopf. Sorgfältig wäscht er sich, genießt ein wenig die Ruhe.

Erst als er fürchterlich erschrickt, weil ein kleines Fischchen sein Bein streift, verlässt er schnell das Wasser und wickelt sich in sein Handtuch.

Da bemerkt er das Paar dunkler Augen, das zwischen den Blättern des Buschs hervorsticht.

„Wer…who’s there?“

Die Gestalt tritt hervor und es gibt sich Nahuel zu erkennen, der junge Indio, der Heinrich gestern Abend in diese peinliche Situation gebracht hat.

„Hi.“, grüßt ihn der Junge ein wenig peinlich berührt.

Heinrich wirft ihm einen verunsicherten Blick zu. Hat der Typ ihn eben beim Baden begafft?! Ein Spanner?!?

„I-I did not…I just wanted to take a bath and…and then I saw you and decided that…I want to talk to you.“

Heinrich nickt zögerlich. Okay. Doch kein Spanner. Nur ein bisschen.

Er setzt sich in seinem Handtuch ans Ufer, damit Nahuel neben ihm Platz nehmen kann, doch der Indio zieht sich seinen Lendenschurz aus und springt ins Wasser.

Als er ans Ufer geschwommen kommt, legt er seine Unterarme auf den Felsen ab und sieht zu Heinrich auf.

„It’s about Tamaya.“

Auf Heinrichs Gesicht schleicht sich ein Lächeln.

„Ah. I knew you like her.“, meint er.

Nahuel fährt sich etwas unsicher durch die Haare.

„Yes, I…But she likes you and– “

„But not that way!“, unterbricht ihn Heinrich sofort.

„Look, she…she thinks I’m nice, yes, because I don’t say bad things to her and…and make her kiss other boys.“

Die Augen des Indios weiten sich.

„Oh, so it’s my fault?!“, gibt er leicht gereizt von sich.

„Yes, it is.“, antwortet Heinrich direkt.

„She likes you the way you like her, but you can’t just be rude to her! She’s a woman. They don’t like it, when you only call them names and… It’s funny sometimes, but you also should show her that you care about her. Women like compliments; you should compliment her from time to time. And you should be romantic.“

Nahuel scheint zu überlegen. Schließlich nickt er.

„You’re right. So you mean I should treat her more nicely, more politely.“

Heinrich nickt.

„Yes, do that. And you will see that she falls for you.“

Der junge Indio grinst.

„So Alexander was very nice to you too, eh?“

Heinrich wendet etwas schüchtern seinen Blick ab und spielt mit den Zipfeln des Handtuchs.

„Yes. He rescued me.“, antwortet er leise.

„That’s why you fell for him?“, hakt Nahuel nach.

Als Heinrich nur schweigt und sein Blick in die Ferne schweift, muss der Indio grinsen.

„That and because he has this strong, delicious, overexciting body.“, meint er.

Der Junge fühlt sich ertappt.
 

Beim Mittagessen im Dorf wird einstimmig beschlossen: Keinen Alkohol mehr für Heinrich.

Während Tamaya ganz erstaunt ist, wie zuvorkommend Nahuel ihr das Fleisch vom Feuer reicht, genießt Heinrich den Luxus, von Alexander mit Früchten gefüttert zu werden.

„Did my medicine help you?“

Heinrich nickt nur, da er den Mund voll hat.

„Arí, very much.“, antwortet Alexander.

Heinrich fasst ihn am Kinn.

„Much’away.“, sagt er.

Sein Freund gehorcht mit einem Grinsen und küsst ihn.

Die Sonne ist erst vor wenigen Minuten aufgegangen, aber das ganze Dorf ist schon in Aufruhr.

Alexander muss schmunzeln, als er sieht, wie schwer es auch Heinrich fällt, sich von seinen neu gewonnenen Freunden zu verabschieden.

„Heinriiiich, I will miss you…!“, ruft Tamaya und wirft sich dem Jungen um den Hals.

„Alexander.“

Der Ältere sieht zum Häuptling auf, der ihm mit einem feierlichen Lächeln die Hand reicht.

„Tecumseh.“, sagt er, nimmt die Hand an und wird vom Indio in eine feste Umarmung gezogen.

„I wish you both all the luck and happiness I can pray for.“, meint er, als er Heinrich das letzte Mal durch die Haare wuschelt.

„Until next time.“, verspricht Alexander und wendet sich Catahecassa zu.

„Unikawa, amicay!“, ruft Alexander und winkt den Indios zum Abschied.

„Farwell, my friends!“

Heinrich dreht sich zu Alexander um, und sie laufen los, da hört er die schnellen Schritte hinter sich und noch einmal wirft sich Tamaya ihm um den Hals.

„Hear quickly:“, flüstert sie, „Tecumseh says it’s an evil and demonic thing, but when we are in the city to get something to drink, we often go into the internet café. I’m on Facebook. Just that we can stay in touch.“

Sie lässt ihn wieder los, und Heinrich grinst sie freudig überrascht an.

„Much’away, for making Nahuel a bit jeleaous.“, bittet sie mit einem Zwinkern.

Der Junge lacht leise und beugt sich nach vorne, um ihr einen Kuss auf die Wange zu drücken.

„Goodbye, Heinrich!“, ruft sie und winkt ihnen zusammen mit den anderen Indios hinterher, bis sie im Regenwald verschwunden sind.

„Musste das sein?“, brummelt Alexander nach einer Weile.

Heinrich antwortet nur mit einem selbstgefälligen Grinsen. Alexander ist ja also doch ein wenig eifersüchtig zu kriegen…
 

Es sind drei Stunden Fußmarsch, an den, wie der Ältere feststellt, sein Freund schon gar nicht mehr gewöhnt ist, bis sie die nächste Stadt erreichen. Wie Alexander es geplant hat, bucht er ihnen gleich einen Flug ab dem Aeropuerto Internacional José Joaquín de Olmedo bis nach Mexiko-Stadt.

Heinrich sieht ein wenig unzufrieden aus.

„Schon wieder fliegen?“, fragt er zögerlich.

Alexander schaut ihn skeptisch an.

„Heinrich, bitte. Wir befinden uns seit guten vier Wochen wieder mit den Füßen auf Festland. Willst du nach Mexiko schwimmen?“

„Hm. Nein.“, gibt der Kleine beleidigt von sich.

„Ich lenk dich wieder ab. Du überstehst den Flug schon. Wirst sehn: Wenn wir wieder zurück nach Deutschland kommen, bist du das Fliegen so gewöhnt, dass du gar nicht mehr laufen willst.“

„Na, das bezweifel ich aber.“, meint Heinrich.

Nichtsdestotrotz steigt er drei Stunden später mit Alexander in die Maschine Richtung Mexiko-Stadt.

„Alexander, das…das Triebwerk…das sieht aus, als wenn es stillsteht…“

„Das sieht nur so aus, Heinrich.“

„Wieso müssen wir auch direkt am Flügel sitzen?!“

„Weil man beim Buchen drei Stunden vor dem Flug natürlich nicht mehr so die freie Platzwahl hat. Sei froh, dass wir überhaupt nebeneinander sitzen.“

Heinrich reißt entsetzt die Augen auf.

„Das hättest du gemacht?!? Spinnst du?! Ich wär nicht eingestiegen, das kannst du aber glauben…!“

Alexander legt ihm nur lachend einen Finger auf die Lippen.

„Nicht so laut, die Leute schauen schon wieder.“

„Solln se doch…“, grummelt Heinrich.

Alexander grinst ihn an.

„Sag bloß, Fliegen macht dich immer so aggressiv.“

Auf diesen Kommentar hin pustet der Kleine nur empört die Backen auf und verschränkt die Arme.

Es dauert eine Weile, bis er wieder zu meckern beginnt.

„Und wieso muss ich am Fenster sitzen? Du weißt doch, dass ich das nicht abkann.“

Alexander dreht sich etwas weiter zu Heinrich herum, sodass er mit seinem breiten Rücken die Sicht zum Gang verdeckt.

„Damit ich mich so hinsetzen kann, dass niemand sieht, wenn…“, er lehnt sich zu seinem Freund herunter, „…ich das hier mache.“, und legt seine geöffneten Lippen auf die des Kleineren.

Heinrichs Augen weiten sich überrascht, schließen sich schließlich mit flatternden Wimpern, als Alexanders Zunge in seinen Mund eindringt.

Sanft legt der Ältere ihm eine Hand an die Wange, küsst ihn voller Hingabe, stets mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.

Als Heinrich ein leises Keuchen von sich gibt, lässt Alexander kurz von ihm ab. Der Junge spürt die Wörter als Hauchen auf seinem Mund.

„Pschhh…Wir wollen doch niemanden belästigen, sonst schmeißen sie uns noch raus.“

Heinrich schluckt.

„Be-bekommen wir dann wenigstens Fallschirme?“

„Mhm.“, bringt Alexander noch heraus, bevor er die Lippen des anderen erneut beschlagnahmt.
 

Als das nächste Mal wieder Geräusche der Umwelt an Alexanders Ohr dringen, ist die Stewardess mit dem Essen schon zwei Sitzreihen weiter, und etwas widerwillig macht er sich von Heinrichs Lippen los.

Da sie mit einer Spanischen Airline fliegen, ruft er der Flugbegleiterin auf Spanisch zu, sie wäre doch so nett, noch mal zu ihnen zurückzukommen, sie wollten dann doch was essen.

Die junge Frau grinst leicht und verspricht, gleich vorbeizukommen.

„Siehst du“, meint Alexander, als sie das Essen vor sich stehen haben, „Hast du jetzt irgendwas vonwegen Luftlöschern, Turbulenzen und dergleichen mitbekommen?“

Der Junge sieht nicht zu ihm auf, aber er antwortet mit einem Lächeln.

„Turbulenzen, hm, kann man so sagen, aber an so einen Flug könnte man sich wirklich gewöhnen.“

„Na bitte.“, lacht Alexander zufrieden und wendet sich ebenfalls seinem Essen zu.

Die letzten Stunden in der Luft werden noch mit ein paar Küssen überbrückt, bevor sie in der Hauptstadt Mexikos landen.
 

Als Heinrich aus dem Flughafengebäude auf die belebten Straßen tritt, meint er, die Zeit, die die ganzen Tage über stillgestanden schien, läuft wieder weiter.

„Die Zivilisation hat uns wieder.“, seufzt er.

Alexander sieht ihn schmunzelnd an.

„Höre ich da Erleichterung oder Abschiedsschmerz in deiner Stimme?“

„Hm, das is wohl egal. Ich hab ja dich bei mir.“

Der Professor lacht herzlich und legt Heinrich eine Hand in den Nacken.

Der sieht ob dieser Berührung skeptisch zu ihm auf.

„Also in Mexiko-Stadt nicht so intim, hm?“

„Nur im richtigen Viertel.“, antwortet Alexander und setzt sich seinen Hut auf.

Gemeinsam machen sie sich auf den Weg zum Hotel.

„Hab ich dir schon mal gesagt, dass du mich mit dem Hut an jemanden erinnerst?“

Alexander zieht einen Mundwinkel nach oben.

„Nein, hast du nicht.“

„Hm.“

„An wen erinner ich dich denn? Aber nicht an irgendeinen Onkel oder deinen Opa, hoff ich doch…“

„Nein, an…an irgendwen mit mehr Sexappeal…“

„Oh, das klingt schon besser.“

„Und…und mit Schweiß und Dreck und…Peitsche…?!“

Alexander räuspert sich, als sie an einer viel befahrenen Straße stehen bleiben.

„Das, ähm…klingt sehr interessant, Heinrich. Wirklich.“

Der Junge kratzt sich am Kopf.

„Ja, find ich auch, aber ich komm einfach nicht drauf…!“

Plötzlich springt ein Junge auf der anderen Straßenseite aufgeregt in die Luft.

„Indiana Jones!“

„Ach.“, gibt Alexander von sich und rückt seinen Hut zurecht.

Heinrich schnippt mit den Fingern.

„Genau! Der war’s!“
 

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Sorry, aber die Royal Wedding hatte mich in ihrem Bann^^
 

Und, ja, 50 Kapitel, aber auch 100 Kommentare! O.o

Tut mir Leid, dass ich mich hier nur in Worten dafür bedanken kann, aber ich hab im Moment so wenig Zeit, dass ich schon glücklich drüber bin, wenigstens ab und zu zum Weiterschreiben zu kommen ^^'

Nächste Woche wird’s hoffentlich besser. Vorläufig also mal: VIELEN DANK an die fleißigen Leser!!! =)

Das Hotel liegt an einer großen Straße, hat nicht viele Zimmer, es ist das dritte, das sie nun schon anlaufen, die zwei zuvor waren bis aufs letzte Zimmer ausgebucht. Aber hier hat Alexander Erfolg und bucht ein Doppelzimmer für eine Nacht.

Einzelbetten? – Ja, natürlich Einzelbetten. Heinrich hätte widersprochen, aber er versteht es zum Glück ja nicht.

Auch als sie auf dem Zimmer sind, schweigt der Kleine jedoch komischerweise. Naja, sein Freund braucht wohl wieder ein wenig Abstand, vermutet Alexander und setzt seinen Rucksack auf dem Boden ab.

„Ich geh gleich mal duschen, okay?“, meint Heinrich.

„Ja, ist ja noch bisschen Zeit bis zum Abendessen. Oder hast du schon Hunger?“

Der Junge schüttelt den Kopf, bevor er im Bad verschwindet.

Alexander sieht ihm nachdenklich nach. Während er nur das Nötigste aus dem Rucksack ausräumt, kommt ihm die Befürchtung, dass der Kleine vielleicht immer noch Probleme mit der Hektik und Gesichtslosigkeit der modernen Welt hat. Dass er nicht damit klarkommt, wieder so vielen Menschen ausgesetzt zu sein, dem Konkurrenzdenken, dem Stress des Alltags – und mit all dem: der Vergangenheit.

Alexander nimmt auf einem der Betten Platz und schließt die Augen.

Wenn es so ist, dann will er gerne mit dem Jungen wieder zurück in den Regenwald fliehen und bis ans Ende ihrer Tage bei Tecumseh und seinen Leuten leben.

Es dauert noch eine Weile, bis Heinrich mit triefend nassen Haaren und in ein großes Handtuch gewickelt aus dem Bad kommt.

„Ist das Bad sauber?“

„Mhm.“

„Wird das Wasser auch warm?“

„Ja.“

Alexander nickt zögerlich, da er nicht weiß, ob er seinen Freund auf dessen Wortkargheit ansprechen soll.

„Dann geh ich auch mal duschen.“, meint er schließlich nur und läuft ins Bad.

Es ist wirklich sauber, und auch das Wasser wird warm, aber er stellt es gleich wieder kalt, ist er doch kaltes Wasser noch so gewöhnt. Schon vor vier Jahren war es seltsam, plötzlich wieder fließendes Wasser zu haben, Strom, Autos, Handy, Computer…

Und eine so große Auswahl an Essen.

Mit einem motivierten Grinsen auf dem Gesicht tritt Alexander frisch rasiert und gewaschen ins Zimmer, eine elegante Jeans und ein hellgrünes Hemd an. Er findet Heinrich in seinem fliederfarbenen Shirt und kurzer Hose auf dem Bett vor und schmeißt sich kurzerhand neben ihn auf die Matratze.

Er gibt dem überrumpelten Jungen einen schmatzenden Kuss auf die Lippen, bevor er ihn auffordernd ansieht.

„Und? Wollen wir uns ein bisschen die Stadt anschauen und dann fein essen gehen? Ich hab gedacht, wir können morgenfrüh ins Museum, abends dann erst weiter nach New York fliegen.“

Heinrich sitzt mit einem Mal senkrecht im Bett.

„N-nach New York?!“

Alexander richtet sich unsicher auf.

„Ja, nach New York City, dachte ich…Wenn man schon mal in Amerika ist, sollte man auch New York gesehen haben, oder nicht? Wenn du natürlich gleich wieder nachhause willst, ist das auch in Ordnung. Gefällt dir New York nicht?“

Der Junge weicht seinem Blick aus.

„D-doch, schon, ich…natürlich wollt ich schon immer mal nach New York– “

„Siehst du.“, unterbricht ihn Alexander und greift nach seinen Händen.

Mit einem aufmunternden Lächeln schaut er Heinrich an.

Der sieht endlich zu ihm auf, und auch auf sein Gesicht legt sich nun ein leichtes Lächeln.

„Na, bitte.“, meint der Ältere und schwingt sich vom Bett, „Dann gehen wir uns jetzt ein schickes Restaurant zum Abendessen suchen, ja?“

„Ja.“, antwortet der Kleine und lässt sich von seinem Freund hochziehen.
 

Dicht beieinander laufen sie durch Mexikos Straßen, und als sie mehr ins Zentrum kommen, nimmt Alexander Heinrichs Hand. Er hat sie in die Fußgängerzone gelotst, weist den Jungen hier und da auf ein Gebäude hin, wenn er ein wenig dazu sagen kann.

Im Kern des historischen Zentrums bleiben sie auf einem riesigen Platz stehen, dessen Lichter im Abendrot leuchten.

„Das ist der Platz der Verfassung.“, erklärt Alexander, „Der Zócalo. Hier stand der Palast des Aztekenherrschers Moctezuma II.“

Heinrich nickt beeindruckt, während er das pompöse Gebäude zu seiner linken betrachtet.

„Das ist die Kathedrale. Schick, nicht?“

„Kann man wohl sagen.“, entgegnet der Junge.

„Das da drüben ist der Palacio Municipal und hier der Palacio Nacional.“

Alexander lässt seine Hand los und schiebt den Staunenden an der Schulter ein wenig voran.

„Und das“, meint er, als er auf ein Restaurant zeigt, das die Tische draußen auf dem Platz stehen hat, „ist der Ort, wo wir unser Abendessen zu uns nehmen werden.“

Heinrich schluckt, als er die geschmückten Tische sieht, die Kerzen, die Kellner mit Fliege und Frack…

„Und weil du so schöne Beine hast,“, ergänzt Alexander mit einem Grinsen, „lassen die dich auch in kurzer Hose rein.“

Wie benommen lässt sich Heinrich hinüber zum Restaurant führen, sich von Alexander den Stuhl zurückschieben, auf dem er dann Platz nimmt.

„Buenas noches.“, werden sie gleich von einem der Kellner begrüßt und bekommen die Karte gereicht.

„Hm.“, kommt es von Heinrich, als sich Alexander schon für einen Rotwein entschieden hat.

„Was?“

„Alles so teuer hier.“

Der Ältere muss leise lachen.

„Natürlich ist es das, da bezahlst du die Aussicht auf den Platz mit.“

„Ah.“

„Aber egal, such dir raus, was du willst. Fisch? Oder sie haben auch Nudeln, schau.“

„Und so eine Menge Nachtisch…“, stellt der Kleine fest, als er die ganze Karte durchgeblättert hat.

„Mousse de chocolate. Ist das Mousse au Chocolat?“, fragt er.

„Ja, genau.“, antwortet Alexander, „Darfst du dir nachher gerne bestellen.“

„Hm.“, kommt es nur zurück.

Mit ein paar Hinweisen von seinem Freund gelingt es dem Jungen schließlich, sich für eine Hauptspeise zu entscheiden, als schon längst ihre Getränke da sind.

Die Tapas, die es als Vorspeise gibt, beäugt Heinrich noch kritisch, wohingegen er sich auf seine Nudeln mit Lachs richtig zu stürzen scheint.

Trotzdem fällt Alexander auf, dass der Kleine recht still ist, aber so genießen sie ein wenig schweigend die Aussicht auf den wunderschönen Platz.

„Willst du noch einen Nachtisch?“, fragt der Ältere seinen Freund dann irgendwann, als ihre Teller abgeräumt wurden, und sieht ihn erwartungsvoll an.

Heinrich weicht seinem Blick aus.

„Nein. Nein, danke.“, antwortet er schüchtern.

„Du hast doch vorhin noch so Lust auf deine Mousse au Chocolat gehabt.“

„Wirklich nicht, Alex.“

Alexander grinst jedoch nur und winkt den Kellner herbei, um zwei Portionen zu bestellen.

Als er wieder zu Heinrich schaut, muss er geschockt feststellen, dass dem Kleinen stumme Tränen die Wangen hinab laufen, die er verzweifelt versucht zu verbergen.

„H-Heinrich, was…was ist los? Hab ich was falsch gemacht, ich wollte nicht– Heinrich, was…“

Heinrich zieht schluchzend die Nase hoch, seine Wangen sind glühend rot.

„I-ich kann dir…Das Zelten und der Flug ging grad noch, a-aber…das Zimmer und das teure Essen und dann noch New York! Ich kann dir das doch niemals alles zurückzahlen…!“

Alexanders Augen weiten sich. Dann muss er gerührt lächeln und fasst nach Heinrichs Hand.

„Deswegen bist du die ganze Zeit schon so nachdenklich? Wegen dem Geld? Heinrich, natürlich musst du mir keinen Cent davon zurückzahlen.“

„Natürlich muss ich das!“, entgegnet der Junge aufgebracht, zuckt im nächsten Moment zusammen, als er merkt, wie laut er spricht.

„Musst du nicht, Heinrich.“

„D-du hast nen Job, ja, aber du fütterst mich doch schon zuhause durch u-und bezahlst die Miete und– “

„Ich bin kein armer Universitätsprofessor, der auf Abenteuerreise gehen muss, um sich mit archäologischen Funden was dazuzuverdienen.“, unterbricht ihn Alexander, „Ich bin…sagen wir, Erbe.“

Heinrich stutzt, wischt sich mit der freien Hand die Tränen aus dem Gesicht.

„Erbe…?“, wiederholt er.

„Mhm.“, meint Alexander und reicht ihm ein Taschentuch.

„Als unsere Mutter vor fünf Jahren gestorben ist, hat Wilhelm die Universität und die Immobilien geerbt, und ich ein paar Hypotheken daraus.“

„Das…das heißt?“, hakt der Junge nach.

„Das heißt eine so beachtliche Menge an Bargeld, dass ich damit ruhig zwei Amerikareisen unternehmen kann. Und dem allerliebsten, wunderbarsten Menschen auf diesem Planeten einen Nachtisch spendieren.“

Heinrich erwidert das Lächeln zögerlich und wirkt noch etwas überfordert, als der Kellner die zwei Portionen Mousse au Chocolat bringt.
 

Am Abend kommt Alexander nicht ins Bett, ohne zuvor von einem kuschelwütigen Heinrich angefallen zu werden.

Mit zahlreichen Küssen schmiegt sich der Junge an ihn, legt sich zu ihm unter die Decke, schlingt Arme und Beine um seinen Körper.

„Weißt du was? Ich schlaf hier bei dir.“

„Aber die Betten sind doch so klein…“

Mit einem Mal liegt der Kleine auf ihm und bettet den Kopf auf seine Brust.

„So.“, gibt er nur von sich, als würde das alle Probleme lösen.

„Du glaubst doch wohl nicht, dass ich so einschlafen kann?“, meint Alexander skeptisch.

Heinrich kichert leise.

„Bin ich zu schwer oder zu…aufregend?“

Der Professor fährt ihm mit einer Hand sanft in die Haare, um ihn zu streicheln.

„Du kennst die Antwort ganz genau.“, flüstert er.

Es bleibt eine Weile still, und als Alexander seinen Kopf hebt, um nachzusehen, findet er seinen Freund mit geschlossenen Augen und friedlich schlafend vor.

Seufzend schließt er ebenfalls die Augen.

Er hat schon lange nicht mehr an Caroline gedacht. Wird er wohl ein paar Geranien zum Einschlafen zählen…
 

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Ha! Muss Ran doch noch ein Kapitel länger auf die Umsetzung ihrer Idee warten XD
 

Ich hab festgestellt, dass ich auch noch ein paar Vorschläge hierzu annehmen könnte:

Alex + Heinrich + Shoppen in NYC. Was fällt euch dazu ein…? ^^

Das Museum war gut mit dem Bus zu erreichen, Heinrichs Geschmack nach zwar etwas zu früh am Morgen, aber was tut man nicht alles für seinen Liebsten.

Also sind die beiden nun, wie es sich für einen Museumsbesuch gehört, schon vormittags im Museo Nacional de Antropología unterwegs, das archäologische Funde und Artefakte, vor allem aus der Zeit der Mayas ausstellt.

Während Alexander begeistert jedes dieser Ausstellungsstücke begutachtet und aufmerksam die Erklärungen dazu liest, scheint Heinrich insgesamt weniger begeistert. Obwohl die Texte auch auf Englisch abgedruckt sind, bleibt er nie lange irgendwo stehen und wuselt eher ungeduldig um den Älteren herum.

Irgendwann reicht es dem und er schlingt seinem Freund plötzlich einen Arm um die Schultern und zieht ihn an seine Seite.

„Hey, Alex…Lass mich los…“, murrt der Junge, doch Alexander denkt nicht daran.

„Du machst mich ganz nervös, wenn du so hektisch hier rumrennst und mich laufend aufforderst, schneller zu machen. Das hier ist ein Museum, für das man sich gerne mal Zeit nehmen kann. Schau dir doch das hier mal an.“

„Oha, ein riesiger Stein.“, gibt Heinrich von sich und fiepst auf, als Alexanders Arm sich zur Strafe für diese unqualifizierte Aussage fester um ihn legt.

„Das ist kein gewöhnlicher Stein, das ist la Piedra del Sol, der Stein der Sonne. Er wurde im Bereich des Haupttempels von Tenochtitlán entdeckt. Jede dieser Gravuren hat eine Bedeutung, jede Furche eine bestimmte Funktion und– “

„Ich find das trotzdem langweilig.“

Alexander seufzt laut.

Heinrich sieht unsicher zu ihm auf.

„Ich versteh ja, dass du das wahnsinnig interessant findest, aber…das ist nicht so mein Ding. Von mir aus können wir uns Gemälde anschauen, oder Ritterrüstungen und Waffen, aber keine ausgebuddelten Steine.“

Alexander schiebt Heinrich nach hinten und sie nehmen auf einer der Bänke im Raum Platz.

„Heinrich.“, fängt der Professor eindringlich an und hat seine gute Laune noch nicht aufgegeben.

„Hast du dich noch nie gefragt, wo diese „ausgebuddelten Steine“ herkommen? Wieso sie entstanden sind, wer sie geschaffen und wie man sie benutzt hat, was wir durch den Fund heute über damals sagen können?“

Der Junge will mit einem „Nein“ antworten, aber er zögert, weil er den anderen nicht verletzen will, und da spricht sein Freund schon weiter.

„Ich glaub, ich erzähl dir mal ein bisschen was über Mexiko, hm? Ich mag es nämlich nicht, wenn du dich hier nur langweilst, ich will, dass dir unser Museumsbesuch nicht wie vergeudete Zeit vorkommt, sondern auch ein wenig Spaß macht, okay?“

Heinrich nickt leicht.

Alexander steht also auf und zieht den Kleinen hinter sich her zu der Miniaturanlage am Anfang der Ausstellung, die das aztekische Mexiko darstellt.

„Also“, fängt Alexander an.

„Der Legende nach lebten die Azteken Nordöstlich von hier und brachen nach einer Weisung des Gottes Huitzilopochtli – “

Heinrich prustet plötzlich los.

Der Professor sieht ihn erstaunt an.

„Lopochtli…!“, kichert Heinrich, „Dreht man das um, hat man Polochtli…!“

„Ach, wie witzig…“, gibt Alexander weniger begeistert von sich.

„Zurück zur Legende, ja?“

„Bitte.“

„Also, die Azteken sind auf das Geheiß ihres Gottes, der an dieser Stelle doch lieber anonym bleiben will, hier in diese Gegend aufgebrochen. Ihnen wurde prophezeit, dass sie sich dort ansiedeln sollten, wo ein Adler auf einem Feigenkaktus sitzt und mit einer Schlange kämpft.“

Alexander bricht wieder ab, da Heinrich ihm ein wenig zu skeptisch dreinblickt.

„Was?“

„Ein Adler auf nem Feigenkaktus?! Echt? Und das haben die geglaubt?“

„Es ist eine Legende, Heinrich, aber wenn du jetzt an allem was auszusetzen hast, dann kann ich das hier auch lassen und mir weiter die Ausstellung ansehen, die mich interessiert.“

Bei diesen Worten versetzt es Heinrich einen Stich durchs Herz und er realisiert, dass Alexander wohl noch nie so mit ihm gesprochen hat. Aber auch der Ältere merkt, wie wütend er geklungen hat, und will sich schon entschuldigen, da kommt ihm sein Freund zuvor.

„Tut mir Leid.“, sagt der Junge betreten, „Aber…das spricht mich alles halt nicht so an…“

Alexander betrachtet den anderen nachdenklich.

So. Es spricht den jungen Herrn also nicht so an, was er zu erzählen hat. Dem kann leicht Abhilfe geschaffen werden…

„Komm, wir gehen mal einen Stock höher.“, meint er und schiebt Heinrich ein wenig an.

„Wieso das?“

„Weil es hier unten wirklich langweilig ist, hast Recht.“

Der Junge ist noch etwas skeptisch, aber er folgt dem Älteren.

Oben biegt Alexander nach links ab, wo zahlreiche Tongefäße ausgestellt sind. Vor der letzten Vitrine bleibt er stehen.

„Schau dir das mal an. Vielleicht findest du das interessanter als den „ausgebuddelten Stein“.“

Heinrich tritt ein wenig näher ans Glas heran, doch er sieht immer noch nur einen hölzernen, ausgehöhlten Stock.

„Is nich dein Ernst.“

Alexander unterdrückt ein hinterhältiges Grinsen.

„Ach, ja, sorry. Natürlich ist ein ausgebuddelter Ast nicht interessanter als ein ausgebuddelter Stein, hm?“

Heinrich antwortet nichts, sondern zieht nur seine Augenbrauen zusammen.

„Aber“, fängt der Professor an und dreht sich zu ihn herum, „wenn man weiß, wo dieser Stock herkommt, wieso er entstanden ist und, vor allem, wie er benutzt wurde, ist das Ding gar nicht mehr so langweilig, glaub mir.“

„Aha.“, kommt es von Heinrich, der sich der Beschreibung zuwendet.

Alexander sieht es schon als kleinen Fortschritt, dass der Junge sich die Mühe macht, den Text zu lesen.

„Zum Kochen?!? Das soll interessant sein?!“

Jetzt kann der Ältere das Grinsen nicht mehr unterdrücken.

„Jaha, das steht hier. Weil die Weltbevölkerung von heute, eingeschlossen die Museumsgänger, so unheimlich moralisch korrekt sind und Unmoralisches hier natürlich nicht lesen wollen.“

Der Junge sieht zu seinem Freund auf, jetzt doch ein wenig, ein klein wenig interessiert.

„Aber du hast background information?“

„Ich hab background information, genau.“, antwortet Alexander und nimmt auf der Bank im Eck Platz, von der man die Vitrine noch ein wenig sehen kann.

Heinrich setzt sich zu ihm.

„Die Azteken, und auch die Mayas, waren nämlich genauso wenig verklemmt, wie die guten alten Römer und Griechen.“

„Ah…“, kommt es von Heinrich zusammen mit einem zögerlichen Nicken.

„Dreimal darfst du raten, was die Azteken als wichtigen Bestandteil der Erziehung von Jugendlichen ansahen.“

„…Päderastie?“

„Der Kandidat erhält 100 Punkte.“, entgegnet Alexander mit einem Lachen.

„Und…und was hat der Stock damit zu tun?“, hakt der Junge nach.

Der Professor lehnt sich zurück an die Wand und schlägt die Beine übereinander, um seinen Freund amüsiert zu betrachten.

„Wir interessieren uns ja plötzlich für Ausstellungsstücke.“, gibt er gespielt erstaunt von sich.

„Lass den Quatsch und sag schon.“, fordert Heinrich mit gedämpfter Stimme, da gerade ein Besucherpärchen an der Vitrine in der Nähe stehengeblieben ist.

„Immer mit der Ruhe.“, meint Alexander, „Wir waren noch bei der aztekischen Päderastie.“

„Jaja, Päderastie kenn ich.“

„Ich weiß.“, entgegnet der Professor, „Sogar in der Praxis.“

Heinrich läuft rot an und schaut ein wenig nervös zu den Besuchern, die sich immer noch nicht aus dem Staub gemacht haben.

„Die verstehen uns eh nicht.“, wirft Alexander ein, bevor er fortfährt.

„Päderastie kennst du, ja, aber du weißt noch nichts von dem Ritual, das jeder Junge bei den Mayas durchlaufen musste, um ein Mann zu werden.“

„Und das wäre?“, will Heinrich wissen.

Alexander sieht ihn mit geneigtem Kopf an. Der Junge würde ihm gerne dieses einseitige Grinsen verbieten, das ihm immer wieder dieses Kribbeln in seinem Bauch beschert.

„Du wirst mit Kaffee abgefüllt.“

„K-Kaffee?!“

„Ja, Kaffee wirkt in Mengen berauschend. Und löst Glücksgefühle aus. Und steigert die Sexlust.“

Heinrich räuspert sich. Er mag ja eigentlich keinen Kaffee, aber…

„Nachdem du deinen Kaffee getrunken hast, wirst du zum Tempel geschleppt. In Begleitung einiger Männer.“

„Gutgebaute Männer?“

„Sicherlich.“

„U-und…was passiert dann?“

„Dann folgt die Zeremonie, während der – unter anderem – “, Alexander schlägt seine Beine wieder auseinander, „masturbiert wird.“

Als sein Gegenüber ihn nur nervös anblickt, und verzweifelt versucht, ihm in die Augen zu schauen, ergänzt er: „Auch mithilfe dieses Stocks.“

Heinrich sieht mit roten Wangen hinüber zur Vitrine, während er unruhig auf der Bank umherrutscht.

Eine Frau, die an ihnen vorbeiläuft, beäugt die beiden kritisch, was Alexander nicht daran stört, weiterzureden.

„Und dann beugt sich der junge Mann über den Altar, spreizt seine Beine, und einer der Älteren – “

„Ist gut, ist gut!“, unterbricht ihn Heinrich, „I-ich glaub, ich kann’s mir vorstellen.“

Alexander schenkt ihm ein Schmunzeln.

„Das Museum hat Zeitungsberichten nach eine geheime Abteilung.“, hängt er an.

„Da müssten noch mehr solche Geräte gelagert werden, wie zum Beispiel Phallusskulpturen, die als Dildos verwendet wurden…“

„Es reicht. Danke.“, meint Heinrich und steht etwas unbeholfen von der Bank auf.

„Und ich dachte, du willst die Sachen noch sehen.“, entgegnet Alexander und erhebt sich ebenfalls.

Als er schon weiterlaufen will, hält ihn sein Freund am Arm zurück.

„Kann man…kann man da denn rein…?“

Der Professor muss grinsen und würde den Kleinen jetzt gerne in eine Ecke ziehen und –

„Nein, leider nicht.“, antwortet er.

„Aber ich kann dir noch ein paar andere interessante Sachen zeigen.“

Auf das Gesicht des Jungen legt sich ein vorfreudiges Grinsen.

„Ausstellungsstücke.“, fühlt sich Alexander genötigt zu ergänzen, „Hier im Museum.“
 

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Ja, hier ist es endlich. Die Idee von Ran, die beiden ins Museum zu schicken, wurde umgesetzt^^

Der weitere Museumsbesuch verläuft so, wie Alexander sich das eigentlich vorgestellt hat. Nun ja, fast.

Heinrich ist jetzt jedenfalls nicht mehr langweilig, er hüpft freudig von einem Ausstellungsstück zum anderen und ist sehr daran interessiert, zu was die Dinge wirklich gebraucht wurden.

„Damit hat man die Rinde von Bäumen abgemacht.“

„Jaaa, das steht hier. Ich will die background information.“

„Zum Abschaben. Der Rinde. Von den Bäumen. Wirklich.“

„Och, komm schon…“

oder:

„Zum Kochen.“

„Und in Wirklichkeit…?“

„Ein Kochtopf.“

„Aaahlex…, ich weiß doch, dass du’s besser weißt…“

Seufzend beugt sich der Ältere zu seinem Freund herunter, um ihm die eben erfundene „background information“ ins Ohr zu raunen.

Heinrichs Augen weiten sich, seine Wangen laufen rot an. Aber er hält für ein paar Ausstellungsstücke lang die Klappe.

Bis sie an einem langen, dünnen Stock vorbeikommen.

„Ein Speer.“, sagt Alexander nachdrücklich, als er sieht, dass Heinrich den Mund öffnet.

Als ihn der Junge skeptisch ansieht, ergänzt er: „Jetzt übertreibst du’s aber.“

Sein Freund zuckt nur unschuldig mit den Schultern.

Da schrecken sie beide auf, als aus dem Nebenraum eine laute Stimme zu ihnen durchdringt.

Neugierig schauen sie um die Ecke und entdecken einen Mann und eine Frau, die anscheinend zum Museumspersonal gehören.

„No! No voy a tocar el veneno!“

Alexander versteht, dass der Mann versucht, seine Mitarbeiterin darauf aufmerksam zu machen, nicht so laut zu sein, wobei er es vorhin war, dessen laute Stimme sie gehört haben.

Als der Mann die Frau an der Schulter packt, legt Alexander seinem Freund eine Hand in den Nacken.

„Wart mal nen Moment.“, meint er, bevor er zu den beiden hinüberläuft.

Die Angestellten bemerken ihn erst mal nicht, als er sich zu ihnen stellt, so hektisch werfen sie sich irgendwelche Worte an den Kopf. Erst als sich der Professor räuspert, dreht sich die junge Frau zu ihm um.

„Disculpe.“, beginnt Alexander und fragt nach, ob er helfen könne.

„No, gracias, señor.“, verneint der Herr etwas kühl und will sich schon wieder der Frau zuwenden, doch Alexander hört es nicht gerne, wenn Vorgesetzte so mit ihren Mitarbeitern umgehen.

Was denn das Problem sei, setzt er noch einmal an.

Der Man wirft der jungen Dame einen mahnenden Blick zu, sodass diese nervös zu Alexander aufschaut und berichtet, es sei ihre Schuld, sie solle die Phiole mit dem Curare-Gift umräumen, aber sie habe eben Angst davor, vergiftet zu werden.

Der Angestellte winkt sofort ab. Natürlich völlig unbegründet, die Angst, meint er.

Vor zwei Jahren sei immerhin ein Mitarbeiter umgekommen, als er die Giftpfeile transportiert hat!, beteuert die Frau aufgeregt.

„Was ist los?“, fragt Heinrich, der sich zu ihnen gesellt hat.

„Curare ist los.“, antwortet der Ältere und nimmt die Phiole aus der offenen Vitrine, was der jungen Frau einen nervösen Aufschrei entlockt.

„Das ist das Nervengift, das die Indios als Pfeilgift verwendet haben. Die junge Frau hier hat Angst, dass ihr was passiert, wenn sie mit dem Gift in Berührung kommt.“

„Du nicht?!?“, ruft Heinrich sofort beunruhigt.

Alexander lacht leise, und der Angestellte zu seiner Rechten sieht immer genervter aus.

„Das Gift“, beginnt der Professor, „wirkt nur, wenn es direkt in die Blutbahn gelangt.“, und mit einem Grinsen wendet er sich dem unfreundlichen Herrn zu, entkorkt die Phiole und prostet ihm mit einem „Salud!“ zu, bevor er den Inhalt mit einem Schluck leert.

Frau und Heinrich schreien auf, die Augen des Angestellten weiten sich entsetzt.

Alexander blinzelt ein paar Mal. Dann verzieht er sein Gesicht und beginnt zu husten.

„Oh, mein Gott, Alex!“, ruft Heinrich panisch, aber sein Freund winkt ab, räuspert sich.

„Argh…schmeckt das scheußlich…“, gibt er von sich, und Heinrich atmet erleichtert auf.

Alexander drückt der Frau die leere Phiole in die Hand und erklärt nochmal auf Spanisch, wie das Gift wirkt, und dass der Mitarbeiter vor zwei Jahren sich wohl an einer der Pfeilspitzen geschnitten haben muss. Die junge señora brauche also nächstes Mal keine Angst zu haben. Und der werte Herr – damit wendete er sich voller Genugtuung dem kreidebleichen Vorgesetzten zu – solle sich in Zukunft lieber über die Wirkung von diversen Giften informieren, bevor er irgendjemanden damit beauftragt, es anzufassen.

Nach dieser Aktion beschließt Alexander, das Museum zu verlassen, damit sie nicht noch in Schwierigkeiten kämen.

Heinrich kann es nicht lassen, sich bei ihm einzuhaken.

„Du bist unverbesserlich, echt.“, meint er, gibt sich jedoch keine Mühe, das Grinsen zu unterdrücken.

„Wenn du’s Leuten beweisen willst, dann musst du’s ihnen richtig geben, oder?!“

„Wieso?“, entgegnet Alexander schmunzelnd und wirft einen Euroschein in die Spendenbox am Ausgang, für das Gift, das er ihnen weggetrunken hat, bevor sie hinaus auf die Straße treten.

„Wem hab ich’s denn schon „richtig gegeben“?“

„Eggebrecht? Meinem Vater?!“

„Oh, stimmt, ja. Aber ich seh’s eben nicht gerne, wenn jemand ungerecht behandelt wird.“

„Ich weiß.“, meint Heinrich und würde seinem Freund jetzt gerne einen Kuss auf die Lippen drücken.

„Jetzt will ich ein Eis essen.“, verkündet er stattdessen.

„Keine schlechte Idee.“
 

Als sie nach eben diesem Eis und noch ein paar wenigen Stunden in Mexiko-Stadt aus dem Hotel auschecken, ist es halb Sechs. Sie packen ihre wenigen Sachen und machen sich gleich auf den Weg zum Flughafen.

Alexander hofft, dass er bei der Einreise in die Vereinigten Staaten wegen seiner Pistole keine Probleme bekommt, und dass Heinrich den Flug über nicht wieder so aggressiv wird.

Aber keine von beiden Befürchtungen wird bewahrheitet, Heinrich ist sogar eher verschmust als alles andere.

Auch als sie in New York am JFK Airport ankommen, greift der Junge sofort nach seiner Hand.

„In New York wieder intimer?“, fragt Alexander amüsiert.

„Na, aber hallo!“, antwortet der Kleine mit einem Grinsen.

Als sie ihre Rucksäcke wiederhaben, machen sie sich auf den Weg zu ihrem Hotel.

Heinrich ist begeistert von der Stadt, aber sein Freund ist erstaunt, wie wenig Aufmerksamkeit er doch den eigentlich atemberaubenden Wolkenkratzern und blinkenden Leuchtreklamen schenkt. Stattdessen schaut er viel zu oft zu ihm auf und drückt seine Hand fester.

Im Taxi schlingt der Junge die Arme um seinen Hals und küsst den Älteren stürmisch.

Lachend schiebt ihn Alexander ein wenig von sich, fährt ihm mit einer Hand in die Haare.

„Du bist zu goldig für diese Welt.“, meint er.

Heinrich pustet die Backen auf.

„Goldig?! Ich knutsch dich hier grad so was von aufreizend ab, und alles, was dir dazu einfällt, ist „goldig“?!?“

Alexander haucht ihm einen Kuss auf die Stirn, bevor er Heinrichs Hand wieder in seine nimmt.

„Ja, wir sind hier in einem Taxi, da find ich das goldig.“, und mit einem Zwinkern ergänzt er: „Kannst mich ja nachher im Hotelzimmer nochmal fragen, wie ich’s da find.“

Das nimmt sich Heinrich fest vor.
 

Das Hotel liegt direkt am Central Park, Alexander hat schon vor ihrem Flug nach Mexiko-Stadt telefonisch ein Zimmer gebucht und gerade noch eins bekommen.

„Hätt ich das Datum gewusst, hätt ich uns die Suite reservieren können.“

Sein Freund wehrt händefuchtelnd ab.

„Bloß nicht! Du gibst so schon genug Geld aus.“

„Na, und?“, entgegnet Alexander und blickt den Kleinen an.

„Du bist eh mit keinem Geld der Welt zu bezahlen.“

Heinrich lächelt gerührt und streckt sich ein wenig, um dem Älteren den Hut vom Kopf zu stupsen, bevor er ihm einen Kuss auf den Mund drückt.

„Zum Romantiker taugst du’s trotzdem noch nicht ganz.“, meint er keck.

Alexander rollt nur mit den Augen, bevor er in die Eingangshalle des Hotels tritt.

Nachdem er sich an der Rezeption angemeldet hat, werden die beiden von einem Pagen in den dritten Stock begleitet, wo er ihnen ihr Zimmer zeigt. Als Alexander dem jungen Mann noch das Trinkgeld gibt, springt Heinrich schon aufs große Doppelbett.

„Fabulous!“, stellt er fest, und da er sieht, wie sein Freund dem Pagen seiner Meinung nach zu lange hinterherblickt, hopst er sogleich wieder vom Bett runter, um die Tür hinter dem Älteren zuzumachen und ihn mit sich auf die Matratze zu ziehen.

Alexander will den Jungen küssen, doch der weicht aus.

„Halt!“, kommt es von Heinrich, „Erst erklärst du mir, wieso du dem Typ eben auf den Hintern gestarrt hast.“

Sein Freund sieht zuerst verwirrt aus, dann heben sich seine Mundwinkel.

„Ich hab dem Typ nicht auf den– “

„Doch! Hast du!“, unterbricht ihn Heinrich entrüstet.

„Jetzt lass mich doch mal ausreden: Ich hab ihn lediglich so angeschaut, weil ich die Uniform schick fand.“

„Jaha, na klar!“, gibt der Kleine empört von sich.

„Wirklich.“, besteht Alexander, „Ich hab mir halt…“

Er weicht dem Blick des anderen aus.

„Was!“

„Hab mir halt vorgestellt, wie’s wär, wenn ich hier als Single hergekommen wär– “

Heinrichs Augen weiten sich entsetzt.

„ – und dich hier als Pagen angetroffen hätte. In dieser Uniform…“

Langsam entspannen sich Heinrichs Gesichtszüge wieder und er muss grinsen.

„Du hättest mir ein außerordentliches Trinkgeld gegeben.“

„Mhm. Und dann hättest du dich verpflichtet gefühlt, abends bei mir zu bleiben.“

„Nicht verpflichtet. Geehrt.“

„Und ich hätte dich zu mir ins Bett gezogen, auf meinen Schoß, du immer noch mit deinem Pagenhütchen auf…“

Wie von selbst schlingen sich Heinrichs Beine um die seines Freundes und er vergräbt sein Gesicht in dessen Halsbeuge.

„Ich glaub, ich hätte aber leider nicht gemerkt, dass ich dich liebe.“, sagt Alexander leise und fährt dem Kleinen sanft durch die Haare.

„Nicht?“

„Nein.“, meint der Ältere, „Hättest du dich an der Uni, nachdem dir der Ordner runtergefallen ist, anders entschuldigt, als nur mit Worten, dann wüsst ich wohl heute auch nicht, dass ich mich in dich verliebt hab.“

„Also hast du dich nur in mich verliebt, weil…weil du nicht gleich mit mir schlafen konntest?!“, hakt Heinrich etwas irritiert nach.

„Nein, ich hätt mich ja in dich verliebt, nur gemerkt hätt ich’s nicht.“, entgegnet Alexander und legt dem anderen eine Hand an die Wange, um ihm in die Augen zu schauen.

„Ich hab’s gemerkt, als mir bewusst wurde, dass es mir wichtiger war, dass du unversehrt und glücklich bist, als eine Nacht mit dir zu verbringen.“

Heinrich nickt ein wenig anerkennend, bevor er das Gesicht seines Freundes zwischen seine Hände nimmt und ihn zärtlich küsst. Mit Wohlgefallen nimmt er die Liebesschwüre, die Alexanders Zunge noch einmal wiederholt, mit seiner eigenen auf. Er genießt die Berührungen, als der Ältere ihm mit seinen großen Händen über den Rücken fährt, hinab zu seiner Hüfte, nach vorne.

Heinrich keucht auf, als Alexanders Finger sich unter sein Shirt schieben.

Mit einem Lachen dreht sich der Größere auf ihn, wird von ihm jedoch auf der anderen Seite sofort wieder auf die Matratze befördert.

„Was sagst du jetzt zu meinem Kuss?“, flüstert Heinrich neugierig und lässt seinerseits seine Hände Alexanders Körper erkunden, „Immer noch „goldig“?“

„Verführerisch.“, entgegnet der andere und beschlagnahmt sofort wieder seine Lippen.

Heinrich schließt die Augen, als sein Freund sich zu seinem Hals hinabküsst.

„Wenn ich nur nicht so müde wär…“, hört er ihn nuscheln.

„Dann was?“, meint der Junge frech, „Meinst du etwa, ich würd dich ranlassen?“

„Du würdest gar keine andere Wahl haben.“, entgegnet Alexander und kommt mit seinem Kopf an Heinrichs Brust zur Ruhe.

Eine Weile liegen sie so da, bis der Jüngere sich zu Wort meldet.

„Heut Abend nichts mit Umziehen, Waschen und so…?“, fragt er.

Alexander verneint mit einem Brummeln.

„Auch gut.“, meint Heinrich und lässt eine Hand in die Locken des anderen fahren, um sie um seine Finger zu zwirbeln.

„Heinrich?“, kommt es irgendwann vom Älteren.

„Hm?“

„Das, was…was ich im Museum… – Erinnerst du dich daran, was du…als ich im Zelt morgens aufgewacht bin und…der Traum mit dem Bastrock…“

„Was ist damit?“

„Was du da gesagt hast, um – du weißt schon, das am Ende, wieso ich so erstaunt war.“

„Du meinst wohl eher: das, wieso du gekommen bist.“

Alexander hebt seinen Kopf; auf seinem Gesicht liegt ein leichtes Schmunzeln; und sieht seinen Freund an.

„Jedenfalls, wir haben ja auch im Museum nochmal drüber gesprochen, über die Päderastie und dieses Ritual und…“

„…Und?“

„Hältst du es denn immer noch für – ich mein, nach all dem, was passiert ist – für möglich, dass…dass du mit mir so weit gehst, wie…?“

Heinrich muss grinsen. Er merkt, wie seine Wangen sich wohl gerade röten, aber er lehnt sich nur nach vorne, um dem Älteren einen Kuss auf die Lippen zu hauchen.

„Weißt du, dass auch du süß sein kannst, wenn du so unsicher bist?“, meint er mit einem zuckersüßen Lächeln.

„Ja.“, ergänzt er aber und weiß, dass seine Wangen hierbei noch röter werden, „Ich halt es nicht nur für…möglich, sondern…ich wünsch es mir, dass wir…bis… – dass wir richtigen Sex miteinander haben. Irgendwann. Bald.“

Alexander küsst Heinrich als Zustimmung, bevor er selig in dessen Armen einschläft.
 

-----------
 

Ich glaub, das hat jetzt nicht nur in Alex Vorfreude geweckt, nüch?! XD

Als Alexander aufwacht, spürt er die federleichten Berührungen auf seinem Gesicht. Wie der Wind, der über das Wasser streicht, der die Ären im goldenen Weizenfeld sanft hin und her wiegt… Mit einem wohligen Seufzer reckt er sich der Quelle dieser Liebkosungen entgegen, streckt mir geschlossenen Augen eine Hand aus und lässt sie in Heinrichs weiche Haare fahren. Wieder senken sich die Lippen des Jungen auf seine Wange.

„Noch so müde, hm, dass du deine Äuglein nicht aufbekommst?“

Alexander muss schmunzeln.

„Ich weiß nicht so Recht, ob ich wirklich wach bin, oder noch träume. Wenn ja, will ich nicht aufwachen.“

Heinrich schmiegt sich näher an seinen Freund heran und legt ihm eine Hand an die Stirn, um ihm die Locken zu teilen.

„Aber wieso das denn?“

„Weil das nicht so selbstverständlich ist, dass ich in New York City, in einem Hotel, in einem weichen Bett, wachgeküsst werd, von einem so wunderbaren, wunderschönen…“

Heinrich unterbricht ihn mit einem Kuss.

„Mmmm…, hör doch auf. Du beschämst mich ja.“

Grinsend öffnet Alexander nun doch seine Augen und schlingt seine Arme um den anderen, bevor er ihn unter sich auf der Matratze vergräbt. Lachend genießt sein Freund die Küsse, die es auf Gesicht, Hals und Brust regnet.

„Wir“, nuschelt der Ältere, von der Tätigkeit seiner Lippen unterbrochen, „ sollten uns – mh – so langsam fürs Frühstück fertig machen… Die räumen um Elf Uhr ab.“

Heinrich macht sich ein wenig von Alexander los, um auf den Wecker zu schauen.

„Nnn… schon Viertel nach Zehn…“

Der Junge seufzt enttäuscht auf, als sein Freund seine Arme zu sich nimmt und Anstalten macht, aufzustehen.

„Komm.“, fordert Alexander ihn auf und hält ihm eine Hand entgegen.

„Och, nöööö~“

„Och, doch.“, entgegnet Alexander und ergänzt mit einem siegessicheren Grinsen: „Oder ich geh alleine duschen.“

Sofort ist Heinrich aufgesprungen und zieht seinen Freund ins Bad, der gerade noch aus seinem Rucksack das Duschgel herauskramen kann.

Der Ältere kann gar nicht so schnell schauen, da hat der Junge sich schon das Shirt über den Kopf gezogen und drängt ihn ans Glas der Duschkabine.

Alexander keucht in den unerwartet heftigen Kuss hinein, während er nichts dagegen unternehmen kann, dass Heinrich ihm das Hemd aufknöpft, an seiner Jeans weitermacht.

Mit einem Mal befindet er sich in der Dusche, und das Wasser ist an, und Heinrich nackt und – Seine Arme schlingen sich erneut um den kleineren Körper, der sich an seinen presst, auf dem die Wassertropfen perlen. Ihre Münder treffen immer wieder aufeinander, ihre Hände erkunden gegenseitig die nasse Haut.

Irgendwann schiebt Alexander den Jungen jedoch von sich und seift ihm unter dessen Protest die Haare ein.

„A-Alex, was soll das?! Lass mich doch…weiter…!“

„Heinrich, du weißt, auf was das hinausgelaufen wär.“, versucht der Ältere seinen Freund zu beschwichtigen, „Wir würden’s niemals rechtzeitig zum Frühstück schaffen.“

„Aber - !“

Alexander drückt dem Kleinen einen Kuss auf die Stirn.

„Heute Abend, okay?“

Heinrich will sich irgendwie immer noch nicht damit zufriedengeben, aber er beschließt, nichts mehr zu sagen und stattdessen einfach nur zu schmollen.
 

Als sie unten in den Essenssaal kommen, sieht es so aus, als wenn alle Tische belegt sind. Eine nette Angestellte führt die beiden nach hinten, wo noch ein kleiner Tisch mit vier Plätzen frei ist.

Da der Raum mit seiner großen Glasfront und den vielen Blumen freundlich eingerichtet ist, und das Buffet wirklich außergewöhnlich viele Leckereien zu bieten hat, bessert sich Heinrichs Laune schon nach den ersten fünf Minuten.

Was Alexander nicht weiß: Der Junge ist lediglich zu der Schlussfolgerung gekommen, dass, wenn es seinem Freund auch nur annähernd so geht wie ihm, er den ganzen Tag über bis heute Abend unheimlich scharf auf ihn sein muss. Und diese Vorstellung ist es, die ihn in seine Müslischüssel hineingrinsen lässt.

„Excuse me?“

Ein wenig aufgeschreckt nimmt Heinrich seine Augen von seinem Gegenüber und erblickt zwei junge Frauen, die zu ihnen an den Tisch herangetreten sind. Die mit den roten Locken, die etwas älter als die andere wirkt, hat Alexander angesprochen.

„Are these seats taken?“

„No. No, they’re not.“

„May we sit down?“

„Yes, of course.“, antwortet Alexander sofort und nimmt seine Kaffeetasse ein wenig weiter zu sich.

Heinrich beäugt die zwei Frauen ein wenig skeptisch, die nun mit ihren Tellern bei ihnen Platz nehmen. Die Rothaarige trägt ein grünes Top mit dünnen Trägern, das seiner Meinung nach ein wenig zu weit ausgeschnitten ist, um sich so ihm schräg gegenüber in seine Aussicht zu pflanzen. Vor allem mit diesem Brustumfang. Er versucht seinen Blick von ihr abzuwenden.

Die junge Frau neben ihm hingegen ist diesbezüglich ansehnlicher, vielleicht wirkt sie auf ihn auch sympathischer, weil sie Alexander noch mit keinem Wort angesprochen hat. Sie hat blonde kurze Haare, die ihr gerade ans Kinn gehen, braune Augen, mit denen sie hinunter auf ihren Teller sieht.

Die Rothaarige hört auf, Alexander darüber auszufragen, seit wann sie denn schon hier seien, und greift nach der Hand ihrer Freundin.

„Adele, nicht träumen.“, sagt sie.

Alexander und Heinrich sehen die beiden Frauen erstaunt an.

„Sie…Sie sprechen deutsch?!“, stellt der Ältere schlauerweise fest.

Hätte er nicht tun dürfen, denn nun schlägt die Rothaarige ihre Hände vor der Brust zusammen und sieht ihn entzückt an.

„Kaum zu glauben! Wir treffen Deutsche in New York, Adele, am Frühstückstisch! Wo kommt ihr her, ihr beiden?!“

Noch etwas überfordert legt Alexander sein Brötchen zur Seite.

„Aus der Nähe von Berlin.“

„Was? Das hört man ja gar nicht.“, gibt Adele von sich und läuft sofort ein wenig rot an, als Heinrich sie verständnislos anblickt.

Die Rothaarige lacht nur.

„Wir kommen aus Stuttgart, das hört man auch nicht.“

„Nein, wirklich nicht.“, meint Alexander, woraufhin Heinrich nun ihm seinen verständnislosen Blick zuwirft.

„Mein Name ist Clara“, stellt sich die Ältere vor, „und das ist Adele.“

„Alexander.“

„Heinrich.“

Die beiden Frauen sehen den Kleinen überrascht an, bevor sich ihre Gesichtszüge in Begeisterung wandeln.

„Nein, wie wunderbar der Name zu dir passt, stimmt’s, Adele?!, obwohl er normalerweise so altmodisch klingt – aber nicht bei dir! Stimmt doch, Adele, nicht?!“

Die junge Frau nickt nur.

Clara stützt ihren Kopf auf eine Hand auf und sieht in die Runde.

„Was haben die Herren denn heute noch so Schönes vor?“, fragt sie.

Heinrich versucht wieder krampfhaft ihr ins Gesicht zu schauen.

„Wir wollten ein bisschen Sightseeing machen.“, antwortet Alexander und sieht zu seinem Freund hinüber.

„J-ja, Sightseeing. Ganz gemütlich und so.“, betont der.

„Das trifft sich ja super!“, stellt Clara fest.

„Wir sind nämlich seit gestern Mittag hier und haben bis jetzt auch nur das Zimmer und den Hotel-Pool gesehen. Wie wär’s, wenn wir uns heute gemeinsam auf den Weg machen? Wird sicherlich lustig werden.“

Heinrich will sofort Einspruch einlegen, doch da meldet sich endlich Adele zu Wort.

„Ja, das…das wär wirklich klasse.“, meint sie, und seltsamerweise fällt es dem Jungen jetzt schwerer, das Angebot der beiden niederzuschmettern.

Also lässt er Alexander antworten, der sowieso schon dabei ist, zuzusagen.

„Ja, wieso nicht.“, sagt er.

Ja, natürlich, denkt Heinrich und verkneift sich ein genervtes Augenrollen. Wieso nicht…
 

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OMG, ich war bis gestern sowas von im Stress… Hoff, das ist jetzt rum. Das Kapi hier also mit reichlich Verspätung ^^'

„Alex, was sollte das?!“

Alexander sieht nicht zu seinem Freund auf, während er seinen Geldbeutel aus dem Rucksack rauskramt.

„Was meinst du?“

„Was wohl! Wie kommst du auf die Idee, mit diesen…!“

„Du hättest ja widersprechen können.“, meint Alexander und setzt sich seinen Hut auf.

„Ja, klar!“, mault Heinrich.

„Bist du fertig?“

Außer sich starrt der Junge seinen Freund an, der wartend an der Tür steht, als wenn nichts wäre.

„Was ist denn jetzt daran so schlimm, Heinrich, dass die beiden mitgehen?“

„D-das sind Frauen!“, kommt es mit Entsetzen von dem Kleinen, was Alexander zum Schmunzeln bringt.

„Ach, würden zwei Männer mit uns mitkommen, dann wär das in Ordnung für dich, ja?“

„J-ja, wenn sie nicht schwul sind, ja.“

Alexander tritt mit einem Lächeln an Heinrich heran und drückt ihm seinen Hut auf den Kopf.

„Du bist also wieder eifersüchtig, hm?“

Der Junge weicht seinem Blick aus.

„Das…das ist doch klar, so wie – wie die Rothaarige es auf dich abgesehen hat…!“

„Tja.“, kommt es nur von Alexander, bevor er sich umdreht und das Zimmer verlässt.

Entrüstet stürmt ihm Heinrich hinterher.

„Alex…!“

Der Ältere bleibt an der Treppe stehen und blickt seinen Freund an.

„Wenn ich nicht will, dass du meinen Hut trägst,“, sagt er und nimmt diesen dem Jungen vom Kopf, „dann setz ich ihn mir selbst auf.“

Verwirrt folgt Heinrich dem anderen nach unten, wo sie in der Eingangshalle noch ein paar Minuten warten müssen, bis die beiden Frauen zu ihnen stoßen.

Clara trägt über ihrem Rock ein braunes Top mit schwarzer Spitze, trotzdem noch viel zu weit ausgeschnitten, wie Heinrich bemerkt; Adeles ärmellose Bluse ist türkis. Seine Jeanshose ist kürzer als ihre, wie der Junge gefällig bemerkt.

„So, dann machen wir uns mal auf den Weg, oder?“, fordert Clara die Gruppe auf und schubst Alexander ein wenig an.

„Dein Hut erinnert mich an Indiana Jones.“, sagt sie mit einem Zwinkern, was Angesprochenen zum Lachen bringt.

Heinrich will nicht allzu wütend dreinschauen, als er Adele hinter den beiden die Tür aufhält.
 

Der Tag wird zum Horrortrip. Nun, das ist jedenfalls Heinrichs sehr subjektive Sicht der Dinge.

Er versucht wirklich, sich von der Atmosphäre New Yorks begeistern zu lassen, die Stadt mit ihren beeindruckenden Wolkenkratzern und bunten Menschenmassen auf sich wirken zu lassen, aber das gelingt ihm nur bedingt.

Nicht nur ist er davon abgelenkt, dass Clara seinem Alex regelmäßig viel zu nahe kommt und sowieso nur dummes Zeug labert, um ihn irgendwie in ein Gespräch zu verwickeln, sondern merkt er auch, dass ebenso Adele viel zu sehr seine Aufmerksamkeit beansprucht.

Das fällt genauso Alexander auf, das erste Mal, als sie vor dem Flatiron Building stehen. Während Clara einmal ruhig ist und in ihrem Reiseführer blättert, sieht er zu den beiden anderen hinüber. Heinrich hat Adele ihre Eiswaffel abgenommen und reicht ihr ein Taschentuch, mit dem sie sich beschämt lächelnd das Kinn abwischt. Alexander beschleicht dieses Gefühl wieder, das er schon hatte, als er seinen Freund mit Tamaya gesehen hat. Eifersucht? Nein, bestimmt nicht. Vielleicht ist es sogar ein wenig Stolz, dass Heinrich ein richtiger Kavalier sein kann. Und wenn man sich vorstellt, dass der Junge dieses Verhalten Frauen gegenüber an den Tag lehnt, mehr intuitiv und vielleicht sogar aus einer Pflicht heraus, da er doch noch nie viel mit Frauen zu tun hatte, dann kann man darüber sogar schon schmunzeln.

„Sind die beiden nicht süß?“, hört er Clara neben seinem Ohr sagen und spürt, wie sie sich mit einem Ellenbogen auf seiner Schulter abstützt.

Alexander nickt nur lachend, da er diese Tatsache nicht leugnen kann.

Um seine Begleiterin aber wieder von seiner Schulter abzuschütteln, dreht er sich zu ihr herum.

„Und? Was sagt jetzt dein Reiseführer?“

Clara wuschelt ihre roten Locken im Nacken durcheinander, damit sie ihr über die Schulter nach vorne fallen. Das hat sie bis jetzt jedes Mal gemacht, wenn sie ratlos war.

„Sorry, steht nix drin.“

„Tja“, meint Alexander mit einem Grinsen und geht ein wenig auf Heinrich und Adele zu, „Dann muss ich wohl herhalten, hm?“

„Auja!“, sieht Heinrich seine Chance, dem Älteren wieder ein klein wenig näher zu kommen, „Alex ist sowieso besser als jeder Reiseführer.“

„Och, du Schleimer.“, lacht Alexander und wuschelt Heinrich kurz durch die Haare.

Adele kichert leise und hakt sich bei Clara ein.

„Also, das Gebäude hier vor uns wird Flatiron Building genannt. Könnt ihr euch denken, wieso?“

„Na“, fängt Clara sofort an, „flatiron ist doch das Bügeleisen.“

„Ah!“, kommt es da von Heinrich und er sieht mit großen Augen zu seinem Freund auf, „Dann ist das hier also ein Hochhaus für Frauen!“

Clara stemmt ihre Hände in die Hüfte.

„Na, Sportsfreund, du hast ja Vorstellungen…!“

Wohl nicht ganz so ernst gemeint entrüstet blickt sie Adele an.

„Da ist das so ein süßer Hamster, und dann stellt sich raus, dass er der totale Macho ist!“

Heinrich pustet die Backen auf. „Süßer Ha-Hamster…?!“

Alexander kann nur lachen. Und besonders lustig findet er es, als Clara meint, sie müsse sich mit einem „War doch nur ‘n Scherz, Kleiner!“ bei Heinrich entschuldigen, und ihn an ihre Brust drückt.

Der Ältere sieht jedoch ein, dass er seinen Freund aus dieser Unannehmlichkeit retten muss, und zieht ihn an der Schulter Clara aus den Armen.

„Schau“, fängt er an und lässt seine Hand noch ein wenig weiter nach unten auf den Rücken des Jungen rutschen, „Hat das Gebäude nicht die Form eines Bügeleisens?“

„Hm. Ja, stimmt…“

In solchem Maße also gepeinigt muss Heinrich den anderen zur nächsten Sehenswürdigkeit folgen.
 

Es ist gerade mal Zwölf, als sie am Empire State Building ankommen, und schon jetzt hat Heinrich die Hoffnung aufgegeben, dass er heute auch nur eine ruhige Minute in Zweisamkeit mit seinem Alex genießen kann.

Er versteht es einfach nicht, was sein Freund sich dabei denkt! Wieso unternimmt er nichts gegen die Anmachversuche dieser…dieser rothaarigen…Hexe! Und wieso, vor allen Dingen, lässt er es zu, dass Adele mit ihm flirtet?! – Aber ja, natürlich, der Herr Humboldt kennt solche Gefühle wie Eifersucht ja nicht…

„Heinrich? Ist alles in Ordnung?“

Adele sieht ihn besorgt an und fasst ihn am Arm. Ihre Hand ist so klein und zart. Ihm kommt der Gedanke, diese Frau gehöre nicht auf die Straße, sondern in ein Porzellanpuppenmuseum.

„Der…der Fahrstuhl.“, bringt Heinrich heraus, als ihn nun auch Alexander und Clara besorgt ansehen.

„Ja, sind halt schon ein paar Meter.“, meint die Rothaarige.

„320, um exakt zu sein.“, entgegnet Alexander, und Clara sieht ihn beeindruckt an.

Heinrich verdreht die Augen, weil er sieht, dass die Zahl über ihrem Kopf steht.
 

Die Aussicht über die Stadt ist laut Clara „gigantisch“. Heinrich würde es im Grunde nicht viel anders beschreiben.

Mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht tritt Adele neben ihn an die Brüstung und sieht entzückt hinab auf die umliegenden Wolkenkratzer.

„Es scheint fast, als könnte man von hier bis ans Ende der Welt schauen, nicht?“, sagt sie leise und sieht erwartungsvoll zu ihm auf.

Heinrich kommt ein ahnungsvoller Gedanke, und sofort schaut er hinüber zu Alexander.

Tatsächlich, Clara steht neben ihm, viel zu nah neben ihm, und legt ihm einen Arm in den Nacken.

Als der Junge spürt, wie sich sein Magen unschön zusammenzieht, wendet er seinen Blick ab.

Er bekommt gar nicht mehr mit, wie Adele ihn besorgt ansieht, so zerfrisst ihn die Eifersucht. Und immer wieder fragt er sich, wieso, wieso verdammt, Alexander das zulässt?!?

Wieder schaut er zu den beiden hinüber, und da bemerkt er, dass Alexander ihn ansieht. Sieht ihn an und rückt seinen Hut mit der freien Hand zurecht.

Heinrichs Augen weiten sich.

„Wenn ich nicht will, dass du meinen Hut trägst, dann setz ich ihn mir selbst auf.“

Ohne weiter zu zögern läuft der Junge zu den beiden hinüber, packt Alexander am Hinterkopf und zieht ihn zu einem Kuss zu sich hinunter.

Heinrich spürt genau, wie sein Freund in den Kuss hineingrinst, und Clara ihn freigibt.

Glücklich lächelnd nimmt ihn Alexander in die Arme, und sofort drückt sich der Junge an seine Brust.

„Ich dachte schon, du machst den Damen gar nicht mehr klar, dass wir zusammengehören.“

„Hättest ja auch mal was sagen können!“, mault Heinrich noch etwas genervt.

„Ich wollt aber, dass du das übernimmst.“, entgegnet Alexander und fährt ihm durch die Haare.

Als der Junge seinem Freund einen Arm um die Hüfte legt und wieder aufschaut, sieht er zuerst Claras geschocktes Gesicht. Wobei man es „geschockt“ nicht wirklich nennen kann, wohl eher angsteinflößend fasziniert.

„Adele, ohmeinGott! – Ach nein, ist das süß!“

Adele sieht noch etwas überfordert aus, sodass Clara sie erst mal in den Arm nehmen muss.

„Tja, wir ham aber auch immer so ein Glück mit unseren Männern…“, meint die Rothaarige.

„Tut mir Leid“, fängt Alexander an, „Ich hätt wirklich eher was sagen sollen, aber…“

„Nein, nein, schon gut.“, entgegnet Clara.

Adele nickt. „Sonst hätten wir euch doch gar nicht so kennengelernt. Ihr seid nämlich wirklich…nett.“

„Ihr ja eigentlich auch,“, meint Heinrich, „aber das ist mein Alex.“

Die anderen müssen lachen.

Ein Hubschrauber, der über der Stadt kreist, lenkt die Aufmerksamkeit der Gruppe wieder auf die Aussicht.

Alexander schlingt seine Arme von hinten um den Bauch seines Freundes und legt den Kopf an seinen.

Jetzt, denkt Heinrich, kann auch er den Tag endlich genießen.
 

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@Ran: Ja, Alex hat in seinen Straßenklamotten geschlafen, genauso wie Heinrich. Die beiden gehen immer leichtsinniger mit ihren Sachen um, da sie sich ja wieder in der Zivilisation wissen XD

„So, jetzt erzählt mal.“

Die vier Touristen haben in einem Restaurant Platz genommen, draußen auf der Fußgängerzone, um sich für den restlichen Tag mit einem Mittagessen zu stärken. Da man nach dem Essen noch etwas sitzengeblieben ist, war es eigentlich abzusehen, dass diese Worte ausgesprochen werden:

„So, jetzt erzählt mal.“

Erwartungsvoll sieht Clara die beiden Männer an.

„Wie habt ihr euch kennengelernt?“

Alexander blickt grinsend zu seinem Freund, der dieses Grinsen erwidert.

„An der Uni.“, antwortet der Ältere.

„Er ist mein Professor.“, ergänzt Heinrich mit einem vielsagenden Blick, der deutlich macht, dass er sich dem Hauch des Verbotenen, der in ihrer Beziehung enthalten ist, bewusst ist.

Genauso anscheinend, wie den beiden Frauen, die auf seinen Kommentar hin große Augen bekommen.

„Oooh, das ist ja…!“, bringt Adele heraus.

„Und ich dacht jetzt, ihr kennt euch aus der Berliner Schwulenszene.“, meint Clara.

Alexander legt seinem Freund eine Hand auf den nackten Oberschenkel.

„Nein, Heinrich ist in der Hinsicht noch nicht so weit.“

„Ich hatte mein Outing erst vor nem halben Jahr.“, erklärt der Junge, „Bei McDonald’s.“

Die beiden Frauen prusten amüsiert los.

„Echt jetzt?!?“

„Jap. Und ausgerechnet vor dem Professor, in den ich aussichtslos verschossen war.“

Alexander muss lachen und fährt mit seiner Hand an Heinrichs Oberschenkel ein wenig nach innen.

„Aussichtslos, genau…“, meint er.

„Gaaanz aussichtslos.“, wiederholt Heinrich, und die Hand seines Professors erinnert ihn an die momentanen Aussichten.

„Woher kennt ihr euch?“, stellt Alexander die Gegenfrage.

„Ich bin Journalistin, und Adele unterrichtet in Stuttgart an einem Gymnasium.“

„Oh, was denn?“, will Heinrich wissen.

„Geografie und Biologie. Bin seit diesem Frühjahr fest angestellt.“

„Jedenfalls“, redet Clara weiter, „hat Adele mit ihrer Klasse ein so tolles Umweltprojekt auf die Beine gestellt, dass die Lokalpresse darüber natürlich berichten musste. Ich durfte das Interview führen und, tja…“

Grinsend sieht sie ihre Freundin an und legt ihr einen Arm um die Schultern.

„Seitdem sind wir unzertrennlich.“

Alexander könnte sich mehr für die beiden freuen, würde es ihn nicht so sehr ablenken, dass Heinrich seine Hand zwischen seinen Schenkeln eingeklemmt hat, indem er kurzerhand seine Beine übereinandergeschlagen hat.

„Seit wann seid ihr denn zusammen?“, fragt Clara nach, nachdem sie ihr Glas Cola nun leergetrunken hat.

„Seit dem 24. Juni, so morgens um halb Elf.“, antwortet Alexander.

Heinrich sieht den Älteren erstaunt an. Völlig baff sucht er nach Worten, um irgendwie auszudrücken, wie gerührt er gerade ist.

Sein Professor lächelt ihn nur an und gibt ihm einen Kuss auf die Stirn.

„So einen Tag merkt man sich eben, der das ganze Leben verändert hat.“

Heinrich versucht mit aller Macht nicht hier und jetzt in Tränen auszubrechen. Stattdessen zieht er seinen Freund an sich und gibt ihm einen zärtlichen Kuss.

„Du bist viel zu gut zu mir…“, flüstert er.

Die zwei begeisterten Seufzer der Frauen lassen die beiden wieder ins Geschehen zurückfinden.

„Wir könnten zahlen, oder?“, versucht Alexander nun die zwei Frauen irgendwie wieder in die Realität zurückzuholen.

„Ah, ja. Natürlich.“, meint Clara und winkt, beziehungsweise ruft nach der bill.

Nachdem die Rothaarige sich Alexander gegenüber durchgesetzt und darauf bestanden hat, wenigstens für sie und Adele die Rechnung zu übernehmen, erheben sie sich langsam vom Tisch.

„Also“, fängt Clara an, „Ich weiß ja nicht, ob das nur ein Klischee ist, aber gehen Schwule nicht genauso gerne shoppen, wie Frauen?“

Alexander wehrt sofort ab: „Neiiiiin, nicht wirk– “, doch Heinrich fällt ihm eiskalt in den Rücken: „Aber hallo! Na, klar! Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie ich mich immer auf die Wochenenden bei Onkel und Tante gefreut hab, wenn wir immer ins Einkaufszentrum sind…!“

„Wunderbar!“, ist Clara erfreut, und der Junge lässt es zu, dass Adele sich bei ihm einhakt.

„Das…das heißt jetzt…?“, fragt Alexander vorsichtig nach.

„Das heißt, wir gehen Shoppen!“, kommt es von Clara, die ihn kurzerhand am Arm mitschleift.
 

Alexander hofft inständig, dass Heinrich den beiden Frauen nicht erzählt, dass er im Prinzip Millionär ist. Die Preise in der 5th Avenue haben es nämlich schon in sich.

Aber nicht, dass er nicht dazu bereit wäre, Heinrich hier was zu kaufen, er ist nur nicht damit einverstanden, dass es von einem Geschäft ins andere geht, von einer Boutique in die andere, von Prada zu Louis Vuitton – Handtaschen findet Heinrich zum Glück auch langweilig – von Armani zu Versace.

Am Anfang wurde nur geschaut, nach und nach haben die Frauen jedoch damit angefangen, Sachen anzuprobieren, Clara allen voran, was die Angelegenheit natürlich noch langatmiger werden lässt.

„Und das, Heinrich? Steht mir das?“

Alexander sieht, wie skeptisch sein Freund das enge Kleid betrachtet.

„Also“, meint der Junge, „wenn ich den Ausschnitt noch unansehnlicher find, als bei dem, was du davor anhattest, dann musst du’s wohl unbedingt nehmen.“

Clara grinst ihn an und wirft ihm eine Kusshand zu.

„Danke für’s Kompliment.“

Während Adele sich bei den kleineren Größen durch die Klamotten schlägt, will Alexander gerade auf einem der Sessel Platz nehmen, da zieht ihn Heinrich an den Händen sofort wieder hoch.

„N-n, hinsetzen is nich.“, meint er, „Ich wollt grad mit dir in die Herrenabteilung.“

„Och, Heinrich, wir waren doch im letzten Geschäft da, und dir war alles zu „spießig“.“

„Es geht ja auch nicht um mich.“, entgegnet der Kleine und schiebt seine Finger zwischen Alexanders, „Ich will dir nen Anzug raussuchen.“

Der Ältere wehrt sofort ab.

„Heinrich, ich hab doch genug Anzüge– “

„Die sind doch alle total alt! Gönn dir doch mal was Neues!“

Alexander seufzt.

„Woher willst du wissen, wie alt meine Anzüge sind?“

„Das sieht man. Und du brauchst definitiv einen neuen, für die Uni.“

„Die alten haben’s bis jetzt doch auch– “

„Okay, okay, okay!“, unterbricht ihn Heinrich und legt ihm seine Hände an die Brust, um von dort hinauf in den Nacken zu fahren.

„Ich will dich nur im Anzug sehn, ich geb’s ja zu.“

Mit einem Blick, dem sein Freund keinesfalls widerstehen kann, sieht er zum Älteren auf, leckt sich kurz, scheinbar unbewusst, über die Lippen.

„Bitte, Herr Professor Humboldt.“

Natürlich wird Alexander da schwach. Mit dem Gedanken an seine Belohnung heute Abend, und mit dem Vorhaben, die Frauen ein Weilchen loszuwerden, stimmt er zu.

„Na gut.“, sagt er, woraufhin Heinrich jedoch sofort nach Clara und Adele ruft.

Nichts da also mit ein wenig Zweisamkeit…
 

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Wer schaut heut alles den ESC? :)

(Ich glaub Heinrich würde sich eher für den letzten Spieltag in der Fußballbundesliga interessieren, als dafür, oder nich?^^ Könnt mich natürlich auch irren und er wär der totale Lena-Fan XD)

Alexander befindet sich in New York City, in einem der vielen Einkleidungsgeschäften, in der Herrenabteilung. Er selbst wirkt relativ unbeteiligt, während seine zwei Begleiterinnen und Heinrich es sich zur Aufgabe gemacht haben, ihm einen Anzug rauszusuchen.

„Ist der hier nicht chic?“, fragt Adele und hält ein ausgewähltes Exemplar hoch.

„Zeig mal her.“, meint Clara sofort und nimmt Hose und Jackett entgegen.

Sie betrachtet das weiße Jackett (, das Alexander schon mal gar nicht gefällt,) und zupft ein wenig daran herum.

„Hm“, kommt es schließlich von ihr.

Mit einem verschmitzten Grinsen kommt sie auf Alexander zu.

„Wird wohl etwas zu eng sein…“, stellt sie fest, „…obenrum…“ und fährt ihm über die muskulöse Brust.

„Finger weg!“, ruft Heinrich sofort und schubst Clara weg, die nur zu kichern beginnt.

„Hier.“, meint er und hält seinem Freund einen rotbraunen Anzug entgegen.

„Der sieht bestimmt ganz toll an dir aus. Ich mag vor allem die Weste, die dabei ist.“

Noch ein wenig skeptisch betrachtet Alexander das Fundstück, doch dann muss er zugeben, dass auch ihm das Kleidungsstück gefällt.

„Und?“

„Ja, gar nicht so schlecht.“

„Dann probier’s mal an!“, fordert Heinrich.

„Ich halt dir die Sachen.“, bietet Clara an.

Alexander hofft stark, dieses Angebot war nicht ernst gemeint.

„Danke, geht schon.“ Damit verschwindet er, alleine, in der nächsten Kabine.

Adele nimmt in einem der Sessel Platz und Clara setzt sich zu ihr auf die Lehne. Heinrich bleibt vor der Umkleide stehen.

„Auf, Süßer, zieh doch den Vorhang ein bisschen zur Seite.“, scherzt Clara.

„Wie viel krieg ich dafür?“, fragt Heinrich ebenso scherzhaft.

„Was ist los?“, kommt es von Alexander.

„Och, nichts…“, meint der Junge, „Zieh du dich mal weiter aus.“

„Ich glaub ich würd dafür so einiges bezahlen,“, antwortet Clara, „also mach mir lieber nicht solche Angebote.“

Heinrich muss leise lachen.

„Was ist denn jetzt los?!“, fragt Alexander noch einmal nach.

„Ich verhandel mit Clara grad über deinen Preis.“

Alexander hält beim Gürtel inne.

„Echt?“

Heinrichs Grinsen wird breiter.

„Mhm.“

Er schreit leicht auf, als Alexander ihn am Arm packt und mit einem Ruck hinter den Vorhang zieht.

Völlig überrumpelt findet er die Lippen des anderen auf seinen wieder, und als er erstaunt aufkeucht, sofort auch die Zunge in seinem Mund.

Während der Ältere seinen Freund an die Kabinenwand drückt, lauschen die aufgeregten Frauen draußen dem Aneinanderreiben von Stoff.

Heinrich bemerkt, dass Alexanders Oberkörper noch nackt ist, und lässt seine Hände an dessen Rücken noch ein wenig weiter nach unten wandern.

„Der Stoff ist toll.“, stellt er fest, als er seinem Freund über den Hintern fährt.

„Mhmm…“, entgegnet Alexander und lässt ein wenig vom Jungen ab.

„Überleg dir nochmal gut, ob du mich wirklich an die verscherbeln willst.“, flüstert er.

„Niemals.“, bringt Heinrich ein wenig außer Atem heraus.

Alexander gibt ihm noch einen Kuss auf die Stirn, bevor er ihn wieder vor die Kabine schubst.

Leicht derangiert steht Heinrich nun vor den beiden Frauen, die ihn mit einem vielsagenden Grinsen begutachten. Hastig streicht er sich die Haare zurecht und nimmt nach einem Räuspern auf dem freien Sessel neben Adele Platz.

Es dauert noch eine Weile, bis Alexander den Vorhang beiseite zieht. Er kommt aus der Kabine, und sofort bleibt seinen drei Begleitern der Atem weg.

Der Professor versucht sein Grinsen zu unterdrücken, hebt stattdessen nur einen Mundwinkel.

„Was?“, meint er und vergräbt seine Hände in den Hosentaschen, „Es hat mir ja niemand ein Hemd rausgesucht.“

Heinrich schluckt, aber seine Augen kleben einfach an Alexanders nackter Brust und seinen Oberarmen und – er hätte wirklich was unter dieser verdammt engen Weste anziehen sollen.

„D-das gehört verboten.“, bringt er heraus, springt auf und schiebt seinen Freund zurück zur Kabine.

„Soll ich den Anzug jetzt nehmen, oder – “

„Ja!“, kommt es von den Frauen.

„A-auf jeden Fall.“, stimmt Heinrich zu, „Auch ohne Hemd.“

Grinsend verschwindet Alexander wieder in der Kabine. Das hat er also hinter sich…
 

Doch damit ist die Shopping-Tour noch lange nicht beendet, wie der Professor feststellen muss. Denn Heinrich kann das ja unmöglich auf sich sitzen lassen, dass sein Alex was gefunden hat und er in New York City noch nicht fündig wurde. Er wolle ja schließlich nicht mit leeren Händen wieder abreisen.

An der Ecke sei ein wunderschöner Souvenirshop, gibt Alexander zu bedenken, wird aber von allen Beteiligten ignoriert und stattdessen mit ins nächste Geschäft geschleppt. Herrenabteilung, die kleineren Größen, immer die gleiche Prozedur. Doch nie will dem Jungen was gefallen.

„Nö, zu kariert das Hemd.“, „Bäh, viel zu brav.“, „Nein, sieht du nicht, wie unvorteilhaft das geschnitten ist, Alex?!“, „Wieso müssen die Hosen alle so weit sein?!?“

Kurz bevor Heinrich das Geschäft schon wieder verlassen will, hält ihn Adele auf.

„Was…was stellst du dir denn vor?“, will sie wissen.

„Ja…bisschen bunter halt.“, antwortet Heinrich, „Und schön eng geschnitten – vielleicht auch einen größeren Ausschnitt. Ich hab da so ein Shirt, stimmt’s Alex, das lilane da.“

„Oh, ja.“, bekräftigt der Ältere und denkt an ihr erstes Date im Café auf dem Campus, „Das steht dir.“

Plötzlich kommt Clara mit einem gelbgrünen Shirt an.

„Hier. Probier das mal an.“

Alexander verzieht etwas skeptisch sein Gesicht, doch seinem Freund scheint es sofort zu gefallen. Schnell verschwindet er in der Umkleide.

Es dauert gar nicht lange, da kommt er auch schon wieder umgezogen heraus zu den anderen.

Das Shirt ist etwas kürzer, sodass man ein wenig Bauch sieht, wenn Heinrich sich streckt, ist eng geschnitten und hat kurze, angedeutete Puffärmeln.

„Ich find’s klasse.“, meint der Junge.

Auch Clara und Adele scheinen begeistert.

„Und was sagst du dazu?“, wendet sich Heinrich an seinen Freund.

„Der Ausschnitt ist…ja, sehr…“, gibt Alexander von sich.

„Es gefällt dir also.“, stellt der Kleine fast mehr fest, als dass er es fragt.

„Ja, das…das kann man so sagen.“

Freudig dreht sich Heinrich zu Clara herum.

„Volltreffer!“, lacht er, „Wo hast du das denn her?“

Die Rothaarige tätschelt ihm grinsend die Wange.

„Aus der Frauenabteilung.“

Alexander rafft die Einkaufstüten etwas auf, um zu den beiden hinüberzutreten.

„Dann kannst du – Heinrich, kannst du das dann überhaupt nehmen?“

„Du hast doch gesagt, es sieht gut aus, also wieso nicht?“

„Naja…“, fängt der Professor an, „Ich weiß nicht so Recht, weil…“

Alexander verstummt, als Heinrich seinen Kopf senkt.

Besorgt legt ihm Adele eine Hand auf die Schulter.

„Ich…“, beginnt der Junge.

„Ich will euch was erzählen.“
 

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Wer errät, was Heinrich zu erzählen hat, darf entscheiden, ob das als FA umgesetzt werden soll, oder auch gerne selbst eins zeichnen XD

Die vier Stadtbummler haben sich auf zwei Sesseln zusammengesetzt, Adele bei Clara, Heinrich bei Alexander auf der Lehne.

Alle warten sie darauf, dass der Junge endlich spricht.

„A-also, es war so…“, beginnt Heinrich schließlich, immer noch das gelbgrüne Shirt an.

„Meine Schwester…“

Alexander sieht seinen Freund verwirrt an.

„Ich hab eine Halbschwester.“, ergänzt Heinrich also.

„Sie ist vier Jahre älter als ich, ihre Mutter ist…an Krebs gestorben, dann hat Vater neu geheiratet. Ulrike, heißt sie. Sie ist mit Siebzehn ausgezogen, weil…“

Der Junge sieht etwas entschuldigend aus, findet Alexander, als er das sagt.

„Weil sie nicht so eine Tochter geworden ist, wie Vater sie gerne gehabt hätte.“

Erstaunt blickt der Professor zu seinem Freund auf.

„Das…das heißt aber nicht, dass sie auch…?“

„Doch“, antwortet Heinrich, „Sie ist lesbisch. Vater hat es zwar nie mir gegenüber zugegeben, aber ich wusste es schon, bevor Ulrike abgehauen ist. Sie hat mir sicherlich auch tausendmal geschrieben, aber Vater muss die Briefe gleich vernichtet haben.“

„Was…“, fängt Clara an, „Was hat das mit deinem Shirt zu tun?“

Heinrich zupft etwas unsicher an besagtem Shirt herum.

„Naja, weil…weil das Ding aus der Frauenabteilung kommt…Meine Schwester hat – Vater hat ihr immer so tolle Kleider und Röcke gekauft, aber sie hat sich immer geweigert die anzuziehen, hat lieber Hosen getragen, und dann…“

Alexander zieht voller Vorahnung seine Augenbrauen in die Höhe.

„Dann hab ich die Sachen anziehen dürfen – also Ulrike hat es mir erlaubt, Vater durfte davon natürlich nichts mitbekommen, weil…“

Heinrich bricht ab, als er den Blick seines Freundes einfängt.

Mit bebender Stimme spricht er weiter.

„Genau so hat er mich angeschaut, als er es rausgefunden hat…“

Sofort springt der Junge panisch von der Sessellehne auf, doch Alexander hält ihn an den Händen auf.

„N-nicht schlagen! Bitte nicht…!“

Der Ältere stellt seinen Freund mit einer festen Umarmung ruhig, drückt den zitternden Körper fest an seinen.

„Schhhh…Heinrich…ich will dich doch nicht schlagen.“

Die ernsthaft besorgten Blicke von Clara und Adele tut Alexander mit einem Nicken ab, bevor er sich wieder dem Jungen zuwendet.

„Klar bin ich überrascht, so was zu hören, das verstehst du doch, oder?“

„J-ja.“, bringt Heinrich heraus.

„Hasst du mich jetzt?“

„Nein. Niemals.“, entgegnet Alexander.

Vorsichtig löst sich der Kleine wieder von ihm.

Lächelnd fährt ihm sein Freund durch die Haare.

„Ich bin etwas überfordert, das ist alles.“, meint er.

„Ü-überfordert? Wieso?“

„Weil ich mir das einfach nicht vorstellen kann. – Naja, gut, wie alt warst du damals?“

„Vier-vierzehn,“, antwortet Heinrich und mit gesenktem Blick ergänzt er, „a-aber ich mag Kleider eigentlich immer noch…“

„Jaaaaa…ich bin etwas überfordert, wie gesagt…“, seufzt Alexander, woraufhin sein Freund schon wieder nervös wird und seine Augen sich trüben.

„Okay, das bedarf die Hilfe von Frauen.“, schreitet Clara an dieser Stelle ein.

Kumpelhaft legt sie Alexander einen Arm um die Schultern und zieht ihn ein wenig mit sich.

„Wir gehen jetzt mal ein bisschen quatschen, während Adele dem Kleinen ein schönes Kleid raussucht, ja?“

„Ich weiß nicht – “

„Schön.“, meint sie, indem sie die Bedenken des anderen einfach übergeht.

Zusammen nehmen sie auf den Stühlen vor der Damenumkleide Platz.

„Sprich mit mir.“, fordert Clara ihr Gegenüber auf, „Was genau „überfordert“ dich?“

Alexander fährt sich angespannt durch die Haare, wodurch ihm sein Hut vom Kopf fällt, den die Rothaarige auffängt und zwischen sie auf den Boden legt.

„Das…das alles.“, bringt der Professor heraus und versucht mit Handbewegungen seine Ratlosigkeit auszudrücken.

„I-ich lieb Heinrich doch, weil er eben keine Kleider trägt und– “

„Wow.“, unterbricht ihn Clara und sieht ein wenig gekränkt aus, „Dann würdest du also auch was mit seiner Schwester anfangen?“

Völlig verwirrt sieht Alexander sie an.

„Na, die trägt doch keine Kleider, wie wir eben erfahren haben.“

„Nein, doch nicht – !“

Alexander seufzt frustriert.

„Ich lieb Heinrich, weil er ein Mann ist und sich nicht wie eine Frau verhält!“

Clara muss schmunzeln.

„Du magst es also nicht, wenn er so süß schüchtern lächelt?“

„Das ist lächerlich, „süß schüchtern lächeln“ können auch Männer.“

„Dann hasst du es aber sicherlich, wenn er bei jeder Kleinigkeit rot anläuft, hm?“

„Clara, das- “

„Oh, und ganz schrecklich war es sicher für dich, als er so entzückt darüber war, dass du dir das Datum gemerkt hast, seit wann ihr zusammen seid, und er fast angefangen hat zu heulen. Ist ja total unmännlich, sowa– “

„Halt die Klappe!“

Etwas erschrocken über sich selbst zieht Alexander den Kopf ein, als sich einige andere Kunden nach ihm umdrehen.

„Sorry, ich…“

„Ich weiß.“, meint Clara und klopft ihm gutmütig auf den Oberschenkel.

„Wenn du auf sogenannte „echte Männer“ stehst, Alexander, hättest du dir nicht so jemanden wie Heinrich aussuchen dürfen, sondern eher so jemanden wie dich. So jemanden, der auf jeden Fall als hetero durchgeht.“

„Darum geht’s mir doch gar nicht.“, versucht Alexander ihr klar zu machen.

„Um was dann?“

„Darum, dass…! Was…was wird das jetzt?! Muss ich mich darauf einstellen, dass Heinrich nur noch in – in Röcken und Kleidern rumläuft?“

„Mich, an deiner Stelle, würd das nicht stören; im Gegenteil.“, meint Clara mit einem Schmunzeln, „Stell dir mal vor: die ganze Zeit freie Sicht auf seine nackten Beine – und jetzt erzähl mir nicht, du hättest was gegen seine nackten Beine; ich hab das im Restaurant heut Mittag genau mitbekommen…!“

Alexander schließt seufzend die Augen und reibt sich die Stirn.

„Ja, ich hab nichts gegen seine nackten Beine, aber da reichen doch kurze Hosen.“

„Kleider sind offen. Ganz offen, auch im Schritt.“

Der Professor öffnet seine Augen und muss tatsächlich grinsen, als er Clara anschaut.

„Du bist unmöglich.“, stellt er fest.

„Danke.“, kommt es von ihr zurück, „Du übrigens auch mit dieser Einstellung.“

Sie sieht, wie hinter Alexander Adele mit Heinrich in einer der Umkleiden verschwindet, und um ihr Gegenüber das nicht mitkriegen zu lassen, versucht sie wieder ein wenig ernster dreinzuschauen und blickt ihm in die Augen.

„Weißt du, was ich heute Morgen zu Adele gesagt hab? Hey, Süße, das wird nichts mit dem Kleinen, der ist schwul?! Nein, ich hab gesagt: So was von schade, dass der Große so gar nicht dein Typ ist, sonst würd ich liebend gerne den Kleinen nehmen.“

Alexanders Augen weiten sich.

„Schau nicht so entsetzt. Heinrich mag zwar wirklich nicht so super männlich aussehen und viel jünger, als er eigentlich wohl ist, aber er hat eine unheimlich tolle Ausstrahlung, die…die eine Frau niemals haben könnte. – Und er wird immer noch er selbst sein, wenn er dieses Kleid trägt. Er wird immer noch seine flache Brust haben, seine schmale Hüfte und seinen – “

Mit einem dreckigen Grinsen zwinkert sie Alexander zu.

„Du weißt schon.“

Der Professor verdreht die Augen.

„Aber du wirst besser drankommen, als bei einer Hose– “

„Jajajajaja, ist gut!“, unterbricht er sie und schiebt sie ein wenig von sich, um sich zu bücken und seinen Hut wieder aufzusetzen.

„Meinst du, du bist bereit, dich davon zu überzeugen, dass dein Freund auch im Kleid umwerfend aussieht?“, setzt Clara an.

Es dauert eine Weile, bis Alexander den Mut dazu gefunden hat, zu nicken.

„Gut“, meint die Rothaarige mit einem breiten Grinsen, „Dann dreh dich um.“

Der Professor zögert, Clara muss ihm noch einmal zunicken, bevor er ihrer Aufforderung folgt.

Alexander hätte sich nicht umdrehen dürfen.

Heinrich krallt voller Nervosität seine Finger in den gerüschten Stoff.

Alexander öffnet seinen Mund, bleibt jedoch stumm.

Heinrich beißt sich auf die Unterlippe.

Alexander nimmt seinen Hut vom Kopf, ist unfähig, sich zu rühren.

Adele muss Heinrich ein wenig anschieben, damit er auf den anderen zu läuft.

„Ha- w…“

Der Ältere gibt es auf, zu sprechen, und hebt seinem Freund stattdessen eine Hand entgegen.

Zögerlich nimmt der Junge diese an, lässt sich zu Alexander auf dessen Schoß ziehen.

Sofort sind die Hände des Professors auf dem lilafarbenen Stoff, fahren den weiten Ausschnitt nach, über die rosa Schleife…

Alexander nimmt Heinrichs Kopf in seine Hände und lässt seinen Blick noch einmal über das Kleid wandern, bevor er an den blauen Augen hängen bleibt.

„Du siehst…das…“

Er beugt sich nach vorne und gibt dem Jungen einen Kuss, der mehr sagt, als alle Worte.

Als Alexander von ihm ablässt, wischt sich Heinrich hektisch über die Augen.

„I-ich dachte schon, jetzt hasst du mich…“

„Nein, ich…“

„Ich muss das Kleid auch nicht nehmen, w-wenn du willst, zieh ich nie wieder eins an, du musst nur sa– “

„Nein“, unterbricht ihn der Ältere mit einem Lächeln, „Mir…gefällt das Kleid. – Also, du gefällst mir, in dem Kleid.“

„Wi-wirklich…?“

„Ja.“

Heinrich atmet erleichtert auf.

„Es…es ist jetzt auch nicht so, dass ich jeden Tag so was anziehen muss, nur…nur ab und zu, wenn…das wär schön, wenn ich das darf…“

„Hm“, entgegnet Alexander, etwas abwesend, da er mit seiner Hand durch die Rüschen fährt, sie ein wenig hochschiebt und Heinrichs Knie erreicht.

„Ich kauf’s dir.“, sagt er und ergänzt noch mit einem Flüstern dicht am Ohr des Jungen: „Wenn ich auch was davon haben darf, ab und zu…“

Glücklich lächelnd nimmt Heinrich Alexanders Hut, der zwischen ihnen eingeklemmt ist, und setzt ihn ihm wieder auf.

Adele und Clara sehen sich freudig an.
 

„Dann bis morgen früh beim Frühstück!“

„Macht’s gut!“

„Noch nen schönen Abend!“

„Euch auch…“

Vollkommen fertig lässt Alexander die Einkaufstüten vors Bett fallen und sich selbst in selbiges.

Heinrich schafft es noch ins Bad, bevor auch er sich neben seinen Freund auf die Matratze schmeißt.

„Meine Füße…“, jammert er.

„Mein Rücken…“, jammert Alexander.

„Verdammt, ich bin müde wie ein Stein…“

„Was glaubst du, wie’s mir geht? So anstrengend wie das heute war...“

„Aber ein Gutes hatte der Tag.“, meint Heinrich, „Er hat mein Schwulsein total bestätigt.“

Alexander bringt ein leises Lachen heraus.

„Wieso das denn?“

„Weil ich gelernt hab, wie anstrengend Frauen sind…“

Der Ältere muss schmunzeln.

„Du kannst aber auch manchmal echt anstrengend sein.“

„Das ist was anderes.“, entgegnet Heinrich, „…Oder nicht?“

„Doch.“, flüstert Alexander und nimmt die Hand des Jungen in seine.

„Tut mir Leid, dass ich so blöd zu dir heute war.“, entschuldigt er sich.

„Ich kann dich verstehen.“, meint Heinrich leise, „Und ich verzeih dir, wenn du mir versprichst, dass wir morgen was ohne die beiden unternehmen.“

„Versprochen.“

Alexander schließt lächelnd die Augen.

„Gute Nacht, mein Schatz.“

Heinrichs Wangen färben sich rot; ihn überkommt ein ganz komisches Gefühl, als er so genannt wird.

„G-gute Nacht, Alex.“
 

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Ich hab mit dem Kapi noch einen Tag länger gewartet, aber es sind trotzdem nicht mehr Vorschläge zu Heinrichs Beichte gekommen *schnief* XP

Also bedank ich mich bei Hanasorya für die Teilnahme und kann, wie man ja gelesen hat, Ran gratulieren :D

Du darfst wie versprochen entscheiden, ob es ein Bildchen zu Heinrich im Kleid geben soll, oder nicht – ODER du kannst natürlich auch eins selbst zeichnen ;)
 

Und bevor Fragen aufkommen, oder man die Sache mit Heinrichs Schwester für an den Haaren herbeigezogen halten könnte: Ulrike gab’s wirklich, und ich fand’s einfach nur witzig, wie Kleist sie immer zur Hausfrau bekehren und ihr in seinen Briefen einreden wollte, dass sie doch heiraten soll – während er selbst ja nicht so auf Familiengründung aus war XD

Daher kommt die Idee :)

Am Morgen wacht Alexander auf und ist ziemlich verwirrt. Irgendwie schwirrt ihm das Bild von Heinrich in seinem Kleid im Kopf herum – hat er davon etwa geträumt? Und irgendwie vermisst er gerade selbst seine Hose.

Ein wenig neben sich fährt er sich über die nackte Brust – und muss feststellen, dass sein Hemd aufgeknöpft ist.

Irritiert sieht Alexander an sich herunter. Jap, er hat wohl von Heinrich in seinem Kleid geträumt.

Eben dieser Heinrich kommt soeben, noch mit nassen Haaren, aus dem Bad gestürmt.

„Alex! Aufstehen! – Oh. Was hat das Kopfkino da denn wieder Interessantes produziert…?!“

Der Ältere grinst nur und streckt sich gähnend.

„Nnnnn…ganz schlecht, Alex, hör auf, dich da so lasziv rumzuräkeln und schaff dich ins Bad, wir sind wieder super spät fürs Frühstück!“

„Was heißt hier denn bitte „lasziv“?“, entgegnet Alexander schmunzelnd, „Wer hat mich denn bis auf die Unterhose ausgezogen, hm?“

„Jaja, ich weiß, es war ein Fehler.“, meint Heinrich, „Und jetzt – H-halt! Wo willst du mit deiner Hand hin?! Kommt nicht in Frage!“

Sofort stürzt er sich auf seinen Freund und zieht diesen vom Bett.

Fataler Fehler, denn nun schlingen sich Alexanders Arme um ihn. Der Junge kann deutlich die Erregung des Älteren an seiner Hüfte spüren.

„Schön,“, bringt Heinrich zwischen einigen Küssen heraus, „dass du dich so über – meine Anwesenheit freust, aber – Alex!“

Lachend schiebt Heinrich den anderen von sich.

„Mensch, du bist echt notgeil, ey.“

Mit einem „Unternimm was dagegen! – Aber beeil dich!“, stößt er seinen Freund ins Bad und schließt die Tür hinter ihm.
 

Beim Frühstück sind sie wieder fast die letzten, die im Saal erscheinen. Adele und Clara haben ihnen bei sich am Tisch zwei Plätze freigehalten.

Leider nicht nebeneinander, sondern gegenüber, denn Alexander verspürt irgendwie den Drang, Heinrich anfassen zu müssen.

So bringt er den Jungen nur aus der Fassung, indem er ihm unterm Tisch mit seinen Füßen über die Beine streicht.

„Wir – “, Heinrich unterbricht sich kurz mit einem triumphierenden Grinsen in Richtung Alexander, als er dessen Fuß nun zwischen seinen Beinen eingeklemmt hat, „Wir haben uns gedacht, dass wir heute nur was zu zweit unternehmen wollen. Ist unser letzter Tag hier und…“

„Schon in Ordnung.“, meint Clara, und auch Adele nickt verständnisvoll.

„Wann reist ihr denn ab?“, will Letztere wissen.

„Ich hab einen Flug für mittags um halb Eins bekommen.“, antwortet Alexander und nimmt seinen Fuß wieder zu sich.

„Dann sehen wir uns morgen beim Frühstück ja noch.“, stellt Clara fest.

„Jap.“, meint Heinrich.

„Und wo geht’s heute hin?“, fragt die Rothaarige nach.

„Auf jeden Fall in kein Kleidungsgeschäft.“, legt Alexander fest.

Heinrich streckt ihm die Zunge raus.
 

Doch an diese Devise wird sich trotzdem gehalten. Irgendwie gelingt es dem Älteren, seinen Freund mit den Schaufenstern abzuspeisen und ihn sogar zu einem Rundgang im American Museum of Natural History zu überreden.

Am Nachmittag spazieren die beiden Hand in Hand durch den Central Park. Heinrich trägt sein gelbgrünes Shirt, das nur eines von vielen Kleidungsstücken ist, das er gestern erworben hat; er verkündet, dass er jetzt schrecklichen Hunger habe.

„Ja, ich auch.“, meint Alexander, „Muss ja aber kein Restaurant sein, oder? Hätt jetzt nämlich Lust auf nen Burger.“

„Auja!“, stimmt Heinrich zu, „Oder ein Hotdog!“

Noch im Park findet sich eine Imbissbude, auf die sie zusteuern.

Ein rundlicher Mann steht hinter dem Tresen und bedient gerade einen Jogger, der bezahlt und mit seiner Tüte Pommes weiterrennt.

Alexander lässt die Hand seines Freundes los, um seinen Geldbeutel aus der Hosentasche zu nehmen.

„Two Hotdogs, please.“, sagt er.

Der Verkäufer reagiert nicht, was Heinrich zu einem skeptischen Blick verleitet.

„Ähm, Mr, excuse me?“, versucht es Alexander noch einmal, „We’d like to buy two– “

„I don’t sell to fags!“, schnauzt sie da der Imbissbudenbesitzer an.

Alexander sieht kurz überrascht aus, dann schnaubt er nur verächtlich, bevor er schon wieder den Geldbeutel wegsteckt.

Heinrich hingegen platzt beinahe der Kragen.

„A-Alex, du lässt dir so was doch nicht gefallen?! Der hat uns eben als Schwuchteln beschimpft!“

„Ach, ich bin so was gewöhnt. Komm, wir finden wo anders was zu essen.“, meint er und will den Jungen wieder an die Hand nehmen, doch der wendet sich wütend dem Verkäufer zu.

„Listen, you intolerant son of a b**ch! It’s none of your business if we two are gay or not or who the hell we’re f***ing – it’s only your business to sell us this goddamn Hotdogs! And if you’ve got a problem with that, I will chain you to this shabby hut of yours and spray your naked body with rainbow colors!“

Alexander und der Imbissbudenbesitzer sehen den Jungen mit dem vor Wut knallroten Gesicht entsetzt an.

Der Mann hinterm Tresen setzt an, etwas zu erwidern.

„I warn you!“, legt Heinrich nach, und der Mann schließt schnell wieder den Mund.

„H-Heinrich, ist gut jetzt.“, meint Alexander und nimmt ihn sanft beim Arm.

Doch der Verkäufer ist schon längst dabei, Brötchen aufzuschneiden, und nimmt zwei Würstchen vom Grill.

„Siehst du. Es geht doch.“, gibt der Junge, jetzt wieder mit einem seligen Lächeln, von sich.

„I-I’s for free.“, bringt der Mann heraus, als er Heinrich die Hotdogs reicht.

„Thank you.“, entgegnet der und gibt einen an seinen Freund weiter.

„Okay. Gehen wir schnell.“, meint Alexander, doch Heinrich nimmt seine Hand.

„Nein, warte.“, sagt er, ein hinterhältiges Grinsen auf dem Gesicht, „Ich will noch ein wenig bleiben.“, ergänzt er und stellt sich an einen der Stehtische.

Alexander gibt sich geschlagen und gesellt sich zu ihm. Erst viel zu spät fällt ihm auf, was der Kleine von Anfang an geplant hat:

Er hat die Wurst auf einer Seite weiter aus dem Brötchen herausgeschoben und leckt nun den Ketchup ab. Leckt den Ketchup sehr…sehr lasziv ab. So, wie man normalerweise andere…Sachen…häm…

Alexander kann seine Augen nur von seinem Freund losreißen, weil er nervös hinüber zum Imbissbudenbesitzer schauen muss.

Der starrt seine beiden Kunden total verstört an. Besonders den Jüngeren, der nun die Hälfte der Wurst der Länge nach im Mund verschwinden lässt.

Alexander und Verkäufer zucken beide erschrocken zusammen, als Heinrich abbeißt.

„Hm, schmeckt gar nicht mal so schlecht.“, meint er und sieht Alexander an.

„Wir können gehen, wenn du willst.“

Der Ältere räuspert sich.

„Bitte.“, sagt er.

Heinrich dreht sich zum Abschied noch mal zum Imbissbudenbesitzer herum und winkt ihm freundlich zu.

„Tastes not bad, sir, but I think I will stick to…“, grinsend nimmt er Alexanders Hand, „...other things that taste far more delicious…“

Den Imbissbudenbesitzer lassen sie sprachlos zurück.

„Heinrich, das war…“

„Angebracht.“, beendet der Junge den Satz.

Sein Freund kann nur noch nicken, obwohl er eigentlich was anderes sagen wollte.
 

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Wer von Heinrich in seinem Kleid nicht so überzeugt war, der ist wohl froh drüber, dass er hier wieder seine Hose anhat ^^

Wer allerdings nicht genug von Heinrich in seinem Kleid bekommen kann, der darf sich auf ein FA von Ran und mir freuen ;)

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel61_non-adult

Abends sitzen die beiden in der Hotelbar: Alexander schlürft seinen Cocktail, während Heinrich ganz begeistert immer wieder den Button mit den Regenbogenfarben betrachtet, den er sich an sein Shirt gesteckt hat.

„Wir hätten eine Fahne kaufen sollen.“, meint er.

„Und die willst du dann zuhause auf den Balkon hängen, oder was?“, fragt Alexander skeptisch.

„Welcher Balkon?“, entgegnet der Junge.

„Stimmt.“, tut der Ältere die Frage ab.

„Willst du probieren?“, meint er stattdessen und hält seinem Freund den Strohhalm entgegen.

Heinrich muss grinsen und schmiegt sich ein wenig an den anderen an.

„Sie wissen doch, dass ich keinen Alkohol vertrag, Herr Professor.“, sagt er und blinzelt Alexander an, „Oder…haben Sie noch was mit mir vor, heute Abend…?“

Der Ältere fährt ihm mit einer Hand in die Haare und beugt sich zu einem Kuss zu ihm hinunter.

„Genau“, haucht Alexander dem Kleinen gegen die Lippen, „Ich will dich abfüllen und dann ganz böse Dinge mit dir anstellen…“

„Wusst ich’s doch.“, bringt Heinrich heraus, bevor sich ihre Münder wiederfinden.

„Aber wussten Sie, Herr Professor, dass ich in den USA minderjährig bin und eigentlich weder den Cocktail trinken, noch mich von Ihnen anfassen lassen dürfte…?“

Alexander fährt dem anderen mit seinen Händen am Rücken unters Shirt.

„Mhmmmm…Das hab ich verdrängt.“, meint er, „Wann wirst du denn einundzwanzig? Ich weiß ja gar nicht, wann du Geburtstag hast.“

„Zehnter Oktober.“

„Schön, dann hab ich ihn ja noch nicht verpasst.“

Heinrich legt ihre Nasenspitzen aneinander.

„Und du?“

„Ich werd nicht mehr einundzwanzig.“

Zur Strafe beißt ihm der Junge leicht in die Unterlippe.

„Autsch. Am vierzehnten September.“

„Und wie alt wird der Herr?“

„Dreißig.“

Heinrich beginnt zu lachen.

„Klar. Das, was ich jünger ausseh, siehst du älter aus, hm?“

„Jap.“

„Nein.“, entgegnet Heinrich und verschränkt seine Hände in Alexanders Nacken, „Dreißig wär mir viel zu jung. Du weißt viel mehr als ein Dreißigjähriger. Also?“

Der Professor weicht dem Blick seines Freundes aus.

„Nein, ich bin viel zu alt…“

Heinrich rutscht ein wenig näher, fasst den anderen wieder an den Wangen und sieht ihm in die dunkelblauen Augen.

„Du hast genau das richtige Alter dafür, mein Erastesi zu sein.“, flüstert er zärtlich, „Sag es mir.“

„Achtunddreißig…“

Heinrich gibt ihm einen feuchten Kuss.

„Das gefällt mir.“, meint er hastig, bevor er den Lippen und der Zunge des anderen wieder entgegenkommt.

So sitzen sie eine Weile da, küssen sich ausgiebig und lassen sich nicht von den Blicken ihrer Umsassen stören.

Irgendwann löst sich Heinrich von seinem Freund und schiebt ihm seinen Cocktail hin.

„Trink aus, damit wir aufs Zimmer können.“

„Hilf mir, dann geht’s schneller.“, entgegnet Alexander.

Der Junge seufzt und probiert einen Schluck.

„Süß. Ist das Kokos?“

„Ja. Scheußlich, nicht?“

„Wieso bestellst du dir dann so was?!“

„Dachte, wär mal was anderes…“

Heinrich sieht skeptisch zum Älteren auf.

„Du dachtest wohl eher: Na, da nehm ich mal was, was mir nicht schmeckt, damit ich’s dann zuuuuufällig an Heinrich abtreten und ihn besoffen machen kann.“

Alexander verdreht die Augen.

„Dacht ich nicht.“, meint er und nimmt den Cocktail wieder zu sich, um einen besonders großen Protestschluck zu nehmen.

„H-hey, halt! Ich will auch noch, das schmeckt gut!“
 

Schon im Fahrstuhl können die beiden die Finger nicht voneinander lassen. Alexander fährt mit seinen Händen dem Jungen unters Shirt, bringt ihn zum Keuchen, als er ihm über die Brustwarzen streicht.

Heinrich ist nur schwer davon abzubringen, seinen Freund auch im Flur zu umschlingen und abzuknutschen. Lachend hält ihn Alexander ein wenig auf Abstand und öffnet die Zimmertür.

Kaum hat er die Tür hinter ihnen wieder geschlossen, hat Heinrich sich auch schon das Shirt über den Kopf gezogen.

„Auf“, fordert der Kleine ihn auf, „Ins Bett mir dir.“

Alexander knöpft sich das Hemd fertig auf und streift es sich von den Schultern. Seine Jeans folgt, die achtlos daneben auf dem Boden landet.

Heinrich schubst ihn auf die Matratze und wirft sich selbst nur in Unterhose auf ihn.

Alexander stöhnt in den stürmischen Kuss hinein, als sich ihre Unterleiber berühren.

Der Kleine nuschelt etwas gegen seine Lippen.

„Hm?“, fragt er nach.

„A Hotdog, please.“, wiederholt Heinrich und sieht seinen Freund mit halbgeschlossenen Augen an.

„W-was?“ Alexander versteht nicht ganz.

„Ich muss doch noch umsetzen, Herr Professor, was ich am Hotdog geprobt hab…“, erklärt der Junge mit einem spitzbübischen Grinsen.

Alexander glaubt, sich verhört zu haben. Die Vorstellung, dass Heinrich das ernst meint, lässt ihn mit einem seligen Lächeln auf dem Gesicht die Augen schließen.

Und tatsächlich küsst sich der Junge seinen Hals hinab, die Brust, über seinen Bauch…

„Kann es sein, dass du noch brauner geworden bist?“, fragt er und fühlt sich irgendwie dazu animiert, dem Älteren leicht in die gebräunte Haut zu beißen.

Alexander bringt als Antwort nur ein Stöhnen heraus.

Quälend langsam küsst sich Heinrich über den Bauchnabel hinab, folgt mit seiner Zunge der Spur von feinen Härchen, die zum Bund der schwarzen Unterhose führt.

Der Professor will nach dem Kopf des Jungen greifen, aber er nimmt seine Hände noch im letzten Moment zurück. Stattdessen krallt er sie ins Betttuch.

„H-Heinrich, bist du…“, fängt er an, „Bist du dir auch wirklich sicher, dass du das…dass du das wieder kannst…?“

„Das werden wir sehen.“, ist die Antwort, und sein Freund zieht ihm unerträglich langsam die Unterhose herunter.

Als Heinrichs Zunge seine Spitze berührt, zuckt Alexander zusammen. Mit aller Macht versucht er seine Hüfte ruhig zu halten, stellt aber schließlich fest, dass das so nicht geht, und fasst kurzerhand nach den Händen des Kleinen, die er an sein Becken führt.

„F-festhalten.“, bringt er heraus und spürt im nächsten Moment den Druck, den Heinrich auch sofort ausübt.

Als der ihn nämlich weiter verwöhnt und ihn das erst Mal seit so langem in seinen Mund aufnimmt, will sich Alexanders Hüfte schon fast von selbst heben.

Der Ältere stöhnt auf, fährt mit schweißnassen Fingern unkoordiniert übers Bettlaken, da er sie doch nicht in Heinrichs Haare wandern lassen darf. Irgendwie schafft er es gar nicht mehr, die Laute, die er von sich gibt, zu kontrollieren, spreizt seine Beine ein wenig mehr, um dem Jungen mehr Platz zu geben.

„Ha-Heinrich, du…das ist…hah – unglaublich, wie…!“

Er spürt, wie der Junge ein Stöhnen von sich gibt, schaut zu ihm hinunter und trifft auf lustverschleierte blaue Augen, die ihn mit schweren Lidern so genießerisch anblicken, dass er unbedingt, doch unbedingt, den anderen am Kopf packen muss, um zu sehen, wie weit er zwischen diesen geschwollenen Lippen verschwinden kann.

Heinrich stöhnt noch ein paar Mal; jedes Mal jagt er damit seinem Freund einen elektrischen Schlag durch den Körper, der sich in seiner Erregung zu bündeln scheint.

„I-ich kann n-ni – hah – ah – Heinrich!“

Den Kopf in den Nacken geworfen, schnellt Alexander noch einmal mit seiner Hüfte nach oben, um schließlich zu kommen.

Als er ein paar Augenblicke später seinen Freund völlig erschöpft anblickt, wie er da zwischen seinen Beinen kniet, sieht er ihn gerade durch seine eigene Hand den Höhepunkt erreichen.

Außer Atem und noch zitternd lässt sich Heinrich auf ihn sinken.

„I-ich konnte nicht alles…“, keucht er, „Es war so viel…“

„Schon gut.“, flüstert Alexander und küsst ihn, um sich selbst zu schmecken.

„Das…das war so verdammt gut…“, bringt der Junge heraus, als er seinen Kopf auf die Brust des Älteren legt.

„Und ob das gut war.“, entgegnet der und fährt ihm durch die Haare, die nass vom Schweiß sind, „Ich liebe dich.“

Alexander tut es Heinrich gleich und schließt die Augen.

Doch er kann noch nicht so richtig abschalten, denn ihm fällt einmal mehr auf, dass Heinrich wieder nicht auf sein Geständnis geantwortet hat.

Gut, das erste Mal, als er das zu Heinrich gesagt hat, hat das ja sogar ihn selbst überrumpelt. Außerdem hatte der Junge wirklich gerade andere Probleme; er hat geweint und wollte ihn verlassen und… Auch das letzte Mal, da war Heinrich doch so eifersüchtig wegen Wayra gewesen, als er ihm seine Liebe – sogar auf Quechua – gestanden hat.

Aber dieses Mal…jetzt hätte Heinrich doch antworten können. Fühlt er nicht das gleiche? Alexander beschließt schon, dass ihm das egal wäre, doch im Unterbewusstsein weiß er, dass es nicht so ist.

Sanft streicht er seinem Freund weiter durch die Haare.

Aber was fühlt Heinrich denn nun für ihn? – Was haben die alten Griechen und Römer, was haben Erastes und Eromenos denn füreinander gefühlt? Haben sie ihr Bündnis wirklich nur als Mittel zum Zweck gesehen, oder auch Gefühle zugelassen? Sicherlich gab es das auch, dass ein Erastes mehr für seinen Eromenos empfunden hat, als nur die Verpflichtung, ihm etwas beizubringen. Aber möglicherweise musste er dann auch damit leben, dass sein Eromenos sich dann nach der Erziehung eine Frau gesucht hat, geheiratet hat, oder sich wenigstens für einen jüngeren Mann in seinem Alter entschieden hat.

Heinrich grummelt leise; es hört sich fast an wie ein Schnurren, als Alexander ihn fester an sich drückt.

Er will seinen Freund auf keinen Fall hergeben. Weder an eine Frau noch an einen anderen Mann.

…Ob es auch vorkam, dass ein Eromenos sich in seinen Erastes verliebt hat, weil er ihn bewunderte, ihn als Vorbild sah, ihm so sehr vertraute und sich bei ihm sicher fühlte? – Alexander muss zugeben, das hört sich weniger nach Liebe zwischen zwei Partnern an, sondern eher wie…wie die Liebe eines Sohnes zu seinem Vater…?

Nachdenklich sieht er den Jungen in seinen Armen an.

Was, wenn…wenn er für Heinrich nur der Ersatz für seinen Vater ist?! Wenn der Junge einfach nur…ja, starke Arme vermisst hat, die ihn halten, eine Bezugsperson, die…die ihn anleitet und es gut mit ihm meint und zu ihm steht.

Vielleicht hat sich Heinrich wirklich nur so an ihn gekrallt, weil er in dem Moment der einzige war, den er hatte. Weil er ihn auf ein Eis eingeladen hat, mit ihm geredet hat, sich für seine Probleme interessiert hat, bei ihm war und ihn vor seinem Vater gerettet hat.

Alexander findet, falls der Kleine ihm einmal auf sein „Ich liebe dich“ mit „Du bist mein Held“ antworten würde, wäre er auch schon zufrieden. Das glaubt er zumindest, jetzt, in diesem Moment.
 

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So, hier das non-adult. Will ja nicht, dass ihr was verpasst...^^

Es ist kurz nach Elf. Adele und Clara sitzen schon ein Weilchen am Frühstückstisch, ihnen gegenüber Heinrich.

Alexander ist gerade am Büffet und holt Marmelade. Für Clara. Dabei bringt er gleich noch eine Schüssel Müsli für Heinrich mit und einen Obstsalat für Adele.

Die Rothaarige wendet ihren Blick vom summenden Professor, der gerade an der Milch ansteht, zu dessen Freund.

Was hast du gestern mit ihm gemacht?!“, fragt sie skeptisch.

Heinrich zuckt nur unschuldig mit den Schultern, wobei dazu das spitzbübische Grinsen auf seinem Gesicht nicht passen will.

„Clara, so was fragt man nicht.“, nuschelt Adele mit geröteten Wangen.

Ihre Freundin sieht sie übertrieben entsetzt an.

„Hallo?! Die Frage war total unschuldig gemeint! An so schweinisches Zeug hab ich gar nicht gedacht! Wirklich!“

„Wer’s glaubt…“, kommt es von Heinrich.

Clara sieht ihn gespielt entrüstet an, doch da kommt Alexander schon mit einem Tablett an den Tisch.

„Einen Obstsalat für die Dame.“

„Oh, danke.“

„Und die Marmelade für Lady Marmelade.“

Clara zieht ihre Augenbrauen hoch.

„Alex, jetzt übertreibst du’s aber.“, merkt Heinrich an.

Sein Freund lacht nur und nimmt neben ihm Platz, bevor er ihm einen zärtlichen Kuss gibt.

„Und zu guter Letzt dein Müsli, mein Schatz.“

Als Heinrich bei dieser Anrede wieder rot anläuft, müssen die beiden Frauen schmunzeln, was es für den Jungen noch peinlicher macht.

Nachdem alle Teller leer sind und die vier ihren Kaffee beziehungsweise Orangensaft leergetrunken haben, macht sich Abschiedsstimmung breit.

„Wie lange bleibt ihr noch?“, fragt Heinrich die zwei Frauen.

„Noch fünf Tage.“, antwortet ihm Adele.

„Wir können ja mal was zusammen unternehmen, wenn ihr wieder zurück in Deutschland seid.“, schlägt er vor.

„Ja, auf jeden Fall!“, stimmt Clara begeistert zu.

„Hier“, meint sie, als sie aus ihrer kleinen Handtasche ihren Geldbeutel herausgeholt hat, „Meine Karte mit Handynummer und Adresse und allem. Zur Not findet ihr uns auch auf Facebook.“

„Das ist praktisch.“, entgegnet Heinrich und steckt sich die Karte in die Hosentasche.

„Wir müssen dann auch.“, meint Alexander und erhebt sich.

Zum Abschied kommen die beiden Herren nicht drum herum, sich von den beiden Frauen umarmen zu lassen – was bei Adele weniger kräftig ausfällt, als bei Clara, die die beiden regelrecht zu zerquetschen droht.

Schnell rettet Alexander seinen Freund aus ihrer Umarmung, kann jedoch nicht verhindern, dass sie dem Jungen noch schnell einen Kuss auf die Wange drückt.

„Tschau, macht’s gut!“

„Ihr auch!“

„Meldet euch mal!“

„Wird gemacht!“

Als die beiden im Taxi sitzen, reibt sich Heinrich immer noch panisch die Wange.

„Hab ich da jetzt Lippenstift kleben, Alex?! Hab ich da was? Jetzt schau doch mal nach – oh, mein Gott, mach’s weg…!“

Lachend beugt sich der Ältere zu ihm herunter und leckt ihm kurzerhand über die kontaminierte Wange.

„So, alles wieder bereinigt.“, meint er.

Heinrich ist zufrieden.
 

Wie Alexander es ihm prophezeit hat, freut sich der Kleine regelrecht auf den Flug. Er kann es kaum erwarten, bis die Maschine abhebt.

„Was hast du denn vorhin mit deinem Bruder telefoniert?“

„Ich hab ihm gesagt, wann wir zuhause ankommen.“

„Oh, will er dich gleich besuchen kommen?“

„Mhm.“, kommt es nur von Alexander, während er seinem Freund über die Wange fährt.

Amüsiert sieht ihn Heinrich an.

„Ist was mit dir, Alex, heute?“

„Was soll denn sein?“, ist die Gegenfrage.

„Du…du bist so zärtlich…“

Der Ältere haucht dem Jungen einen Kuss auf die Lippen.

„Darf ich das nicht mal sein, hm?“

„Oh, doch.“, entgegnet Heinrich und stupst mit seiner Nase gegen die des anderen.

„Sag mir bloß, damit ich Bescheid weiß, ob das immer der Effekt ist, wenn ich dir den Abend zuvor einen geblasen hab.“

Alexanders Augen weiten sich entsetzt über die Wortwahl seines Freundes und noch einmal, als sich die Dame vor ihnen pikiert zu ihnen herumdreht und er in ihr die Frau vom Hinflug nach Venezuela erkennt.

Heinrich kichert nur ungehalten.
 

Als die Maschine in Berlin auf dem Rollfeld aufsetzt, merkt Alexander, wie Heinrich seine Hand ein wenig fester drückt.

Er selbst wird von einem Gefühl erfasst, das man als Erleichterung beschreiben kann, wieder zuhause zu sein. Ob Heinrich genauso denkt, oder ihn eher gerade wieder die Vergangenheit einholt…?

„Wie geht’s dir?“, fragt Alexander, als die Motoren auslaufen.

„Noch gut.“, antwortet der Junge mit einem leichten Lächeln.
 

Den Flughafen verlassen sie in Alexanders Jeep um halb Acht abends.

Heinrich ist ein wenig still geworden, doch als der Professor auch die zweite Möglichkeit verpasst, aus der Stadt herauszufahren, meldet er sich endlich zu Wort.

„Wo…wo willst du hin?“

Alexander antwortet nicht, sondern grinst nur vor sich hin.

„A-aber nicht wieder zu diesem Bonpland! Das…das kann ich jetzt am wenigsten gebrauchen…!“

„Nein, nicht zu Bonpland, keine Angst.“, beruhigt ihn sein Freund, mehr verrät er jedoch nicht.

Heinrich ist mittlerweile ganz schön nervös, als sie in Berlin Charlottenburg vor einem Altbau halten.

„Auf. Aussteigen.“, fordert Alexander den Jungen auf, als der noch wie gelähmt auf seinem Platz sitzt.

Verwirrt sieht Heinrich zu, wie Alexander zu einem der Eingänge läuft, wo er sich von einem älteren Mann umarmen lässt.

„Heinrich, jetzt komm schon!“, ruft er den Jungen zu sich.

Als dieser nah genug gekommen ist, legt der andere ihm einen Arm um die Schultern und sieht zu dem Fremden auf.

„Darf ich bekannt machen: Das ist Wilhelm, mein Bruder, dein Universitätsleiter. Wilhelm, das ist Heinrich.“

Äußerst überfordert reicht Heinrich dem Mann die Hand, der ihn freundlich anlächelt. Er hat tatsächlich Alexanders Augen.

„Freut mich sehr, dass wir uns endlich mal kennenlernen.“, meint Wilhelm.

„J-ja, mich – mich auch.“, bringt Heinrich heraus.

„Wir sprechen uns nochmal ausführlich und wo, wo’s gemütlicher ist, Herr Kleist, aber ich muss jetzt auch schon wieder los.“

„O-okay…“

Mit einem plötzlich wieder ernsten Blick wendet sich Wilhelm an seinen jüngeren Bruder und drückt ihm einen Schlüsselbund in die Hand.

„Wenn du auch nur an einer Kleinigkeit was auszusetzen hast, Brüderchen…!“, raunt er Alexander drohend zu, bevor er ohne einen weiteren Ton im silbernen Mercedes verschwindet, hinter dem der Professor geparkt hat, und davonrauscht.

„W-was war das eben?!“, fragt Heinrich völlig verwirrt.

Sein Freund drückt ihm einen Kuss auf die Stirn.

„Überraschung.“, meint er und schließt die Eingangstür auf.

Als der Junge dem anderen die Treppen hinauffolgt, kommt ihm eine leise Ahnung.

„D-du hast doch nicht…?!“

Alle seine Fragen sind beantwortet, als sie im zweiten Stock ankommen und an der Tür das selbstgebastelte Schild mit den rosa Häschen vorfinden: Schwulen-WG.

Hektisch reißt Alexander das Schild herunter.

„Wilhelm, dieser A…!“, nuschelt er, räuspert sich, schließt schließlich auch die Wohnungstür auf.

Heinrich glaubt zu träumen, als er den Flur betritt, der in einem warmen Orange gestrichen ist. An der Garderobe hängt seine Jacke, seine Schuhe, die er nicht mit in Amerika hatte, stehen unter der Heizung.

Ganz benommen folgt er Alexander in die Küche, deren Schränke und Arbeitsflächen aus hellem Holz sind. Durch eine Ablage ist sie vom Wohnzimmer abgetrennt, das mit einem flauschigen Teppich ausgelegt ist. Das rote Sofa und der Sessel sind auch neu, den Fernseher erkennt Heinrich wieder, genauso wie den Schrank mit der DVD-Sammlung.

„Hier geht’s weiter.“, macht Alexander auf sich aufmerksam und steigt eine Wendeltreppe empor, die ins offene Stockwerk führt, das den hinteren Teil des Wohnzimmers überdacht.

Auch das Schlafzimmer, das sie betreten, lässt den Jungen sprachlos: das neue große Bett,

dessen Matratze noch viel weicher scheint, die hellblaue Wandfarbe…

„Es sind mehr Schränke.“, merkt Alexander an, „Deine Sachen sind schon alle eingeräumt. – Und schau, wir haben jetzt auch einen großen Spiegel hier.“

Heinrich will etwas erwidern, aber da unterbricht ihn der Ältere.

„Warte, wir sind noch nicht fertig.“, meint er, „Unten die Gästetoilette hast du ja schon gesehen, hier ist unser Bad.“

Als Alexander die Tür öffnet, kann der Junge nur staunen. Eine Badewanne und eine Dusche, und die Fliesen sind so schön…

„Und das Wichtigste – neben dem Schlafzimmer:“, führt ihn sein Freund weiter, „Jeder von uns hat ein eigenes Arbeitszimmer bekommen.“

Als sie Heinrichs betreten, und der Kleine sieht, dass auch hier schon alles an seinem Platz ist, als wenn es dort schon immer hingehört, kommen ihm die Tränen.

Alexanders Augen weiten sich erschrocken und er fasst den Jungen an den Armen.

„Ge-gefällt’s dir nicht?! Sollen wir – “

„Du Idiot!“, schluchzt Heinrich, „Natürlich gefällt’s mir, ich bin nur so…mein Gott, Alex, du ruinierst dich ja für mich…!“

Weinend schmeißt er sich dem Älteren um den Hals

Erleichtert fährt ihm Alexander über den Rücken.

„Zwei Millionen sind nicht so leicht zu ruinieren, Kleiner…“

Sein Freund sieht schniefend zu ihm auf: „Ich…ich glaub, ich hab mich gerade unsterblich in deinen Bruder verknallt.“

Alexander schenkt seinem Freund einen entsetzten Blick.

Da beginnt Heinrich leise zu lachen, wischt sich die Tränen aus dem Gesicht.

„Ja, er…er hat das alles hier für uns organisiert und eingerichtet…Hat er das alles selbst gemacht? Ich mein – es waren sicher Handwerker da, aber…“

„Wilhelm hat mir die Wohnung auf meinen Auftrag hin beschafft und meine Schwägerin hat ein Händchen für Innenarchitektur und den Garten.“, erklärt Alexander und ergänzt nebenbei: „Das sind dann aber auch schon ihre einzigen Vorzüge…“

„Apropos Garten…“, meint er dann, „Wir haben auch einen Balkon.“

„E-echt?!?“, kommt es aufgeregt von Heinrich.

„Ja, im Wohnzimmer.“

Sofort stürmt der Junge wieder die Treppe hinunter.

„Tatsächlich!“, ruft er begeistert und öffnet die Tür.

„Und man kann ihn sogar auch von der Küche aus betreten.“, berichtet Alexander weiter.

Heinrich bestaunt ergriffen die Blumenkästen auf dem Geländer, bevor er hinab auf die Stadt schaut.

„Oh, Alexander, zwick mich bitte, damit ich sicher bin, dass es kein Traum ist!“

„Ich weiß da was Besseres…“, entgegnet der Professor und legt von hinten die Arme um seinen Freund, und als dieser seinen Kopf zu ihm umdreht, küsst er ihn.
 

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War das zu erwarten…?? Oder hab ich euch überrascht? ^^
 

Wer von euch ist genauso glücklich drüber wie ich, dass die beiden endlich - endlich wieder zuhause sind?! :D

Alexander wacht auf und wird sofort von einem lieblichen Gefühl ergriffen, als er Heinrich in seinen Armen spürt.

Schon mit einem Lächeln auf den Lippen öffnet er die Augen. Es ist ihm noch nie passiert, dass er morgens neben einem anderen Mann aufwacht, ohne mit diesem die Nacht durchgemacht zu haben. Und noch nie hat sich das so richtig angefühlt, so zufriedenstellend und vertraut. Noch nie hat er beim Anblick des anderen dann dieses Kribbeln gespürt (höchstens in der Lendengegend), das wohl die berüchtigten Schmetterlinge sind, die sich in seinem Bauch breit machen.

„Alles nur wegen dir, mein Schatz.“, flüstert Alexander und vergräbt seine Nase in den wohlriechenden Haaren des anderen.

„Da musst ich erst so alt werden, damit du mir zeigst, dass es solche Gefühle gibt. Ich danke dir.“

Sanft fährt er mit seinem Daumen die Lippen des Jungen nach, haucht auf jedes Augenlid einen zärtlichen Kuss.

Heinrich gibt ein leises Grummeln von sich, und Alexander merkt, wie er sich in seinen Armen rührt.

„Guten Morgen, mein Schatz.“, haucht der Professor und legt seine Lippen auf die des Kleinen.

Alexander spürt, wie Heinrich seinen Kuss erwidert, zuerst zögerlich und verschlafen, dann jedoch mit mehr Nachdruck. Auch fassen die Hände seines Studenten nach ihm und legen sich an seinen nackten Rücken.

„Mmmm…Morgen, Alex…“, nuschelt Heinrich und öffnet müde seine Augen, „Womit hab ich so einen Service gleich am frühen Morgen verdient…?“

„Damit, dass du existierst.“, antwortet Alexander, „Und bei mir bist.“

„Das ist schön…“, gibt Heinrich von sich und schließt wieder die Augen.

„Oooch…“, fängt der Ältere an, während er seinem Freund über die Wange streichelt, „Sind wir noch sooo müde?“

Heinrich gibt keine Antwort.

„Kommt davon, wenn man nach so einem anstrengenden Tag so spät ins Bett geht.“, merkt Alexander an.

Da reibt sich der Junge über die Augen.

„Nnnn, wenn ich halt so lange nach Tamaya gesucht hab…“

„Tamaya? Hier in Berlin?“

„Auf Facebook, Mensch…“, nuschelt Heinrich und boxt seinem Freund, weniger kräftig, gegen die Brust.

„Und?“, hakt Alexander nach, nimmt die Hand des Kleinen, um auf ihr ein paar Küsse zu verteilen, „Gefunden?“

„Schon geadded.“

„Schön“, meint Alexander und richtet sich seufzend ein wenig auf, „Dann adden wir mal unser Frühstück, hm?“

„Och, nööö…Jetzt doch noch nicht…“

„Der Vormittag ist gleich rum, Heinrich.“

Der Junge öffnet grinsend ein Auge, mit dem er den Älteren mustert.

„Kann sein, dass hier einer Hunger hat…?!“

Alexander rollt sich ebenfalls grinsend auf seinen Freund und beginnt, an dessen Hals zu knabbern.

„H-hey, Alex…!“

„Ich schlag vor“, meint der Professor, „dass einer unsere Koffer ausräumt und die Wäsche macht, während der andere was zum Frühstücken beischafft.“

„Ich mach’s Frühstück!“, kommt es sofort von Heinrich.

Alexander lässt von ihm ab und sieht ihn süffisant grinsend an.

„Ahja, da zeigt sich, wer in dieser Beziehung die Hosen anhat.“

„Oooh, der war schlecht…!“, beschwert sich Heinrich, indem er seinen Freund von sich herunter schubst und sich auf ihn schmeißt.

Alexander ist erstaunt, wie leidenschaftlich der Junge ihn küsst. Erst als beide keine Luft mehr bekommen, gibt er seine Lippen wieder frei.

„Alex, wir müssen schleunigst das neue Bett einweihen.“

Leicht verwirrt sieht Alexander seinen Freund auf diesen Kommentar hin an.

„Wie…wie meinst du das?“

Heinrich wirft ihm von da oben ein spitzbübisches Grinsen zu.

„Ich mein,“, erklärt er, „dass du mir auf diesem Bett endlich meine Jungfräulichkeit nehmen sollst.“

Alexander verschluckt sich erst mal heftig.

„Schau nicht wie n Reh im Scheinwerferlicht.“, lacht Heinrich, „Ich mein’s ernst. Sag bloß, du hast nicht erwartet, dass dieses Angebot demnächst von mir kommt?“

„N-nein, um ehrlich zu sein, nein.“, bringt Alexander heraus und irgendwie sind seine Hände jetzt ganz zittrig.

„Ich…ich, warte, ich will nur…“

Vorsichtig schiebt er Heinrich von sich herunter und öffnet die Schubladen bei sich am Nachttisch.

„Schau mal bei dir drüben, ob da das Gleitgel ist.“

Sofort hechtet Heinrich auf seine Seite hinüber, doch er muss verneinen.

Seltsamerweise vergeht Alexander die kurz aufgekommene Nervosität wieder.

„Hab ich mir schon fast gedacht, dass Wilhelm das weggeschmissen hat.“, meint er, „Nachdem er sich Gummihandschuhe und Schutzanzug angezogen hat…“

Heinrich lacht nur kurz darüber, bevor er wieder an seinen Freund heranrutscht und sich an ihn schmiegt.

„Dann kauf heute neues, ja?“

Mit einem Blick zum Wecker ergänzt er: „Welcher Wochentag ist eigentlich?“

„Dienstag.“, kommt es von Alexander.

„Hm, wann gehst du wieder zur Uni?“

„Keine Ahnung, mal schauen.“, antwortet der Ältere und löst sich aus dem Griff seines Freundes.

„Jetzt aber auf!“, meint er, „Frühstück machen.“
 

Es dauert eine Weile, bis auch Heinrich im Bad erscheint. Als er sich umgezogen hat, ist Alexander schon unten dabei, die dreckige Wäsche aus Amerika zu waschen.

Die Hände in die Hüften gestemmt sieht er von der Waschmaschine auf und entdeckt, dass Heinrich in seinen Hausschlappen auf dem Weg in die Küche ist.

„Da wirst du nix finden!“, ruft ihm der Ältere amüsiert zu.

„Wilhelm kann zwar ganz nett sein, aber so gern hat er mich jetzt auch wieder nicht, dass er uns noch den Kühlschrank gefüllt hat.“

Ein grinsender Heinrich schaut hinter der Kühlschranktür vor und streckt ihm die Zunge raus.

„Da kennst du deinen Bruder wohl schlecht.“

Alexanders Augen weiten sich.

„Nein, oder?!“

Aufgeregt läuft er zu seinem Freund in die Küche, um sich davon zu überzeugen, dass ihr Kühlschrank tatsächlich gefüllt ist.

„Ich glaub’s nicht…“, bringt er heraus.

Heinrich sieht sich überzeugt auf die Finger.

„Kann natürlich auch sein, dass er nur mich so gern hat…“
 

Beim Frühstück reden sie nicht viel, was Alexander dazu veranlasst, über Heinrichs Angebot von vorhin nachzudenken. Wenn es vor einiger Zeit noch sein höchster Wunsch war, Sex mit diesem Jungen zu haben, dann kommt das Ganze jetzt doch etwas plötzlich, findet er. Irgendwie ist er gar nicht richtig dazu bereit, gar nicht emotional vorbereitet darauf und… Er weiß nicht, wieso er sich überhaupt solche Gedanken macht…!

„Hm!“, gibt Heinrich auf einmal von sich und kaut noch schnell sein Nutellabrötchen fertig.

„Weil ich die Marmelade grad seh: Gibt’s Gleitgel auch mit Erdbeergeschmack?“

Alexander entgleitet beinahe seine Kaffeetasse.

„Oder mit Geruch?“

„J-ja, sicher. Nur nicht da, wo ich’s normalerweise herhol…“

„Au, fein!“, übergeht Heinrich den letzten Kommentar und wendet sich wieder seinem Brötchen zu.

Als Alexander die Zeitung ausbreitet und der Junge anfängt, abzuräumen, kommt wieder ein Gespräch auf.

„Wir haben einiges verpasst, während wir in Amerika waren.“, merkt der Ältere an, als er die Meldungen liest.

„Kann ich mir vorstellen.“, entgegnet Heinrich, „Allem voran hab ich ein paar wichtige Seminare verpasst.“

„Die darfst du doch nachholen.“

„Hm“, kommt es nur von dem Jungen.

„Weißt du was?“, meint er dann, „Wenn du willst, kannst du von mir aus heute schon mal an der Uni vorbeischauen.“

„Aber…“, fängt Alexander an, „Ich wollt mit dir die Woche doch noch Berlin anschauen.“

Der Kleine läuft zu ihm herüber und drückt ihm einen Kuss auf die Wange, bevor er ihm den Teller abräumt.

„Wir haben doch grad so viel Sightseeing gemacht, Alex. Wir wohnen jetzt hier, das läuft uns ja nicht weg.“

„Stimmt.“, meint der Ältere.

„Dann fahr ich später mal los.“

Heinrich nickt. Damit ist er sehr zufrieden.

Er hat nämlich noch was vor.
 

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Also, wer das errät, darf sich ein FA wünschen ^^

„Und ich soll wirklich gehen?“

Lächelnd rückt Heinrich Alexander die Krawatte zurecht.

„Ja, ich komm schon klar.“

Der Professor nickt.

„Du…du weißt, dass wir dann das erste Mal getrennt sind…seit…“

„Ich weiß.“, meint Heinrich und lässt sich eine Hand an die Wange legen, „Aber wir müssen wieder zurück zum Normalzustand, nicht? Ich hab ja deine Handynummer und ruf an, wenn was ist.“

Alexander nickt ein weiteres Mal, bevor er sich zum Jungen hinunterbeugt und ihm einen Kuss auf die Lippen drückt.

„Bis später.“, sagt er, bleibt in der Tür stehen.

„Schließ hinter mir ab, okay.“, bittet er Heinrich, „Und mach niemandem auf, ich hab nen Schlüssel.“

„Ist gut.“

„Tschüss.“

„Tschau.“

„Pass auf dich auf!“

„Jaja.“

„Wirklich!“

„Ja, Alex, jetzt geh schon!“

Lachend schließt der Junge hinter sich die Wohnungstür. Irgendwie wird ihm immer so warm uns Herz, wenn Alexander sich so viele Sorgen um ihn macht. Auch wenn’s wirklich lächerlich ist.

Heinrich sieht sich in der leeren Wohnung um. Es ist still, aber er stellt fest, dass es tatsächlich viel ausmacht, dass das hier eine andere Wohnung ist. Dass der Flur so schön orange gestrichen ist, so warm… Die Erinnerungen sind nicht so lebendig, wie noch in den Nächten danach. Eher sind sie ganz weit weg. Er sieht sie hinter Wolkenkratzern und dem Dschungel, und dann lächelt ihn Tamaya an, und Clara hebt ihre Brüste in den Weg…

Mit einem stummen Lächeln auf den Lippen sitzt er am Frühstückstisch, die Hände an die Wangen gelegt. Er spürt, wie zwischen seine Finger die Tränen kullern.

Niemals könnte er in Worte fassen, was Alexander für ihn getan hat, aber er wird mit allen Mitteln versuchen, ihm genauso viel zurückzugeben.
 

Heinrich sieht auf die Uhr. Es ist eine halbe Stunde vergangen, seit Alexander weg ist. Mittlerweile sind seine Tränen wieder versickert.

Voller Tatendrang springt der Junge auf und läuft zum Telefon. Ganz im Vertrauen auf die Korrektheit seines…, ähm, des Bruders seines Freundes, tippt er sich zur Telefonliste durch.

Tatsächlich. Alle Nummern sind eingespeichert.

Heinrich wählt die erste.

„Alexander?“

„Ähm, nein, Heinrich hier. Tut mi– “

„Herr Kleist?! Ist was passiert?!?“, kommt es sofort vom anderen Ende der Leitung.

„N-nein, Herr Humboldt, keine Sorge. Es tut mir Leid, dass ich…dass ich Sie so erschreckt hab, ich…“

„Nicht schlimm, wenn mit Ihnen und Alexander ja alles in Ordnung ist…“

„Ja, ist es.“, entgegnet Heinrich, „Alexander ist auf dem Weg zur Universität.“

„Oh. Ich bin erstaunt. – Dann…dann sind Sie alleine?“

„Ja, aber ich komm schon zurecht, schon in Ordnung.“

„Gut.“

„Weshalb ich anruf, ähm…Sie haben Alexander doch in Amerika berichtet, was aus dem…aus dem Prozess geworden ist.“

„…Ja.“, antwortet Wilhelm zögerlich.

„D-da wollt ich fragen, ob Sie…ob Sie wissen, wo mein Vater ist, also…untergebracht ist…“

„Er ist in der JVA Tegel inhaftiert.“

„Ah, vielen Dank.“

„Sie…Sie wollen ihn besuchen…?“, schlussfolgert Wilhelm, „Weiß Alexander das?“

„Nein“, gibt Heinrich zu, „Er…deshalb, bitte, sagen Sie ihm nichts, sonst…sonst macht er sich nur unnötig Sorgen…“

„Ehrlichgesagt könnte ich ihn da verstehen, aber andererseits liegt es auch nicht an mir, Sie davon abzuhalten.“

Heinrich schluckt nervös.

„D-danke für Ihr Verständnis. Und Ihre Hilfe. U-und dafür, dass Sie sich so viel Mühe mit der Wohnung gemacht haben, ich…ich weiß gar nicht, wie ich mich da erkenntlich zeigen– “

„Sie sind dabei, meinem Bruder ein wenig Verstand beizubringen, das reicht mir.“

„Oh, äh…D-dann nochmal vielen Dank und…einen schönen Tag…noch…“

„Ihnen auch, Herr Kleist.“, kommt es mit einem Lächeln in der Stimme von Wilhelm, „Auf Wiedersehen.“

Heinrich schnauft erleichtert aus, als er aufgelegt hat.

Er sieht sich noch einmal in der leeren Wohnung um, bevor er sich die Schuhe anzieht, den Geldbeutel und den Schlüssel einsteckt und in seinem neugekauften blau-orange-gestreiften Shirt die Wohnung verlässt.
 

Berlin ist groß, das weiß er, aber er erinnert sich daran, dass sie gestern vorne an der Straßenecke an einer U-Bahn-Station vorbeigefahren sind. Auf dem Weg dorthin stellt Heinrich fest, in was für einer schönen Nachbarschaft sie wohnen. Nicht zu vergleichen mit dem heruntergekommenen Viertel, in dem dieser Bonpland lebt…

Der Junge blickt kurz auf sein Handy – keine Nachricht von Alex – bevor er sich dem Linienplan zuwendet. Es dauert eine Weile, bis er das System durchschaut hat, aber dann hat er auch gleich die richtige U-Bahn-Linie ausgekundschaftet.

So. Wo jetzt aber einsteigen…?

Ah. Da vorne.

Und wo gibt’s die Tickets?
 

Eine halbe Stunde später steht Heinrich vor den Toren der JVA Tegel.

Er muss sich anmelden und seinen Ausweis abgeben, wie er es schon vom Besuch mit Alexander zusammen kennt, dann wird er in den Besucherraum geführt.

„Nehmen Sie Platz, wir holen Ihren Vater her.“

„Ist gut.“

Heinrich wirkt außergewöhnlich ruhig, als er sich auf den Stuhl vor der Absperrung setzt. Dabei weiß er wirklich nicht mehr, ob das hier das Richtige ist, was er tut. Er hätte lieber seine Mutter besuchen gehen sollen. Aber seltsamerweise ist da auch das Wissen, dass dieses Treffen notwendig ist, dass es anders nicht geht. Anders wird er nie mit dem, was geschehen ist, vollkommen aufräumen können.

Aber nun hat er sowieso keine Zeit mehr, sich anders zu entscheiden, denn da betritt sein Vater den Raum. Er sieht noch dünner aus, als vor Gericht, sein Gesicht wirkt noch älter.

Doch es ist dieses Mal nicht vor Hass verzogen. Und er schweigt auch, als er seinem Sohn gegenüber Platz nimmt. Er sieht fast ein wenig glücklich aus. Und beschämt.

„Heinrich…“

Der Junge richtet sich auf seinem Stuhl auf.

„Vater.“, sagt er.

„Schön, dass du mich besuchen kommst.“, meint Kleist.

Heinrich nickt nur und sieht hinab auf seine Schuhe.

So schweigen sie sich eine Weile an, bis der Junge hört, wie sein Vater sich rührt. Langsam sieht er zu ihm auf.

„Heinrich, ich…Es tut mir Leid.“

Heinrich entweicht ein trauriges Lachen. Er sieht zur Seite und schlägt seine Beine übereinander, weiß nicht wohin mit seinen Händen.

„Junge, du musst mir glauben.“, beginnt Kleist aufs Neue, „Ich…ich wusste nicht, was Brünning vorhat, er…Ich wollte doch niemals, dass dir so was angetan wird…! Niemals!“

„Ich weiß.“, kommt es leise von Heinrich.

Sein Vater schweigt wieder, nickt anerkennend.

„Es tut mir Leid, wie ich mich bei meinem letzten Besuch verhalten hab.“, ergänzt der Junge.

Als er wieder aufschaut, erkennt er so etwas wie Hoffnung in Kleists Blick.

„Du bist…du bist also nicht mehr…?“

Heinrich seufzt genervt.

„Ich bin noch mit Alexander zusammen.“

Das Gesicht seines Vaters verfinstert sich.

„Und darüber solltest du froh sein.“, meint Heinrich bestimmt.

Er hat sich nämlich um mich gekümmert, hat ein halbes Vermögen dafür ausgegeben, dass ich wieder leben kann – leben will! Lieben will!“

Der Junge senkt seine Stimme wieder etwas, als er fortfährt.

„Er hat gesagt, er liebt mich, Vater. Wann hast du das irgendwann mal zu mir gesagt?“

„Heinrich, sei nicht albern…“

„Wann, Vater?! Wann?!?“

Kleist sieht etwas erschrocken aus, als ihn sein Sohn mit wässrigen Augen ansieht.

„Schön.“, kommt es schließlich von ihm und er weicht dem Blick des Jungen aus.

„Wirklich schön, dass es dir jetzt gut geht, viel besser als bei uns. Weil deine Mutter und ich auch nie etwas für dich getan haben, hm?!“

„Natürlich hat Mama was für mich getan. Alles hätte sie für mich getan, aber du musstest ja immer alles kaputtmachen!“

„Oh, ja, natürlich.“, entgegnet Kleist, „Ich bin an allem schuld! Ich bin derjenige, der dir dein Leben kaputtgemacht hat – Kannst du dir vielleicht vorstellen, was ich durchmachen musste?! Wie ich mich bei all dem fühl, hm? Wie fühlt sich ein Vater schon, wenn beide seine Kinder…! nicht normal sind?!“

„Homosexuell sind.“, verbessert ihn Heinrich und kann selbst nicht weinen, weil er über die Tränen seines Vaters so geschockt ist.

„Laufend mach ich mir Vorwürfe, Heinrich!“, bringt der Mann heraus, „Ich sitz da und denk nach, was ich bloß falsch gemacht hab…! Wieso ich beide Male so…so dermaßen versagt hab…!“

„Versagt?“, wiederholt Heinrich mit ruhiger Stimme und steht auf, um seine Hände ans Gitter zu legen.

„Du hättest versagt, wenn Ulrike im Frauenknast säße und ich wegen Vergewaltigung und Mord angeklagt wär, meinst du nicht?“

Zögernd sieht Kleist zu seinem Sohn auf.

„Aber du hast uns gut erzogen, Vater. Das hat doch nichts damit zu tun, wen wir lieben.“

Heinrich bringt ein Lächeln zustande, das er dem Mann schenkt.

Dieser braucht noch einige Sekunden, dann greift er schließlich nach den Händen des Jungen und drückt sie so fest, als wenn sie sein einziger Halt wären.

„Es tut mir so Leid, Heinrich…“

„Schon gut.“

Sie schweigen sich erneut einige Zeit an, bevor Heinrich seine Hände wieder zu sich nimmt.

„W-wo wohnst du jetzt? Bei Mutter?“

„Bei Alexander.“

Sein Vater nickt leicht.

„Und deiner Mutter geht es gut?“

„Mhm.“

Kleist nickt erneut. Hier sieht Heinrich seine Chance.

„Was ist mit Ulrike?“, fragt er.

Sein Vater sieht verwirrt zu ihm auf.

„Weißt du ihre Adresse?“, fragt der Junge weiter, „Sie hat uns doch sicher geschrieben.“

Kleist senkt stumm seinen Kopf, braucht ein wenig Zeit, bis er sich anscheinend überwunden hat.

„Alles im Keller.“, antwortet er schließlich.

„Hm?“

„Die Briefe sind alle im Keller. In einer Kiste. Hab sie nicht mal geöffnet.“

„Aber es auch nicht übers Herz gebracht, sie wegzuschmeißen.“, entgegnet Heinrich mit einem Lächeln.

Langsam kann sein Vater dieses Lächeln erwidern.

Sie bleiben noch eine Weile beieinander stehen, bevor sich Heinrich verabschiedet.
 

Es ist halb Fünf, Heinrich kocht gerade Nudeln und einen Topf Tomatensoße, da hört er Geräusche von draußen im Flur.

Ganz kurz schnellt sein Blutdruck in die Höhe, dann jedoch macht er sich zur Beruhigung auf den Weg zur Tür.

Er hört den Schlüssel im Schloss und atmet erleichtert aus.

Mit einem glücklichen Lächeln auf dem Gesicht fällt er seinem Freund um den Hals, als dieser die Wohnung betritt.

„H-hey, Heinrich…!“, lacht Alexander ein wenig überfordert.

„Hab dich vermisst.“, teilt ihm Heinrich mit und gibt ihm einen innigen Kuss, während dessen der Professor mühevoll die Tür hinter sich schließt, da er die Hände voller Einkaufstüten hat.

„Mmmh…gibt’s Tomatensoße?“, fragt Alexander, als der Junge von ihm ablässt.

„Das riechst du?“, fragt Heinrich erstaunt nach.

„Nein, das hab ich geschmeckt.“, antwortet der Ältere und stellt seine Tasche und die Schuhe im Flur ab.

„Oh.“, Heinrich muss grinsen, „Hab vorhin die Soße probiert. Schmeckt’s?“

„Sehr gut.“, entgegnet Alexander und beugt sich zu einem erneuten Kuss zum anderen herunter.

Gemeinsam machen sie sich auf den Weg in die Küche, wo der Professor seine Einkäufe auf dem Tisch abstellt, um sie dann in die Schränke und den Kühlschrank einzuräumen.

„Ich sehe, du warst pflichtbewusst.“, meint Heinrich von seinem Platz am Herd aus.

„In der Tat.“, stimmt ihm Alexander zu.

„Dann hast du sicherlich auch ans Gleitgel gedacht…?“

Ertappt sieht der Ältere zu seinem Freund auf, der ihn erwartungsvoll anblickt.

„Ähm, ach…das…“

Heinrich stützt seine Hände in der Hüfte ab und schaut den anderen ein wenig genervt an.

„Nicht dein Ernst, oder?!“

„Sorry, ich…das hab ich total vergessen…“

Der Junge seufzt übertrieben und wendet sich wieder seinen Nudeln zu.

„Dann haben wir heute Abend ja Zeit, gaaaanz in Ruhe zu essen und uns zu erzählen, wie unser Tag so war.“

Alexander sagt dazu mal lieber nichts, sondern räumt nur weiter die Sachen ein.

Er hat es wirklich vergessen, aber, ehrlichgesagt nur, weil er es von Anfang an verdrängt hat. Niemals hätte er gedacht, dass er seinen Freund damit dermaßen enttäuschen würde. – Was wiederum heißt, dass Heinrich das…das unbedingt will, endlich mit ihm zusammen…zum Äußersten zu gehen.

Alexander merkt, dass er soeben die Toasts ins Eisfach getan hat, was ihn dazu ermahnt, nicht so viel über so was nachzudenken und lieber seine Arbeit zu machen.
 

„Und? Schmeckt’s dir?“

„Mhm. Wobei mir hier der Touch Heinrich von vorhin fehlt.“ Alexander zwinkert dem anderen zu und entlockt seinem Freund damit ein Grinsen.

„Wie war’s an der Uni?“

„Anstrengend.“

„Ja? Du hast doch gar kein Unterricht gegeben, oder?“, fragt Heinrich erstaunt.

„Nein.“, antwortet Alexander, „Aber ich hab überall rumtelefoniert, um alles klarzumachen, damit du zum Wintersemester wieder anfangen kannst und alle Seminare und Examina nachholen darfst.“

Der Junge wirft dem Älteren einen mahnenden Blick zu.

„Das hätt ich doch machen können.“

„Nein, nein, ist ja schon in Ordnung, das war ja nicht das Problem.“

„Nicht?“

„Nein.“, meint Alexander mit einem Augenrollen, „Das Problem waren die Studentinnen, die alle fünf Minuten angeklopft haben.“

Heinrich zieht seine Augenbrauen zusammen, während seine Lippen ganz dünn werden. Typisches ich-bin-eifersüchtig-Gesicht.

„Was wollten die denn?“, fragt er trotzdem nach.

Alexander winkt ab und dreht ein paar Nudeln auf seine Gabel.

„Sag schon.“

„Was wohl: Oh, Herr Humboldt, ich hab mir ja sooooooolche Sorgen um Sie gemacht! Wo waren Sie denn? Ist alles in Ordnung? Tun Sie mir das bitte nicht nochmal an, das war ja ein Schock…! Etc, bla bla…“

„Aha.“, meint Heinrich, „Und wieso hast du ihnen nicht gesagt, dass du einen festen Freund hast, dann hätten sie dich sicher in Ruhe gelassen.“

Alexander weicht dem Blick des Jungen aus und stochert in den Nudeln herum.

„Ich weiß nicht, ob… Also, mir wär’s ja egal, wenn ich meinen Job verlier,“, meint er, „aber ich weiß nicht, ob du nicht vielleicht Probleme bekommen kannst…Das will ich nicht riskieren.“

„Hm.“, kommt es nur von Heinrich.

Der Ältere seufzt und legt das Besteck beiseite.

„Wirklich.“, bekräftigt er, „Ich will nur nicht, dass man – mit „man“ meine ich so Leute wie Eggebrecht oder eifersüchtige Studentinnen – dass man dich anschwärzt, du hättest dir die Noten in Psychologie anders verdient.“

„Ja, versteh ich ja…“, nuschelt der Junge.

„Aber was ist mit…Wir haben uns doch schon mal auf dem Campus geküsst.“

Alexander zuckt mit den Schultern.

„Ich hab Eggebrecht und der einen Studentin auch schon mehr oder weniger direkt gesagt, dass ich schwul bin, aber anscheinend will das niemand wahr haben.“

Heinrich antwortet darauf nichts, sondern isst nur stumm weiter.

„Und was hast du heute so gemacht?“, wechselt Alexander das Thema.

„Ah, i-ich…Hat dein Bruder nichts erzählt…?“

Erstaunt sieht der Ältere seinen Freund an.

„Ähm, nein…wieso?“

Heinrich legt ebenfalls sein Besteck zur Seite und sieht hinab auf seinen Teller.

„Ich…ich hab ihn angerufen, weil ich…wissen wollte, wo Vater ist.“

Alexanders Augen weiten sich.

„Du…du warst bei ihm?“

„Ja.“, antwortet Heinrich und sieht nun endlich auf.

„Er hat sich bei mir entschuldigt.“, erzählt er mit einem kleinen Lächeln.

Der Ältere sieht ihn nur skeptisch an.

„Wirklich, Alex! Er…er hat geweint und…und hat so was wie Verständnis gezeigt, echt. Und er hat mir verraten, dass er die Briefe von meiner Schwester aufgehoben hat.“

Mit einem etwas breiteren Lächeln ergänzt er: „Ich hab sie alle mit hierher gebracht und weiß jetzt, wo sie wohnt.“

„W-warte, was? Ulrike? Sie hat tatsächlich geschrieben und er hat die Briefe aufgehoben?“, hakt Alexander ungläubig nach.

„Ja.“, antwortet Heinrich „Und drei Mal darfst du raten, wo sie wohnt.“

Der Ältere erwidert das Lächeln.

„Sag bloß…“

„Doch.“, meint der Junge, „In Berlin.“

„Warst du…bei ihr?“

Heinrich schüttelt den Kopf.

„Nein, noch nicht. Vielleicht geh ich morgen hin.“

Alexander nickt.

Eine Weile ist es still, bevor Heinrich vorschlägt, die Küche aufzuräumen.

Sie gehen zusammen ins Bad und machen sich bettfertig.

„Wirklich schade, dass du’s Gleitgel vergessen hast.“, meint der Junge noch einmal.

„Tja…“, entgegnet Alexander nur ratlos.

„Kann man nicht Duschgel oder so nehmen…?“

„Nein, Heinrich.“, wehrt der Ältere sofort ab.

Sie löschen die Lichter in der Wohnung und kuscheln sich zusammen unter die Decke.

„Dann denk aber wenigstens morgen dran, ja?“, ermahnt Heinrich seinen Freund.

„Selbstverständlich.“, flüstert Alexander, bevor er dem anderen seine Lippen auf den Mund legt.

So küssen die beiden sich nur noch eine Weile, bevor sie in den Armen des jeweils anderen einschlafen.
 

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Mir war langweilig, da hab ich mir die Zeit mit Charakterbilder-Malen vertrieben ^^

Es sind einige, und bei den meisten steht nichts, was man nicht schon aus der Story entnehmen kann – aber vllt wollt ihr euch die Studentinnen mal anschaun, das ist eventuell etwas unterhaltsam :)

Heinrich wacht auf und muss feststellen, dass das Bett neben ihm leer ist.

Sofort springt er auf und hastet in seinem I<3NY-Schlafhemd aus dem Zimmer. Er sieht, dass gegenüber im Bad Licht brennt. Leise schleicht er sich an die einen Spalt geöffnete Tür und lugt hindurch.

Alexander steht vor dem Spiegel und rasiert sich. Zu Heinrichs Freude ist er nur in Unterhose.

Der Professor muss schmunzeln, als er im Spiegel entdeckt, wie sich sein Freund auf ihn zubewegt und von hinten seine Arme um ihn schlingt.

„Guten Morgen, mein Großer.“, nuschelt der Junge gegen seinen Rücken, was Alexanders Grinsen breiter werden lässt.

„Morgen, mein Kleiner.“

„Ey.“

„Was? Du hast damit angefangen.“

Heinrich entgegnet nichts mehr, sondern presst seine Lippen zwischen Alexanders Schulterblätter.

„H-hey, langsam, ich will mich hier rasieren und wenn’s geht, mich dabei nicht schneiden.“

„Dann konzentrier dich halt.“, kommt es nur von Heinrich, der seine Hände vom Bauch des Älteren zu dessen Brust wandern lässt.

„Heinrich…“

„Hmmm…?“

„Ich…ich will pünktlich an der Uni sein, also – ahh~“

Erfolgreich grinsend streicht der Junge ein weiteres Mal über die Brustwarzen seines Professors.

„Nicht, Heinrich…“, bringt Alexander heraus und versucht sich aus der Umarmung des anderen zu befreien.

Tatsächlich gibt ihn sein Freund jetzt frei, auch wenn er ihn etwas enttäuscht ansieht.

Mit verschränkten Armen nimmt Heinrich auf dem Badewannenrand Platz.

Eine Weile ist es still, während Alexander sich weiter rasiert, bis der Junge sich wieder zu Wort meldet.

„Starr mir nicht zwischen die Beine.“

Der Ältere sieht seinen Freund gründlich verwirrt durch den Spiegel an.

„W-was?!“

„Ich seh doch, wo du mir hinschaust.“

Alexander verdreht die Augen.

„Tut mir Leid. Wenn ich mich nur in T-Shirt und knapper Unterhose da so hinsetzen würde, will ich mal sehen, wo du hinschaust…!“

Heinrich springt auf und wuschelt sich durch die Haare.

„Du darfst ja so viel schauen, wie du willst, wenn du mich auch anfasst!“

Alexander muss schmunzeln. Er wäscht sich den restlichen Rasierschaum aus dem Gesicht und trägt sein Aftershave auf, bevor er sich zu seinem Freund umdreht.

„Ich soll dich anfassen, ja?“, fragt er mit leiser Stimme und läuft auf den Jungen zu, sodass der einen Schritt zurück macht.

„Äh, ja…anfassen…“, wiederholt Heinrich ein wenig verunsichert – und schreckt auf, als er die kalten Fliesen an seinem Rücken spürt.

„Wo soll ich dich denn anfassen?“, flüstert Alexander und ist dem anderen nun gefährlich nahe.

Bevor der Junge jedoch etwas erwidern kann, packt er ihn im Schritt.

„Hier?“

„Ah! …Jah…“

Heinrich keucht auf, als der Ältere beginnt, ihn durch den dünnen Stoff hindurch zu massieren.

„D-du riechst so gut…“, bringt er heraus.

Alexander antwortet mit einem leidenschaftlichen Kuss.

Etwas benebelt lässt er seinen Freund zurück und zieht sich fertig an. Bis Heinrich gemerkt hat, was mit ihm geschieht, hat der Professor seinen Anzug an.

„Och, nein…“, jammert der Junge, sobald er begriffen hat, dass es das jetzt war, mit den Liebkosungen am Morgen.

„Komm frühstücken.“, meint Alexander und haucht ihm einen Kuss auf die Stirn, bevor er das Bad verlässt.
 

Als Heinrich am Frühstückstisch erscheint, ist sein Freund schon fertig und packt gerade seine Sachen, um zu gehen.

Mit einem aufmunternden Lächeln kommt der Professor dem Jungen entgegen und tätschelt ihm die Wange.

„Sie nicht traurig, ich komm heute früher. Freu dich auf heute Abend.“

Heinrich legt ihm einen mahnenden Finger an die Brust.

„Was darfst du heute nicht vergessen?“, hakt er nach.

„Gleitgel.“, antwortet Alexander.

Heinrich nickt.

„Gut. Du darfst gehen.“

Der Ältere beugt sich noch einmal für einen Kuss zu seinem Freund herunter, bevor er die Wohnung verlässt.
 

Heinrich hat sich für heute vorgenommen, bei seiner Schwester vorbeizuschauen. Er hat die Adresse abgetippt, von der aus Ulrike ihm seit anderthalb Jahren geschrieben hat, und sich eine Route mit den öffentlichen Verkehrsmitteln dorthin im Internet suchen lassen.

Es ist noch vor Zehn, als er in Berlin Mitte ankommt. Die richtige Straße erreicht er zu Fuß. Bis er die Hausnummer hat, dauert es ein wenig.

Schließlich bleibt er vor einem schmalen Hauseingang stehen, an dem bestimmt über zehn Klingelschilder hängen.

Der Junge stellt fest, dass er ganz schön aufgeregt ist, als er die Klingel betätigt, unter der der Name Ulrike Kleist steht.

Sein Herz schlägt ihm fast bis zum Hals, aber es tut sich nichts.

Er klingelt ein weiteres Mal, aber immer noch meldet sich keiner.

Um nicht umsonst hergekommen zu sein, beschließt er mal in den Hinterhof zu schauen, den man von der Straße aus erreichen kann.

Mit einem etwas mulmigen Gefühl läuft er durch die dunkle Einfahrt und findet sich in einer typischen Hinterhofidylle wieder: Ein paar Jungs springen einem Ball hinterher, überall hängt Wäsche zum Trocknen, oben auf einem der vielen Balkone sonnt sich ein alter Mann, Zigarre rauchend.

Heinrich entdeckt, dass man von hier hinten das Haus betreten kann und beschließt kurzerhand nochmal direkt an der Tür zu klingeln.

Er geht also jedes Stockwerk ab, bis er im vierten OG dann endlich das Schild Ulrike Kleist wiederfindet. Die Fußmatte ziert eine vollbusige Frau, die in einer Sprechblase die Worte „Come in“ von sich gibt.

Jap. Seine Schwester.

Er klingelt also noch einmal.

„Wolln Sie zur Ulli?“

Erschrocken dreht sich Heinrich herum und erblickt eine ältere Frau, die die Treppe hinaufkommt.

„Äh, ja. Ja, wieso? Ist sie nicht da?“

„Ulli is im Café, Jungchen.“, antwortet die Frau und nimmt einen Zug an ihrer Zigarette, bevor sie Heinrich kritisch beäugt.

„Biste aus der Verwandtschaft?“, fragt sie schließlich.

„J-ja.“, entgegnet Heinrich und es legt sich ein Lächeln auf sein Gesicht, „Ich bin ihr Bruder. Sieht man das etwa?“

Die Alte winkt ab.

„Nee, Ulli bekommt nie Männerbesuch, deshalb.“

„Ah, äh…“

Der Junge versucht sich wieder zu fassen.

„Wo ist denn das Café?“

„Ja, ihr eigenes Café.“

Wo, wollte ich wissen.“

„Wat?“

Wo das Café ist! Ullis Café.“

„Ah, dat. Das is hier vorne an der Ecke. Grad die Straße runter, Jungchen.“

„Danke.“

Heinrich ist froh, als er das Haus wieder verlassen kann.
 

Vorne an der Ecke befindet sich tatsächlich ein kleines Café. Café Ulli, um genauer zu sein. Heinrich kann gar nicht beschreiben, wie stolz er auf seine Schwester ist, dass sie ein eigenes Café besitzt…!

Mag es auch noch so klein sein. Sechs Tische, immerhin, und ein paar Barhocker. Drei der Tische sind belegt, der eine wird gerade bedient.

Heinrich nimmt sich vor, die Bedienung mit den kurzen blonden Haaren mal anzusprechen, da er seine Schwester gerade nirgendwo entdecken kann.

„Hier Ihr Cappuccino, meine Dame. Ihr Kaff – ups!“

Heinrich schreckt auf, als der Mann gellend aufschreit und panisch auf seinem Stuhl herumzappelt, während seine Frau, oder Freundin, ihn mitleidsvoll anblickt. Ganz anders, als die Bedienung.

„Och, das tut mir aber Leid um den Kaffee. Hab ich Ihnen da unten jetzt was verbrannt? Vielleicht lernen Sie ja was draus, und zwar dass Frauen nicht drauf stehen, laufend von euren Fettfingern angegrabscht zu werden!“

Mit einem „Hab ich nicht Recht?“, wendet sie sich der Kundin zu.

Die sieht sie jedoch nicht weniger wutgeladen als ihr Begleiter an.

„Wir sind verheiratet!“, schnauzt sie sie an, bevor die beiden Gäste an Heinrich vorbeistürmen und das Café verlassen.

Völlig baff starrt Heinrich die junge Frau an, die da mit dem Tablett am Tisch steht und ihn nicht minder erstaunt anblickt.

„…Ulrike?!?“

Heinrich läuft auf die andere zu. Tatsächlich, es ist…

„H-Heinrich???“

Völlig baff blickt ihn seine Schwester an, bevor sie zu kreischen beginnt und ihm um den Hals fällt.

„OhmeinGott, mein kleiner Heinrich ist so groß geworden!“

Grinsend fährt sie ihm über die Wangen.

„Du bist ja ein richtiger Mann geworden…! …Leider…“, ergänzt sie mit düsterem Blick.

Als Heinrich jedoch die Augenbrauen zusammenzieht, lacht sie.

„Ich hätt dich beinah auch nicht erkannt.“, gibt der Junge zu, „Wo sind deine schulterlangen, dunklen Haare geblieben?“

Ulrike winkt ab.

„Viel zu brav und gewöhnlich. – Aber, komm, setz dich erst mal. Ach, du musst mir so einiges erzählen, ich bin ja so gespannt…!“

Heinrich sieht sich etwas verwirrt um, als seine Schwester ihn dazu nötigt am Tisch Platz zu nehmen und sich ihm gegenüber niederlässt.

„Ähm…deine Gäste…?“

„Ach, scheiß drauf. Du bist wichtiger.“

Heinrich schüttelt grinsend den Kopf.

„Verändert hast du dich nicht wirklich.“, meint er, „Und dein Hass auf Männer hat auch nicht wirklich abgenommen. Er ist eher noch ein wenig…extremer geworden…?“

Ulrike seufzt.

„Berechtigterweise.“, stellt sie jedoch klar.

„Ist aber nicht gut für dein Geschäft, von dem auszugehen, was ich eben mitbekommen hab.“, gibt Heinrich zu bedenken.

„Ach.“, fängt Ulrike an, „Ich hatt ja bis vor drei Monaten noch Mandy. Also, eine Angestellte, sie hat bedient. Konnte das viel besser als ich.“

Als Heinrich seine Schwester ein wenig zu skeptisch anschaut, erklärt sie: „Ja, wir waren zusammen. – Also, so halb. Aber dann ist sie mit so einem Scheißkerl durchgebrannt, der ihr was weiß ich versprochen hat…“

„Das tut mir Leid.“, meint Heinrich.

Nun liegt es an Ulrike, ihn eindringlich anzuschauen.

„Und du?“, fragt sie mit einem Grinsen, „Wenn mich nicht alles täuscht, dann findet mein kleiner Bruder immer noch zwei Dinge auf dieser Welt toll: Kleider und Männer.“

Heinrich muss lachen.

„So in etwa.“, meint er.

Als sie ihn fragend anschaut, ergänzt er: „Ja, ich bin schwul. So wie du’s mir schon prophezeit hast, als ich zwölf war.“

„Süß.“, findet Ulrike, „Abgesehen davon, dass das heißt, dass du auf dieses eklige Ding stehst, das Mann zwischen den Beinen hängen hat.“

Heinrich verdreht die Augen.

„Moment.“, kommt es da von Ulrike, die ihn plötzlich so ernst ansieht.

„Was sagt Vater dazu?“

Ihr Bruder senkt den Kopf.

„Sag bloß, er hat dich auch rausgeschmissen? Oder, du bist ausgezogen?!“

„Er sitzt im Gefängnis.“

Überrascht weiten sich Ulrikes Augen.

„W-wieso das?!?“

„Er…“, fängt Heinrich an und kommt sich auf einmal wie ein Schuldiger vor seiner Schwester vor.

„Er hat mich geschlagen.“

„Was?!?“

„Ja, er…Immer wenn ich…wenn ich von Männern erzählt hab, von Freunden, wenn er mich erwischt hat, wenn – das ging so die ganze Zeit, seit du weg warst.“

Ulrike muss schlucken. Heinrich versucht, gefasst zu bleiben.

„Und weil’s dir gereicht hat, bist du ausgezogen?“

Der Junge schüttelt den Kopf.

„Nein, er hat mir doch mein Studium finanziert, mir alles bezahlt…Ich war doch von ihm abhängig.“

„U-und wieso…? Heinrich, Mensch, jetzt erzähl doch!“

Ihr Bruder räuspert sich und legt seine Hände aneinander. Jetzt muss er doch ein klein wenig lächeln.

„Mein Professor, an der Uni…“

Ulrikes Mundwinkel heben sich.

Dein Professor?“

Mein Professor“, wiederholt Heinrich mit einem Grinsen, „war der erste Mann, der’s mir so richtig angetan hatte. Bis dahin fand ich ein paar Schauspieler toll – “

„Harrison Ford, zum Beispiel.“, wirft Ulrike ein.

„Genau. Aber noch nie hatte ich eben einen Mann, mit dem ich fast täglich zu tun hatte und der mich so…so verrückt gemacht hat!“

„Hat das Vater gemerkt?“

„Er wusste wohl nicht, wer es war, aber er hat gemerkt, dass da irgendwer war. Jedenfalls…ich hab in einer der Vorlesungen meinen Ordner fallen lassen – ausversehen.“

Ulrike zwinkert ihm zu.

„Natürlich.“

„Nein, wirklich!“, beharrt Heinrich, „Ich kam doch niemals auf die Idee…! Du würdest glauben, im siebten Himmel zu sein, wenn ich dir sag, was für Studentinnen ihm laufend in Scharen nachgetigert sind und sich an ihn rangeschmissen haben!“

Jetzt sieht seine Schwester leicht verwirrt aus.

„Dein Professor ist also hetero?“

Heinrich muss grinsen.

„Es machte den Anschein, ja.“, meint er, „Aber ich bin trotzdem nach der Stunde nach vorne und hab mich für die Sache mim Ordner entschuldigt. Dann gab’s ein Missverständnis, weil ich dachte, ihn beleidigt zu haben, und rat mal, wie er das wieder gutmachen wollte?“

„…Er ist mit dir ins Bett?!“, vermutet Ulrike.

„Bleib realistisch, Ulli!“

„Er hat dich auf ein Eis eingeladen.“

Erstaunt sieht Heinrich seine Schwester an.

„Richtig.“

Sie grinst ihn triumphierend an.

„Jedenfalls ist so was wie ne Freundschaft zwischen uns entstanden, die ihren Höhepunkt damit erreicht hatte, dass ich mich bei McDonald’s vor ihm geoutet hab.“

Ulrike beginnt zu lachen.

„Das ist mein Heinrich…“, kichert sie.

„Wie hat er reagiert?“

„Total verständnisvoll.“, antwortet Heinrich, „Nur hab ich den Fehler gemacht und erwähnt, dass ich verliebt bin. Dann hab ich die Story erfunden, dass ich in einen ehemaligen Schulfreund verliebt bin. Konnt ihm ja unmöglich die Wahrheit sagen.“

„Und wo kommt Vater ins Spiel?“, hakt Ulrike nach.

„Jetzt.“, entgegnet Heinrich.

„Alexander – so heißt mein Professor – ist zu uns nachhause gekommen, weil mein Vater ihn sprechen wollte. Wir haben in Philosophie nämlich Homosexualität durchgenommen.“

„Was unserem Alten nicht gepasst hat, ich verstehe.“

„Genau. Alexander hat dann eben den Fehler gemacht und…und Vater klargemacht, dass er mir so was nicht ausreden soll, er würde ihn da nicht unterstützen, schließlich…sei er ja selbst schwul.“

Ulrikes Augen weiten sich.

„Dein hetero-Professor schwul?! Echt?!?“, ruft sie mit einem breiten Grinsen, sodass man es im ganzen Café hören kann.

Heinrich nickt etwas peinlich berührt.

„Bloß die Angelegenheit, als er gegangen ist, war nicht so lustig für mich.“

„Oh“, kommt es von seiner Schwester, „Kann ich mir denken… Sag bloß, er hat dich wieder geschlagen?“

„Und wie…“, antwortet Heinrich etwas leiser, „Das Problem war ja, dass Alex davor schon mal oben in meinem Zimmer war, und ich zu ihm ins Auto gestiegen bin…Vater hat halt…er hat eins und eins zusammengezählt.“

„Und dann habt ihr ihn endlich angezeigt, ja?“

„Alex ist zurückgekommen und hat Vater niedergeschlagen. Dann bin ich ohnmächtig geworden und erst wieder im Krankenhaus aufgewacht.“

Ulrike sieht ihren Bruder mitfühlend an und greift nach seinen Händen.

„Das Happy End kommt aber noch.“, versichert der, „Ich bin dann nämlich bei meinem Professor eingezogen– “

„Hast du ihm gesagt, dass du was von ihm willst?!“

„Äh, nein…Er meinte, ich will was von meinem erdichteten Schulfreund, währen ich mir sicher war, dass er auf ältere Männer steht, die, ja, eben männlicher sind als ich.“

Ulrike verdreht die Augen.

„Nee, oder?! Dass Männer aber auch immer so kompliziert sein müssen…“

„Ein Morgen und ein anregender Traum seitens Alex und ein Heinrich, der ihm die Bettdecke wegzieht, haben aber schlussendlich alle Unklarheiten beseitigt.“

Ulrike sieht ihn ungläubig an.

„Ihr…Sag bloß, ihr seid zusammen?!?“

Heinrich nickt grinsend.

„OhmeinGott, ich freu mich ja so für dich! Mein kleiner Heinrich hat einen Freund!“

Vollkommen rot im Gesicht lässt sich Heinrich von seiner Schwester fest drücken.

„Geht’s…geht’s ein wenig leiser, bitte…? Tisch drei sieht schon ganz verstört aus. Die wollen übrigens schon seit zehn Minuten zahlen.“

Ulrike lässt ihr kleines Brüderchen wieder los und betrachtet ihn von oben bis unten.

„Du suchst nicht zufällig nen Job?“

Heinrich sieht sie erstaunt an.

„Du meinst…?“

„Ja, natürlich!“, entgegnet Ulrike, „Du kommst ja prima mit Männern klar und ich brauch noch ne Bedienung. Ich bezahl dich auch.“

„Das…“

Der Junge ist noch etwas überrumpelt, aber er würde liebend gerne ein wenig Geld verdienen, damit er Alexander nicht so auf der Tasche liegt.

„Okay, ich kann aber nur am Wochenende.“

„Heißt das, du sagst zu?!“

„Wann kann ich anfangen?“

Ulrike fällt ihm abermals lachend um den Hals.

„Klasse! Von mir aus schon nächste Woche!“

„Jawohl, Chefin.“
 

Wieder wird Alexander schon im Flur von seinem Freund begrüßt.

Heinrich gibt ihm einen kurzen Kuss und hält ihm die Hand entgegen.

Fragend sieht ihn der Ältere an.

„Was…?“

Der Junge verdreht die Augen.

„An was solltest du unbedingt denken…?!“

„Ah!“

Stolz, dass er es heute nicht vergessen hat, holt Alexander das Döschen Gleitgel aus seiner Tasche.

Sofort dreht Heinrich den Deckel auf und riecht daran.

Freudig sieht er zu seinem Professor auf.

„Erdbeergeruch…! Das gab’s wirklich?!“

Kurzerhand schlingt er dem anderen seine Arme um den Hals und zieht ihn zu einem leidenschaftlichen Kuss zu sich herunter.

Alexander muss in den Kuss hineinlachen, als Heinrich ihm noch hier im Flur das Jackett von den Schultern schiebt.

„Wieso so stürmisch?“, fragt er amüsiert.

„Weil ich schon viel zu lange warten musste.“, entgegnet Heinrich und macht sich daran, das Hemd des anderen aufzuknöpfen.

Ein wenig überrumpelt lässt sich Alexander vom Jungen durchs Wohnzimmer hinauf ins Schlafzimmer ziehen.

„Heinrich, ich…ich hab eigentlich Hunger…“

„Ich auch.“, kommt es von Heinrich mit einer Stimme, die einfach viel zu sexy für diese Uhrzeit klingt, wie Alexander findet.

Küssend sinken sie auf die Matratze; der Kleine hat das Gleitgel auf dem Nachttisch abgestellt.

Gerade stellt Heinrich fest, dass Alexander sich auch beteiligt, da hört der Ältere auch schon wieder auf.

Viel zu sehr entschuldigend sieht er ihn an.

„Wir…“

„Was?“

„Wir haben keine Kondome.“

Heinrich gibt einen genervten Frustschrei von sich.
 

Als sie sich beim Abendessen gegenübersitzen, Alexander mit schuldiger Miene, Heinrich ein wenig niedergeschlagen, beginnt Letzterer das Gespräch mit: „Dann haben wir heute Abend ja wieder Zeit, gaaaanz in Ruhe zu essen und uns zu erzählen, wie unser Tag so war.“
 

-------------

Ob sie's jemals schaffen werden…?! XP

Langsam öffnet Heinrich seine Augen.

Es ist dunkel. Wie viel Uhr ist es?

Müde greift er nach dem Wecker.

Halb Zwölf.

Moment!

Der Junge springt auf. Ein Blick zur Seite bestätigt ihm, dass er alleine im großen Bett liegt.

„Oh, dieser…!“

Klasse! Alexander hat doch tatsächlich den Rollladen runtergemacht, damit er sich aus der Wohnung schleichen kann, ohne dass Heinrich aufwacht…!

Mit einem Grummeln schmeißt er sich noch einmal auf die Matratze. Er beschließt aus Protest noch eine Weile liegenzubleiben.

Genüsslich streckt er sich, rollt sich hinüber auf Alexanders Seite. Dort presst er sein Gesicht ins Kopfkissen und saugt den wohligen Geruch in sich ein.

Wie gerne würde er jetzt noch ein wenig mit dem Älteren kuscheln, seine Arme um ihn schlingen…Alexanders Stimme klingt immer so wunderbar verführerisch, wenn er noch verschlafen ist. Er will seine Stimme hören…

Auf Heinrichs Gesicht legt sich ein Grinsen.

Genau…Heute ist Donnerstag…

Er rollt sich wieder zurück auf seine Seite und nimmt das Handy vom Nachttisch.
 

Alexander stellt seine Kaffeetasse ab, als sein Telefon klingelt.

Ein wenig genervt, wer ihn in seinen Freistunden stört, nimmt er ab.

„Humboldt?“

Vom anderen Ende der Leitung kommt ein langgezogener Seufzer.

Verwirrt starrt Alexander den Hörer an, überlegt schon aufzulegen, da er eine notgeile Studentin als Anrufer vermutet, doch da erkennt er die Stimme seines Freundes.

„Morgen, Alex.“

Der Professor muss lachen.

„Wieso Morgen? Es ist Mittag, mein Schatz.“

„Für mich ist es Morgen. Ich lieg nämlich noch im Bett und es ist angenehm dunkel.“

„Ah.“ Alexander muss schmunzeln, als er sich den Kleinen vorstellt. Er mag es, wenn er so verschlafen dreinblickt.

„Hörst du mich gut? Hab dich auf Lautsprecher.“

„Ja, sehr gut. Wieso auf Lautsprecher?“, fragt der Professor grinsend, „Was hast du denn zu tun?“

„Hmmmm~“, kommt es nur verschwörerisch von Heinrich, „Wenn du das wüsstest…“

„Okay“, lacht Alexander, „Willst du was Bestimmtes? Sonst würd ich dann meinen Kaffee weitertrinken und die nächste Stunde vorbereiten.“

„Seit wann bereitest du denn was vor?“ , meint Heinrich, und der Ältere hört deutlich das Grinsen auf dessen Gesicht, „Aber, ja, ich will was…Bestimmtes…“

Alexander setzt sich ein wenig aufrechter auf seinen Schreibtischstuhl und sieht etwas nervös zur Tür.

„Und was ist das?“, fragt er nach.

Von Heinrich kommt erneut ein Seufzen und man hört durchs Telefon, dass er sich auf der Matratze bewegt.

„Ich will…dich.“

Alexander muss lachen.

„Hein– “

„Nochmal, bitte.“

Verwirrt hält der Ältere inne.

„Was?“

„Mach das nochmal. Du lachst so schön. So kehlig. Das ist…“

„Antörnend?!“

„Jaaah…“

Alexander schüttelt den Kopf.

„Heinrich, die Idee ist ganz witzig, aber wir sollten jetzt auflegen.“

„Aber, Herr Professor…“

„Nichts Herr Professor.“

„Herr Professor Humboldt, wünschen Sie sich nicht, ich wär jetzt bei Ihnen?“

Alexander gibt einen tiefen Seufzer von sich und reibt sich die Stirn.

„Natürlich, wünsch– “

„Ich will, dass Sie mich berühren, Herr Professor. Ich will Ihre großen Hände auf meiner Brust spüren, auf meinem Bauch…ah…“

„Heinrich, ich leg auf, ja?“

„Jah…tun Sie’s, Herr Professor, tiefer…hnnn~ Ihre Hand tut so gut…“

Alexander schluckt, tippt nervös mit den Fingern seiner rechten Hand gegen die Stuhllehne.

„Bitte, ich will nicht– “

„Ich weiß, i-ich…lassen Sie mich Ihren Gürtel für Sie öffnen, Herr Professor Humboldt.“

Alexander schließt verzweifelt die Augen.

„Heinrich, wirklich…!“

„Wirklich, Alex! Ich lieg hier alleine aufm Bett und versuch mir einen runterzuholen – sei ein bisschen behilflich!“

Schneller als Alexander es realisiert, krallt sich seine Hand um seinen Gürtel.

„Heinrich. Ich bin hier in meinem Büro. An der Uni.“

„Hm…ich weiß…Schließ doch ab.“

Tief atmet der Ältere durch, bevor er den Telefonhörer – er wollte ihn auflegen, eigentlich, wirklich; jetzt legt er ihn nur auf dem Schreibtisch ab und steht auf, um zur Tür zu laufen. Und abzuschließen.

„Ich bin wieder da.“

„Ahhh, wunderbar…Hab ich dir schon mal gesagt, dass ich deine Stimme mag, wenn du panisch bist? Dann klingt sie so rau…“

„Ja? Ist das so?“

„Mhmm…Was macht dein Gürtel?“

„Du wolltest ihn mir ausziehen.“

„Bin schon dabei…“

Alexander versucht sein schlechtes Gewissen zu verdrängen, als er seine Hand an sich herunterwandern lässt.

„Was hast du an?“, fragt er den anderen, während er die Gürtelschnalle öffnet.

„Nichts.“

„Du bist nackt?“

„Ich bin nackt und geil auf dich.“

Alexander schließt die Augen, als er sich die Hose öffnet und sich mit seiner Hand in den Schritt fährt.

„Ich wünsch mir wirklich, du wärst jetzt bei mir.“, fängt er an, „Dann könnt ich dich ein bisschen auf den Schoß nehmen, was hältst du davon?“

„Jah…oh, bitte, Herr Professor…machen Sie das…Aber ich bin ganz unruhig, müssen Sie wissen, ich rutsch dann hin…und her…und…“

„Schneller.“

„Ah…?“

„Schneller. Beweg dich schneller.“

Von Heinrich kommt ein kehliges Lachen.

„Ich kann mich auch auf und ab bewegen, wenn Sie wollen.“, meint er, „Moment, ich – aaah~ Gott, ist das lange her…“

Alexander kommt etwas aus dem Rhythmus.

„H-Heinrich, was…was machst du…?“

Vom Jungen kommt nur ein genießerisches Stöhnen.

„Ich liebe Erdbeeren, wissen Sie das…?“

Der Professor muss schlucken. Er spreizt automatisch die Beine, als ihm klar wird, was Heinrich da macht, und beschleunigt seine Handbewegung.

„Das…das ist nicht dein Ernst…“

„Doch.“ , keucht der Junge, „Zwei Finger. Deine Finger.“

„Hn…drei…“, bringt Alexander heraus.

„Sofort.“ , meint Heinrich.

Alexander hört kurz darauf sein Stöhnen.

„Gott, ist das…ah…Alex, wenn ich mir vorstell…dich…in mir…!“

Der Professor beißt sich auf die Unterlippe, um keinen Laut von sich zu geben, als er spürt, wie nahe er seinem Höhepunkt ist.

„Willst du…willst du’s trotzdem…?“, keucht er.

„J-Jah! Nicht trotzdem – deswegen! W-weil, das…Gefühl, das…ah…Alex…“

Alexander sieht sich mit vernebeltem Blick nach einem Taschentuch um.

Er findet schließlich nur die Serviette, auf der ihm Caroline selbstgebackene Küchlein mitgegeben hat.

Als er den Telefonhörer, der ihm runtergefallen ist, wieder an sein Ohr hebt, hört er Heinrichs aufgehetzten Atem.

„Hah…das tat gut…“

Alexander muss leise lachen.

„Es war jedenfalls die aufregendste Mittagspause, die ich jemals hatte.“

„Siehste.“

„Jetzt muss ich aber auflegen. Ich hoff, es hat mich niemand gehört. – Ich hoff, ich kann mich noch auf irgendwas konzentrieren…!“

„Wenn nicht, kannst du ja früher nachhause kommen…“, schlägt Heinrich vollkommen unschuldig vor.

„Natürlich.“, entgegnet Alexander schmunzelnd.

„Aber lass dich hier nicht ohne Kondome blicken, ja?!“

„In Ordnung. Bis heut Abend, mein Schatz.“

Er hört, wie Heinrich einen Kuss durchs Telefon schickt, bevor sie auflegen.
 

Das Café in Berlin Mitte ist ziemlich leer, als Heinrich dort ankommt. Nur an der Bar sitzt ein älterer Mann, der einen Kaffee trinkt.

Ulrike sitzt an einem der Tische in der Nähe der Bar und brütet über irgendwelchen Papieren.

„Hallo, Schwesterchen.“

Erschrocken springt die Frau auf, bevor sie ihrem Bruder grinsend um den Hals fällt. Der Junge stellt einmal mehr fest, wie angenehm es ist, dass sie genau seine Größe hat.

„Heinrich! Gut dass du kommst! Ich schlag mich grad mit dem Papierkram rum, den du verursachst.“

Fragend sieht Heinrich sie an.

„Na, deine Arbeitsversicherung und so! Musst du nachher alles unterschreiben.“

„Ahso.“

Gerade will er sich zu ihr setzen, da gibt sie ihm einen Klaps auf den Rücken und winkt dem Mann an der Bar zu.

„Hey, Peter! Da ist er, mein Kleiner.“

Der große Mann schaut zu ihnen hinüber, bevor er aufsteht und auf die beiden zukommt.

„Hi, na, Junge, alles klar?! Ulli hat mir vorhin ganz aufgeregt von deinem Überraschungsbesuch gestern berichtet.“

„Ja, äh…hi.“, bringt Heinrich heraus und schüttelt hinter seinem Rücken die Finger aus, die der Mann beim festen Händedruck beinahe zerquetscht hat.

„Peter ist Fahrlehrer. Eine Straße weiter ist seine Fahrschule.“

„Ah, da bin ich vorbeigekommen.“, erinnert sich Heinrich.

„Hat der junge Mann schon seinen Führerschein?“, fragt Peter, irgendwie weder an Ulrike noch an Heinrich direkt gerichtet.

„Nein.“, antwortet Letzterer, da er der Einzige ist, der die Antwort kennt.

„Dann weißt du ja, wo du ihn machen wirst.“, meint Peter mit einem Zwinkern, „Man kann mich doch weiterempfehlen, oder?“, ergänzt er, nun eindeutig an Ulrike gewandt.

Die verdreht die Augen.

„Ich weiß auch nicht, wieso ich ihn ausstehen kann…“, antwortet sie, „Immerhin ist er ein Mann – der dazu noch total respektlos mit seinen Fahrschülerinnen umgeht.“

„Ach, komm, Ulli!“

„Bei jeder Gelegenheit hast du mich „Mädel“ genannt!“

„Und? Dafür hab ich dich die Hälfte der Fahrstunden mit Kaffee und Bier bezahlen lassen.“

„Stimmt auch wieder… Ja, ich glaub deswegen mag ich ihn.“

Heinrich lässt sich vom Grinsen der beiden anstecken.

„Solang er mich nicht „Mädel“ nennt…“, meint er.

Peter klopft ihm lachend auf die Schulter.

„Hätt ich nicht vorgehabt.“

„Gut.“, entgegnet Heinrich, „Aber es wird noch ein wenig dauern, bis ich Geld hab. Ich fang erst nächste Woche hier an.“

„Jaja, lass dir Zeit. Vielleicht hilft dir deine Schwester auch ein bisschen mit der Finanzierung.“

Er zwinkert Ulrike zu.

„Krieg ich noch n Kaffee?“

„Wenn du dafür bezahlst, ja.“
 

Als sämtliche Papiere ausgefüllt sind, sitzen Heinrich und Ulrike noch ein Weilchen gemütlich bei einer Cola beisammen, während Peter schon mit einem Fahrschüler abgefahren ist.

„Ich hab gestern so viel von mir erzählt und hab gar nichts von dir gehört.“, fängt Heinrich an, „Wie bist du denn zu dem Café hier gekommen?“

Ulrike lacht leise.

„Das willst du wirklich wissen?“

„Sonst hätt ich nicht gefragt.“

„Okay.“, meint sie, „Als ich von zuhause abgehauen bin, bin ich gleich nach Berlin. Ne Freundin hat mir nämlich von einer Fotografin erzählt gehabt, von der sie sich fotografieren lassen wollte. Sabine, kennst die noch?“

„Ähm…die mit den reichen Eltern? Die paar Mal zu Besuch war?“

„Genau.“, fährt Ulrike fort, „Wir waren Sechzehn und wollten halt so erwachsen wie möglich sein. Da ist Sabine auf die Idee mit der Aktfotografie gekommen. Ich glaub, ein Freund hat sie dann auf diese Fotografin in Berlin aufmerksam gemacht.“

Ulrike unterbricht sich mit einem Lachen.

„Sie hat noch zu mir gesagt, wie beruhigt sie drüber ist, dass das ne Frau macht…“, meint sie und streckt ihrem Bruder die Zunge raus, „Denkste. Die Frau hat sie natürlich angegrabscht.“

„Nee, oder?“, kommt es von Heinrich.

„Doch.“, antwortet seine Schwester mit einem Grinsen, „Mensch, war die nervlich fertig, als sie mir das erzählt hat. Und als ich mich nur nach dem Aussehen der Fotografin erkundigt hab, is sie ausgerastet.“

„Ja, das war auch wenig taktvoll.“, meint Heinrich.

Ulrike schüttelt lachend den Kopf und versucht, sich ein wenig zu beruhigen.

„Und da du die Adresse von dieser Fotografin hattest und wusstest, dass die auf Frauen steht, hast du beschlossen, dich aus dem Staub zu machen?“, fragt ihr Bruder, ein wenig vorwurfsvoll.

„Ja, aber versteh das nicht falsch, Heinrich.“, entgegnet Ulrike, „Ich wär liebend gerne zuhause geblieben. Ich hab mein kleines Brüderchen doch lieb gehabt und auch mit Juliane kam ich klar, aber ich wollte unserm Alten nicht irgendwann einen Schwiegersohn anschleppen und für Enkelkinder sorgen müssen. Das kannst du doch nachvollziehen, oder?“

„Ja, klar.“, meint Heinrich mit einem verständnisvollen Lächeln, „Erzähl weiter.“

Ulrike streicht sich durch ihre blondgefärbten kurzen Haare, bevor sie fortfährt.

„Ja, wie du dir denken kannst, hab ich mit Lena – der Fotografin – eine Beziehung angefangen.“

Heinrich sieht seine Schwester etwas traurig an.

„Ihr seid aber nicht mehr zusammen?“

„Ja, das hat nur zwei Jahre gehalten.“

„Aber trotzdem klingst du so glücklich, wenn du von ihr erzählst.“

Ulrike schenkt ihrem Bruder ein Lächeln.

„Sie hat mich auch glücklich gemacht. Ich hatte mein erstes Mal mit ihr, und sie hat mir geholfen, eine Existenz hier in Berlin aufzubauen. Es hängen ein paar schöne Erinnerungen an dieser Zeit. Und ein paar Überbleibsel davon hab ich auch noch bei mir: Sie hat nämlich so einige Bilder von mir gemacht… - Die ich deinem sensiblem Gemüt aber nicht zumuten kann.“

Heinrich muss lachen.

„Ich hätt auch nicht drum gebeten, sie sehen zu dürfen. – Wie ging’s mit dir weiter, nachdem sie sich von dir getrennt hat?“

Ulrike grinst ihn hinterhältig an.

„Wer hat denn gesagt, dass sie sich von mir getrennt hat?“

Heinrich sieht sein Gegenüber baff an.

Ich hab die Beziehung für beendet erklärt, als sie mir zu alt geworden ist.“

Heinrich sieht sein Gegenüber noch ein wenig mehr baff an.

„Wir sind noch gute Freunde, treffen uns ab und zu mal. Seit Lena hab ich aber eigentlich nie wieder was Festes gehabt…“

„Und Lena hat dir auch zu deinem Café hier verholfen?“

Ulrike schüttelt den Kopf.

„Nein, sie hat mich nur dem Besitzer vorgestellt.“

Heinrich sieht sie skeptisch an.

„Wieso hab ich das Gefühl, dass du mich noch mehr schocken wirst…?“

Seine Schwester muss lachen.

„Wieso schocken? Ich hab hier als Bedienung angefangen und musste noch nicht mal sein ekliges Teil anlangen, bis er mich als Mitbesitzerin eingetragen hat, das ist alles.“

Heinrich sieht sie ungläubig an.

„Okay, dafür musst ich mich ein paar Mal ausziehen und angrabschen lassen, aber was tut man nicht alles für sein eigenes Café?“

„Wie…wie bist du ihn losgeworden?“, fragt Heinrich verwirrt.

Ulrikes Grinsen sieht fast furchteinflößend aus.

„Ich hab ihn wegen sexueller Belästigung in mehreren Fällen angeklagt.“

Heinrich schüttelt grinsend den Kopf.

„Du hinterhältige…!“

Ulrike prostet ihm mit ihrer Cola zu.

Nachdem sie einen Schluck getrunken hat, sieht sie wieder zu Heinrich auf.

„So. Jetzt erzähl mal was über deinen Beziehungsstatus.“, fordert sie ihren Bruder auf.
 

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Das was Heinrich zu erzählen hat, lässt er uns und seine Schwester dann das nächste Mal erfahren :)

„So.“, meint Ulrike und sieht ihren Bruder neugierig an, „Jetzt erzähl mal was über deinen Beziehungsstatus. Geht dieser Alex auch korrekt mit dir um, ja?“

Heinrich verdreht die Augen.

„Viel zu korrekt…“, murmelt er.

„Was heißt das jetzt?“, hakt Ulrike amüsiert nach.

„Ach, er…Wir sind jetzt schon seit Juni zusammen und haben’s immer noch nicht dazu gebracht, es einmal richtig zu tun.“

Ulrikes Grinsen wird breiter.

„Der Mann ist mir sympathisch.“, meint sie.

„Mir bald nicht mehr.“, entgegnet Heinrich schmollend, „Bloß weil’s mein erstes Mal ist und diese Sache mit dem Überfall war…“

Seine Schwester sieht ihn fragend an.

„Was fürn Überfall?“

Heinrich seufzt.

„Wir haben Vater ja angeklagt.“

„Ja.“

„Und er hatte so einen behinderten Anwalt, der, was weiß ich warum, mit aller Macht Vaters Unschuld beweisen wollte. Ich bin zum ersten Verhandlungstag nicht mit, weil ich das nervlich mir nicht zugetraut hab – und prompt plädiert dieses Arschloch auf Freispruch, weil mein Vater mich ja angeblich nur vor Alex gerettet hat, der mich vergewaltigen wollte.“

„Was nicht so war.“

„Nein, natürlich nicht! Aber um sein Argument zu unterstützen, hat er zwei Typen losgeschickt, die mich…in der Wohnung überfallen haben…“

Ulrike sieht auf einmal ganz bleich aus.

„Die…die haben dich aber nicht…?!“

„Nein…“, entgegnet Heinrich, den Blick auf seine Hände in seinem Schoß gesenkt.

„Die Polizei kam noch rechtzeitig.“

Seine Schwester springt auf.

„Sag mir, wer diese verf****** H***nsöhne waren und ich bring sie um! Ich bring sie um!!!“

„H-hey, Ulli, ganz ruhig!“, versucht sie der Junge ein wenig überfordert zu beruhigen, „Es geht mir ja wieder gut. Alles ist gut. Alex war mit mir in Amerika, im Dschungel, und in New York. Er hat mir wieder lachen beigebracht, und lieben, alles ist wieder gut.“

Heinrich drückt seine Schwester fest an sich und fährt ihr beruhigend über den Rücken.

„…Wirklich?“, kommt es nach einer Weile leise von ihr.

„Wirklich.“, antwortet er und sieht sie mit einem aufmunternden Lächeln an.

Sie schließt ihn noch einmal in die Arme.

„Sag deinem Alex, dass er ein wunderbarer Mensch ist.“

„Mach ich.“

„Und er soll sich ruhig noch etwas Zeit mit eurem ersten Mal lassen.“

„Als wenn…“
 

Als Heinrich wieder in der Wohnung ankommt, stellt er fest, dass auch Alexander jede Minute erscheinen müsste.

Fröhlich pfeifend macht er sich daran, was zum Essen vorzubereiten. Er entschließt sich für eine Portion Schinkennudeln.

Gerade holt er die Pfanne aus dem Schrank, da vibriert sein Handy.

Eine SMS von Ulrike.

Ob er gut zuhause angekommen sei.

Er schreibt gleich zurück.

- Ja. Bist du meine Mutter?!

Da fällt ihm ein, dass er seine Mutter noch gar nicht seit ihrer Rückkehr nach Deutschland gesprochen hat.

Kurz sieht er auf die Uhr, bevor er das Nudelwasser aufsetzt und sie anruft. Er hofft, sie hat endlich mal ihr Handy an.

„Heinrich?“

„Ja, Mama, ich bin’s.“

„Heinrich, mein Schatz! Schön, dass du dich meldest, wie geht’s dir?! Seid ihr wieder in Deutschland?!? Ist alles in Ordnung bei euch?“

„Ja, Mama, alles bestens. Wir sind wieder zurück.“, beruhigt er sie.

„Erzähl schon, geht’s dir wieder gut, ja?“

„Ja, Alexander hat sich total rührend um mich gekümmert. Stell dir vor, er hat uns sogar eine Wohnung in Berlin gekauft…!“

„E-echt?! In Berlin?!? Oh, Gott, das…wie soll ich das bezahlen, Schatz, ich– !“

„Du musst nichts bezahlen.“, unterbricht Heinrich sie, „Wenn das einer Alexander zurückzahlt, dann bin ich das.“

„Ja…verdienst du denn Geld?“, fragt seine Mutter erstaunt.

„Ich hab Ulrike besucht; die wohnt auch in Berlin und hat ein Café. Ich darf dort als Bedienung anfangen.“

„Toll! – Aber du gehst schon noch zur Uni, nicht?“

„Ja, natürlich.“

„Wir bezahlen dir das auch weiter. Ich hab mit deinem Vater gesprochen und er ist bereit dazu, dir das Studium weiter zu finanzieren und mir sogar Unterhalt zu zahlen.“

„Ah“, gibt Heinrich erstaunt von sich, „Das ist gut, dann kann ich mir ja sicher sein, dass du versorgt bist. Wie geht’s dir?“

„Oh, mir? Ähm, gut. Eigentlich sehr gut.“

Heinrich wundert sich etwas über das Grinsen, das er plötzlich in der Stimme seiner Mutter hört.

„Was…was ist los?“, fragt er also nach.

„Naja, ich…Michael, also Herr Haas hat sich wunderbar um mich gekümmert, als ihr weg wart, er…er ist wirklich nett und…verständnisvoll…Du fandst ihn doch auch nett, oder?“

Heinrich muss sich beherrschen nicht loszulachen.

„Jaa…“, antwortet er amüsiert.

„Naja, ich…er…Wir haben uns so gut verstanden, dass…dass wir jetzt…Ich kann verstehen, wenn du der Meinung bist, dass das alles viel zu schnell geht und dann ist er auch noch jünger als ich und– “

„Nein.“

„…Hm?“

„Nein“, wiederholt Heinrich mit einem Grinsen, „Ich freu mich für dich. Das hast du verdient, Mama.“

„Danke.“, kommt es gerührt von ihr zurück.

Da schreit Heinrich plötzlich auf, als sich zwei starke Arme von hinten um seinen Bauch legen.

„Heinrich! Ist was passiert?!? Heinrich!“

„Alex hat mich nur erschreckt.“, antwortet der Junge und atmet zusammen mit seiner Mutter erleichtert aus.

„Tut mir Leid.“, nuschelt Alexander gegen seine Wange.

„Es tut ihm Leid.“, leitet Heinrich weiter.

„Okay. Dann…dann will ich euch mal nicht weiter stören. Grüß ihn schön von mir, ja?“

„Gruß von Mama.“

„Gruß zurück.“

„Gruß von ihm zurück. Und grüß Michael von uns beiden.“

„Mach ich. Meld dich mal wieder.“

„Okay, mach’s gut.“

Kaum hat Heinrich aufgelegt, beschlagnahmt Alexander seine Lippen.

Heinrich erwidert den Kuss und lehnt sich nach hinten, um sich enger an den Körper des anderen zu schmiegen.

Nach einer Weile lässt Alexander von ihm ab.

„Vergiss dein Nudelwasser nicht.“, haucht er gegen seine Lippen.

„Du kannst mir ja helfen.“, meint Heinrich, „Dann geht’s schneller.“

Vollkommen in Einklang richten die beiden zusammen das Essen, und es ist alles Bestens, bis sie sich dann am Tisch gegenüber sitzen und Alexander auf die Kondome angesprochen wird.

„Ich…also, es ist ja jetzt doch ein wenig später geworden, und – “

„Hast du welche?“

„Ich wollte doch grad erklären, dass…also, da, wo ich war – eigentlich wollt ich ja– “

„Hast du jetzt welche, ja oder nein?!“

„…Nein.“

Heinrich schiebt genervt seinen Teller von sich und verschränkt die Arme. Eine Weile starrt er den anderen mit vor Wut funkelnden Augen an, bis ihm die Tränen kommen.

Entsetzt sieht Alexander zu ihm hinüber.

„H-Heinrich…! Was…?!“

„Du weißt genau, was los ist!“, ruft der Junge, „Was werd ich wohl denken, wenn du dich tagelang davor drückst!“

„Ich drück mich nicht d– “

„Natürlich tust du das!“, schluchzt Heinrich, „Du willst nämlich gar keinen Sex mit mir haben!“

Alexander steht auf, um zu seinem Freund hinüberzulaufen, doch da springt dieser auf und stürmt aus dem Raum.
 

Ein wenig später liegt Alexander alleine im Bett. Er hat versucht, mit Heinrich zu reden, doch der hat einfach nicht sein Zimmer aufschließen wollen.

Der Ältere fühlt sich richtig schlecht. Als wenn er sich einen Darmvirus geholt hätte, so schlecht ist ihm.

Soll er es Heinrich sagen, wieso er so zögert? Aber…Nein, das kann er nicht machen. Wenn sich seine Befürchtungen bewahrheiten sollten, ist es davor schon aus.

Ach, verdammt, wieso hat er in seinem Seminar auch mit dieser Päderastie-Scheiße anfangen müssen?! Dann hätte Heinrich zu ihm an diesem Morgen nicht gesagt: „Ich will, dass Sie mein Erastes sind.“, und er müsste jetzt nicht so eine schreckliche Angst haben…! Angst davor, den Jungen zu verlieren…

Er will nicht, dass es soweit kommt. Was, wenn…wenn er Heinrich all das beigebracht hat, was er wissen wollte? Was passiert dann mit ihm? Was mit ihrer Beziehung?

Verzweifelt dreht sich Alexander von der einen Seite auf die andere.

Nein. So kann er nicht einschlafen.

Er steigt aus dem Bett und wischt sich über die Augen, bevor er sich barfuß auf den Weg zu Heinrichs Zimmer macht.

Vorsichtig versucht er es noch einmal und klopft an.

Es tut sich nichts.

Kurzentschlossen läuft er in sein Büro und schnappt sich den Stapel Notizblätter und einen Stift, womit er im Flur neben Heinrichs Tür Platz nimmt.

Ich liebe dich., schreibt er auf den ersten Zettel und schiebt ihn unter der Tür hindurch.

Ich will dich., schreibt er auf den zweiten.

Ich hab bloß Angst, dich zu verlieren.

Gerade schreibt er am vierten, da kommt der dritte wieder zurück durch den Türspalt.

Alexander hebt ihn auf und dreht ihn herum.

Wieso?

Weil ich nicht will, dass sich was zwischen uns ändert.

Es dauert eine Weile, bis der Zettel wieder zurückkommt.

Es wird sich nichts ändern.

Alexander hat den Zettel gerade aufgehoben, da kommt Zettel Nummer zwei mit dem Ich will dich. zurück.

Glaub ich nicht.

Er antwortet sofort.

Doch. I want you so badly.

Seit dem Moment, als du im Seminarsaal vor mir standst.

Ich hab davon schon so oft geträumt…

Einer der drei Zettel kommt mit Antwort zurück:

Wieso hast du dann solche Angst?

Alexander antwortet gleich darunter.

Weil ich dich liebe.

Und auf einen weiteren Zettel schreibt er:

Mir war noch nie wichtig, was nach dem Sex ist.

Es dauert eine Weile, bis von Heinrich der nächste Zettel kommt.

Darf ich mich zu dir legen?

Natürlich!, antwortet er sofort.

Als Heinrich die Tür öffnet, fallen die beiden sich in die Arme.

„Sorry.“, nuschelt der Junge.

„Mir muss es leidtun, Heinrich. Ich hätte mit dir reden sollen.“, meint Alexander und haucht seinem Freund einen Kuss auf die Stirn.

„Ich bin müde.“, kommt es von Heinrich.

„Dann, komm.“, flüstert Alexander und führt ihn an der Hand ins Schlafzimmer.
 

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So, ich wollt Bescheid sagen, dass ich von Dienstag bis Sonntag weg bin und deshalb nicht weiß, ob’s in dieser Zeit ein neues Kapi gibt; kommt drauf an, wie ich zum Schreiben komm :)

Und sorry, dass es schon wieder an dieser Stelle ein „retardierendes Moment“ gibt ^^'

Wenn’s weitergeht, müsst ihr aber nicht mehr lange warten, versprochen ;)

Ich bin wieder da, und es geht endlich weiter :)
 

****
 

Alexander öffnet seine Augen, vom Piepsen des Weckers geweckt. Sofort macht er das nervige Gerät aus und lässt sich zurück auf seine Ellenbogen sinken.

Heinrich liegt neben ihm, friedlich schlafend.

Es wird sich nichts ändern.

Wie sehr er das hofft. Wie sehr er hofft, sein Leben lang neben diesem wunderbaren Menschen aufwachen zu dürfen.

Sanft streicht er dem Jungen eine Strähne aus der Stirn. Eine Hand legt er ihm auf den Bauch, mit der er ganz langsam das T-Shirt hochschiebt.

Als er seinem Freund kleine Küsse auf Bauch und Brust haucht, wacht dieser auf.

„Nnn…? Alex…“

„Guten Morgen, mein Schatz.“, flüstert der Ältere und drückt dem anderen einen Kuss auf die Lippen.

„Bist du mir noch böse?“

„Nein…“, murmelt Heinrich verschlafen und zieht seinen Freund zu sich herunter, um ihn erneut zu küssen.

„Nicht, wenn du deine unbegründete Angst vergisst und heute Abend endlich mit Kondomen nachhause kommst.“

„Das klingt gut.“, meint Alexander schmunzelnd, bevor er sich aus der Umarmung des anderen löst.

„Musst du wirklich schon los?“, fragt Heinrich ein wenig wehleidig, während sein Freund zum Schrank läuft, um sich ein neues Hemd rauszusuchen.

„Ja, leider.“, antwortet Alexander, „Freu dich auf heute Abend.“

„Ich werd meinen Jungfräulichkeitsabschied feiern.“, meint Heinrich.

Der Ältere muss lachen.

„Aber trink nicht zu viel.“
 

„Herrgott, Alexander!“

„Oh, shit.“

Schuldbewusst starrt der Professor auf den Kaffeefleck, der jetzt den Teppichboden im Büro des Universitätsleiters ziert.

„Du warst schon heute Morgen so geistesabwesend! Was ist mit dir los?!“

„Nichts. Wirklich nichts.“, versucht Alexander sich rauszureden und stellt die Tasse lieber auf dem Schreibtisch ab.

„Nicht auf die Unterlagen…!!!“

„Oh, sorry…“

Mit einem schweren Seufzer nimmt Wilhelm wieder auf seinem Stuhl Platz und fächelt sich ein wenig Luft zu.

„Eggebrecht hat wirklich nicht übertrieben.“, murmelt er.

„Eggebrecht? Was hat der schon wieder für Lügenmärchen erzählt?“, hakt Alexander nach.

„Keine Lügenmärchen.“, entgegnet Wilhelm, „Er hat mich nur besorgt darauf aufmerksam gemacht, dass du wohl Alkoholprobleme hast, weil dir heute in der Vorlesung tausendmal die Kreide runtergefallen ist und du völlig aus dem Konzept gekommen bist.“

„Woher weiß Eggebrecht das?!“, beschwert sich der Beschuldigte.

„Trinkst du, Alexander?“

„W-was?!?“ Er beginnt zu lachen. „Wilhelm, wie kommst du darauf?“

„Zeig mir deine Hände.“

„W-wie?“

„Deine Hände, Alexander!“

Der Professor streckt seinem Bruder widerwillig die Hände über den Schreibtisch entgegen.

„Du zitterst.“

Alexander steht ruckartig auf.

„Ach was!“, meint er und fährt sich mit beiden Händen durch die Haare, während er beginnt, im Zimmer auf und ab zu laufen.

Wilhelm sieht ihn skeptisch an.

„Wieso bist du so nervös, Alexander? So hab ich dich das letzte Mal vor deiner Einschulung erlebt.“

Seufzend bleibt der Professor stehen und stützt sich auf der Lehne seines nun leeren Stuhls ab.

„Wir– “, beginnt er, „Heinrich und ich wollen heute Abend unser erstes Mal haben.“
 

„Heute Abend?!?“

Heinrich erschrickt fürchterlich, als ihn seine Schwester an den Schultern packt.

„Überleg dir das nochmal! Das muss nicht sein, weißt du?! Es lebt sich auch ganz gut ohne Sex – ohne Sex mit Männern jedenfalls…“

„Ulli…!“, lacht der Junge und stößt sie ein wenig von sich.

„Da gibt’s nichts mehr zu überlegen. Es steht fest.“

„Puh. Gut. Es steht fest, dass du dich ihm nicht hingibst.“

„Netter Versuch, Ulli, aber ich werd mich ihm hingeben – und wie ich mich ihm hingeben werd…“
 

„Oookay, danke für die Information, ich werd sie dann auch gleich mal wieder aus meinem Gedächtnis löschen.“

„Du hast nachgefragt!“, rechtfertigt sich Alexander.

„Du hättest wissen müssen, dass ich so was nicht hören will.“

„Aber lieber, dass ich Alkoholprobleme hab, oder wie?!“

Wilhelm sieht ihn besorgt an.

„Die Tatsache, dass ich nicht an deinen sexuellen Aktivitäten interessiert bin, mal außer Acht gelassen: Deshalb bist du so durch den Wind?!?“

Alexander nimmt seufzend wieder auf seinem Stuhl Platz.

„Ja.“, antwortet er, „Ich…ich weiß ja selbst nicht, wieso…!“
 

„Gott, ich bin vorhin beinah in ein Auto reingerannt, so war ich in Gedanken versunken…!“

Ulrike stellt ihm lachend eine Cola hin.

„Was hatte ich ein Glück, dass das mit Lena so spontan passiert ist.“, meint sie und streckt ihrem Brüderchen die Zunge raus.

Heinrich verdreht die Augen.

„Ihr habt ja weder Gleitgel noch Kondome gebraucht.“

„Tjaaa…da würd ich mir mal Gedanken machen…“
 

„Ich hab mit ihm schon drüber geredet, dass das…dass ich das nicht gewohnt bin, eine Beziehung auch nach dem Sex…!“

„Du bist gar keine Beziehungen gewohnt, Alexander, das ist dein Problem.“
 

„Und, weißt du, das Problem ist ja, dass er so groß ist. Überdurchschnittlich, wenn ich das von den nackten Männern in den Zeitschriften beurteilen kann…“

„Lalalalalaaa…ich kann dich nicht hööööören…! Lalalaa…“

„…aber es fühlt sich sooo gut an! Schon die Finger! Ulli, wie kann dir das bloß reichen?!“
 

„Reicht’s jetzt, ja?“

Alexander versucht ein Lächeln, als er aufsteht.

„Danke, Wilhelm, dass du mir zugehört hast. Ich weiß, wie schwer dir das gefallen ist.“, meint er.

„Ach, du hast ja keine Ahnung…!“, entgegnet sein Bruder mit einem Grinsen, „Jetzt reiß dich zusammen, den restlichen Tag über. Und übertreib’s heut Abend nicht, der Junge ist für Montag wieder hier angemeldet.“

„Ich geb mein Bestes.“, verspricht Alexander mit einem Zwinkern.
 

Als der Professor mit dem Auto in Berlin vor der Wohnung hält, hofft er, dass Heinrich nicht aus dem Fenster schaut. Er muss nämlich noch zur Apotheke an der Ecke, bevor er zu ihm hinauf kommt.

Nein, er hat die Kondome nicht vergessen, nur bei jeder Gelegenheit, sie am Wegesrand kaufen zu können, hat er sich eingeredet, es komme ja noch eine.

Im Endeffekt hätte er sich eigentlich was Schöneres vorstellen können, als gerade in der Apotheke seinen Einkauf zu machen, in der sie in Zukunft wohl alle ihre Medikamente holen werden.

Seufzend betritt Alexander den Laden.

„Guten Tag.“, wird er von der jungen Frau hinter der Theke freundlich begrüßt.

„Guten Tag.“, grüßt Alexander nervös lächelnd zurück.

Auch noch eine Frau. Das kann ja heiter werden.

Erst einmal geht er selbst auf Suche und hofft inständig, dass er die Dame vor dem Bezahlen nicht ansprechen muss.

Doch Fehlanzeige.

Erstens findet er seine Größe nicht, zweitens lugt die Frau schon ganz interessiert zu ihm herüber.

„Kann ich Ihnen helfen?“

Augen zu und durch.

„Ja, wenn Sie Kondome in XL-Größen haben. Wenn’s geht auch mit einer höheren Wanddicke.“

Der interessierte Blick der Frau wandert an ihm herunter.

Alexander räuspert sich.

„Oh, ja!“, reißt er damit die junge Frau aus ihrer Trance.

„Das haben wir hier! Moment! Bin gleich wieder da! Ich eile! Ich fliege!“

Nachdem er bezahlt hat, verlässt Alexander so schnell es geht die Apotheke.

Die Frau macht ihm Angst. Vor allem, da sie sich das Gesicht an der Scheibe plattdrückt und ihm so dreckig hinterhergrinst…
 

Als Alexander im Erdgeschoss des Hauses ankommt, stellt er sich vor, wie Heinrich zu ihm sagt, er habe es sich doch anders überlegt. Heute nicht. – Irgendwie eine unbefriedigende Vorstellung, muss er feststellen.

Im ersten Stock stellt er sich vor, wie Heinrich gar nicht da ist und nie wieder kommt. – Das Allerschlimmste!

Im zweiten Stock angekommen hat er keine Zeit mehr, sich irgendwas vorzustellen, denn er öffnet nur die Tür und schon begrüßt ihn Heinrich mit einem stürmischen Kuss. – Irgendwie eigentlich ganz vielversprechend.
 

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Und ich bestätige von offizieller Stelle: Wirklich vielversprechend. Keine Ausreden und Tricks mehr, versprochen ;D

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel70_non-adult

Alexander ist überrascht, wie ausgiebig Heinrich ihn küsst, wie zärtlich er dabei ist, wie sicher er aber wirkt.

„Du riechst so gut…“, haucht er, bevor er seine Lippen wieder dem Jungen schenkt.

„Hab mich auch gründlich gewaschen.“

So langsam lässt Heinrich von ihm ab und lächelt ihn an.

„Hast du mir was Schönes mitgebracht, ja?“, fragt er und lässt seine Wimpern flattern.

Alexander braucht bei diesem Anblick ein wenig, bis er kapiert, was sein Freund meint.

„Äh…ja! Ja, hier.“

Mit einem gefälligen Grinsen nimmt Heinrich die Kondompackung entgegen.

„Gut, da haben wir gleich Nachschub.“, meint er.

„Ja, genau.“, bringt Alexander nur heraus.

Es entsteht ein unangenehmes Schweigen zwischen den beiden, und der Ältere merkt daran, wie der Junge sich auf die Unterlippe beißt, dass auch er nervös ist.

„Ja, dann…dann geh ich auch mal duschen.“, schlägt Alexander vor und stellt seine Schuhe im Flur ab.

„Ich wart im Schlafzimmer.“, ruft ihm Heinrich hinterher, während er unruhig mit den Fingern in Alexanders großem T-Shirt spielt, das er trägt.
 

Der Professor versucht sich zu beeilen und die Angelegenheit nicht weiter hinauszuzögern. Er kann es immer noch nicht so richtig fassen, dass es jetzt soweit ist. Vor einem halben Jahr noch hat er sich diesen Jungen aus dem Kopf schlagen wollen, und jetzt liegt ebendieser Junge in seinem Bett und wartet auf ihn…

Als Alexander aus der Dusche steigt und sich abtrocknet, merkt er, dass sich eine Gänsehaut auf seinem Körper ausbreitet. Und das ganz bestimmt nicht, weil es im Bad kalt wäre.

Schnell beginnt er, auch seine Haare trockenzureiben.

Während er sich so im Spiegel sieht, muss er jedoch innehalten. Er ballt seine Fäuste. Doch noch immer zittern seine Hände.

Mit einem genervten Stöhnen stützt er sich am Waschbecken ab.

Verdammt, Wilhelm hat Recht, was ist er so nervös?! Es ist ja nicht sein erstes Mal! Ha, von wegen erstes Mal…! Schon tausendmal hat er Sex mit Männern gehabt und auch schon einigen dieser Männer ihre Jungfräulichkeit genommen.

Gezwungen ruhig atmet Alexander ein und aus.

Es ist doch nichts Besonderes, dass er sich jetzt hier verrückt machen müsste, es ist doch –

Er fährt sich mit zittrigen Fingern übers Gesicht.

Ach, verdammte Scheiße, natürlich ist es was Besonderes! Noch nie hat er einen der Männer so viel länger als einen Tag gekannt, bevor er Sex mit ihm hatte, noch nie ist es ihm wichtig gewesen, dass es dem anderen auch gefallen hat, noch nie wollte er dem anderen auf keinen Fall wehtun, ihn so unbedingt befriedigen, ihn danach genauso wie vorher bei sich wissen, weil er…weil er ihn liebt!

Alexander nimmt das Handtuch wieder auf.

Okay. Er schafft das.

Hastig wuschelt er sich noch ein paar Mal über die Haare, damit diese einigermaßen trocken sind.

Er schafft das.

Mit erträglich ruhigen Händen zieht er sich seine Unterhose an.

Er atmet noch einmal tief durch, bevor er das Bad verlässt und mit klopfendem Herzen zu Heinrich ins Schlafzimmer läuft.

Als er den Jungen im gedämpften Licht auf dem Bett erblickt, wie der mit angewinkelten Beinen auf dem Rücken liegt und ihm sofort ein Lächeln schenkt, beschleunigt sich sein Herzschlag noch um einiges.

Leise schließt er die Tür hinter sich und geht aufs Bett zu.

Heinrich streckt ihm seine Arme entgegen und zieht ihn auf sich.

Wortlos versinken die beiden in einem zärtlichen Kuss, lassen ihre Hände den Körper des anderen erkunden.

Heinrich fährt seinem Freund den muskulösen Rücken hinauf, wandert mit seinen Fingern in die noch feuchten Locken. Als wenn er die Haare trockenreiben wollte, streicht er ihm immer wieder über den Kopf; das Streichen wird zu einem Wühlen, während sich ihr Kuss von zärtlich zu leidenschaftlich entwickelt.

Der Junge gibt ein Keuchen von sich, als sich ihre Lippen ein wenig voneinander lösen.

Sofort zieht er den Älteren wieder zu sich herunter.

Alexanders linke Hand hat sich unter das T-Shirt geschoben, während seine rechte Heinrichs Hüfte erreicht hat.

Sein Freund gibt ein Stöhnen von sich, als er ihm in den Schritt fährt.

Schwer atmend schaut Alexander den Jungen erstaunt an.

„Was…was hast du da an…?!“ Er hat eindeutig eine Schleife zwischen seinen Fingern gefühlt.

„Hat Adele mir zum Kleid rausgesucht…“, antwortet Heinrich mit einem schüchternen Lächeln und hebt das T-Shirt etwas an, als er seine Beine spreizt.

Alexander starrt seinem Freund in den Schritt, wo der enganliegende, knapp geschnittene Damenslip nicht viel versteckt.

„Du bist unmöglich.“, bringt der Ältere heraus, bevor er diesen entzückenden Anblick mit ein paar Küssen übersät.

Heinrich antwortet mit einem überraschten Keuchen, bevor er nur noch aufstöhnen kann.

Ein wenig benebelt lässt sich der Junge vom anderen in eine aufrechte Position bringen und das T-Shirt ausziehen, das unachtsam irgendwo auf dem Boden landet.

Alexanders Lippen verwöhnen seinen Hals, saugen sich am Schlüsselbein fest.

„Ah – nnnh…n-nicht! Alex…!“

Mit einem kehligen Lachen, das Heinrich so liebt, lässt sein Freund von ihm ab und küsst sich weiter hinab zu seiner Brust.

„Du bist wunderschön.“, haucht Alexander, bevor er über eine der Brustwarzen leckt.

„Hah…! Hast du das bis jetzt zu jedem gesagt?“

„Ich hab es noch nie so ernst gemeint.“, entgegnet der Ältere und bringt den Jungen mit seiner Zunge zum Stöhnen.

Heinrich rutscht etwas näher an seinen Freund heran, zieht ihn zu einem Kuss zu sich hoch.

„Du hast mich genug verwöhnt, jetzt lass mich mal.“, beschließt er, mit einer Stimme, die nach Alexander verboten gehört.

Und schon beginnt der Junge, sich sein Kinn entlang zu küssen, seinen Hals hinab.

„Hab ich da jetzt eigentlich nen Knutschfleck am Schlüsselbein?“, fragt er.

Alexander fährt ihm mit einer Hand in die Haare.

„Mmm…sieht man fast nicht.“

„Gut zu wissen.“, kommt es von Heinrich, bevor er sich auf den Schoß des Älteren zwängt und ihn nach hinten drückt, bis der mit dem Rücken auf der Matratze liegt, er auf ihm.

Alexander keucht überrascht auf, als sich Heinrich an seinem Hals festsaugt.

Erst als er seinen Freund zum Stöhnen bringt, lässt der Junge wieder von ihm ab, küsst sich weiter hinab.

„Heinrich…“

Alexanders Stimme ist voller Lust und Dringlichkeit.

„Was?“, fragt Heinrich.

„Ich will dich.“

„So badly?“

„So badly it hurts.“

Heinrich grinst in den stürmischen Kuss hinein, lässt sich von Alexanders starken Armen umschlingen und am Kopfende wieder auf die Matratze drücken.

Der Ältere lässt von seinem Freund ab, legt ihre Stirn aneinander. Während sich seine schweißnasse Brust hebt und senkt, fasst er nach dem Slip, den er dem anderen von den Beinen streift.

Der Junge greift nach seiner Unterhose; er merkt, dass auch seine Hände zittern.

Alexander blickt seinen Freund schwer atmend an.

Heinrichs blaue Augen schauen zurück, so voller Vertrauen und Hingabe.

Der Ältere nimmt die Hand des Jungen, auf der er tausend Küsse verteilt, bevor er sie sich an die Brust legt.

„Spürst du, wie unglaublich schnell mein Herz schlägt?“

Heinrich sieht ein wenig gerührt aus, als er antwortet.

„Und ich…ich dachte, nur ich bin so schrecklich aufgeregt…“, sagt er und nimmt Alexanders Kopf, um ihn auf seine Brust zu legen, in der sein Herz mindestens genauso schnell schlägt.

Eine Weile lauscht der Ältere dem Herzschlag.

„Ich liebe dich.“, flüstert er schließlich, bevor er seine Lippen auf die des anderen legt.

Während er nicht von seinem Freund ablässt, streift er sich die Unterhose von den Beinen, lässt sich schließlich auf den Körper unter ihm sinken.

Beide stöhnen sie auf, Heinrichs Hände krallen sich in seinem Rücken fest.

„B-bitte…Fang an.“, fordert er den Professor auf.

„Okay.“, meint Alexander und öffnet das Gleitgel, das auf dem Nachttisch bereitsteht.

Er benetzt damit seine Finger der rechten Hand, bevor er sich wieder über seinen Freund beugt und ihm einen Kuss auf die Lippen haucht.

„Ich bin ganz vorsichtig.“, flüstert er, „Ich versprech’s dir.“

„Ich weiß.“, antwortet Heinrich und schließt die Augen, als Alexander sich seinen Hals hinabküsst, den Bauch, tiefer…

Heinrich genießt die Liebkosungen des anderen, spreizt seine Beine schon fast automatisch ein wenig mehr… - Plötzlich reißt er jedoch seine Augen auf, als er Alexanders Zunge an einem Ort spürt, an dem er sie sich niemals erträumt hätte.

„A-Alex, was…?! Oh, mein – doch nicht da…!“

Dem Jungen steigt die Schamesröte ins Gesicht und er greift nach Alexanders Kopf, doch er kann den anderen nicht von seiner Tätigkeit abbringen.

Keuchend lässt es Heinrich also über sich ergehen. Bei jeder Bewegung der Zunge glaubt er den Verstand zu verlieren.

„Entspann dich.“, hört er Alexander sagen und spürt im nächsten Moment, wie der andere ihn beginnt vorzubereiten.

Der Ältere verteilt Küsse auf seiner Brust, leckt ihm über die vom Schweiß glitzernde Haut.

„Weiter?“, fragt er.

„Weiter.“, antwortet Heinrich entschlossen und zieht ihn zu einem Kuss zu sich.

Der Junge stöhnt in den Kuss hinein, als Alexander seiner Bitte folgt.

„Sag mir, wenn was…wenn du Schmerzen hast, oder– “

Heinrich unterbricht seinen Freund, indem er dessen Lippen sofort wieder mit seinen verschließt.

„Ich war schon bei drei Fingern.“, murmelt er zwischen zwei Küssen.

„S-stimmt…“, entgegnet Alexander.

Heinrichs Stöhnen klingt dieses Mal anders.

„W-was ist?!“, fragt Alexander besorgt.

„Nichts.“, bringt der Junge heraus, doch der Ältere merkt sofort, wie sich sein Freund verkrampft.

„Es tut weh, oder?“

Heinrich nickt tonlos.

„Soll ich aufhö– “

„Nein!“

Mit einem zärtlichen Lächeln haucht Alexander dem Jungen einen Kuss auf die Stirn, küsst ihm auch die Tränen aus den Augenwinkeln.

Als er merkt, wie Heinrich sich wieder entspannt, macht er weiter.

Der Junge gibt ein Keuchen von sich, kneift seine Augen zusammen und presst die Lippen aufeinander.

„Ganz ruhig…Entspann dich, Heinrich…lass dir Zeit…“

Alexander haucht auf jedes Augenlid einen Kuss, küsst sich die Schläfe des anderen entlang, sein Kinn, wieder zum Ohr…

Mit der Weile entspannt sich Heinrich tatsächlich, sein Stöhnen klingt nicht mehr panisch, er öffnet zögerlich die Augen.

Langsam heben sich seine Mundwinkel.

Alexander erwidert das zufriedene Lächeln, verschließt ihre Lippen zu einem zärtlichen Kuss.

„Wie fühlt es sich an?“, fragt er.

„Gut.“, keucht der Junge, „Sehr gut…“, und öffnet seine Augen.

Blau und halbgeschlossen und voller Lust.

„Ich will dich in mir spüren, Alexander…“

Alexander merkt, wie ihn diese Worte erregen.

„So-sofort.“, bringt er heraus, haucht seinem Freund einen Kuss auf die Lippen.

Heinrich keucht enttäuscht auf, als die Finger verschwinden.

„B-beeil dich…“, bittet er.

Alexander packt das Kondom aus, das der Junge schon aus der Packung geholt hat, und streift es sich über. Er unterdrückt ein Stöhnen, als er sich selbst mit dem Gleitgel einreibt.

Schwer atmend und mit rasendem Herzen stützt er sich über seinen Freund und sieht ihn liebevoll an.

„Sag mir Bescheid, wenn’s wehtut. Ich…ich versuch mich zu beherrschen, okay, ich bin ganz vorsichtig, aber bitte sag mir Bescheid, wenn– “

„Nimm mich, Alex! Bitte…!“, unterbricht ihn Heinrich mit einem Stöhnen und spreizt seine angewinkelten Beine.

Alexander fühlt sich außerstande, hierauf etwas verbal zu erwidern.

Vorsichtig fasst er den Jungen mit schweißnasser Hand an der Hüfte, während er sich mit der anderen positioniert.

„Bist du dir sicher, Heinrich?“

„Ja.“, antwortet der Junge mit einem vertrauensvollen Lächeln.
 

Alexander merkt, wie schwer es ihm fällt, sich zu beherrschen, wie sehr ihn dieses Gefühl ergreift; so verbunden hat er sich mit noch keinem gefühlt, wie mit Henrich.

Er sieht die Tränen in den Augen des Jungen, hält inne, redet auf ihn ein, dass er doch sagen sollte, wenn er Schmerzen hat, dass sie noch aufhören können, aber jetzt, weil wenn er jetzt nicht aufhöre, dann…!

„Nein! N-nicht aufhören, ich…ich will das, ich hab’s dir versprochen, ich kann jetzt nicht…einfach…Bitte, weiter…“

Alexander schließt die Augen. Er will dem Jungen nicht wehtun, wirklich nicht, aber dieses Gefühl…Das fühlt sich so verdammt gut an, Heinrich, seinem Heinrich endlich so nahe zu sein…

Alexander kann nicht anders; er kommt der Bitte des anderen nach.

Heinrich gibt ein Wimmern von sich.

„Weiter!“, muss er den anderen wieder auffordern, da dieser erneut innegehalten hat.

Alexander gehorcht.

Heinrich keucht auf.

Alexander schließt verzweifelt die Augen.

Das war’s. Es fühlt sich einfach viel zu gut an.

Er vergräbt sein Gesicht in Heinrichs Halsbeuge und lässt seine Gefühle über den Verstand die Oberhand gewinnen.

„Ah…! – Alex, ah…“

Heinrichs Keuchen wird zu einem Stöhnen.

„G-Gott, ist das…ah! …gut, so verdammt ghn! …ah! …weiter…!“

Alexander getraut es sich, zu seinem Freund aufzuschauen.

Was er sieht, vernebelt ihm nun vollkommen den Verstand: Der Junge glüht, seine Augen funkeln vor Lust, die Wangen sind gerötet, die Lippen geschwollen, die Haare zerzaust…Besser als er es sich jemals erträumt hat…

Alexander presst stürmisch ihre Münder aufeinander, beide stöhnen sie in den feuchten Kuss, fahren mit ihren Händen unkoordiniert über den Körper des anderen.

Heinrich verschränkt seine Beine hinterm Rücken des Älteren, biegt den Rücken durch.

„D-du bist so – hnn…unglaublich...sowas – ah! …noch nie, Heinrich, noch nie hab ich sowas…!“

Er küsst den Hals des Jungen, seine Brust…

„Ich liebe dich, Heinrich, so sehr…lieb ich…d – ahhh…“

„A-Alex, i-ich…kann nicht mmmh…!“

Der Junge öffnet seinen Mund; seine Augen rollen nach hinten, als er einen tonlosen Laut von sich gibt.
 

Alexander legt schwer atmend seine Stirn an die seines Freundes. Er zittert am ganzen Körper.

„Mir fehlen die…Worte…“, bringt er heraus und schließt für einige Sekunden die Augen, um sich wieder zu sammeln.

Als er sie öffnet, blickt ihn Heinrich müde, aber unheimlich befriedigt an.

„Das war das Beste, was ich jemals erlebt hab…“, flüstert er beeindruckt.

Alexander entfernt das Kondom, bevor er sich neben den Jungen auf die Matratze sinken lässt.

Er schließt den anderen in die Arme und zieht ihn eng an sich.

Mit einem zufriedenen Lächeln auf dem Gesicht streicht er Heinrich eine Strähne aus der Stirn, lässt sich von ihm küssen.

„Duschen?“, fragt der Ältere.

„Zu müde.“, kommt es nur von Heinrich, bevor er sich an Alexanders Brust schmiegt und die Augen schließt.
 

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Okay, das war schwierig, daraus ein non-adult zu machen…Ich hoff, dass klappt so^^

Es ist ein wunderbares Gefühl, als die Sonne durchs Fenster scheint, die Vögel draußen zwitschern, man die Stadt hört, wie sie schon so viel länger wach ist…

Aber nicht nur Berlin hört Alexander atmen, auch seinen Schatz, seinen Heinrich.

Der Junge liegt in seinen Armen und hat ein friedliches Lächeln auf den Lippen.

Alexander will sich schon zu ihm hinunterbeugen, um ihm einen Kuss auf diese Lippen zu hauchen, da kommt ihm eine bessere Idee.

Auch wenn er damit Gefahr läuft, dass Heinrich schon aufwacht, wenn er noch nicht wieder zurück ist, erhebt er sich aus dem Bett und läuft noch nackt in die Küche, um ein kleines Frühstück fürs Bett zu richten.

Da er in die Küche von süßem Erdbeergeruch begleitet wird, beschließt er erst mal, sich dort gründlich die Hände zu waschen.

Schnell sammelt er alles zusammen, stellt es auf ein Tablett und macht sich damit wieder auf den Weg nach oben.

Zu seinem Glück liegt Heinrich noch schlummernd in den Kissen, sodass er ihn nun doch wachküssen kann.

Wohlig schnurrend öffnet der Junge die Augen.

„Mein Prinz…“, flüstert er.

„Schneewittchen.“, entgegnet Alexander.

Heinrich sieht ihn schmunzelnd an.

„Nein, hast Recht.“, meint der Ältere, „Du bist viel schöner.“

Da lacht der Junge leise und reckt sich seinem Freund etwas entgegen.

Um im nächsten Moment aufzukeuchen.

„Autsch…mein armer Hintern…“

Alexander sieht ihn besorgt an.

„Ist es…ist es arg schlimm?“

Heinrich bewegt sich zum Test noch einmal und verzieht sofort das Gesicht.

„Bist halt nicht so die Idealbesetzung für ein erstes Mal…“, murmelt er.

„Das…“

Der Junge verdreht die Augen.

„Nein, ich meinte nicht deine Technik, keine Angst. Du warst ja vorsichtig und sanft…“

Mit einem Lächeln gibt er dem Älteren einen Kuss.

„Vielleicht etwas…“, er senkt seinen Blick ein wenig, „…zu sanft…?“

Alexander sieht ihn grinsend an.

„Nicht dein Ernst, oder?“

„Neiiin…“, lacht Heinrich, „Es war perfekt für mein erstes Mal.“

Er nimmt Alexander am Kopf und drückt ihm einen Kuss auf den Mund.

„Danke.“

Der Ältere fühlt sich bei diesen Worten ein wenig unwohl, weil sie ihn zu sehr an die Pflicht eines Erastes seinem Eromenos gegenüber erinnern.

Um nicht weiter daran zu denken, holt er das Tablett von seinem Nachttisch hervor.

Heinrich ist sichtlich erstaunt.

„Du hast…?!? – Oh, Alex, du bist…!“

Entzückt reißt ihn der Junge an sich, um ihm noch einen Kuss zu geben.

„Ich dachte mir schon, dass du jetzt ungerne aufstehen willst.“, meint Alexander und fährt ihm sanft durch die Haare.

„Soll ich dich füttern, hm?“, fragt er.

„Bitte.“, antwortet Heinrich und lässt seine Wimpern flattern.

„Dann geh ich kurz die Toasts holen.“

Als der Ältere zurückkommt, hat sich Heinrich beide Kissen in den Rücken gelegt und sitzt so ein wenig aufrecht im Bett.

„Marmelade oder Nutella?“, fragt Alexander.

„Marmelade.“, kommt es mit vielsagendem Blick vom anderen.

„Erdbeermarmelade?“, hakt Alexander mit einem Grinsen nach.

„Mhm.“

Alexander schmiert also ein wenig Butter aufs Toast, bevor er das Marmeladenglas öffnet.

„Gar kein Kaffee für dich, heute Morgen?“, fragt Heinrich nach.

„Hatte keine Zeit welchen zu kochen.“

„Oooh…“, bekundet der Junge sein Mitleid.

„Aber ich hab Orangensaft hier.“, meint Alexander, bevor er beginnt, das Toastbrot in mundgerechte Stücke zu schneiden.

Er hält seinem Freund das erste Stück entgegen, der es ihm aus den Fingern isst.

So wandern auch die weiteren Stücke in Heinrichs Mund, ab und zu auch eines in Alexanders, und sie trinken ihren Orangensaft.

Als Heinrich auch den letzten Happen Marmeladenbrot gegessen hat, betrachtet Alexander lachend seine Hände.

„Jetzt hab ich das Zeug ja schon wieder an den Fingern…!“

„Och, komm her.“, meint der Junge, und als der Ältere ihm seine Hände entgegenhält, leckt er ihm die Marmelade von den Fingern.

Alexander schaut ihm mit großem Gefallen zu, bis er ihn schließlich am Kinn nimmt und ihn küsst. Eigentlich steht er nicht so auf süß, aber Heinrich schmeckt so wunderbar, er kann gar nicht genug davon bekommen.

Das merkt dieser auch, denn der Professor will gar nicht mehr von ihm ablassen. Erst als er ihm die ganze Mundhöhle ausgeleckt hat, löst er sich von ihm, schwer atmend.

Alexander sieht, wie Heinrichs Pupillen sich geweitet haben.

„Ich will auch.“, kommt es von dem Jungen und sofort greift er nach dem Marmeladenglas, um ein wenig vom Inhalt auf Alexanders Brust zu verteilen.

„H-Heinrich, nicht - !“

Überfordert sieht der Ältere zu, wie das rote Gelee ihm die Brust und den Bauch hinabläuft.

„Was hast du denn?“, fragt Heinrich amüsiert, „Den Bettbezug muss man eh wechseln.“

Der Junge weiß nicht, ob Alexander noch etwas erwidert hätte, wenn er nicht gleich angefangen hätte, ihm das Gelee von der Haut zu lecken.

Genießerisch schließt der Ältere die Augen, während Heinrichs Zunge immer tiefer wandert, der Spur der Marmelade folgt, die auch an seinem Bauchnabel nicht Halt gemacht hat.

„Es reicht.“, bringt Alexander schließlich heraus, stellt das Tablett zur Seite und schnappt sich seinen Heinrich.

„H-Hey! Was soll das?!“, kommt es von dem Jungen lachend, als sein Freund ihn auf den Armen aus dem Zimmer trägt.

Unter der Dusche wird er wieder abgesetzt und dicht an den Älteren gezogen.

„Wie ist das Stehen?“, fragt Alexander und dreht das Wasser an.

„Geht.“, antwortet Heinrich und zieht seinen Freund zu einem Kuss zu sich herunter.

So waschen sie sich – gründlich, darauf besteht Alexander – „Aber doch nicht da…!“ – „Oh, doch.“ – bevor sie sich wieder zusammen in ein Handtuch wickeln.

„Ich will nach Berlin.“

Alexander sieht seinen Freund amüsiert an.

„Ich mein, raus.“, verbessert sich Heinrich, „Ich will auf den Alexanderplatz.“

„Dein Wunsch ist mir Befehl.“, entgegnet der Ältere und haucht ihm einen Kuss auf die Stirn, bevor er ihm die Haare ein wenig trockenrubbelt.
 

Es ist Mittag und die Sonne scheint, als die beiden aus der U-Bahnstation hinauf auf den Platz steigen.

Heinrich seufzt entzückt auf, nimmt Alexanders Hand.

„Schau dir das an, Alex! Berlin! Ich glaub’s nicht! Ich bin hier!“

Freudig fällt er seinem Freund in die Arme, drückt ihn fest an sich.

Alexander fährt ihm lächelnd durch die Haare. Jetzt wäre es an der Zeit, sich glücklich zu fühlen.

Plötzlich sieht Heinrich zu ihm auf.

Er weint.

„Was…was ist los, Heinrich?! Ist was?!? Hab ich…?!“

Der Junge schüttelt den Kopf. Unaufhaltsam laufen ihm die Tränen die Wangen herab.

„Ich…ich will dir danken…“, fängt er an, „Für…für alles, was du für mich getan hast…“

Alexander merkt, wie sich alles in seiner Brust zusammenzieht. Abschiedsworte?!? Gott, bitte, lass das keine Abschiedsworte sein…!

„Und ich will dir sagen…“, redet Heinrich weiter, „…dass ich… - Dass ich dich so schrecklich liebe, wie sonst nichts auf dieser Welt…!“

Alexander bleibt die Luft weg. Er spürt, wie Heinrichs Arme ihn noch fester umschlingen.

„S-so schrecklich lieb ich dich, dass ich…dass ich sterben will, wenn du nicht mehr bei mir bist…!“

Alexander drückt den Jungen fest an sich, fährt ihm sanft über den Rücken, legt seinen Kopf an seinen.

Er hat ein breites Lächeln auf dem Gesicht. Ein zufriedenes. – Nein, ein glückliches.

„So…so fühlt sie sich also an…“, sagt er leise.

Heinrich zieht die Nase hoch, bevor er zu ihm aufsieht.

„W…wer?“, fragt er.

„Die Eudaimonía.“, antwortet Alexander, „So fühlt sich die Glücksseligkeit an. Spürst du sie auch?“

Auf das Gesicht des Jungen legt sich ein Lächeln und er nickt.

„Ja. Jedes Mal, wenn du diese drei Worte zu mir gesagt hast.“

Alexander drückt ihm sanft einen Kuss auf die Lippen.

„Ich liebe dich.“

„Ich dich auch.“
 

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Sooo, da habt ihr’s :3

Leitthema abgeschlossen, alle sind glücklich XD

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel73_non-adult

„Und du bist sicher, dass das so ne gute Idee ist?“, fragt Alexander leicht unsicher, als sie draußen vor dem Café in Berlin-Mitte stehen.

Heinrich hakt sich bei ihm ein.

„Natürlich! Sie wird dich schon nicht auffressen. Ich will, dass ihr euch kennenlernt.“

Der Ältere seufzt resignierend.

„Gut, okay.“, meint er und wird sofort von Heinrich ins Café Ulli gezogen.
 

Nach einem ereignislosen Abend, den sie Heinrichs Regeneration zuliebe mit Kuscheln verbracht haben, und einem ebenso ereignislosen und verschlafenen Sonntagvormittag haben die beiden beschlossen – vielmehr hat Heinrich darauf beharrt – , dass es Zeit wird, Ulrike Kleist mal mit ihrem zukünftigen Schwager bekannt zu machen.
 

Zwei Tische sind im Café belegt, Ulrike selbst ist gerade am Bedienen.

Heinrich und Alexander nehmen an einem der freien Tische Platz.

Als seine Schwester ihren Bruder erkennt, kommt sie gleich zu ihnen herübergelaufen.

„Heinrich!“, ruft sie freudig und fällt Heinrich um den Hals, der, wie sein Freund ebenfalls, aufgestanden ist.

„Ulli, darf ich dir Alexander vorstellen? Alex, das ist Ulrike.“

„Hallo.“

Alexander lächelt die junge Frau freundlich an, hält ihr die Hand entgegen. Sein Lächeln lässt etwas nach, als er sieht, mit was für einem Blick sie ihn betrachtet.

Sein Lächeln entgleitet ihm vollkommen, als Ulrike ihm eine schallende Ohrfeige gibt.

Geschockt hebt sich der Professor die Wange, sein Freund sieht nicht minder geschockt aus.

„W-was…?!“, bringt der Ältere heraus.

Ulrike hat ihre Hände in die Hüfte gestemmt.

„Du hast meinen Vater geschlagen und meinen Bruder entjungfert. Außerdem hass ich Männer von Grund auf. Nett dich kennenzulernen.“

Als Heinrich schon ein wenig wütend ein: „A-aber, Ulrike…!“, von sich gibt, beginnt Alexander plötzlich zu lachen. Er scheint sich gar nicht mehr einzukriegen.

„Freut mich auch.“, meint er mit einem breiten Grinsen.

Ulrike muss schmunzeln.

„Na, dann bring ich euch mal die Karte.“
 

Als die beiden bei ihr bestellt haben, wendet sich Ulrike ihrem Bruder zu.

„Du könntest gleich mal mitkommen, Heinrich, ich muss deine Maße für die Dienstkleidung noch nehmen.“

„Oh, okay.“, meint er und steht auf, um ihr hinter die Bar zu folgen, wo sie ins Hinterzimmer verschwinden.

Es dauert eine Weile, bis die beiden wieder zurückkommen; natürlich ohne die bestellten Getränke, wie Alexander feststellen muss.

Heinrich sieht etwas nachdenklich aus, als er ihm gegenüber wieder Platz nimmt.

Ulrike legt dem Älteren überraschenderweise eine Hand auf die Schulter. Mit einem Zwinkern sieht sie auf ihn herab.

„Na, mein Brüderchen kann noch recht annehmbar laufen, und sitzen auch; du scheinst ja wirklich sehr sanft gewesen zu sein.“

Alexander räuspert sich, während Heinrichs Wangen rot anlaufen.

„Ulli…!“

„Was? Wollte nur nett zu ihm sein. – Aber eure Knutschflecken solltet ihr vielleicht etwas mehr verstecken.“

„Unsere Getränke…?!“

„Oh, kommen sofort!“
 

Es wird wieder früher dunkel; Berlin Ende August.

Heinrich und Alexander laufen Hand in Hand die Straße entlang, auf dem Weg zu ihrer Wohnung.

„Und?“, fragt der Junge, „Wie findest du sie?“

„Deine Schwester?“

„Ja.“

Alexander lacht leise.

„Naja, sie ist schon etwas eigen, nicht?“

„Aber hallo! Ist ja auch mit mir verwandt.“

„Stimmt.“, meint der Ältere und legt nun seinen Arm um den Kleineren, „Aber so ist sie ganz nett.“

„Echt?“

„Wenn man die Ohrfeige zur Begrüßung mal rausstreicht.“, ergänzt Alexander.

„Oh, das sollte man, ja.“, kichert Heinrich.

Der Ältere schließt das Haus auf, und sie machen sich auf den Weg nach oben.

„Das Sandwich war aber gut.“, räumt der Professor ein.

„Hm, ja.“, stimmt ihm sein Freund zu, als sie ihre Schuhe im Flur ausziehen.

Gerade will Alexander die Tür schließen, da kommt eine junge Frau die Treppen hoch.

„Guten Abend.“, grüßt er sie.

„Oh, Guten Abend.“, grüßt sie freundlich zurück und winkt auch Heinrich zu, der jetzt ebenfalls in der Tür erscheint, „Sie sind neu eingezogen, nicht?“

„Ja, genau. Vor einer Woche.“, antwortet Alexander.

„Ich bin Nicole. Wohn einen Stock höher.“, sagt sie und reicht den beiden die Hand.

„Alexander.“

„Heinrich.“

„Ihr seid nicht…verwandt?“, fragt sie mit einem unsicheren Lächeln.

„N-nein! Nein, wir…“

Ihr Lächeln wird wieder deutlicher.

„Ah, schon klar.“, meint sie, „Wünsch euch beiden noch nen schönen Abend, vielleicht sieht man sich mal wieder.“

Damit verschwindet sie wieder auf der Treppe.

Alexander schließt die Tür.

„Hallo?!?“, kommt es ungehalten von Heinrich, „Was hat die denn gedacht?!“

Der Ältere sieht das Ganze ein wenig gelassener und zuckt mit den Schultern.

„Dass ich dein Vater bin?, keine Ahnung.“

Der Junge verdreht die Augen.

„Was? Biologisch möglich. Vor allem, wenn man dich für Sechzehn hält.“

Heinrich bleibt im Flur stehen und dreht sich zu ihm um.

„Für was hältst du mich denn?“, fragt er mit gesenkter Stimme und legt dem anderen seine Arme um den Hals.

„Für unheimlich sexy.“, antwortet Alexander und gibt seinem Freund einen zärtlichen Kuss.

„Ich bin müde.“, kommt es von Heinrich, als seine Lippen wieder freigegeben werden, „Ich bin dafür, dass wir uns gleich bettfertig machen.“

„Einverstanden.“, meint Alexander, „Müssen morgen ja beide früh raus.“
 

Es ist halb Zehn, als auch Heinrich gewaschen und in seinem I<3NY-Schlafhemd aus dem Bad kommt und sich zum anderen ins Bett legt. Seufzend rückt er etwas näher an seinen Freund heran.

„Alex…“

„Hm?“

„Was kann man denn dagegen tun, dass das immer noch so ziept…?“

Alexander nimmt ihn in die Arme und sieht ihm schmunzelnd in die Augen.

„Da gibt es nur eins.“, entgegnet er mit leiser Stimme.

Heinrichs Augenlider senken sich ein wenig.

„Sag’s mir.“

Der Ältere legt ihm seine Lippen an die Ohrmuschel, haucht ihm die Antwort ins Ohr.

„Wir müssen es nochmal tun.“

Als Heinrich ihn gleich mit funkelnden Augen anblickt, muss Alexander lachen.

„Nicht heute. Es ist schon so spät.“

Der Junge sieht ihn verständnislos an.

„Und morgen geht’s auch nicht, weil am Dienstag wieder Uni ist und am Mittwoch auch nicht und – Erwartest du ernsthaft, ich wart bis zum nächsten Wochenende darauf?!“

Um seinen Standpunkt klarzumachen, schiebt er sich auf Alexander drauf.

„Ich will, dass du mich jetzt nimmst. Jetzt.“

Alexander kommt nicht zur Antwort, als Heinrichs Zunge über seine Lippen fährt, er ihn küsst, leidenschaftlich. Dabei bewegt er seine Hüfte auf und ab und reibt ihre Unterleiber zusammen.

„Nicht…“, versucht es der Professor noch einmal.

Heinrich hört mit sämtlichen Liebkosungen auf und starrt ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an.

„Du willst mich nicht.“

„D-doch!“

„Dann beweis es.“

Alexander fährt sich resignierend übers Gesicht, bevor er zu seinem Freund aufsieht.

Er richtet sich auf, zieht den Jungen auf seinen Schoß. Den feuchten Kuss, den er beginnt, wird er so schnell nicht wieder beenden.

Seine Hände fassen nach Heinrichs Hüfte, bringen ihr die kreisenden Bewegungen wieder bei.

„Zeig mir, wie sehr du mich willst.“, haucht der Junge nach einer Weile gegen die Lippen des anderen.

„Zieh mir die Shorts aus, dann siehst du’s.“

Heinrich folgt Alexanders Rat und kann es nicht lassen, den aufgeweckten Gast mit einem Kuss zu begrüßen.

Sofort fassen die Hände des Älteren nach ihm, ziehen ihm das T-Shirt über den Kopf, bevor er ihn unter sich auf die Matratze drückt.

Heinrich keucht auf, genießt es, wie sich ihre nackten Körper aneinander reiben.

Der Junge befreit sich ein wenig aus der Umarmung, um das Gleitgel vom Nachttisch zu fischen.

Wortlos drückt er es Alexander in die Hände. Dieser versteht und benetzt sich seine Finger.

Als er Heinrich vorbereitet, merkt er, wie viel besser dessen Körper darauf reagiert, wie das Stöhnen des Jungen nicht mehr vor Schmerzen, sondern vor Lust geschieht.

„D-das reicht…!“

„Nein, tut es nicht.“, entgegnet Alexander.

Heinrich keucht auf.

Noch eine Weile lässt er seinem Freund Zeit, dann wird er zu ungeduldig.

„I-ich will dich, Alexander…“, bringt er heraus, fährt dem anderen durch die Locken, „Diesmal…nicht so sanft… Fester…von hinten.“

Alexander gibt ein Stöhnen von sich, findet die Lippen seines Freundes wieder.

„Mmmm…nein…“, keucht er in den Kuss hinein, „Ich will dein Gesicht sehen.“

„Bitte…“

„Den Ausdruck auf deinem Gesicht, wenn du kommst…“

„Wir…!“

Alexander sieht dem Jungen atemlos und ein wenig aufgeschreckt zu, als dieser sich aus seiner Umarmung befreit und aus dem Bett steigt.

„Wir haben einen Spiegel.“, sagt Heinrich, seine Hände an das Glas gelegt, sein Rücken durchgebogen und seine Beine gespreizt.

Alexander bleiben die Worte im Hals stecken.

„Komm schon…!“, jammert Heinrich, was den Älteren aus seiner Trance weckt.

Alexander nimmt eines der Kondome aus der Packung, zieht es sich über und reibt sich mit dem Rest des Gleitgels, das noch an seinen Fingern haftet, selbst ein.

„Alex…!“

Er läuft zum anderen hinüber, und Heinrich ist erst zufrieden, als der Ältere sich zu ihm hinunterbeugt, um ihm einen Kuss auf die Wange zu hauchen, und er dabei an seinem Hintern spürt, wie sehr sein Freund ihn will.

„Und du meinst, deine Beine halten durch, ja?“, fragt Alexander dicht an seinem Ohr; der Junge stellt mit Freuden fest, wie rau seine Stimme klingt.

„Jah.“, bringt er heraus, sieht durch den Spiegel zu seinem Freund auf.

„Gut.“, haucht Alexander, bevor er endlich, endlich Heinrich seinen Wunsch erfüllt.

Der Junge atmet tief durch, befiehlt seinem Körper, entspannt zu bleiben.

„Oooh, Alex, das…ahhh…Kann das sein, dass das…noch tiefer, als…ges…hnnn~“

„Kann ich mich– “

„Jah! A-aber fester…!“

Der Junge keucht auf, als sein Freund sich zu bewegen beginnt, ihm tatsächlich gehorcht und mit der Zeit immer mehr von der Sanftheit verloren geht.

Stöhnend spreizt Heinrich seine Beine mehr, streckt seinen Hintern dem anderen weiter entgegen.

Alexander steht der Schweiß auf der Stirn. Er liebt die Gesichtsausdrücke, die er seinem Freund entlocken kann, liebt das Stöhnen, das der Junge von sich gibt.

Als Heinrichs schweißnassen Hände langsam am Spiegel abrutschen, legt er seine darüber, vergräbt sein Gesicht in Heinrichs Halsbeuge.

„G-Gott, ich…k-kann ni – nicht mehr…!“, bringt der Junge heraus, seine Knie geben nach.

Alexander reagiert und presst ihn mit dem ganzen Körper flach an den Spiegel.

Heinrichs Augen rollen zurück, als sich so der Winkel ändert und Alexander ihn an einer Stelle trifft, die ihn nur noch Sterne sehen lässt.

„O-oh, A-Alex, m-mmm – ah – oh, mein – aah~”

Der Ältere liebt es, den Jungen so zu sehen, so vollkommen in Ekstase, in einer Situation, in die nur er ihn bringen kann.

Das Gesicht, das sein Freund macht, als er kommt, bringt ihn selbst zum Höhepunkt.
 

Fast besinnungslos lässt sich Heinrich nach hinten an seine Brust sinken. Alexander muss ihn festhalten, dass er nicht auf dem Boden zusammensackt.

„Du schaffst mich, Heinrich, weißt du das?“, keucht der Ältere mit einem Grinsen auf den Lippen und sucht im Spiegel den Blick des anderen.

„Jah?“, kommt es noch ein wenig vernebelt von seinem Freund.

Alexander drückt ihm einen Kuss in die Haare.

„Ja. Ich glaub, so schnell hat mich noch keiner zum Höhepunkt gebracht.“

„Das sagst du jetzt nur so.“, keucht Heinrich und schließt die Augen.

„Nein, wirklich.“, entgegnet Alexander und schließt seine Arme ein wenig fester um ihn, „Obwohl ich’s schon mal vor nem Spiegel gemacht hab.“

Heinrichs bis eben entspanntes Gesicht verzieht sich ein wenig.

„Wie sah der Typ aus?“

„Keine Ahnung.“

„Du hast ihn doch gesehen.“

„Ich hab nicht drauf geachtet.“

Heinrich öffnet langsam seine Augen. Sieht durch den Spiegel zum anderen auf.

„Hat’s ihm auch so gut gefallen wie mir?“

Alexander schüttelt den Kopf.

„Weiß nicht, war mir auch scheißegal.“

„Also, mir…mir hat’s gefallen. Sehr…sehr gut.“

„Das freut mich.“, meint Alexander und dreht seinen Freund zu sich herum, um ihm direkt, ohne Spiegel, in die Augen zu sehen, „Weil du bist mir nicht egal.“

„Wer macht den Spiegel sauber…?“
 

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So, hab das erste Treffen zwischen Alex und Ulrike dann auch nochmal in non-adult versucht…^^'

Es war eigentlich schon damals klar, als Wilhelm im Möbelfachgeschäft den von seinem Bruder georderten großen Spiegel gekauft hat, dass der Montagmorgen eine Katastrophe werden würde.

„Shit! Hast du nicht den Wecker gehört, Heinrich?!?“

„Hm? Häh? Das war gestern Abend so anstrengend, da hab ich so fest geschl – Was?! Wie spät ist es?!?“

„Steh auf! – Nein, bleib liegen, ich geh zuerst ins Bad!“

„Hallo?! Ich bekomm riesige Probleme, wenn ich schon am ersten Tag zu spät komm, du nur Ärger von deinem Bruder!“

Nur?!? Ich glaub, du musst Wilhelm mal so richtig kennenlernen!“

Heinrich entgegnet nichts mehr, sondern zwängt sich nur zu Alexander unter die Dusche.
 

„Shitshitshitshitshhh…! Alex! Kannst du dir vorstellen, was du mir mit diesem Knutschfleck angetan hast…?!“

„Mach keinen Aufstand und zieh dir halt was mit Kragen an.“, entgegnet Alexander nur hastig, als er sich gerade das Hemd mit dem höchsten Kragen aus dem Schrank holt.

„Mit Kragen?! Soll das n Witz sein?? Alles, was ich mit Kragen hab ist Winterkleidung!“

„Aber du hattest doch dieses braune Hemd immer an…“

„Weggeschmissen, vielleicht, weil’s scheiße aussah?!“

„Oh, entschuldigen Sie meine Unwissenheit, Herr Lagerfeld…“

„Was mach ich jetzt, Alex???“

Heinrichs Panikattacke wird von Alexander ruhiggestellt, indem er ihm kurzerhand einen grauen Kaschmirschal um den Hals bindet.

Der Junge sieht äußerst skeptisch zu seinem Freund auf.

„Na, super! Das ist ja das schönste Klischee von allen! Jeder weiß, dass man einen Knutschfleck hat, wenn man bei diesen Temperaturen einen Schal trägt! Was soll ich denen denn antworten?!“

Alexander zuckt mit den Schultern.

„Trägt man jetzt so…?“

Sein Freund verdreht die Augen.
 

Als sie schließlich – ohne etwas gefrühstückt zu haben – im Auto auf dem Weg zur Universität sitzen, zupft sich Heinrich am Schal herum, den er nun doch über einem seiner Tops trägt.

„Wie rum muss ich den jetzt nochmal machen?“, fragt er und betrachtet sich im Spiegel, den er sich heruntergeklappt hat.

„Hm? Wieso?“

„Na, hast du das bei Jogi Löw noch nie gesehen?“

„Jogi wer?!“

Wäre Heinrich gefahren, hätte es gerade eine Vollbremsung gegeben.

„Du kennt Jogi Löw nicht?!???“

„Heinrich! Brüll nicht so, ich muss fahren! – Ja, ich kenn ihn nicht. Sollte ich?“

„Mensch, das ist unser Bundes-Jogi! Der Trainer der deutschen Fußballnationalmannschaft!“

„Ach so, Fußball schau ich nicht.“

Wäre Heinrich gefahren, hätte es eine erneute Vollbremsung gegeben.

Stattdessen legt sich der Junge die Hände an die Stirn.

„Ich glaub’s nicht…Wie viele Klischees willst du heute noch bedienen?“

Alexander lacht nur.

„Okay.“, meint Heinrich, „Wir haben ein Date vor dem Fernseher, wenn die Nationalmannschaft das nächste Mal spielt, mein Herr.“

Der Ältere nickt brav.

„Sehr wohl.“
 

Alexander stürmt fünf Minuten zu spät in den Seminarsaal. Alle seine lieben Studentinnen begrüßen ihn mit einem entzückten „Guten Morgen! <3“ und sind froh, dass er überhaupt noch kommt; außerdem sieht er so verdammt sexy aus, wenn er außer Atem ist…

Heinrich stürmt fünf Minuten zu spät ins Vorzimmer zum Büro des Universitätsleiters – und rennt mit einem jungen Mann zusammen.

„Oh, ent– “

„Tut mir…“

„Ich war spät dran und…“

„…zu spät, deshalb…“

Beide brechen sie ab und müssen lachen.

„Tim.“, stellt sich der Rothaarige schließlich vor und reicht dem anderen die Hand.

„Heinrich. Sag bloß, du bist auch hier, weil du was nachholen musst?“

Die braunen Augen des Jungen weiten sich begeistert.

„Jaa, du etwa auch?!“

„Ja, ich…ich hatte Probleme mit der Familie…“

„Oh.“

„Egal, ist alles wieder geregelt.“, ergänzt Heinrich schnell, „Und du?“

„Ich bin umgezogen, hätte eigentlich vor nem halben Jahr hier an der Uni weitermachen sollen, aber dann lag ich längere Zeit im Krankenhaus. Lungenentzündung und so weiter. Bin leider ziemlich anfällig.“

„Oh, das klingt übel.“

Tim will gerade etwas erwidern, da räuspert es sich hinter ihnen.

„Wenn die Herren vielleicht ihre Privatgespräche auf nachher verschieben wollen…?“

„H-Herr…!“

„…Humboldt…!“

Peinlich berührt und ziemlich kleinlaut folgen die beiden dem Universitätsleiter ins Büro.

Die Studenten warten, bis Wilhelm Platz genommen hat, bevor sie sich selbst auf die Stühle vor dessen Schreibtisch setzen.

„Schön, dass ich Sie beide doch so schnell wieder bei uns begrüßen darf.“, fängt er mit einem für seine Verhältnisse großzügigen Lächeln an, „Nachdem Sie sich letzte Woche wieder angemeldet haben, haben Sie das Wochenende also gut überstanden?“

„Ähm, ja…?“, kommt es etwas irritiert von Tim, während Heinrich seinen Blick senkt und unbedingt versucht, nicht rot zu werden.

„Gut.“, unterbricht Wilhelm schließlich die peinliche Stille, „Es nehmen noch sieben weitere Studenten an diesem Kurs teil, die jedoch schon letzte Woche damit angefangen haben. Da Sie aber als einzige Ihre Examina in Physik und Mathematik nachholen, reicht es für Sie, erst jetzt einzusteigen. Beschaffen Sie sich die Unterlagen für Philosophie einfach von den anderen.“

Die beiden Studenten nicken.

Wilhelm reicht ihnen jeweils einen Stundenplan.

„Wenn Sie sich beeilen, schaffen Sie’s noch rechtzeitig zu ihrer ersten Stunde.“
 

Tim muss ungefähr so groß sein wie Alexander, nur viel dünner. Und er läuft viel zu schnell.

„H-hey, nicht…kannst du bitte etwas…langsamer…?“

„Oh, sorry, klar.“, meint Tim und drosselt seinen schnellen Schritt etwas, sodass Heinrich nicht mehr neben ihm herrennen muss.

„Sag mal, ist dir kalt?“, fragt der Rothaarige.

„Hm? Wieso?“

„Na, der Schal.“

Heinrich versucht so selbstsicher wie möglich auszusehen, als er Tim mit einem Grinsen anblickt.

„Trägt man jetzt so.“

„Seit Jogi Löw, oder wie?“, lacht der andere.

„Oh, mein Gott, du kennst Jogi Löw! Danke!“

Tim kann ihn nur noch verwirrt anschauen, bevor Heinrich vor ihm in den bis auf zwei weitere Schüler leeren Hörsaal stürmt.

Nebeneinander nehmen sie in der zweiten Reihe links Platz, als die Professorin gerade von ihren Unterlagen aufsieht.

„Ah. Sind wir jetzt vollzählig, ja?“

Da die ältere Frau mit den langen blonden Haaren den beiden Neuankömmlingen über ihren Brillenrand hinweg einen strengen Blick zuwirft, erhebt sich Tim ein wenig eingeschüchtert.

„E-Ehrhardt.“

„Und Kleist.“

„Aha.“

Plötzlich legt sich ein Lächeln auf ihr Gesicht und sie klatscht voller Tatendrang in die Hände.

„Dann können wir ja anfangen!“

Während Frau Eichendorff, mit diesem Namen hat sie sich eben vorgestellt, darüber referiert, was sie sich für die nächsten vier Wochen vornehmen werden, hört Heinrich die anderen zwei Jungen schräg hinter ihnen flüstern. Er merkt, wie Tim sich zu den beiden herumdreht, bevor er ein wenig näher an ihn heranrückt.

„Kennst du die beiden?“, flüstert er.

„Nur vom Sehen, wieso?“

„Die schauen zu uns rüber und grinsen so blöd.“

„Hm“. Heinrich zuckt mit den Schultern. Er will jetzt nichts weiter dazu sagen.

Frau Eichendorff ist, wenn es um die Physik geht, erstaunlich nett. Sie geht auf jegliche Fragen ein und trägt alles mit so viel Herzblut vor, wie man es für solch ein Fach eigentlich nicht erwarten würde.

Und sie macht sogar eine Pause nach fünfundvierzig Minuten; um sich einen Kaffee zu holen.

Diese Pause nutzt Heinrich, um schnell zum Bäcker gegenüber zu eilen, da es einem ohne Frühstück doch schnell flau im Magen wird. Tim begleitet ihn.

Als die zwei wieder auf den Campus kommen, Heinrich den Mund mit dem ersten Bissen seiner Brezel voll, schlendern ihnen die beiden anderen Studenten aus ihrem Physikkurs entgegen.

Heinrich hat seinen Blick fest auf die Brezel in seiner Hand gerichtet, aber trotzdem wird er nicht vor einem Kommentar der beiden verschont.

„Na? Hat der Freak endlich nen Freund gefunden, hm?“

Heinrich läuft einfach weiter, versucht die anderen zu ignorieren, aber Tim macht den Fehler und bleibt irritiert stehen.

„Hey, Kumpel!“, wendet sich der eine sofort an ihn, „Willst du dich nicht lieber zu uns rüber setzen? Wär besser für dich, wirklich, vielleicht ist das ja ansteckend…“

Heinrich dreht sich vorsichtig um und sieht, wie Tims Gesicht sich verzieht. Eindeutig Verachtung.

„Nein danke, ich verzichte.“, schnauzt er die beiden an und schließt wieder zu ihm auf.

Heinrich muss unwillkürlich grinsen.

„Danke.“, bringt er heraus.

Tim winkt ab.

„Ach, wofür denn?“

Als die beiden wieder im Saal sitzen und Eichendorff noch ihre Unterlagen sortiert, beziehungsweise ihren Kaffee austrinkt, beugt sich Tim zu seinem neugewonnenen Freund herüber.

„Du kennst die beiden also doch besser, als nur vom Sehen?“

Heinrich weicht dem Blick aus den braunen Rehaugen aus.

Er hat sich gerade dazu entschlossen, Tim doch eine Antwort zu geben, da betreten die beiden anderen Studenten den Raum und er verstummt.

Eichendorff wirft auch gleich ihren leeren Kaffeebecher in den Müll und klatscht wieder aufmunternd in die Hände.

„Dann machen wir mal weiter, damit Sie alle auch Ihre Examina bestehen!“
 

Als der Unterricht beendet ist, packt Heinrich seine Stifte und seinen Block übertrieben langsam ein, obwohl Eichendorff schon in Eile den Saal verlassen hat. Er weiß nicht, wie viel er Tim erzählen kann, ob er ihm sagen kann, wie introvertiert, wie…ja, wie seltsam er sich vor einiger Zeit noch verhalten hat. Dass er immer lange Sachen getragen hat, weil er sich geritzt hat, dass er Selbstgespräche geführt hat, weil er sich immer wiederholen musste, was sein Vater ihm eingebläut hatte. Er kennt den jungen Mann erst seit drei Stunden, vielleicht sollte er nicht –

Plötzlich wird Heinrich grob gegen den Tisch geschubst.

„Oh, hab dich übersehen, Freak.“

Heinrich hat gar nicht vor, sich zu den beiden umzudrehen, da hört er die Stimmen, die ihn die ganze Zeit mit Beleidigungen überschüttet haben, aufschreien.

Als er sich nun doch umdreht, traut er seinen Augen nicht: Tim steht da, sein Gesicht vor Wut verzogen, vor ihm die zwei anderen, durch einen Polizeigriff mit Bauch und Gesicht auf die Tische gedrückt, winselnd vor Schmerzen.

„Was soll das, häh?! Ist euch langweilig?“

„Verdammte Scheiße, lass uns los!“

„Das tut weh, Blödmann!“

„Lasst Heinrich in Ruhe, kapiert?!“

Mit einem Schnauben lässt er die beiden wieder los, die sich daraufhin meckernd aus dem Staub machen.

„Da hast du dir nen wirklich effizienten Bodyguard angeschafft, Freak!“, mault der eine noch, bevor sie den Saal verlassen.

Heinrich sieht etwas unsicher zu Tim auf.

„Danke, du…du hast mich schon wieder…Danke.“

Tim klopft ihm lachend auf die Schulter.

„Kein Ding, hat mein Selbstverteidigungskurs wenigstens nen Sinn gehabt.“

Sie schauen sich eine Weile nur mit einem Lächeln auf dem Gesicht an, bevor Tim sich räuspert.

„Wollen wir…Hast du Zeit für – Wir könnten uns raus ins Café setzen, wenn du willst?“

„Äh, ja! Ja, gerne.“, antwortet Heinrich, „Nach unserem Stundeplan haben wir ja bis Ein Uhr

frei.“ Und außerdem müsste Alexander beschäftigt sein.

Also machen die beiden sich auf den Weg hinaus auf den Campus.

Im Café ist momentan wenig los; als sie sitzen, stellt Heinrich fest, dass das der Tisch sein muss, an dem er Alexander das erste Mal gegenübersaß.

„Also“, fängt Tim an und stützt sein Gesicht auf seine Hände, um sich Heinrich entgegenzulehnen, „Du hast mir immer noch nicht auf meine Frage geantwortet. Nachdem ich dir, wie du gesagt hast, jetzt schon das zweite Mal aus der Patsche geholfen hab, hab ich eine Antwort verdient, meinst du nicht auch?“

Heinrich findet es immer schwerer den Rehaugen auszuweichen.

„Ja“, fängt er an, „Du hast ja Recht, nur…“

Nervös spielt er mit der Tischdecke.

„Da kommt die Bedienung.“, merkt Tim an, „Du hast noch ein wenig Zeit, dich zu entscheiden.“

Tim bestellt sich einen Kakao und ein Stück Käsekuchen. Heinrich ist noch so in Gedanken, dass er einfach sagt: „Das Gleiche für mich auch, bitte.“

Tim schenkt ihm ein Lächeln.

„Du trinkst auch keinen Kaffee?“, fragt er.

„Äh, n-nein.“, antwortet Heinrich.

Natürlich ist die Tatsache, dass er endlich jemanden über Achtzehn gefunden hat, der ebenfalls keinen Kaffee mag, nicht ausschlaggebend dafür, dass er sich dazu entschließt, Tim doch alles zu erzählen, aber sicherlich hat das seine Entscheidung ein klein wenig beeinflusst.

„Wegen…den beiden…Typen“, beginnt er schließlich, und sofort sieht ihn Tim aufmerksam an, „Das…das ist mir tatsächlich schon öfters passiert, dass die mich so blöd angemacht haben. Okay, sehr oft.“

„Und du hast dich jedes Mal genauso wenig gewehrt wie vorhin?“, fragt Tim verständnislos.

„Das war nicht so einfach.“, entgegnet Heinrich und unterbricht kurz, als die Bedienung ihnen ihre Bestellung bringt.

„Es…es war ja berechtigt, ich hab mich wie ein Freak verhalten.“

Als der Rothaarige ihn hierauf nur abwartend ansieht, muss er weiterreden.

„Ich hab zum Beispiel immer langärmlige Sachen getragen, weil…weil ich mich…geritzt hab.“

„D-du hast was?!“, fragt Tim, jetzt ernsthaft geschockt.

Heinrich fährt sich automatisch über die Handgelenke.

„W-weil ich nicht zufrieden mit mir war, ich – !“

Er bricht ab und atmet tief durch, bevor er noch einmal neu ansetzt.

„Ich bin schwul.“, sagt er, ignoriert, wie Tims Augen sich weiten, „Deshalb hat mich mein Vater geschlagen, weil er das nicht toleriert hat. Er hat mir laufend vorgegeben, wie ich mich zu verhalten hab, und jedes Mal, wenn ich gemerkt hab, dass ich etwas tue oder denke, was ihm nicht gefallen würde, wofür er mich schlagen würde, hab ich mir seine Parolen wie ein Mantra vorgesprochen, um sie zu befolgen. Ein weiterer Grund, wieso mich hier alle als Freak abgestempelt haben.“

Mit einem traurigen Lächeln blickt er Tim an.

„Wie du mich jetzt wahrscheinlich auch…“

Da schüttelt der Rothaarige sofort seinen Kopf.

„Nein! Nein, auf keinen Fall!“, stellt er klar, „Ich bin nur…erstaunt. So was hätt ich nicht erwartet. – Aber ich find’s vollkommen in Ordnung, dass du schwul bist, echt, hab ich kein Problem mit, das ist es nicht, nur…das hört sich wirklich hart an.“

„War es auch.“, seufzt Heinrich, „Aber es ist vorbei. Alles, abgesehen von den Pöbeleien hier an der Uni, wie’s scheint.“

„Das…“, fängt Tim vorsichtig an, „Das waren dann die „Familienprobleme“?“

Heinrich nickt.

„Und dass es vorbei ist, heißt was…?“

„Ich wohn nicht mehr zuhause, ritz mich nicht mehr, führe keine Selbstgespräche und vor allem steh ich dazu, dass ich schwul bin.“

Tim sieht ihn erleichtert an, erwidert Heinrichs Lächeln, als der eines zustande bringt.

„Und wieso dann das?“, hakt der Rothaarige nach und deutet auf den grauen Kaschmirschal.

Heinrich muss ein wenig verlegen grinsen.

„Mein Freund.“, sagt er nur, was Tim ebenfalls ein Grinsen entlockt.

„Freut mich für dich, Heinrich, echt.“

Heinrich wendet sich mit roten Wangen seinem Käsekuchen zu.

„Schmeckt gut, hm?“, kommt es nach ein paar Bissen von Tim.

„Mhm.“, bringt Heinrich mit vollem Mund heraus.

„Lass dich von den Typen nicht einschüchtern, die haben doch keine Ahnung.“

Heinrich fragt sich einen Moment, wieso er so einen netten Kommilitonen jetzt erst trifft, bevor er zu dem Rothaarigen aufsieht.

„Ich werd’s versuchen.“, meint er und fühlt sich seit heute Morgen das erste Mal endlich wieder wohl.
 

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Tim kann man sich schon bei den Charakterbildern anschauen, wer mag :3

Heinrich kommt sich reichlich komisch vor, als er um Eins den Seminarsaal betritt. Es ist das erste Mal, dass er bei Alexander im Philosophiekurs sitzt, seit…ja, seit sie zusammen sind. Und das fühlt sich eben seltsam an, weil…weil er so viel über seinen Professor weiß, so viel Intimes – sehr Intimes – so vieles zwischen ihnen passiert ist, das…das einfach nicht in einen Seminarsaal gehört…!

„Hey, ähm, Heinrich…?“

Aufgeschreckt sieht der Junge zu Tim hinunter.

„Du darfst dich auch gerne setzen.“

„Oh.“ Peinlich berührt nimmt Heinrich neben dem Rothaarigen Platz.

Dritte Reihe. Viel zu weit vorne.

„Ist was?“, fragt Tim besorgt, was Heinrich dazu veranlasst, sich anzustrengen, weniger nervös zu wirken.

„Nein, alles Bestens.“, antwortet er so gelassen wie möglich, da in dem Moment Alexander den Raum betritt.

Außer ihnen sitzen noch drei Studentinnen in der ersten Reihe, die zwei Idioten aus Physik ganz hinten. Klar, dass bei dieser geringen Anzahl an Teilnehmern Alexanders Blick sofort zu seinem Freund wandern.

Schnell wendet der Professor seinen Blick wieder ab und wirft ein allgemeines „Guten Tag.“ in den Raum, bevor er auch schnell anfängt, den Studenten vorzutragen, was sie diese Woche alles nachzuholen haben.

„Der sagt ja gar nichts dazu, dass wir letzte Woche nicht da waren.“, stellt Tim leise in Richtung Heinrich fest.

Dieser versucht überzeugend zu wirken, als er „vermutet“, dass der Professor wohl schon darüber Bescheid wisse, schließlich sei der Universitätsleiter sein Bruder.

„Echt?!“, zischt Tim erstaunt, „Trotzdem hätte er sich uns vorstellen können, oder?“

„Naja“, fängt Heinrich an, „Mich kennt er ja schon – also, ich hatte ja auch den normalen Kurs Philosophie bei ihm. Vielleicht denkt er, du warst da auch schon dabei.“

Heinrich sieht, wie Tim nickt und etwas erwidern will, jedoch wieder seinen Mund schließt und auf seinen Block starrt. Als Heinrich nach vorne schaut, entdeckt er den Grund dafür: Alexander, der ein wenig mahnend zu ihnen herübersieht.

Heinrich kann nur schwer dem Drang widerstehen, seinem Freund die Zunge rauszustrecken. – Was hier vollkommen unangebracht wäre.

Alexander fasst sich wieder und redet weiter, was Heinrich dazu animiert, ihm vielleicht lieber mal zuzuhören.

Es geht um Sigmund Freud, soviel bekommt er mit, bevor seine Gedanken wieder abschweifen und ihn Alexanders Stimme einmal mehr einlullt. Wie viele Stunden saß er schon bei ihm im Seminar und hat dieser Stimme gelauscht, an diesen Lippen gehangen, diese großen Hände bewundert, wenn sie nach der Kreide griffen – und immer nur konnte er sich heimlich wünschen, wie die Stimme einmal seinen Namen hauchen würde, die Lippen ihn einmal küssen und die Hände ihn einmal berühren würden…

Der Junge hat ein seliges Lächeln auf dem Gesicht, als er sich bewusst macht, dass all diese Wünsche tatsächlich in Erfüllung gegangen sind.

Heinrich wird erst aus seiner Trance gerissen, als er Tim neben sich leise kichern hört.

Fragend schaut er ihn an.

Der Rothaarige beugt sich grinsend zu ihm herüber.

„Da du mir vorhin anvertraut hast, auf welches Geschlecht du stehst, darf man da annehmen, dass du ein klein wenig Gefallen an unserem Philosophieprofessor gefunden hast?“

Heinrich kann nicht verhindern, dass er wohl etwas rot wird.

„Ja, schon.“, antwortet er ebenfalls mit einem Grinsen.

„Was sagt denn dein Freund dazu?“, kommt es scherzhaft von Tim.

Heinrich zuckt nur mit den Schultern und versucht nicht allzu verräterisch dabei auszuschauen.

„Naja“, fängt der Rothaarige aber völlig unvoreingenommen an, „Er sieht ja nicht schlecht aus.“

Heinrich ist etwas überrascht über diese Aussage und kann den anderen erst mal nur erstaunt anschauen.

„Was?!“, lacht Tim leise, „Auch Mann darf doch mal zugeben, wenn ein anderer gut aussieht, oder?“

„J-ja, natürlich.“, fasst sich Heinrich schnell wieder, „Besonders bei Professor Humboldt.“

„Mhmm…“, kommt es von Tim, der seinen Blick wieder zu Alexander wandern lässt, „Was meinst du, wie alt er ist?“

„Ende Dreißig…?“, versucht Heinrich unwissend zu klingen, aber nichts völlig Falsches zu sagen.

„Hm“, gibt der Rothaarige von sich, ohne dass seine Augen den Professor verlassen, „Eigentlich sieht er doch jünger aus.“

Heinrich weiß nicht so Recht, ob ihm unwohl sein soll, oder ob er Gefallen an der Sache finden soll, dass er hier jemanden sitzen hat, mit dem er von Alexander schwärmen kann. Da Tim ihm gerade einen anspornenden Blick aus seinen Rehaugen zuwirft, entscheidet er sich für Letzteres.

„Was lässt ihn denn jünger aussehen?“, hakt Heinrich also leise nach.

„Die Muskeln.“, kommt es gleich von Tim, „Er sieht dadurch so sportlich aus.“

„Seine Stimme macht ihn älter.“, kontert Heinrich.

„Du findest also seine Stimme sexy?“

„Oh, ja…“

„Wart’s ab, bis wir zu Freuds Sexualtheorie kommen, dann sagt diese sexy Stimme so perverse Sachen, dass ich Angst um deine Selbstbeherrschung hab.“

Heinrich muss lachen, was ihnen wieder einen mahnenden Blick von Alexander einbringt.

„Hätt gar nicht gedacht, dass du so versaut bist.“, flüstert er Tim zu.

„Sieht man mir nicht an, hm?“, entgegnet dieser grinsend.

Heinrich verspürt den Drang, ihm zu sagen, was für perverse Dinge er diese sexy Stimme schon tatsächlich hat sagen hören, aber er besinnt sich noch rechtzeitig wieder und schließt seinen Mund.

„Wir sollten lieber zuhören.“, sagt er stattdessen, „Vielleicht geht’s ja schon um die Sexualtheorie.“

Den Rest der Stunde verbringen die beiden tatsächlich damit, dass sie nicht nur Alexanders Stimme lauschen, sondern auch auf den Inhalt achten.

Als der Professor die Stunde, wie fast immer, fünf Minuten vor Schluss für beendet erklärt, sind die zwei Idioten aus Physik die ersten, die den Raum verlassen – ohne Heinrich oder Tim noch mal blöd anzumachen.

Letzterer nimmt Heinrich am Arm, was diesen ein wenig erstaunt.

„Komm, wir sollten uns doch die Unterlagen von letzter Woche besorgen.“, meint er, „Die Mädels da vorne sehen aus, als wenn sie immer fleißig mitschreiben.“

„N-nein, warte.“, hält ihn Heinrich auf und zieht den Rothaarigen zu sich.

„Die sind nicht viel besser, als die Typen aus Physik. Halten mich auch für nen Freak und sind blöde Zicken.“

Tim muss von oben auf ihn herabgrinsen, da er so nah bei ihm steht.

„Du magst bloß keine Frauen, gib’s zu.“

Als Heinrich etwas zu lange nichts erwidert, weiten sich Tims Augen und sein Grinsen wird breiter.

Oder“, beginnt er, „du willst unbedingt den Professor danach fragen.“

Heinrich klopft ihm anerkennend auf die Schulter.

„Du hast es erfasst.“, antwortet er und zieht Tim am Arm mit sich, als er hinunter zu Alexander läuft, der gerade seine Sachen zusammenpackt.

Auf der letzten Stufe dreht sich Heinrich kurz nochmal zum Rothaarigen um, um ihm ein vorfreudiges „Sieh und staune.“ ins Ohr zu flüstern, bevor er auf Alexander zugeht, der die beiden schon skeptisch auf ihrem Weg zu ihm herunter beobachtet hat.

„Herr Professor Humboldt?“, beginnt Heinrich mit einem zuckersüßen Lächeln auf dem Gesicht und stellt sich, seinen Ordner im Arm, vor Alexander auf die Zehenspitzen.

„Ähm, ja?“

„Wir beide sind heute ja das erste Mal in Ihrem Kurs gewesen. Ein schönes erstes Mal übrigens. Hat uns sehr gefallen.“ An dieser Stelle lässt er seine Wimpern flattern, was Alexander noch mehr irritiert.

„Jetzt wollten wir Sie fragen, ob Sie uns vielleicht die Unterlagen von letzter Woche zukommen lassen wollen, damit wir den Stoff nachholen können.“

Alexander muss sich erst ein wenig sortieren, bevor er antworten kann.

„Äh, ja! Ja, natürlich. Ich…ich müsste die Sachen noch in meinem Büro haben, wenn du also…wenn ihr mitkommen wollt.“

„Gerne.“, antwortet Heinrich, und als Alexander noch einmal nickt, um dann seine Tasche zu nehmen und den Raum zu verlassen, folgen die beiden ihm.

Der Professor führt die beiden Studenten den Gang entlang, den Heinrich schon kennt. Er war ja bereits einmal bei Alexander im Büro. Wie schrecklich naiv er damals gewesen war. Tatsächlich war das erste, was er dachte, als der Professor ihn nach der Physikstunde angesprochen hatte, dass sich jetzt, in diesem Büro, all seine Wünsche erfüllen würden. Klar, dass er sich diese „unsittlichen“ Gedanken sofort hat ausreden müssen.

Alexanders Räuspern, als er den Büroschlüssel in seiner Hosentasche sucht, bringt Heinrich wieder ins Hier und Jetzt zurück.

Gerade hat der Professor den Schlüssel gefunden, da schlägt sich Tim an die Stirn.

„Ach, verdammt!“, gibt er von sich, „Jetzt hab ich meinen Block im Saal liegen lassen. Ich geh ihn schnell holen – Wir sehen uns dann draußen, Heinrich, okay? Bis nächstes Mal, Herr Humboldt.“ Damit macht der Rothaarige sich aus dem Staub.

Alexander schließt hastig die Tür auf und ist darauf bedacht, sie auch schnell wieder hinter Heinrich zu schließen. Mit einem äußerst verwirrten Gesichtsausdruck sieht er seinen Freund an.

„Was sollte da– “

Weiter kommt er nicht, denn da hat Heinrich seine Hände um seinen Hals geschlungen und küsst ihn stürmisch.

„Mmmh – hnnnrch…! – Heinrich, nicht!“

Außer Atem blickt Alexander auf seinen Studenten herab und sieht dabei ein wenig wütend aus. Um sich zu beruhigen läuft er zu seinem Schreibtisch, wo er sich erst einmal hinsetzt.

„W-was…?! Heinrich, erklär mir bitte, was das hier soll!“

Gleichsam verwirrt und unschuldig blickt Heinrich den Älteren an.

„Was…was meinst du?“

Alexander streckt seinen Arm fassungslos in die Richtung aus, in die Tim verschwunden ist.

„Wer ist dieser Junge?“

„Tim.“, antwortet Heinrich immer noch ein wenig irritiert und läuft auf seinen Freund zu, „Er hat neu hier an der Uni angefangen und muss auch die Examina nachholen, weil er ne lange Zeit im Krankenhaus war.“

„Du kennst ihn seit heute Morgen und erzählst ihm von uns?!?“

Heinrich seufzt erleichtert auf. Darum geht es dem Älteren also.

„Nein.“, fängt er ruhig an, „Ich hab ihm natürlich nicht davon erzählt.“

Jetzt ist Alexander verwirrt.

„Nicht? Und…was gab’s dann da laufend zu kichern?“

Heinrich muss grinsen.

„Wir haben uns über deine Vorzüge unterhalten.“

Alexander braucht eine Weile, bis er darauf etwas erwidern kann.

„Er ist auch schwul?“, kommt es schließlich von ihm.

Heinrich schüttelt den Kopf.

„Nein, ich denk nicht. Er findet’s nur lustig, mit mir über so was zu reden.“

„Also weiß er aber, dass du schwul bist?“

„Ja.“, antwortet Heinrich wie selbstverständlich, „Ich glaub, das hast du mal zu mir gesagt, dass man seine Freunde diesbezüglich nicht belügen soll.“

„Ja, das hab ich mal – Ihr seid Freunde?“

Heinrich verdreht die Augen.

„Ja, soweit man das behaupten kann, wenn man sich nen Vormittag lang kennt und der andere für einen schon zwei Mal dummen Kommentaren kontragegeben hat.“

„Ja, sorry.“, meint Alexander und fährt sich durch die Haare, „Ich…ich hab dich halt noch nie so mit jemandem gesehen.“

Mit einem Lächeln sieht er zu Heinrich auf.

„Ich freu mich für dich, echt. Jeder braucht nen guten Freund.“

Heinrich kann hierauf nur nicken. Irgendwie hat er das Gefühl nicht ganz zu verstehen, wo jetzt Alexanders Problem liegt…

„Und wieso ist er eben so „unverhofft“ abgehauen?“, lässt ihm sein Freund mit seiner nächsten Frage keine Zeit zum Nachdenken.

Heinrich muss kurz lachen.

„Ich hab ihm gebeichtet – besser gesagt, er hat es mir angesehen, dass ich auf dich steh. Und jetzt meint er wohl, es wär vorteilhafter, wenn ich alleine mit dir im Büro bin.“

„Aaaah…“, kommt es amüsiert von Alexander.

„Apropos.“, unterbricht Heinrich sein Grinsen, „Ich bin schon viel zu lange hier, wie soll ich ihm das denn erklären?! Such mir schnell die Unterlagen raus…!“

„Oh, verdammt, stimmt!“, fällt es auch Alexander ein und er beeilt sich, die Kopien und seine Notizen vom letzten Mal rauszusuchen.

„Bis gleich am Parkplatz.“, verabschiedet sich Heinrich hastig und drückt seinem Freund noch schnell einen Kuss auf die Lippen, bevor er sein Büro verlässt.

Schon an der nächsten Ecke wartet Tim im Gang auf ihn.

„Und?“ Die Rehaugen sehen ihn erwartungsvoll an, als er die Unterlagen entgegennimmt.

Heinrich bemüht sich, entzückt dreinzublicken. Da er Tim nicht anlügen will, belässt er es bei einem „Ein Gentleman genießt und schweigt.“.

Tim erwidert sein breites Grinsen.

„Ey, das war echt der Hammer von dir! „Das erstes Mal“…! Zum Schießen! Ich musst mich so beherrschen, nicht loszulachen…“

„Tja, ich bin eben Profi.“

Als sie draußen auf dem Campus sind, bleibt Tim stehen.

„Hey, sag mal…“ Plötzlich sieht er ihn so ernst an. „Würdest du deinen Freund für ihn verlassen?“

Heinrich senkt seinen Kopf.

„Das…die Frage ist schwierig zu beantworten, weißt du…“

Tim nickt.

Heinrich kann nicht ganz einschätzen, ob er den anderen jetzt enttäuscht hat.

„Sehen wir uns morgen in Mathe?“, fragt der Rothaarige schließlich mit einem Lächeln.

„Ja, auf jeden Fall.“, entgegnet Heinrich erleichtert.

Tim winkt ihm noch zu, als er zur Bahn läuft.

Sofort macht sich Heinrich dann auf den Weg zum Professorenparkplatz. Er achtet darauf, möglichst unauffällig zum schwarzen Jeep hinüberzulaufen, in dem Alexander schon auf ihn wartet.

„Na, hat er dich gehen lassen?“, begrüßt ihn der Ältere.

„Ja, grad so.“, antwortet Heinrich nur.

Um ein anderes Thema aufzugreifen, aber auch, weil er sich darüber wirklich schon Gedanken gemacht hat, erwähnt er seine Mutter.

„Wollen wir nicht meine Mutter und Michael mal fragen, ob wir sie besuchen können?“

„Oh, ja, das ist eine gute Idee.“, findet Alexander.

„Ich ruf sie gleich mal an, wenn wir zuhause sind, ja?“, schlägt Heinrich vor.

Sein Freund stimmt ihm zu.

„Du weißt schon, dass sie zusammen sind, oder?“, hakt der Junge nach.

Alexander muss ein wenig grinsen.

„Ja, Michi hat’s mir erzählt. Es ist also so gekommen, wie du’s schon bei ihrem ersten Treffen vorausgesagt hast.“

Auch Heinrich muss schmunzeln.

„Was hat er denn erzählt?“, fragt er nach.

„Ach“, fängt Alexander an, „Er hat mir vorgeschwärmt, wie gutmütig und liebreizend und herzensgut deine Mutter ist – Was sie auch wirklich ist. Und was für eine Angst er hat, dass er einen Schritt zu weit gehen könnte, zu dem sie vielleicht noch gar nicht bereit ist, und dass er sie so verliert.“

„Hm.“, meint Heinrich, „Ich kann’s irgendwie auch nicht so einschätzen, wie weit Mutter dazu bereit ist, so schnell was Neues anzufangen. Aber sie klang glücklich am Telefon, als sie mir davon berichtet hat.“

„Das ist doch schon mal was.“, entgegnet Alexander.

„Naja, wir werden’s dann ja sehen.“, kommt es von Heinrich mit einem vorfreudigen Lächeln.
 

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Sorry, war übers Wochenende weg und hatte kein Internet, deshalb geht’s jetzt erst weiter^^

- aber dafür ist mir in dieser Zeit die Idee für eine neue FF gekommen! Wieder mit Alex und Heinrich (komm einfach nicht von den beiden los XD), aber im 19. Jhd., also ihrer Zeit etwas näher. Alex ist wieder Baron von Humboldt – aber keine Angst, nicht das Gleiche, wie in meinem Doujinshi^^ - also, falls Interesse besteht, schau ich, was ich aus dieser Idee machen kann :)

Alexander sitzt auf dem Sofa, als Heinrich die Treppe zu ihm herunterkommt, das Telefon in der Hand.

„Die beiden lassen sich nicht davon abbringen, uns besuchen zu wollen. Wegen der neuen Wohnung.“

„Schrecklich, diese Neugierde.“, lacht Alexander scherzend, „Ja, klar, natürlich können sie vorbeikommen.“

„Haben wir was zum Essen hier?“, hakt Heinrich nach.

„Nicht so wirklich.“, antwortet der Ältere.

Mit einem „Hm.“ wendet sich der Junge wieder an seine Mutter: „Ihr könnt vorbeikommen, wenn ihr was zum Essen mitbringt. Deal?“

Frau Kleist lacht.

„Einverstanden. Wir sind dann in ein bis zwei Stunden bei euch, okay?“

„Ja. Freu mich schon.“

„Ich mich auch, mein Schatz. Bis dann.“

„Tschau.“

Heinrich legt auf und schmeißt sich zu Alexander aufs Sofa, der sich gerade gähnend streckt.

„War’s heute soo anstrengend, hm?“, fragt der Junge und schmiegt sich an die Brust seines Freundes.

„Ja, sehr anstrengend.“, murmelt der und fährt ihm durch die Haare.

„Soll ich dir ein wenig beim Entspannen helfen?“, flüstert Heinrich, bevor er dem Älteren einen Kuss an den Hals haucht.

Von Alexander kommt nur ein wohliges Seufzen.

Während der Junge seinen Hals mit weiteren Küssen übersät, knöpft er ihm langsam das Hemd auf, streift es ihm von den Schultern.

„Dreh dich um.“, befiehlt Heinrich, und sein Freund befolgt diese Bitte, wenn auch etwas irritiert.

Der Kleine legt ihm kichernd die Hände an die Schultern und beginnt ihn zu massieren.

„Was hast du denn gedacht.“, lacht er.

Alexander schnaubt nur, bevor er genießerisch die Augen schließt.

„Hnnn~ Du bist ja ein Naturtalent…“, muss er feststellen.

„Ich weiß.“, flüstert Heinrich, legt seine Lippen dem Älteren in den Nacken.

„Wie ging’s denn heute so mit deinem Allerwertesten?“, fragt Alexander, nachdem er die Massage schon eine Weile genossen hat.

„Hm, ganz okay. Das Sitzen war etwas ungemütlich, aber am Nachmittag war auch das in Ordnung.“

„Da bin ich ja beruhigt.“

Heinrich lacht seinem Freund leise ins Ohr.

„Wieso? Darüber, dass wir’s heute Abend nicht nochmal machen müssen?“

„Du weißt ganz genau, wie ich das mein.“, kommt es von Alexander, bevor er sich plötzlich herumdreht und seinem Freund in die Seite zwickt.

Als dieser ein Lachen von sich gibt, kann er nicht widerstehen, ihn noch einmal auf der anderen Seite zu zwicken.

„H-hey, hör auf…! Ich bin kitzlig!“

„Ich merk’s.“, lacht Alexander und hört jetzt erst Recht nicht auf.

Erst als Heinrich sich windend unter ihm auf dem Sofa liegt, lässt er seine Hände an seinen Seiten ruhen und küsst ihn stattdessen ausgiebig.

„Wann wollen die beide denn kommen?“, fragt Alexander, nachdem er von seinem Freund abgelassen hat.

„Es hieß in ein, zwei Stunden.“

„Dann zieh ich mich noch um.“

„Ich komm mit!“
 

Heinrich ist immer noch ganz entzückt über das Poloshirt, das sein Freund trägt, als Juliane und Michael vor ihrer Tür stehen. Voller Vorfreude reißt der Junge die Tür auf und fällt seiner Mutter in die Arme, die ihn ein wenig überrascht aber herzlich an sich drückt.

„Du siehst richtig gut aus, Mama!“, stellt Heinrich fest, während sich neben ihnen Alexander und Michael kurz umarmen.

„Danke, du aber auch. Du bist ja richtig braun geworden!“

„Na, im Vergleich zu Alex ist das nix!“

Juliane sieht zu eben diesem auf, der ihr nun die Hand reicht.

„Schön, Sie wiederzusehen, Herr Humboldt.“

„Alexander.“, entgegnet dieser mit einem Lächeln, „Ich glaub, wir sollten uns so langsam duzen – wenn Sie, du, nichts dagegen hast…?“

„Nein! Kein Problem. Juliane.“

Heinrich lässt sich derweil von Michael die Hand schütteln, der ihn ebenfalls daran erinnert, dass sie ja schon so in etwa beim „Du“ waren.

„Wo soll ich die Sachen hinstellen?“, fragt Michael nach der Begrüßung und macht somit auf die Tüten mit den Utensilien fürs Kochen aufmerksam.

„In die Küche.“, antwortet ihm Heinrich, „Warte, ich komm mit.“ Damit nimmt er seiner Mutter die restlichen Tüten aus der Hand und läuft voran.

Michael folgt ihm, und dem Jungen entgeht nicht, wie er sich in der Wohnung umschaut.

„Schön habt ihr’s hier, wirklich.“

„Mhm.“, antwortet Heinrich mit einem Lächeln und stellt die Tüten auf der Arbeitsfläche ab.

Er schaut an Michael vorbei in den Flur, sieht aber, dass die beiden anderen keine Anstalten machen, zu ihnen zu kommen, sondern in ein Gespräch verwickelt sind. Als er wieder zu Michael aufsieht, kann er immer noch nicht dessen Gesichtsausdruck deuten, an dem ihm seit dessen Ankunft schon etwas gestört hat.

„Was…Ist was?“, fragt Heinrich also unsicher.

Der andere weicht seinem Blick aus.

„Nein, nur…doch, eigentlich…“

Er bricht ab und stellt erst einmal seine Tüten ebenfalls auf der Arbeitsfläche ab.

„Ich…ich weiß nicht, was du…“, beginnt er noch einmal, „Was du eben davon hältst, dass…dass ich deinen Vater erst hinter Gittern bring und ihm dann die Frau wegnehm.“

Mit einem schiefen Lächeln schaut ihn der Anwalt an.

Heinrich muss schmunzeln.

„Willst du wissen, was ich davon halt?“, fragt er, was Michael noch unsicherer werden lässt.

Doch da schlingt Heinrich seine Arme um ihn und drückt ihn kurz fest an sich.

„Danke, dass du für uns den Prozess gewonnen hast, und danke, dass du Mama glücklich machst.“

Michael atmet erleichtert aus.

„Und du weißt ja sicherlich“, ergänzt Heinrich, „dass Alex ne Pistole besitzt. Nur falls du vorhast, sie irgendwann unglücklich zu machen.“

Michael schluckt.

„Okay, ich merk’s mir.“

Während die beiden das also nun geklärt haben, haben auch Alexander und Juliane ihr Gespräch beendet, das aus viel zu vielen Danksagungen Letzterer für alles, was er für ihren Sohn getan hat und tun wird, und genauso vielen Beteuerungen seinerseits, man müsse ihm dafür doch nicht danken, das habe er doch gern gemacht, er liebe den Jungen ja schließlich, bestand.

Jetzt also folgt die Wohnungsbesichtigung, für welche die beiden Bewohner extra noch einmal alles ordentlich aufgeräumt haben.

Heinrich, in seinem karierten Shirt, übernimmt die Führung und freut sich über jedes Kompliment, das die beiden Gäste zu machen haben. Alexander antwortet hier und da auf Nachfrage, dass auch dies das Werk seiner Schwägerin sei.

„Wie wunderschön!“, ruft Juliane entzückt, „Du hast wirklich eine wunderbare Verwandtschaft, Alexander, und eine mit sensationellem Geschmack noch dazu!“

Der Angesprochene lacht nur leise und hofft, dass Juliane seine Schwägerin jetzt nicht unbedingt kennenlernen will. Denn das will er nicht verantworten, dass Caroline diese herzensgute Frau am Ende noch verdirbt.

Nach dem Rundgang durch die Wohnung findet man sich wieder im Wohnzimmer ein.

Heinrich stellt fest, dass er jetzt Hunger hat und fragt in die Runde, wer ihm denn was kochen wolle.

Seine Mutter nimmt ihn grinsend an die Hand und zieht ihn mit sich in die Küche.

„Wir lassen die beiden Herren ein wenig alleine. Außerdem hab ich als Mutter auch ein Recht darauf, dich mal eine Weile für mich zu haben.“

Sie wuschelt ihm lachend durch die Haare, als er Anstalten macht, sich zu sträuben.

Alexander sieht den beiden grinsend hinterher. Mindestens genauso verliebt grinsend, wie Michael.

„Sie ist zu gut für mich, oder?“, fragt der, fast ein wenig zu ernst.

Alexander klopft ihm auf den Oberschenkel.

„Nicht so sehr zu gut, wie für ihren Ex-Mann.“

Michael nickt leicht.

„Sind sie jetzt eigentlich geschieden?“, hakt Alexander nach.

„Ja.“, antwortet Michael, „Er hat sich ziemlich verständnisvoll gezeigt. Wollte sie erst noch einmal umstimmen, aber dann hat er begriffen, dass es nicht um sie beide geht, sondern um das, was er ihrem Sohn angetan hat.“

„Und ihr zwei wohnt jetzt zusammen?“

„Ja, seit knapp drei Wochen.“

„Und wie ist das passiert?“, will Alexander wissen, „Ich mein, wart ihr öfter miteinander aus, oder wie…?“

Michael muss lachen.

„Wir waren öfter zusammen vor Gericht.“, entgegnet er, „Sie hat eben sehr schnell Vertrauen zu mir gehabt und…ich hab sie öfters bei ihrer Schwester besucht, bin ihr beigestanden…Du kannst dir nicht vorstellen, wie höllisch das für mich war, selbst zu wissen, dass…dass ich diese Frau abgöttisch liebe, aber dass ich ihr nicht zu nahe kommen darf, nicht zu viel von ihr verlangen darf, da sie ja noch so…so verletzlich ist…!“

Alexander lehnt sich schmunzelnd auf dem Sofa zurück.

„Ich kann mir sehr wohl vorstellen, wie höllisch das für dich war, glaub mir.“, meint er.

Michael sieht ihn kurz erstaunt an, dann jedoch versteht er.

„Und jetzt?“, hakt Alexander nach, „Wie sieht es jetzt aus? Ihr seid aber schon richtig zusammen, also, sie liebt dich doch auch, oder?“

„Das hat sie gesagt, ja.“, antwortet Michael mit einem leichten Lächeln, „Aber wie ich schon beim letzten Telefonat erklärt hab: Sie hat nicht gesagt, wie weit…Sie ist nicht der Typ Frau, den man wegen ihrem Äußeren liebt – obwohl sie wunderschön ist. Ich mein nur…“, Michael senkt etwas die Stimme, „Klar, will ich mit ihr schlafen, aber ich weiß nicht, ob sie – ob sie das jemals wieder vorhat – ob sie das braucht, mein ich, oder ob sie nur meine geistige Liebe braucht, mein Vertrauen, meine Zuneigung. Weißt du, was ich mein?“

Alexander sieht den anderen ein wenig skeptisch an.

„Also, ich versteh zwar nicht viel von Frauen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Frau in ihrem Alter keinen Sex mehr braucht.“

Michael seufzt.

„Wie weit seid ihr denn bis jetzt gekommen?“, fragt Alexander nach.

„Wir haben uns geküsst.“

„Mhm. Und weiter?“

„Nichts weiter.“

Alexander sieht sein Gegenüber irritiert an. Blinzelt ein paar Mal.

„Oookay.“, kommt es schließlich von ihm, „Dann liegt es eindeutig an dir.“

„Wieso das?“, ist Michael verwirrt.

„Ihr seid zusammengezogen, sie sagt, sie liebt dich – hast du schon mal versucht nach den Küssen weiterzugehen?“

„Nein.“, entgegnet Michael energisch flüsternd, „Ich hab doch gesagt, ich will keinen falschen Schritt –“

„Mensch, sie wartet aber drauf, dass du einen Schritt weitergehst…!“, zischt Alexander.

„Aber sie ist es doch, die das alles hinter sich hat. Sie muss mir sagen, wann sie bereit zu was ist, oder nicht?!“

„Eigentlich schon, aber du weißt doch, wie…wie schrecklich schüchtern sie ist! Sie wird dich niemals zu irgendwas auffordern! Wohlmöglich denkt sie noch, du wärst nicht daran interessiert weiterzugehen.“

Michael sieht perplex zu ihm auf.

„Oh, Gott. Du könntest Recht haben…“

„Versuch es doch wenigstens mal. Sie wird dir schon sagen, wenn sie was nicht will. Oder redet eben drüber.“

Michael nickt.

„Ich werd mir was überlegen.“
 

In der Küche hat Heinrich – mit beachtlich großer Beherrschung – es vermieden, seine Mutter auf das Vorankommen ihrer Beziehung zu Michael auszufragen, da er genau weiß, wie scheu sie auf so einem Gebiet ist. Stattdessen haben sie sich bis jetzt über die Amerika-Reise, Heinrichs Studium und seine Halbschwester Ulrike unterhalten und dabei einen Nudelauflauf vom Feinsten zustande gebracht. Als die Schale im Ofen ist, wenden sie sich dem Salat zu.

„Und mit dir und Alexander ist alles in Ordnung, ja?“

„Ja, könnte nicht besser sein.“, antwortet Heinrich mit einem Grinsen.

Seine Mutter sieht ein wenig fragend von den Tomaten zu ihm auf.

Der Junge rupft eines der Salatblätter in der Spüle auseinander.

„Naja, wir…wir haben am Wochenende das erste Mal…also…unser erstes Mal eben gehabt.“

Juliane wird genauso rot im Gesicht wie ihr Sohn und die Tomaten, erwidert aber langsam sein Grinsen.

„Ohje, mein Kleiner wird erwachsen…“, seufzt sie.

„Ich bin erwachsen.“, korrigiert sie Heinrich.

Sie schneiden die Zutaten für den Salat fertig und rühren das Dressing an. Dem Jungen fällt auf, dass seine Mutter immer kürzer auf seine Fragen und Erzählungen antwortet.

„Mama? Ist was?“

Juliane sieht ihn aufgeschreckt an.

„Nein, wieso?“, antwortet sie, plötzlich wieder mit einem strahlenden Lächeln.

„Du grübelst doch über irgendwas nach, ich kenn dich.“, beharrt Heinrich.

Ertappt legt seine Mutter das Salatbesteck beiseite.

„Es ist nur…I-ich weiß nicht, wie ich das sagen soll, aber…“

„Versuch’s einfach.“, ermutigt sie ihr Sohn.

„Gut.“, meint sie, „Es ist doch so, dass Alexander schon…dass er – dass er schon mit vielen…also, vor dir, dass er…“

„Er hat schon mit vielen Männern Sex gehabt, ja.“, hilft ihr Heinrich weiter, „Aber falls du besorgt bist, dass er mich betrügen– “

„Nein!“, kommt es sofort von Juliane, „Nein, das auf keinen Fall, sicher nicht. Ich will nur nicht… - Habt ihr ein…habt ihr ein Kondom benutzt?“

„Natürlich.“, antwortet Heinrich, immer noch ein wenig unsicher, was ihm seine Mutter sagen will.

„Das ist gut.“, redet Juliane weiter, streicht sich nervös eine Strähne zurück hinters Ohr, „Nicht, dass er…W-wenn er mit so vielen Männern…kann ja sein, dass…“

Heinrichs Augen weiten sich.

„Du meinst, er hat…Aids?!“

„N-nicht unbedingt.“

„Er hätte es mir gesagt, Mama!“

„Und wenn er es selbst nicht weiß?“

Der Junge verstummt.

„Ich wollte dich nicht beängstigen oder… Heinrich, ich mach mir doch nur Sorgen um dich.“

„Ich weiß, Mama.“, antwortet ihr Sohn und schenkt ihr ein kleines Lächeln.
 

Alexander freut sich darüber, Michael und Juliane so verliebt zu sehen, wie er gar nicht mehr aufhören kann, ihre Kochkünste zu loben, und sie ihm bei jedem Kompliment ein geschmeicheltes Lächeln schenkt. Nur findet er es seltsam, dass Heinrich es sich entgehen lässt, Michael darauf hinzuweisen, dass auch er am Essenmachen beteiligt war. So bescheiden kennt er seinen Heinrich gar nicht.

„Hey“ Mit einem Lächeln greift er über den Tisch hinweg nach der Hand des Jungen, „Alles in Ordnung?“

Heinrich lächelt ihn an.

„Ja, klar.“, antwortet er.

Die Antwort überzeugt den Älteren, das Lächeln nicht.
 

Nach dem Essen erklären sich Michael und Alexander bereit, den Abwasch zu machen. Heinrich und seine Mutter gehen hinaus auf den Balkon.

„Berlin ist wirklich schön.“, stellt sie fest und stützt ihre Ellenbogen auf dem Geländer auf.

Heinrich nickt.

„Habt ihr euch schon alles angeschaut, ja? Du wolltest doch unbedingt mal das Brandenburger Tor sehen.“

Heinrich kann nichts antworten, denn er muss sich die Hände aufs Gesicht drücken, um nicht zu laut aufzuschluchzen.

„H-Heinrich! Mein Kleiner, was…?!“

Fürchterlich besorgt nimmt ihn seine Mutter in den Arm, fährt ihm beruhigend über den Rücken, während er sich an ihrer Brust ausheult.

„Oh, Gott, es tut mir ja so Leid.“, bringt sie heraus, „Ich wollte das nicht, Heinrich, ich – ich will doch nur nicht, dass dir was passiert…! E-er muss ja nicht…“

„Ich will nicht, dass er stirbt, Mama! Wenn er stirbt, dann erschieß ich mich!“

„N-nein, Heinrich, bitte…er…Vielleicht ist er ja gar nicht krank. Und wenn, dann gibt es Medikamente, die– “

„Juliane?!“

Aufgeschreckt fahren die beiden auseinander. Als Michael auf den Balkon kommt, hat ihm Heinrich den Rücken zugewandt und ist noch dabei, sich die Tränen aus dem Gesicht zu wischen.

Juliane begrüßt ihn mit einem flügelverleihenden Lächeln und nimmt seine Hand.

„Was gibt’s?“

„Die Küche ist wieder sauber.“, verkündet Michael mit einem Grinsend und er getraut es sich, ihr einen Kuss auf die Lippen zu drücken.

Sie sieht ihn einen Moment erstaunt an, dann kehrt jedoch ihr Lächeln zurück und ihre Wangen färben sich gesund rosa.
 

Da Juliane weiß, was ihren Sohn bedrückt, und auch Alexander merkt, dass sein Freund den Abend nicht sonderlich genießen kann, verabschieden sich die Gäste früher als eigentlich gedacht.

Kaum hat Alexander die Tür hinter Michael und Juliane geschlossen, schmeißt sich Heinrich an ihn und will ihn gar nicht mehr loslassen.

„H-hey, was ist denn, hm?“, fragt der Ältere sanft und fährt seinem Freund durch die Haare, „Du hast dich doch so auf den Besuch gefreut, und seit du mit deiner Mutter das Essen gemacht hast, bist du so betrübt.“

„Ich will dich nicht verlieren.“, nuschelt Heinrich gegen seine Brust.

Alexander hebt seinen Freund hoch und trägt ihn ins Wohnzimmer, wo sie sich aufs Sofa setzen.

„Erzähl mir, was ist los?“

Heinrich sieht mit feuchten Augen zu ihm auf.

„Mama hat…Sie hat mich gefragt, ob du“, der Junge schluckt, „ob du Aids hast.“

Heinrich beginnt fürchterlich zu zittern, als Alexanders Augen sich voller Bewusstwerden weiten und er sich eine Hand an die Stirn legt.

„Scheiße, daran hätt ich denken sollen!“

Heinrich sinkt schluchzend in sich zusammen.

„N-nein! Heinrich, ich – “, Alexander nimmt seinen Freund an den Schultern, „Mein letzter Test vor zwei Jahren war negativ, ich hatte nie ungeschützten Sex, aber…Ich hätte verdammtnochmal einen Test machen sollen, bevor wir zwei…! Gott, ich bin ja so ein Idiot!“

Zögerlich sieht der Junge zu ihm auf. Er ist erschrocken darüber, wie panisch der Ältere wirkt.

„Hör zu“, fängt Alexander an und wischt ihm die Tränen von den Wangen, „Ich geh gleich morgen zum Arzt, okay, und lass einen neuen machen, versprochen. U-und wenn – wenn er positiv ist, dann lassen wir auch einen bei dir machen und – “, er zwingt sich zu einem verzweifelten Lächeln, „Und wenn der positiv ist, dann erschieß ich mich, in Ordnung?“

Heinrich legt seinem Freund die Hände in den Nacken, haucht ihm einen Kuss auf die nasse Wange.

„Nicht in Ordnung.“, flüstert er.

Alexander nimmt den Jungen in den Arm und drückt ihn fest an sich.

„Mir geht es nur darum, dass du nicht krank wirst. Dass ich dich nicht verlier.“, erklärt Heinrich leise.

Bevor der Ältere etwas erwidern kann, legt er ihm einen Finger auf die Lippen.

„Meld uns beide für morgenfrüh zu einem Test an.“

„A-aber bei dir könnte man noch gar nichts fest– “

„Egal, meld uns beide an. Bitte.“

Alexander nickt.

„Okay.“
 

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…ich hoff, ich hab die Stimmung mit diesem Kapi nicht zu sehr gedrückt……doch? Okay, tut mir Leid^^ - aber wir müssen mal wieder etwas ernster werden :)

Alexander beruhigt es, wie Heinrichs Finger sich zwischen seinen bewegen, wie der Daumen immer die Seite seiner Hand entlangstreicht.

Keiner von beiden sagt etwas, stumm sitzen sie nebeneinander im Wartezimmer bei Alexanders Hausarzt.

Der Ältere stellt fest, wie sie die anderen Wartenden anschauen. Er würde bitter auflachen, fehlte ihm nicht die Motivation dazu. So, wie alle hier einen großen Bogen um sie machen, bekommt man richtig den Eindruck, die Leute halten Aids für ansteckend – und sind sich natürlich sicher, dass wenn zwei Schwule beim Arzt im Wartezimmer sitzen, sie auf jeden Fall HIV-positiv sind!

„Herr Humboldt bitte.“

Alexander steht auf, und da Heinrich seine Hand nicht loslässt, zieht er ihn mit sich ins Behandlungszimmer.

Dr. Fehling empfängt sie freundlich, begrüßt auch Heinrich, der ihm vorgestellt wird. Der Mann ging mit Wilhelm zur Schule, und Alexander ist sich sicher, wären die beide nicht noch immer gute Freunde, hätte er wohl nicht so schnell einen Termin bekommen.

„Dann krempeln Sie bitte mal Ihre Ärmel hoch.“, fordert sie der Arzt auf, während ihm seine Sprechstundenhilfe die Spritzen reicht.

Nachdem den beiden Blut abgenommen worden ist, will Alexander noch wissen, wann die Ergebnisse da sind.

„Das dauert drei bis vier Tage. Ich denke, wir können am Freitag einen Termin für Sie machen.“, antwortet ihm Dr. Fehling.

Mit einem zuversichtlichen Lächeln klopft er Alexander auf die Schulter.

„Ich weiß, dass die Wartezeit nicht leicht für Sie wird, aber denken Sie nicht immerzu dran. Am Freitag wissen wir mehr.“

„Ist gut.“, entgegnet Alexander und verabschiedet sich höflich vom anderen, bevor er wieder Heinrichs Hand nimmt.

Draußen auf der Straße drückt er sie fest und sieht seinen Freund an.

„Nicht dran denken, hast du gehört?“, meint er und versucht ein aufmunterndes Lächeln.

Heinrich schenkt ihm ebenso eines, als sie zum Wagen laufen.
 

Frau Eichendorff kommt gerade den Gang entlang, als Heinrich ebenfalls vor dem Seminarsaal ankommt.

Tim begrüßt ihn mit einem Grinsen und einem Handschlag.

„Morgen! Na, du siehst aber nicht danach aus, als wenn du heute Morgen auch ausschlafen durftest. Hab ich was verpasst?“

Heinrich schüttelt den Kopf, als sie Eichendorff und den anderen beiden ins Zimmer folgen.

„Nein, ich war nur beim Arzt.“

„Ah, okay. Aber nichts Ernstes, oder?“

„Nein, nichts Ernstes.“, antwortet Heinrich, kann es aber nicht vermeiden, über die Ironie seiner Antwort traurig zu schmunzeln, als er neben Tim Platz nimmt.

Der Unterricht und Tim lenken ihn jedoch so gut es geht ab – vornehmlich Tim, der seinem Kumpel sein Maltalent offenbart; in Form einiger guter Karikaturen von Eichendorff und den beiden Idioten hinter ihnen.

Die Mittagspause vor Mathe verbringen die beiden wieder im Café.

Auch Alexander kommt nach einer Weile hinaus auf den Campus, nachdem er mühevoll eine der Studentinnen abgeschüttelt hat.

Er sieht Heinrich und dessen neugewonnenen Freund an einem der Tische sitzen, beide essen sie ein Stück Kuchen und unterhalten sich angeregt. Einerseits freut es ihn ja, dass der Junge so wunderbar locker drauf ist, aber andererseits muss er feststellen, dass ihn irgendetwas an dem Gekicher der beiden stört.

Kurzerhand beschließt der Professor, sich zu den beiden zu gesellen. Sein rechtfertigendes Argument dafür: Er muss sich ja erkundigen, wie die zwei mit dem Nachholen des Stoffs von letzter Woche vorankommen.

„Tag, ihr beiden.“, begrüßt er seine Studenten, die ihn tatsächlich erstaunt mustern, während er sich einen Stuhl heranzieht und sich zu ihnen setzt.

„G-guten Tag, Herr Humboldt.“, bekommt Tim heraus, während Heinrich gar keinen Laut von sich gibt.

„Na?“, fängt Alexander mit einem Grinsen an, „Wie kommt ihr voran mit dem Nacharbeiten? Gab’s irgendwelche Verständnisprobleme bei meinen Notizen – Inhaltlich oder wegen meiner Handschrift?“

„Nein, alles Bestens.“, antwortet Tim sofort, „Und Ihre Schrift ist wunderbar Leserlich. Stimmt’s, Heinrich?“ Dabei gibt er seinem Nachbarn mit dem Ellenbogen einen Stoß in die Seite.

„Äh, ja!“, versucht sich der Junge wieder zu fassen, „Sie haben eine sehr schöne Schrift. Kein Wunder bei Ihren Händen.“

Alexander muss leise lachen und merkt, wie Heinrich so langsam auftaut.

„So? Was ist denn mit meinen Händen?“, fragt er.

Heinrich würde sich natürlich kein bisschen darüber genieren, über so etwas mit Alexander zu sprechen, aber der Blick, den ihm Tim zuwirft, sagt ihm, dass Alexander gerade nicht Alexander sein Freund ist, sondern Herr Professor Humboldt, und in diesem Fall solch ein Gespräch eigentlich schon nicht mehr so normal ist. Deshalb läuft er doch ein wenig rot an, als er antwortet.

„Ihre Hände sind…so groß und…Ihre Finger so lang und kräftig…, dass man den Stift beneiden muss, mit dem Sie schreiben.“

Alexander stützt schmunzelnd sein Gesicht auf eben eine dieser Hände.

„Hm, das hab ich schon ein paar Mal hier auf dem Campus gehört, aber es ist das erste Mal, dass mir ein männlicher Student dieses Kompliment macht. Trotzdem wirst du wohl auf das Gleiche anspielen, wie deine Kommilitoninnen, oder?“

„Ich wüsste nicht, was Sie meinen, Herr Professor.“, entgegnet Heinrich und merkt, wie Tim neben ihm sich nicht zwischen Verheimlichen von Erstaunen und Unterdrücken eines Lachanfalls entscheiden kann.

„Ach, komm schon.“, meint Alexander und legt seine Hand demonstrativ auf die Tischplatte, „Ihr kennt doch sicherlich diese unerwiesene Weisheit, dass ein Mann, wenn er große Hände hat, besonders gut bestückt ist…?“

Heinrich erwidert das Grinsen seines Freundes.

„Von diesen Studentinnen weiß aber bestimmt keine einzige, ob sich diese Weisheit bei Ihnen bewahrheitet.“, antwortet er keck.

„Nein, da hast du Recht.“, kann Alexander noch amüsiert erwidern, bevor eine Bedienung zu ihnen an den Tisch kommt.

Während Alexander seine Bestellung abgibt, wendet sich Tim hastig an Heinrich.

„Verdammte Sch…! Der baggert dich grad echt an…!“, zischt er seinem Kumpel zu.

Heinrich kann ihm nur mit einem breiten Grinsen antworten.

Als Alexander seinen Kaffee vor sich stehen hat, geht das Spielchen zwischen den beiden noch etwas weiter, sämtliche Anspielungen nicht ausgeschlossen. Heinrich versteht nicht so ganz, was sich sein Freund dabei denkt, schließlich war er es ja, der so sehr Vorsicht geboten hat, hier auf dem Campus, mit ihrer Beziehung…aber da es dem Jungen Spaß macht, macht er eben einfach mal mit.

Kurz vor Eins verabschiedet sich Alexander von ihnen mit der Bemerkung, falls es noch Probleme geben sollte, mit dem Stoff von letzter Woche, oder überhaupt, dann könne man gerne Mal bei ihm im Büro vorbeischauen, er nehme sich dann die Zeit für eine private Nachhilfestunde.

Kaum ist Alexander also gegangen, macht Tim seiner Erstauntheit und Begeisterung Luft, sodass Heinrich nur schwer weiß, was er darauf antworten soll.

„Mensch, wenn du jetzt sein Angebot annimmst und bei ihm im Büro erscheinst, dann schmeißt der dich über seinen Schreibtisch und - !!!“

„Ach, was…der hat sich doch bloß lustig über mich gemacht.“, versucht sich Heinrich mit roten Wangen rauszureden.

„Nein, ernsthaft!“, beharrt Tim, „Gott, dein armer Freund…! Ich seh schon, dass er bald Single ist…“

Heinrich verdreht die Augen und gibt seinem Kumpel eine Kopfnuss.

„Hättest du wohl gerne.“, meint er und steht auf, „Komm, wir müssen zu Mathe.“
 

Nach den zwei Stunden Mathematik setzt Heinrich alles daran, sich schnellstmöglich von Tim zu verabschieden.

„Aber sag mir Bescheid, bevor du sein Angebot annimmt, okay? Ich will lauschen!“

„Sonst noch was?!“, lacht Heinrich ein wenig entrüstet.

„Ja. Wir können uns mal nach der Uni treffen.“

Ein wenig überrumpelt schaut er den Rothaarigen an, muss dann aber grinsen.

„Gerne.“, meint er, „Ich überleg mir, wann ich Zeit hab.“

„Schön. Dann bis Morgen.“

„Tschau.“

Während Heinrich sich auf den Weg zum Professorenparkplatz macht, stellt er fest, dass das so mit Tim nicht weitergehen kann. Gleich als auch Alexander nach einer Weile am Auto erscheint, spricht er die Sache an.

„Kannst du mir mal erklären, was das sollte, heute Mittag?“, fragt er den Älteren, klingt dabei aber genauso amüsiert wie vorwurfsvoll.

„Was? Ich wollt halt meine Mittagspause mit dir verbringen, ist das verboten?“

„Ja. Nach deinen eigenen Angaben ist das hier auf dem Campus für uns verboten.“, merkt Heinrich an und steigt in den Wagen.

„Wir waren doch nicht alleine.“, entgegnet Alexander, „War ja noch dein Freund da dabei, dieser…äh…“

„Tim.“

„Ahja.“

„Und was soll der bitte von uns denken?!“

Alexander zuckt mit den Schultern.

„Kann ich ihm nicht sagen, dass wir zusammen sind?“, fragt Heinrich und sieht fast schon verzweifelt zum Älteren auf.

„Muss das sein? Mir wär’s lieber, wenn du’s nicht tun würdest.“

„Nach der Mittagspause heute denkt er doch sowieso schon, du wärst scharf auf mich!“

Alexander, der gerade den Motor starten wollte, hält inne und sieht seinen Freund verwirrt an.

„Tatsächlich?“

„Nach diesem Gespräch nicht wirklich verwunderlich, oder?“

„Naja, du hast aber angefangen mit meinen Händen.“

„Ja, weil er weiß, dass ich auf dich steh, aber du hättest als hetero-Professor, der nichts mit seinen Studenten, ob weiblich oder männlich, anfängt, anders reagieren müssen!“

Alexander wendet seinen Blick ab, klopft nachdenklich aufs Lenkrad.

„Dann sag’s ihm halt, wenn’s nicht anders geht…“, nuschelt er schließlich und startet den Motor.

„Danke.“, kommt es von Heinrich entzückt und er drückt seinem Freund schnell einen Kuss auf die Wange.

Sie reden während der Fahrt eine Weile nicht miteinander. Erst als Alexander überlegt, wann er denn morgen an die Uni muss, wendet er sich an seinen Beifahrer.

„Sag mal, wie machen wir das eigentlich morgen?“, fragt er.

„Hm?“

„Da hast du wieder später, ich müsste aber zur ersten Stunde da sein. Meinst du es rentiert sich für dich, mit der Bahn zu fahren?“

Heinrich verzieht seine Lippen zu einem Schmollmund.

„Stimmt, das ist echt blöd. Ja, gut, dann fahr ich mit der Bahn.“

Plötzlich hellt sich sein Gesicht jedoch wieder auf.

„Aber nicht mehr lange!“, ruft er, „dann kann ich selbst fahren.“

Alexander blickt kurz erstaunt zu ihm hinüber.

„So?“

„Ja! Ich darf doch bei Ulli arbeiten, und da verdien ich Geld, mit dem ich mir meinen Führerschein finanzieren werd.“

„Aber…!“, fängt Alexander an, „Wenn du deinen Führerschein machen willst, dann kann ich dir das doch bezahlen.“

„Untersteh dich!“, warnt ihn Heinrich, „Ich wart ja noch drauf, dass Wilhelm meine Studiengebühren unter den Tisch fallen lässt!“

Da muss Alexander lachen.

„Da bist du nah dran, ich glaub er mag dich wirklich.“, entgegnet er amüsiert.

Heinrich gibt nur ein Schnauben von sich.

„Was hältst du davon,“ nimmt der Ältere wieder das Gespräch auf, „wenn wir heute noch ne kleine Sightseeing-Tour machen?“

Sofort sprengt das Gemütsbarometer seines Freundes die obere Grenze.

„Aujaaa! Bitte!“

„Very well.“, meint Alexander, „Und ich glaub, ich weiß auch schon, wo wir unsere Tour beginnen…“
 

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Wer weiß es auch…?? ;D

Die Säulen sind dicker, als es sich Heinrich jemals vorgestellt hat, ragen weiter in die Höhe, als sie es in seinen Träumen jemals taten. Er kann nur mit offenem Mund staunen und schauen und fasziniert seinen Kopf heben. Als er unten hindurchläuft, mit Alexander an der Hand durch dieses Bauwunder hindurchschreitet, fühlt er sich so unbeschreiblich wohl und frei, dass er glaubt, nicht wirklich zu gehen, sondern zu fliegen.

Fast fällt er hinten über, als er seinen Blick, der nach oben an den Giebel gerichtet ist, nicht abwenden kann. Schnell dreht er sich herum, blickt jetzt hinauf zur Victoria, die mit ihrem Viergespann über ihn hinwegschwebt.

„Das…das ist es…“, bringt Heinrich heraus.

„Das Brandenburger Tor, ja.“, erwidert Alexander und zieht ihn an sich, um ihm einen Arm um die Schultern zu legen.

„Ich bin…beeindruckt.“

„Ist es so toll, wie du es dir vorgestellt hast, ja?“, hakt der Ältere amüsiert nach.

„Viel besser.“

Alexander ist ein wenig überrascht, als ihn sein Freund zu sich herunterzieht und ihn küsst. Sanft. Liebevoll. Ein stummes „Ich liebe dich.“. Er gibt ein stummes „Ich bin glücklich, dass ich dich hab.“ zurück.

Glücklich lächelnd sehen sie sich an, einander im Arm und ihre Stirn aneinandergelegt.

Heinrich fährt dem Älteren über die Wange.

„Du bist an allem schuld, weißt du das?“, sagt er sanft, „Du bist schuld an meinem Glück, ganz alleine du.“

Alexander muss dem Blick seines Freundes ausweichen; zu intensiv, zu intensiv für diesen Moment.

„Ich hoff, ich bin nicht an noch mehr schuld…“

Heinrich keift ihm in die Wange.

„Hey, nicht dran denken.“, erinnert er mit Nachdruck, „Und wenn, dann ist das auch egal. Wir haben doch uns.“

Alexander nickt.

Heinrich küsst ihm das Lächeln wieder zurück auf die Lippen.

„Weißt du,“, fängt der Junge an, „dass ich schon oft von uns geträumt hab, wie wir hier am Brandenburger Tor stehen und uns küssen?“

„Tatsächlich?“, hakt sein Freund nach.

„Mhm. Auch schon bevor wir zusammen – bevor ich überhaupt wusste, dass du schwul bist. Eigentlich seit du bei mir im Zimmer warst und mit mir die Fotos angeschaut hast.“

„Oh, ja, das war schön.“, erinnert sich Alexander schmunzelnd.

„Was…wie war das eigentlich damals für dich?“, will der Junge wissen, „Warst du da schon in mich verliebt?“

„Hm“, beginnt der Ältere, „Kann gut sein, jedenfalls war es mir noch nicht bewusst.“

„Dann hast du das also getan, weil…weil du dir ne Freundschaft zwischen uns vorstellen konntest?“, fragt Heinrich ernsthaft erstaunt über die Großzügigkeit des anderen.

Ein viel zu unschuldiger Gedanke, wie Alexander findet.

„Nicht wirklich.“, muss er ein wenig verlegen antworten.

Sein Freund sieht ihn verwirrt an.

„Was…was hast du dir denn dann dabei gedacht?“

„Ich dachte: Junge, lass mich bitte auf deinem Bett sitzen! – Nein!, lieber nicht, sonst fall ich noch über dich her! – Gott, jetzt setzt er sich sogar zu mir, ich bin verloren…!“

Heinrich muss lachen.

„Ich wollt dir ja erst das Bett anbieten,“, gibt er grinsend zu, „aber dann kam mir das so komisch vor – und du kannst gar nicht glauben, wie glücklich ich drüber war, dass du vorgeschlagen hast, dass wir uns doch da hinsetzen…!“

Mit etwas roten Wangen und einem spitzbübischen Grinsen sieht er zum Professor auf.

„Ich hab diese Nacht dann sooo wunderbar geschlafen, hab mich in die Decke gekuschelt, auf der du saßt – und konnte es sogar vor Vater geheim halten, dass ich mir zweimal daran einen runtergeholt hab.“

„Zweimal?!?“, lacht Alexander.

„Jap. Zweimal.“

„Hm“, macht der Ältere nachdenklich, „Bei mir hat das glaub ich nur bis zu unserem ersten Date im Café gedauert.“

Heinrich sieht ihn gleichermaßen entsetzt und amüsiert an.

„Du bist pervers…!“, bringt er grinsend heraus.

„Sagt der Richtige.“

Heinrich lehnt sich seinem Freund entgegen, um ihm in die Unterlippe zu beißen. Alexander liebt das.

„Geht’s noch weiter mit unserer Sightseeing-Tour?“, fragt der Junge.

„Gerne.“, meint Alexander und nimmt ihn wieder an die Hand.

„Ich glaub, so was, wie wir eben, hatte noch kein Touristen-Guide zum Brandenburger Tor zu berichten…“

Hand in Hand laufen die beiden weiter, ins Regierungsviertel. Sie nehmen es auf sich, sich in die lange Schlange zur Besichtigung des Reichstagsgebäudes zu stellen, aber der Blick aus der Glaskuppel belohnt sie für ihre Geduld.

Schließlich laufen die beiden das Boulevard Unter den Linden entlang und gönnen sich ein Eis.
 

Erst am Abend schweifen Heinrichs Gedanken wieder zurück zum ausstehenden Ergebnis zu ihrem HIV-Test. Dass bei ihm selbst nicht viel rauskommen kann, weil man den Virus erst zwölf Wochen nach der Infektion nachweisen kann, das weiß er, aber ihm ist es wichtig, Alexander symbolisch klarzumachen, dass sie die Sache beide etwas angeht. Nur…wie ist das mit den zwölf Wochen bei seinem Freund? Seit wann sind sie nochmal zusammen…?

„Alex?“

„Hm?“ Ein wenig verschlafen dreht sich sein Freund im Bett zu ihm herum.

„Wann…wann hattest du denn das letzte Mal…Sex, bevor wir…also, mit einem anderen…?“

Alexander sieht etwas müde aus, fährt sich übers Gesicht, aber er scheint zu überlegen.

„Bevor das mit deinem Vater war, warte… An dem Wochenende, wo ich mit dem Auto bei dir in der Straße vorbeigefahren bin und du mich von oben gesehen hast, erinnerst du dich?“

„Ja.“, gibt Heinrich von sich.

„Das sind locker zwölf Wochen.“

„Ich weiß.“

Jetzt öffnet Alexander doch seine Augen ganz, um sich zu vergewissern, dass er sich die Kränkung in Heinrichs Stimme nur einbildet.

Doch der Junge sieht auch gekränkt aus.

„Da warst du dir also auch noch nicht sicher, dass du mich liebst, ja?“

Alexander lässt sich seufzend wieder ins Kissen sinken.

„Ja, was?!“, ruft Heinrich, „Kann ich doch davon ausgehen, wenn du weißt, dass ich auch schwul bin, aber am Wochenende mal eben einen anderen fi– “

„Ich wusste auch!“, unterbricht ihn Alexander energisch, „dass du in deinen Schulfreund verliebt bist. Und war verzweifelt.“

„Aha. Verzweifelt.“

„Ja, verzweifelt. Weil ich dich eben nicht, wie sonst immer, wenn ich einen nicht rumgekriegt hatte, ersetzen konnte. Weil mir da schon bewusst war, dass ich dich liebe.“

Bei diesen Worten verstummt Heinrich schnell. Die Bitterkeit weicht auch aus seinen Zügen.

Er schluckt und presst sein Gesicht an Alexanders Brust, der ihn sofort in die Arme nimmt.

„Tut mir Leid.“, nuschelt er.

„Schon gut.“
 

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Noch 2x schlafen, dann sind die Ergebnisse da…! >.< (Aber keine Angst: Für euch heißt das nur noch aufs nächste Kapitel warten^^)

Am nächsten Tag, nach der Uni, geht’s für Alexander und Heinrich auf die Spreeinsel. Nur nicht zuhause rumsitzen und sich zu viele Gedanken über das Ergebnis machen, das es sowieso erst morgen gibt.

Jedenfalls sind ihre Sightseeing-Pläne der Grund dafür, wieso Heinrich das Treffen mit Tim weiter verschieben musste.

„Sorry, geht heute nicht. Mein Freund will mir noch ein bisschen Berlin zeigen.“

„Aha…Berlin…“

Tims dreckiges Grinsen war vollkommen unangebracht.

Obwohl es tatsächlich in den Lustgarten geht. Nach dem vielversprechenden Namen ist Heinrich etwas enttäuscht darüber, nur eine gestaltete Grünanlage vorzufinden. Die Museumsinsel entlohnt ihn dafür nicht wirklich – obwohl Alexander ihn dazu bewegen kann, wenigstens eines der Museen zu betreten – doch ganz anders der Freitagmorgen.
 

Wieder sitzen sie händehaltend im Wartezimmer. Dieses Mal hat Alexander nicht die Nerven dazu, sich über die Behandlung durch die anderen Patienten aufzuregen. Heinrich weiß, dass sein Freund es gerne vor ihm verstecken würde, aber er merkt, wie angespannt der Ältere ist.

Was für eine Erleichterung es für ihn ist, als Dr. Fehling sie in seinem Zimmer mit einem deutlichen Lächeln auf dem Gesicht empfängt.

„Meine Herren: Beide Proben negativ.“

Alexander braucht noch eine Weile, die glückliche Neuigkeit zu verarbeiten, während ihn Heinrich schon freudig angrinst.

„Wie…wie sicher ist das jetzt?“, will der Professor wissen.

„Wann hatten Sie denn das letzte Mal sexuellen Kontakt außerhalb Ihrer Beziehung mit Herrn Kleist?“, fragt Dr. Fehling.

„Es müssen mehr als drei Monaten gewesen sein, vielleicht sogar fünfzehn Wochen…?“

Der Arzt sieht ihn wohlwollend an.

„Sehen Sie. Wenn Sie sich damit sicher sind, dann ist das Ergebnis ebenso sicher.“

Jetzt kann auch Alexander erleichtert aufatmen und greift nach Heinrichs Hand.

„Danke.“, sagt er und erhebt sich.

Dr. Fehling lächelt seine Patienten freundlich an.

„Ich wünsche Ihnen beiden noch alles Gute. Kommen Sie nicht so bald wieder!“
 

Kaum sind die beiden in der Tiefgarage, fällt Heinrich seinem Freund um den Hals. Stürmisch küsst er ihn.

„Ich wusste, dass du gesund bist.“, bringt er zwischen zwei Küssen heraus, „Ich wusste – es…!“

Lachend fährt ihm Alexander über die Wange, sieht ihm in die Augen.

„Gott, bin ich glücklich.“, meint der Junge.

„Und ich erst.“, entgegnet der Ältere.

Er gibt seinem Freund noch einen Kuss, bevor sie zum Wagen laufen.

Als sie im Auto sitzen und Alexander die Uhr ins Auge fällt, stellt er entsetzt fest: „Oh, shit! Wir kommen zu spät an die Uni!“

Heinrich zieht ihn zu sich, um ihn noch einmal ausgiebig zu küssen.

„Das ist mir gerade so was von scheißegal…“, nuschelt er.
 

Alexander lässt Heinrich zwei Minuten Zeit, bevor er nach ihm den Saal betritt. Die Philosophievorlesung hält er heute mit so viel Elan, dass man ihn doch schon wieder für krank halten könnte.

Heinrich bemerkt, wie Tims Blick neben ihm immer kritischer wird. Plötzlich weiten sich jedoch die Rehaugen und sehen ihn voller Erkenntnis an.

„Du warst heut Morgen bei ihm im Büro…!“

Heinrich muss lachen, was Alexander aus dem Konzept bringt; und schließlich auch zum Lachen.

Sämtliche Kursteilnehmer sind einigermaßen verwirrt. Eingeschlossen Tim.

„Nachher.“, flüstert ihm Heinrich zu.
 

Dieses „Nachher“ ist, als Alexander sein Seminar beendet und die Studenten den Saal verlassen.

„Was ist jetzt?“, fragt Tim ganz ungeduldig.

„Jaja, gleich.“, verspricht Heinrich, zieht ihn jedoch erst hinaus auf den Campus, wo er mit seinem Kumpel etwas abseits hinter einem Baum stehenbleibt.

„Setzen wir uns nicht ins Café?“, fragt der Rothaarige verwirrt.

„Nein, das darf keiner mitbekommen, was ich dir jetzt verrat, ja? Du musst mir auch versprechen, dass du’s niemandem, aber wirklich auch niemandem weitersagst!“

Auf Tims Gesicht schleicht sich die vermeintliche Erkenntnis.

„Du warst wirklich bei ihm im Büro und ihr habt…!“

„Nein!“, ruft Heinrich.

„Was dann?“

„Hast du verstanden, dass das niemand erfahren darf?“

Tim nickt. Endlich mit dem nötigen Ernst.

„Ja. Sorry. Ich versprech dir, dass ich’s nicht weitersag.“

Als Heinrich ihn noch etwas skeptisch anblickt, ergänzt er mit einem verständnisvollen Lächeln: „Wirklich.“

„Okay.“, fängt der Junge an, „Ich will dir nämlich sagen, dass…dass Professor Humboldt und mein Freund…schon seit einer Weile die gleiche Person sind.“

Tims Augen weiten sich. Stumm starrt er den anderen nur an.

Heinrich beißt sich auf die Unterlippe.

„H-hey, Tim…? Alles klar bei dir?“

Endlich löst sich der Rothaarige aus seiner Starre, klatscht sich die Hände an die Wangen, wuschelt sich durch die Haare.

„Oh – mein – Gott…!“

Heinrich wird es etwas unwohl.

„I-ich…! Ich wollte dich nicht so lange im Unklaren drüber lassen, ehrlich! A-aber…da’s doch niemand wissen darf und…!“

„Meine Fresse! Heinrich! Weißt du, wie ich mich ihm gegenüber verhalten hab?! Das ist peinlich!“

„E-es tut mir Leid, Tim! Das musst du mir– “

Der Rothaarige legt ihm einen Finger auf die Lippen. Das Grinsen kommt auf sein Gesicht zurück.

„Darum geht’s doch gar nicht.“, meint er, „Ich bin nur… Meine Fresse! Mit deinem Professor! Mit so einem gutaussehenden…heißen Professor! – Oh, wie du’s bestimmt genossen hast, mit mir zusammen über ihn zu schwärmen und einen auf unschuldig zu spielen…“

Heinrich öffnet seine Lippen, um zu widersprechen, aber da presst ihm Tim grinsend die ganze Hand auf den Mund.

„Nur eine Frage“, fängt der Rothaarige an, „Ist die unerwiesene Weisheit bei ihm erwiesen?“

Als Heinrich mit brennendroten Wangen nickt, lässt er von ihm am.

„Dacht ich‘s mir.“, lacht er und wuschelt dem anderen versöhnlich durch die Haare.

„Du…du bist mir also nicht böse?“, fragt Heinrich ein wenig eingeschüchtert nach.

„Spinnst du?! Ich find das genial! Oh, wie gern ich’s erleben würd, wie du das diesen aufgedonnerten Studentinnen vor die Stirn knallst!“

„Ohja“, entgegnet Heinrich, „Das würd ich auch gern. Aber Alex meint, es wär so besser, da er mir ja noch Noten machen muss. – Und dadurch die ganze Sache ja schon etwas illegal wird…“

„Alex? Er heißt Alexander?“

„Jap. Wunderschöner Name, nicht?“

Tim sieht ihn scheinbar grübelnd an, lässt schließlich seine Hände in seinen Hosentaschen verschwinden, nachdem er sich bei seinem Kumpel eingehakt hat.

„Ich find Heinrich schöner.“, meint er, „Nen Kakao?“

„Auja.“
 

Abends will Heinrich unbedingt etwas unternehmen. Eigentlich hätte er was mit Tim ausgemacht, aber jetzt hat der keine Zeit gehabt; sie haben sich dann für Montag verabredet, da er ja am Wochenende bei seiner Schwester arbeiten muss.

Während Alexander unbedingt sein Seminar für Montag vorbereiten will – was sein Freund ja gar nicht verstehen kann, dass so etwas notwendig ist – stöbert der Junge ein wenig durch die Wohnung. Das Wohnzimmer ist jetzt nämlich größer, als in der alten Wohnung, und so gibt es noch einige Schränke, in die er noch gar nicht geschaut hat, die aber doch von Wilhelm und seiner Frau eingerichtet worden sind.

In einem der Schränke, in der untersten Tür, entdeckt er eine Reihe Fotoalben. Das eine erkennt er sogar wieder.

Er nimmt es sich heraus und setzt sich damit aufs Sofa.

Berlin. Alexander und Alexanderplatz. Daran kann er sich noch gut erinnern.

Eine Weile blättert er sich durchs Album, sieht sich auch die Bilder an, die Alexander ihm nicht gezeigt hat. Außer Michael und Wilhelm entdeckt er keinen anderen Mann auf den Fotos, das findet er sehr beruhigend.

Es schleicht sich ein Grinsen auf sein Gesicht, als er sich vorstellt, dass er dann der erste ist, der an Alexanders Seite in so ein Album eingeklebt wird. – Sie müssen unbedingt mal zusammen ein Foto machen. Am besten vor dem Brandenburger Tor.

Als Heinrich weiterblättert und nun einige Fotos vom Nachtleben Berlins kommen, sieht er auf die Uhr. Schon Neun. – Ja, das wär doch mal ne Idee!

„Alex!“

Hastig klappt er das Album zu, stellt es wieder zurück in den Schrank und rennt zu seinem Freund nach oben. Er klopft nicht an dessen Arbeitszimmertür an, sondern stürmt einfach hinein und schmeißt sich dem Älteren auf den Schoß.

„Genug gearbeitet für heute! Es ist Zeit, dass du mir eines der anderen Gesichter Berlins zeigst!“

„Und das wäre?“, hakt Alexander etwas überrumpelt nach.

Heinrich nimmt ihm sanft den Stift aus der Hand und legt sich die Hand an die Wange.

„Das Nachtleben, die Clubs, die Bars. Ich hab Bock auf Tanzen.“

Der Ältere lacht ihn an.

„Du kannst tanzen, ja?“

„Jaha!“, ruft der Junge entrüstet, „Zum Standarttanzkurs wurd ich von Vater gezwungen, da war ich fünfzehn!, und wie man in den Clubs tanzt, das bekommt ja wohl jeder hin!“

„Na, da bin ich ja mal gespannt…“, bleibt Alexander skeptisch.

„Das heißt, wir können gleich los?!?“

Heinrich wartet gar keine Antwort mehr ab, sondern zieht seinen Freund am Hemdkragen mit sich ins Schlafzimmer.

„Ohja! Du musst die Weste aus New York anziehen! Unbedingt!“

„Aber mit was drunter.“

„Nein! Natürlich nicht!“

„Ich weiß nicht…“

„Was willst du sonst anziehen?! Deine anderen Sachen sind doch langweilig!“

Alexander dreht sich schmunzelnd zu seinem Freund herum.

„So? Hast du schon meinen ganzen Schrank inspiziert, ja?“

„Neiiin, nicht alles, aber das sieht man doch auf den ersten Blick!“

„Augen zu.“, sagt Alexander und stupst seinem Freund mit dem Zeigefinger gegen die Nase.

„Wieso– “

„Augen zu.“

Heinrich gehorcht etwas widerwillig. Es dauert eine Weile, bis er sie wieder öffnen darf.

„Langweilig, hm?“, meint Alexander.

Von Heinrich kommt erst mal nicht viel mehr als ein erstaunter Blick, gefolgt von Gestammel, das so viel wie „Nein, Alexander, ich war im Unrecht. Das, was du trägst, ist doch nicht so langweilig.“ heißen könnte.

Tatsächlich ist der Junge positiv überrascht. Ernsthaft beeindruckt betrachtet er seinen Freund in der ärmellosen Lederweste, die mit Flicken verschiedener Brauntönen übersät ist – und wunderbar eng sitzt.

„Du siehst zum Anbeißen aus.“, teilt sich Heinrich endlich mit und kann es nicht lassen, dem Älteren einmal über den Stoff an Brust und Bauch zu fahren.

„Dazu noch ne knallenge Jeans und ich werd überall, wo wir hinkommen, beneidet.“

Alexander legt ihm eine Hand in den Nacken und gibt ihm einen Kuss.

„Und was ziehst du an, damit ich auch beneidet werd?“

Heinrich macht sich von ihm los, um hinüber zu seiner Schrankwand zu laufen.

Es dauert mindestens eine Viertelstunde, bis er sich für das dunkelblaue, enge, bis zur Brust ausgeschnittene Top aus dem New-York-Einkauf entscheidet, worüber er ein blassgrünes, langärmliges Shirt zieht, das etwas weiter und ihm nicht nur an den Ärmeln zu lang ist, sondern auch fast ganz seine kurze Jeans verdeckt.

„Meinst du nicht, das ist etwas zu kalt?“, fragt Alexander besorgt und betrachtet die nackten Beine des anderen, „Wir haben zwar noch Ende August, aber nachts…?“

„Wenn mir kalt ist, kannst du mich ja aufwärmen.“, entgegnet Heinrich und schmiegt sich an seinen Freund, der dabei feststellt, wie schön weich der Stoff des blassgrünen Shirts ist…

„Außerdem zieh ich meine Winterschuhe an, okay? Sind die einzigen, die bisschen höher sind. Das passt gut.“

„Wie du meinst.“, gibt sich Alexander geschlagen. Dass sein Freund in den Sachen gut aussieht, daran gibt es gar keinen Zweifel.

„Können wir?!“ fragt Heinrich freudig, als er schon an der Tür steht.

„Wir können.“, antwortet Alexander und gibt ihm einen Kuss, bevor er seine Hand nimmt, ihre Finger ineinanderschiebt, und sie so gemeinsam die Wohnung verlassen.
 

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Ich denke, die Testergebnisse waren zu erwarten, oder? ;)
 

Im nächsten Kapi wird dann endlich Ryosaes Vorschlag umgesetzt, den sie so ungefähr bei Kapitel 50 gemacht hat – Sorry, dass es so lange gedauert hat! ^^'

„Kennst du dich mit den Clubs aus, hier in Berlin?“

„Ähm, ja…ein wenig.“

„Dann zeig mir einen guten Club zum Tanzen – natürlich einen für Schwule.“

Das hat Heinrich zu ihm gesagt, nachdem er dem Jungen erklärt hat, wieso sie nicht die U-Bahn nehmen, sondern lieber die S-Bahn.

Eine Schwulenbar also. Naja, dass er sich „ein wenig“ damit hier in Berlin auskennt, entspricht wohl nicht so sehr der Wahrheit. Heinrich weiß zwar, dass er schon etliche Male was mit anderen Männern hatte, aber sicherlich kann er sich das Ausmaß davon nicht vorstellen. Sicherlich kann er sich das Ausmaß der gesamten Schwulenszene Berlins und deren Verschleiß nicht vorstellen…!

Alexander hat sich für einen Club entschlossen, der noch zu den dezenteren gehört, in dem nicht alle zwei Minuten jemand zu zweit (oder zu dritt) auf dem Klo verschwindet und in dem auch nicht so viel Lack und Leder oder Drag getragen wird.

„Das da vorne?“, fragt Heinrich aufgeregt, als er die leuchtenden Buchstaben an einem der Häuser erkennt.

„Mhm.“, entgegnet Alexander nur.

Der Junge beschleunigt seinen Schritt, zieht voller Vorfreude an der Hand seines Freundes.

Vor dem Eingang geht’s plötzlich nicht weiter, der Ältere ist stehengeblieben.

Heinrich sieht ihn fragend an.

„Was ist?“

Alexander versucht nicht seinem Blick auszuweichen. Nach einer Weile gelingt es ihm.

„Ich…ich war hier schon mal.“

„Ja, das…das dachte ich mir.“, meint Heinrich mit einem unsicheren Lächeln, „Sonst hättest du nicht so schnell hergefunden, nicht?“

Alexander beißt sich auf die Unterlippe.

„Früher bin ich… Ich…ich bin fast jedes Wochenende nach Berlin und…“

„Und in solche Clubs.“, beendet Heinrich seinen Satz.

Der Ältere nickt.

„Und du bist nicht alleine wieder raus.“

Wieder nickt er, sieht zu Boden.

Da drückt Heinrich seine Hand fester.

„Ist doch nicht schlimm.“, meint der Junge mit einem Lächeln, „Ich erwarte ja nicht von dir, dass du dein ganzes Leben lang nur auf mich gewartet hast, hm?“

„Ja, schon nur…“

Alexander weiß nicht wieso, aber er fühlt sich immer noch so unwohl.

„Wenn mich einer wiedererkennt…“

„Dann kannst du mich ihm vorstellen.“, entgegnet Heinrich mit einem Grinsen.

Alexander lächelt erleichtert zurück. Sein Freund scheint also damit klar zu kommen. Das beruhigt ihn.

„Na komm.“, fordert ihn der Junge auf, und gemeinsam betreten sie den Club.

Es läuft laute Musik, kein Techno, die Lichter sind nicht zu bunt und nicht zu grell. Heinrich gefällt die Atmosphäre jetzt schon.

Die Tanzfläche ist gut gefüllt, an der Seite stehen ein paar Tische, an der Bar ist noch ausreichend Platz.

„Bar oder Tisch?“, fragt Alexander.

„Bar!“, kommt es freudig von Heinrich, der gerade wie ein Kind in der Spielzeugabteilung wirkt.

Lachend schiebt ihn Alexander vor sich her, durch die Leute, und sie nehmen auf den Barhockern Platz. Heinrich schlägt die Beine übereinander – und auch wenn diese nicht sonderlich lang sind, machen sie ihn attraktiv. Für Alex jedenfalls. Und das reicht ja schon.

„Wie hieß dieser supersüße Cocktail, den du in New York hattest? Gibt’s den hier auch?!“

Alexander zögert ein wenig, doch dann verrät er seinem Freund den Namen, damit dieser sich also besagten Cocktail bestellen kann. Er selbst ordert ein Bier.

„Du bist langweilig.“, kommt es von Heinrich mit einem aufgesetzten Schmollmund.

„Und du bist süß, wenn du so schaust.“, kontert der Ältere und lässt es sich nicht nehmen eben jenen Schmollmund zu küssen.

„Gefällt’s dir hier, ja?“, fragt Alexander, als sie ihre Getränke haben.

Heinrich nickt bekräftigend, während er sich umschaut.

Plötzlich wird sein Sichtfeld eingeschränkt, da sich ein junger Mann zu ihnen gesellt hat.

„Hey, Alex! Das is ja ne Überraschung dich nochmal hier zu sehen!“

Etwas irritiert blickt Alexander den Fremden mit den schwarzen Locken an.

„Sorry, kennen wir uns?“

Sein Gegenüber stemmt die Hände in die Hüften und sieht ihn schmunzelnd an.

„Marc.“, sagt er.

Alexander hat immer noch nicht verstanden.

„Der, mit dem du angeblich nicht vor Drei fertig sein wolltest.“

Der Professor merkt, wie Heinrich ihm einen skeptischen Blick zuwirft, und lacht ein wenig nervös.

„Tut mir Leid, das…das ist auch nicht wirklich ein Anhaltspunkt; das hab ich schon zu so einigen gesagt.“

So langsam ziehen sich Marcs Augenbrauen zusammen.

„Im Hotel Orion?! Wir haben’s zweimal– “

„Danke, aber das hilft mir auch nicht weiter.“, unterbricht ihn Alexander.

„Du weiß nicht mehr, dass wir über deinen Job geredet haben – über deine Bräune?!“

„…Nein…?“

„Dass du schon so früh gehen musstest?“

Alexander schüttelt den Kopf. „Nein, sorry.“

Marc winkt ab. Seufzend wendet er sich an Heinrich.

„Pass auf, der is nur auf Sex aus. Deinen Namen, wann ihr euch getroffen habt und wo und über was ihr geredet habt vergisst er wieder. Ist ihm scheißegal. Du hast’s ja eben gehört.“

Heinrich grinst den jungen Mann an, schaut amüsiert zu Alexander.

„Ja, das…“, fängt der Ältere an, „Das ist in diesem Fall ein wenig anders.“

Marc sieht verwirrt aus.

„Heinrich ist mein Freund.“, ergänzt Alexander und legt Heinrich eine Hand auf den Oberschenkel.

Marc sieht ganz schön erstaunt aus. Baff wendet er sich an den Jungen.

„Wann hast du ihm gesagt, wie du heißt?“, fragt er.

„Öhm…So vor nem halben Jahr…?“, antwortet Heinrich mit einem Lächeln.

Marc grinst ihn kopfschüttelnd an.

„Dann Glückwunsch.“, meint er noch, bevor er sich – doch ein wenig niedergeschlagen – von dannen macht.

„Soso…“, kommt es von Heinrich, der sich nun wieder seinem Freund zuwendet, „Vor Drei wolltet ihr also nicht fertig sein, hm?“

Alexander öffnet schon seinen Mund, um etwas zu erwidern, seinem schuldigen Gesichtsausdruck nach wohl, um sich zu entschuldigen, doch der Junge lehnt sich zu ihm hinüber und verschließt ihre Lippen zu einem Kuss.

„Will ich nicht hören.“, haucht er, „Hab doch gesagt, es ist in Ordnung.“

Alexander nutzt den Kuss, um seinem Freund zu zeigen, wie sehr er ihn liebt. Nur ihn liebt.

Heinrich gefällt die Idee.

Schließlich lösen sich die beiden wieder voneinander, nehmen ihre Umgebung wieder wahr. Bevor Heinrich jedoch seinen Blick erneut sehnsuchtsvoll auf die Tanzfläche lenken darf, hebt ihm Alexander einen Finger entgegen und sieht ihn eindringlich an.

„Heinrich Kleist; Anfang Mai, montags im Seminarsaal nach Philosophie, Thema Stoa; du hast dich entschuldigt, dass dir dein Ordner runtergefallen ist und du mich damit rausgebracht hast; ich hab gemeint, es wär nicht so schlimm, schließlich würd ich nach so vielen Jahren wohl noch den Faden wieder finden; du hast das falsch verstanden und bist abgehauen. Donnerstags die Verabredung im Café, weil ich mich für mein Verhalten am Montag entschuldigen wollte; du trugst ein lilanes Shirt mit V-Ausschnitt; zuerst ging es darum, dass ich dacht, ich wär zu spät und – “

„Es reicht!“, lacht Heinrich mit deutlich roten Wangen und boxt dem anderen an die Schulter.

„Soll ich dir nicht noch sagen, was du bestellt hast?“

„Nein…!“

Grinsend wischt sich der Junge möglichst unauffällig über die Augen, schüttelt den Kopf.

„Du bist so süß…“, nuschelt er und hat schon längst das unwohle Gefühl vergessen, das ihm zuvor Marcs Worte bereitet hatten.

Beide wenden sie sich wieder ihren Getränken zu. – Bis der DJ ein neues Lied auflegt.

„Auja!“, ruft Heinrich begeistert, „Ich will tanzen!“

Bevor Alexander sich irgendwie wehren kann, wird er auf die Tanzfläche gezogen.

„Heinrich, muss das– “

„Jaaa!“

„Es war doch grade so gemütl– “

„Du wolltest doch sehen, ob ich tanzen kann, jetzt schau!“

Und Alexander schaut.

Und staunt.

Dass Heinrich seine Hüften auf diese Weise bewegen kann, das hat er schon in anderen Situationen mitbekommen, ja, aber dass er das zum Rhythmus der Musik kann, zusammen mit dem Rest seinen Körpers…das lässt ihn doch eine Weile erst mal nur…starren.

Der Junge holt ihn aus seiner Trance, als er ihn anlacht, „Genug gegafft, jetzt will ich aber was von dir sehen!“, und ihn antanzt.

Alexander bewegt sich mit ihm, legt ihm seine Hände an die schmale Hüfte, während Heinrich seine an seine Brust legt.

„Du bist auch nicht so übel…“, stellt der Junge fest.

„Danke.“

Heinrich dreht sich herum, reckt seinen Kopf nach hinten, um zum Älteren aufzusehen.

Alexander erinnert das an seinen Traum mit dem Bastrock…

In dem Moment, als sein Freund sich enger an ihn drückt, nicht aufhört, sich zur Musik zu bewegen, verflucht Alexander die knallenge Jeans, zu der er überredet worden ist.

Aber er lässt seine Hände auf Heinrichs Bauch wandern, bewegt sein Becken im Einklang mit dem seines Freundes.

„Und? Wie sind meine Tanzkünste?“, will der Junge wissen.

„Wunderbar.“, antwortet ihm Alexander.
 

Nachdem sie ein paar Songs miteinander durchgetanzt haben, schlägt der Ältere vor, sich wieder zu setzen.

Heinrich protestiert natürlich.

„Also, an deiner Ausdauer müssen wir noch üben, mein Freundchen.“, kündigt ihm der Junge an, „Kann ja nicht sein, dass du schon schlapp machst.“

Gerade will Alexander etwas erwidern, da legt sich Heinrich von hinten eine Hand auf die Schulter.

Ein Mann mit längeren Haaren lehnt sich zu ihm hinunter, bevor er ihm die Arme um den Bauch schlingt.

„Darf man den Kleinen mal ausleihen?“, fragt er mit einem Zwinkern.

„Nein, sorry, er ist bereits in festen Händen.“, entgegnet Alexander sofort, woraufhin ihn der Fremde mit einem „Schade“ wieder loslässt.

Noch etwas überrumpelt sieht Heinrich zu seinem Freund auf, der ihn fester an sich gezogen hat.

„Oh, tut mir Leid. Wenn du mit ihm tanzen wolltest…?“

„Nee.“, meint der Junge mit einem Lächeln, „Hast du schon richtig gemacht. – Was aber dann ja wohl heißt, dass du noch ein wenig mit mir tanzt, ja?“

Alexander gibt nach. Jetzt, wo Heinrich weiß, dass sein Freund ihn auf der Tanzfläche nicht alleine lassen kann, nutzt er das natürlich schamlos aus.
 

Es ist halb Zwei, als Heinrich, ein wenig betrunken und todmüde, ins Bett fällt. Er hat sich noch lachend umgezogen und gewaschen, hat Witze darüber gerissen, dass er tatsächlich öfters als sein Freund angebaggert worden ist, doch jetzt schläft er von einer Sekunde auf die nächste ein, das erste Mal wieder in seinem Disney-Pyjama (, über den sich der Ältere dreister Weise lustig gemacht hat).

Lächelnd legt sich Alexander neben ihn und deckt ihn zu. Er hat gesehen, wie viel Spaß diese Nacht dem Jungen bereitet hat – dass sie noch eine kleine Überraschung für sie übrig hat, das weiß noch keiner von beiden.
 

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Was das wohl ist…? :3
 

Ich sammel gerne Vorschläge dafür, welche Disney-Figuren auf dem Pyjama zu sehen sein sollen, falls ich ihn nochmal erwähn... XD

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel82_non-adult

Alexander weiß nicht, was er geträumt hat, auf jeden Fall kann es nichts Schlechtes gewesen sein. Auch muss er gerade eine weniger tiefe Schlafphase gehabt haben, denn er ist aufgewacht, obwohl es noch dunkel ist.

Da er mit dem Gesicht zum Nachttisch liegt, macht er sich die Mühe und hebt kurz seinen Kopf, um auf den Wecker zu sehen.

3:47 a.m.

Seufzend lässt sich Alexander wieder zurück ins Kissen sinken. Kann ihm einer bitte mal erklären, wieso er aufgewacht ist?!

„Nich…wenn…wenn ich so…sowas…“

Der Professor spitzt seine Ohren. Heinrich?

Überrascht dreht er sich zu seinem Freund um.

„Sag bloß, du bist auch wa – ch…“

Alexander braucht eine Weile, um zu verstehen, was mit dem Jungen gerade vor sich geht.

Er hat die Augen geschlossen, kichert leise, während seine Hände unkontrollierte Bewegungen vollführen.

„Heinrich?“, fragt der Ältere vorsichtig nach.

„Al…Alex…, du hast wieder nicht aufgepasst, ich…wollte doch…“

Skeptisch blinzelnd legt Alexander seinem Freund eine Hand an die Schulter und spricht ihn noch einmal an.

Da entweicht dem Jungen ein wohliges Seufzen und er reckt sich ein wenig, legt seinen Kopf in den Nacken.

„Doch ni…nicht hier, ich…“

Perplex hört Alexander dem anderen zu, wie er noch weiter irgendetwas vor sich hin redet. Ist das jetzt Sprechen-im-Schlaf oder schon eine Art von Schlafwandeln?, fragt sich der Professor.

Amüsiert lässt er jedenfalls seine Hand von der Schulter des Jungen an dessen Brust wandern.

Sofort streckt sich Heinrich, wie eine Katze, die gekrault werden will, und gibt ebenso schnurrende Laute von sich.

„Mmmh…i-ich hab doch…gsagt, dass…“

Alexander beugt sich zu ihm herunter.

„Was hast du gesagt?“, flüstert er ihm ins Ohr.

„Dss…Büro, wenn…jmand reinkommt…“

Alexander horcht interessiert auf.

„Sind wir an der Uni?“, fragt er nach.

„Uni“, antwortet Heinrich sofort, „Geht nnnich…“

Der Ältere lässt seine Hand tiefer wandern, fährt dem Jungen über den Bauch, wo sich sein Pyjama hochgeschoben hat.

„Aber du willst es doch, oder?“, haucht er.

„J-jjj…ah…“, keucht Heinrich, während er sich auf der Matratze zu winden beginnt.

Alexander schaut fasziniert zu, wie die Hände des Jungen sich an dessen Brust legen, wie sie unkoordiniert die Seiten entlangfahren, sich in die Pyjamahose krallen.

Der Ältere schiebt die Bettdecke auch von Heinrichs Beinen hinunter.

„Ziehst du dich für mich aus, Heinrich, hm?“, flüstert er seinem Freund ins Ohr, „Bitte…?“

Heinrich nickt zur Antwort. Öffnet seinen Mund, spricht aber nicht. Er leckt sich über die Lippen, stellt seine Beine auf, als er beginnt, an seiner Hose zu zupfen.

Ungeschickt schiebt er sie nach unten.

Alexander sieht zu, wie langsam die feinen Härchen zum Vorschein kommen, bevor schließlich Heinrichs bestes Stück sich aufstellt. Er will danach greifen, doch das nehmen ihm schon die Hände des Jungen selbst ab.

Noch eine Weile sieht der Ältere seinem Freund zu, wie er sich selbst berührt, wie er sich windet und keucht und ihm der Speichel aus dem Mundwinkel läuft… - bis er sich nicht mehr dazu imstande fühlt, einfach nur zuzusehen.

Er nimmt den Jungen also in den Arm, was diesem ein Stöhnen entlockt, und schlägt ihm sanft gegen die Wange, während er immer wieder seinen Namen wiederholt.

„Heinrich. Hey. Aufwachen. Heinrich, mach die Augen auf und komm zu dir. Heinrich.“

Der Junge schnappt plötzlich blinzelnd nach Luft, verschluckt sich und muss husten.

Alexander fährt ihm sanft durch die Haare, sieht ihn schmunzelnd an.

„Na? Wach?“

„J-ja, ich…wieso…was…?“

Vollkommen verwirrt bewegt sich Heinrich in seinen Armen. Es dauert wohl einen Moment, bis er realisiert, in was für einer Situation sich sein Körper gerade befindet.

„W-wieso – Hast du mich ausgezogen?!“

„Du hast dich selbst ausgezogen.“, antwortet Alexander amüsiert, „Redest du öfters im Schlaf?“

Heinrich gibt ein Stöhnen von sich.

„M-meine Mutter hat da mal was gesagt, ja…“

„Mhm“, macht Alexander, „Siehst du.“

„Und du hast das schamlos ausgenutzt…“, stellt der Junge fest.

Der Ältere beschließt, ihn zu küssen.

Heinrich erwidert den Kuss, presst sich enger an ihn.

„Wir waren gerade an der Uni.“, haucht Alexander zwischen zwei Küssen, „In meinem Büro. Du hast dich soeben für mich ausgezogen; wie geht’s weiter?“

Der Junge schenkt ihm ein spitzbübisches Grinsen.

„Wir können damit anfangen, dass du mir mit deinem hübschen Mund da unten ein wenig behilflich bist, was hältst du davon?“

„Ich liebe es, wenn du so direkt bist.“, kommt es noch von Alexander, bevor er sich eine Etage tiefer begibt.

Heinrich keucht genießerisch auf, als sein Freund ihn mit außerordentlicher Hingabe verwöhnt.

Alexander kann dem Jungen jedoch nicht lange diese Freude bereiten, dann hält er es nicht mehr aus, richtet sich auf und greift an den Bund seiner Boxershorts.

„Nicht…!“, ruft Heinrich, immer noch ein wenig vom seligen Lächeln auf seinen Lippen.

Damit zieht er seinen Freund wieder zu sich herunter, sodass der sich mit Armen und Knien über ihm abstützen muss, und fährt ihm über die deutliche Wölbung in seinen Shorts.

Alexander bringt ein kehliges Lachen heraus.

„Jaja, du magst es, mich zu foltern…“

„Ich folter dich nicht.“, entgegnet Heinrich mit einem spitzbübischen Grinsen auf dem Gesicht, seine Augen halbgeschlossen, und lässt, als nicht wirklich gutes Gegenargument, seine Hände ein wenig fester zugreifen.

Alexander entlockt er damit ein Stöhnen.

„Okay, das reicht.“, beschließt der und lässt sich einfach auf den anderen draufsinken.

Während er Heinrich in einen leidenschaftlichen Kuss verwickelt, zieht er sich endlich die Shorts aus, lässt auch das Pyjamaoberteil und die Hose des Jungen folgen, die noch an dessen Beinen hing.

Heinrich keucht auf, als der Ältere ihn an den Oberschenkeln packt und sich zwischen seine Beine zwängt, um ihre Unterleiber aneinander zu reiben.

Der Junge schlingt seine Arme um den Hals des anderen, legt ihm die Hände in den Nacken und zieht ihn zu einem Kuss zu sich herunter.

Alexander muss feststellen, dass sein Freund, egal was er tut, nach einer Weile immer noch so sanft ist – er küsst ihn sanft, fährt ihm sanft durch die Haare, kommt seinen Bewegungen entgegen, als wenn ihm eben das bis zum Höhepunkt reichen würde – wohingegen er…Alexander kann es sich nicht erklären, er erschrickt selbst über sein mit jeder Berührung wachsendes Verlangen. – Das Problem ist nur: Von Heinrich wäre schon längst das „Ich will dich“ oder „Nimm mich“ gekommen, wenn er es auch so wollte.

Verzweifelt schließt Alexander die Augen.

„Was ist?“, haucht der Junge. So sanft und liebevoll.

„N-nichts…“, presst der Ältere heraus und hält mit seinen Bewegungen inne, um sich zu sammeln.

„Wieso hörst du auf?“, fragt Heinrich.

„W-weil du…Weil du nichts sagst, ich…! Ich hab keine Ahnung, was du – ob du – “

Der Junge legt ihm einen Finger auf die Lippen.

„Merkst du jetzt, wie das ist, ja?“, meint er, „Wie das ist, wenn der andere nicht sagt, was er will, ob es ihm gefällt?“

Ein wenig irritiert sieht Alexander seinen Freund an.

„Ja, so ging’s mir bis jetzt immer, schon aufgefallen? Immer hab ich gesagt, was ich will, und du hast geschwiegen.“

„A-aber ich…“, stammelt der Ältere, „Ich hab dir doch alle deine Wünsche erfüllt…!“

„Und du hast keine?“

Heinrich sieht ihn eindringlich an, bevor er sanft weiterredet.

„Ich will auch wissen, ob’s dir gefällt – was du willst. Sprich mit mir, bitte.“

Alexander weicht dem intensiven Blick aus.

„Ich red aber immer so ne Scheiße, wenn ich…Dann sag ich lieber gar nichts.“

„Nein!“, ruft Heinrich, „Das will ich hören, bitte, du weißt doch, wie mich deine Stimme geil macht…!“

Der Ältere sieht seinen Freund wieder an.

„J-ja? Wirklich?“

„Jah…!“

Alexander muss schmunzeln. Lächelnd legt er seine Stirn an die des anderen.

„Okay“, meint er, „Dann nochmal von vorne.“, und er gibt Heinrich einen feuchten Kuss.

Während er seine Hände über den Körper des Jungen wandern lässt, küsst er sich dessen Kinn entlang, den Hals hinunter, wo er ihm den Schweiß von der Haut leckt.

„Mmmh~ Ich glaub, ich will dir nen Knutschfleck machen…“, flüstert er.

Heinrich freut sich, die Stimme seines Freundes so schnell wieder zu hören.

„Dem Wunsch wird natürlich nicht stattgegeben.“, entgegnet er aber und fährt in Alexanders Locken, um seinen Kopf weiter nach unten zu schieben.

„Hier darfst du.“

Sofort pressen sich Alexanders Lippen unterhalb seiner linken Brust auf die Haut und er beginnt zu saugen.

Heinrich entweicht ein Keuchen nach dem anderen.

Schließlich leckt ihm der Ältere triumphierend über die gerötete Stelle.

„Ich mag die Geräusche, die ich dir damit entlocken kann.“, haucht er.

„Ich mag’s, wie rau deine Stimme grade klingt.“

Alexander lacht leise, bevor er sich an seinen Freund presst und beginnt, ihre nackten Körper wieder aneinander zu reiben.

„Ah…jah…“, kommt es von Heinrich, der seine Augen geschlossen hat, „Erzähl mir was Perverses. Red mit mir.“

Alexander muss eine Weile überlegen, bevor ihm etwas einfällt – Und überlegen, in dieser Situation, wird gerade immer schwieriger.

„Du hast dir einen runtergeholt.“, erinnert er sich, „In meiner Dusche.“

Heinrich keucht amüsiert auf.

„S-stimmt.“, bringt er heraus.

Alexander leckt ihm über die Ohrmuschel.

„Ich hab dich gehört.“, flüstert er, „Hast du an mich gedacht, ja?“

„Jah…“

„Du kannst gar nicht glauben, wie geil mich die Vorstellung von dir da unter der Dusche gemacht hat…und dein Stöhnen dazu…Du hast gestöhnt…so wie jetzt…“

Heinrich schenkt ihm eines dieser Laute, fasst nach den Schultern des Älteren.

Alexander beschließt, gegen seine Bedenken, auch noch die nächsten Worte zu sagen:

„Ich will dich, Heinrich.“

Der Junge hält in seinen Bewegungen inne, blickt ihn ein wenig überrumpelt an.

„I-ich muss frühmorgens um Neun bei Ulli im Café sein…“, merkt er an.

„Bitte.“, bringt der Ältere heraus, küsst ihn, küsst ihn wieder, „Bitte, Heinrich, ich…ich weiß auch nicht, was…aber…ich will dich, jetzt, bitte…!“

Als er seinen Kopf hebt und seinen Freund wieder anblickt, grinst dieser ihn mit halbgeschlossenen Augen an.

„Darauf hab ich gewartet…“, meint der Junge, „Dass du mich auch mal so anflehst.“

„Das…das ist gemein…!“, stellt Alexander fest.

Heinrich lacht.

„Ist es nicht. Das ist nur fair. Aber da ich mich immer durchsetzen konnte, darfst auch du das jetzt.“

„Schön.“, bringt der Ältere heraus und presst ihre Lippen aufeinander.

Heinrich weiß nicht, wie Alexander so schnell ans Gleitgel gekommen ist, aber schon bald spürt er die Hand seines Freundes.

Während er ihn vorbereitet, küsst Alexander immer wieder die rosigen Lippen, genießt es, wie Heinrichs Hände über seine Brust fahren.

„Du wirst immer besser…“, stellt der Ältere fest.

„Das liegt an der guten Behandlung.“, entgegnet der Junge keuchend und hebt seine Mundwinkel ein wenig an.

Alexander merkt, wie sehr sie beide schon erregt sind, weshalb er von Heinrich ablässt und stattdessen die Kondompackung aus der Nachttischschublade holt. Gerade hat er sie geöffnet, da schließt sich Heinrichs Hand um seinen Arm.

Fragend wendet er sich dem Jungen zu und muss feststellen, wie sehr sich dessen Pupillen auf einmal geweitet haben.

„Was…was ist?“, fragt Alexander.

„Mir…mir fällt grad auf, dass…“

Überwältigt blickt ihn Heinrich an. Schluckt, bevor er weitersprechen kann.

„Dass wir kein Kondom mehr brauchen…oder?“

Alexander lässt die Packung fallen. Weiß erst mal nicht, was er sagen soll.

„D-du hast Recht.“, bringt er schließlich heraus.

Plötzlich reißt ihn Heinrich an sich, küsst ihn verlangend, lässt seine Hände unkontrolliert über den braunen Körper fahren, bevor er seine Finger an Alexanders Hinterkopf in die braunen Locken krallt.

„Ohjah, bitte, Alex…“, haucht er, „Das müssen wir ausprobieren…Jetzt gleich.“

Alexander fährt seinem Freund ein wenig unbeholfen über die Wange, versucht bei diesen vielversprechenden Aussichten rational zu denken.

„Du…du weißt aber schon“, fängt er unsicher an, „dass ich dann…dass ich dann in dir…?“

„Genau das will ich spüren…!“, unterbricht ihn der Junge hitzig; die Faszination ist ihm ins Gesicht geschrieben, „Mach schon, Alex! Bitte…!“

Alexander nimmt noch ein wenig Gleitgel, mit dem er sich selbst einreibt, bevor er sich zwischen die angewinkelten Beine sinken lässt. Mit einem zufriedenen Lächeln auf dem Gesicht gibt er seinem Freund einen Kuss auf die Stirn.

„Weißt du,“, fängt er an, „dass das für mich ein erstes Mal ist?“

Auf Heinrichs Gesicht legt sich ein Grinsen.

„Ich erwarte, dass du mir mitteilst, wie’s dir gefällt.“

„Auf jeden Fall.“

Heinrich keucht auf.

„Oh~ So warm…“

Alexander schließt genießerisch die Augen. Er merkt, wie der Körper des anderen besser auf ihn reagiert, wie perfekt das sich anfühlt. Einfach nur perfekt.

Irgendwann reißt ihn Heinrich aus seiner Trance.

„Du…du hast mir was versprochen…“, erinnert er seinen Freund.

„Nein, ich…“

„Doch! S-sag mir, was du…was du fühlst…!“

Alexander vergräbt sein Gesicht in Heinrichs Halsbeuge, kneift die Augen zusammen.

„I-ich…!“

„Ja?“

„Nein…“

„Du sprichst jetzt sofort mit mir, oder ich…!“

Alexander stöhnt auf, als Heinrich sich absichtlich verkrampft.

„O-ohgott, du…! – Es ist wahnsinnig gut, so verdammt gut, und du bist – so heiß, u-und ich will…!“

Alexander verliert wie befürchtet die Kontrolle darüber, was er sagt. Jedes seiner Worte heizt seinen Freund noch mehr an, mit jedem Satz wird sein Gestammel unverständlicher. Heinrich hört irgendwann auch, die eingeworfenen „Ich liebe dich“s zu zählen.

Endlich hebt Alexander seinen Kopf, blickt dem Jungen in die lustverschleierten Augen, so fürchterlich außer Atem und so nahe…

„Hah…! Alex, ich – gleich…! – Komm in mir, bitte komm i– “

Heinrichs Augen rollen nach hinten. Er kann es spüren. Alexander. Seine Hände krallen sich in Alexanders Oberarmen fest, bevor er selbst kommt.
 

Als das Rauschen in seinen Ohren aufhört, ist das erste, was der Junge hört, Alexanders Gemurmel dicht an seinem Ohr.

„…schrecklich…Gott, ich weiß gar nicht mehr, was ich da von mir gegeben hab, ich…verdammt…“

Heinrich fährt ihm lachend durch die Haare und küsst seine Schläfe.

„Nur wunderbare Dinge, mein Schatz, die mich unheimlich angetörnt haben.“

Alexander bringt ein Lächeln zustande.

„Ich hoff’s.“, keucht er und schlingt seine Arme fester um seinen Freund.

Eine Weile ist es ruhig, bevor Heinrich seufzt.

„Oookay, ich versprech dir, mich morgenfrüh freiwillig so gründlich zu duschen, wie du immer drauf bestehst. Das fühlt sich komisch an.“

„Oh“, kommt es von Alexander, „Soll ich’s jetzt sauber machen? Ich kann versuchen– “

„Nein!!!“, wehrt Heinrich entsetzt ab, was den Älteren zum Schmunzeln bringt.

„Gute Nacht.“, zieht der Junge einen Schlussstrich.

„Nacht.“, entgegnet Alexander.

Heinrich hört anscheinend in seiner Stimme die Enttäuschung, denn er ergänzt noch leise: „N-nicht, dass ich das eklig find, aber…für dich muss es doch eklig sein, ich mein…a-aber, naja, du hast ja gesagt, dass du’s eben nicht eklig findest, nur…weißt du, wenn…“

Noch eine Weile hört Alexander dem Gestammel seines Freundes zu, bevor es verstummt und sie beide wieder einschlafen.
 

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……Ich hoffe das geht so… Wenn nicht, muss ich es noch mehr kürzen...
 

Und vielleicht merkt man ja, dass es in diesem Kapitel auch um was geht, nämlich darum, dass Heinrich ein Problem mit Alex' Schweigsamkeit hat…?^^'

Als Heinrich gewaschen und mit einem Handtuch um die Hüfte wieder ins Schlafzimmer kommt, liegt Alexander immer noch im Bett.

„Fauler Sack…“, murmelt der Junge, so, dass sein Freund noch nicht einmal behaupten kann, er meine es nicht ernst.

Trotzdem grinst er den Jungen an, als dieser den Schrank öffnet, um sich was zum Anziehen rauszusuchen.

„Und? Wieder sauber?“

Heinrich lässt sein Handtuch fallen.

„Kannst ja nachschauen.“

Alexander beobachtet tatsächlich interessiert den Hintern des Jungen, während der sich nach einem Shirt streckt.

Als sich Heinrich eine Unterhose anzieht, darüber eine Jeans und so das Objekt der forschenden Blicke verbirgt, kann Alexander wieder denken.

„Erzählst du deiner Schwester eigentlich von unseren Fortschritten?“, fragt er.

Heinrich dreht sich zu ihm herum und sieht ihn mit einem strafenden Blick an.

„Erzählst du’s deinem Bruder?!“

Alexander lässt sich zurück in die Kissen sinken.

„Das mit Wilhelm ist doch was vollkommen anderes…Dem wird schon schlecht, wenn ich das Wort Sex im Zusammenhang mit mir erwähn…oder generell erwähn…“

„Naja, da ist Ulli schon ein bisschen anders, aber du kannst dir vorstellen, dass eine Lesbe sich auch was Schöneres vorstellen kann, als über das Sexleben zweier Männer aufgeklärt zu werden.“

„Du musst ja nicht ins Detail gehen.“, kommt es von Alexander.

„Du willst also, dass ich ihr davon erzähl?!?“

„Neiin!“, entgegnet der Ältere, „Ich meinte nur: Du könntest mit ihr ja drüber geredet haben, oder mit ihr drüber reden, nur nicht so…“

Soll ich jetzt mit ihr drüber reden, oder nicht?“

„Du sollst gar nichts.“

Heinrich seufzt.

„Gut.“, probiert er es noch einmal, „Nur für den Notfall: Darf ich mit ihr über unser Sexleben reden?“

„Ja.“

Auf Heinrichs Gesicht legt sich ein Lächeln.

„Nur nicht mit diesem…Typ von der Uni da…“ Alexander fuchtelt mit seiner Hand in der Luft herum.

„Tim.“

„Ja, genau.“, meint er, „Mit dem nicht.“

„Abgemacht. Ich geh dann, okay? Bin so um Sechs wieder da.“

Alexander hebt sich, das Gesicht halb im Kopfkissen, eine Hand ans Ohr.

„Was? Du bist zum Sex wieder da? Ist gut.“

„Oh, du…!“

Der Ältere schreit auf, als ihm Heinrich in die Seite zwickt und sich auf ihn schmeißt.

„Halt, ich bin noch nicht geduscht!“, versucht sich Alexander zu verteidigen, was aber wenig hilft.

Schließlich kommt der Junge auf der Bettkante zur Ruhe und streicht seinem Freund, der noch nackt auf der Matratze liegt, durch die Haare.

„Ich kann dich mal besuchen kommen, im Café, was hältst du davon?“, schlägt Alexander mit einem Lächeln vor und sieht zum anderen auf.

Heinrichs Augen weiten sich.

„Was?! Nein! Du – du hast genug hier zuhause zu tun! Mit dem Bett würd ich mal anfangen. Und Einkaufen musst du auch noch.“

„Aber damit bin ich doch nicht bis heute Abend beschäftigt.“, wiederspricht der Ältere.

„Nein, aber…ist doch blöd. Wir sollten mal zusammen ins Café gehen, wenn ich nicht bedienen muss, okay? Dann kann ich mich nämlich zu dir setzen und muss nicht laufend rumspringen. Ist doch viel gemütlicher.“

„Ist doch nicht schlimm“, meint Alexander mit einem anzüglichen Grinsen, „Ich lass mich gerne von dir bedienen.“

„Hättest du wohl gerne.“, entgegnet Heinrich nur, bevor er sich erhebt, „Also, ich muss dann. – Und wehe du kommst vorbei. Ein anderes Mal, okay?“

„Okay.“, gibt sein Freund nach, doch als der Junge die Tür öffnen will, steigt Alexander aus dem Bett.

„Halt, Moment.“, sagt er mit einem liebevollen Lächeln und fasst nach Heinrichs Wangen.

Er gibt ihm einen zärtlichen Kuss.

„Ich wollt dir noch sagen, wie unheimlich gut mir das heute Nacht gefallen hat. Wirklich.“

Der Junge wird rot.

„M-mir auch…“, antwortet er verlegen, küsst seinen Freund noch einmal schüchtern, bevor er sich von ihm losmacht.

„Dann bis heute Abend.“

„Bis heute Abend. Viel Spaß bei der Arbeit.“

Heinrich dreht sich nochmal um.

„Dir auch viel Spaß bei der Hausarbeit.“
 

Als Heinrich bei Ulrike im Café ankommt, wird er schon sehnlichst erwartet.

„Heinrich! Endlich!“, begrüßt ihn Ulrike mit einer kurzen Umarmung, bevor sie ihn sofort in die Küche schiebt.

„Wir machen gleich auf!, zieh dich um, zieh dich um!“

„Jaja“

„Nix da „Jaja“! Umziehen!“

„Ja, doch…aber– “

Mit hochgezogenen Augenbrauen dreht sich Ulrike zu ihm um.

„Was?“

„Kannst du mir helfen…?“

Auf ihr Gesicht legt sich ein sanftes Lächeln und sie läuft auf Heinrich zu.

„Na, mein kleines Brüderchen, immer noch so unselbstständig wie früher.“, kichert sie und wuschelt ihm durch die Haare.
 

Um halb Sieben betritt Heinrich das Haus. Er ist ein wenig erschöpft, als er die Treppen hinaufläuft. Der Job ist doch anstrengender, als er gedacht hat… Am Morgen war ja noch nicht so viel los, aber dann…!

„Oh, hi!“

Ein wenig überrascht schaut Heinrich auf und stellt fest, dass er beinahe mit der jungen Frau aus dem Stock über ihnen zusammengestoßen wäre, wenn diese genauso wenig aufgepasst hätte, wie er.

„Ah, hi, äh, Nicole! Wie geht’s?“, grüßt er ein wenig unbeholfen zurück.

„Och, eigentlich gut.“, entgegnet sie, „Wenn man davon absieht, dass ich wieder mal Single bin…“

„Oh, das tut mir Leid.“, meint Heinrich, aber sie winkt nur ab.

„Ein Idiot. Wir wollten zusammenziehen, aber dann hat ihn mein Bruder mit ner anderen wild knutschend in der Bahn gesehen.“

„Oh, das ist…“

Nicole geht nicht auf seinen Einwurf ein, sondern blickt ihn ernsthaft interessiert an.

„Sag mal“, fängt sie an, „Ist das bei euch auch so, dass es gleich immer zu Sache gehen muss? Ich mein – Ist es nicht verständlich, dass, wenn man sich gerade mal zwei Monate kennt, nicht gleich bereit zu allem ist?!“

„Ä-ähm…“, gibt Heinrich ein wenig verlegen von sich, „Also, ich kann dir da schlecht weiterhelfen, weil…bei mir war das nochmal ne Sache für sich. Uns ist sozusagen was dazwischengekommen, bevor…und dann hat’s seine Zeit gedauert, bis ich mich wieder bereit dazu gefühlt hab.“

„Siehst du!“, ruft Nicole triumphierend, „Und?! Er hat dir deine Zeit gelassen, oder?!?“

„Ja, das…das hat er…“

Wütend klatscht die junge Frau in die Hände.

„Jaha, und dieser Arsch will natürlich alles gleich! Weißt du, was er zu mir gesagt hat?! Wenn ich mich nicht von ihm ficken lassen will, soll ich ihm wenigstens mal einen blasen! Kannst du dir das vorstellen?!?“

Heinrich öffnet seinen Mund, weiß aber nicht, was er dazu sagen soll.

„Gut, ich bin kein Teenie mehr, aber ich – das muss ein Trauma sein! Ein Kindheitstrauma! Und dieser scheiß-Nachbar ist schuld! Immer, immer ist er nackt in seinem Garten rumgerannt! Und wen schickt mein kleiner Bruder rüber, um den Ball zu holen?! – Mich! Gott, mir wird jetzt noch übel, wenn ich an damals denk! – Ich mein, er hat mich nicht angefasst oder so, aber schon der Anblick…! Ich war Zwölf!!!“

Ein wenig überfordert schließt Heinrich das weinende Häufchen Elend in die Arme, klopft ihr unbeholfen auf den Rücken.

„Das…das wird schon…“, versucht er ihr gutzuzureden.

„Das wird nie meeehr was…!“, schluchzt sie, „Ich bin vierundzwanzig und kann keine Schwänze sehen…! Ich werd als alte Jungfer sterben, ich seh’s schon kommen…“

„Nein, du…du brauchst bloß deine Zeit, das…das wird bestimmt irgendwann einer verstehen, wirklich…“

Nicole zieht ihre Nase hoch und richtet sich räuspernd wieder auf. Ein wenig verlegen wischt sie sich über die Augen. Ihre Schminke ist verlaufen. Irgendwoher kennt Heinrich diese Augen…

„D-danke.“, sagt sie leise und schenkt ihm ein Lächeln.

„Nichts zu danken.“, entgegnet er.

Sie hebt eine Hand, um ihm zuzuwinken.

„Bis dann.“

„Ja, bis dann.“

Heinrich bleibt noch stehen und sieht ihr nach, wie sie die Treppen hinunterläuft und schließlich im Stock weiter unten verschwindet.

Er seufzt, bevor er den Wohnungsschlüssel aus seiner Hosentasche kramt und aufschließt.

In der Wohnung empfängt ihn ein verlockender Essensgeruch. Tomatensoße.

„Alex?“

Aufgeregt stellt Heinrich seine Schuhe ab, bevor er in die Küche läuft.

Dort erwartet ihn ein gedeckter Tisch und ein Alexander mit einer „Kiss the cook“-Schürze um.

„Guten Abend, mein Schatz.“

Heinrich weiß nicht, was er sagen soll, kommt stattdessen der auf der Schürze abgedruckten Aufforderung nach und gibt seinem Freund einen Kuss.

„Du bist so süß, Alex…“

„Ich weiß.“

Heinrich wird noch verlegener, als Alexander ihm den Stuhl zurückschiebt und ihn Platz nehmen lässt, bevor er das Licht herunterdreht, sodass die Kerze in der Mitte des Tisches mehr zur Geltung kommt.

Alexander zieht sich noch die Schürze aus, dann setzt er sich seinem Freund gegenüber.

„Guten Appetit.“, wünscht er.

„Danke. Dir auch.“

Heinrich getraut sich fast nicht, das Kunstwerk aus mit Basilikum und Petersilie schön hergerichteten Spaghetti zu zerstören, aber er hat Hunger und die Nudeln mit Soße riechen unheimlich lecker…

„Und?“, fragt ihn Alexander, nachdem er ein paar Bissen genommen hat.

„Wunderbar.“

„Ist jetzt nichts Besonderes, nur… - Der Rehbraten und die fünfstöckige Torte sind mir vorhin leider misslungen.“

Heinrich muss grinsen.

„Ich brauch keinen Rehbraten und keine Torte, das hier reicht vollkommen aus. Du bist der beste Koch, den ich kenne.“

Alexander muss schmunzeln.

„Ich gehe richtig in der Annahme, dass du deine Mutter unter dem Begriff „Köchinnen“ führst…?“

„Jap.“

„Danke.“

„Okay, aber du bist – auch die Köchinnen einbegriffen – definitiv der attraktivste Koch, den ich kenne.“

Alexander wendet sich grinsend wieder seinem Essen zu.
 

Nachdem der Professor auch den Abwasch gemacht hat, setzt er sich zu seinem Freund, der es sich auf dem Sofa bequem gemacht hat. Er schlingt seine Arme um den Jungen und zieht ihn an sich.

„Und? Wie verlief dein erster Arbeitstag?“, fragt er.

„Anstrengend.“, antwortet Heinrich und schmiegt sich an die Brust des anderen, „Aber lustig.“

„Lustig?“

„Ja, schon.“

„Wieso das denn?“

Der Junge gibt ihm als Antwort nur einen Kuss. Erst will Alexander gegen diese Behandlung protestieren, aber dann stellt er fest, dass er eigentlich doch nichts dagegen hat.

Heinrichs Finger fahren durch seine Haare, gleiten seine Schläfen entlang, bis sich die Hände schließlich an seine Wangen legen, als der Junge mit geschlossenen Augen und einem Seufzen von seinen Lippen ablässt.

„Ich hab schon öfters drüber nachgedacht.“, flüstert Heinrich.

„Über was?“, fragt Alexander ebenso leise.

„Was hättest du gemacht, wenn…wenn die beiden Typen damals nicht von diesem Anwalt auf mich angesetzt gewesen wären und…und mich wirklich vergewaltigt hätten?“

Heinrich merkt, wie sich Alexanders Finger an seinen Seiten in sein Shirt krallen. Er hat die Augen immer noch geschlossen, aber er weiß, mit was für einem Blick ihn sein Freund in diesem Moment wohl bedenkt.

Alexanders Stimme bebt, als er antwortet.

„Ich hätte die beiden so qualvoll umgebracht…“

Da öffnet Heinrich plötzlich seine Augen.

„Wirklich?“, fragt er, „Begehst du dann nicht das gleiche Unrecht?“

Alexander weicht seinem Blick aus.

„Michael hätte mich dazu überredet, sie anzuzeigen.“

Der Junge nickt. Zwingt den Älteren dazu, ihn wieder anzusehen.

„Und wenn du…Sagen wir die beiden wären mit dem Richter verwandt oder so, und du hättest dein Recht nicht erhalten. Was würdest du dann tun?“

„Dann würde ich sie wohl doch qualvoll umbringen. Und mich selbst dann auch.“ Mit einem leichten Lächeln sieht er Heinrich an. „Während Michael wohl diesem Richter den Stuhl angezündet hätte, und zur Not auch den Obersten Gerichtshof.“

Bevor sein Freund noch weitere Fragen stellen kann, gibt er ihm einen Kuss auf die Stirn.

„Aber zum Glück ist das alles nie passiert und wird auch nicht passieren.“, meint er.

Heinrich grinst ihn an.

„Doch.“

Alexander wirft ihm einen äußerst geschockten Blick zu, weshalb er schnell ergänzt: „Fiktiv! Ich glaub ich werd da was schreiben…“

Alexanders Gesichtsausdruck wechselt zu erstaunt.

„So?“

„Mhmm!“, entgegnet Heinrich, während er an dem Hemdkragen des Älteren herumspielt, „Über einen Michael Haas…Kohlhaas, dessen Rechtsgefühl gebrochen wurde und er es versucht mit allen Mitteln wiederherzustellen. Was hältst du davon?“

Alexander zieht den Jungen zu sich auf den Schoß.

„Darf ich’s lesen, wenn du fertig bist?“

„Aber sicher.“, antwortet Heinrich und lässt sich von seinem Freund küssen.
 

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„Michael Kohlhaas“ ist eine Novelle von Kleist. Die Handlung ist im Original fast die gleiche, nur waren es da Pferde, die für die Feldarbeit missbraucht wurden^^
 

...Was haltet ihr von Nicole? XD

„Siebenfünfzig die Stunde und das Trinkgeld darf ich behalten.“, verkündet Heinrich stolz, als sie am Montagmorgen in Alexanders Jeep auf dem Weg zur Uni sind, „Bald hab ich die Anmeldegebühr für den Führerschein damit raus.“

„Und dir gefällt’s, ja?“

„Auja!“, antwortet Heinrich mit einem Grinsen.

„Und deine Schwester ist auch mit dir zufrieden?“

„So sehr!“, ruft der Junge stolz, „dass ich jetzt unter der Woche auch an drei Abenden kommen soll!“

Alexander sieht seinen Freund etwas irritiert an.

„Oh, das…“

Heinrich weicht das Grinsen aus seinem Gesicht.

„Ich weiß, dass wir dann nicht mehr so viel Zeit für uns haben, aber…“

Alexander klopft ihm auf den Oberschenkel.

„Ist schon okay.“, meint er.

„Dann kann ich mir auch mal nen Samstag freinehmen, weißt du!“, versucht Heinrich den anderen zu überzeugen.

Alexander lächelt ihn an.

„Ich sag doch, es ist okay.“

Der Junge nickt erleichtert.
 

„Hey, Tim! Morgen!“

„Morgen, Heinrich!“

Freudig schlägt Heinrich mit dem Rothaarigen ein.

„Und? Schönes Wochenende gehabt?“, fragt Tim und hebt dabei eindeutig nicht andeutungsfrei seine Augenbrauen.

„Du bist unmöglich!“, lacht Heinrich und gibt seinem Sitznachbarn eine Kopfnuss.

Während des Physik-Kurses besteht Tim auf eine „Was hast du am Wochenende gemacht?“-Version von Hang-Man:

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„Knuddeln mit meinem Alexander.“

„Nein!“

„Begattet von– “

„Nein, jetzt sag doch erst mal nen Buchstaben!“

„X.“

Heinrich schüttelt verzweifelt den Kopf.

„Herr Kleist? Ist alles in Ordnung?“

„Ä-äh, ja, Frau Eichendorff.“

Genervt schreibt der Junge selbst die Buchstaben auf die Felder.

„Arbeiten bei meiner Schwester?!“, liest Tim völlig fassungslos vor, „Du hast gesagt, dein Wochenende wär toll gewesen…!“

„War’s auch.“, gibt Heinrich zurück.

„Meine Fresse, muss deine Schwester cool sein, wenn das so ist. Ich würd ein Wochenende mit meiner nicht aushalten…“

Grinsend klappt Heinrich den Block zu und widmet seine Aufmerksamkeit nun dem Unterricht.
 

In der Pause schlägt Tim vor, sich ins Café zu setzen, aber Heinrich merkt an, er wolle lieber mal schauen, ob er Alex irgendwo findet.

Tim sieht ihn grinsend an.

„Stimmt, weil du arbeiten musstest, hattet ihr am Wochenende ja keine Zeit. Muss jetzt nachgeholt werden, hm?“

„Ach, hör auf…“, lacht Heinrich.

„Nu geh schon, ihr habt nur ne Dreiviertelstunde! Wir sehen uns dann in Mathe.“

Kopfschüttelnd lässt sich der Junge vom Rothaarigen zurück ins Gebäude schubsen. Tim ist wirklich…Tim braucht ne Freundin! Eindeutig!

Grinsend läuft Heinrich den Gang entlang, auf direktem Weg zu Alexanders Büro. Er hofft, er trifft seinen Professor dort an.

Und gerade hat er festgestellt, dass die Tür noch abgeschlossen ist, da kommt besagter Professor um die Ecke.

„Heinrich.“, begrüßt er ihn, „Was machst du denn hier?“

„Auf dich warten.“, entgegnet der Junge und kann es nicht lassen nach der Krawatte des anderen zu fassen, als der vor ihm stehenbleibt.

„Heinrich, nicht.“, erinnert ihn Alexander und sieht sich besorgt um.

„Was denn? Es sind alle draußen auf dem Campus. Die letzten warmen Tage des Jahres genießen.“

Der Ältere sieht nachdenklich zu ihm herab.

„Und wieso bist du nicht dabei?“

„Weil ich dich sehen wollte.“, gibt Heinrich ein wenig verlegen zu, zieht Alexander an der Krawatte zu sich herunter.

Der will eigentlich nicht, kann aber nicht anders, als nachzugeben und sich von seinem Freund küssen zu lassen. Kein Küsschen, wie vermutet; ein Kuss.

„Ich hab dich vermisst, als ich bei Ulli war. Jede Sekunde.“

„Hein-nmm…“

Alexander findet es ganz schön dreist, wenn er daran denkt, dass vor einem halben Jahr er noch derjenige war, der den anderen so hier an der Uni überfallen wollte, und jetzt wird er selbst überfallen…

Um seinen Standpunkt klarzumachen, packt er Heinrich am Hinterkopf und zieht ihn mit sich gegen die Tür zu seinem Büro.

Gerade stellt Heinrichs Zunge so unglaubliche Dinge in seinem Mund an, als ein aufgebrachtes „Das ist ja…die Höhe!“ im Gang ertönt.

Sofort schrecken die beiden auseinander. Beim Anblick Eggebrechts will Heinrich türmen, aber Alexander hält ihn an den Armen bei sich.

„D-d-das…! Ein Skandal! Mit einem ihrer Studenten, Herr Humboldt, ein Student!“

Alexander merkt, wie Heinrich panisch wird.

„Sch-scheiße, Alex, verdammter Mist, ich…! Gott, ich bin ja so blöd, wieso…?!“

„Pschhh“, versucht er ihn zu beruhigen, streicht ihm durch die Haare, während Eggebrecht weiter gegen sie wettert.

„Das werde ich dem Universitätsleiter melden! Unverzüglich!“, ruft der Physikprofessor mit erhobenem Zeigefinger, „Und glauben Sie nicht, Herr Professor Humboldt, dass er, bloß weil Sie sein Bruder sind, hier eine andere Möglichkeit hat, als Sie zu entlassen!“

Mit diesen Worten dreht sich Eggebrecht schon um, als Alexander Heinrich noch einmal den Kopf tätschelt, bevor er einen Schritt in die Richtung des davongehenden Professors macht, seine Arme vor der Brust verschränkt, und ihm gelassen nachsieht, sogar ein leichtes Grinsen auf den Lippen.

„Wieso gehen wir dann nicht gleich gemeinsam, Herr Professor Eggebrecht?“, ruft er dem anderen nach.

Dieser bleibt ein paar Meter entfernt im sonst leeren Gang stehen.

„Ich bin sicher“, spricht Alexander weiter, „meinen Bruder wird es auch interessieren, was vor einem Jahr beim Sportfest zwischen Ihnen und einer Ihrer Studentinnen vorgefallen ist.“

Man sieht ganz deutlich, wie Eggebrecht erst zögert, sich dann aber doch schließlich umdreht, mit einem vor Wut – oder Scham – gerötetem Gesicht.

„Und ich glaube“, macht Alexander gnadenlos weiter, „dass wenn ich unserem lieben Universitätsleiter sage, dass Sie die Geschichte mit mir und Herrn Kleist nur als Gegenargument erfunden haben, er wohl eher seinem eigenen Bruder glaubt, als Ihnen, meinen Sie nicht?“

Eggebrechts Visage speit Feuer.

„Dann geh ich vor Gericht!“, brüllt er, „Jawohl! Ich wende mich gleich an eine höhere Stelle und dann vergeht Ihnen Ihr blödes Grinsen, Sie…!“

„Soso, vor Gericht.“, wiederholt Alexander, „Haben Sie denn Beweise?“

Eggebrecht verstummt. Sucht anscheinend nach irgendeiner Antwort, die er seinem Kollegen entgegenpfeffern kann.

„Und Sie?!“, ruft er schließlich, „Haben Sie Beweise?“

„Och, ich bin mir sicher, wenn ich es nur richtig anstelle, dann ist jede Studentin an dieser Universität bereit, mir den Gefallen zu tun und vor Gericht gegen Sie auszusagen…“

Plötzlich ist Eggebrecht ganz blass.

Er öffnet seinen Mund, weiß aber nicht, was er sagen soll.

„Nun?“, meint Alexander, die Hände in die Hüfte gestemmt.

Eggebrecht versucht sich in einem versöhnlichen Lächeln, das ihm gründlich misslingt.

„I-ich…ich habe nichts gesehen. Rein…rein gar nicht.“

„Wunderbar.“ Alexander nickt ihm anerkennend zu.

Und Eggebrecht macht sich kleinlaut davon.

Grinsend läuft Alexander wieder zurück zu Heinrich, der noch völlig baff vor der Bürotür steht.

„Der kann uns nicht’s mehr.“, verkündet der Ältere triumphierend und legt seinem Freund eine Hand in den Nacken.

„Was…was heißt das?“, hakt Heinrich nach.

„So viel in den Gängen knutschen, wie wir wollen.“, antwortet Alexander hastig, bevor er seine Lippen wieder auf die des Jungen presst.
 

Alexander war ja nicht so sehr davon begeistert, dass Heinrich gleich seinen ersten freien Abend, den er diese Woche noch hat, mit seinem Studienfreund verbringt, aber da er ihm die Mittagspause geschenkt hat, hat er ihn wohl oder übel gehen lassen müssen.

Er selbst hat dadurch Zeit und Muße gefunden, auch mal wieder auf das Kollegiums-Treffen seiner Mit-Professoren zu gehen, da er den Abend über sonst sowieso nichts anderes vorgehabt hätte, als gelangweilt und alleine daheim rumzusitzen.

Frau Sommer, eine der jüngeren Kolleginnen nimmt sich auch gleich sehr fürsorglich seiner an.

„Herr Humboldt! Schön, dass Sie sich hier auch mal wieder blicken lassen. Wir haben Sie schon so vermisst.“

„Ja, ich…war immer vielbeschäftigt.“

Der Abend wird überraschenderweise nicht so schrecklich, wie ihn sich Alexander ausgemalt hat, zeitweise lässt es sich mit seinen Kollegen sogar ein wenig Spaß haben. Besonders amüsiert er sich zum Beispiel über die Imitationen von Eggebrecht – der natürlich nicht anwesend ist – und einige Versuche seiner männlichen Kollegen, ihn in ein Gespräch über Frauen zu verwickeln. Schon die Aussichtslosigkeit dieser Aktion bringt Alexander zum Schmunzeln, als er, nach einigen Beschwerden darüber, dass es einem die Studentinnen mit ihrer Aufmachung aber auch immer schwerer machen, nicht hinzusehen, nach seinem Traumtyp gefragt wird.

„Och, keine Ahnung…“

„Ja, komm, irgendwas. Eher sportlich, zierlich, Zicke?, jünger, älter, größer, kleiner?“

„Jünger. Kleiner. Nicht unbedingt sportlich. Auf keinen Fall Zicke.“

„Ja, und hier?!“, fragt ihn ganz interessiert der Kunstprofessor – der schon ein paar Bierchen zu viel intus hat, wohlgemerkt – während er mit seinen Händen vor seiner Brust andeutet, dass er mit seiner Frage auf die Körbchengröße abzielt.

„Möglichst…ähm…“, fängt Alexander vorsichtig an.

„Groß!“, kommt es von seinem Sitznachbarn.

„Klein.“, beendet er ein wenig genervt seinen Satz.

Der Kunstprofessor sieht ihn an, als wenn ihm ein zweiter Kopf wachsen würde.

„Klein?!?“, wiederholt er ungläubig.

„Ja, Mensch, Andy, wieso nicht?“, kommt es von einem anderen, „Ich hab gestern eine gesehen, die hatte auch nicht gerade Doppel-D, aber so ein heißes Ding, ich sag’s dir.“

„Beine bis zum Dach, hm?“, gibt der Kunstprofessor von sich.

Alexander verdreht die Augen und hält vergeblich Ausschau nach Rettung.

„Ach, was! Richtig schnuckelig!“

„Wo warst du? Im Kindergarten?!“

„Haha, Blödmann. Musst du ja nicht wissen, aber ich geh nächstes Wochenende wieder hin.“

„Hey, Alexander! Wo hin so eilig?! Hey!“

Erleichtert nimmt Alexander neben Frau Sommer Platz.

„Danke.“

Sie winkt lächelnd ab.

„Ich hab gesehen, wie unwohl Sie sich gefühlt haben. Bei diesen Gesprächsthemen verständlich.“, meint sie und rollt genervt mit den Augen.

„Ja, etwas…ähm…“

„Niveaulos und kindisch, ja.“

Alexander grinst sie an.

„Genau danach hab ich gesucht.“

Als sie ihm hierauf ein etwas zu herzhaftes Lächeln zuwirft, wird ihm unwohl. Hastig schaut er auf die Uhr.

„Oh, es wird Zeit.“, meint er, „Ich muss…“, er räuspert sich, „meinen Freund abholen.“

„Oh.“, bringt sie nur noch heraus und sieht ihm, genauso wie zwei andere seiner Kolleginnen, betrübt nach, als er nach ein paar Verabschiedungen den Raum verlässt.
 

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Jap. Jetzt haben sie schon mal die Freikarte bei Eggebrecht – und ich versprech euch: Die beiden werden noch so ihren Spaß mit ihm haben ;)

Am nächsten Morgen kann es Alexander nicht lassen, Heinrich nach den ersten beiden Stunden abzufangen und mit ihm in einen leeren Gang zu verschwinden.

Kichernd lässt sich Heinrich von seinem Professor zu sich ziehen, küssen, am Hals herumknabbern…

„Was machen wir hier?“, bringt der Junge heraus und schmiegt sich ein wenig enger an seinen Freund.

„Eggebrecht kommt hier immer lang, wenn er sich nen Café holt.“, nuschelt Alexander.

Heinrich muss grinsen.

„Oh, ich wusste nicht, dass du ihn soo gerne hast.“

„Da siehst du mal.“

Mit einem Ruck landet Heinrich auf der Heizung, sodass sich Alexander zwischen seine Beine zwängen kann.

„Ich hör seine Schritte.“

„Küss mich.“

Die beiden hören, wie Eggebrecht, kaum ist er um die Ecke, wie angewurzelt stehenbleibt. Sie hören ihn auch ein entrüstetes „Sie…!“ ausstoßen, dann verstummt er wieder.

„Oh, hallo, Herr Eggebrecht.“, grüßt ihn Alexander, wird im nächsten Moment jedoch wieder von Heinrich zu einem erneuten Kuss zu sich gezogen.

Als der Physikprofessor auf der anderen Seite des Ganges verschwunden ist, lassen die beiden voneinander ab.

„Das ist echt witzig.“, gibt Heinrich von sich, „Sollten wir öfters machen.“
 

Als Heinrich am Abend wieder arbeiten ist, sitzt Alexander alleine zuhause. Glücklicherweise fällt ihm ein, dass sein Bruder ihn diesen Morgen darum gebeten hat, seiner Schwägerin Halsschmerztabletten mitzubringen, und er macht sich auf den Weg zur Apotheke an der Ecke. Unglücklicherweise hat dort genau die gleiche Frau Dienst, bei der er die Kondome gekauft hat.

„Na?“, wird er mit einem breiten Grinsen begrüßt, „Packung leer?“

Alexander erwidert das Grinsen übertrieben.

„Wir tun’s jetzt ohne.“

Die Frau ist einen Moment anscheinend von dieser Vorstellung überwältigt, sodass Alexander erst mit der Hand vor ihrem Gesicht herumfuchteln muss, damit sie wieder ansprechbar ist.

„Ich brauch Tabletten gegen Halsschmerzen.“

„Oh.“

„Ja, wenn’s geht heute noch.“

„Sofort.“

Während die Frau sich auf den Weg nach hinten macht, betritt ein Mann, ungefähr in Alexanders Alter, die Apotheke.

„Nabend.“

„Abend.“

Der Mann tritt neben Alexander und haut ein paar Mal auf die Klingel.

„Hey, Rosi!“

Es dauert keine zwei Sekunden, da ist die junge Frau wieder da – leider ohne die Halsschmerztabletten.

„Rudiii, hey! Wie geht’s?“

„Bestens, bestens.“

„Was brauchst du?“

„Ihr habt doch diese Aktion da gehabt, mit den Parfüm-Proben…“

Die junge Frau verdreht die Augen.

„Biste mal wieder zu geizig, hm?“

Alexanders Versuche, auf sich aufmerksam zu machen, scheitern kläglich.

„Neiin…! Is nur…Naja, doch, aber ich brauch das Zeug. Wirklich. Noch heute Abend.“

Rosi legt wieder ihr dreckiges Grinsen auf.

„Soso, wie heißt sie denn?“

„Holly. Sie arbeitet in ner Bar. Die ist so verdammt süß und lecker, ich…! – Ich brauch dieses Parfüm! Das letzte Mal hat sie mir gesagt, ich stink wie n Eber!“

Alexander kann nicht mehr, er muss losprusten.

Der Typ neben ihm bedenkt ihn mit einem bösen Blick und hätte es sich, wäre er um einiges schmächtiger, wohl überlegt, ihm eine reinzuhauen.

„Na, was ist jetzt, Rosi?!“, wendet er sich wieder seiner Freundin zu.

Diese seufzt und deutet zu einem kleinen Tischchen neben dem Eingang.

„Da liegt’s.“

„Danke!“

Mit einem Räuspern tritt Alexander wieder näher und stützt sich auf der Theke ab.

„Ich wollte auch noch was…“, fängt er an.

„Oh, äh, ja! Kommt sofort!“
 

Am Abend wird Heinrich zuhause wieder zwar mit einem Abendessen, aber auch mit einem ausgehungerten Alexander begrüßt. Einmal mehr muss der Ältere jedoch mit seinen Bedürfnissen alleine klarkommen, denn Heinrich schläft erschöpft ein, kaum liegt er im Bett. Vielleicht sollte er ihn das nächste Mal schon im Bad überfallen, um noch eine Chance zu haben…?
 

Den nächsten Morgen muss Heinrich seinem Freund versprechen, am Abend wenigstens ein bisschen länger wach zu bleiben.

„Jaa, ich geh heute ja nicht arbeiten.“

Alexander atmet erleichtert aus.

„Morgen muss ich dann aber wieder. Und am Freitag.“

„Muss das wirklich sein?“

„Es läuft grad so gut!“

„Als wir da waren, waren grad mal zwei Tische von sechs besetzt!“

Heinrich grinst ihn an.

„Jetzt hat Ulli auf acht Tische erweitert. Und sie sind jeden Abend alle vollbesetzt.“

„Ist am Freitag noch einer für mich frei?“

„Ähm, nein. Ich befürchte nicht.“

Alexander sieht seinen Freund prüfend an, als sie gerade an einer Ampel stehenbleiben müssen.

„Donnerstag?“

„Nein…?“

„Samstag?“

„Ich hab doch gesagt, wir können mal wieder zusammen hingehen, wenn ich nicht arbeiten muss.“

Alexander seufzt.

„Gut, okay.“

„H-hey, ich…ich lass mir heute was Besonderes für Eggebrecht einfallen, okay?“, schlägt Heinrich als Wiedergutmachung vor.

Alexander wirft ihm einen skeptischen Blick zu.

„Na, da bin ich mal gespannt.“
 

Der Vormittag an der Uni verläuft ziemlich unspektakulär – wenn man mal davon absieht, dass die zwei Idioten sich wieder mal mit Heinrich anlegen wollten und von Tim niedergestreckt wurden. Irgendwann müssen sie es ja lernen.

Jetzt sitzt Heinrich mit Tim im Café und löffelt seinen Eisbecher.

„Und was ist mit der Soße?“

„Hm?“

„Na, die Vanillesoße.“, wiederholt der Rothaarige irritiert, „Du hast sie dir doch extra bestellt und jetzt isst du sie nicht zum Eis.“

„Die brauch ich noch für was anderes.“

„Wie?“

„Ich muss dann auch. Alexander wartet auf mich in seinem Büro.“

„Oh.“ Auf Tims Gesicht legt sich ein wissendes Grinsen. „Jetzt versteh ich…“

Mit einem ebenso breiten Grinsen nimmt Heinrich seinen Ordner unter den Arm und macht sich davon.

„Wir sehen uns in Mathe.“
 

„Und? Kommt er?“

Alexander lugt kurz um die Ecke, muss aber Entwarnung geben.

„Nein, noch nicht.“

Amüsiert dreht sich der Ältere zu seinem Freund um, der ein paar Meter entfernt im Gang steht, einen Eisbecher in der Hand.

„Was hast du denn mit der Vanillesoße vor?“

„Wird nicht verraten.“, kommt es hinterhältig von Heinrich.

Alexander sieht wieder um die Ecke, da erblickt er Eggebrecht, der soeben den Gang betritt.

„Da ist er!“, zischt er und läuft schnell zu seinem Freund hinüber.

Der geht – überraschenderweise – vor ihm auf die Knie und presst sein Gesicht in seinen Schritt.

Wie aus Reflex packt Alexander Heinrichs Kopf und ihm entweicht ein leises Lachen.

„Heinrich, ist das nicht ein bisschen…?“

Alexander verstummt, als der Junge zu ihm aufsieht und den Teller beiseite stellt. Die Vanillesoße läuft ihm aus den Mundwinkeln und tropft ihm das Kinn hinab.

„Du perverser…“, nuschelt Alexander mit einem breiten Grinsen, als sie beide Eggebrechts Schritte schon kurz vor der Ecke hören.

„Jetzt brauch ich noch nen täuschendechten Orgasmus von dir.“, flüstert Heinrich.

Pünktlich, als Eggebrecht um die Ecke biegt, beginnt Alexander zu stöhnen.

„Hah…Heinrich, oh mein, hngh~ “

Völlig entgeistert starrt Professor Eggebrecht auf den Rücken seines Kollegen, der den Kopf in den Nacken gelegt hat und die Beine geöffnet – zwischen denen !! – zwischen denen sein Student kniet, die Hände auf Alexanders Hintern.

„Ha-Heinrich, ha – d-du – Gott, so – ah…hah…aaah!“

Eggebrecht bekommt einen Schweißausbruch, er will schleunigst das Weite suchen, seine Füße gehorchen nicht.

Gerade hat er sie einen Schritt nach hinten bewegen können, da zuckt er zusammen, als ihn plötzlich eine Stimme ruft.

„Ah, Herr Eggebrecht!“

Vollkommen geschockt muss der Professor mit ansehen, wie sich Heinrich Kleist vom Boden erhebt und auf ihn zukommt. Sich dabei mehrmals über die Lippen leckt und so die – wüsste es Eggebrecht nur – harmlose Vanillesoße um seinen Mund verteilt.

„Herr Eggebrecht, gut dass ich Sie treffe. Ich wollte fragen, wo Sie gerade in Physik sind, damit ich einschätzen kann, was wir bei Frau Eichendorff noch alles nachzuholen haben.“

Von Eggebrecht in solch einer Situation eine Antwort erwarten?: Der verhasste Kollege Frauenschwarm-Humboldt, der sich genüsslich an die Wand gelehnt den Gürtel wieder schließt, währen sein Physikstudent über Unverständliches spricht, mit dem Mund, der eben noch – an dem noch…!

– Fehlanzeige.

Eggebrecht öffnet zwar seinen Mund, aber nur, um sich, höflicherweise nicht auf, sondern neben Heinrich zu übergeben.
 

Am Abend schläft Heinrich, wie versprochen, nicht so früh ein, und kann den Service an seinem Professor noch einmal, nicht nur täuschend echt, sondern wirklich echt, wiederholen.

„Ganz ehrlich?“, keucht Heinrich und leckt sich über die Lippen, „Vanillesoße schmeckt besser, aber du bist nah dran…“
 

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Während Alex und Heinrich noch so ihren Spaß mit Eggebrecht haben - und euch vielleicht was aufgefallen ist...?, verabschied ich mich in die Sommerpause...
 

Nein^^ Morgen gibt's noch ein ST, dann bin ich erstmal weg, komm aber Mitte nächster Woche wieder, heißt: Dann gibt's wieder neue Kapitel :)

Es ist Samstag, und die Woche hat tatsächlich ohne eine Beschuldigung seitens Eggebrecht geendet. Die Philosophieseminare, in denen Tim und Heinrich – wie Alexander stark vermutet – nur über eines getuschelt haben, haben auch alle Beteiligten heil überstanden. Nur Heinrich ist mit seiner Einstellung stur geblieben, es Alexander partout nicht zu erlauben, ihn im Café zu besuchen.

„Oder ich hol dich wenigstens mal ab.“

„N…naja…“

„Komm schon.“

„Okay, aber wirklich erst um Sieben, wenn wir Schluss haben!“

„Ja, ist ja gut.“, seufzt Alexander.

Er weiß nicht, was der Junge für ein Problem hat. Will er etwas vor ihm verheimlichen? Am Ende ist er von Ulrike zum Tellerwäscher degradiert worden und will es bloß nicht vor ihm zugeben…
 

Alexander verbringt den Samstag also wieder alleine. Seine freie Zeit nutzt er dafür, ein wenig die Seminare für nächste Woche vorzubereiten, mal seine E-Mails zu checken (erstaunliche 27 Mails von Bonpland – Was will der denn?!? – Ah, was mit ihm trinken gehen und ab der 16. Mail ganz dringend seine Telefonnummer, da man ihn per Mail ja anscheinend nicht erreichen könne…) und schließlich macht er sich auf den Weg zu seinem Bruder, bei dem er zum Mittagessen eingeladen ist.

Caroline begrüßt ihn an der in griechische Säulen gefassten Eingangstür.

„Grüß dich, Alexander.“ Sie streckt sich ein wenig, um ihm links und rechts ein Küsschen zu geben.

„Tag, Caroline. Geht’s dir wieder besser?“

„Ja, danke. Ich hab mich erholt.“

„Deine Begonien sehen wieder einmal umwerfend aus.“

„Oh, Dankeschön.“

Sie durchqueren gemeinsam die große, geflieste Eingangshalle. Kurz vor der Tür zum Salon bleibt Alexander stehen.

„Was ist?“, fragt Caroline ein wenig erstaunt, als ihr Schwager abwartend seine Hände hebt und lauscht.

„Ist Gabi nicht da?“, kommt es nach einigen Sekunden von ihm, „Sie hätte mich schon längst angefallen.“

Caroline winkt lächelnd ab.

„Ja, unsere Kleine ist im Landschulheim für drei Tage.“

„Oh. Schön.“, erwidert Alexander, ebenfalls mit einem Lächeln, und meint damit den Zustand, dass er sich heute nicht mit seiner zwölfjährigen Nichte herumschlagen muss.
 

Der Nachmittag klingt mit Kaffee und Kuchen aus, und der Bemerkung Wilhelms, dass er das nächste Mal seinen Freund mitbringen müsse.

Alexander nickt ein wenig erstaunt, aber lächelnd, und er muss sogar grinsen, als er sieht, dass seine Schwägerin genauso erstaunt über die Worte ihres Mannes ist. Naja, sie wird damit klarkommen müssen.

Alexander muss damit klarkommen, dass es erst halb Fünf ist, als er wieder in Berlin ist. Er entschließt sich also dazu, die Straßenbahn zu nehmen, um ein wenig länger zum Café zu brauchen.

Keine gute Entscheidung, muss er feststellen, als ihm gegenüber zwei junge Männer Platz nehmen, die unaufhaltsam über irgendeine Frau reden, die sie, nicht zu überhören, unheimlich anziehend finden.

„Und hast du gesehen, wie der Typ im Anzug sein Messer hat fallenlassen? Hat geglaubt, er kann das mit ihr machen, er is was Besseres, aber der Hammer, als sie sich bückt und nicht das Messer aufhebt, sondern ihm damit in den Schuh sticht!“

„Das wär mir so was von scheißegal gewesen, hätt sie’s nur bei mir gemacht!“

„Ich hab sie angefasst, gestern.“

„Was?! Wann?!?“

„Wusstest du, dass sie Strapsen trägt, unter dem Kleid?“

Alexander beschließt, jetzt schon aufzustehen und sich Richtung Tür zu bewegen, wo zwei ältere Frauen miteinander über ein paar Kochrezepte philosophieren; das hört er sich dann doch lieber an, als Gespräche über irgendwelche Strapsen an Frauenbeinen…

Leider steigen die zwei Typen auch dort aus, wo er die Bahn verlässt – und ganz erstaunt ist Alexander, als sie vor ihm ins Café Ulli laufen. Ein wenig irritiert bleibt er davor stehen. Es hört sich da drinnen wirklich ziemlich laut und voll an.

„Na? Auch wegen Holly da?“

Überrumpelt dreht sich Alexander zu einem großen, älteren Mann um, der ihm anerkennend auf die Schulter klopft.

„Klar biste wegen Holly hier.“, beantwortet er sich die Frage selbst mit einem Grinsen, „Ich hab die Kleine ja schon überreden wollen, bei mir ihren Führerschein zu machen, aber sie will nicht.“

„Ähm…Holly…?“, wiederholt Alexander skeptisch.

Da betrachtet ihn der Fahrlehrer mit einem ungläubigen Blick.

„Wat, du kennst die Holly nicht?! Da haste was verpasst, sag ich dir! So ein süßes Ding, zum Anbeißen… - aber pass auf, mit der ist nicht zu spaßen.“

Ein wenig genervt macht sich Alexander von dem anderen los.

„Ich werd’s mir merken.“, meint er, bevor er das Café betritt.

Erstaunt muss er sich im Raum umsehen. Es sind tatsächlich mehr Tische. Und alle belegt. Genauso, wie die Bar, hinter der Ulrike steht.

Gut, da wäre also schon einmal Ulrike. Schnurstracks geht Alexander auf die Bar zu, wo ihn die junge Frau mit einem „Oh, hi, Alex!“, empfängt.

„Wo ist Heinrich?“, fragt Alexander und versucht ruhig zu bleiben.

„Heinrich? Der…der ist grad in der Küche und…“

Verärgert stützt sich Alexander auf der Teke ab und sieht sie warnend an.

„Er hat mir gesagt, er darf bedienen. Und jetzt hör ich überall was von irgendeiner Holly! Wo ist er?! Ich hoff stark für dich, du hast ihn nicht zu deinem Tellerwischer gemacht, denn dafür ist Heinrich zu schade!“

Ulrike zieht ihre Augenbrauen zusammen. Mit einem genervten Stöhnen wuschelt sie sich durch die Haare.

„Verdammte Scheiße, Heinrich! Soweit geht meine Geschwisterliebe nicht, dass ich mich von deinem Typen anpöbeln lass!“

Sichtlich gereizt kommt sie hinter der Bar hervor und packt Alexander am Arm. Sie zerrt ihn zu einem der Tische, von dem sie einen älteren Mann verscheucht, der sich gefälligst zu ihr an die Bar stellen solle, wenn er eh nur zum Saufen da sei.

„Da! Setz dich hin!“, befiehlt sie Alexander regelrecht.

„Ich regel das, warte hier.“, meint sie, bevor sie fluchend davonstürmt.

Alexander bleibt tatsächlich mehr als verwirrt sitzen. Er schaut sich im Café um, sucht aber vergeblich nach dieser Holly. Aber der Fahrlehrer kann doch kein anderes Café gemeint haben, oder?

Nein, sicherlich nicht. Ein Gespräch am Tisch hinter ihm, wo Holly denn jetzt hin sei, er hätte sie dem anderen doch zeigen wollen, überzeugt ihn vom Gegenteil.

Alexander kann es nicht fassen. Sie ist doch seine Schwester! Wie kann sie ihm etwas versprechen und ihn dann mit so einem miesen Job abspeisen?!?

„Entschuldigung, was darf ich Ihnen bringen, mein Herr?“

Irritiert sieht Alexander zu der jungen Frau auf, die plötzlich vor ihm steht. Er will sie schon ärgerlich wegschicken, da fällt ihm auf, dass er das schwarzweiße Lolitakleid mit den vielen Rüschen und der Schleife über der Brust gar nicht so abstoßend findet, wie er es eigentlich sollte. Ein Grund, wieso Alexander stutzig wird. Ein Grund mehr ist das schüchterne Lächeln, das sie ihm mit ihren roten Lippen zuwirft, der Blick aus den blauen, schwarzgeschminkten Augen. Ihre Haare sind ebenfalls schwarz, dicht und kinnlang mit Pony. Die Strähnen vorne, die noch aus dem weißen Haarreif herausschauen, sind gekringelt und umranden ihr Gesicht auf liebliche Art und Weise.

„H…Hein…?“

„Holly.“, sagt sie und zupft an den ausladenden Rüschen ihres kurzen Rocks herum.

Alexander kann nicht anders, als ihrer Hand mit seinem Blick zu folgen. Ja, Strapsen, eindeutig.

„Möchten Sie etwas trinken, mein Herr?“, fragt sie.
 

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Naaa…?? Überrascht? XD

Wohl eher darüber, dass es endlich wieder weitergeht...^^

„Möchten Sie etwas trinken, mein Herr?“, fragt die Bedienung, „Holly“, der Grund für die Männer Berlins, ins Café Ulli zu kommen. Und der Grund dafür, dass Alexander gerade ein wenig neben der Spur ist.

„Ich möchte…“, er senkt seine Stimme, als er sich der ganzen anderen Gäste bewusst wird, die unverblümt auf „Hollys“ Hintern starren, „Ich möchte erst einmal vor die Tür und ein ernstes Gespräch mit dir führen.“

„Geht nicht.“, kommt es leise zurück.

„Dann eben aufs Klo.“

„Ich bin grad so weit, denen klargemacht zu haben, dass ich mit niemandem aufs Klo verschwinde…!“, zischt die Bedienung.

Alexander muss grinsen.

„Das hoff ich für dich. Ein Bier, bitte.“

„Gerne.“, entgegnet Heinrich mit einem süßen Grinsen und macht sich auf den Weg zur Bar.

Auf dem Weg dorthin hält er an ein paar Tischen an, um leere Biergläser auf sein Tablett zu packen, das er, wie Alexander zugeben muss, wirklich ziemlich elegant trägt – und das, obwohl er hier und da ein paar Leute umgehen muss, die ihm am Rock ziehen.

Alexander erwartet sein Bier mit deutlich angespanntem Gesichtsausdruck.

Als Heinrich es vor ihm mit einem „Bitte sehr.“ abstellt, packt er ihn am Handgelenk.

„Kannst du dir vorstellen, wie…wie beschissen sich das anfühlt, zu wissen, dass du wo arbeitest, wo dir ein Duzend Kerle an die Wäsche will?“

„Ich wäre stolz an deiner Stelle.“, meint Heinrich und entzieht sich Alexanders Griff, „Außerdem wollen die nicht mich, sondern „Holly“.“

„Das macht doch keinen Unterschied.“

„Nachher.“, meint Heinrich nur, bevor er sich wieder davonmacht.

Alexander ist unwohl dabei, während er zuschauen muss, wie sein Freund an jedem Tisch angemacht wird, an den er kommt – und wie leichtfertig Heinrich damit umgeht! Ihm scheint es regelrecht Spaß zu machen, mit den anderen Männern zu spielen. Als er sein Tablett bei Ulrike an der Bar abstellt und hinten seinen Rock ein wenig hochschiebt, um sich die Naht an seinem Strumpf zu richten, findet Alexander, geht der Junge ein wenig zu weit. Erschreckend, dass die Gäste fast anfangen, bei diesem Anblick zu sabbern.

Als Heinrich wieder mit seinem Tablett unterwegs ist, winkt ihn Alexander abermals zu sich.

„Was machst du, wenn dich einer anfasst?“, fragt er den Jungen mit gedämpfter Stimme kritisch.

„Och, mach dir mal keine Sorgen, ich bin schon bekannt dafür, dass ich nicht alles mit mir machen lass.“

„Achja?“

Heinrich nickt nachdrücklich.

„Jap. Glaub mir, für die Aktion vorhin hätte ich dir schon auf den Fuß getreten. Und ich sag dir: Mit diesen Absätzen tut das nicht gut.“

Alexander sieht mit einem hinterhältigen Grinsen zu ihm auf.

„So.“, meint er und fasst erneut nach Heinrichs Handgelenk.

„Nicht, Alex…lass los.“, gibt Heinrich genervt von sich.

„Und wenn nicht?“

„Dann…dann tret ich dir auf den Fuß.“

„Und du meinst, das hilft, hm?“

Heinrich keucht erschrocken auf, als Alexander ihn grob am Hintern packt.

„A-alex…! Ich…ich kann mir das doch von dir nicht gefallen lassen, bloß weil…Die erwarten jetzt, dass ich…!“ Der Junge kneift die Augen zusammen. „Sorry.“

Und kippt Alexander sein Bier in den Schoß.
 

Fluchend reibt sich Alexander mit einem feuchten Tuch über seine Jeans.

„Sie hat aber schon nen geilen Hintern, oder?“

Perplex sieht Alexander zu dem jungen Mann auf, der gerade aus einer der Klokabinen kommt.

„Verpiss dich.“

Der Typ hebt abwehrend die Hände, „Immer langsam, Alter, ich bin ja schon weg.“, bevor er das Herrenklo verlässt.

Seufzend lässt sich Alexander gegen die Fliesen sinken. Wieso muss Heinrich ihm nur so was antun? Und damit meint er nicht die Bierladung in seinen Schritt. Nicht nur, jedenfalls.

Plötzlich geht die WC-Tür wieder auf und Alexander macht sich schon bereit, dem nächsten, der irgendeine Bemerkung für ihn übrig hat, eine deftige Beleidigung an den Kopf zu schleudern, da betritt tatsächlich Heinrich das WC – „Holly“, Verzeihung.

„Was machst du hier?“, fragt Alexander, unfreundlicher, als er eigentlich wollte.

„I-ich…ich wollt mich entschuldigen, das…das war nicht so gemeint, nur…Ich musste doch reagieren, wie sonst auch immer, das verstehst du doch, oder, Alex?“

Als Alexander nichts erwidert, holt Heinrich zögerlich ein Handtuch hinter seinem Rücken hervor und macht einen Schritt auf seinen Freund zu. Bevor der Ältere protestieren kann, beginnt der Junge, ihm damit über die nasse Jeans zu reiben.

„Wirklich, Alex, ich…Ich versteh ja, dass das dich erst mal überfordert, aber du hättest wirklich nicht…so was tun sollen…“

„Es…es überfordert mich nicht.“, bringt Alexander heraus, sehr darauf bedacht, die Geschehnisse in seinem Schritt nicht so sehr zu beachten, „Ich find das einfach nur nicht in Ordnung, dass du…dass du dich so verkaufst.“

„Ich verkauf mich nicht, Alex. Du weißt doch, dass ich gern…so was trag. Der Job hier gibt mir die Gelegenheit dazu. Und glaubst du ernsthaft, Ulli würd einem dieser Typen erlauben, auch nur einen Schritt zu weit mit mir zu gehen? Die war ja eben schon ganz außer sich, als ich um das Handtuch gebeten hab und ihr gesagt hab, dass ich zu dir aufs Klo geh…“

„Aber…“, fängt Alexander verwirrt an, „Ich bin dein Freund.“

„Siehst du, wie penibel sie ist!“, meint Heinrich, „Sie hat in ihrem Leben schon so einige Männer zusammengeschlagen, du musst dir also keine Sorgen um mich machen.“

Der Ältere nickt ein wenig zögerlich.

„Aber…ich darf dich im Café also nicht anfassen…?“

„Nicht, wenn ich Holly bin.“, bestätigt der Junge und versucht dem Fleck in Alexanders Jeans mit ein wenig mehr Druck beim Reiben beizukommen.

„Hn! Ist…ist das nnngh…nicht ein bisschen unfair?“

„Nö, wieso?“, meint Heinrich mit einem Grinsen und sieht zu seinem Freund auf, „Oder gefällt dir mein Outfit so sehr…?“

Alexander überlegt eine Weile, was er sagen soll.

„Die…Es ist durchgelaufen.“, antwortet er schließlich, „Meine Unterhose ist auch nass.“

Heinrich verdreht die Augen.

„Aber nur ein einziges Mal.“, meint er, „Und nur, weil wir eh gleich schließen!“, bevor er Alexander in eine der Kabinen zieht.

Dort wird er gleich mit einem stürmischen Kuss an die Wand genagelt. Er grinst in den Kuss hinein, als er spürt, wie sein Freund sein Kleid ergründet, eine Hand gleich seinen Oberschenkel entlang unter den kurzen Rock wandern lässt.

„Soso, du gehst mit niemandem aufs Klo.“, nuschelt Alexander gegen seinen Hals, an dem er Heinrichs Lippenstift verteilt.

Der Junge keucht zur Antwort auf, als sich die Hände des anderen fest um seinen Hintern schließen, ohne dass dieses Mal eine Strafe droht.

„Mit niemandem außer dir.“, haucht Heinrich.

„Vernünftig von dir.“, meint Alexander.

„Jetzt lass mich schon machen.“, unterbricht der Junge plötzlich seine Bemühungen, „Es ging doch um deine nasse Unterhose.“

„Ah“, gibt Alexander von sich, „Jah…“

Als Heinrich ihm die Jeans aufknöpft und vor ihm auf die Knie geht, erinnert er sich wieder daran.

„Heinrich, nicht…der Boden ist…“

„Soll ich’s im Stehen machen?! Kannste vergessen. – Oh, die Unterhose ist wirklich ziemlich nass.“

Alexander keucht auf, da Heinrichs Hände nach ihm greifen.

„Siehst du.“, flüstert der Junge und sieht mit einem sanften Lächeln zu ihm auf, „Die Typen dürfen mir gerne nachgaffen und mir am Rock ziehen, aber das…das mach ich nur für dich…“

Alexander entweicht ein Stöhnen, als Heinrich ihn in seinen Mund aufnimmt. Er greift nach seinem Kopf und muss feststellen, dass sich die Haare der Perücke erstaunlich echt und weich anfühlen.

„Mmmm…ein bisschen tiefer Heinrich, bitte…jah…ahhh, genau so…“

Genießerisch sieht Alexander auf seinen Freund hinab, die geschminkten Augen blicken halbgeschlossen zurück.

„Deine…Wimpern sehen…ungeschminkt sch…ah…schöner aus…“

Heinrich gibt einen undefinierbaren Laut von sich, der Alexander wie elektrische Schläge durch den Körper jagt.

Zwischen seinem Stöhnen meint der Ältere die WC-Tür gehört zu haben, weshalb er seine Laute ein wenig zügelt, aber Heinrich denkt nicht daran aufzuhören, weshalb das gar nicht so leicht für ihn ist.

„Nee, oder?!“, kommt es von draußen und jetzt sieht Alexander, wie sich Heinrichs Augen weiten, „Sag bloß, da steckt die Kleine? Du hast Holly aber nicht echt dazu überreden können, dir einen zu blasen, oder?!“

Alexander gibt ein kehliges Lachen von sich.

„Nein, nur…meinen – Freund…hn…“

Von draußen kommt ein nervöses Lachen.

„Du machst Witze, oder?“

Da lässt Heinrich von dem Älteren ab und antwortet mit seiner durch die Erregung rauen Stimme, die keine Ähnlichkeit mehr mit der von Holly hat: „Willst du mitmachen?“

Die beiden hören nur noch, wie sich die WC-Tür schnell wieder öffnet und schließt.

„Zurück zur Arbeit…“, meint Alexander und nimmt Heinrichs Kopf wieder zwischen seine Hände.

Als er kurz darauf kommt, und der Junge auch noch den letzten Tropfen schluckt, hat sich der Professor schon ein wenig mehr mit der Idee abgefunden, dass sein Freund als Lolita in einer Bar voller Männer die Bedienung spielt.
 

Nachdem Heinrich Alexander mit ins Hinterzimmer geschleppt hat, wo er sich umgezogen und sich (und auch gewisse Körperregionen des Älteren, die mit Heinrichs Lippenstift in Berührung gekommen sind,) abgeschminkt hat, lassen sie sich wieder an der Bar sehen, die Ulrike erfolgreich leergefegt hat, genauso wie die Tische. Sie selbst wirft den beiden einen äußerst kritischen Blick zu.

„Geht’s jetzt wieder, ja?“, wendet sie sich sofort an Alexander, „nachdem du meinem kleinen Bruder deinen“ – „Ulrike!“ – „in den“ – „Ulli!“ – „gerammt hast, hm?“

Alexander nimmt äußerst gelassen auf einem der Barhocker Platz und schiebt wie beiläufig eines der leeren Gläser zur Seite.

„Nein“, sagt er dabei, „Er hat mir einen geblasen, falls du’s genau wissen willst.“

Mit einem herausfordernden Grinsen sieht er zu ihr auf.

Ulrike pustet in Heinrich-Manier die Backen auf, bevor sie ihren Bruder anschaut.

Heinrich zuckt verlegen mit den Schultern.

„Wenn ihr mir das Kleid ruiniert habt, ich sag’s euch…! Das war teuer!“

Heinrich beginnt als erster zu lachen. Als Ulrike ebenfalls losprustet, erlaubt sich auch Alexander miteinzustimmen.

„Tjaja“, seufzt die junge Frau, als sie sich ein wenig beruhigt haben, „Seit mein kleines Brüderchen hier ist, rennen mir die Männer die Bude ein…“ Grinsend zwinkert sie ihm zu.

„Aber“, ergänzt sie sofort an Alexander gewandt, „Glaub ja nicht, dass ich einem von denen erlaub, ihn anzufassen!“

„Ganz in meinem Interesse. Danke.“, meint Alexander und nickt ihr zu.

Ulrike grinst ihn an.

„Dacht ich mir fast.“, entgegnet sie, bevor sie ihm das Bier hinstellt, das sie gezapft hat.

„Geht aufs Haus.“

Heinrich sieht gerade so glücklich aus, dass man fast Angst haben muss, er platzt vor Glück.

„Sie mag dich, Alex!“

„Den?! Träum weiter, Heinrich!“

„Doch, du magst ihn.“

„Quatsch!“

„Dohoch~“

„Hör auf so ne Scheiße zu labern, ich mag ihn nicht!“

„Tust du doch.“

Usw. usw. usw.
 

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So, jetzt wisst ihr, wie Alex reagiert. Ich wollt ihn so darstellen, dass er anfangs nicht gleich so von der Sache begeistert ist; hoffe, das ist mir gelungen^^

Als Alexander am Sonntagmorgen aufwacht, ist die Bettseite neben ihm leer. Ein wenig verwirrt erhebt er sich und macht sich auf den Weg ins Bad. Als er dort auch keinen Heinrich vorfindet, sieht er hinunter ins Wohnzimmer. Dort entdeckt er ihn.

Heinrich sitzt mit angewinkelten Beinen auf dem Sofa, in seinem Disney-Pyjama, und tippt auf seinem Laptop herum, wobei er sich immer wieder konzentriert auf die Unterlippe beißt.

Als Alexander sich neben ihn setzt, schrickt er zusammen und klappt hastig das Gerät zu.

„Musst du heute nicht noch arbeiten?“

„Hab mir freigenommen.“

„Was machst du dann hier so früh?“, fragt ihn Alexander, noch ganz verschlafen – und verschmust.

„Ich schreibe.“, antwortet Heinrich und lässt es zu, dass sein Freund sich an ihn schmiegt.

„Was denn?“

„Kohlhaas.“

„Ah.“ Alexanders Hand ist unter sein Oberteil gewandert und streicht ihm dort über den Bauch.

„Willst du nicht nochmal ins Bett kommen…?“

„Alex, es ist doch schon halb Zwölf…“

„Bitte…“

„Ich bin grad so gut drin.“

Alexander blinzelt ihn ein wenig irritiert an.

„Drin? Du? Wo?“

Heinrich verdreht die Augen.

„Im Schreiben.“

„Ah.“

„Aber eine Pause tut dir sicherlich– “

„Alexander.“

Erstaunt, aber grinsend sieht ihn Angesprochener an.

„Wie lange hast du mich nicht mehr so genannt? Du musst echt genervt sein.“

Heinrich räuspert sich.

„Oh, sorry, ist gut.“ Abwehrend die Hände hebend steht der Ältere auf. „Dann mach ich mal Frühstück, hm?“

„Danke.“

Heinrich kommt gerade dazu, den Laptop wieder aufzuklappen, dann lässt sich Alexander wieder aus der Küche hören.

„Weißt du, dass ich ab dieser Woche außer eurem Kurs frei hab?“

Heinrich gibt ein gegrummeltes „Ja“ von sich.

„Du hast aber noch Physik und Mathe, oder? Zum Nachholen.“

Wieder ein knappes „Ja“.

Alexander gibt Ruhe und stellt die Pfanne für Spiegeleier auf den Herd.

„Könntest du dir bitte was anziehen?“, kommt es von Heinrich.

Alexander runzelt die Stirn.

„Bitte.“

„Erst mach ich die Eier.“

Heinrich seufzt, versucht den Anblick zu seiner rechten, der aus einem halbnackten Alexander besteht, auszublenden und weiterzuschreiben. Zum Glück dauert das nur eine Minute, dann ist er wieder voll auf das Textdokument vor seiner Nase konzentriert.
 

Es war einer der darauf folgenden Tage, an dem Meister Himboldt, der, noch immer in Ketten an Händen und Füßen, in seiner Zelle gefangen gehalten wurde, seinen ersten Besucher empfing. Der Meister, mit einem Lächeln auf dem Gesicht, begrüßte seinen Gast, wobei er behauptete, gewusst zu haben, dass der kommen würde. „So?“, entgegnete der Abdecker spielerisch und kam auf den anderen zu, der, indem er selbstbewusst, trotz der Fesseln, aufrecht an der Wand stand, sein Halstuch gelöst und durch die geöffneten ersten Knöpfe des staubigen Hemdes seine muskulöse Brust entblößt, |
 

„Heinrich?“

„Ah – hm?!“

„Du wirst gerade ziemlich rot, was schreibst du?“

Heinrich wird noch ein wenig mehr rot.

„Äh, n-nichts…!“, antwortet er hastig.

Grinsend lässt sich Alexander neben ihn aufs Sofa fallen.

„Soso…Sicher, dass es um Recht und Wiedergutmachung in deinem Buch geht?“

Der Junge nickt mehrmals mit Nachdruck.

„Wolltest du nicht…die Eier…?“

„Oh. Ja!“ Der Ältere springt auf und eilt wieder in die Küche.
 

sein Halstuch gelöst und durch die geöffneten ersten Knöpfe des staubigen Hemdes seine muskulöse Brust entblößt, antwortete: „Deine Blicke, die du mir, von deinem Platz in der Kneipe aus, zugeworfen hast, waren nicht zu übersehen.“ Hierauf wurde das Grinsen auf dem Gesicht des Abdeckers breiter, und er blieb, dergestalt dass er sich, ohne den Blick vom Gefangenen zu wenden, die Peitsche vom Gürtel zog und ungeachtet fortwarf, dicht vor dem anderen stehen, sodass er dessen flachen Atem auf seinen Lippen spürte. „Hättest du dich nicht so sehr von diesem aufgeblasenen Adligen ablenken lassen,“, begann er, mit tiefer rauer Stimme, indem er eine seiner großen Hände auf den stählernen Bauch des Meisters legte, wo das Hemd durch den Schweiß am Körper klebte, „ich wäre noch dort draußen auf dem Platz über dich hergefallen…“ |
 

Heinrich schlägt völlig hochgeschreckt den Laptop zu, als er den Atem in seinem Nacken bemerkt.

„Eine Peitsche, mhm…“, kommt es von Alexander, der sich hinter ihn geschlichen hat.

„D-die braucht man, wenn man…Pferde hat…“

„Es geht also auch um Pferde?“, fragt Alexander, ernsthaft interessiert.

Nein, nicht wirklich.

„J-ja, selbstverständlich.“, antwortet Heinrich nichtsdestotrotz.

„Das Frühstück ist fertig.“

„Oh.“ Etwas widerwillig erhebt sich der Junge vom Sofa.

Das Frühstück über ist er etwas unkonzentriert, da er unbedingt weiterschreiben will.

Kaum hat er aufgegessen, hechtet er wieder zurück aufs Sofa zu seinem Laptop.

Alexander blickt etwas überrumpelt auf den leeren Platz ihm gegenüber, die Kaffeetasse an den Lippen.

„Ähm…Heinrich? Abwasch?“

„Jaja, mach du.“

„Ich bin noch nicht mal fertig mit Essen…!“

„Jaja, schon in Ordnung.“

Alexander seufzt. Irgendwie fühlt er sich gerade ein wenig vernachlässigt.

Heinrich klimpert derweil unaufhaltsam auf die Tasten.
 

indem er eine seiner großen Hände auf den stählernen Bauch des Meisters legte, wo das Hemd durch den Schweiß am Körper klebte, „ich wäre noch dort draußen auf dem Platz über dich hergefallen…“. Meister Himboldt entwich ein kehliges Lachen und er fragte, wieso er es dann jetzt nicht tue, woraufhin der Abdecker seine Hand weiter nach oben auf die nackte Brust gleiten ließ, nur mit den gehauchten Worten: „Bin ich nicht schon längst dabei?“ Der Meister, dem die Lider über den Augen schwerer wurden, bewahrte die Haltung, den anderen auszulachen, obwohl die Berührungen des Abdeckers in ihm den Wille nach mehr weckten, und er meinte, ohne über die Folgen nachzudenken, dass das wohl nicht das sei, was er unter „über dich herfallen“ verstand. Sofort griff ihm der andere in den Schritt, was ihn aufkeuchen ließ, und er hörte ihn sagen: „Ist es so besser?“, worauf er, den Kopf in den Nacken geworfen, nicht antworten konnte, da die starken Finger ihn, durch den Stoff seiner Hose hindurch, so hart massierten, dass er den Verstand zu verlieren dachte. Keuchend riss Meister Himboldt an den Ketten seiner Armfesseln, aber er kam nicht los, und der Abdecker, nachdem er kurz von ihm abgelassen hatte, um sich das Hemd über den Kopf zu ziehen, drückte ihn mit seinem nackten breiten Oberkörper gegen die kalte Wand, wo sie sich aneinander rieben. Der Meister hob fordernd seinen Kopf, sodass der Abdecker ihre Münder aufeinanderpresste, woraus ein feuchter rücksichtsloser Kuss entstand, in den Himboldt hineinkeuchte, als ihm der andere die Hose aufknöpfte und bis zu den Fußfesseln hinunter schob. Der Abdecker, dem der Schweiß über die nackte Brust rann, hob, nachdem er seinen Gürtel und die Hose geöffnet hatte, die zusammengeketteten Beine des anderen an, um ihm seinen awjlkfh|
 

„Alex, erschreck mich doch!“

Lachend sieht der Ältere zu, wie sein Freund hastig und mit puderroten Ohren und Wangen den Laptop schließt.

„Sag mal…“, fängt er an, „Kann es sein, dass das nicht ganz jugendfrei ist, was du schreibst?“

„W – wie kommst du darauf?!?“, stottert Heinrich panisch.

„Hm“, macht Alexander und kommt um das Sofa herum, um sich dicht neben den Jungen zu setzen, „Vielleicht liegt es daran, dass du…ein wenig…“ Grinsend fasst er seinem Freund in den Schritt. „…angeregt bist…?“

Heinrich schließt beschämt die Augen.

Alexander beugt sich zu ihm hinunter.

„Du siehst so sexy aus“, haucht er ihm ins Ohr, „dass ich sofort über dich herfallen könnte…“

Da legt sich auf Heinrichs Gesicht ein schüchternes Lächeln.

„Wieso…tust du’s dann nicht?“

Alexander nimmt ihm sanft den Laptop aus den Händen und legt ihn auf dem Tisch ab.

„Bin schon dabei.“

Und Heinrich muss seinem Humboldt nicht sagen, was er unter „über dich herfallen“ versteht.
 

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Ich hoffe, einige von euch, die selbst schreiben, haben sich wiedererkannt…? XD
 

Noch was zu Heinrichs Geschreibsel:

Ja, solche Sätze hat Original-Kleist geschrieben, und ja, auch hat er keine Absätze gemacht, die es vielleicht irgendwie erleichtert hätten, die langen Sätze besser zu verdauen XP

Der Inhalt hier ist zwar von mir frei erfunden, ABER:

In „Michael Kohlhaas“ gibt es wirklich einen Abdecker, der nach Kleist einen „breiten Rücken“ und eine Peitsche hat, UND es gibt tatsächlich einen Meister Himboldt! – Ist das nicht Beweis genug??? XD

Die nächste Woche geht ziemlich zügig um. Alexander besucht Heinrich ein paar Mal bei der Arbeit, wo er es natürlich nicht lassen kann, ein wenig mit „Holly“ zu flirten. Überraschenderweise trifft er dort auch seinen Professor-Kollegen, der bei der Körbchengröße-Diskussion als einziger seiner Meinung gewesen ist.

„Na, hab ich letzte Woche zu viel versprochen? Sie ist doch lecker, oder?!“

Alexander erwidert das Grinsen seines Kollegen und sieht seinem Freund nach, der in seinem kurzen Röckchen an ihnen vorbeiläuft.

„Zum Anbeißen lecker.“, meint er und notiert sich mental, Heinrich mal darauf anzusprechen, ob er das mit dem Hinternwackeln beim Laufen trainiert hat, oder ob das mit den hohen Schuhen automatisch kommt.

Für die Fahrschule macht Heinrich immer bei Ulli zwei Stunden früher Schluss. Dass der Theorieunterricht bei ihm schon fruchtet, darf Alexander jedes Mal beim Autofahren erleben.

„Nein, nicht blinken! Nur wenn du aus dem Kreis rausfährst!“, oder „Alex! Fünfzig! Nicht Siebzig!“

„Wir sind aber spät dran.“

„Ja, und?! Gesetz ist Gesetz!“

Gegen Wochenende steigen die Temperaturen noch einmal in Berlin, und da auch für Samstag und Sonntag über dreißig Grad gemeldet sind, schlägt Alexander vor, am Samstag ins Schwimmbad zu gehen, bevor die Freibadsaison beendet ist.

„Hmm…“ Heinrich sieht etwas unentschlossen aus, als er sich zu Alexander ins Bett legt; wegen der warmen Temperaturen wieder ohne Pyjama, nur in Unterhose.

„Ulrike gibt dir bestimmt frei. Du hast die Woche so viel gearbeitet.“

„Ja, das…das ist nicht das Problem.“, meint der Junge, während er seinen Zeigefinger die Muskeln auf Alexanders Bauch nachfahren lässt.

„Was dann?“, will der Ältere wissen.

„Ich…“ Heinrich weiß nicht so recht, wie er es sagen soll. „Ich hab eigentlich ne Überraschung fürs Wochenende geplant gehabt. Aber die könnte man mit einbinden.“

Interessiert sieht ihn Alexander an.

„Eine Überraschung?“

Sein Freund grinst ihn nur geheimnisvoll an.

„Ja…etwas, das dich…“ Heinrich zerstört die knisternde Stimmung mit einem ungehaltenen Kichern. „Das dich sicherlich gaanz doll freuen wird… Genauer gesagt wirst du außer dir vor Freude sein.“

Alexander verzieht skeptisch sein Gesicht.

„Nein, oder?“, fängt er an. „Du hast nicht wirklich zwei…weibliche, Nerv tötende…unausstehliche Schwäbinnen für eine Sightseeing-Tour nach Berlin eingeladen, oder?!“

„Aus unerklärlichen Gründen, ja.“

Alexander lässt sich voller Entsetzen zurück in die Kissen fallen.

„Nicht dein Ernst.“

„Doch…?“, kommt es von Heinrich, jetzt schon etwas schuldbewusst, „A-aber…Adele ist doch wirklich nett! Und Clara…wenn sie beschäftigt ist, ist sie auch zu ertragen.“

„Beschäftigt mit was?!?“, ruft Alexander verzweifelt, „Wollt ihr Sightseeing machen oder ne Shopping-Tour?!“

„Alex…“

„Gut, okay, wir können mit ihr natürlich auch zu den Chippendales gehen. Am besten ein von den Chippendales geleitetes Shopping! – Oder noch besser: Wieso veranstalten wir mit ihr nicht nen Dreier?! Und wenn Adele Lust hat, dann– “

Alexander wird durch Heinrichs Mund unterbrochen, der sich auf seinen legt.

„Ich teil dich mit niemandem.“, stellt der Junge klar, mit so einem ernsten Blick, dass es Alexander einen Schauer über den Körper jagt.

„Sag das nochmal.“

Heinrich muss grinsen. Zwar verliert er somit seinen ernsten Blick, aber er beginnt stattdessen an Alexanders Hals zu knabbern, was auch nicht schlecht ist.

„Nein, nein…“, bringt der Ältere heraus und versucht den Jungen von sich zu schieben, als dieser sich auf ihn zwängt, „So einfach kommst du mir nicht davon.“

Mit viel zu großen Augen sieht Heinrich zu ihm auf.

„Was muss ich dann tun, Herr Professor, damit Sie mir verzeihen?“

„Ich…ich hätte dich gerne von hinten.“

Der Junge sieht seinen Freund perplex an.

„Was?!? Und das war’s? Ich dachte, so einfach komm ich nicht davon?!“

Alexander erhebt sich ein wenig, um nach Heinrichs Gesicht zu fassen und einige Küsse an seinem Hals zu verteilen.

„Du wirst sehen, dass das alles andere als „einfach“ wird…“, nuschelt er und schon zieht er seinen Freund zu sich, sodass er mit dem Rücken zu ihm auf seinem Schoß sitzt, und schlingt ihm von hinten die Arme um den Körper.

„So?“, bringt Heinrich frech heraus.

Alexander leckt ihm übers Ohr.

„Ohja. Da haben schon einige kapituliert.“

„Unsere Expedition am Spiegel hat aber anders gewirkt…“

„Das zählt nicht.“, tut der Ältere die Sache sofort ab, „Ich war nicht vorbereitet.“

Heinrich kann nur lachen.

Doch als ihn sein Freund an den Handgelenken packt und sich auf die Knie erhebt, um sich von hinten an seinen Hintern zu pressen, verstummt er.

„Bekommst du jetzt eine Vorstellung von dem, was dich erwartet?“

Heinrich sieht hinab auf die Matratze, über die er gebeugt ist, die Arme nach hinten gebogen, wo ihn Alexander immer noch festhält, damit er sich nicht abstützen kann. Der Junge schließt kurz die Augen, um sich zu besinnen, damit er dem anderen nicht zeigt, wie sehr ihm diese Ankündigungen zusagen.

„Ich nehm die Herausforderung an.“, meint er schließlich nur und wird zurück in Alexanders Arme gezogen und geküsst.
 

Heinrich hat noch die Augen geschlossen. Er spürt Alexanders Fingerspitzen über seine Brust huschen, seine hauchzarten Küsse auf seiner Stirn.

„Schön, dass wir das geklärt hätten.“, hört er den Älteren flüstern.

Er selbst findet nicht die Kraft dazu, etwas zu erwidern.

„Ich glaub, deine Handgelenke sind ein wenig rot. Hoffentlich sieht man morgen nichts mehr.“

Als Heinrich wieder nichts antwortet, muss Alexander lachen.

„Hey“, sagt er, direkt über Heinrichs Gesicht, sodass dieser ihn endlich ansehen muss, „Aber dir hat’s doch gefallen, oder?“

Der Junge schließt sofort wieder die Augen. Seine Wangen färben sich tiefrot.

„Die Frage kann nicht ernst gemeint sein, oder du hast nicht mitbekommen, dass ich zweimal gekommen bin.“

Mit einem zufriedenen Grinsen schmiegt sich Alexander an seine Wange.

„Hmm…natürlich hab ich das mitbekommen. Ich hab sogar kurzzeitig mit dem Gedanken gespielt, gnädig zu sein und dich gehenzulassen, aber du bist ja schnell wieder in Stimmung gekommen…“

„Ich wollt mir das auf keinen Fall entgehen lassen…“, murmelt Heinrich und dreht sich zum Älteren herum, damit dieser ihn in die Arme schließen kann.

„So? Was denn?“

„Wie du in mir… - Du weißt’s doch ganz genau, wieso fragst du überhaupt nach.“

„Weil ich meinen Sieg über dich auskosten will.“

„Das war kein Sieg, ich war nur unvorbereitet.“

Alexander lacht leise.

„Gute Nacht, mein Schatz.“

„Nacht, mein Großer.“
 

Am Morgen wacht Alexander höchst zufrieden auf. Er muss an den vergangenen Abend denken. An seinen Triumph über Heinrich.

Mit einem Lächeln auf dem Gesicht nähert er sich seinem Freund und pustet ihm ins Ohr.

Als Heinrich erschrocken aufwacht, lacht Alexander nur.

„Du…!“

Der Junge will sich zur Revanche auf ihn stürzen, doch der Ältere rollt sie zur Seite, sodass Heinrich unter ihm liegt und sich mit zahlreichen Küssen auf die Matratze nageln lassen muss.

„Da ich gestern gewonnen hab“, nuschelt Alexander zwischen den Küssen, „bist du dafür zuständig, das Bett neu zu beziehen.“

„Nö.“, kommt es sofort von Heinrich, der seinen Freund ein wenig von sich wegdrückt, „Seh ich nicht ein.“

Lachend lässt sich Alexander nach unten sinken und beißt ihm ohne Vorwarnung in die Brustwarze.

Der Junge keucht auf und klingt gleich viel folgsamer. „O-okay…“

Alexander rollt sich von ihm hinunter.

„Und du könntest mir jetzt gleich mal meinen Laptop bringen.“

Heinrich sieht äußerst verwirrt aus.

„W-wieso das?“

„Weil ich es sage.“

Der Junge scheint wohl einige Sekunden zu überlegen, wie er sich am besten verhalten sollte, aber schließlich entscheidet er sich dazu, das Spielchen einfach mitzuspielen.

„Sofort, omnipotenter Sex-Gott.“, sagt er, so unterwürfig, wie es ihm möglich ist, und erhebt sich mit einer Verbeugung aus dem Bett.

Alexander sieht seinem Freund mit einem Grinsen nach, wie dieser sich nackt auf den Weg in sein Arbeitszimmer macht. Es dauert nicht lange, dann ist er wieder zurück, um ihm mit einer erneuten Verbeugung den Laptop zu überreichen.

„Danke.“ Alexander wuschelt ihm durch die Haare und gibt ihm einen Kuss auf die Stirn, bevor er sich die Bettdecke über den Schoß zieht, um das Gerät abzustellen und anzuschalten.

Neugierig setzt sich Heinrich neben ihn.

„Was wird das?“

„Das“, fängt Alexander an, während er sein E-Mail-Programm öffnet, „rettet uns das Wochenende.“

„Aha, wie das?“, hakt Heinrich nach, der nicht so richtig versteht.

„Ich lag gestern noch ne Weile wach, da ich nicht so k.o. war, wie gewisse andere Leute, die einfach keine Ausdauer haben – “

„Hey!“

„ – und hab nochmal wegen Clara überlegt.“

„Du willst sie aber doch nicht loswerden?!?“, ruft Heinrich entsetzt.

„Nein, nur beschäftigen.“, antwortet Alexander mit einem sonderbar hinterhältigen Lächeln auf dem Gesicht, als er eine Mail von einem gewissen femalebody_explorationspecialist anklickt, um darauf zu antworten.
 

Hi,

sorry, check nicht so oft meine Mails.

Lust heute mit ins Freibad zu gehen? Treffen uns um 14:30 unter der Weide.

LG Alex
 

Alexander klickt auf abschicken.

Auf Heinrichs Gesicht schleicht sich ein Grinsen.

„Ich glaub, ich weiß, was du vorhast…“, meint er und räumt den Laptop beiseite, um statt dessen auf dem Schoß seines Freundes Platz zu nehmen.
 

-----------
 

Na? Wisst ihr auch, was Alex vorhat...? ;)

„Und ich dachte, Heinrich würd noch als Kind durchgehen.“

Lachend fährt sich Clara durch die roten Locken, ihre modische Badetasche geschultert, die schicke Sonnenbrille auf der Nase.

„Als wenn der Studentenrabatt nicht schon genug wär…“

Alexander hat Mühe, richtig ernsthaft neidisch auszusehen, da er mit zwei Luftmatratzen bepackt ist.

„Als wenn die Eintrittskarten jetzt soo teuer sind…“

Heinrich lässt es sich nicht nehmen, seinem Freund in den Hintern zu zwicken, sodass dieser in seinen Flipflops fast stolpert.

„Hach, ist es hier schön.“

Adele ist die erste, die unter der großen Weide am Baggersee ankommt und mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht sich in ihrem Kleidchen umschaut.

Um sich größeren Aufwand zu ersparen, haben sich die vier Ausflügler am Hotel der beiden Frauen getroffen und die Sightseeingtour nur auf dem Weg zum Freibad durch die Scheiben Alexanders Jeep abgehalten. Jetzt ist es kurz nach halb Drei – und der Platz unter der Weide ist noch leer.

Etwas nervös sieht sich Alexander um. Er hat von femalebody_explorationspecialist keine Rückmeldung mehr erhalten. Müssen sie sich jetzt doch mit Clara herumschlagen?

„Auf, auf!“

Wenn man vom Teufel spricht…

Aufgeregt steht die Rothaarige vor den ausgebreiteten Decken, ihre Tasche noch umgehängt, und sieht die übrigen auffordernd an.

„Ich will euch in Badehose sehen! Zieht euch um!“

Adele wird ein wenig rot.

„M-mich hoffentlich nicht.“

Clara zieht sie mit einem Lachen zu sich und legt ihr einen Arm um die Schulter.

„Nein, dich will ich in deinem schnuckeligen Bikini sehen.“

Mit diesen Worten zieht sie ihre Freundin mit sich und sie verschwinden in einer Umkleide.

Heinrich, der in seinem ärmellosen Shirt und kurzen Hosen auf der Decke sitzt, sieht den beiden skeptisch nach.

„Schau dir das an.“, meint er, „Bei denen sagt niemand was. Und wenn wir zwei zusammen in einer Umkleide verschwinden würden, würd man uns rausschmeißen.“

Alexander seufzt grinsend und streckt sich ein wenig; solche Luftmatratzen sind schwerer, als man denkt…

„Tja, so ungerecht ist das Leben.“, kommentiert er, bevor er sich neben seine Tasche kniet, um seine Badehose herauszufischen.

„Gehen wir auch?“

„Ist doch nur noch eine frei.“

„Okay. Bis gleich.“

Alexander wirft ihm noch ein Grinsen zu, bevor er sich auf den Weg zur freien Umkleide macht.

Heinrich muss nicht lange warten, er kann gerade seine Badehose heraussuchen, da kommen Clara und Adele auch schon wieder umgezogen ins Freie.

Adele setzt sich sofort auf die Decke und fährt sich ein wenig schüchtern über die nackten Arme, während Clara, die Hände in der Hüfte, vor Heinrich stehenbleibt.

„Und?“, fragt sie. „Wie seh ich aus?“

Der Junge wendet seine Augen sofort ab, sieht sich lieber Adeles Bikini an, der nicht so knapp geschnitten ist, rosa-weiß kariert, mit kleiner Schleife.

„Sehr…ausladend.“, bekommt er schließlich heraus und lässt seinen Blick nur noch einmal kurz über den knallgrünen Stoff wandern, der viel zu wenig bedeckt.

Zufrieden lässt sich auch Clara, ein wenig graziler als Adele, auf ihre Decke sinken.

„Da bin ich ja beruhigt.“, meint sie mit einem Zwinkern.

Heinrich macht sich schnell auf den Weg zur Umkleide. Gerade will er in die freie Kabine, da öffnet sich bei Alexander die Tür.

Dem Jungen schießt das Blut in die Wangen. …nicht nur in die Wangen.

„Alex…!“ Heinrich versucht seine Stimme leise zu halten, als er seinen Freund wütend anblickt, „Hast du keine…Shorts oder…oder irgendwas, was nicht so…eng ist?!“

Alexander lacht leise und hält seinem Freund die Tür auf.

„Ach was, wo soll das eng sein? So sind Badehosen nun mal geschnitten.“

Heinrich antwortet nicht, sondern verschwindet in der Kabine.

An ihrem Platz wird Alexander von einer entzückten Clara empfangen.

„Oh-mein-Gott. Lecker.“, gibt sie von sich und klatscht ihre Hände vor dem Körper zusammen.

„Danke, danke. Wär ich hetero würd ich das Kompliment zurückgeben.“, entgegnet der Professor mit einem halbherzigen Grinsen.

„Kannst du mir mal verraten, wie man so braun wird?“, fragt Clara interessiert und rückt ein wenig näher an ihn heran.

„Nen Sommermonat in Südamerika verbringen. – Nicht zum Shoppen.“

Clara gibt ihm eine Kopfnuss.

Alexander wird von Adele erlöst, die ihre Freundin darum bittet, ihr den Rücken einzucremen.

Nur kommt es soweit gar nicht, denn da erscheint plötzlich Heinrich an ihrem Platz und wirft seine Kleider in die Tasche.

Alexander will irgendwas sagen, doch bis er seine Sprache gefunden hat, wird der Arme schon von Clara angefallen.

Freudig wirft sie sich ihm um den Hals und drückt ihn an sich.

„Gott, bist du dir überhaupt bewusst, wie heiß du aussieht?!“

Mühsam macht sich Heinrich wieder von ihr los und setzt sich schüchtern lächelnd auf die Decke zu seinen Freunden.

Alexander schüttelt den Kopf. „Was hast du mir vorhin versucht zu erklären? Meine Badehose wär zu eng?“

„Nein! Nein, ihr seht perfekt so aus!“, widerspricht Clara sofort.

Heinrich wuschelt sich peinlich berührt durch die Haare.

„Die hab ich schon, seit ich fünfzehn bin…“, meint er leise an Alexander gewandt.

„Das…das ist keine Entschuldigung.“, versucht dieser nicht nachzugeben.

„Heinrich, cremst du mir den Rücken ein?“, kommt es plötzlich von Adele.

Irritiert sehen Clara und Alexander zu, wie Heinrich der Bitte sofort nachkommt und freudig die Sonnencreme auf Adeles Haut verteilt.

„Ähm…“ Mit einem Zwinkern hebt die Rothaarige dem Älteren ihre Tube Sonnencreme entgegen.

Alexander seufzt, bevor er sich an diese schwierige Aufgabe wagt. Noch nicht einmal Heinrichs Rücken darf er eincremen; das übernimmt schon Adele.

Eigentlich hat der Professor ja geplant, den beiden Frauen im großen See dann aus dem Weg zu gehen, aber bis die Sonnencreme getrocknet ist, muss auch er auf der Decke sitzen, beziehungsweise liegen bleiben und sich so Claras Gerede antun.

Schlimm genug, dass es um Schuhe und irgendwelche heißen Schauspieler geht, Heinrich beteiligt sich auch noch an der Diskussion!

Gerade versucht Clara, auch ihn ins Gespräch einzubinden, und Alexander denkt, er wäre verloren, da taucht am Horizont – okay, hinter den Umkleidekabinen – seine Rettung auf.

„Na, endlich!“

Ohne der Rothaarigen zu antworten, springt Alexander auf und läuft seinem Kumpel entgegen.

„Hast du die Mail doch noch gelesen.“

„Oui, und ich bin gekommen, obwohl du mir nicht auf meine vorigen sechsundzwanzig Mails geantwortet hast.“

Alexander klopft ihm grinsend auf die Schulter.

„Es hat sich gelohnt, wirst sehen.“, meint er und dreht sich wieder zu den anderen herum.

„Darf ich vorstellen“, fängt er an, „Das sind Clara und Adele. Wir haben die beiden in New York kennengelernt. – Das ist Aimé Bonpland. Er war mit mir vor vier Jahren in Amerika.“

„‘allo, die Damen.“

„Oh, hi.“

„Hallo.“

Als Bonpland schon in Badeshorts sein Handtuch neben der Decke der Frauen ausbreitet, kann sich Alexander mit einem zufriedenen Grinsen neben Heinrich setzen. Schon jetzt kann der Franzose nämlich seine Augen nicht mehr von Claras Brüsten losreißen und die Rothaarige ihren nicht von seiner gebräunten Bauchmuskulatur.

„Die sind wir los.“, flüstert der Ältere seinem Freund zu.

Heinrich sieht ihn ein wenig skeptisch an.

„Arme Clara.“, meint er.

„Armer Bonpland.“, meint Alexander.

Heinrich springt auf und zieht Adele mit sich Richtung See.

„Auf, Leute! Wir sind zum Schwimmen hier!“
 

Alexander muss feststellen, dass Heinrich im Wasser ziemlich albern ist. Wenn er selbst Schwimmen gegangen ist, dann bisher immer nur, um ein paar Bahnen zu schwimmen, einige Runden im See… So etwas hat ihm immer zur Entspannung dienen sollen und als Ersatz fürs Joggen. Aber Heinrich…

Nicht das erste Mal kippt Alexander fast um, als der Kleine ihm unter Wasser die Beine wegreißt.

„H-hey!“

Lachend fischt er nach seinem Freund. Als er ihn zu fassen bekommt, tunkt er ihn zur Bestrafung unter.

Keuchend flüchtet sich Heinrich zu Adele.

„Hilf mir, Alex ist ganz böse zu mir!“

Alexander lacht nur und lässt sich nach vorne ins Wasser sinken, um einige Schwimmzüge zu machen.

„Bonpland? Lust, ne Runde zu drehen?“, fragt er seinen Kumpel, womit er sich erhofft, den zwei Frauen und dem albernen Heinrich für ein paar Minuten zu entkommen.

„Nicht mit dir, mon ami.“, kommt es jedoch vom Franzosen, während er Clara einen eindeutigen Blick zuwirft, den diese mit einem koketten Schmunzeln erwidert.

Alexander versucht es noch einmal: „Wer zuerst auf der anderen Seite ist?“

„Bin dabei!“ Mit einem Platschen stürzt sich Bonpland ins Wasser und Alexander hechtet lachend los, der andere ihm hinterher.

„Dass die so albern sein müssen…“, beschwert sich Clara schmollend.

Heinrich sieht breit grinsend zu ihr auf.

„Keine Sorge, er kommt schon wieder zu dir zurück, so wie der von deinem Vorbau hypnotisiert ist.“

Die Rothaarige gibt sich alle Mühe, das freche Grinsen zu erwidern.

„So? Ist er das? Du etwa auch?“

Adele kichert leise. Heinrich läuft rot an und zieht seine Augenbrauen zusammen.

„N-niemals.“

„Och, Heinrich…“

Die Augen des Jungen weiten sich, als Clara näher rückt und ihre Arme auf seinen Schultern ablegt, sodass bei ihrer und seiner Körpergröße sein Blickfeld nur noch von zwei großen Attraktionen dominiert wird.

„L-lass das, das ist nicht…nicht…“, versucht Heinrich sich loszumachen.

„Wie süß! Du bist sooo zum Knuddeln!“, ruft Clara freudig und presst ihn an sich.

„Clara, h-hör auf!“, ruft Adele besorgt, als Heinrich zu röcheln beginnt, und die Größere lässt ihn widerwillig los.

Der Junge schnauft erleichtert durch, fasst sich ans Herz.

„Danke, das…diese Erinnerung werd ich wieder aufleben lassen, wenn ich mal ganz dringend was zum abtörnen brauch.“

Clara streckt ihm die Zunge raus.

„Keine Angst“, meint Heinrich versöhnend, „Es gibt tausende Männer, bei denen wirkt das gegenteilig.“

„Man brauch sich nur mal den Spanner da hinten anschauen.“, zischt Adele genervt.

Clara dreht sich fragend um, und als sie einen jungen Mann erblickt, der sie wie benommen anstarrt, winkt sie ihm grinsend zu und zupft sich das Bikinioberteil zurecht.

„Meinst du, sie lässt sich auf diesen Franzosen ein?“, nuschelt Heinrich in diesem unbeobachteten Moment Adele zu.

„Wie ich sie kenne, leider ja.“, tuschelt diese zurück.

Beide seufzen sie schwer.
 

Als Alexander und Bonpland wieder zurückkommen, sind die zwei Frauen und Heinrich beim Wasserballspielen.

Während der eine hinüber zu seinem Freund schwimmt, macht der Franzose dadurch auf sich aufmerksam, dass er Clara von hinten packt und ihr in die Seite zwickt, was diese aufschreien lässt.

Lachend wendet sie sich zu ihm um.

„Du bist ja einer…“, raunt sie ihm zu, „Gehst gleich richtig ran, hm?“

„Du solltest mich mal en action erleben. Das ‘ier war noch gar nichts.“

„Stimmt. An einen Franzosen hat Frau hohe Erwartungen…“

„Hey, ihr beiden! Konzentriert euch gefälligst aufs Spiel!“, mischt sich Heinrich ein und wirft Bonpland gezielt den Ball an den Kopf.

„E‘, was willst du, Kleiner?!“, ruft der Franzose mit einem Grinsen und schmettert den Ball zurück.

Alexander hechtet ihm entgegen und wehrt ihn mit einem Schlag ab.

Dadurch entsteht ein erbittertes Duell, in dem Adele den Schiedsrichter spielen darf, worin sie richtig aufblüht. Auch als Clara ihr androht, ihr die Freundschaft zu kündigen, bleibt sie dabei, Heinrich und Alexander anzufeuern.

Erschöpft, aber allesamt mit einem amüsierten Grinsen auf dem Gesicht, beenden sie irgendwann die Schlacht, als sie einstimmig feststellen, dass sie jetzt etwas essen könnten.

Clara und Bonpland steigen zuerst aus dem Wasser. Heinrich sieht deutlich, wie sie die Blicke nicht voneinander lassen können. Aber gut, warum nicht? Solange beide ja schließlich stets auf der Suche nach was Kurzem, Heftigen sind, wird es ihnen wohl keinen Abbruch tun, sich auch auf diese Liebelei, die wohl in einem One-Night-Stand enden wird, einzulassen.

„Auf! Oder hast du keinen Hunger?“ Zärtlich stößt ihn Adele mit einem Kichern an, und sie verlassen nach Alexander das Wasser.

Heinrich stellt sehr schnell fest, dass er seinen Blick nicht von Alexanders Hintern lassen kann. Aber erst, als sie alle wieder auf der Decke sitzen, sich abtrocknen, da stellt er fest, dass auch andere ihre Blicke nicht von eben diesem lassen können.

Zuerst glaubt er, sich getäuscht zu haben. Nein, die zwei jungen Frauen da drüben auf den Handtüchern begaffen nicht gerade seinen Freund, und auch die eine da vorne sieht doch eigentlich bestimmt gerade an ihnen vorbei. Sicherlich.

Doch auch als sich Alexander neben ihn genüsslich auf die Decke legt, sieht Heinrich, wie die Frauen diesem laufend verstohlene Blicke zuwerfen.

„Ist was, hm?“, fragt der Ältere besorgt und verschränkt die Arme unter seinem Kopf.

„Nichts.“, grummelt Heinrich nur ein wenig genervt vor sich hin.

Alexander muss leise lachen. Er setzt sich wieder ein wenig auf, wobei sich seine wohldefinierten Bauchmuskeln anspannen. Die Tropfen rinnen ihm über die gebräunte Haut und bringen sie in der Sonne zum Glänzen.

„Sag schon.“, fordert er den Jungen abermals auf, „Muss doch einen Grund dafür geben, dass du schmollst.“

„Na, die…!“ Wütend verschränkt der Kleine die Arme vor dem Körper. „Die begaffen dich doch regelrecht!“, zischt er.

„Hm?“ Alexander sieht sich planlos um. „Wer?“

„Die da! Und die da drüben, und die neben Clara und Bonpland, die sich so lasziv auf ihrem Handtuch räkelt, und – bäh! Jetzt zieht die sich auch noch das Oberteil aus!“

Alexander lacht nur.

„Bist du etwa eifersüchtig, hm?“

Heinrich krallt seine Finger in die Decke, sieht nicht auf, als er mit vor Wut glühenden Wangen antwortet.

„Sag denen, die sollen aufhören…! Du gehörst mir!“

„Hmm“, macht Alexander und fährt sich durch die Haare, was eine Frau in der Nähe zum Seufzen bringt, „Dann musst du ihnen das zeigen, dass ich dir gehör.“

Verwirrt blinzelnd sieht Heinrich nun auf.

„Ich…was?!“

„Auja!“, kommt es plötzlich von Adele, die anscheinend als einzige zugehört hat. „Mach das, Heinrich, markier dein Revier! – ähm…du weißt, was ich mein…“

Grinsend wendet sich der Junge wieder seinem Freund zu.

„So. Soll ich das machen, hm?“

Alexander schenkt ihm ein gefälliges Grinsen.

„In Anbetracht der Tatsache, dass die eine da vorne sich soeben mit ner Tube Sonnencreme in der Hand erhebt und mich anvisiert, solltest du dich damit beeilen.“

„Gerne.“, entgegnet Heinrich, bevor er sich auf die Knie erhebt und sein Gesicht von oben auf das von Alexander sinken lässt. Ihre Nasenspitzen berühren sich, als die Hände des Jungen über die Brust in den Nacken des Älteren fahren.

„Meins.“, haucht Heinrich, bevor er ihre Lippen aufeinanderlegt, sich an der unteren des anderen festsaugt. „Nur meins…“

„Nur deins.“, gibt Alexander von sich und fasst seinen Freund sogleich am Hinterkopf, um ihre Münder wieder zusammenzuführen.

Heinrich kann es nicht lassen, schadenfroh in den Kuss hinein zu grinsen, als er aus dem Augenwinkel die entsetzten und enttäuschten Gesichter der umliegenden Frauen sieht. Besitzergreifend legt er seine Hände auf Alexanders beneidenswerte Brust.

„Heyheyhey! Nicht in aller Öffentlichkeit!“

Widerwillig lässt Heinrich vom Älteren ab, als dieser, durch Claras Kichern gestört, notgedrungen den Kuss beendet.

„Wir haben grad beschlossen, dass du und Aimé uns was Anständiges zu essen holt.“, teilt Clara Alexander mit.

„Ah, gut zu wissen.“, entgegnet dieser und fährt Heinrich noch einmal zärtlich durch die Haare, bevor er sich erhebt.

Als Alexander und sein Kumpel sich auf den Weg machen, stellt der Junge zufrieden fest, dass ihm nun keine aufreizenden Blicke mehr folgen, sondern die Frau mit der Sonnencreme sogar ziemlich verdattert und niedergeschlagen aussieht.

„Sieht er nicht heiß aus…“

Adele und Heinrich sehen sich bei diesen Worten Claras skeptisch an.

„Meinst du nicht, er ist ein wenig…frech?“, tut Adele ihre Bedenken kund.

„Das werd ich ihm schon noch austreiben…“, versichert die Rothaarige mit einem dreckigen Grinsen.

„Themawechsel.“, beantragt ihre Freundin.

„Sehr gut.“, meldet sich Heinrich zu Wort und setzt sich zu den Frauen auf ihre Decke, „Ich brauch eure Hilfe.“

„Oh! Wobei denn?“, fragt Clara sofort neugierig nach.

„Alex hat in vierzehn Tagen Geburtstag und ich hab keine Idee, was ich ihm schenken soll.“

Adele schlägt freudig ihre Hände zusammen. „Auja! Wir denken uns ein Geburtstagsgeschenk für ihn aus! Das macht immer so Spaß!“

„Ich wusste, ich kann auf euch zählen.“, lacht Heinrich.

„Was hat er denn für Hobbys“, will Clara wissen, „dein Alexander, außer Sex?“

Der Junge verdreht die Augen, bevor er antwortet.

„Er reist gerne. Und die Antike scheint ihn zu interessieren. Die Philosophie…ähm…Autos…vielleicht…?“

„Aha“, meint Clara, „Ich sehe, du kennst deinen Alex ja ziemlich gut…“

„N-natürlich kenn ich ihn gut!“, ruft Heinrich entrüstet und wird ein wenig rot. „Ich…ich weiß genug über ihn, das reicht mir.“

„Sicherlich.“, setzt die Rothaarige wieder an, dieses Mal mit einem dreckigen Grinsen, „Solche Sachen über ihn zu wissen, würd mir auch vollkommen langen…“

„Och, du…!“

„Hey, ihr zwei – ich hab’s!“

Verwirrt sehen die beiden Streithähne Adele an.

„Was hast du?“

„Das perfekte Geburtstagsgeschenk für Alexander!“

„Was denn?!?“, ruft Heinrich begeistert.

„Du schenkst ihm einfach das, wofür er sich – wie wir alle wissen – auf jeden Fall interessiert.“

„Und…das wäre?“, hakt Heinrich irritiert nach.

„Na, du!“

Ein wenig unsicher blickt der Junge seine Freundin an. Clara hingegen scheint ebenso begeistert von der Idee zu sein.

„Ja, genau!“, stimmt sie zu, „Du schenkst ihm einfach dich – das ist genial!“

„Wie…aber…gehör ich ihm nicht schon?“

Die Rothaarige wuschelt ihm entzückt durch die Haare.

„Ach, Heinrich, du. Du schenkst dich ihm natürlich in ganz neuer Aufmachung. In extra-Geburtstags-Aufmachung mit Schleifchen! Und dann darf er dich die ganze Nacht lang auspacken…“

Der Junge will irgendetwas empört erwidern, doch da sind Alexander und Bonpland schon wieder zurück, die Hände voller Pappteller Pommes Frites und Currywurst.

„Na?“ Alexander gibt ihm einen kleinen Kuss. „Hast du’s mit den beiden überlebt?“

„Grade so.“, antwortet Heinrich grinsend und hakt sich bei ihm ein, als der Ältere neben ihm Platz nimmt.

Genüsslich lässt sich Heinrich ein wenig von seinem Freund füttern, während sich in seinem Kopf schon ein Plan für den 14. September formt.
 

Als das Freibad schließt, machen sich die Freunde noch auf den Weg in eine von Bonpland empfohlene Bar. Clara ist so fasziniert von seinem Motorrad, dass sie unbedingt bei ihm mitfahren will. Kurzerhand erhält sie seinen Helm und darf aufsteigen.

Sie schlingt ihre Arme um seinen muskulösen Oberkörper und achtet darauf, sich auch ja eng genug von hinten mit ihren Brüsten an ihn zu drücken.

„Bis gleich!“, ruft der Franzose den anderen noch zu, bevor die beiden davondüsen.

„Tja“, seufzt Alexander und blickt ihnen nach, „Sieht so aus, als wenn du heute Nacht das Hotelzimmer für dich hast, Adele.“

„Bin ich gewohnt.“, winkt diese nur ab.

Heinrich legt ihr einen Arm um die Schultern.

„Komm, steig ein.“
 

Der Abend verläuft noch fröhlich und heiter, Clara und Bonpland kommen sich immer näher…Adele und Heinrich auch – also, auf emotionaler Basis. Sie ist wohl mit Tamaya zusammen die einzige Frau, mit der er sich versteht. (Seine Schwester zählt nicht.) Alexander schaut dem Ganzen zu und wird von Adele dazu genötigt, ein paar Fotos von ihrer lustigen Runde zu machen. Die dann natürlich früher oder später auf Facebook auftauchen werden…Ein Glück ist er als Fotograf dann nicht so oft drauf.
 

Es ist nicht weit nach Mitternacht, als Clara und Bonpland sich erheben. Ohne große Erklärungen zu schwingen verabschieden sie sich von ihren Freunden, es wäre sowieso zwecklos, man weiß Bescheid, was die beiden vorhaben.

Heinrich kommt die gleiche Idee, aber Adele zuliebe bleiben sie noch ein Stündchen sitzen, bevor auch sie sich auf den Heimweg machen.

Vor dem Hotel steigt Heinrich mit aus dem Auto, da er hinten bei seiner Freundin saß.

„Gute Nacht.“, wünscht er ihr und umarmt sie.

„Gute Nacht, Heinrich. Und macht euch keine Sorgen, ich hab ja was zu tun.“, meint sie, wobei sie den Fotoapparat hochhebt. „Bis morgen sind die besten Fotos alle hochgeladen.“

„Spitze.“, lacht der Junge und winkt ihr noch zu, bevor er wieder zu Alexander in den Wagen steigt.

„Weißt du was?“, sagt er.

„Was?“, entgegnet sein Freund.

„Der Mann muss erst noch erfunden werden, den sie verdient hat.“

Alexander lächelt ihn an, bevor er den Wagen in Bewegung setzt, während Heinrich sich noch einmal umdreht, um zu sehen, wie Adele durch die Eingangstür des Hotels verschwindet.
 

Wer hätte zu diesem Zeitpunkt gedacht, dass bald irgendwo anders ein lockiger Rotschopf, der nicht schlafen kann, sich unmotiviert durchs Internet klicken wird, bis er bei Heinrichs Facebook-Seite und dem darauf verlinkten Bild hängen bleibt, auf dem sein Kumpel mit einer jungen Frau zu sehen ist, an die er auf den ersten Blick sofort sein Herz verliert.
 

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Hm. Irgendwie hab ich hier wohl versucht, die mangelnde Qualität durch Quantität wieder auszugleichen…Man merkt deutlich, dass ich ne Pause brauch^^'

Und die werd ich auch bis zu Alex' Geburtstag einlegen – aber keine Angst, wird nur paar Tage oder so sein, voraussichtlich. Ihr könntet mir aber helfen, indem ihr mir Ideen gebt, was die beiden noch vor Heinrichs Geburtstag (bis zu dem es immerhin noch ein Monat ist) so alles erleben könnten… :)

Ich hoffe, dann kann ich euch auch für die Wartezeit mit einer Überraschung entlohnen, an der ich schon arbeite ;)

Da es gestern ein wenig später geworden ist, rührt sich in der Wohnung, die mittlerweile außen das Schild Kleist/Humboldt trägt, auch erst entsprechend spät etwas am nächsten Morgen: Heinrich öffnet seine Augen einen Spalt, ortet seinen Freund und rückt näher zu ihm, um sich an ihn zu schmiegen.

Alexander gibt ein leises Grummeln von sich und legt seine Arme um den anderen.

„Gut geschlafen, hm?“, flüstert der Junge und fährt dem Älteren über die nackte Brust.

„Mhm.“, bringt Alexander heraus, „Das Bad war entspannend.“

Heinrich muss kichern. „Aha, so was nennst du „entspannend“…?“

„Jaa…“, seufzt sein Freund und beißt ihm sanft in die Schulter, „Danach lagen wir ja noch eine Weile ausspannend im Wasser.“

„Wohl eher erschöpft.“

„Schön, dann eben erschöpft. Du warst aber auch richtig gut…obwohl du oben warst.“

„Was soll das denn jetzt bitte heißen?!“, lacht Heinrich erbost und zwickt den anderen zur Strafe in die Seite. „Außerdem hat das nicht lange angehalten…“

„Tut mir Leid“, haucht Alexander und gibt dem Jungen einen Kuss auf die Stirn, „Du weißt doch…wenn’s mit mir durchgeht, dann…“

Heinrich grinst ihn dreckig an.

„Ich weiß sehr wohl, ja.“, meint er und lässt seine Hände von der muskulösen Brust auf den Bauch wandern. „Es hat mir übrigens sehr gefallen, was du wieder von dir gegeben hast.“

Alexander erwidert hierauf nichts und weicht dem Blick seines Freundes aus, als dieser zu ihm aufsieht.

Heinrich muss schmunzeln. Sanft nimmt er das Gesicht des Älteren zwischen seine Hände und drückt ihm einen Kuss auf die Lippen.

„Du musst dich doch nicht schämen dafür.“

„Tu ich nicht.“, nuschelt Alexander nur und rollt sich auf seinen Freund.

„Du solltest dich aber für deine Disney-Pyjamas schämen.“, meint er und schiebt eine Hand unter das bedruckte Pyjamaoberteil, „Wenn’s wenigstens Micky oder Donald Duck wären…“

„Mir gefällt Arielle aber besser.“, beschwert sich Heinrich und wehrt sich gegen Alexanders Hand, indem er das Bild der Meerjungfrau und ihrem tierischen Begleiter Fabius wieder glattstreicht. „Und wenn’s dir nicht gefällt, dann lass halt die Finger davon.“

Alexander lacht nur und denkt nicht daran. Unter Heinrichs Bauchnabel ergattert er eine Stelle nackte Haut, auf die er seinen Mund ansetzt.

„N-nicht!“, bleibt der Junge stur und versucht seinen Freund an den Schultern wegzudrücken, doch vergeblich.

Der Mund des Älteren hinterlässt eine feuchte Spur auf seinem Bauch, als er höher wandert und das Oberteil wegschiebt.

„Die Katzen auf dem anderen sind noch schlimmer…“, nuschelt Alexander.

„N-nein, gar nicht!“, wehrt sich Heinrich, „Die Aristocats sind s-süß…!“

Sein Freund lacht nur.

Heinrich keucht auf, als ihm Alexander in den Schritt fasst.

„Naja“, murmelt der Ältere, „Der Stoff ist toll.“

Jetzt reicht es. Der Junge richtet sich entsetzt auf die Ellenbogen auf.

„Nicht in meinem Disney-Pyjama!“

Alexander ignoriert ihn, hat ihm mit einem Ruck die Hose heruntergezogen und leckt ihm über die Spitze, bevor er ihn in den Mund nimmt.

Heinrich kann nicht leugnen, dass es gewissen Körperregionen gefällt, was sein Freund mit ihm macht, aber es geht hier ums Prinzip: Wenn er „Nein“ sagt, dann heißt das auch „Nein“.

„Alexander! Lass mi – hhn… Ich hab gesagt, nicht in meinem Disnnnh~ hah…“

Alexander hat es gewagt, auch seinen Finger, etwas tiefer, auf Reisen zu schicken.

„W-wenn du den versaust, i-ich…! Ich sag dir…! M-mit der Hand muss man den wa-ah…nnh…nnnicht…“

Heinrich schlägt erschrocken die Augen auf, als es auf seinem Nachttisch klingelt. Erleichtert stellt er fest, dass es sein Handy ist und dass Alexander soeben von ihm abgelassen hat. Schnell ergreift er seine Chance und nimmt ab.

„Adele!“, schnauft er mit einem Grinsen, „Danke! Du hast soeben die Unschuld meines Disney-Pyjamas bewahrt!“

Alexander verdreht deutlich genervt die Augen.

„Ähm, nein, bei Gelegenheit erklär ich’s dir vielleicht mal. … Nein, die Bilder hab ich noch nicht gesehen. Wir sind grad aufge – am Aufstehen. … Heute?“ Fragend sieht er zu seinem Freund. Der schüttelt energisch den Kopf. „Ja, wieso nicht?“, antwortet Heinrich also nur zu gerne. „Du und Clara, ja. Ich schau mal, ob Alex Interesse hat.“ Wieder ein energisches Kopfschütteln. „Ja, klar. Wir frühstücken erst mal und dann können wir ja nochmal telefonieren. … Okay. Bis dann.“

Zufrieden legt Heinrich auf und wirft das Handy auf die Matratze, bevor er den Älteren triumphierend ansieht.

„Kommt davon, wenn man nicht hören will.“, meint er.

Alexander lehnt sich nach vorne, um ihm sanft in die Unterlippe zu beißen, bevor er ihn küsst.

„Rache ist süß.“, flüstert er, mit einer Stimme, die Heinrich sofort – unvermeidbar – ein paar Etagen tiefer anregt.

Schneller, als der Junge schauen kann, wird er vom anderen auf dessen Schoß gehoben. Von hinten schließen sich die starken Arme um ihn. Heinrich keucht hilflos auf, als eine der großen Hände seine Erregung packt und auf und ab zu reiben beginnt.

„Nicht, Alex…ich will nnnh~“

Alexander saugt genießerisch an seinem Ohrläppchen. Wie er es genießt, das spürt der Jüngere auch durch dessen Shorts. Seine eigene Hose hängt ihm mittlerweile an den Knien.

„Ich weiß nicht, was du hast, Heinrich.“, raunt ihm Alexander zu, „Schau deinen Körper an, dem gefällt’s.“

„Hah…n-nicht den Pyjama…dreckig mmah…hah…“ Hastig schiebt der Junge sich das Pyjamaoberteil hinauf, um es auszuziehen.

Alexanders freie Hand hält ihn davon ab.

„Nein“, flüstert der Ältere und küsst seinen Hals, „Der macht dich doch so süß.“

Heinrich grinst außer Atem. „J-jetzt auf einmal?“, bringt er heraus.

„Schon die ganze Zeit.“, entgegnet Alexander und der Junge kann spüren, wie er sich gerade aus seinen Shorts befreit.

„A-Alex…wirklich nicht…bitte lass mich das erst auszieh– “

Heinrich stöhnt auf, als er Alexander an seinem Eingang spürt.

„N-nicht…“

Beide schrecken sie hoch, als das Handy plötzlich wieder zu klingeln beginnt.

Mit einem genervten Stöhnen lässt der Ältere seinen Freund los. Dieser zieht sich die Hose wieder hoch und fischt noch ein wenig zittrig nach dem Telefon. Als er den Namen auf dem Display leuchten sieht, räuspert er sich ein paar Mal, um sicherzugehen, auch wirklich ganz normal zu klingen, dann erst nimmt er ab.

„Hallo, Mama.“

Alexander lässt sich resignierend kopfüber in die Kissen fallen.

„Nein, wir waren schon so gut wie wach. … Ja, ähm, heute? Wirklich gerne, nur…Es sind ein paar Freundinnen aus Stuttgart hier, die wir in New York kennengelernt haben. … Ja, aber die beiden hätten bestimmt nichts dagegen, wenn du mitkommst. … Keine Ahnung, ob Alex nicht was anderes vorhat. … Ja, ich überleg mir was. Wir frühstücken erst mal und dann sehen wir weiter. … Okay, ich ruf dich an. … Tschau.“

Heinrich legt auf und betrachtet grinsend seinen Freund, der auf dem Bauch liegt und sich nicht rührt. Sein Grinsen wird breiter, als er bemerkt, dass die heruntergezogenen Shorts seinen gebräunten Hintern freigelegt haben.

Der Junge lässt es sich nicht nehmen, auf die rechte Pobacke einen Kuss zu drücken.

„Tja“, meint er, bevor er sich auf den Größeren legt, „Hättest dir halt was Älteres suchen müssen, das keine Disney-Pyjamas trägt und keine Anrufe von seiner Mutter bekommt.“

Alexander gibt ein Schnauben von sich, das wohl ein Lachen sein soll.

„Nee, bin schon zufrieden mit dem, was ich hab.“, nuschelt er ins Kissen.
 

Heinrich ist zufrieden, als er seinen Freund dazu überreden kann, den Frühstückstisch zu decken, während er sich duscht. Den – zum Glück unversehrten – Disney-Pyjama hat er feinsäuberlich gefaltet auf seiner Bettseite abgelegt.

Als er hinunter in die Küche kommt, sitzt Alexander, immer noch in seinen Shorts, mit einer Tasse Kaffee am Tisch. Er sieht ein wenig erstaunt aus, als er den Jungen erblickt.

Denn der trägt ein weißes, längsgestreiftes Shirt, dazu eine knallenge schwarze Röhrenjeans und er hat – er hat sich die Haare hochgegelt. Alexander kann es kaum fassen.

„Was…was schaust du so?“, fragt Heinrich ein wenig unsicher, als er ihm gegenüber am Tisch Platz nimmt. „Sieht’s scheiße aus?“

„N-nein! Auf gar keinen Fall, nur…anders…“ Auf Alexanders Gesicht legt sich ein Grinsen. „Man kann fast nicht glauben, dass das der junge Mann ist, der vorhin noch einen Disney-Pyjama getragen hat.“

Heinrich verdreht die Augen.

„Woher hast du die Sachen?“, will der Ältere wissen.

„Die Hose hab ich noch aus New York, das Shirt hab ich mir letzte Woche gegönnt. Meine erste Anlage für mein Gehalt. – Das mit dem Gel hat mir Tim mal vorgeschlagen und ich hab mir ne Dose zugelegt, aber es bisher noch nie ausprobiert.“

Alexander nickt. „Das ist gut. Unseres ist fast leer.“

Heinrich wirft seinem Freund einen mahnenden Blick zu.

Haargel, Alexander, kein Gleitgel.“

„Ulrike hat angerufen, ob du heute arbeiten kommst.“

„Morgen.“

„Dann ruf sie zurück.“

„Ich wollt sie sowieso anrufen. – Vanille, bitte, wenn du neues kaufst.“

Lächelnd wendet Alexander sich wieder seiner Tasse zu, während Heinrich zum Telefon greift.

„Ja, hi, ich bin’s, Heinrich. … Nein, wenn du so lieb bist, mir heute noch freizugeben, dann bück ich mich am Montag ein paar Mal mehr, okay?“

Alexander versucht, sich diese Szenerie mit den tausenden gaffenden Männern nicht vorzustellen.

„Danke, du bist ein Schatz! Und du wirst es kaum glauben, aber ich werd heute deine Kundschaft trotzdem ein wenig ankurbeln. … Jaja, stell dir vor: Ich bestell einen Tisch für fünf Personen. … Lass dich überraschen. … Okay, bis dann. Freu mich schon. Bye.“

Bye?!“, wiederholt Alexander ungläubig.

„Ja, das sagt sie immer, und?“, entgegnet Heinrich.

Alexander winkt ab. „Jaja, ist ja schon gut. Aber was immer du heute auch vorhast, ich bin nicht dabei. Da sind mir eindeutig zu viele Frauen involviert.“

„Och…“ Enttäuscht nimmt der Junge bei seinem Freund auf dem Schoß Platz und schlingt ihm die Arme um den Hals. „Sicher, dass du nicht mitkommen willst?“

„Jap. Ich hab außerdem schon ein länger anstehendes Date mit Caroline und ihren Geranien, das ich heute wohl mal wahrnehmen werd.“

Fragend sieht Heinrich den Älteren an.

„Du hast was?!?“

„Naja“, fängt Alexander an, „Sie hat gemeint, sie muss mir noch ne Einweisung geben, für unsere Blumen auf dem Balkon.“

„Ähm…die gießt man einfach, wenn’s nicht regnet.“

„Jaha!“, lacht Alexander, „Das glaubst du, dass das so einfach geht. Schon alleine beim Gießen kann man tausend Sachen falsch machen…!“

„Sagt wer?“

Alexander verdreht die Augen. „Caroline, wer sonst?“

Heinrich muss lachen und beugt sich zum Älteren hinunter, um einen Kuss von ihm zu erhaschen.
 

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So, es geht weiter hier :) Die Überraschung ist im Prinzip in trockenen Tüchern, ich muss uns jetzt nur noch drauf „hinschreiben“ ^^
 

Achja: Wer mir sagt, wie oft in diesem Kapitel das Wort „Disney-Pyjama“ erwähnt wird und wie viel Euro Gebühren ich dafür zahlen müsste, der erhält einen Keks. Einsendeschluss war gestern XD

„A-also, wenn ich’s nochmal erwähnen darf: Das sieht echt geil aus.“

Heinrich verdreht lachend die Augen.

„Das war jetzt das dritte Mal, Adele, danke. Noch einmal und du hast Clara eingeholt.“

„Und den Tipp mit den Haaren hat dir ein Studienkollege gegeben, ja?“, hakt Adele noch einmal nach, als sie gerade an der Fahrschule vorbeilaufen.

„Jap. Tim war das.“, antwortet Heinrich, „Er hat gemeint, damit würd ich vielleicht von meinem Baby-Look wegkommen.“

„Aber der war doch süüüß!“, ruft Clara sofort und Heinrich kann gerade noch ihre Hand weggeschlagen, die es wagen wollte, ihm durch die hochgestellten Haare zu wuscheln.

„Was sagt denn Alexander dazu?“, will Adele wissen, „Ich hab den Eindruck, er hat den süßen, schüchternen Heinrich sehr gemocht.“

Der Junge grinst sie an und hebt eine Augenbraue. „Oh, er wird den frechen, hemmungslosen Heinrich auch noch lieben lernen, keine Sorge.“

Während Adele knallrot anläuft, muss Clara schmunzeln.

„Naja“, meint sie, „Er wird sich wohl nicht drüber beschweren können, immerhin hat er dich verdorben.“

„Richtig.“, stimmt ihr Heinrich zu, bevor er stehenbleibt. „Das hier ist es. Das Café meiner Schwester.“

„Sieht gemütlich aus.“, stellt Clara fest.

„Ist es auch.“, meint Heinrich und sie treten ein.

Es sind nur zwei Tische besetzt, einige Männer sitzen an der Bar – und warten wohlmöglich verzweifelt darauf, dass Holly endlich wieder erscheint. Ulrike ist gerade am Gläserspülen, weshalb ihr Heinrich nur ein „Hi!“ zuwirft und ihr winkt. Er beschließt einfach mal, an einem der freien Vierertische Platz zu nehmen.

„Das hinter der Bar ist deine Schwester?“, fragt Clara neugierig nach.

„Ja, das ist Ulrike.“

„Sieht man irgendwie, dass ihr verwandt seid.“

„Dabei haben wir nur den gleichen Vater.“, entgegnet Heinrich und nimmt eine der Karten aus dem silbernen Halter in der Mitte des Tisches. „Ich nehm an, ihr wollt nen Kaffee?“

„Ja, ich glaub, ich nehm nen Latte Macchiato.“, meint Clara.

„Und du?“, fragt Heinrich seine Freundin.

„Ich trink keinen Kaffee.“, antwortet Adele ein wenig schüchtern.

„Cool!“, entgegnet Heinrich begeistert, „Jetzt sind wir schon zu dritt! Lang lebe der Kakao!“

Lachend schlägt Adele mit ihrem Gegenüber ein.

„Wieso zu dritt?“, fragt Clara verwirrt.

„Tim“, meint Heinrich und deutet auf seine Frisur, „trinkt auch keinen Kaffee.“

„Ist der schwul?“, kommt es interessiert von der Rothaarigen.

„Ähm…nein.“, antwortet ihr Heinrich ein wenig skeptisch, „Wieso?“

„Na, dann musst du ihn unbedingt mal mit Adele bekanntmachen!“

„Clara…! Er ist so alt wie Heinrich. Er ist doch noch ein Kind…“

„Du nicht?“, lacht die Rothaarige amüsiert.

Ihre Freundin will noch etwas empört erwidern, da erscheint Ulrike an ihrem Tisch.

„Heinrich!“

Der Junge springt auf, um seine Schwester zu umarmen.

„Verdammte Scheiße, siehst du gut aus! So schrecklich erwachsen und…männlich…“ Grinsend zwickt sie ihm in die Wange, bevor er sich wieder setzen kann.

Ulrike stützt sich indessen auf dem Tisch ab und schenkt ihre ganze Aufmerksamkeit Heinrichs Begleiterinnen.

„Hallo, die Damen. Darf ich euch zur Begrüßung was spendieren?“

Bevor Clara und Adele, die doch leicht erstaunt über diese Geste sind, etwas erwidern können, seufzt Heinrich laut auf.

„Ulli. Beide hetero.“

„Oh“ Seine Schwester richtet sich wieder auf. „Schade“, meint sie, „Aber wenn ihr mal was anderes braucht, sagt Bescheid, ja? Ansonsten wär ich jetzt bereit, die Bestellung aufzunehmen.“

Clara ist die erste, die sich wieder fängt, während Adele noch etwas verstört dreinblickt.

„Einen Latte Macchiato, bitte.“

„Für mich und Adele eine heiße Schokolade.“, übernimmt Heinrich die Bestellung.

„Kommt sofort.“ Schwungvoll hechtet Ulrike wieder zurück zur Bar.

„Was…? Ist sie immer so gut drauf?“, fragt Clara nach.

„Sie ist nur happy, dass mal wieder weibliche Kundschaft da ist.“, winkt Heinrich ab, „Normalerweise ist sie unausstehlich.“

„Ahso.“

„Wann wollte deine Mutter kommen?“, klingt sich Adele wieder ein.

Heinrich holt sein Handy aus der Tasche, um nach der Uhrzeit zu sehen. „Um Halb. Sie müsste also gleich hier sein.“

Mit einem Grinsen sieht er zu Clara auf. „Du darfst aber gerne schon anfangen, uns zu berichten, wie deine französische Nacht so war…“

„Oh.“, gibt die Rothaarige mit einem höchst vergnügten Gesichtsausdruck von sich. „Gerne doch.“

„Weiß es Adele schon?“, fragt Heinrich.

„Jedes Detail.“, beklagt sich diese.

„Okay, nimm bitte Rücksicht auf mich.“, merkt der Junge Clara gegenüber an, „Du weißt, dass mir bei Details, die mit Brüsten und weiblichen Geschlechtsteilen zu tun haben, leicht schlecht werden kann.“

Alle drei schrecken sie auf, als plötzlich ein fünfter Stuhl an ihren Tisch geschoben wird, auf dem eine grinsende Ulli Platz nimmt und das Tablett mit den bestellten Getränken auf dem Tisch abstellt.

„Brüste und weibliche Geschlechtsteile?“, wiederholt sie mit funkelnden Augen, „Das klingt, als könnte es spannend werden.“

Clara lacht nervös.

„Aber bitte verschon mich mit Einzelheiten über jegliche Art von männlichen Ausprägungen, das könnte bei mir zu Übelkeit führen.“

Clara sieht ein wenig verzweifelt in die Runde.

„A-aber dann…wenn ich weder erwähnen darf, wie geil er auf meine“ – „NEIN!“ – „war, noch wie megamäßig sein riesiger“ – „IIIIIH!“ – „mich angetörnt hat, dann hab ich ja gar nichts mehr zu erzählen…!“

Während Adele ihre Freundin über dies hinwegtrösten muss, bemerkt Heinrich die Frau, die soeben das Café betritt und sich ein wenig unsicher umschaut.

„Mama, hier sind wir!“, ruft er freudig und kommt ihr auf halbem Wege entgegengelaufen, um sich ihr in die Arme zu werfen.

„Heinrich, wie siehst du denn…?! Nein, das ist ja…!“ Entzückt betrachtet sie ihren Sohn von oben bis unten, bevor sie ihn noch einmal an sich drückt.

„Du siehst richtig klasse aus.“

„Danke.“, entgegnet Heinrich etwas beschämt und lässt sie wieder los.

„Sind die Chucks original aus New York?“

Bevor der Junge auf diese Frage seiner Mutter eine Antwort geben kann, schreit Clara auf.

„Oh, mein Gott! Sie wissen, was Chucks sind! Sie müssen ja voll die coole Mutter sein!“

Heinrich räuspert sich. „Ähm, ja, aus New York.“

Als sie an den Tisch kommen, ist Ulrike die erste, die ihnen entgegenkommt.

„Hey, Juliane, wie geht’s?“ Mit einem freundlichen Lächeln hebt sie ihre Arme, um ihre darüber ziemlich überraschte Stiefmutter zu umarmen.

„D-danke, gut. Und dir, Ulrike?“

„Och, auch ganz gut. Du siehst ja, ich hab mir hier was Neues aufgebaut.“

„Ja, ich bin ganz begeistert, dass dir das gelungen ist!“, meint Juliane und sieht sich noch einmal beeindruckt um, bevor sie wieder ihr Gegenüber anblickt. „Ich freu mich richtig für dich, wirklich.“

Ulrike klopft ihr schmunzelnd auf die Schulter. „Ich freu mich für dich, dass du den Alten endlich los bist.“

Juliane erwidert ihr Lächeln halbherzig, bevor sie sich den anderen beiden Frauen am Tisch zuwendet.

„Mama, das sind Clara und Adele. Das ist meine Mutter, Juliane.“, macht Heinrich bekannt, bevor sie sich die Hände reichen und Juliane mit am Tisch Platz nimmt.

„Entschuldigen Sie meinen Ausbruch von eben, ich bin immer so drauf.“, merkt Clara an.

„Nicht schlimm.“, lacht Juliane, „Aber wir können uns gerne duzen.“

„Okay, cool.“

„Was darf ich dir bringen?“, macht Ulrike auf sich aufmerksam und nimmt das Tablett wieder auf.

„Oh, ähm…einen Cappuccino, bitte.“

„Kommt sofort.“

Mit einem schüchternen Lächeln sieht Juliane in die Runde.

„Danke, dass ich auch kommen durfte, ich wollte Heinrich nur unbedingt mal wiedersehen…“

„Um Gotteswillen, kein Problem!“, meint Clara sofort und grinst sie an, „Du musst es nur über dich ergehen lassen, wie ich von meinem gestrigen One-Night-Stand berichte.“

Juliane vermeidet es, so knallrot wie eine Tomate anzulaufen.

Als Ulrike mit dem Cappuccino wieder da ist, beginnt Clara zu erzählen.

„Also“, fängt sie an, „Wir sind mit seiner geilen Maschine bei ihm im Hinterhof angekommen–“

„Sorry, wenn ich dich kurz unterbrechen muss“, wirft Heinrich ein und wendet sich seiner Mutter und Ulrike zu, „Er ist ein Franzose, mit dem Alexander vor einigen Jahren in Amerika war, und die geile Maschine ist sein Motorrad.“

„Ah, okay.“

„Kannst fortfahren, Clara.“

„Danke“, meint die Rothaarige, bevor sie noch einmal ansetzt: „Er hat also das Motorrad ausgeschaltet und auf den Ständer gestellt, dann wollte er hoch in die Wohnung…“
 

„Wo willst du hin, Süßer?“

Er warf ihr ein Grinsen zu. „Ich dachte, wir wollen noch ein wenig Spaß ´aben.“

„Natürlich wollen wir das, aber wieso bleiben wir dazu nicht hier? Ich glaub, ich hab mich in deine Maschine verschossen.“

Sie schwang ihr rechtes Bein über das Motorrad, sodass sie sich ihm zuwenden konnte, die Arme neben sich auf dem Sitz abgestützt, die Pumps fest auf dem gepflasterten Boden. Ihr kurzer Rock war gerade so weit hochgerutscht, dass Bonpland die Farbe ihrer Unterwäsche erahnen konnte.
 

„A-auf dem Motorrad?!?“, ruft Heinrich entsetzt.

Clara nickt mit einem überschwänglichen Grinsen.

„Nicht, dass ich dir zu nahe treten wollte“, mischt sich Ulrike ein, „aber ich stell mir dieses Bild von dir auf der Maschine grad echt geil vor.“

„Oh, danke.“

Heinrich nippt an seiner heißen Schokolade und versucht eben dieses schreckliche Bild wieder aus seinem Kopf zu bekommen.

„Ja“, macht Clara weiter, „Er hat sich also wieder zu mir ans Motorrad begeben, wo wir erst mal ne Weile rumgeknutscht haben.“

„Und?“, fragt Juliane, „Sind Franzosen wirklich so gute Küsser?“

Heinrich verschluckt sich schockiert. Hat sie das eben wirklich gefragt?! Seine Mutter?!?

„Oooh, ja.“, entgegnet Clara, „Aber er wurde leider schnell unkonzentrierter, während er meine Brüste ausgepackt hat.“

„Das Wort!“, ruft Heinrich geschockt.

„Jaaa!“, kommt es freudig von Ulrike.

„Dann wollte er mit seinen Händen sofort unter meinen Rock, aber das hab ich ihm gleich abgewöhnt.“

„Womit du’s dir bei ihm sicherlich verdorben hast.“, wirft Heinrich ein.

„Wieso?“, fragt Adele.

„Na!“, meint der Junge, „Der ist doch total der Macho! Denkt ihr, der lässt sich gerne was von ner Frau sagen?!“

„Männer, pah!“, kommt es von Ulrike, was jedoch niemand beachtet.

Clara sieht Heinrich zuversichtlich an. „Ich weiß nicht, wie es vor mir war“, fängt sie an, „aber ich bin mir sicher, jetzt steht er total auf Frauen, die wissen, was sie wollen.“
 

„Wo willst du denn hin, mit deinen Händen, hm?“

„Ich will dir nur Gutes, ma chérie…“

„Dann tu mir hier Gutes.“, hauchte sie und nahm seinen Kopf, um ihn kurzerhand zwischen ihre Brüste zu pressen.
 

„Ulli…dir fallen gleich die Augen aus, pass auf…“, nuschelt Heinrich genervt, bevor er sich an Clara wendet: „Und er hat dann echt auf dich gehört?“

„Ohja, er ist mit seinen Händen nicht mehr in die Nähe meines Rocks gekommen, bis er vollkommen nackt war.“

„Oh, jetzt wird’s eklig.“, befürchtet Ulrike und verzieht das Gesicht.

„Achjeh!“, lacht die Rothaarige, „So amüsiert hab ich mich schon lange nicht mehr. Er hat doch tatschlich gemeint, wenn ich meinen Rock nicht ausziehen will, ob ich ihm dann einen blas!“

„Was du natürlich getan hast.“, vermutet Heinrich, während seine Schwester angeekelt die Augen schließt.

Clara sieht ihn grinsend an. „Najaaa…er hat ja schon nen geilen Körper…Er ist noch muskelbepackter als dein Alex– “

„Alex ist nur muskulös!“, hat Heinrich einzuwenden, „Er ist sportlich, nicht so…aufgedunsen, wie dieser…! So nen Körper würd ich niemals als geil bezeichnen.“

Clara grinst ihn herausfordernd an.

„Ach, nein?“, meint sie.

„Nein.“, beharrt Heinrich.

Die Rothaarige schmeißt sich die Haare zurück über die Schultern, bevor sie ihre Arme auf dem Tisch aufstellt und ihre Zeigefinger in einer bestimmten Entfernung voneinander ihm entgegenhebt.

Der Junge erwidert ihr Grinsen, stellt ebenfalls seine Arme auf, und lässt seine Zeigefinger auseinanderwandern.

Clara vergeht ihr überlegenes Grinsen.

„Nicht dein Ernst!“

„Nein, nicht mein Ernst, sondern Alexanders Alex.“

Ulrike springt entsetzt auf. „Iiih! Ihr seid pervers!“

Juliane und Adele laufen rot an.

„A-also…In diesem Falle hat Alex gewonnen…“, gibt Letztere zu.

„Aber doch nur mit höchstens anderthalb Zentimetern Unterschied!“, beschwert sich Clara.

„Oh, die spürst du, die anderthalb Zentimeter Unterschied, das kann ich dir sagen.“

Als Heinrich die geschockten Blicke von Mutter und Schwester bemerkt, schlägt er sich die Hände über dem Mund zusammen.

„Ähm…hab ich eben nicht gesagt…vergesst’s ganz schnell wieder…“

Juliane nickt eifrig, als wenn sie das auch wirklich vorhat.

„Also, weiter, Clara“, fordert Adele ihre Freundin auf.

„Ah, ja.“, beginnt diese also wieder, „Wie gesagt hat er zwar – in meinen Augen, und darauf kam’s in der Situation ja an – einen geilen Körper…und er war auch schon ganz schön spitz, kann ich euch sagen“ Grinsen seitens Clara.

Würgen seitens Ulrike.

„Aber ich tu so was generell nur für die schüchternen Typen – dir zum Beispiel, Heinrich, würd ich den Gefallen gerne mal tun.“

„Danke, nein.“

„Also hast du ihm eine geschmiert und dir geschworen, lesbisch zu werden.“, vermutet Ulrike, wohl nicht ganz ernstgemeint.

„Fast.“, entgegnet Clara.
 

„Wenn du deinen Rock nicht für mich auszie´en willst…Wie wäre es, wenn du deinen ´übschen Mund mir ein wenig widmest…?“

Lachend zog sie ihn näher, sodass sie ihre Beine um seine Hüfte schlingen konnte, wodurch ihr der Rock nun ganz hochrutschte.

„Ich bin mir sicher, mon chéri“, meinte sie, während sie sich unter seinem gebannten Blick den Slip auszog, „dass dein Mund sich zuerst mir ein wenig widmen will.“

Mit diesen Worten rammte sie ihm ihre Absätze in die Kniekehlen, sodass er vor ihr auf die Knie sackte.
 

„Er war bestimmt nicht gut!“, wirft Ulrike ein, „Männer sind darin nie gut!“

„Och, doch, ich hatte schon einige, die konnten das ausgezeichnet“, meint Clara, „aber du hast Recht: Aimé gehört nicht dazu. Es hat mir nur so gut gefallen, weil es sich äußerst genugtuend angefühlt hat.“

Heinrich hat sich seiner heißen Schokolade zugewandt, mit der er gerne ein gesondertes Gespräch beginnen würde, anstatt weiter über so etwas zu reden.

Juliane sitzt mit roten Wangen neben ihm. Sie muss unweigerlich an gestern Nacht denken.
 

„M-Micha, was…?!“

„Schhh…entspann dich. Ich will dich nur ein bisschen verwöhnen…“

„A-aber doch nicht d-da…! Hn…oh, Gott…hah…“
 

„Mama?“

„Äh, was?!“

„Alles in Ordnung?“

„Ja. Klar.“

Heinrich sieht sie noch einen Moment skeptisch an, dann wendet er sich wieder Clara zu, die gerade – die gerade echt überlegt, ob sie auf Ulrikes Angebot eingehen soll, sich von ihr…?!

„Sag mal, spinnt ihr?!“, ruft der Junge entsetzt, „Wenn das sein muss, dann verschiebt diese Diskussionen bitte auf nachher, wenn ich nicht mehr zuhören kann! Erzähl schon weiter, Clara, damit wir mal fertig werden.“

„Oh, aber sie ist doch erst bei der ersten Runde.“, merkt Adele mit einem ironischen Unterton an, der darauf hindeutet, unter welchen romanhaften Erzählungen sie schon zu leiden hatte.

„Okay, okay, ich mach weiter.“, erbarmt sich die Rothaarige jedoch, „Nachdem er mir also eine Weile die“ – „Jaaaa, wir wissen Bescheid, bitte weiter.“ – „hab ich ihn zu mir hochgezogen und ihn aufs Motorrad gesetzt, ich auf seinen Schoß– “

„Habt ihr verhütet?!“, kommt es – von Juliane. Heinrich verdreht die Augen. Von wem sonst?

„Ja, das war ja die Sache…“, fängt Clara an.

Die Augen aller Anwesenden weiten sich entsetzt.
 

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Eure auch…? XD
 

Das nächste Kapitel ist nochmal so lang, keine Angst^^ Deshalb hab ich hier auch getrennt :)

Die Augen aller Anwesenden sind entsetzt auf Clara gerichtet, die doch tatsächlich eben auf die für eine Frau lebenswichtige Frage, ob sie verhütet haben, mit einem „Ja, das war ja die Sache…“ geantwortet hat.

„Ihr hab nicht verhütet?!!!“

Bevor Clara etwas erwidern kann, erheben sich von der Bar aus ein paar genervte Stimmen.

„Wenn wir nicht mehr bedient werden, Ulli, okay, aber könntet ihr euch bitte etwas leiser eure Bettgeschichten erzählen?!?“

„Genau! Interessiert uns nen Scheißdreck, ob die verhütet haben, oder nicht.“

„Oder ob die Rothaarige ne Domina ist.“

„Oder ob sie so wahnsinnsgroße Titten hat.“

Ulrike wirft den drei Männern einen tödlichen Blick zu.

„Dafür, dass es euch nicht interessiert, habt ihr ja überraschend viel mitbekommen!“, ruft sie hinüber.

„Und wieso will der Kleine da nichts von Brüsten wissen? Is der ne Schwuchtel, oder wie?“

Es scheppert laut und der Mann, der die letzte Äußerung von sich gegeben hat, fliegt, vom Tablett am Hinterkopf getroffen, vom Barhocker.

„Ich bekomm sechs Euro fürs Bier, und lass dich hier nie wieder blicken!“

Wütend schnaubend nimmt Ulrike wieder am Tisch Platz.

„Okay, du kannst.“, meint sie, an Clara gewandt.

Diese beantwortet endlich die von allen gestellte Frage.

„Ich sitz also auf seinem Schoß, mach ihn noch ein bisschen geil, dann merk ich, wie er mich an der Hüfte fast und mich doch tatsächlich auf sich ziehen will.“
 

„Hey, hey, was wird das?“

„Ich dachte, wir kommen endlich zur Sache.“

„Ohne Kondom, oder wie?“

„‘ab grad keinen da.“

Sie erwiderte sein Grinsen, aber ihres war nicht ganz echt. Was dieser Typ sich nur herausnahm…!

„Schön, dass ich immer eins dabei hab.“, meinte sie und stieg von ihm herunter, um vor ihm auf dem Motorradsitz Platz zu nehmen. „Da in meiner Tasche.“

Er sah sie fragend an.

„Ja, entweder, du ziehst dir so ein Ding über, oder das wird nichts mit uns, Süßer. Dann mach ich’s lieber mit deinem Motorrad, das reicht mir auch.“
 

Heinrich beginnt zu lachen.

„Ich kann mir richtig sein verdattertes Gesicht vorstellen! Das hast du richtig klasse gemacht, Clara! Ich bin stolz auf dich!“

„Tja, ich musste ihm diese Lektion erteilen.“, entgegnet die Rothaarige mit einem Grinsen, „Und stell dir vor, er war ganz brav und hat meine Tasche nach meinem Kondomvorrat durchwühlt, während ich mich ein wenig mit seinem Motorrad amüsiert hab…“

„Ahhh, dieses Bild…“ Entzückt sieht Ulrike ihre Tischnachbarin an.

„Dann ist er zurückgekommen und hat geschworen, mich für diese Schikane jetzt richtig hart ranzunehmen. Ich hab ihm dann mal gezeigt, was „richtig hart rannehmen“ überhaupt heißt.“

Mit einem Zwinkern beendet Clara diese Episode.

Während sie mit der zweiten im Hausflur und der dritten im Bett fortfährt, holt Ulrike Nachschub zum Trinken; Juliane klingt sich ein wenig aus.

Sie kann gar nicht glauben, dass es Menschen gibt, die so offen über solche Sachen reden können. Hätte sie nur ein bisschen mehr Mumm, dann wären sie und Michael schon viel früher endlich mal dazu gekommen. Stattdessen hat sie geglaubt, er wolle gar nicht so weit mit ihr gehen, und er dachte, ihr reiche das Küssen und Kuscheln. Erst als er dann endlich nach ihrem Besuch bei Heinrich und Alexander die Sache angesprochen hat, konnte sie mit Mühe und Not zugeben, was sie von ihm wollte.

Michael konnte es gar nicht glauben, dass sie seit Heinrichs Geburt keinen Sex mehr gehabt hatte. Aber Joachim ist nicht der Typ für Zärtlichkeiten gewesen, und dann hatten sie beide so viel mit den Kindern zu tun… Sie hat es nie wirklich vermisst, aber seit sie weiß, dass sie sich in Michael verliebt hat, verspürt sie den Drang, ihm auch auf diese Weise nahe zu sein.

Und ihre Aussprache hat sich gelohnt. Er ist so zärtlich zu ihr, jedes Mal überhäuft er sie mit Komplimenten, die sie immer rotwerden lassen, sagt ihr, wie sehr er sie liebt…

Letzte Woche hat er sie völlig aus der Fassung gebracht: Wie sehr er es doch bereut, niemals in den Genuss gekommen zu sein, Vater zu werden. Seitdem ist er noch zuvorkommender und liebenswürdiger zu ihr, sodass sie wirklich nicht weiß, was sie tun soll…

„Und dann“, dringen Claras Worte wieder zu ihr, „hat der mich doch tatsächlich gefragt, ob ich die Dusche benutzen will.“

„Ja, ähm…“ Heinrich versteht nicht ganz, worüber sie sich aufregt, „Ist das nicht nur höflich, bei einem One-Night-Stand?“

„Ich weiß ja nicht, wie das in der Schwulenszene oder bei anderen Frauen läuft, aber bei mir heißt One-Night-Stand immer, dass der, der nachhause einlädt, am nächsten Morgen wenigstens noch fürs Frühstück sorgt, wenn der Sex annehmbar gut war.“
 

„Duschen? Gerne, Süßer, morgenfrüh, während du das Frühstück richtest, okay?“

„Äh…oui.“
 

„Das hat er gemacht?“

„Jap. Ist zum Bäcker gedackelt und hat frische Brötchen geholt. Zur Belohnung hab ich ihm zum Abschied dann sogar – letztendlich doch – einen geblasen.“

Ulrike springt entsetzt auf.

„Ich glaub, ich hab einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen.“

Heinrich erwidert das Grinsen der Rothaarigen.

„Das können wir ganz einfach herausfinden.“, meint er und holt sein Handy heraus.

„Hey, Schatz, ich bin’s. … Jaa, wir haben unseren Spaß. Du auch? … Wusst ich’s doch, dass wir die armen Pflanzen die ganze Zeit schon total falsch behandeln. Gut, dass du jetzt mal Bescheid weißt, wie man sich richtig um sie kümmert. … Genau. Du, ich wollt fragen: Hat sich Bonpland zufällig bei dir gemeldet?“

Die Frauen horchen auf.

„Aha.“, kommt es interessiert von Heinrich. „Ahja. … Mhm. … Dann gib mir doch einfach die Nummer von ihm, dann kann sich Clara aussuchen, ob sie sich nochmal bei ihm meldet.“

Triumphierend reckt die Rothaarige eine Faust gen Himmel und klatscht daraufhin mit Adele ein, die ihr eine Hand entgegenhebt.

Als Heinrich sich von seinem Freund verabschiedet und aufgelegt hat, wendet er sich an Clara: „Er ist, Zitat: „total baba“, was wohl soviel heißt, wie „von den Socken“, was du mit ihm, Zitat: „abgezogen“ hast. Außerdem ist er, Zitat: „trés verwirrt“, was das für Gefühle sind, ob er einfach nur eine Revanche will, oder ob du ihm – was er natürlich schon kategorisch ausgeschlossen hat – vielleicht doch tatsächlich, Zitat: „den Kopf verdreht“ hast.“

„Gotcha!“, ruft Clara freudig, „Ich spendier euch allen ne Runde Freibier! So viel Spaß hatt ich lange nicht mehr mit einem Mann!“

Heinrich hat indessen die SMS von Alexander mit Bonplands Nummer erhalten, die er auf dem Block von Ulrike notiert, bevor er das abgerissene Blatt Clara reicht.

„Viel Spaß damit.“

„Den werd ich haben.“, verspricht die Rothaarige.

„Sooo…“, fängt Adele an, „Dann erzähl du doch mal ein bisschen, Heinrich.“

„Ich?“ Erstaunt sieht der Junge seine Freundin an. „Was denn?“

„Zum Beispiel was es mit der „Unschuld“ deines Disney-Pyjamas von heute Morgen auf sich hat.“

„Oookay“, meint Ulrike, „Ich sorg dann mal lieber fürs Freibier.“, und erhebt sich.

„Adele…“, fängt Heinrich an, „Meine Mutter hört zu.“

Juliane kichert leise. „Der Pyjama mit Ariel, oder der mit den Aristocats?“

Der Junge sieht sie geschockt an.

„Heute Morgen der mit Ariel…“, nuschelt er beschämt.

„Also?“, hakt Adele noch einmal nach.

„Naja...“, fängt Heinrich an, „Alex wollte halt…aber ich wollte nicht, weil ich den Pyjama doch schon so lange hab und…ich hab ihm erzählt, dass ich nicht will, dass er dreckig wird, weil man ihn mit der Hand waschen muss, da sonst der Aufdruck abgeht – was auch stimmt, aber…“

„Du wolltest nicht, dass Alex dich in deinem Disney-Pyjama, an dem noch so viele Kindheitserinnerungen hängen, durchnimmt und dem Pyjama so die kindliche Unschuld raubt.“

Heinrich hebt Clara einen Zeigefinger entgegen. „Geeenau.“, meint er, „So in etwa.“

Adeles Augen weiten sich mit Erkenntnis.

„Also…wart ihr grad…miteinander zugange, als ich angerufen hab…?!?“

„Ja, so kann man das nennen.“, entgegnet Heinrich.

Seine Mutter schlägt sich die Hand vor den Mund und sie läuft knallrot an.

„I-ich…“

Der Junge räuspert sich. „Ja, ähm…du hast uns auch…unterbrochen – Aber zum Glück! Mein Disney-Pyjama ist dir dankbar dafür.“

„Freibier!“, kommt es von Ulrike, als sie mit einem gefüllten Tablett Cocktails am Tisch erscheint.

„Freibier?“, lacht einer der Männer an der Baar höhnisch.

„Freibier für Frauen, ihr Idioten!“, kläfft Ulrike.

„Freibier mit Niveau!“, ruft Clara und prostet den Männern zu.

So genießt die fröhliche Runde ihre Cocktails und Ulrike bekommt zahlreiche Komplimente für ihre Mixkunst.

„Ich muss Alex mal nach dem Namen von dem Cocktail fragen, den ich in New York getrunken hab, damit du den mal versuchen kannst.“, meint Heinrich, „Der schmeckt nämlich echt spitze!“

Clara fängt plötzlich an lauthals zu lachen. Verwirrt sehen die anderen sie an.

„Gott, ist das komisch! Mir ist nur grad aufgefallen, was…was…!“

„Jetzt sag schon!“, fordert sie Adele auf, „Wir wollen auch lachen.“

Die Rothaarige versucht sich zu beherrschen, bevor sie sich Ulrike zuwendet und ihr einen pikanten Blick zuwirft.

„Na“, fängt sie an, „Schmeckt dir der Cocktail?“

Ulrike sieht sie ein wenig verwirrt an. „…Ja…?“, entgegnet sie vorsichtig.

Claras Grinsen wird breiter.

„Und ich dachte, du stehst nicht auf Schwänze.“

Adele ist die erste, die die Anspielung auf die Übersetzung aus dem Englischen versteht, dann stimmt auch Heinrich ins Gelächter mit ein. Juliane läuft rot an. Sie wird wohl nie mehr einen Cocktail trinken können, ohne hieran zu denken.

Cocktail“, lacht Heinrich, „Ist das nicht gleich zweimal Schwanz?“

„Ach, ihr seid doch alle total albern.“, grummelt Ulrike, „Und pervers! Eigentlich heißt das nichts anderes als „Hahnenschwanz“ und das hat rein gar nichts mit dem zu tun, an was ihr wieder denkt.“
 

Als Heinrich Hunger bekommt und auch die Damen meinen, sie könnten etwas zu essen vertragen, erlaubt ihnen Ulrike, beim Lieferservice zwei Straßen weiter was zu bestellen.

Als der Anruf kommt, das Essen wäre jetzt fertig, schickt sie zwei der Männer an der Bar los, im Gegenzug zu einem Freibier.

„Und die kommen trotzdem immer wieder?!“, fragt Clara erstaunt.

„Jap.“, antwortet ihr Ulrike und wirft Heinrich einen unauffälligen Blick zu, „Normalerweise ist Holly hier, meine neue Bedienung. Du weißt schon: Niedliches Gesicht, kurzer Rock, Strapsen…“

„Aaah…“, kommt es von Clara, „Jetzt versteh ich, wieso sie das über sich ergehen lassen.“ An Adele gewandt ergänzt sie: „Da müssen wir nochmal vorbeikommen und uns diese Holly mal anschauen, oder?“

Adele will gerade etwas erwidern, da räuspert sich Heinrich.

„Ähm, genau, wie lange bleibt ihr denn noch in Berlin?“, will er wissen.

„Noch bis Donnerstag.“, antwortet ihm die Jüngere, „Meinst du, wir finden noch einen Termin, an dem du und Alex uns die Stadt zeigen könnt?“

„Naja…wohl eher nicht.“, gibt Heinrich zu, „Ihr wisst ja, die Uni…und dann mach ich grad noch meinen Führerschein…“

„Oh, schade!“, jammert Clara, „Und Alex hat wirklich auch so viel zu tun?“

„Ja. Leider.“, meint Heinrich. Wenn die wüssten, dass Alex ja im Moment eigentlich frei hat…

„Aber, Clara“, fängt er an, „Du könntest doch deinen französischen Verehrer fragen, ob er ein wenig Sightseeing mit euch macht.“

Die Rothaarige winkt ab. „Nee, ich glaub, dafür ist der nicht geeignet.“

„Naja, vielleicht reißt Adele jetzt ja einen auf, der euch die Stadt zeigen kann.“, lacht der Junge.

Seine Freundin zeigt ihm den Vogel.
 

Heinrich kommt erst spät abends nachhause. Er findet Alexander auf dem Sofa vor dem Fernseher vor.

„Na? Ausgetratscht?“, wird er mit einem Grinsen begrüßt.

„Jap.“, antwortet Heinrich und steigt ihm auf den Schoß, „Alle Geheimnisse über unser Sexleben ausgeplaudert.“

Im ersten Moment scheint ihm der Ältere das tatsächlich zuzutrauen, denn seine Augen weiten sich, dann muss er schmunzeln.

„Jaja, das sieht dir ähnlich.“

Genießerisch fährt er dem Jungen mit seinen Händen die Seiten entlang, über die Taille, hinab auf den Hintern.

„Darf ich bitte meine schlechte Reaktion von diesem Morgen auf deinen neuen Look wiedergutmachen?“, fragt er leise.

„Versuch’s mal.“, fordert ihn Heinrich mit einem spitzbübischen Grinsen auf.

„Du siehst geil aus.“

„Das hat mir Clara schon gesagt. Sogar Adele.“

Alexander sieht eine Weile überlegend zu ihm auf.

„Gut“, meint er schließlich, „Dann muss ich mich wohl besser ausdrücken.“

„Bitte.“

Der Ältere lässt seine Hände wieder am Jungen hinaufwandern, zieht ihn näher zu sich, sodass er ihm die Lippen an den Hals legen kann.

„Du siehst nicht geil aus, du machst mich geil. Weil ich mir, wenn ich dich so seh, vorstell, wie…unverschämt du sein kannst…wie verrucht… Wie du mir mal so richtig zeigst, wo’s langgeht…“

Heinrich hat es sich wirklich vorgenommen, diese Situation hier auszukosten, aber bei den letzten Worten seines Freundes kann er nichts dagegen machen, dass er knallrot anläuft.

Lachend fasst Alexander nach seiner Wange.

„Na gut, das müssen wir noch üben.“, meint er und küsst den Jungen leidenschaftlich.

Heinrich lässt es zu, dass ihm die große Hand durch die Haare fährt, seine Frisur ruiniert, die ihn doch so männlich gemacht hat…

„Du…“, bringt er heraus, „Du magst mich viel zu sehr, wenn ich süß und niedlich bin, nicht?“

Zärtlich fährt ihm Alexander über die Wange und haucht ihm einen Kuss auf die Stirn.

„Ich mag dich viel zu sehr, egal wie du gerade bist. Du hattest das schon von Anfang an, dass du ziemlich schüchtern, aber im nächsten Moment wieder total aufgedreht bist. Egal, wie du bist, das bist du, Heinrich, und dich mag ich viel zu sehr.“

„Viel zu sehr, als dass?“, fragt der Junge und schlingt seine Arme um den Hals seines Freundes.

„Als dass ich dich jemals wieder hergeben würde.“, flüstert Alexander und küsst ihn erneut.

„Ich liebe dich.“, haucht Heinrich.

„Ich dich auch.“

„Wir haben aber nur Zeit für nen Quickie hier auf dem Sofa, ich muss noch meine Unterlagen für morgen richten.“

Alexander verdreht die Augen.

„Siehst du, das ist es, was ich so an dir liebe.“
 

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Soo…ich dachte mir, ich häng das heute gleich mal an^^

ST gibt’s dann morgen :)

Als Heinrich am Montagmorgen über den Campus der Universität läuft, kommt ihm ein aufgeregter Tim entgegen. Völlig aus dem Häuschen packt ihn der Rothaarige an den Schultern.

„Du musst mir sagen, ob sie einen Freund hat! Jetzt sofort!“

Ziemlich verwirrt schiebt ihn Heinrich ein wenig von sich.

„W-was?! Moment. Ganz langsam.“

Tim sieht ihn wieder etwas ruhiger an.

„Gut. Nochmal von vorne.“, meint Heinrich, „Wen meinst du?“

„Adele Schuster!“, ruft der Rothaarige, „Die auf dem Foto! Lehrerin für Biologie und Geografie in Stuttgart, die gerne Pop hört, aber ne Abneigung gegen Boygroups hat, und am liebsten Liebesfilme schaut, ganz besonders gern Titanic!“

Heinrich ist noch verwirrter als vorher.

„Du kennst Adele?“

„Nein! Das ist es ja!“, entgegnet Tim verzweifelt.

„Häh?“

„Ich war auf deiner Facebook-Seite und da hab ich ein Bild gesehen, wo ihr beide drauf seid und…!“ Nach Worten suchend wirbelt er mit seinen Armen um sich. „Sie ist wunderschön! Und sie trinkt keinen Kaffee!“

So langsam muss Heinrich grinsen.

„Du wirkst fast so, als wenn du dich in sie verknallt hättest.“

„Und wie!“

Lachend setzt sich Heinrich in Bewegung. „Wir kommen zu spät zu Physik.“

„A-aber…! Du kennst sie doch, oder?, persönlich, mein ich.“

„Ja, aus New York.“

„Und sie ist gerade in Berlin?!?“

„Ja, noch bis Donnerstag.“

„Bitte kannst du’s irgendwie organisieren, dass ich sie kennenlernen kann?, bittebittebittebittebitte– “

„Jahaaa.“ Ein wenig genervt dreht sich Heinrich zu ihm herum und presst ihm einen Finger auf den Mund. „Aber nur, wenn du im Unterricht Ruhe gibst.“

Tim nickt brav, und sie können den Hörsaal betreten.
 

In der Pause vor Philosophie sitzen die beiden im Café und Heinrich muss seinem Kumpel tausende von Fragen über die Angehimmelte beantworten.

„Und sie wollte also eher was von dir, als vom Professor?“

„Ja.“

„Also…stehen meine Chancen nicht allzu schlecht, oder?!“

„Ich denke, sie würde dich mögen ja. Falls du dich ihr gegenüber nicht so aufgedreht verhältst, wie du gerade jetzt bist.“

„Oh.“ Der Rothaarige räuspert sich beschämt.

„Und…und meinst du, sie hat ein Problem damit, dass ich fünf Jahre jünger bin, als sie?“

„Nein, sicher nicht. Ich hatte dich zwar erwähnt und sie hat gemeint, du wärst ja noch ein Kind, aber sie verhält sich auch nicht unbedingt so erwachsen.“

„Du hast mich erwähnt?!?“, entfährt es Tim voller Begeisterung, aber gleichzeitig Bedenken.

„Ja, als sie gefragt hat, wie ich auf die Idee komm, meine Haare hochzugelen.“

Mit großen Augen betrachtet der Rothaarige die Frisur seines Gegenübers.

„Oh, mein…! Sorry, Heinrich! Das hab ich ja gar nicht bemerkt! Du hast dich endlich getraut, ja?“

„Ja“, antwortet der Junge grinsend, „Und es sind alle begeistert davon.“

„Wunderbar. – Und sie hat wirklich wörtlich gesagt „Kind“?“

Heinrich seufzt.
 

Da Tim anscheinend weiß, dass sie beide – beziehungsweise vornehmlich Heinrich – in Philosophie bei Professor Humboldt sozusagen die Freikarte zum Plausch haben, lässt er auch dort mit seinen Fragen nicht locker.

Als die Stunde rum ist und Alexander mit einem Blick und Kopfnicken klarmacht, dass er schon mal zum Auto geht, wendet sich Heinrich noch mal seinem liebeskranken Patienten zu.

„Hör mal: Kennst du dich in Berlin aus?“

„Ja, klar!“, entgegnet der Rothaarige.

„Adele ist nämlich mit ihrer Freundin Clara– “

„Sie ist aber nicht lesbisch?!“

„Nein!“

Tim, der eben beinahe gestorben wäre, kann wieder ruhig aufatmen.

„Also, sie ist mit ihrer besten Freundin Clara hier, und die beiden wollen eine Sightseeing-Tour durch Berlin machen, bräuchten aber noch jemanden, der sich da auskennt…“

„Ich bin dabei!“, kommt es vom Rothaarigen erfreut, „Wann geht’s los?!?“

„Wie gesagt bleiben sie bis Donnerstag. Ich könnte euch heute schon bekanntmachen, wenn du willst.“

„Aber bitte!“

„Nur, wenn du ihr nicht gleich um den Hals fällst.“

„Ich achte drauf.“

Lachend legt Heinrich seinem Kumpel eine Hand auf die Schulter.

„Dich hat’s ja echt schwer erwischt.“

Tim sieht ihn schmunzelnd an. „Das kann man wohl sagen. Ich hatte noch nie…also…so was ist mir wirklich noch nie passiert…“

„Einmal ist immer das erste Mal.“

„Hast Recht.“, meint der Größere mit einem Zwinkern.

„Apropos.“, fängt Heinrich an, „Wir wollten doch diese Woche anfangen, für die Examina zu lernen.“

„Oh, stimmt.“, fällt es auch Tim wieder ein. „Freitag?“

Heinrich nickt. „Freitag klingt gut.“

„Du rufst an, wann wir uns heute mit Adele und…?“ – „Clara“ – „Clara treffen?“

„Ja, mach ich. Bis dann!“

„Tschau! Beeil dich, sonst braust dir dein Liebster noch davon!“

Als Heinrich bei Alexander ins Auto steigt, sieht dieser ihn skeptisch an.

„Was hat denn so lange gedauert?“

„Tim ist total in Adele verschossen.“

„Der?!? Echt?!“

„Ja. Und ich soll die beiden jetzt verkuppeln.“

„Oh, na dann viel Spaß.“, lacht der Ältere und will den Wagen starten. Doch er hält mit dem Schlüssel in der Hand inne und sieht in den Rückspiegel.

„Was ist?“, fragt Heinrich, als er das Grinsen bemerkt, das sich auf Alexanders Gesicht ausbreitet.

„Eggebrecht im Anmarsch.“, verkündet der Professor, „Ihm gehört der olivgrüne Benz da neben uns.“

„Das uralte Ding?!“, hakt Heinrich entsetzt nach.

„Richtig.“, meint Alexander nur und schiebt seinen Sitz zurück. „Na, komm schon.“, meint er und klopft sich auf den Schoß.

„Du Schwein!“, lacht der Junge, folgt aber seiner Aufforderung und nimmt auf seinem Schoß Platz.

Alexander sieht noch einmal in den Rückspiegel um sicherzustellen, dass auch nur Eggebrecht auf dem Parkplatz ist – außer einer Professorin in genügender Entfernung ist niemand zu sehen – und lässt die Scheibe ein wenig runter.

„Na los.“, lacht Heinrich, „Fang schon an.“

„Ach, ich soll den Rhythmus vorgeben?“, fragt Alexander amüsiert.

Sein Freund grinst ihn an. „Machst du doch sonst auch immer.“

„Stimmt.“, meint der Ältere, bevor er endlich beginnt, sein Becken zu bewegen.

Heinrich beugt sich zu ihm hinunter, um ihn fordernd zu küssen.

Keuchend lässt er wieder von Alexander ab. „Wir sollten’s wirklich mal hier machen.“, haucht er, bevor er geräuschvoll zu stöhnen beginnt.

„Ahhh…Herr Professor…! Jah! Tiefer…! Hah…“

Alexander braucht sich nicht sonderlich verstellen, er ist gerade dank Heinrichs „Wir sollten’s wirklich mal hier machen.“ so aus der Bahn geworfen, dass er den anderen nur an der Hüfte packen und ihm den Hals küssen kann.

Erst als Eggebrecht an seinem Wagen auftaucht, schleicht sich wieder ein Grinsen auf sein Gesicht.

„Oh, Heinrich, schau mal, wer da ist.“, gibt er ein wenig atemlos von sich.

Mit perfekt vernebeltem Gesichtsausdruck wendet sich der Junge zum geschockten Eggebrecht herum, der wie angewurzelt neben seinem Benz steht.

„D-das ist Physik – hah…H-Herr Eggebrecht“, keucht Heinrich, „Reibung…ah!“

„Sie…!“ Mit erhobener Faust reißt der Professor die Wagentür auf. Kreidebleich im Gesicht steigt er ein, bevor er davonbraust.

Kichernd lässt sich Heinrich an seinen Freund sinken.

„Lustig.“, meint er.

„Ja.“, kommt es von Alexander.

Heinrichs Grinsen wird breiter.

„Besonders lustig, dass dich das wirklich geil gemacht hat.“

Der Ältere entfernt sanft die Hand aus seinem Schritt und schiebt seinen Freund von sich, zurück auf den Beifahrersitz.

„Da siehst du mal, wie überzeugend du warst.“, meint er mit einem Lächeln und startet endlich den Wagen.

„Darf man in deinem Zustand überhaupt fahren?“

„Dürfen Frauen, die mehr als 100 Kilo wiegen, im Stringtanga über den Zebrastreifen laufen, das ist hier die Frage.“

Heinrich muss lachen.

„Ach, so behebst du also dieses Problem.“

„Nein, normalerweise denk ich an Caroline beim Gärtnern, aber dieses Mal musste ich zu drastischeren Mitteln greifen.“
 

Um halb Drei im Café Ulli, hat es geheißen.

Die zwei Frauen sitzen mit Heinrich an der Bar, da betritt endlich Tim das Café.

Heinrich staunt nicht schlecht: Er trägt eine schicke Jeans und ein enges Hemd. Da hat er sich wirklich herausgeputzt.

Alle drei steigen sie von ihren Barhockern, als sie den jungen Mann bemerken.

„Das ist er“, stellt Heinrich vor, „Tim. Tim, das sind Clara und Adele.“

„Hallo, freut mich sehr.“, begrüßt der Rothaarige – natürlich erst Adele – und holt eine weiße Rose hinter seinem Rücken hervor, die er ihr reicht.

Die junge Frau ist sichtlich erstaunt und läuft rot an, was ihrem Verehrer ein herrliches Lächeln aufs Gesicht zaubert.

„Hallo, Clara.“, begrüßt er per Hand auch die Ältere, die ihm ein „Hi“ und ein Grinsen entgegenwirft. „Du bist also unser Guide?“

„Ja, wenn ich darf.“, entgegnet Tim und sieht die beiden Frauen fragend an.

Clara nickt und sieht abwartend zu Adele. Diese riecht gerade an der Rose und fühlt sich ertappt.

„G-gerne.“, meint sie, mit roten Wangen.

„Ulli?“, wendet sich Clara an Ulrike, „Hast du ne Vase für die Rose, bis wir wiederkommen?“

„Klar, gib her.“

Tim freut sich zu sehen, wie widerwillig Adele die Blume aus den Händen gibt.

Heinrich räuspert sich. „Clara“, fängt er an und nimmt die Größere ein wenig beiseite.

„Du hast sicher gemerkt, wieso Tim volontiert hat, euer Guide zu sein?“

„Na, logo.“, lacht die Rothaarige leise, „Ist nicht wirklich zu übersehen. Obwohl ich mich frag, woher er sie kennt.“

„Facebook.“

„Oh.“

„Liebe auf den ersten Klick.“

„Oh!“

„Du weißt also, was du zu tun hast?“

Clara salutiert. „Ay, ay, Käpt’n. Ich halt mich selbst im Hintergrund und schieß ein paar Liebespfeilchen auf die beiden ab.“

Heinrich hebt ihr den Daumen entgegen.

„So, Leute, ich vertreib euch echt ungern, aber ich würd dann gerne öffnen.“, meldet sich Ulrike zu Wort.

„Wir sind schon weg!“, ruft ihr Clara zu und gesellt sich wieder zu Adele und Tim.

„Und? Können wir?“, fragt sie.

„Klar.“, meint Tim, „Wollen wir?“ Fragend sieht er Adele an.

Diese nickt mit einem schüchternen Lächeln und als er ihr bedeutet, voranzugehen, setzt sie sich in Bewegung.

Der Rothaarige dreht sich noch einmal zu Heinrich herum und macht ihm mit einem breiten Grinsen und einer Geste klar: „Drück die Daumen!“

Heinrich bestätigt daumendrückend, dass er das tun wird.

Kaum sind die drei aus dem Café, packt ihn Ulrike erbarmungslos an der Schulter.

„Umziehen, Holly.“

Heinrich seufzt.

Eigentlich wollte er ja noch was wegen Alexanders Geschenk klären, aber bis zu seinem Geburtstag ist es ja noch eine Woche.
 

Heinrich hat seinen Geburtstag vergessen. Sicherlich.

Nein, wir schreiben erst den 12. September, aber Alexander ist sich fast sicher: Er hat ihn vergessen.

Heinrich hat mittlerweile mit den ersten Fahrstunden angefangen, und wenn er damit nicht beschäftigt ist, dann ist er als „Holly“ arbeiten, oder mit…mit diesem Mitstudenten da lernen. Und in seiner Freizeit: Da schreibt er lieber.

Es ist nicht gelogen, wenn Alexander gerade zu der Erkenntnis kommt, dass er jetzt sage und schreibe zwei Wochen abstinent ist! Jeder Versuch, dies zu beheben, scheitert an einem nicht anwesenden, beschäftigten oder viel zu müden Heinrich.

Heute schließt er seinen Freund fest in die Arme und küsst ihm die schon geschlossenen Augenlider.

„Ich liebe dich.“, flüstert er.

Der Junge öffnet die Augen. Sieht ihn fast schon überrascht an. Dann packt er den Älteren und schmiegt sich ganz fest an ihn.

„Ich dich auch.“, entgegnet er leise.

„Hey“ Alexander fährt ihm zärtlich durch die Haare. „Was ist denn?“

„Tut mir Leid, dass ich das so lange schon nicht mehr zu dir gesagt hab.“, nuschelt Heinrich gegen seine Brust.

„Das muss dir nicht leidtun, ich hab’s doch auch nicht öfters gesagt. Aber oft gedacht.“

„Ich denk es immer.“

Auf Alexanders Gesicht legt sich ein gerührtes Lächeln.

„Siehst du, das reicht.“, meint er und presst einen Kuss in Heinrichs Haare, „Schade nur, dass du so viel zu tun hast, in letzter Zeit.“

Zögerlich sieht Heinrich zu ihm auf.

„Das…das wird bald besser. In einem Monat hab ich meinen Führerschein und Ende Oktober sind die Examina, dann hab ich das auch hinter mir.“

„Ist ja gut.“, lenkt Alexander ein, „Sag mir nur, wenn ich dich irgendwie unterstützen kann, okay?“

„Okay.“

Er gibt dem Jungen noch einen Kuss.

„Gute Nacht.“

„Nacht, mein Liebster.“
 

Wir schreiben den 13. September und Alexander hat Heinrich immer noch nicht mit irgendeiner Einkaufstüte erwischt, geschweige denn überhaupt Geschenkpapier in der Wohnung gefunden.

Nicht, dass er unbedingt etwas Materielles von seinem Freund geschenkt bekommen will, aber es geht ihm um die Geste. Darum, dass er noch einen Platz im stressigen Alltag des Jungen hat.
 

Wir schreiben den 14. September, als Alexander durch nerviges Dauerklingeln seines Handys geweckt wird.

Noch im Halbschlaf erhebt er sich aus dem Bett und läuft durch die wegen der Schwüle geöffneten Türen ins Bad, wo er den Unruhestifter aus seiner Hosentasche kramt.

„Humboldt?“

„Oh, meine Güte, Alexander! Du klingst schrecklich!“

„Oh, hi, Wilhelm. Was willst du um…sechs Uhr morgens an meinem Geburtstag?“

„Natürlich dir alles Gute wünschen. Herzlichen Glückwunsch.“, kommt es tatsächlich mit einem Lächeln von Wilhelm.

„Oh. Danke.“, bekommt Alexander heraus.

„Ja, wenn es nur das wäre…“, fängt sein Bruder unheilvoll wieder an, „Wir haben heute ein paar Prüfungen und ich bräuchte noch einen Protokollanten…“

Immer noch verschlafen, aber immerhin gewaschen, rasiert und angezogen, schlurft Alexander also im Schlafzimmer vorbei, um Heinrich mitzuteilen, dass er zur Uni muss und wohl erst gegen Mittag wiederkommt.

„Ist gut.“, gähnt der Junge nur und dreht sich noch einmal herum.

Alexander würde sich nicht bestätigt fühlen, dass sein Freund tatsächlich seinen Geburtstag vergessen hat, wenn er das breite Grinsen auf dessen Gesicht sehen könnte…
 

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Auch hier die Information, dass ich ab morgen zwei Wochen im Urlaub bin. Ich hab eigentlich vor, VLE weiter regelmäßig hochzuladen - schließlich will ich euch endlich an die Überraschung heranführen ;) ...wird sich zeigen, ob ich das schaff^^

Alexander hat auch den letzten seiner Geburtstagskekse, die Caroline seinem Bruder mitgegeben hat, vertilgt, als er nachmittags nach der letzten Prüfung das Universitätsgebäude verlassen kann. Er hat zwar nicht verstanden, was der Zettel mit dem Wort ALLES in der Keksdose ihm hätte sagen sollen, aber der Inhalt hat vorzüglich geschmeckt. Und ihn ein wenig auf andere Gedanken gebracht.

Denn auf dem Weg zum Professorenparkplatz muss er wieder daran denken, dass Heinrich eben nicht an ihn gedacht hat, und auch, wenn er es sich so fest anders vorgenommen hat, wird er wieder betrübt über diese Tatsache.

Seufzend schließt er den Wagen auf und nimmt auf dem Fahrersitz Platz. Er will schon den Motor starten, da merkt er, dass am Rückspiegel ein Zettel klebt.

LIEBE, steht da.

Liebe? – Das hing doch heute Morgen noch nicht da. Ob da Wilhelm dahintersteckt? – Aber Liebe?!

Alexander zuckt mit den Schultern, entfernt den Zettel und fährt los.

Ob er Heinrich gegenüber denn wenigstens erwähnen soll, dass er heute Geburtstag hat? Oder wäre das nur peinlich für den Jungen? – Ja, sicherlich. Vielleicht sollte er einfach so tun, als wäre heute ein ganz normaler Tag.

Als Alexander vor der Haustür steht, zweifelt er an dieser Variante. Denn da hängen in Folie auf ein Din-A4-Blatt gedruckt die nächsten Worte: UND EIN.

Kann es sein, dass…? Dass Heinrich seinen Geburtstag doch nicht vergessen hat? – Dann müssten die Zettel von ihm sein. – Gut, er hätte für die ersten beiden mit Wilhelm zusammenarbeiten müssen…

…Steckt sein Freund dann etwa auch hinter dem Anruf diesen Morgen?! – Nein, das kann nicht…Wenn das der Fall ist, dass Wilhelm ihn nur unbedingt als Protokollant bei diesen bescheuerten Prüfungen wollte, weil ihn Heinrich darum gebeten hat, ihn aus der Wohnung zu locken, dann wird der junge Herr Kleist definitiv noch etwas von ihm zu hören bekommen…!

Ein wenig aufgeregt läuft Alexander die Treppen hinauf. – Nicht, dass er sich das Ganze jetzt nur einbildet. Er sollte es sich nicht schönreden, dass Heinrich heute Morgen ihm nicht gratuliert hat; das ist nur Wunschdenken.

Kaum steht Alexander vor ihrer Wohnungstür, wird dieses Wunschdenken aber bestärkt:

BESONDERES, steht dort.

Hastig schließt Alexander auf. Er lässt sein Jackett im Flur fallen, zieht die Schuhe aus.

„Heinrich?!“

Niemand antwortet.

Auf der ersten Treppenstufe nach oben liegt etwas.

Ein Post-It mit dem handgeschriebenen Wort: Geschenk. Eindeutig Heinrichs Handschrift.

Alles Liebe und ein besonderes Geschenk…

Alexander merkt, wie sein Herz ein wenig schneller klopft, als er sich die Stufen hinaufschwingt.

zum Geburtstag, steht auf dem Zettel, der an der Schlafzimmertür klebt.

Bevor er vor Neugierde platzt, öffnet er die Tür.

Drinnen ist es dunkel, die Rollläden sind heruntergelassen, nur gefühlte Dutzend Kerzen brennen.

Im flackernden Licht erkennt Alexander seinen Freund, der auf dem Bett sitzt, ein zuckersüßes Lächeln auf seinen Lippen, barfuß, und –

„für den wunderbarsten Menschen auf dieser Welt.“, empfängt ihn Heinrich, fast schon gehaucht, und erhebt sich.

Es ist nicht das Kleid, das er als „Holly“ trägt. Es hat zwar mindestens genauso viele Rüschen, aber es ist zart rot. Dafür ist es genauso kurz.

„D-du…“ Alexander weiß nicht, was er sagen soll.

Anscheinend muss er aber auch nichts sagen, denn da streckt sich Heinrich ein wenig und gibt ihm einen sanften Kuss.

Der Junge duftet nach Honig und Karamell. Alexander fasst nach seiner Wange und presst sein Gesicht genüsslich in seine Halsbeuge.

„Woher weißt du…?“

Heinrich lacht leise.

„Dass du süchtig nach Honig- und Karamellbonbons bist? Hat mir Wilhelm verraten.“

„Dieser hinterhältige…“

Der Junge unterbricht ihn mit einem weiteren Kuss.

„Und?“, haucht er, „Wie findest du mein Kleid?“

Alexander lässt hierauf seine Hände an die Brust des anderen wandern, wo er über die Schleife und die Rüschen streicht. Er fährt seinem Freund über die nackten Arme, hinauf zu den gepufften Ärmeln, die nur die halbe Schulter bedecken, zieht ihn an sich, um seine Hände ihm an den Rücken zu legen, wo diese, an der großen Schleife vorbei, über die vielen Rüschen hinweg, ihren Weg auf Heinrichs Po suchen.

Doch da entzieht sich der Junge seinem Griff und grinst ihn spitzbübisch an.

„Komm erst mal ins Bett, mein Großer.“, meint er und nimmt ihn an den Händen.

Er zieht Alexander aufs Bett und sorgt dafür, dass dieser mit dem Rücken auf einem weichen Kissenstapel halbsitzend am Kopfende Platz nimmt.

Immer noch die Hände des Älteren in seinem, küsst er diesen, während er die Arme hinter den Kopf seines Freundes biegt.

„Schmeck ich auch ein bisschen nach Karamell und Honig?“, fragt er hingebungsvoll.

„Ein bisschen ist gut.“, bringt Alexander heraus und will dem anderen schon wieder mit dem Mund entgegenkommen, da hört er plötzlich etwas hinter seinem Kopf klicken und erschrickt über das kalte Metall, das er an seinen Handgelenken spürt.

Entsetzt starrt er Heinrich an.

„Nein.“

„Doch.“, entgegnet dieser mit einem breiten Grinsen, bevor er aufspringt.

„H-Heinrich, nein…! Mach mich sofort wieder los!“

Der Junge schüttelt sein hübsches Köpfchen.

„Nein, auf keinen Fall, Herr Professor.“

Alexander seufzt auf, als er so angesprochen wird, und rollt mit den Augen.

„Es ist nur zu Ihrem Besten, wissen Sie? Es ist Ihr Geburtstag und ich bin Ihr Geschenk, also werde ich die Arbeit übernehmen und Sie genießen nur. Wenn ich Sie nicht daran hindern würde, würden Sie sich wieder nicht daran halten, so wie ich Sie kenne.“

Mit diesen Worten bückt sich Heinrich drüben am Schrank, wo er ein Spritzfläschchen hervorholt, mit dem er wieder zurück zum Bett kommt.

Lachend stellt er die Flasche auf dem Nachttisch ab, bevor er aufs Bett steigt, wo er neben Alexander sitzenbleibt.

„Sie haben es gesehen, nicht, Herr Professor?“, meint der Junge, während er dem Älteren über den Oberschenkel streicht.

„W-was?“, bekommt Alexander heraus und versucht wenigstens noch genervt und nicht einverstanden zu klingen.

„Was ich drunter hab.“

„Das…ja.“, entgegnet er, „Ja, definitiv. Ist ja ziemlich kurz, dein Kleid.“

Heinrich lächelt ihn zufrieden an, bevor er sich auf seinen Schoß rutschen lässt, wo er seinen Schritt an den rechten Oberschenkel presst, um Alexander zu zeigen, dass er eben nicht nur nichts unter seinem Kleid aufzuweisen hat, sondern eine ungeduldige Erregung.

„Herr Professor…“ Mit diesen gehauchten Worten fasst Heinrich seinen Freund an den Wangen und sieht auf ihn hinab. „Ich will Ihnen einen Geburtstag bescheren, den Sie so schnell nicht wieder vergessen werden…“

Alexander lässt es zu, dass der Junge ihn küsst, endlich leidenschaftlicher, inniger… Er bewegt seine Hände und zieht ein wenig an den Ketten, aber die Fesseln sind wirklich ausbruchssicher.

Lachend lässt Heinrich von ihm ab.

„Nanana, was wird denn das? Mögen Sie mich nicht, Herr Professor? Wollen Sie vor mir weglaufen?“

„N-nein, ich– “ Alexander gibt auf. „Bekomm ich noch einen Kuss?“

Diese Frage zaubert Heinrich ein sanftes Lächeln auf die Lippen.

„Selbstverständlich, Herr Professor Humboldt, es ist Ihr Geburtstag…“, flüstert er, bevor er seinem Freund den Wunsch erfüllt.

Freudig stellt der Junge fest, dass Alexander schon ein wenig außer Atem ist, als er wieder von ihm ablässt, und auch in seiner Anzugshose regt sich was. Doch der Blick des Älteren ist im Moment ein wenig verstört.

„D-die Handschellen…“, fängt er an.

„Ja?“, meint Heinrich.

„Die sind aber nicht auch…von Wilhelm…?“

Heinrich verkneift sich das Lachen.

„Nein, von Ulli. Ich hatte nicht den Mumm, deinen Bruder nach so was zu fragen.“

Alexander atmet erleichtert aus. „Dann ist ja gut.“

Mit einem ebenfalls zufriedenen Lächeln rückt Heinrich auf seinem Schoß ein wenig nach hinten und betrachtet seinen Freund.

„Eigentlich ja praktisch, diese Dinger, aber einen Nachteil haben sie.“

„Welchen denn?“, fragt Alexander nach.

Heinrich gelingt es, seinen Gesichtsausdruck von gefällig zu schüchtern zu wechseln.

„Ich…ich vermisse Ihre Hände, Herr Professor Humboldt.“, antwortet er und sieht mit gesenktem Kopf beschämt zum anderen auf, „Ihre großen Hände an meinem Körper…an…“

Alexander muss den Blickkontakt mit dem Jungen brechen und starrt stattdessen auf dessen Hand, die langsam die Rüschen ein wenig hochschiebt, sodass Heinrichs nackter Oberschenkel zum Vorschein kommt, bis die Hand schließlich ganz unterm Kleid verschwindet.

„Und Ihre Finger…Ihre starken…Finger…“

Alexander schluckt, als der Junge durch seine eigenen Berührungen aufkeucht. Als er seine Augen wieder hebt, liegt ein genießerisches Lächeln auf den vollen Lippen seines Gegenübers, die ein wenig geöffnet sind, sodass ihnen hin und wieder sinnliche Laute entweichen können.

„Sie haben so einen…kräftigen Griff, wenn Sie…ah…Herr Professor…“

Das…das kann doch nicht wahr sein…! Was tut Heinrich hier nur mit ihm?!

Der Kehle des Jungen entweicht ein letztes Seufzen, bevor er plötzlich innehält.

„Ich…ich sehe, Sie brauchen auch ein Paar Hände.“ Mit einem schüchternen Lächeln holt Heinrich seine unter dem Kleid hervor und hebt sie Alexander entgegen. „W-wenn Sie wollen, können Sie meine haben, Herr Professor…“

Alexander muss leise lachen.

„Bitte“, meint er, „Du würdest mir damit einen großen Gefallen tun.“

„Sehr gerne tu ich das.“, entgegnet der Junge eifrig und greift ihm in den Schritt.

Alexander stöhnt auf.

„Für Sie tu ich alles, Herr Professor…“, haucht er, bevor er ihn wieder küsst. Und noch einmal, mal länger, mal kürzer, sodass Alexander sich ihm immer wieder entgegenrecken und um einen erneuten Kuss bitten muss.

„Gefällt Ihnen, was ich hier mit Ihnen mach?“, fragt Heinrich zwischen zwei Küssen, „Oder soll ich aufhören?“

„Nicht aufhören.“, bringt Alexander heraus.

„Gut“, haucht der Junge und wendet sich seinem Hals zu.

Er nimmt seine Hände von der Wölbung im Schritt und legt sie stattdessen dem anderen an die Brust, massiert seine Muskeln und spürt die gehärteten Brustwarzen durch den Stoff. Während er anfängt, das weiße Hemd aufzuknöpfen, wird Alexander immer unruhiger.

„Heinrich…“, keucht er, versucht seine Hüfte zu heben, irgendwie seinem Freund entgegenzukommen.

„Was ist?“, fragt Heinrich, „Soll ich Sie losmachen?“

Der Ältere sieht ihm in die tiefblauen Augen, die im Kerzenlicht leuchten.

„Das…das würdest du machen?“

Auf Heinrichs Gesicht erscheint ein hinterhältiges Grinsen. „Nicht, bevor wir fertig sind.“, haucht er, „Und wir fangen gerade erst an.“
 

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Huhu :3 Wie man merkt, hab ich endlich eine Verbindung mit dem Internet ergattert! Da wir morgen woanders sind, weiß ich nicht, ob es das nächste Kapitel schon übermorgen gibt, aber spätestens in drei Tagen hab ich auf jeden Fall wieder die Chance was hochzuladen :)

Und für ST hab ich im Moment leider gar keine Zeit, weiterzuschreiben ^^‘ Ich hoff, das ändert sich bald…!

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel97_non-adult

„Was…was ist das?“

Skeptisch sieht Alexander seinem Freund zu, wie dieser die Spritzflasche vom Nachttisch nimmt und sich wieder auf seinen Schoß setzt. Im Schein der Kerzen kann er das Etikett aus dieser Entfernung nicht lesen, und die Flasche nehmen, um sie von Nahem zu sehen…geht auch nicht, dank der Handschellen.

„Das, Herr Professor“, fängt Heinrich an und öffnet den Deckel, „ist etwas, was Sie ein wenig versüßen wird.“

Mit diesen Worten dreht er die Flasche herum und drückt sich etwas der zähflüssigen Substanz auf die Finger.

„Glücklicherweise finden nicht nur Sie das so lecker.“, meint er, bevor er sich die Süßigkeit genüsslich von den Fingern leckt, den Mittelfinger sogar ganz in seinem Mund verschwinden lässt.

Heinrich weiß genau, wie sehr er seinen Freund damit aufheizt, aber es genießt es. Erst als Alexander einmal wieder an seinen Fesseln zieht und die Handschellen klimpern, scheint er den Älteren wieder zu beachten.

„Oh, e-entschuldigen Sie, Herr Professor Humboldt. Sie wollen sicherlich auch mal probieren, stimmt’s?“

Eine Antwort abwartend hebt er Alexander seine klebrige Hand entgegen.

„K-Karamell?“, riecht dieser.

Heinrich nickt und kommt ihm mit seiner Hand noch etwas näher.

Da lässt es sich der Professor nicht nehmen und nimmt gleich drei Finger in den Mund, um das restliche Karamell von ihnen zu lecken.

„Warten Sie“, haucht Heinrich und rückt mit seinem Gesicht ein wenig näher, „Hier hab ich auch noch.“

Sofort lässt Alexander von seinen Fingern ab und leckt ihm übers Kinn, über die Lippen, um ihn dann schließlich innig zu küssen.

Heinrich lässt nicht zu, dass sich der Kuss intensiviert. Stattdessen greift er wieder zur Spritzflasche.

Wehrlos muss Alexander aufkeuchen, als die kalte Flüssigkeit wie Honig seine Brust hinunterläuft und erst an seinem Gürtel Halt macht.

„Heinrich, du…du machst das alles wieder sauber.“, stellt er klar, meint wohl das Bett und die Kleidung.

„Natürlich mach ich das.“, versichert der Junge, meint Alexanders Körper.

Und dieser vergisst jegliche Nebenwirkungen für die umliegenden Textilien, als Heinrich ihm das Karamell vom Schlüsselbein küsst, mit seiner Zunge weiter zur Brust wandert, ihm begierig über die Haut leckt, auf die linke Brustwarze zu, wo er sich nach ein paar Bissen festsaugt.

Alexander kann nur aufstöhnen. Keuchend reißt er an den Handschellen. Er will den Jungen anfassen! Er will ihn küssen, ihm die Haare zerwühlen, mit seinen Händen unters Kleid…! Wenigstens will er ihn näher ziehen, enger auf seinen Schoß, dahin, wo er ihn so dringend braucht…!

„Heinrich…bitte…mach was…!“

Der Junge kichert leise, presst seine Lippen oberhalb des Bauchnabels, aus dem er gerade das Karamell geleckt hat, auf die gebräunte Haut.

„Ich mach doch was.“, meint er und sieht auf.

„Nicht…mach weiter – weiter nach…“

Da setzt sich Heinrich auf und blickt seinen Freund an. Das Karamell tropft von seinen vollen Lippen und läuft das Kinn herab.

„Du hast– “ Alexander bleibt einmal mehr an den Handschellen hängen, bevor er den Mund des anderen mit seinem erreichen kann.

„Was hab ich, Herr Professor?“, fragt Heinrich und leckt sich selbst über die Lippen, „Sie sprechen Ihre Sätze nie fertig, dabei hab ich Ihre Sprache doch nicht auch an Handschellen gelegt, oder? Sie müssen sagen, was Sie von mir wollen, schließlich bin ich Ihr Geschenk und Sie haben heute Geburtstag.“

Alexander lacht nervös.

„Ich kann dir nicht sagen, was ich von dir will; es würde dein schönes Kleid ruinieren.“

Heinrich schenkt ihm ein perfekt schüchternes Lächeln.

„Ich glaube, wir können aber nicht mehr zurück, Herr Professor...“
 

Alexander ringt nach Luft. Erschöpft und zitternd sinkt Heinrich auf ihn, bettet seinen Kopf auf seine Brust.

Es dauert eine Weile, bis wenigstens der Ältere wieder sprechen kann.

„Danke.“, bringt er heraus, „Danke für dieses…wunderbare Geburtstagsgeschenk. Das werd ich tatsächlich nicht so schnell vergessen.“

Heinrich lacht leise.

„Wir…“, fängt Alexander wieder an, „Wir sollten duschen gehen. Das ganze Karamell und…Oder wie wär es mit einem Bad? Machst du mich los, Heinrich?“

Der Junge nickt fahrig und erhebt sich langsam. Mühsam erreicht er den Nachttisch, aus dem er einen kleinen Schlüssel herausfischt.

„Ohjeh…“, seufzt der Ältere, „Dein schönes Kleid.“

„Wird schon wieder rausgehen.“, meint Heinrich mit einem Lächeln und beugt sich über seinen Freund hinweg, um die Handschellen zu öffnen.

Als er Alexander das Metall von den Händen nimmt, küsst er ihm die roten Striemen an den Gelenken.

Der Ältere entzieht ihm die Rechte und legt sie ihm sanft an die Wange.

„Ich liebe dich.“, flüstert Heinrich.

„Ich dich auch.“
 

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Tut mir Leid, dass es so kurz ist, aber das hab ich als non-adult nicht anders hinbekommen ^^'
 

Trotzdem will ich mich auch hier für über 200 Kommentare bedanken! X3

Und Heinrichs Geburtstagsgeschenk hat dann endlich mit der Überraschung für euch zu tun ;)

Während alle Welt über den Campus rennt, laufen Heinrich und Tim gemütlich nebeneinander her, denn der Rothaarige hat noch so einiges loszuwerden, bevor sie den Physikhörsaal erreichen.

„Und jetzt hab ich ihre Telefonnummer und darf sie jeden Abend anrufen.“, erzählt er stolz, „Gestern hat sie sich sogar gemeldet.“

Heinrich grinst ihn an.

„Ein Glück ist am Mittwochabend dieser Bonpland aufgetaucht und hat Clara ein wenig abgelenkt.“, erwähnt Tim den Franzosen nun schon wieder. Am liebsten würde er ihm wohl eine Schachtel Pralinen als Dankeschön schenken. (Wobei man dem lieber eine Schachtel Kondome schenken sollte…)

„Und das Wetter war so schön, und der See…! Ich hätte mich beinah nicht getraut, aber ich hab ihre Hand in meine genommen und dann haben– “

„- habt ihr euch geküsst, ich weiß. Hast du mittlerweile schon ein paar Mal erzählt.“

„Sie ist einfach traumhaft! Hast du gemerkt, wie wunderbar reif sie manchmal sein kann? Gut, sie ist fünf Jahre älter als ich, aber – hach! Dann könnte ich sie grad nehmen und…!“

„Du hast nen Ödipuskomplex.“, wirft Heinrich ein.

Tim sieht ihn mahnend an. „Sagt der, der mit nem achtzehn Jahre älteren Mann zusammen ist.“

„Das heißt dann Elektrakomplex.“

„Du gibst es also noch zu!“

Heinrich boxt ihn grinsend gegen die Schulter.

„So ne Fernbeziehung stell ich mir ziemlich hart vor.“, meint er, als sie im Physiksaal sitzen.

„Nicht mit Adele.“, entgegnet Tim, „Außerdem kommt sie mich bald wieder besuchen. Und nach den Examina reis ich für mindestens ne Woche nach Stuttgart.“

„Ohjeh. Du musst ja sehr verliebt sein.“

„Na, klar!“

„So sehr, dass du in letzter Zeit vergisst, mich über mein Sexualleben auszufragen.“

Blinzelnd sieht der Rothaarige seinen Kumpel an.

„Tatsächlich.“, fällt es ihm auf, „Verdammt! Das muss nachgeholt werden!“

Heinrich sieht ihn schmunzelnd an. „Du hast Glück, dass ich ausnahmsweise mal Lust hab, drüber zu reden.“, meint er.

Tim will sich ihm gerade gespannt zuwenden, da betritt Frau Eichendorff den Saal.

„Nachher in der Pause.“, verspricht Heinrich.
 

Besagte Pause verbringen die beiden bei einer heißen Schokolade draußen auf dem Campus.

„Und?“, kommt der Rothaarige wieder aufs Thema zu sprechen, „Was ist jetzt bei euch so tolles abgegangen, dass du’s mir unbedingt erzählen willst?“

Heinrich grinst ihn an und lehnt sich ein wenig zu ihm herüber.

„Alex hatte Geburtstag.“

„Ohhh…“ Tim zieht seine Augenbrauen in die Höhe. „Lass mich raten, was du ihm geschenkt hast: Dich, nackt und willig.“

Heinrichs Grinsen wird breiter. „Das erste: ja. Die beiden anderen: Nein. Ich hatte was an und ich hab den Ton angegeben.“

Sein Gegenüber sieht ihn scheinbar anerkennend an. „Tatsächlich?“

„Ja, und es war sooo toll! Ich…“ Der Junge blickt sich kurz prüfend um, bevor er sich noch ein wenig näher zum anderen lehnt. „Ich war so gut, er ist schon gekommen, bevor wir…na, du weißt schon.“

„Echt?!“ Dem Rothaarigen fallen bald die Augen aus.

„Naja“, redet Heinrich weiter, „Könnte daran gelegen haben, dass ich mein Kleid angehoben hab, damit er zusehen konnte, wie ich ihn in mich– “

„Kleid?!?“, unterbricht ihn Tim irritiert.

Heinrich lächelt ihn verlegen an.

„Jaa…ich hab ein Kleid angehabt. Ein sehr kurzes. Mit Rüschen und Schleifen…Ich mag Kleider und Röcke, darfst du gerne auf meine Freak-Liste schreiben.“

Der Rothaarige kann ihn nur angrinsen. „Das ist wirklich abgefahren. Aber lustig. Vor allem, dass du’s so schaffst, unserem Professor völlig den Verstand zu vernebeln, dass er schon bei– “ Er sieht sein Gegenüber nachdenklich an. „Bei was eigentlich? Was hast du gemacht?“

Heinrich lehnt sich freudig wieder zu ihm. „Ich hab ihn mit Handschellen ans Bett gefesselt, ihn mit Händen und Mund am ganzen Körper bearbeitet…“

„Mit ganzer Körper meinst du auch…?“

Kichernd kneift Heinrich seinem Kumpel in den Arm.

„Natürlich mein ich das. Bloß hab ich seinen kleinen großen Alex mit Karamell versüßt. Das war lecker, sag ich dir…“

Tim erwidert sein Grinsen. „Na, da hast du ihm ja wirklich nen tollen Geburtstag beschert.“, meint er, „Nur schade, dass du nicht viel davon hattest.“

„Oh, doch!“, entgegnet der Junge schmunzelnd, „Ich hab mir natürlich noch genommen, was mir zusteht, egal wie bereit oder nicht er war. Hat nicht lange gedauert, da war er wieder willig.“

Der Rothaarige schüttelt den Kopf. „Also, Heinrich, damit hast du für ewig meinen vollsten Respekt. Dass du das fertig gebracht hast…! Beim Professor Humboldt! Bei dem!“

Heinrich wird ein wenig rot.

„Ob ich das bei Adele auch mal schaff?“

Angesprochener spuckt sein Getränk wieder aus.

„Was?! Bei Frauen ist das schwieriger.“

„Aber…! Adele! Die ist nicht der Typ für…“

„Sex?“

Heinrich erwidert hierauf nichts mehr.

Tim grinst ihn zuversichtlich an. „Ich werd sie schon überzeugen können…“
 

Heinrich konnte im Laufe der Woche Alexander überzeugen, dass sie mal zusammen ins Theater gehen sollten. Die Verschwörung des Fiesko zu Genua wollte er sich gerne anschauen. Geschrieben von einem jungen, aufstrebendem Autor, beziehungsweise Dramatiker. So wie er selbst. Er verspricht sich davon Inspiration für seinen Kohlhaas.

Und heute ist es tatsächlich soweit: Sie haben Karten für die Prämiere diesen Abend bekommen. Heinrich freut sich schon riesig.

„Natürlich den Anzug!“, besteht der Junge auf die festliche Garderobe, „Schau, ich zieh auch einen an.“

Irritiert sieht Alexander seinem Freund zu, wie dieser einen sorgfältig in Folie eingepackten dunklen Anzug aus dem Schrank holt.

„Wo hast du den her? Von deiner Konfirmation?“

Heinrich wirft dem anderen einen mahnenden Blick zu. „Ein kleines Stückchen bin ich seitdem schon noch gewachsen.“

„Sorry.“

„Außerdem hat den Anzug damals mein Vater rausgesucht. Mausgrau und viel zu konventionell geschnitten! Hässlich…“ Heinrich holt das Kleidungsstück aus der Folie. „Nein, den hier hab ich mir gestern in der Stadt gekauft, extra für unsere bald häufigeren Theaterbesuche.“

„Oho.“, kommentiert Alexander, „Und den hast du dir leisten können?“

„Grade so.“, gibt der Junge zu, „Aber einen passenden nach meinem Geschmack zu finden war gar nicht schwer, da mich ein netter, kompetenter junger Mann so zuvorkommend beraten hat.“

Der Professor zieht eine Augenbraue nach oben. „Ein Typ von der Sorte „Ich schmeiß mich an alles ran, was männlich ist, egal ob schwul oder hetero“?“

„Jap. Aber ich hab ihm erzählt, dass ich den Anzug brauch, weil ich mit meinem Freund ins Theater geh, dann war er zwar noch offensichtlicher schwul, aber seine Flirtversuche zu ertragen.“

Lachend wendet sich Alexander wieder dem Schrank zu. Also auch für ihn einen Anzug.

„Den beigen, bitte.“, kommt es von Heinrich, der nur noch in Unterhose im Zimmer steht.

„Den? Wirklich?“

„Ja…“, entgegnet der Junge, fast schon träumerisch, „Den hast du paar Mal an der Uni angehabt…ich hätte mir beinah ein Bild von ner nackten Frau auf meinen Block kleben müssen, so sehr hast du mich darin wuschig gemacht…“

„Oh“, gibt der Ältere von sich, „Na, dann zieh ich den doch an, hm?“

Heinrich grinst ihn zufrieden an.

Also zieht sich auch Alexander aus und schlüpft in den Anzug. Er ist dabei, sich den Gürtel zuzumachen, da erblickt er seinen Freund, der sich gerade in seinem Anzug vor dem Spiegel dreht und sich betrachtet. Das schwarze Kleidungsstück ist wirklich passend und eng geschnitten, die Ärmel haben auch genau die richtige Länge, und hinten fällt der Stoff fast wie ein Frack über den wohlgeformten Hintern.

„Und?“, fragt der Junge und wendet sich zum Älteren um.

Auf Alexanders Gesicht schleicht sich ein Grinsen, als er seinen Gürtel aus den Händen fallen lässt und diese stattdessen an Heinrichs Wangen legt, um ihm einen schmatzenden Kuss auf die Lippen zu drücken.

„Darf ich dich nachher, wenn wir wieder hier sind, ausziehen…?“, fragt er.

Heinrich lacht. „Sieht’s so schlimm aus?“

„Mmm…“, entgegnet Alexander und lässt seine Hände auf den Hintern des anderen wandern, „so gut…“

Kichernd schiebt ihn der Junge ein wenig von sich und schließt ihm den Gürtel.

„Ich hab sogar ne Fliege.“, meint er, „Die darfst du mir dann als letztes ausziehen.“

„Ohja…“, nuschelt Alexander und sucht die Lippen des Jüngeren wieder mit seinen.

„Ich glaub, das wird ein aufregender Theaterbesucht.“, vermutet Heinrich.

„Das glaub ich auch…“
 

Zum Theater fahren sie mit Alexanders Wagen, da sie sich in ihrer feinen Garderobe nicht unbedingt in die U-Bahn setzen wollen. Zwischen all den vornehmen Schlitten sieht der Jeep zwar etwas fehl am Platz aus, die beiden stört das jedoch weniger.

Das Theatergebäude ist eine Neuheit für Heinrich, denn dieses haben sie auf ihrer Sightseeingtour damals ausgelassen. Der Eingang mit seinen Säulen und Statuen ist schon beeindruckend, als sie die großen Treppenstufen hinaufgehen.

Innen stellen sie jedoch rasch erleichtert fest, dass sie mit ihren Anzügen wenigstens nicht fehl am Platz sind, denn fast alle hier sind so festlich gekleidet. Auch erkennt jedenfalls Alexander, dass die halbe High-Society der Kulturlandschaft anwesend ist. Nur mit seinem jungen Alter fällt vielleicht Heinrich etwas auf, vor allem, da er ja noch jünger aussieht, als er ist.

„Guten Abend.“

Mit einem Sekt werden die beiden von einem Bediensteten empfangen; Alexander nimmt seinem Freund einen mit Orangensaft gemischten vom Tablett. Damit stellen sie sich im Foyer an einen der Stehtische, die fast alle belegt sind.

„Großartig.“, kommt es von Heinrich, der sich beeindruckt umsieht, „So hab ich mir das vorgestellt.“

„Willst du jetzt in die Oberschicht aufsteigen, oder wie?“, lacht Alexander leise.

„Ja, natürlich.“, antwortet ihm der Junge grinsend, „Damit ich mit Wilhelm mal in die Oper gehen kann.“

Der Ältere zieht eine Augenbraue in die Höhe.

„Ah“, gibt er plötzlich von sich, und als Heinrich seinem Blick folgt, landet er bei einem älteren Mann, so Mitte Fünfzig, der an einem der Tische steht und sich mit einem etwa gleichaltem Mann in feinster Robe unterhält.

„Das ist Goethe.“

Der Junge sieht ihn verblüfft an.

„Ja, der da hinten, der sich mit dem Bürgermeister von Weimar unterhält.“

Heinrich beginnt zu stottern und Alexander nimmt ihm sanft das Sektglas aus der Hand, die zu zittern beginnt.

„D-der Goethe, der…?!“

„Der Erfolgsautor, der den Literaturnobelpreis bekommen hat, genau. Aber er ist auch Verleger.“

„Ich weiß!“, zischt der Junge.

Alexander lacht leise, als er seinen Freund so völlig hin und weg sieht.

„Willst du, dass ich dich ihm als jungen Autor mal vorstell?“

„B-bist du verrückt?!“ Heinrichs Wangen färben sich langsam rot.

„Wieso nicht?“

„I-ich… - Wie willst du mich ihm überhaupt vorstellen?! Wir können doch nicht einfach hingehen und…!“

„Ich kenn ihn persönlich.“

Heinrichs Augen drohen auszufallen, als er seinen Freund anstarrt und keinen gescheiten Satz mehr zustande bringt.

„Ja, von früher.“, erklärt Alexander, „Er hat mich gefördert, als ich noch zur Uni ging.“

„Oh, mein…!“

Der Ältere gibt seinem Freund grinsend das Glas zurück in die Hand, nachdem er diese kurz in seine genommen und ein wenig zur Beruhigung gestreichelt hat.

„Was ist jetzt? Soll ich euch bekannt machen?“

Heinrich schüttelt energisch den Kopf. Jetzt sind seine Wangen knallrot.

„N-nein, das…! Dazu bin ich noch nicht bereit! Da muss ich mich drauf vorbereiten, das…!“

„Okay, schon gut.“, meint Alexander und fährt ihm über den Rücken, wobei er ihm eigentlich gerne einen Kuss auf die Stirn gedrückt hätte.

Die beiden stehen nicht mehr lange im Foyer, denn da werden die Türen zum Theatersaal geöffnet.
 

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Bin nicht so weit gekommen; die Theatervorstellung gibt's im nächsten Kapitel ;)

Ist übrigens einer der vielen Vorschläge von euch, was die beiden noch so mit ihrer Freizeit anfangen können – danke nochmal :3

In riesiger Vorfreude betritt Heinrich mit Alexander und der Masse der Menschen, die keinen Logenplatz haben, den Theatersaal.

Die beiden haben zwei Sitze im Parkett reserviert, wobei Alexander gerne auch eine Loge nur für sie beide gemietet hätte; Heinrich hat aber gemeint, im Parkett erlebe man das Theaterstück näher mit, vor allem, wenn man in Höhe der Bühne sitzt. So nehmen sie also genau da Platz, möglichst weit in der Mitte, sodass die ganze Reihe aufstehen muss, damit sie zu ihren Plätzen kommen.

Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis alles sitzt und die Saaltüren geschlossen werden können.

„Ob Goethe auch in einer Loge sitzt?“, flüstert Heinrich seinem Freund zu.

„Sicherlich.“, antwortet Alexander, und der Junge will gerade beginnen, nach dem Erfolgsautor Ausschau zu halten, da wird das Licht gedimmt.

„Es fängt an, es fängt an…!“, zischt Heinrich aufgeregt und greift nach Alexanders Hand.

Ein einziger Scheinwerfer wird auf die Mitte des Vorhangs gerichtet, aus dem ein schlanker Mann mit schwarzem Pferdeschwanz hervortritt.

Das Publikum fängt an begeistert zu klatschen.

„Hä?“, gibt Heinrich von sich, „Jetzt schon applaudieren? Der hat doch noch gar nichts gemacht.“

„Das ist Iffland“, raunt ihm Alexander zu, seine Lippen fast an seinem Ohr, „der Intendant des Theaters. Er sucht die Stücke aus, die gespielt werden, und regelt die Finanzen.“

Heinrich verzieht skeptisch seinen Mund, als der Mann zu sprechen beginnt.

„Einen wunderschönen guten Abend, meine Damen und Herren!“, ruft er und breitet seine Arme in seinem silberglitzernden Frack weit aus, „Ich freue mich heute besonders, Sie hier an unserem Theater herzlich willkommen zu heißen, denn wir haben eine großartige Prämiere zu feiern!“

Heinrich beugt sich zu Alexander hinüber. „Der ist schwul.“

Der Ältere sieht ihn geschockt an.

„Ja, was denn? Bei der Frisur, dem Anzug und dem Auftreten…“

Alexander kommentiert das erst mal nicht weiter, erst als das Publikum nach Ifflands Ansprache wieder in Beifall ausbricht, wendet er sich dem Jungen zu.

„Du hast Recht, er ist schwul.“

Jetzt ist es Heinrich, der seinen Freund schockiert ansieht. „A-aber…du weißt es nicht, weil…?!“

Alexander grinst ihn an. „Nein, gar nicht mein Typ.“

Der Junge lässt sich erleichtert zurück in den Stuhl sinken, da geht auch schon der Vorhang auf und das Stück beginnt.

Immer wieder greift er an spannenden oder in seinen Augen besonders grandios geschriebenen oder umgesetzten Stellen nach Alexanders Hand, am Ende lässt er sie gar nicht mehr los. Das tut er erst, als der Vorhang sich zuzieht und die Lichter wieder angeschaltet werden – auch, weil sie applaudieren müssen.

„Genial! Alex, das war so toll!“, ruft Heinrich begeistert und kommt aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus.

Zusammen mit den anderen Theaterbesuchern klatschen sie sich ihre Hände wund, als die Schauspieler nach und nach noch einmal hinter dem wieder aufgezogenen Vorhang auf der Bühne erscheinen.

Schließlich stehen sie alle in einer Reihe und verbeugen sich, als Iffland wieder auf die Bühne eilt und noch einmal der Applaus aufbrandet.

„Danke! Vielen Dank, meine Damen und Herren!“, ruft er, und wird nur verstanden, da er ein Headset trägt, „Aber danken Sie nicht mir und nicht nur den Schauspielern – Lassen Sie uns dem Schöpfer dieses Meisterwerks huldigen!“ Sein Blick geht hoch in eine der Logen. „Nun komm schon runter, Schiller, das ist deine Bühne!“

Begleitet von weiterem Applaus erscheint nach einer Weile ein ebenso junger und schlanker Mann bei Iffland. Er ist noch ein wenig größer und trägt seine lockigen, blonden Haare ebenfalls zu einem Zopf gebunden.

„Friedrich Schiller, meine Damen und Herren!“

Lang nicht so triumphal wie Iffland, sondern eher bescheiden, verneigt er sich leicht. Als das Publikum nicht aufhören will, zu klatschen, ruft er irgendwas, was man nicht versteht. Er versucht es noch einmal, indem er einen Arm um Iffland legt und sich zu ihm lehnt, um in dessen Headset zu sprechen.

„Vielen, vielen Dank! Ich freue mich wahnsinnig, dass das Stück so gut bei Ihnen angekommen ist. Ich wusste doch, Iffland kann aus meinem Schund noch was Brauchbares machen.“

Während die Leute auflachen, zieht Heinrich Alexander an der Schulter zu sich hinunter.

„Und das ist sein Freund.“, raunt er ihm zu.

Alexander muss lachen.

Nachdem der Applaus abgeebbt ist, lädt Iffland die Zuschauer noch ein, im Foyer für einen Plausch untereinander und mit den Schauspielern zu bleiben, wobei für das leibliche Wohl durch ein reichhaltiges Buffet gesorgt ist.

Auch Alexander und Heinrich bleiben, wobei der Ältere seinen Freund immer noch nicht dazu überreden kann, ihn mit Goethe bekannt zu machen. Dafür treffen sie beim Kuchenbuffet auf einen anderen Bekannten.

„Wilhelm, na schau mal an, das ist ja eine Überraschung!“

Wilhelm Humboldt ist sichtlich irritiert, seinen Bruder im Theater zu treffen. Noch irritierter ist er, als sein Blick auf Heinrich fällt. Der Blick wechselt von irritiert zu beeindruckt. Lächelnd reicht er dem Jungen die Hand.

„Herr Kleist!“, grüßt er Heinrich mit einem fast schon überschwänglichen Lächeln, „Sie sehen fabelhaft aus.“

Heinrich läuft rot an. „Ä-ähm, danke, Herr Humboldt…“

„Nein, nein, ich muss Ihnen danken. Wie ich sehe, fruchtet Ihr guter Einfluss auf meinen Bruder schon. Ich bin ganz erstaunt, ihn im Theater anzutreffen.“

Alexander verdreht die Augen.

„Ja, ich…ich hab ihn wirklich dazu überredet. Ich schreibe nämlich selbst und…Schiller ist da ein Vorbild.“

„Wunderbar!“, entgegnet Wilhelm, „Wollen Sie, dass ich Sie mit Schiller bekanntmache? Ich kenne ihn persönlich, er war bei mir an der Universität, als ich noch Literatur gegeben hab.“

Heinrich droht, aus seinen Schuhen zu kippen. Er versucht es sich zwar nicht anmerken zu lassen, aber: Hallo?!? Die Humboldts sind ihm, was „persönliche Bekanntschaften“ angeht, unheimlich. Höflich lehnt er ab.

„Oh, schade.“, meint Wilhelm, „Aber ich verstehe, dass Sie aufgeregt sind. Wobei Sie sich bei Schiller da gar keinen Kopf machen müssten. Er ist ganz umgänglich und zahm. – Apropos“, ergänzt er mit einem Blick zu Alexander, „Wie war dein Geburtstag? Ist uns die Überraschung geglückt?“

Alexander merkt zu spät, dass Wilhelm seine Hände betrachtet. Mit einem Räuspern schüttelt er schnell seine Ärmel über die roten Striemen an seinen Handgelenken. „Himmlisch, Wilhelm.“, antwortet er, „Es war einfach nur himmlisch.“

„Na, da bin ich ja beruhigt.“, lacht sein Bruder wissend, bevor er sich wieder Heinrich zuwendet.

Die beiden unterhalten sich noch ein wenig weiter, über das Stück, das sie eben genießen durften, über Schillers ersten Roman…

Alexander bedient sich derweil am Buffet. Mit einem glücklichen Grinsen auf den Lippen. Es freut ihn zu sehen, wie gut sein Freund und sein Bruder miteinander auskommen.

Als Wilhelm sich von Heinrich verabschiedet, da er noch woanders einen Plausch zu führen hat, schließt Letzterer sich seinem Freund am Buffet an.

„Und? Hat er dir das Du angeboten?“

„Hätte er das tun sollen?“

Alexander zuckt mit den Schultern. „Ich geb ihm noch ein Treffen. Wenn du ihn da auch so beeindruckst, dann steht dir das bevor. Da du ja „zur Familie“ gehörst.“

Heinrich schenkt ihm ein Grinsen.

Mit ein paar belegten Brötchen auf ihren Tellern und etwas zu trinken begeben sie sich an einen der Stehtische.

„Wieso wolltest du Schiller auch nicht kennenlernen?“, fragt Alexander zwischen zwei Bissen.

„Ich will ihn kennenlernen, aber ich muss mich drauf vorbereiten, weißt du doch!“, antwortet ihm Heinrich. „Und außerdem: Mit vollem Mund spricht man nicht.“

Geschockt hält der Ältere im Kauen inne. Dass sein Freund hier so den feinen Pinkel raushängenlässt, ist er noch gar nicht gewöhnt…

Heinrich lässt während des Essens seinen Blick im Foyer umherschweifen. Ob er Goethe nochmal irgendwo sieht. Oder Schiller?

Tatsächlich. Da ist der Blonde. Zusammen mit Iffland.

„Alex“, macht er den anderen darauf aufmerksam, „Da, schau mal.“

Schiller steht mit dem Theaterintendanten an einem der Tische, unterhält sich unaufhaltsam mit ihm. Die beiden scheinen sich prächtig zu amüsieren, es sieht fast so aus, als würden sie sich gegenseitig necken. Wenn Iffland Schiller zum Lachen bringt, dann fasst ihn dieser an der Schulter, und jetzt lehnt er sich sogar näher zu ihm und tippt ihm mit dem Zeigefinger an die Brust.

Alexander bemerkt, wie Heinrich vor sich hin grummelt.

„Was?“, fragt er den Jungen amüsiert.

„Klar, dass Schillers Stücke hier so zahlreich gespielt werden…“, gibt Heinrich von sich, „Wenn er nur gut genug im Bett ist…“

Alexander boxt ihm spielerisch gegen die Schulter. „Du kleiner Giftzwerg.“, lacht er, „Ich kenn Schiller, du weißt ja, von Wilhelm. Der hat nichts mit Iffland.“

Sein Freund sieht ihn skeptisch an. „Aha, weil er bei deinem Bruder studiert hat, ist das natürlich ausgeschlossen.“

„Nein“, entgegnet Alexander mit einem Schmunzeln, „aber ich kenn jemanden, der was dagegen hätte.“

Heinrich folgt erstaunt dem Blick des Älteren, der ihn wieder zu Schiller führt, von dem Iffland nun ein wenig Abstand genommen hat – und zu dem Goethe getreten ist. Die beiden Autoren reden miteinander, und irgendwie wirkt Schillers Lachen nun anders als zuvor mit Iffland. Nicht so ausgelassen, sondern gefühlvoll. Sein Blick, den er Goethe zuwirft, scheint unwahrscheinlich warm. Schließlich lehnt sich Goethe zu ihm, sodass sich der Blonde etwas zu ihm hinunterbeugen muss, und flüstert ihm etwas ins Ohr, was Schillers ganze Züge unglaublich weich werden lässt. Er legt Goethe eine Hand an die Brust, seine Finger müssen wie Federn auf dem Stoff sein, bevor er ihm auf seine Worte antwortet.

„Oookay“, kommt es von Heinrich, „Ich versteh, was du meinst.“

„Sicher nicht.“, meint Alexander grinsend.

Heinrich sieht irritiert zu ihm auf. „Also, wenn die beiden nix miteinander haben, dann lass ich mich zur Holly umoperieren!“

„Oh“, antwortet der Ältere, „die beiden haben schon was miteinander. Ziemlich viel sogar. Nur nichts Sexuelles.“

Jetzt hat er den Jungen gänzlich verwirrt.

„Der himmlische Eros, mein Schatz.“, erinnert ihn Alexander mit einem Zwinkern.

Heinrich wirft ihm einen skeptischen Blick zu. „So was gibt’s tatsächlich?“

„Ja“, antwortet der Ältere und stupst ihm gegen die Nase, „Auch wenn du sexlüsterner Knabe dir das nicht vorstellen kannst, so was gibt es.“

„Und wie…wie drückt man dann seine Liebe aus, wenn man den anderen nicht…küssen und du weißt schon kann?“

Alexander stellt sein Glas auf dem Tisch ab.

„Ich geb dir ein Beispiel, okay?“

„Bitte.“

„Also“ Der Professor nickt zu den beiden Autoren hinüber, wo Goethe Schiller gerade eine Strähne hinters Ohr streicht, „Die zwei haben vor einem Jahr eine Zeit lang Essays in der Zeitung veröffentlicht, in denen sie…sagen wir, nicht so freundlich über andere Autoren geschrieben haben, deren Bücher, ähm…sehr modern und Mainstream sind. Einer dieser Autoren hat das nicht auf sich sitzenlassen und sich in einem Interview über Schillers sehr pathetische Charaktere lustig gemacht.“

„Seine Charaktere sind nicht pathetisch, sie sind eben nur nicht oberflächlich.“

Alexander seufzt. „Okay, dann eben das. Jedenfalls hatte dieser Autor das Pech, dass sein neues Buch gerade beim Goethe-Verlag gedruckt wurde. Goethe hat den Druck sofort einstellen lassen und dem Unglücklichen die Zusammenarbeit für immer gekündigt.“

Heinrich sieht seinen Freund beeindruckt an. „Kam das Goethe nicht teuer, wenn der Druck doch schon begonnen hatte und er den Vertrag auflösen musste?“

„Schon. Außerdem wurde das Buch ein Bestseller und hat dem anderen Verlag wohl ein kleines Vermögen eingebracht. Aber fragst du Goethe, er wird dir sagen, dass er diesen Schritt nie bereut hat.“

Der Junge verzieht das Gesicht. „Also…so ne Art von Liebe kann ich mir nicht leisten, da lass ich mich lieber von dir durchnehmen, das ist billiger.“

„Hey…!“ Grinsend boxt ihm Alexander gegen die Schulter.

Blinzelnd sieht Heinrich zu ihm auf. „Freu mich schon auf nachher.“

„Ich mich auch.“

„Wann ist denn das „nachher“?“

Alexander sieht sich um, stellt fest, dass ihre Teller leer sind, Heinrichs Glas auch. Entschlossen nimmt er seines und trinkt auch noch den letzten Schluck, bevor er sich wieder seinem Freund zuwendet.

„Wenn du willst, dann schon sehr bald.“

Der Junge lächelt ihn zufrieden an. „Das klingt gut.“
 

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Richtig! Es ist sozusagen ein Paralleluniversum (siehe „Alternatives Universum“ in der Beschreibung^^). Aber auf Goethe&Schiller will ich mich nicht so konzentrieren, ich wollte die beiden nur mal auftreten lassen :)
 

Und was ich noch sagen wollte: Bitte keine 100-Kapitel-Feiern, das dürfen wir erst bei Kapitel 106, da die non-adults ja nicht zählen ;) ...Ich denk aber, das werd ich schaffen :3

Mit einem leisen Seufzen landet Heinrich unter Alexander auf dem Bett. Ihre Lippen können genauso wie ihre Hände nicht voneinander lassen, auch wenn sie es bis jetzt nur geschafft haben, ihre Jacketts irgendwo im Flur loszuwerden.

„Du riechst so gut…“, nuschelt der Jüngere und presst sein Gesicht an Alexanders Brust, „Wieso trägst du das Parfum so selten? Noch nicht mal für die Uni.“

„Damit du dich auf den Unterrichtsstoff konzentrieren kannst.“, antwortet der Professor schmunzelnd, nimmt seinen Freund an der Wange, um ihn innig zu küssen.

Als der Kuss sich intensiviert, öffnet Heinrich seine Beine, lässt so den Älteren enger an ihn sinken.

„Mmmmh…“

„Was?“, haucht Alexander und lässt nur widerwillig vom Jungen ab.

„Das fühlt sich so gut an…viel besser als in Jeans…“

Lachend bewegt der Ältere noch einmal sein Becken, reibt es mit mehr Druck gegen den Unterleib des anderen.

„Jah…“, keucht Heinrich, fängt wieder an, seinen Freund zu küssen, fährt ihm mit den Händen gierig an Rücken und Brust übers seidige Hemd.

„Du wolltest mich doch ausziehen.“, flüstert er.

Alexander küsst ihn nur erneut.

Heinrich spürt, wie er ihm langsam das Hemd aus der Hose zieht. Als er es aufknöpfen will, unterbricht der Junge ihn mit einem sanften Lächeln. „Lass mich dir zeigen, wie sehr ich dich liebe.“ Und sofort hat er sich auf den anderen gerollt, küsst ihm Hals und Brust, öffnet ihm das Hemd, damit sein Mund noch mehr Haut erreichen kann.

„Du hast Recht…“, keucht Alexander, „Der gewöhnliche Eros hat schon seine Vorzüge.“

„Wobei das von Goethe schon süß war, wenn er das tatsächlich gemacht hat.“, meint Heinrich, während er auf der Hüfte des anderen Platz nimmt und sein Hemd weiter aufknöpft.

Sein Freund grinst ihn an. „Wie kannst du jetzt nur über die beiden sprechen?“

Der Junge lässt sich wieder auf ihn sinken und fährt mit seinen Händen lasziv über Alexanders nun nackte Brust. „Wieso nicht?“

„Sag bloß, du findest so was wie Gefallen an den beiden.“

Schmunzelnd fährt Heinrich dem Älteren über die Wange.

„Naja…fängt er an. Goethe ist zu alt.“

„Und ich nicht?“

Lachend gibt ihm der Junge einen liebevollen Kuss. „Du doch nicht. Das wenige, was du alt bist, das macht dich reif und attraktiv; Goethe ist…zu weise und reif, um attraktiv zu sein. Aber Schiller…“

Mit einem gehobenen Mundwinkel zieht ihn Alexander zu sich und beißt ihm sanft in die Unterlippe. „Was?“, fragt er.

„Die Haare.“, bekommt Heinrich zwischen zwei Küssen heraus.

„Was ist mit seinen Haaren?“, fragt der Ältere und seine Hände schließen sich fest um den Hintern des anderen.

„D-die…müssen doch wahnsinnig weich sein und…wenn er verschwitzt ist, dann kleben sie auf seiner Haut…“

Heinrich bricht ab, als Alexander ihn ernst ansieht.

„Och, du!“, ruft er sofort und nimmt sein Gesicht rechts und links, um ihm einen schmatzenden Kuss auf die Lippen zu drücken, „Nein, du musst dir nicht die Haare wachsen lassen, es ist alles in Ordnung. – Steht Goethe eigentlich auf Frauen?“

Alexander hätte noch etwas auf die Haare-Sache erwidert, aber die Frage verwirrt ihn etwas. Besser gesagt, muss er über ihre Überflüssigkeit lachen.

„Goethe?! Der ist ein Frauenheld! Mit seinem Geld und Ansehen schafft er es irgendwie, sich auch zwanzig Jahre jüngere ins Bett zu holen.“

Auf Heinrichs Gesicht breitet sich ein Grinsen aus und er blinzelt seinen Freund vielsagend an.

Alexander erwidert das Grinsen. „Soso, du bist also hinter meinem Geld her.“

„Immer doch.“, entgegnet der Junge spitzbübisch und lässt seine Hand den Bauch seines Freundes hinuntergleiten, „Ich bin scharf auf deine Kronjuwelen.“

Der Ältere stöhnt auf, als ihn Heinrich im Schritt packt.

„Damit kann ich leben.“

Schon freut sich Alexander auf ein wenig Spaß, da lässt der Junge wieder von ihm ab und macht es sich auf seiner Brust bequem.

„Meinst du nicht“, fängt er an, „dann könnte Goethe bei Schiller nicht auch mal schwach werden? Seine Haare sind doch schöner als die mancher Frau.“

Alexander schüttelt den Kopf. „So geht das nicht, mein Süßer.“, meint er, „Entweder wir machen uns fertig fürs Bett und können dann noch ein wenig erzählen, oder wir konzentrieren uns mal“ Mit einem Ruck landet Heinrich unter ihm auf der Matratze. „auf die wichtigen Dinge.“

Als Alexander anfängt, an seinem Hals herumzuknabbern, stimmt der Junge wortlos, aber mit einem genießerischen Seufzer, Letzterem zu.

Während ihm der Ältere nun das Hemd aufknöpft und sich liebevoll seiner Haut widmet, findet Heinrichs Hand die Krawatte des anderen. Alexander beißt ihm in die rechte Brustwarze, und er zieht unter Keuchen ruckartig an dem braunen Stoff. Das scheint dem Älteren zu gefallen, denn er schmiegt sich näher an ihn und widmet sich auch seiner linken Brustwarze. Heinrich wickelt sich wohlig aufstöhnend die Krawatte um die Hand.

Als er genug hat, zieht er seinen Freund damit wieder zu sich hinauf.

„Zieht dich aus.“, haucht er, „Lass mir aber die Krawatte.“

Schmunzelnd erhebt sich Alexander etwas, soweit es geht mit seiner Krawatte in Heinrichs Fängen, und schiebt sich das Hemd von den Schultern.

„Die Hose auch.“

Der Ältere gehorcht, öffnet seinen Gürtel, um sich schließlich auch die Unterhose und die Socken auszuziehen.

Zufrieden zieht ihn Heinrich wieder auf sich und lässt sich von ihm küssen.

„Wolltest du mich nicht auch ausziehen?“, flüstert er nach einer Weile, in der er freudig festgestellt hat, wie erregt Alexander schon ist.

„Ohja, das wollte ich.“, raunt dieser, seine Hände auf dem Bauch des Jungen, „Bis auf die Fliege?“

„Bis auf die Fliege.“
 

Heinrich stöhnt auf, als sich endlich ihre nackten Körper berühren. Hastig küsst er seinen Freund, lässt sich küssen, umschlingt ihn, spürt selbst die starken Arme, die sich um ihn legen, wenn die Hände nicht gerade unaufhaltsam über seine Haut wandern.

„Du erinnerst mich mit deiner Fliege an ein Bunny.“, bringt Alexander zwischen zwei Küssen heraus.

„Tatsächlich?“, entgegnet der Junge fast schon atemlos, „Kauf mir doch ein Bunny-Kostüm.“, schlägt er schmunzelnd vor, „Oder besser: Schenk es mir zum Geburtstag.“

Alexander antwortet mit einigen Küssen und einem kehligen Lachen.

„Wobei“, fängt Heinrich wieder an, „Eigentlich müsste es ja was sein, was…hnn…was du für mich anziehst. Mmm…zum Beispiel eine Lederhose.“

„Darin willst du mich sehen, ja?“

„Ohjah…H-hast du denn schon ein Geschenk für mich?“

Alexander küsst sich das Schlüsselbein seines Freundes entlang, als er antwortet.

„Ja, eine Idee hatte ich schon, …die andere reift gerade in meinem Kopf.“

Zufrieden schließt Heinrich die Augen.

„Du hast ja noch zwei Wochen.“

„Mhm…“

„Und jetzt zeig mir, wie sehr du mich liebst, und nimm mich endlich.“

Alexander küsst ihm die Stirn und die Wangen.

„Gerne.“, keucht er und fischt im Nachttisch nach dem Gleitgel.
 

Heinrich genießt das Gefühl, das ihn anfüllt, von der ersten Sekunde an. Alexander ist heute besonders sanft, aber er ist es mittlerweile schon so gewohnt, dass es sich einfach nur noch gut anfühlt. Und mit jeder Bewegung wird es besser.

Während der Junge die heißen Küsse seines Freundes genießt, die Liebkosungen durch die großen Hände, da muss er wieder, aber nur deswegen, weil es ihm so sehr gefällt, an Goethe und Schiller denken.

„D-das ist unmöglich nnnh…nur platonische L – ah…Liebe…“

Alexander beißt ihm leicht in den Hals, als Bestrafung dafür, dass er schon wieder damit anfängt.

„Wenn du auf Frauen stehst…hah…dann ist platonische Liebe zwischen Männern schon mmm…möglich.“

„Ha-hattest du mal was mit ner Frau?“

Mit einem lauten Seufzen hält Alexander inne. Heinrichs Wimmern zu urteilen ist das wohl die wirkungsvollere Strafe.

„Ich hab mal ein Mädchen geküsst, da war ich fünfzehn.“, antwortet er, „Und du?“

Heinrichs Atem geht schnell, er neigt seinen Kopf nach hinten, ein kleines Lächeln auf den Lippen.

„Erinnerst du dich noch dran, wie du mich zu dir aufs Bett gezogen hast, wie du zu mir gesagt hast: „Sieh mich an, Heinrich.“? Wie du mir durch die Haare gestreichelt hast und mich dann geküsst?“

Alexander sieht atemlos in die blauen Augen, die ihn anblicken.

„Ja.“, bringt er heraus.

„Das war mein erster Kuss.“

Heinrich keucht auf, als sich Alexander in ihm bewegt, weil er enger an ihn rutscht, um ihn fest in die Arme zu schließen.

„Du…Ich wusste, dass es dein erstes Mal ist, aber…“

„Du warst in jeder Hinsicht der Erste.“, flüstert der Junge.

„Der Einzige…“

„Ja, das auch.“, entgegnet Heinrich, und erst jetzt wird ihm richtig klar, was das heißt: Er weiß eben nicht, ob lange Haare ihm gefallen würden, ob Alexander ein wirklich so guter, oder doch eher mittelmäßiger Küsser ist, aber auch ob – wenn schon keine Frau, das kann er ausschließen – ihm vielleicht auch der aktive Part…zusagen würde…?

„Was ist?“, holt ihn Alexander aus den Gedanken, und als Heinrich dessen wunderschönes Gesicht über sich sieht, diesen liebevollen Blick, er den Körper spürt und unter der Hand an seiner muskulösen Brust seinen Herzschlag, da weiß er, dass das alles gar nicht wichtig ist.

„Ich liebe dich.“, haucht er dem Älteren gegen die Lippen.

Alexanders Gesicht entspannt sich.

„Ich dich auch.“, flüstert er, „Soll ich dir zeigen, wie sehr?“

„Jah…“, bittet Heinrich, und sein Freund beginnt wieder, sich zu bewegen, ihn zu küssen und zu liebkosen, wo er nur kann.

Der Junge erwidert alles mit viel Liebe, jedoch nur solange, bis Alexander seinen Rhythmus um einiges beschleunigt hat, sein Verstand ihn somit nur noch wohlig stöhnen und um mehr betteln lässt, bis ihm der Ältere das größte Glücksgefühl überhaupt beschert.

Außer Atem lässt sich Heinrich noch ein paar Mal küssen, gibt sein bestes, den anderen zurück zu küssen.

Alexander deckt sie beide zu und nimmt den Jungen fest in den Arm.

„Nacht, mein lüsterner Knabe.“, nuschelt er, die Nase in den schwarzen Haaren vergraben.

„Gute Nacht, mein Wunscherfüller.“, antwortet Heinrich und schmiegt sich genüsslich an seine Brust.
 

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Ich bin wieder zuhause! :3

Wann es mit Schloss Tegel weitergeht, weiß ich nicht, aber ich mach mich auf jeden Fall ans Weiterschreiben! :)

Es ist still beim Abendessen. Heinrich scheint die seltsame Stimmung, die zwischen ihnen herrscht, nicht zu bemerken, denn er futtert genießerisch seine Bratkartoffeln in sich hinein.

Erst als Alexander sich räuspert, sieht er zu seinem Freund auf.

„Was…Ist was mir dir?“

Der Ältere blickt ihn mit übertriebenem Unverständnis an. „Mit mir? Nein. Nein, wieso sollte mit mir was sein?“, meint er, „Wir essen um halb Elf zu Abend, ist doch alles in Ordnung.“

Der Junge legt seufzend sein Besteck beiseite.

„Ich hab mich doch schon entschuldigt.“, fängt er an, „Und ich hab dir erklärt, dass ich das nicht wollte. Aber wir waren so gut bei der Sache, dass wir die Zeit vergessen haben.“

Als Alexander schnaubend auflacht, wird Heinrich so langsam wütend.

„Alexander.“, sagt er mit sehr viel Nachdruck. „Tim und ich haben gelernt. Für die Prüfungen, die am Dreiundzwanzigsten beginnen.“

„Ja, ja, ich glaub’s dir ja.“, entgegnet Alexander mit einem aufgesetzten Lächeln, „Was solltet ihr auch anderes gemacht haben. Ihr habt gelernt, so wie jeden Abend die letzten zwei Wochen schon.“

„Nicht jeden Abend.“, wehrt sich Heinrich.

Alexander antwortet darauf nichts mehr, sondern steht auf, um seinen Teller abzuräumen.

Sofort springt der Junge auf und folgt ihm an die Spüle, wo er ihn von hinten vorsichtig umarmt. Sein Freund jedoch scheint ihn ganz zu ignorieren.

„Du bist doch nicht etwa eifersüchtig…?“, fragt Heinrich schließlich nach.

Da lacht Alexander auf. „Das wär ja noch schöner!“, meint er und macht sich vom anderen los, um ein Handtuch zu holen.

Da reicht es dem Jungen und er nimmt dem Älteren den Teller aus den Händen, den er auf der Küchenzeile abstellt, bevor er seine Arme hinter Alexanders Hals verschränkt und ihn küsst.

Dieser wehrt sich zu Anfang tatsächlich, und Heinrich hat ganz schön zu kämpfen, sich nicht abschütteln zu lassen, aber er gibt sich die größte Mühe, seinem Alexander zu zeigen, dass er nur ihn liebt, und letztendlich gelingt ihm das auch: Der Größere legt seine Arme um ihn, zuerst zögerlich, dann besitzergreifend, und er küsst ihn zurück.

Als sich ihre Lippen voneinander lösen, senkt Alexander den Kopf, legt ihre Stirn aneinander und schließt die Augen.

„Ich…“

Heinrich lässt ihm Zeit, seine Worte zu sortieren, und genießt stattdessen die sanften Bewegungen der großen Hände auf seinem Rücken.

„Es tut mir Leid.“

Endlich wieder mit einem Lächeln haucht der Junge seinem Freund einen zärtlichen Kuss auf die Lippen.

„Schon gut.“, flüstert er.

„Es tut mir doppelt Leid. Du hast morgen Geburtstag.“

Heinrich lächelt ihn nur an.

„Bleibst du morgen bei mir?“, fragt Alexander und sieht den Jungen fast schon bittend an.

„Natürlich.“, lacht Heinrich und schmiegt sich an die Brust des anderen.

„Schön.“, meint dieser und fährt dem Kleineren sanft durch die Haare.

„Wie…“, fängt Alexander wieder an, „Wie feierst du denn immer deinen Geburtstag? Ich mein…gab es da ein besonderes – mit Torte, oder…?“

Grinsend blickt Heinrich wieder zum Älteren auf.

„Aaalso“, beginnt er und legt seinen Zeigefinger an Alexanders Brust, „Wenn Wochenende war, dann durfte ich immer so lange schlafen, wie ich wollte, wenn ich zur Schule musste, hat Mama mich immer früh geweckt.“ Der Junge lacht leise. „Mit den Worten: „Guten Morgen, mein Kleiner. Heute ist der große Tag, an dem du mir wieder ein Jahr länger geschenkt bist, mein Schatz.“ Das ist süß, oder?“

Alexander lächelt ihn an. „Ja, sehr. Aber ich hätte nichts anderes von deiner Mutter erwartet.“

Der Junge muss grinsen.

„Mit wem willst du denn morgen feiern?“, redet Alexander weiter.

„Hm.“, antwortet Heinrich, „Mit…dir.“

„Da freu ich mich aber.“

„Mit Mama und Ulli…und mit Michael.“

„Nicht mit deinem…Studienkollegen da?“

„Nein, Tim seh ich ja an der Uni.“

Alexander nickt.

„Ich hoffe, ich kann morgen mein Verhalten von eben wiedergutmachen.“, meint er.

„Das werden wir sehen.“, entgegnet Heinrich mit einem Zwinkern.
 

Keine halbe Stunde später schläft das baldige Geburtstagskind in Alexanders Armen ein. Als der Ältere sich sicher ist, dass der Junge fest schläft, macht er sich vorsichtig los, um den Wecker auszuschalten, damit nur er morgens durch das Vibrieren seines Handys in seiner Hosentasche geweckt wird.
 

Das erste, was Heinrich wahrnimmt, ist, dass er sich unbeschreiblich gut fühlt. Das zweite sind ein paar Lippen auf seinen, die ihn zärtlich küssen.

Bevor er richtig wach ist, erwidert er den Kuss, wobei ihm ein wohliges Seufzen entweicht.

„Guten Morgen, mein Kleiner.“, hört er eine tiefe Stimme flüstern, die ihm vor einem Jahr noch völlig fremd war, „Heute ist der große Tag, an dem ich deiner Mutter danke, dass sie mir dich geschenkt hat, mein Schatz.“

Auf Heinrichs Gesicht legt sich ein gerührtes Lächeln und seine Hände legen sich in Alexanders Nacken.

„Alles Liebe zum Geburtstag, mein Süßer.“, wünscht ihm der Ältere und küsst ihn noch einmal.

Heinrich lässt ihn so schnell nicht wieder los und zieht ihn stattdessen zu sich aufs Bett.

„Wieso…bist du schon angezogen?“, fragt der Junge erstaunt nach, als er bemerkt, dass Alexander schon die Anzugshose und das Hemd trägt, hört aber nicht auf, seinen Hals und sein Gesicht mit Küssen zu übersäen.

„Du hast Besuch.“

Erschrocken lässt Heinrich vom anderen ab und sieht ihn entsetzt an.

„A-aber nicht…!“

„Schau nach.“, lacht Alexander nur und erhebt sich aus dem Bett.

Der Junge ist derweil knallrot angelaufen. Hastig hechtet er aus dem Zimmer ins Bad.

Als er hinunter ins Wohnzimmer kommt, entdeckt er dort tatsächlich seine Mutter. – Mit einer mit Smarties und Kerzen bestückten Geburtstagstorte.

„Mama!“, ruft Heinrich erfreut, „Nutellakuchen!“

Lachend umarmt Juliane ihren Sohn und drückt ihm einen Kuss auf die Stirn. „Alles, alles Liebe zum Geburtstag, mein Schatz.“, sagt sie, „Bleib so, wie du bist. Obwohl du jetzt erwachsen wirst.“

Mit einem Lachen drückt Heinrich sie noch einmal fest. „Ich bin erwachsen, Mama.“, meint er, „Immerhin bin ich jetzt sogar einundzwanzig.“

„Ich weiß ja…“

„So, meine Lieben.“, mischt sich Alexander ein, der mit drei Tellern angelaufen kommt, „Da wir heute trotzdem zur Uni müssen, sollten wir uns ranhalten.“

„Auja!“, stimmt ihm Heinrich zu, und schneller als die anderen schauen können, hat er mit einem Mal die Kerzen ausgeblasen, nimmt Alexander das Messer ab und schneidet sich ein besonders großes Stück vom Kuchen ab.

„Heute Abend hatten wir vor, mit Michael und Ulrike essen zu gehen.“, informiert ihn seine Mutter, während Alexander ihr auch ein Stück abschneidet.

„Hm! Mhm-mm!“, gibt Heinrich von sich, was anscheinend eine freudige Zustimmung ist.

„Dann bekommst du auch deine Geschenke.“, merkt Alexander mit einem Zwinkern an.

Heinrichs Gesichtsausdruck wird noch ein wenig freudiger.
 

Voller Vorfreude geht Heinrich zur Uni, wo ihn gleich Tim überfällt und ihm gratuliert.

„Hier.“, sagt er und drückt ihm ein kleines mit Schleife verziertes Päckchen in die Hand, „Darfst du aber erst in Philosophie bei deinem Alex aufmachen.“

„W-wieso das?“, fragt ihn der Junge ein wenig irritiert, aber der Rothaarige will es nicht verraten.

Also muss er bis zur letzten Stunde warten.

Obwohl er den ganzen Tag über schon überlegt hat, was Tim ihm schenken könnte, ist er noch vollkommen ahnungslos, als er das Päckchen endlich öffnet.

Zum Vorschein kommt…

„Oh.“

Tim grinst ihn breit an.

„Das ähm…“, fängt Heinrich an und betrachtet unschlüssig den Gummiring, der in der Schachtel liegt.

„Du weißt schon, was das ist?“, fragt der Rothaarige sicherheitshalber ob der seltsamen Reaktion seines Kumpels nach.

„Ja, das…Ja, ich denke, ja.“

„Du denkst, ja?“, meint Tim skeptisch, „Du weißt aber schon, dass ich dir damit keinen Heiratsantrag machen will, oder?“

Heinrich schüttelt stumm den Kopf. Dass er nun rot anläuft, macht deutlich, dass er sehr wohl weiß, um was es sich handelt.

„Mach schon!“, drängt ihn Tim, „Nimm’s mal aus der Schachtel.“

„Nicht hier!“, zischt Heinrich.

„Bitte!“

Alexanders Räuspern lässt die beiden hochschrecken.

Heinrich wird noch roter, als er den Blick seines Freundes einfängt, und lässt beinahe die Schachtel fallen.

„Du würdest ihn damit herrlich aus dem Konzept bringen.“, meint Tim mit einem Zwinkern.

Der Junge zögert.

„Komm schon! Das wird lustig.“

Heinrich gibt sich geschlagen und langsam fassen seine Finger in die Schachtel.

„Was…wofür sind die…kleinen Stacheln?“

„Das wirst du spüren.“, antwortet ihm Tim verschwörerisch, als er sich den Ring auf zwei Finger schiebt.

„Ich hab extra einen elastischen genommen, dann könnt ihr ihn beide mal verwenden.“, merkt der Rothaarige an.

„Und ich nehme an, ich muss dir dann berichten, wie’s so war.“, entgegnet Heinrich misstrauisch.

„Jap.“, gibt Tim auch noch zu, „Heb ihn mal bisschen höher, unser Professor wirft dir schon so komische Blicke zu.“

Heinrich, der sich vom ersten Schock erholt und wieder eine fast normale Gesichtsfarbe angenommen hat, wendet sich also nach vorne, wo er seine Ellenbogen auf dem Tisch abstützt und darauf wartet, Alexanders Blick noch einmal einzufangen. Als er diesen hat, zieht er den Ring mit seinen Zeigefingern auseinander, während er den Professor vielsagend angrinst.

Alexander kommt tatsächlich aus dem Konzept.

„ – Vor…zur Vor…beugung – Vorstell…“ Schnell schüttelt er den Kopf und wendet sich ab.

„Wo war ich, Ja…?“

Die Studentin verschränkt beleidigt die Arme vor der Brust. „Susanne.“

„Oh.“

Heinrich und Tim kichern derweil albern vor sich hin.
 

Als Heinrich sich von Tim verabschiedet hat und bei Alexander auf dem Professorenparkplatz ankommt, empfängt ihn dieser mit ernstem Blick, die Arme verschränkt, ans Auto gelehnt.

„Du glaubst nicht wirklich, dass wir das Ding benutzen.“

Der Junge sieht ihn überzeugend unschuldig an. „Wieso denn nicht?“

„Wieso nicht?! Wie würdest du es finden, wenn Bonpland mir irgendwelches Sexspielzeug schenken würde, damit ich’s mit dir ausprobier?!?“

Heinrich grinst ihn an. „Oh, das würd ich ganz toll finden.“, meint er.

Alexander schüttelt stur den Kopf. „Ich zieh das Ding nicht an, kannst du vergessen.“

„Wer hat denn gesagt, dass du’s anziehen musst?“, entgegnet der Junge verschmitzt.

Der Ältere wirft ihm einen irritierten Blick zu, und schneller als er schauen kann, hat sich Heinrich zu ihm hochgereckt und ihm einen Kuss auf die Lippen gehaucht.

„Jetzt steig schon ein“, meint das Geburtstagskind, „Wir haben heute noch was vor.“
 

Nachdem die beiden sich zuhause noch ein wenig schick gemacht haben, und Heinrich sein Geburtstagsgeschenk, nicht ohne einen nörgelnden Kommentar von Alexander, bei sich auf dem Nachttisch platziert hat, geht es zu Michael und Juliane.

Als sie dort ankommen, hat sich Alexanders Laune schon wieder gebessert, was wohl auch daran liegt, dass Heinrich fast die ganze Fahrt über seine rechte Hand beansprucht hat, die er sich an die Wange gelegt und immer wieder betont hat, was für ein Glück er doch habe, wie traumhaft das sei, mit ihm seinen 21. Geburtstag zu feiern, ihn an seiner Seite zu haben, von ihm geliebt zu werden…

„Komm, jetzt hör auf.“, hat ihn der Ältere schließlich mit einem breiten Grinsen unterbrochen und ihm durch die Haare gewuschelt.

Er wollte nicht darüber nachdenken, wie viel ihm Heinrich bedeutet; es wäre erschreckend viel.
 

Als ihnen die Tür geöffnet wird, kommt ihnen eine Ladung Konfetti und eine Ulrike im Ami-Look entgegen.

„Alles, alles Gute zum Geburtstag, mein Brüderchen!“, ruft sie, während sie ihren Bruder kräftig durchknuddelt.

„D-danke…“, bringt der ein wenig außer Atem heraus, bevor sie in den Flur eintreten können.

„Ulrike, nein…wer kehrt denn das vor meiner Haustür wieder weg…“, jammert Michael. Als er jedoch das Geburtstagskind erblickt, hellt sich sein Gesichtsausdruck schlagartig auf.

„Heinrich! Herzlichen Glückwunsch!“, begrüßt er ihn und zieht ihn in eine Umarmung.

Während er sich dann Alexander zuwendet, wird Heinrich noch einmal von seiner Mutter umarmt.

„Ihr kommt wie gerufen.“, stellt diese fest, „Das Essen ist gleich fertig.“

„Was gibt es denn?“, fragt ihr Sohn nach.

„Na, was wohl?!“, mischt sich Ulrike ein.

„Braten mit Kartoffelbrei!“, vermutet Heinrich freudig, womit er richtig liegt, „Alex, meine Mama macht den besten Kartoffelbrei überhaupt!“

„Na, da bin ich mal gespannt.“, meint sein Freund und hängt ihre Jacken im Flur auf, bevor sie sich auf den Weg ins Wohnzimmer machen.

Dort stürzt sich Heinrich gleich mit einem freudigen Schrei auf den Tisch mit den Geschenken.

„Halt, halt, halt…!“, hält ihn Michael lachend am Arm auf, „Erst wird gegessen.“
 

Es ist sonst noch niemand fertig, da hat Heinrich schon alles in sich hineingeschlungen und will aufspringen.

„Warte doch noch, bis wir alle fertig sind, mein Schatz.“, bittet ihn seine Mutter.

Der Junge räuspert sich und setzt sich wieder hin. Er weiß nicht, wieso er es nicht mehr abwarten kann, aber vielleicht wollte er einfach nur schon aufstehen, weil er weiß, dass er das jetzt darf. Bei seinem Vater hätte er sich das nie getraut…

Seine Mutter lächelt ihn an. „Es gibt noch Kuchen.“

„Nutellakuchen?“, hakt Ulrike skeptisch nach.

Juliane nickt, woraufhin die andere ihr Gesicht verzieht. „Bäh…Wie kann man so süßes Zeug essen…“

„Also, mir hat’s heute Morgen geschmeckt.“, meint Alexander.

„Ich hätte auch gerne schon mal probiert.“, meldet sich Michael zu Wort, „Aber Juliane hat mich nicht naschen lassen…“

Die grinst ihren Liebsten nur an und drückt ihm einen Kuss auf die Wange.

„Wir können doch aber den Kuchen essen, nachdem ich meine Geschenke ausgepackt hab, oder?“, bettelt Heinrich mit so einem Blick, dass alle nur schmunzeln und nachgeben können.

„Also, es hat sehr gut geschmeckt.“, wendet sich Alexander an Juliane, als er sein Besteck auf dem Teller ablegt.

„Oh, danke.“, entgegnet diese etwas peinlich berührt.

„Aber echt!“, stimmt auch Ulrike zu, und ihre Züge werden für einen Augenblick ganz weich, als sie ergänzt: „Das hab ich irgendwie vermisst.“

Juliane kann darauf nur gerührt das Lächeln erwidern.

„So! Meine Geschenke!“, macht Heinrich wieder auf sich aufmerksam, und endlich folgen ihm die anderen hinüber zum Sofa, wo er sich vor dem Tisch auf den Teppich setzt.

Wie eine Katze die Maus betrachtet er die drei Geschenke: Das größte ist – prüfend tippt er es mit dem Finger an – weich und rechteckig, nicht so hoch. Das andere ist fast ein Würfel, der auch nachgibt. Das Letzte ist ein mit Herzen beklebter Umschlag.

Zielsicher greift sich Heinrich als erstes das Größte. Da sein Vater ihm stets antrainiert hat, die Klebestreifen sorgfältig aufzutrennen, damit man das Papier noch ein weiteres Mal verwendet kann, reißt er es nun mit größter Freude in Fetzen.

„Ach, das ist ja…!“

Entzückt hebt er das babyblaue Pyjamaoberteil in die Höhe, auf dem Schneewittchen abgedruckt ist.

„Aw, ihr seid so süß! Wem hab ich das zu verdanken?!“

„Deiner Mutter, aber ich wurde einkaufen geschickt.“, meldet sich Michael.

„Danke!“, ruft der Junge und fällt erst Michael, dann seiner Mutter um den Hals.

„Schau mal“, meint Juliane und fährt über das Bild, „Das ist ein sogenannter Sublimationsdruck, das heißt, die Farbe ist in den Stoff eingedampft, hab ich mir erklären lassen. Du kannst den Pyjama also so oft waschen, wie du willst.“

Als Heinrich seine Mutter skeptisch anblickt, wird diese rot. Ulrike kichert. Michael sitzt ahnungslos dabei, während Alexander erst Ulrike, dann Juliane und schließlich seinen Freund entsetzt anblickt.

Aber um vor Michael nicht mit der ganzen Geschichte vom berüchtigten „Disney-Pyjama“ rausrücken zu müssen, geht keiner von ihnen auf Alexanders nicht gestellte Frage ein.

Heinrich wendet sich stattdessen dem zweitgrößten Paket zu.

Zum Vorschein kommt eine karierte Baskenmütze mit Schirm.

„Die ist von dir, Ulli.“, stellt der Junge mit einem breiten Grinsen fest, als er sie sich aufsetzt.

„Wie kommst du da drauf?“, entgegnet seine Schwester schmunzelnd.

„Alex wuschelt mir viel zu gerne durch die Haare, als dass er mir ne Mütze schenken würde.“

Während die anderen lachen, springt Heinrich auf, um sich im Flur im Spiegel zu betrachten. Als er zurückkommt, fällt er Ulrike um den Hals. „Danke! Die gefällt mir außerordentlich gut.“

„Na, das hoff ich doch.“

Immer noch seine neuerworbene Mütze auf, wendet sich Heinrich also dem letzten Geschenk zu. Grinsend nimmt er den Umschlag mit den Herzen in die Hände und setzt sich bei Alexander auf den Schoß.

„So was Kitschiges hätte ich dir gar nicht zugetraut.“, raunt er seinem Freund zu.

„Es hat mich plötzlich überkommen…“, meint Alexander mit einem Lächeln.

„Na, dann.“, entgegnet Heinrich und fängt an, den Umschlag zu öffnen.

Als er den Inhalt hervorholt, starrt er erst einmal nur sprachlos auf das Papier. Genauer genommen sind es zwei aneinandergeheftete Eintrittskarten, zu etwas, was er schon tausendmal gesehen hat, aber noch nie wirklich dort war.

„D-da…! E-ein…w-w…!“

Alexander gibt ein erschrockenes Keuchen von sich, als Heinrich ihm um den Hals fällt.

„Aaaaaaah!!!!! Wir gehen zum Fußballländerspiel! Ins Stadion! Oh, mein Gott!!“

„E-es ist leider erst im März…“, bringt Alexander heraus, wird aber sofort mit tausenden Küssen seitens Heinrichs ruhiggestellt.

„Gegen Frankreich! Oh, wie soll ich dir – wie soll ich dir dafür jemals danken…?!“

Sichtlich glücklich sinkt der Junge an Alexanders Brust, der ihm ein wenig überfordert über den Rücken fährt, während die anderen sich mit Heinrich freuen.

„Es ist…es ist noch was im Umschlag.“, merkt Alexander nach ein paar Sekunden an.

„Echt?!“ Sofort ist sein Freund wieder aufgesprungen und sucht den Boden nach dem vor Freude in die Luft geworfenen Kuvert ab.

Am Ende des Teppichs findet er es. Tatsächlich, es ist noch etwas drin, Postkartengröße…

Von der Sofaecke aus können die anderen drei gut beobachten, wie sich Heinrichs Augen weiten, als er die Karte betrachtet. Mit Genugtuung stellt Alexander fest, dass dem Jungen die Röte ins Gesicht steigt.

„Oh, mein…B-bist das…?!?“

„Zeig her!“, ruft Ulrike ungeduldig und grabscht ihrem Bruder die Karte aus den Händen.

Dass auch sie schlucken muss, verschafft Alexander noch mehr Genugtuung.

„Ach du Scheiße!“, ruft Ulrike und wirft die Karte entsetzt weg, sodass sie bei Michael auf dem Schoß landet.

Während er und Juliane ebenso beeindruckt das Bild betrachten, stürzt sich Heinrich wieder bei seinem Freund auf den Schoß.

„B-bist das du, Alex?! Das bist doch du, oder?!?“

Lachend fährt ihm der Ältere durch die Haare. „Ja, das bin ich. Gefällt dir das Foto?“

Der Junge kann nur heftig nicken.

Da reicht ihm Michael die Karte wieder, und er betrachtet noch einmal seinen Freund, der ihn vom Schwarzweiß-Foto so intensiv anblickt, dass er glaubt, er stehe vor ihm, nass und nackt, die rechte Hand über seinem Schritt.

„W-wer“, fängt Heinrich an, „Wer hat das Foto gemacht?“

„Lena.“, kommt es von Ulrike, die sich wieder erholt hat.

„Lena? Deine Freundin?“

„Meine schon ziemlich lange Ex-Freundin, ja.“

„Dreh die Karte mal um.“, fordert ihn Alexander auf.

Als Heinrich gehorcht, kommt ein Gutschein zum Vorschein, für –

„Ein Fotoshooting?!“, ruft der Junge aufgeregt.

„Ja, für uns beide.“, meint Alexander, „Wenn du willst.“

„Auja!“

Es tritt eine Stille ein, in die Heinrich glücklich hineingrinst, als würde er jeden Augenblick anfangen zu schweben, da erhebt sich Juliane.

„Kuchen?“
 

Als bei Kleist/Humboldt zuhause die Tür ins Schloss fällt, tänzelt Heinrich freudig durch die Wohnung.

„Das war der wunderschönste und tollste Geburtstag, den ich je hatte!“

Alexander freut es, seinen Freund so glücklich zu sehen, und hängt auch gerne seine in die Ecke geworfene Jacke auf.

„Weißt du, was jetzt noch fehlt?“, fragt ihn der Junge mit leuchtenden Augen und krallt sich an seiner Brust ins Shirt, „Ein gelungener Abschluss.“

Schmunzelnd sieht Alexander auf ihn herab und gibt ihm einen Kuss.

„Gerne.“

Freudig macht sich Heinrich wieder von ihm los, stibitzt ihm die Tüte mit den Geschenken, die er getragen hat, und stürmt die Treppe hinauf.

„Geh schon mal ins Schlafzimmer, ich komm auch gleich!“

Alexander begibt sich also nach oben, wo er sich das Shirt über den Kopf zieht. Es landet auf dem Schlafzimmerboden, seine Jeans folgt auch gleich.

Als er auf dem Bett sitzt und sich gerade die Socken auszieht, betritt Heinrich das Schlafzimmer.

In seinem neuen Disney-Pyjama.

„Nein.“, lacht der Ältere.

„Doch.“, entgegnet Heinrich und nimmt auf seinem Schoß Platz, um ihn zu küssen, „Hat dir doch letztes Mal so sehr gefallen, dass du deine Finger gar nicht von mir lassen wolltest.“

Alexander erwidert hierauf nichts mehr, sondern küsst seinen Freund nur zurück, während er über den dünnen, weichen Stoff fährt.

Alles Widersprechen wäre sowieso nur Lügen.
 

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So. Erst mal bis hierhin. Wenn ich mit Heinrichs Geburtstag fertig bin, dann geht's bei Schloss Tegel weiter :)

Heinrich hat sich den Morgen an der Uni erfolgreich davor gedrückt, seinem Kollegen Auskunft über die Erstbenutzung seines Geburtstagsgeschenks zu geben. Als sie jedoch ihre Taschen vor Tims Bett ablegen und es nur noch sie beide in dessen kleiner Wohnung gibt, lässt der Rothaarige keine Ausrede mehr gelten.

„Jetzt erzähl schon.“, fordert ihn Tim auf und schmeißt sich aufs Bett, wo Heinrich schon sitzt und ein wenig unschlüssig mit dem Saum seines Shirts spielt.

„Ich…“

„Wenn du willst, dann sag erst mal nur, wie’s war. So generell.“

Heinrich sieht nur unsicher zu ihm hinab.

„Auf einer Skala von übelst scheiße bis affengeil.“, hilft ihm Tim weiter.

Aufs Gesicht des Schwarzhaarigen legt sich ein schüchternes Lächeln. „Sex mit Alex ist immer…affengeil.“

Lachend zwickt ihm Tim in die Seite, wodurch Heinrich ziemlich ungelenk für seine Verhältnisse versucht, auszuweichen.

„Hm.“, macht der Rothaarige und richtet sich auf seine Ellenbogen auf, „Wenn ich’s nicht besser wüsste, würd ich sagen, ihr habt’s ein wenig übertrieben, so empfindlich, wie du heute bist.“

„N-nein, nur…“ Heinrich weicht seinem Blick aus. „Alex war ein bisschen grob…“

„Huch, wieso das denn?“

„Naja, er…er fand das nicht so toll, dass du…Also, er hat sich geweigert, das Ding anzuziehen, da du’s mir geschenkt hast.“

„Oh.“ Tim sieht ihn schuldbewusst an. „Sorry, das…Ich hätt ihn ganz anders eingeschätzt. Er ist doch sonst immer so…aufgeschlossen, oder nicht?“

„Ich denk, es hat auch nur was damit zu tun, dass er von dir ist…“

Der Rothaarige zieht skeptisch eine Augenbraue in die Höhe. „Er ist doch nicht etwa…eifersüchtig?“

Heinrich zuckt mit den Schultern. „Keine Ahnung. Er verhält sich so, behauptet aber, er weiß nicht, was Eifersucht ist.“

„Macho.“

Heinrich grinst seinen Kumpel an.

„Also habt ihr’s nicht ausprobiert?“

„Doch.“

„Du hast ihn angezogen?!“, fragt Tim erstaunt nach.

Der Junge nickt und zieht die Knie etwas höher an den Körper.

„Er…also, warte. Ich hab von meiner Mutter einen Disney-Pyjama geschenkt bekommen.“

Tim unterbricht ihn mit einem Lachen. „Ach, wie süüüß!“

„Jap, das findet Alex auch. Deshalb musste ich ihn anlassen, und er hat…er hat mich auf den Schoß genommen – also, mein Rücken an seiner Brust – und sich so aufs Bett gekniet, dass…dass wir uns im Spiegel sehen konnten.“

„Heiß~“, kommt es von Tim.

Heinrich räuspert sich. „Ähm, dann…also, er hat mir vorher dein Geschenk abgenommen und…und nachdem er mich ein bisschen mit der Hand…bearbeitet hat“ – Ein Blick zu Tim, ob der versteht, was er meint; der Rothaarige nickt aufmerksam. – „hat er mir den Ring in die Hand gedrückt und gesagt, ich soll ihn mir selbst überziehen, schließlich will ich das ja.“

„Und? Hast du’s gemacht?“

„Jap.“, antwortet Heinrich, „Aber ich…ich wusste nicht, dass man den so weit hinten hin machen muss, weshalb Alex dann doch nachgeholfen hat.“

Tim boxt ihm lachend gegens Bein. „Ha, siehste, du kennst dich eben doch nicht aus.“

„Aber du!“, ruft Heinrich entrüstet.

„Ja, klar. Hab mich beim Kauf ja ausführlich informieren lassen. – Wie hat sich’s angefühlt?“

Der Schwarzhaarige sieht ihn nachdenklich an. „…Beklemmend…?“

Tim muss lachen.

„Und dein Alex hatte gar kein Mitleid mit dir, wenn er dann auch noch so grob war? Obwohl du Geburtstag hattest?“

Heinrich schüttelt schmunzelnd den Kopf. „Er hat gesagt: „So, mein Kleiner, jetzt schau uns mal ganz genau da im Spiegel zu. Ich werd mir nämlich besonders große Mühe geben, damit du deinem Uni-Freund auch was Schönes zu berichten hast.“…“

Tim starrt ihn beeindruckt an. „Krass…“, kommentiert er, „Hast du dich nicht…gewehrt?“

Heinrichs Grinsen wird breiter und seine Wangen roter. „Wehren war nicht, aber wozu? – Mir hat’s gefallen. Sehr.“

Der Rothaarige erwidert das Grinsen. „Konntest du…kommen, oder musstest du das Ding erst wieder ausziehen?“

„Natürlich konnt ich nicht!“, beschwert sich der Junge, „Und Alex hat das schamlos ausgenutzt. Gott, was für…“ Seufzend legt er sich die Hände an die glühenden Wangen. „Was für Sachen er mir ins Ohr geflüstert hat! Das Schneewittchen auf meinem Pyjama wär die beste Wahl gewesen, weil es mir am ähnlichsten sieht und…und gezwungen hat er mich, auch ja keine Sekunde meine Augen von unserem Spiegelbild abzuwenden…! Und dann hab ich gesehen, wie er kommt und…und konnte selbst nicht…“

„Du stehst wohl drauf, von deinem Alex gequält zu werden.“, stellt Tim mit einem breiten Grinsen fest.

Heinrich weiß nicht, was er darauf erwidern soll. „Er…“, fängt er an, „Er war danach aber ganz sanft zu mir.“

„Das heißt, es gab eine zweite Runde?“, fragt der Rothaarige voller Vorfreude.

Heinrich verdreht die Augen. „Naja, für mich war’s ja noch die erste, dank deinem Geschenk.“

„Oohh…“, bekundet Tim sein Mitleid, „Hat dich dein Alex nicht erlöst?“

„Doch.“, entgegnet der Junge, mit Schmollmund.

Der Rothaarige sieht ihn verwirrt an. „Häh?“

„Auf meinen schönen Pyjama…“

Tim muss lachen.

„Hat er bestimmt mit Absicht gemacht…“

„Natürlich.“

Der Rothaarige setzt sich neben Heinrich im Bett auf und blickt ihn nachdenklich an. „Dann hast du aber gar nicht die Stacheln erlebt, die haben mich immerhin vier Euro extra gekostet!“

Auf Heinrichs Gesicht schleicht sich ein Grinsen.

„Hab ich auch gedacht.“, meint er, „Aber als Alex mich das zweite Mal genommen hat, hab ich sie plötzlich an meinem…Po gespürt.“

„Echt?!?“, kommt es von Tim, „Hat er also doch nachgegeben…!“

„Ja. Wenn ich ihm schon erlaub, meinen Disney-Pyjama zu versauen, muss er mir ja auch irgendwie entgegenkommen.“

„Das stimmt.“, entgegnet der Rothaarige grinsend.

Heinrich seufzt glücklich auf. „Alles in allem war es ein gelungener Geburtstags…spaß.“

„Das freut mich.“, entgegnet Tim, „Physik?“

Ein wenig demotiviert blickt Heinrich auf ihre Unterlagen.

„Ich bin so unkonzentriert…Da wo die Stacheln waren, kitzelt’s die ganze Zeit…“

„Das ist keine Ausrede!“, wendet Tim gnadenlos ein, „Am Wochenende kommt Adele zu Besuch und ich kann mich auch konzentrieren.“

„Auf Physik.“, hakt Heinrich skeptisch nach.

„Genau, auf Physik.“

Kopfschüttelnd nimmt der Schwarzhaarige seinem Kollegen das Mathematikbuch aus den Händen und reicht ihm das für Physik.
 

Bis zum Wochenende hat Heinrich seinen Pyjama ganze drei Mal gewaschen, am Samstagmorgen wacht er das erste Mal mit einem noch sauberen auf.

„Mmmm…“ Alexander hat seine Nase im Stoff an der Brust seines Freundes vergraben und atmet den wohligen Geruch von frischer Wäsche ein, die durch das Tragen in der Nacht schon wieder nach Heinrich duftet.

Der Junge fährt dem Älteren schmunzelnd durch die Haare.

„Soll ich den Pyjama mit zum Fotoshooting nehmen?“, fragt er leise.

Alexander lässt seine Hände an Heinrichs Hintern wandern. „Dann fall ich noch über dich her…lieber nicht.“

„Och, das würden interessante Fotos werden…“

Mit einem sanften Lachen schließt Alexander seinen Freund fest in die Arme.

„Sag mal“, beginnt Heinrich und schmiegt sich enger an den nackten Körper, „Hast du Hitze, oder wie? So warm ist es mittlerweile doch nicht mehr, dass du in Boxershorts oder sogar nackt schlafen musst, oder?“

„Mit dir neben mir ist mir immer heiß, mein Schatz.“

„Och, du…!“

„Wir sollten aufstehen, schließlich haben wir mit Lena einen Termin um halb Elf ausgemacht.“

„Hmmm…ich freu mich schon.“, gibt Heinrich von sich, „Als kleiner Junge wollte ich immer Model werden – für Kleider und Röcke.“

„Du könntest für Kinderklamotten Model werden.“, schlägt Alexander vor, „Oder noch besser: Für Disney-Pyjamas.“

„Und du für Unterwäsche…“

„Oder für Satinschlafanzüge für ältere Herren.“

Plötzlich sieht der Junge mit leuchtenden Augen zu ihm auf.

„Auja! So einen kaufen wir dir heute noch!“

Entsetzt blickt ihn Alexander an. „N-nein! Bloß nicht!“

„Doch, du brauchst einen gescheiten Schalfanzug. Ich will nicht, dass du noch krank wirst.“

Der Ältere will weiter widersprechen, doch da hat ihn sein Freund schon mit einem Kuss unterbrochen.

„Türkis.“, haucht er, „Mit weißen Längsstreifen.“

„N– “

„Doch, wir gehen Shoppen. Nach dem Shooting. Keine Widerrede.“

Alexander seufzt theatralisch.

„Ist das der Dank dafür, dass ich dir gestern deinen Pyjama sauber gelassen hab?“

Heinrich grinst ihn hinterhältig an.

„Genau.“, antwortet er, „Ich mein’s doch nur gut mit dir.“
 

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Erwartet jemand von mir, dass ich ein FA mit Heinrich im Disney-Pyjama zeichne…? X3

Der Jeep parkt auf einem verlassenen Fabrikgelände, auf dem sich eine große Lagerhalle befindet. Deren Tore sind alle verschlossen, nur eine Metalltreppe führt außen am Gebäude in den oberen Stock; dort steht es: Fotostudio Lena.

Heinrichs Finger hat das Klingelschild noch nicht berührt, da wird die Tür aufgerissen und Ulrike begrüßt ihren Bruder mit einer Umarmung.

„Morgen! – Nicht wundern, die Treppe ist so laut.“

„Morgen, Ulli.“, grüßt Heinrich zurück und beobachtet mit einem breiten Grinsen, wie sein Freund und seine Schwester sich mit einem Handschlag begrüßen, der eigentlich zwei Cowboys in der Wüste vorbehalten ist.

„Kommt mit“, fordert sie Ulrike auf, „Lena wartet im kleinen Studio auf euch.“

„Im „kleinen“ Studio?“, wiederholt Heinrich fragend.

„Unten in der Halle ist noch ein großes mit Räumen, die man einrichten kann. Hier oben sind die Leinwände.“

„Auf die Räume bin ich gespannt.“, meint Alexander, „Mich hat sie bis jetzt ja nur vor die Leinwand gestellt.“

„Ausgezogen, nassgemacht und dann vor die Leinwand gestellt.“, berichtigt ihn Heinrich, und man kann dabei den Ansatz von Eifersucht aus seiner Stimme heraushören.

Am Ende des Gangs, der durch eine kleine Sitzecke mit Kaffeeemaschine führt, öffnet Ulrike eine Tür, und sie betreten einen weitläufigen Raum, in dem keine Mauern, sondern nur einzelne Säulen und aufgestellte Leinwände stehen.

Inmitten von Scheinwerfern, Windmaschinen und Fotoapparaten entdecken sie eine Frau mit einem weißen Bob, der völlig im Kontrast zu ihrem mit rotem Schottenmuster überzogenem Poncho und der darunter getragenen rosa Bluse steht. In schwarzen Stiefeln, die sich fast nicht von ihrer schwarzen Hose abheben, kommt sie mit einem überschwänglichen Grinsen auf sie zu.

„Alexander!“, begrüßt sie den Älteren mit einer Umarmung, wobei ihre indianische Kette und die Pfauenfedernohrringe klimpern.

„Ähm, hi.“, erwidert Alexander ein wenig unbeholfen und ist sichtlich erleichtert, als er wieder losgelassen wird.

„Und das ist Heinrich?“, fragt sie, fast schon entzückt, und betrachtet den Jungen.

„Genau.“, braucht Alexander bloß zu sagen, da hat die Fotografin Heinrich an den Wangen genommen und presst ihm einen Kuss auf die Stirn, der einen hellrosafarbenen Fleck hinterlässt.

„Bist ein hinreißendes Geburtstagskind, Heinrich!“, meint sie und zwickt ihm in die Wange.

„Ja, Geburtstagskind…“, murmelt der Junge und versucht, sein Gesicht wieder in Ordnung zu bringen, „Aber nicht acht Jahre alt, sondern grad einundzwanzig geworden.“

Sein Gegenüber lacht ihn nur an. „Ich bin Lena und grad dreißig geworden.“

„Wer’s glaubt…“, kommentiert Ulli, doch ein mahnender Blick von Lena stellt sie sofort ruhig.

„Na, dann kommt mal rein in die gute Stube!“, bittet sie die Fotografin, und die anderen drei folgen ihr weiter in den Raum, wobei ihre Schritte von den Wänden widerhallen.

Ulrike nimmt auf einem modischen Sitzsack Platz, während Lena sich ihren Fotoapparat vom Tisch nimmt und umhängt.

„Eure Kleider hängen dort hinten.“, teilt sie Alexander und Heinrich mit, die erstaunt die Garderobenstange bemerken, die ehemals wohl ein Heizungsrohr war.

„Kleider?“, hakt Heinrich nach und sieht Alexander fragend an.

„Sie wollte unsere Größen haben und hat gemeint, sie denkt sich was aus.“

„Was ich auch – erfolgreich, wie ich verkünden darf – getan habe.“, merkt Lena an und mit einem Grinsen an Heinrich ergänzt sie: „Aber dass du so ein zuckersüßes Bürschchen bist, hab ich nicht gewusst!“

Der Junge wird ein wenig rot, während Alexander hinüber zu ihren Kleidern läuft.

„Oha.“, stellt er fest, „Da sind ja einige Sachen dabei…“

„Nicht spicken!“, ruft Lena erbost und sofort lässt Alexander seine Finger von den Sachen.

„Schon gut, schon gut.“, meint er, „Nur eine Frage hab ich: Wieso hängt da eine Latzhose in der Größe 56, wenn ich dir doch ganz deutlich notiert hab: Größe 58…?!“

Kopfschüttelnd winkt Lena ab. „Mach ich immer so.“, meint sie, „Ich besorg immer alles eine Nummer kleiner, und es hat sich noch keiner beschwert.“

Irritiert sieht sie Heinrich an. „Hä? Wieso machst du denn so was?“

Ulrike vermutet ja, da kommen Lenas Mutterinstinkte durch, wenn ihr Bruder sie so anblickt, denn sie sieht schon wieder so aus, als würde sie ihm gerne in die Wange zwicken. „Damit’s besser sitzt!“, antwortet sie und zwinkert ihm zu.

„Ahh…“, scheint der Junge zu verstehen, denn sein Blick wandert an Alexanders Hintern.

„So, Jungs!“, fängt Lena an und klatscht in die Hände, „Dann fangen wir mal mit einer Übung zum Lockerwerden an.“

„Die wäre?“, fragt Alexander halb interessiert nach.

Die Fotografin gibt ihnen nur einen Wink mit dem Finger, ihr vor eine der Leinwände zu folgen. Eine hellblaue, die schon mit mattem Licht beleuchtet ist. Dort lässt sie die beiden stehen und begibt sich mit ihrem Fotoapparat, den sie auf ein Stativ schraubt, in Position.

„Und jetzt?“, fragt Alexander.

„Küssen.“, antwortet Lena mit freudigem Augenklimpern.

„Äh…“ Die beiden sehen sich ein wenig unsicher an.

„Maaann!“, kommt es genervt von Ulrike, „Sonst weißt du doch auch, wie du meinen Bruder ranzunehmen hast!“

Alexander erwidert ihren genervten Blick. „Sonst ist da auch keine Kamera.“

„Darum geht es doch gerade!“, mischt sich Lena beschwichtigend ein, „Ihr sollt die Angst vor der Kamera verlieren. – Also, los. Ihr sollt euch nur küssen.“

„Okay, gut.“, seufzt Alexander, da greifen schon Heinrichs Hände nach seinen und ziehen ihn ein wenig näher.

Wortlos lässt der Ältere seine Lippen auf die seines Freundes sinken.
 

„Halthalthalthalthalt!“, unterbricht Lena das Ganze schon nach einigen Sekunden, „Nach dem, was mir Ulrike von euch erzählt hat, kann ich mir nicht vorstellen, dass so bei euch gewöhnlicher Weise ein Kuss aussieht.“

„Sorry, wir…“

„Wir wussten nur nicht, wie du dir…“

Die Fotografin macht ein paar Schritte auf die beiden zu.

Ich geb euch schon genauere Anweisungen, wenn ich welche hab. Wenn ich nichts sag, dann ist es euch überlassen. Ihr müsst jetzt weder Rücksicht auf irgendwelche Jugendschutzgesetze nehmen – die Bilder sind für euch – noch müsst ihr hier einen Porno drehen. Okay? Lasst euch einfach von euren Gefühlen leiten, hört auf eure innere Stimme.“

„Ähm…“

„Okay.“

Damit verschwindet Lena wieder hinter ihrer Kamera, und Alexander fährt seinem Freund mit der linken Hand durch die Haare.

„Küss dein Schneewittchen.“, flüstert Heinrich, und sein Freund kommt der Aufforderung nach.

Genauso sanft wie vorher legt er seine Lippen auf die des Jungen, doch dieses Mal sieht man ihm an, dass er weiß, was er will.

Heinrich weiß auch, was er will. Er legt seine Hände an die Brust des Älteren – und schon ist es um ihn geschehen, auch da Alexanders Zunge gerade seine Lippen öffnet. Bereitwillig empfängt er sie in seinem Mund, genießt die große Hand an seinem Rücken, die tiefer wandert, sich ganz langsam in seine Jeans schiebt.

Heinrich schließt die Augen, als Alexanders Lippen von ihm ablassen, um sich sofort wieder auf seine zu legen. Dieses Mal wieder ganz sanft.

Der Junge reckt sich etwas zu ihm hinauf, um noch einen Kuss zu empfangen, und noch einen…

„Lena, jetzt sag ihnen doch, dass du fertig bist!“, unterbricht sie Ulrike mit ihrem Zetern, und völlig aus ihrer eigenen Welt gerissen, starren die beiden ins Licht der Scheinwerfer.

Lena sitzt neben ihrem Foto und sieht sie entzückt lächelnd an.

„…Fertig?“, fragt Alexander irritiert.

„Ja, aber ich wollte dieses Feuerwerk an Ästhetik nicht stören.“

„Feuerwerk an…Ästhetik?!“, wiederholt Heinrich ungläubig.

„Ja!“, ruft Lena wie selbstverständlich, „Können wir weitermachen?“

„Äh, gerne.“, antwortet der Junge, und die Fotografin hält ihm grinsend eine Hand entgegen.

Daran führt sie ihn zu Ulrike hinüber und übergibt ihr seine Hand.

„Der Bügel ganz links.“, sagt sie noch, bevor sie sich wieder Alexander und ihrer Kamera widmet.

„Wenn du nichts dagegen hast, dann machen wir heute erst einmal ein paar Fotos nur mit ihm.“

„Nein. Vollkommen in Ordnung.“, entgegnet Alexander, und als er sieht, was Ulrike und Heinrich mit in die Umkleide nehmen, muss er feststellen, dass es mehr als „Vollkommen in Ordnung“ ist.

Lachend nimmt er neben Lena auf einem der weißen Designersitzkästen Platz. „Woher weißt du, dass er Kleider anzieht?“

„Ulrike.“

„Ah.“

Eine Weile herrscht Stille in der großen Lagerhalle, nur gedämpft sind Heinrich und Ulrike zu hören, wenn sie sich, weshalb auch immer, gegenseitig anschreien.

„Darf ich dich was fragen?“, meldet sich irgendwann Alexander wieder zu Wort.

„Bitte.“, meint Lena.

„Wie…“ Alexander zögert ein wenig. „Wie hast du das Ulrike verzeihen können, dass sie dich für ne Jüngere verlassen hat?“

Verblüfft sieht ihn die Weißhaarige an. „Hat sie dir das erzählt?“

„Heinrich hat’s mir gesagt.“

„Ah. Na, dann wird sie’s ihm erzählt haben.“

Sie seufzt und legt ihm eine Hand auf den Oberschenkel.

„Ich hab es ihr verziehen, weil ich es von Anfang an wusste, dass sie nicht ewig bei mir bleibt. Der Altersunterschied, das…Sie war zwanzig! – oder erst siebzehn…? – Da hat man sein ganzes Leben noch vor sich. Mir war klar, dass sie das nicht auf Dauer mit mir verbringen will. Also hab ich die Zeit mit ihr einfach genossen und sie dann in die weite Welt entlassen – Nicht ohne ihr die Jahre über, die wir zusammen waren, ein paar wichtige Dinge mit auf den Weg gegeben zu haben. Ich kann schon behaupten, dass ich an dem, was sie heute ist, nicht unwesentlich beteiligt war.“

„Du hast sie erzogen.“

Lena lacht. „Kann man so auch nennen.“

„Nein, nur…“, fängt Alexander an, „Ist dir die Päderastie ein Begriff?“

„Ja, ist sie.“, entgegnet Lena. Schmunzelnd, als sie den sehr nachdenklichen Blick ihres Gegenübers bemerkt.

„Aber Heinrich versteht sie nicht.“, meint sie, womit sie Alexander aus seinen Gedanken reißt.

„Was? Wieso nicht?“

Sie schenkt ihm ein aufmunterndes Lächeln. „Ulrike hat mir erzählt, wie er sich gewandelt hat. Nach genau diesem Wandel hat sie mich verlassen. Wie es sich in der Päderastie für den erwachsen gewordenen Jungen gehört. Heinrich hat nicht vor, dich zu verlassen.“

Alexander fährt sich durch die Haare. „Ich wüsste nicht…Ohne ihn, das…das geht nicht mehr.“

„Sag es nicht mir, sag es ihm.“, meint Lena, bevor sie sich erhebt, um überschwänglich Heinrich zurückzubegrüßen.

Lachend tätschelt sie ihm die Wange. „Hast du toll hingekriegt, Ulrike.“

Alexander ist der gleichen Meinung.

Der Junge trägt das Gothic-Lolita-Kleid, das er als „Holly“ immer anhat, dazu ein schwarzes Paar hohe Stiefel und ein Häubchen auf den Haaren. Seine Augen sind schwarzgeschminkt, unter dem rechten Auge hat Ulrike ihm drei schwarze Punkte verpasst. Seine Lippen sind ebenfalls tiefst schwarz.

„Was für ein Schatz du doch bist!“, ruft Lena freudig und zupft ein wenig an seinem Kleid herum, „Und im Gegensatz zu deinem Alexander hast du Sinn für Schönheit!“, meint sie und fährt dem überforderten Jungen über die nackten Oberschenkel, „Dich muss ich zu keiner Rasur zwingen.“

Schüchtern sieht Heinrich zu seinem Freund hinüber, als er von Lena vor zwei knallgrüne Leinwände gelotst wird, die eine Ecke bilden und zwischen denen ein ebenso knallgrüner Stoff auf dem Boden ausgelegt ist.

Ulrike nimmt derweil neben Alexander Platz. „Achtung, die Augen können rausfallen, wenn man sie so aufreißt.“

Ertappt wendet der Ältere seinen Blick von Heinrichs kurzem Rock ab.

Lena drückt dem Jungen einen schwarzen Regenschirm in die Hand, bevor sie sich mit der Kamera, die um ihren Hals hängt, bewaffnet.

„Und…jetzt?“, fragt Heinrich und zupft sich an den Schleifen herum.

„Posen!“, ruft Lena voller Vorfreude.

„M-mit dem Schirm?“

„Ja, mach ihn mal auf.“

Heinrich gehorcht und schon hört er das Klacken der Kamera.

„Ich war doch noch gar nicht bereit!“, ruft er verzweifelt.

„Du bist immer bereit, Kleiner.“, entgegnet sie mit einem Grinsen und hält gleich mal sein verdutztes Gesicht auf dem Film fest.

Heinrich streckt ihr die Zunge raus.

„Hab ich im Kasten.“

Er richtet den geöffneten Schirm auf sie.

Sie bückt sich, um untendrunter durch zu fotografieren.

„Aaah! Sieht man jetzt da drauf mein Höschen?!“

„Jap.“

„Du…!“

„Dann zeig mir eben oben was Interessantes, damit ich nicht dein Höschen fotografieren muss.“

Heinrich nimmt den Schirm quer vors Gesicht und beißt auf den Stil.

„Geht doch.“

Leckt über den Stil, mit halbgeschlossenen Augen und langen Wimpern.

„Na, bitte!“

Er wirft den Schirm über die Schulter, läuft ein wenig auf und ab. Als er am Ende der Ecke angekommen ist, klappt er den Schirm zusammen, stellt ihn vor sich auf dem Boden ab, und bückt sich mit durchgebogenem Rücken zu ihm hinunter.

„Ich dachte, ich soll dein Höschen nicht fotografieren.“

Sofort dreht sich der Junge zu ihr herum und widerholt das Ganze nochmal, dieses Mal mit seinem Po Richtung Leinwand.

„Schau ein bisschen gelassener. Zufriedener.“

Das gelingt Heinrich erst, als sein Blick auf Alexander fällt, der ihn noch völlig perplex anstarrt, was er wohl seiner Bück-Aktion zu verdanken hat.

Mit einem selbstgefälligen Grinsen schiebt sich Heinrich den geschlossenen Schirm zwischen die Beine.

„Wunderbar.“, stellt Lena fest und macht noch ein Foto, bevor sie die Kamera absetzt.

„Das reicht dann, wir wollen’s nicht jetzt schon übertreiben, nicht?“, meint sie mit einem Zwinkern.

Heinrich erwidert ihr Zwinkern, was mit seinen geschminkten Augen auch schon ein Foto wert gewesen wäre.

„Ulrike!“, ruft Lena nach ihrer Freundin, „Abschminken und Umziehen!“

„Sofort, Eure Hoheit.“, murmelt diese und läuft hinüber zur Garderobe, um dort den nächsten Bügel mit in die Umkleide zu nehmen.

Lena setzt sich wieder zu Alexander.

„Und? Hat’s dir auch gefallen?“

„Definitiv.“, entgegnet er, „Vor allem bin ich beeindruckt, dass Heinrich das so leicht fällt.“

„Er weiß, dass du zuschaust.“, meint Lena mit einem Zwinkern.

Alexander muss lachen.

„Wenn du auf Kleider stehst, wieso dann nicht auf Frauen?“

„Ich steh nicht auf Kleider!“, wehrt der Professor sofort ab, „Das mit Heinrich…Es hat mich eine Weile Überwindungszeit gekostet, aber…mittlerweile akzeptier ich’s.“

„Na.“, fängt Lena skeptisch an, „Nach „akzeptieren“ sah das eben nicht aus…“

„Gut. Okay.“, gibt Alexander grinsend zu, „Seit er mir mit diesem Kleid an einen geblasen hat, find ich’s geil.“

Die Fotografin schüttelt ebenso grinsend den Kopf. „Männer…“

Es dauert noch ein Weilchen, dann öffnet sich endlich die Tür zur Umkleide. Ulrike und Heinrich kommen hervor – ein Heinrich in Lederjacke, Stiefeln und Jeanshotpants, die Haare nach oben gegelt und –

„Oh, mein Gott, die…!“

Lachend kommt Heinrich auf seinen Freund zu.

„Nein, die Piercings sind natürlich alle nicht echt.“, meint er und schiebt sich zur Demonstration den in der Unterlippe vom einen Mundwinkel in den anderen.

„Aber wie sieht’s denn aus?“, will er wissen.

„Zum Ansehen: wow. Zum Anfassen: au.“, entgegnet Alexander und streicht die geöffnete Lederjacke zur Seite, um den Bauchnabelpiercing zu berühren.

Kichernd dreht sich Heinrich von ihm weg und läuft hinüber zu Lena – wobei er Alexander seine Rückansicht in den sehr kurzen, knallengen Hotpants präsentiert.

Ulrike nimmt neben Alexander Platz. „Mund zu, oder der Sabber läuft raus.“

„H-Hallo?!“, wehrt der Ältere sich, „Was ist das bitteschön für eine Jacke?!?“

Ulrike grinst ihn hinterhältig an. „Das hab ich draufgenäht.“

Alexander sieht sie geschockt an.

„Was? Ich konnte mich nicht zwischen „I like it rough“ und „Do me deeper“ entscheiden, dann hatte Lena die Idee mit dem „Do me from behind“. Ist doch witzig.“

Alexander sieht sie immer noch geschockt an.

„Das witzigste ist ja, dass ich ihm die Jacke angezogen hab und er so erst beim Ausziehen erfährt, was draufsteht.“

Alexander sieht sie noch ein wenig geschockter an.

„Da.“, lacht sie, „Schau lieber deinem Lustknaben zu, anstatt mich so dumm anzustarren.“

Der Ältere begeht den Fehler, auf sie zu hören.

Lena hat Heinrich an eine gemauerte Wand gestellt, an der er sich gerade räkelt, den Kopf nach hinten an die Steine gelegt, die Beine gespreizt. – Die Hose ist wirklich eng

Und jetzt dreht er sich um, legt die Hände an die Wand, biegt den Rücken durch…

„Huhu. Erde an Alex. Hinter dem „Do me from behind“ ist kein Ausrufezeichen dahinter, heißt, es ist keine Aufforderung an dich.“

Alexander schüttelt verwirrt den Kopf, was Ulrike jetzt schon wieder von ihm will, da verkündet Lena aber auch schon, dass sie genug Bilder im Kasten hat und ein erneuter Kostümwechsel ansteht.

Also verschwinden Heinrich und seine Schwester wieder in der Umkleide. Es dauert genau vier Sekunden, bis der Junge entsetzt aufschreit.

„Was ist denn los?“, fragt Lena verwirrt.

„Er wusste nicht, was auf der Jacke steht.“, informiert sie Alexander.

Lena muss lachen. „Und ich hab mich schon gewundert, wieso er damit auch noch so selbstverständlich eindeutig posiert…“

Kaum sind die Rufe von Heinrich und das Kichern Ulrikes abgeflacht, und Alexander und Lena denken, sie haben sich beruhigt, da zieht der Sturm von neuem auf.

„Niemals!“, hören sie Heinrich entsetzt kreischen.

„Probier’s doch erst mal an.“

Es ist wieder eine Weile ruhig, in der sich die anderen beiden amüsiert anblicken, dann geht es weiter.

„S-so geh ich nicht raus! – Nein, Ulli, du…!“

Mit einem schrillen Schrei stolpert Heinrich – scheinbar durch einen festen Stoß seitens Ulrike ermutigt – vor die Umkleidetür.

Alexander bleibt für einige Sekunden die Luft weg. Entgeistert starrt er die Hasenohren an, den flauschigen Puschelschwanz – sein Freund trägt ein Bunny-Kostüm, und es steht ihm erschreckend gut.

„Heinrich, mein Kleiner…“, fängt Lena an und kommt auf ihn zu, um ihn an sich zu ziehen, „Was ist denn los, hm?“

„Das ist…das ist mir peinlich…“, nuschelt der Junge mit knallrotem Kopf.

„Aber wieso das denn?“, fragt sie und zieht ohne Gnade seine Hände, die er schützend vor seinen Körper gehalten hat, weg.

Heinrich wird noch roter, als sie seinen Schritt inspiziert.

„Sitzt doch alles bestens. Keine Angst, man sieht wirklich nichts.“

„A-aber…!“, protestiert Heinrich und versucht vergeblich, sich den Einteiler etwas höher zu ziehen, wo seine Brustwarzen geradeso bedeckt sind, „Das ist alles so knapp…!“

Lena tätschelt ihm den Hintern und scheucht ihn wieder vor die Leinwand. „Das gehört so.“

Ulrike nimmt derweil neben Alexander Platz. „Tu mir den Gefallen und schlag die Beine übereinander, damit ich nicht sehen muss, wie du spitz wirst.“

Der Ältere sieht sie herausfordernd an. „Dann schau halt woanders hin.“

Er merkt, dass er gewonnen hat, als Ulrike entrüstet die Backen aufpustet.

Heinrich wurde mittlerweile von Lena auf ein herbeigeholtes Nest gesetzt, und sie hat ihm zwei kleine Körbe mit bunt angemalten Ostereiern in die Hände gedrückt. Gerade ist sie dabei, vier große Plastikostereier anzurollen, die sie um Heinrich herum platziert, bevor sie wieder hinter ihrer Kamera Position beziehen kann.

„So, mein Kleiner.“, fängt sie an, „Jetzt setz dich mal bisschen aufreizender hin.“

Heinrich schmollt.

„Na, komm schon. Beine bisschen weiter auseinander. Stell den einen Fuß mal auf.“

So, oder wie?!“, meckert der Junge und präsentiert Lena mit weit geöffneten Beinen provokativ seinen Schritt.

Als es blitzt, schreit er auf und schließt sie schnell wieder.

„Du perverse…!“

„Bitte, mein Süßer. Das hat doch vorhin so toll geklappt.“

Heinrich seufzt.

„Na, gut.“, meint er, „Aber dann so.“, und dreht sich ein wenig zur Seite, sodass Lena ihn nicht mehr frontal aufs Bild bekommt.

„Einverstanden.“, meint diese und grinst zufrieden, als der Junge endlich die schwarzen Pumps ein wenig weiter auseinander auf dem grünen Boden abstellt.

„Und jetzt noch den Rücken durchbiegen, damit ich dein Puschel besser seh. Jaaa…“

Eifrig schießt Lena ein paar Bilder.

„Schau ein wenig verführerischer, Süßer! Stell dir vor, das sind keine Ostereier, die du da in den Händen hältst, sondern die Kronjuwelen deines Freundes!“

Während Heinrich rot anläuft, prustet Ulrike ungehalten los. Alexander räuspert sich.

„Kann meine Schwester bitte den Raum verlassen?“, bitte Heinrich, „Sie ruiniert mit ihrer Anwesenheit die Stimmung.“

Ulrike hebt abwehrend die Hände. „Natürlich. Ich geh dann schon mal Kaffeekochen.“, meint sie und verschwindet tatsächlich.

Was Heinrich danach abliefert, ist schon fast professionell. Schnell hat Lena die Bilder, die sie wollte, im Kasten.

Als der Junge sich von seinem Nest erhebt, ist er ganz erstaunt, dass er neben der Leinwand von Alexander empfangen wird.

Sofort läuft er wieder rot an. „Alex, was…?!“

„Ich will deinen Puschel mal anfassen, darf ich das?“, fragt der Ältere.

Heinrich nickt schüchtern und dreht ihm seinen Hintern hin. Dass Alexander ihn gleich an sich zieht, damit hätte er rechnen müssen.

„So weich…“, murmelt er genießerisch und fährt mit seiner Nase ein Hasenohr auf und ab.

Lena betrachtet die beiden amüsiert.

„Ich glaub, das Bunny-Kostüm geb ich euch nachher mit.“, meint sie.

Alexander ist begeistert, Heinrich weiß noch nicht so recht, was er davon halten soll.

„Aber jetzt lass den Kleinen mal wieder gehen.“, ermahnt Lena den Älteren, „Wir haben schließlich noch ein Foto für heute vor uns.“

„Was für ein Kostüm darf er da anziehen, mein kleiner Schatz?“, will Alexander wissen.

„Keines.“, entgegnet Lena grinsend, „Er wird nackt sein.“

Die Augen beider Männer weiten sich entsetzt.

„A-a-aber…!“, fängt Heinrich an, doch die Fotografin legt ihm schmunzelnd einen Finger auf die Lippen.

„Keine Angst, du bist im Wasser, man wird nichts sehen.“

„S-sicher…?“

„Ich hab mich für das Schwarzweißfoto auch vor ihr ausgezogen.“, erinnert ihn Alexander, „Und an mir ist noch alles dran.“

Langsam gibt Heinrich nach. Lena drückt ihm ein Handtuch in die Hand, womit er in der Umkleide verschwindet.

Keine zwei Minuten später stehen die drei vor einem kleinen knallgrünen Pool, der vor einer der Leinwände aufgestellt ist.

„Wieso ist eigentlich alles so grün?“, will Heinrich wissen.

„Weil ich alles Grüne dann später am Computer mit einem anderen Hintergrund ersetzen kann.“, erklärt ihm Lena.

„Ah. Das klingt cool.“, stellt der Junge fest, „Das heißt, wir können uns noch mit den Hintergründen überraschen lassen.“

„Das könnt ihr definitiv.“, lacht sie, „Soll ich mich umdrehen, bis du im Wasser bist?“

Heinrich schüttelt den Kopf. „Nein, solange du kein Foto machst, ist alles in Ordnung.“

„Okay, ich werd mich beherrschen.“

Schüchtern blickt der Junge noch einmal zu seinem Freund, der daraufhin auf ihn zukommt und ihm das Handtuch von den Schultern nimmt.

In der Halle ist es zum Glück wärmer als draußen; das Wasser ist, zu Heinrichs Erstaunen, sogar ziemlich warm.

„Ahhh~ Ist das schön…“, seufzt er, als er bis zum Hals eintaucht.

„Was willst du von mir sehen?“, wendet er sich an Lena.

Diese grinst ihn an. „Ich will von dir dein sexiest Gesicht ever sehen, während du dein hübsches Köpfchen in den Nacken wirfst und aus dem Wasser auftauchst.“

„Oh.“, gibt Heinrich von sich, „Das klingt schwer.“

„Versuch’s mal.“

Auch wenn Alexander schon beim ersten Auftauchen seinem Freund dafür eine Medaille verleihen würde, gibt sich Lena lange nicht zufrieden. Sie schießt ein paar Dutzend Fotos; auf manchen sieht man Heinrich über einen missglückten Versuch lachen, auf anderen, wie er sich ein wenig erschöpft die nassen Haare aus dem Gesicht streicht.

Endlich sind sowohl Heinrich als auch Lena mit ihrer Arbeit zufrieden, da begibt sich der Junge wieder an den Beckenrand.

Alexander muss aufpassen, dass er das Handtuch nicht fallen lässt, als sein Heinrich splitterfasernackt und triefendnass aus dem Pool steigt.

Mit einem Lächelnd lässt sich der Junge von seinem Freund ins Handtuch wickeln und ein wenig trockenreiben.

„Du warst toll.“, flüstert Alexander und haucht ihm einen Kuss auf die Stirn.

Seufzend legt Lena ihre Kamera ab. „Lust auf nen warmen Kaffee?“, fragt sie.

„Gerne.“, entgegnet Alexander.

Bevor Heinrich etwas erwidern kann, ergänzt die Fotografin: „Für dich hab ich selbstverständlich ne Tasse Kakao.“
 

Nach einem gemütlichen Plausch und ein paar weniger erfolgreichen Überredungsversuchen, Lena solle ihnen doch schon mal die Fotos zeigen, werden Alexander und Heinrich bis morgenfrüh zur nächsten Fotosession zum Satinschlafanzug-Shopping entlassen.

„Ich zieh so was nicht an, das kann ich dir gleich sagen.“, mahnt der Ältere seinen Freund.

Heinrich tätschelt ihm nur den Hintern. „Wart nur, bis die kalten Wintertage kommen und ich dir die Decke klau. Dann wirst du froh sein, so einen Schlafanzug zu besitzen.“

„Okay.“ Im Eingang zum Kaufhaus dreht sich Alexander zu ihm um.

Das einseitige Grinsen auf seinem Gesicht sollte den Jungen schon misstrauisch werden lassen.

„Wenn du heute Abend das Bunny-Kostüm für mich anziehst, dann zieh ich in Zukunft meinen Satinschlafanzug an. Deal?“

Heinrich legt sich nachdenklich einen Finger an die Lippen.

„Involviert das „Bunny-Kostüm-Anziehen“ noch…weitere Aktivitäten…?“

„Selbstverständlich.“

Der Junge erwidert das Grinsen.

„Deal.“
 

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Also, ihr habt es gelesen: Das Fotoshooting geht noch weiter :)

Hab ich den ersten Teil hier einigermaßen verständlich beschrieben? Ich hoffe, man konnte sich vorstellen, wie die Fotos werden…^^
 

Wer übrigens Lena mal sehen will: Sie ist bei den Charakteren nach Ulli zu finden ;)

Als langsam das Piepsen des Weckers zu Heinrich durchdringt, spürt er schon bei der ersten müden Bewegung, dass irgendetwas seltsam ist. Während er hört, wie Alexander, wohl noch im Halbschlaf, nach dem Wecker haut, versucht er sich ein wenig zu strecken. Irgendetwas drückt ihn am Kopf…und er fühlt sich so eingeengt… – Trägt er Schuhe?

Wohl oder übel öffnet er schläfrig seine Augen. Tatsächlich: An seinem linken Fuß baumelt ein schwarzer Pumps. Mit einem weißen Puschel.

Achja…da war ja was…

Als Heinrich seine Beine wieder aufeinanderlegt, um sich nochmal ins Kissen zu kuscheln, spürt er, was genau da war. Beziehungsweise noch ist. Prüfend fasst er sich an den Hintern, wo er im nicht mehr ganz so flauschigen, sondern eher klebrigen Hasenschwänzchen hängenbleibt.

„Alex, du Ferkel…“, nuschelt er und wischt seine Hand an der Brust des Älteren ab.

Dieser fühlt sich dadurch aufgefordert, ihn in eine feste Umarmung zu ziehen und sich an ihn zu schmiegen.

„Mein Häschen…“, murmelt Alexander mit einem seligen Lächeln auf den Lippen und fährt seinem Freund über die immer noch in Netzstrümpfen verpackten Oberschenkel.

Heinrich schiebt sich ein wenig genervt die heruntergerutschten Hasenohren aus der Stirn. „Würdest du mich bitte loslassen, ich will ins Bad.“

Mit einem eindeutig nicht einverstandenen Grummeln vergräbt Alexander sein Gesicht in seiner Halsbeuge. „Das war so wunderbar, mein Schatz…“

„Jaja, das war’s, aber– “

Der Ältere unterbricht ihn mit einem zärtlichen Kuss, während er ihm über den nackten Rücken fährt.

Heinrich merkt, dass er zu drastischeren Mitteln greifen muss; er schnappt sich Alexanders Hand und presst sie sich an den Hintern.

Sofort unterbricht sein Freund den Kuss und sieht ihn erstaunt an.

Der Junge erwidert seinen Blick mit der Hoffnung, Alexander habe nun verstanden, wieso er so dringend ins Bad will.

Doch der Professor zieht nur einen Mundwinkel nach oben. „Da hab ich ja ganze Arbeit geleistet…“

Heinrich zwickt ihm beleidigt in den Hintern. „Jetzt lass mich schon los…Das Kostüm ist so eng und es klebt alles…vorne auch…“

Lachend wirft ihn Alexander auf den Rücken und biegt seine Oberschenkel auseinander. „Hier?“, haucht er und leckt dem Jungen über den Schritt, wo das Kostüm zur Seite verschoben ist.

„N-nicht!“, versucht ihn sein Freund davon abzuhalten, doch der Ältere zieht ihm unbeeindruckt die Netzstrumpfhose so weit herunter, dass er ungehindert die nackte Haut sauberlecken kann.

Heinrich merkt, wie ihn die Liebkosungen des anderen erregen, vor allem da dieser seine Hände an seinen Hintern wandern lässt, den er mit festen Griffen bearbeitet.

Als Alexander wieder von ihm ablässt, betrachtet er zufrieden sein Werk. „Na, mein Häschen?“, meint er, „Zeit hätten wir noch, mein Mund und ich, dir eine kleine Freude zu bereiten.“

Heinrich, der mittlerweile alle seine Pläne, schnell ins Bad zu kommen, über Bord geworfen hat, nickt heftig.

Grinsend lehnt sich Alexander wieder zu ihm hinunter, küsst sich die Innenseite seines Oberschenkels entlang, bis er seine Männlichkeit erreicht hat.

Der Junge stöhnt genießerisch auf. Freiwillig öffnet er seine Beine noch ein wenig weiter. Keuchend windet er sich auf der Matratze, zuckt dem Mund des Älteren verzweifelt entgegen, der seine Lust mehr und mehr steigert, ihn in den Wahnsinn treibt und ihn erst Erlösung finden lässt, als er auch den zweiten Schuh verloren hat.

Schwer atmend und mit roten Wangen blickt er zu seinem Freund auf. Dieser lässt sich noch einmal lächelnd auf ihn sinken, um ihm einen Kuss auf die Stirn zu hauchen. „Ich werd den Satinschlafanzug auch an der Uni anziehen, wenn du drauf bestehst.“

Glücklich küsst ihn Heinrich zurück, bevor er von Alexander hochgezogen und auf die Arme genommen wird.

„W-was…?!“

Der Ältere stellt ihn mit einem Kuss ruhig und trägt ihn ins Bad.
 

Pünktlich um halb Zwölf kommen die beiden bei Lena im Studio an. Ulrike öffnet ihnen wieder die Tür. Dieses Mal wird keiner von ihnen überschwänglich umarmt, sie beäugt sie nur kritisch.

„Wo ist das Kostüm?“

Die beiden Männer sehen sich betreten an.

„In der Wäsche…?“, antwortet der Jüngere schließlich.

Ulrike verdreht genervt die Augen. „Wenn ich das mitbekommen hätte, dass Lena euch das Ding mitgibt, dann hätte ich das zu verhindern gewusst!“

„Quatsch.“, meint Heinrich nur und läuft grinsend an ihr vorbei.

Alexander beugt sich ein wenig zu Ulrike hinunter. „Du willst doch dein Brüderchen nicht unglücklich sehen, also gönn ihm den Spaß.“

„Ihm gönn ich’s ja, aber dir nicht!“, ruft sie.

Alexander grinst sie an. „Ich würd’s dir gönnen, Spaß mit meiner Schwester zu haben, aber ich hab leider keine. Außerdem wär die sicherlich nicht so deine Altersklasse.“

Ulrike boxt ihm gegen den Arm.

Alexander boxt zurück.

„Du verdammter…!“

Bevor sie noch einmal zurückschlagen kann, hat sie der Ältere an sich gezogen und umarmt.

„Du packst jetzt deine Sachen und gehst heute aus. Wenn du dein Café sowieso zu hast, musst du dich hier nicht mit uns rumschlagen. Geh dir ne nette Frau suchen, hab ein bisschen Spaß und arbeite nicht so viel.“

Als er Ulrike wieder loslässt, sieht diese ihn eindeutig noch ziemlich überrumpelt an. Und das erste Mal erkennt er in ihren Augen diesen beschämten Blick, den er von Heinrich kennt. Sogar ihre Wangen werden ein wenig rot.

„D-danke…oder so…“, nuschelt sie, bevor sie sich ihre Jacke von der Garderobe nimmt und aus der Tür verschwindet.

Alexander sieht ihr schmunzelnd hinterher.
 

Als er ins Studio kommt, trägt Heinrich immer noch seine Jacke und Lena ist gerade dabei, sich ebenfalls anzuziehen.

„Oh. Wo geht’s denn hin?“, fragt Alexander erstaunt nach.

„In ein Tropenhaus!“, ruft Heinrich begeistert.

„Ein Pflanzenhaus.“, verbessert ihn Lena.

„Acht Fußballfelder groß!“, ergänzt der Junge.

„Was mir ja so viel sagt, da ich total Bescheid weiß, was die Größe von Fußballfeldern betrifft…“

Riesig!“

„Wo ist denn Ulrike hin?“, meldet sich Lena zu Wort.

„Die hat sich den Tag mit meiner Erlaubnis freigenommen.“, antwortet ihr Alexander, wodurch er sich von den anderen beiden einen verwirrten Blick einholt.
 

Mit Kamera und zwei Stofftaschen für ihre Kleider bewaffnet, machen sich die drei schließlich auf den Weg. Sie fahren mit Lenas VW-Bus in den Süden Berlins, wo sie zwischen einigen Feldern schon das hohe Glasdach erkennen können.

„Schauen uns die Leute da dann zu?“, fragt Heinrich vorsichtig.

„Natürlich!“, antwortet Lena amüsiert.

Der Junge schluckt.

„Was…was muss ich denn anziehen?“

„Müssen tust du gar nichts.“, entgegnet die Fotografin, „Du darfst ein wunderschönes barockes Kleid anziehen – das ziemlich teuer war!“

Sofort hellen sich Heinrichs Gesichtszüge auf. Er ist begeistert.
 

Am Eingang gibt sich Lena als Fotografin zu erkennen, sie habe sich für ein kleines Fotoshooting angekündigt, und schon werden sie eingelassen – und müssen sofort ihre Jacken ausziehen, so warm ist es.

Beeindruckt sieht sich Alexander um. Im Eingangsbereich stehen tatsächlich tropische Pflanzen, die er aus Südamerika kennt; Heinrich jagt einem Schmetterling hinterher.

Lena läuft schnurstracks weiter nach hinten, wo sie einen Bach rauschen hören, dann taucht rechts eine Trauerweide auf, hohe Hecken.

„Wie schön~“, stellt Heinrich fest und betrachtet die vielen bunten Blumen.

Lena winkt ihn zu sich hinter eine der Hecken, wo sie das Kleid aus einer der beiden Taschen holt. Es ist aprikotfarben, orange, die Rüschen gelb. Heinrich findet es hinreißend.

So hinreißend, dass er sich sofort die Hose auszieht und aus seinem Shirt schlüpft. Freudig steigt er in den weißen Unterrock.

Er läuft rot an, als ihm Lena ein Korsett überzieht.

„Sag mir Bescheid, wenn’s zu fest wird, okay?“, warnt sie ihn vor, bevor sie ihm ihr Knie an den Hintern legt und beginnt, an den Schnüren zu ziehen.

Gerade da muss Alexander unbedingt um die Ecke spicken. Was er sieht, fordert ihn dazu auf, näherzukommen.

„Darf ich auch mal?“, fragt er mit einem hinterhältigen Grinsen, und Heinrich kann nur entsetzt dreinschauen, als Lena ihm auch noch die „Zügel“ überlässt.

Alexander hält es natürlich nicht für nötig, seinen Freund mit seinem Knie zu belästigen, sondern presst sich einfach mit seinem Unterleib von hinten an ihn, bevor er zu ziehen beginnt.

„Aaahn…Alex, nicht so fest…! Hnn…Alex…!“

Lena beobachtet das Ganze amüsiert und verkneift es sich, davon ein Foto zu machen.

Von Heinrichs Stöhnen angelockt blickt plötzlich ein kleines Mädchen um die Ecke.

„Mama? Was machen die zwei Männer da?“

Mama ist erst einmal ein wenig geschockt, vor allem, dass Alexander sie noch mit einem „Tag“ grüßt.

„D-das ist nichts für dich, Lili.“, antwortet sie hastig und schiebt ihre Tochter weiter.

„Aber Mama, wieso hat der eine Mann denn ein Kleid an?“

Die Mutter antwortet nicht mehr, sondern schleift das Mädchen mit sich weiter.

„E-es reicht.“, seufzt Heinrich kurz darauf, und Alexander drückt ihm noch einen Kuss in den Nacken, bevor er von ihm ablässt.

Lena verknotet die Schnüre und hebt Heinrich das Kleid entgegen, in das er mit ausgestreckten Armen voran hineinschlüpft.

An seiner Brust bindet sie ihm auch dort noch die Schnüre, dann reicht sie ihm eine Schachtel voller Ringe.

„Willst du einen anziehen?“, fragt sie.

Heinrich kann sich nicht entscheiden, weshalb er gleich vier Stück herausnimmt.

„Sind das Eheringe?“, fragt er, als er sich den einen davon an seinen linken Mittelfinger steckt.

„Genau. Haben welche dagelassen, für die ich Hochzeitsfotos gemacht hab.“

„Ihre Ringe haben sie dagelassen?!?“

„Sie waren nicht wirklich verheiratet. Er schwul, sie lesbisch. War nur fürs Büro, da der Chef ihm nur eine Beförderung in Aussicht gestellt hat, wenn er verheiratet ist. Scheißkerl.“

„Aber echt!“

Alexander räuspert sich. „Könnten wir zum Foto kommen?“

Lena grinst ihn an. „Du kannst dir schon mal ein Plätzchen zum Umziehen suchen.“

„Und wenn ich aber zuschauen will?“

Heinrich fiepst bei diesem Geständnis freudig, rafft das Kleid auf und rennt auf seinen Alexander zu, um sich ihm in die Arme zu schmeißen.

Lachend fängt der Ältere seine in Rüschen gebetteten Beine auf.

„Hatten wir das heute Morgen nicht schon mal?“, meint er.

„Jap, nur ist das hier ästhetisch wertvoller.“, entgegnet der Junge und gibt ihm einen Kuss.

„Wenn ich euch hier über die Brücke bitten darf.“, macht sich Lena wieder bemerkbar.

„Mein holder Prinz, trag mich!“, befiehlt Heinrich.

„Meine holde Jungfrau, ich bin schon dabei.“, entgegnet Alexander.

„Haha.“, kommt es von Lena.

„Was?!“, ruft der Junge gespielt empört.

Alexander setzt ihn auf einem Kiesweg, der durch beblümte Heckenbögen auf ein Rosengittert zuführt, ab.

„Sollen wir dir die Haare noch ein bisschen locken?“, fragt Lena.

„Auja!“, ist Heinrich damit sofort einverstanden, und die Fotografin holt einen Akkulockenstab aus einer der Tüten hervor.

Als auch das erledigt ist, sieht der Junge so wunderschön aus, dass er wohl vor vierhundert Jahren jeder Prinzessin den Prinzen ausspannen hätte können.

Alexander kann nicht anders; er nimmt Heinrichs Gesicht in seine Hände und küsst ihn zärtlich. „Ich liebe dich.“, flüstert er, bevor er ihre Lippen noch einmal zusammenführt.

„Mama? Wieso küssen sich die zwei Männer jetzt?“

„Weil sie sich lieben!“, antwortet Lena, bevor die geschockte Mutter, diese Vandalen hier noch einmal anzutreffen, irgendetwas erwidern könnte.

Das Mädchen muss lächeln und schaut den beiden entzückt zu, bis ihre Mutter sich wieder gefasst hat und sie davonzerrt.

„Mama, ich will auch so ein tolles Kleid, wie der Mann da anhat! Und so einen schönen Prinzen, wie der hat!“

Schmunzelnd lässt Alexander von seinem Heinrich ab.

„Dann posier mal schön.“, meint er, bevor er sich entfernt und hinüber zur Trauerweide stellt.

Lena macht sich mit ihrem Foto bereit.

„So, ich dachte, du läufst mir einfach mal entgegen, hm?“

Heinrich setzt ein zuckersüßes Lächeln auf, rafft das Kleid mit beiden Händen zusammen und läuft den Kiesweg entlang, neigt seinen Kopf ab und zu von der einen zur anderen Seite.

Lena schießt einige Fotos, bis Alexander ins Bild läuft.

„Hier.“, sagt er und hält Heinrich eine orangene Blume entgegen, die so wunderbar tropisch aussieht, aber ebenso harmonisch zum Kleid passt.

„Oh. Danke.“, bringt der Junge heraus und sieht schüchtern zu seinem Freund auf.

„Ahhh, das ist doch schön!“, ruft Lena begeistert, „Alex, geh aus dem Bild! Und dann bitte nochmal dieser Blick, Heinrich!“

Alexander verschwindet also wieder, und Heinrich, der sein Kleid nun nur noch mit der linken Hand aufgerafft hat, riecht genießerisch an der exotischen Blume, während er schüchtern zur Kamera aufsieht.

„Wunderbar!“, ruft Lena, „Das wär im Kasten.“

„Jetzt machen wir uns auf den Weg nach da hinten. Da können wir aus der Halle raus. Ich hab nämlich gesehen, dass da noch ein paar Kirschbäume stehen.“

„Sind da noch Kirschen dran, ja?“, fragt Heinrich freudig.

„Wenn ja, dann gehören die aber dem Bauer und nicht dir, mein Kleiner.“, ermahnt ihn Lena, „Außerdem wär’s besser, du ziehst das Kleid erst mal aus, sonst geht’s noch kaputt.“

„Oh, schade.“, entgegnet der Junge, lässt sich von ihr aber die Schnüre öffnen. „Und was zieh ich dann an?“, will er wissen.

„Also, hier drin ist nur ein weißes Unterhemd.“, stellt Alexander schmunzelnd fest.

Skeptisch blickt sich Heinrich nach Lena um, die gerade das Korsett öffnet.

„Ja, das ziehst du an. Und ich nehm an, du trägst eine Unterhose?“

„Ich soll in Unterhose da draußen rumrennen?!“

„So kalt ist es heute nicht.“

Als Alexander zu lachen beginnt, hebt ihm Lena einen drohenden Zeigefinger entgegen.

„Ich will, dass du nackt in die Latzhose steigst, sonst sitzt die nicht richtig.“

Alexander vergeht das Lachen. „A-aber…Das ist Jeansstoff!“

„Und?“

„Der ist rau!“

„Some like it rough.“, gibt Heinrich nur mit einem fiesen Grinsen von sich.
 

Als sie hinaus auf die Felder kommen (Heinrich hüpft ein wenig gehetzt herum, damit ihm nicht kalt wird), ist gerade ein Mann mit seiner Frau dabei, die Kirschen von den Bäumen abzupflücken.

„Guten Tag.“, grüßt sie Lena, „Ich würde mit den beiden Hübschen hier gerne ein Foto vor ihren Kirschbäumen machen, wäre das eventuell möglich?“

Die beiden sind etwas überrumpelt, aber die Frau kommt auf Lena zu und reicht ihr die Hand. Ihr Mann klettert nur langsam von seiner Leiter herunter.

„Ja, wenn Sie…Können wir die Leiter stehenlassen?“

„Ja, bitte.“

„Und die Kirschen…Die lassen Sie uns dran?“

„Selbstverständlich.“

„Dass mir keiner was von meinen Kirschen klaut!“, mischt sich der ältere Mann ein.

„Auf keinen Fall.“, beschwichtigt ihn Lena.

„Na, gut. Aber beeilen Sie sich.“, stimmt nun also auch er zu.

Lena sieht das als Zeichen, ihre beiden „Models“ vor die Kamera zu scheuchen.

„Darf ich die Körbe haben?“, fragt sie die Kirschenpflücker, und bevor der Mann sich einmischen kann, hat sie der Frau ihren schon aus der Hand genommen und ihn Heinrich gereicht.

„Alex, setz dich da auf die Mauer.“, schlägt sie dem Älteren vor, der daraufhin neben dem anderen Korb in seiner Latzhose Platz nimmt.

Dann reicht sie beiden aus der Tasche noch jeweils einen Strohhut.

„Nimm mal eine Kirsche aus dem Korb und halt sie in der Hand, damit es so aussieht, als hättest du sie gerade gepflückt.“, fordert sie Heinrich auf, der ihrer Anweisung auch gleich folgt.

Schon macht sie das erste Foto, die beiden Männer im Vordergrund, hinten die Leiter mit den Kirschbäumen, und hinter der Mauer die Felder.

„Warte.“, meint Alexander plötzlich und erhebt sich von seinem Platz, um auf Heinrich zuzugehen.

Grinsend holt er noch zwei Kirschen aus dem Korb, die er seinem Freund über die Ohren hängt.

„Das ist süß!“, stellt Lena fest und schießt gleich noch ein Foto.

Zufrieden begibt sich Alexander wieder zurück auf die Mauer. Als er sich dort hinaufstemmt, verzieht er gequält sein Gesicht. „Diese scheiß Jeans…Und dann auch noch ne Nummer kleiner…“

„Nicht meckern, schau mal bisschen entspannter.“, erwartet Lena.

Seufzend stützt sich Alexander auf seinen Armen ab, wobei sich seine Oberarmmuskeln beeindruckend bewegen.

„Das ist gut, Heinrich.“, stellt die Fotografin fest, als sich der Junge etwas nach seinem Freund umdreht, „Bleib genau so.“

Während sie ein paar Fotos schießt, ist die Frau des Bauern immer mehr von Alexanders Körperbau beeindruckt, während der Mann anscheinend eher etwas irritiert von Heinrich in Unterhose ist.

„Mehr Sexappeal, Alex!“, fordert Lena.

„Versuch du mal mehr Sexappeal auszustrahlen, wenn ich dir da unten was abklemm!“

Der Bauer räuspert sich entrüstet, seine Frau läuft knallrot an.

„Mittlerweile müsstet ihr Profis genug sein, solche Kleinigkeiten zu ignorieren.“, ist Lena der Meinung.

Alexander grummelt irgendetwas Unverständliches, bevor er sich den rechten Hosenträger von der Schulter schiebt und die Augen schließt.

Genau diesen Moment, als Heinrichs Augen sich bei diesem Anblick ein wenig weiten und sich seine Wangen röten, hält Lena mit ihrer Kamera fest.

„Fabelhaft!“, ruft sie begeistert, und Alexander weiß gar nicht, was daran jetzt so „fabelhaft“ gewesen sein soll…

„Vielen herzlichen Dank!“, wendet sich Lena an die beiden Kirschenpflücker, während Heinrich auf seinen Freund zukommt, der sich unter Qualen von der Mauer rutschen lässt.

„Echt sexy, diese Latzhose…“, stellt Heinrich fest und legt ihm seine Hände an die halbnackte Brust, „Ob wir die auch mal ausleihen dürfen…?“

Lachend schüttelt Alexander den Kopf. „Bestimmt nicht. Das Ding ist so eng, darin kannst du nicht viel mit mir anfangen.“

„Hat die keinen Reißverschluss?“, entgegnet der Junge und fasst seinem Freund an den Schritt, um nach einem solchen zu suchen.

Lena räuspert sich, und die beiden sehen zu ihr auf – um die entsetzten Gesichter ihrer Gönner zu entdecken.

„Oh, ähm…“

„Wir…“

Die beiden können nur beschämt grinsen.

„Wir gehen dann wieder.“, beendet Lena den Satz und schiebt sie davon.
 

Im Auto kann Lena nur über den Triebdrang des sonst so süßen Heinrichs den Kopf schütteln. Sie vermeidet den Blick in den Rückspiegel, aber ihre Ohren kann sie nicht verschließen.

„Heinrich…jetzt nimm deine Finger da weg.“

„Wieso? Wird die Latzhose noch enger, hm?“

„Ja, und ich werd ungemütlicher, wenn du nicht aufhörst.“

„Aber…das ist so geil, wenn die so eng auf deiner Haut liegt und…“

„Nn…nicht…“

„Dieser raue Stoff…“

„H-Heinrich…!“

„Oh. Siehst du, da ist ja der Reißverschluss.“

„Hein – aaah!“

„Ups. Hab ich was eingeklemmt? …W-was ist los? Du bist ganz außer Atem und…verschwitzt. Sag bloß, das…das macht dich geil?“

„N-nicht…“

„Soll ich ihn weiter aufziehen?“

„Nein!“, kommt es sofort von Lena, „Ich schenk euch die Hose, aber verschiebt das bitte auf daheim!“

Gefällig grinsend blinzelt Heinrich seinen Freund an, dem die Kraft dazu fehlt, irgendetwas zu erwidern.

Was ihn diesen Nachmittag noch im Studio erwartet, kann er nur erahnen.
 

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So, der zweite Teil :)

Eigentlich wollte ich die übrigen Fotos alle in dieses Kapitel packen, aber erstens hatte ich nicht genügend Zeit, das auch noch zu schreiben, zweitens sind das hier ja auch schon beinah 3.000 Wörter, und drittens könnt ihr euch so auf noch ein Kapitel Fotoshooting freuen^^

Zurück im Studio kommt Alexander und Heinrich, nach einer Mittagspause mit Kaffee und unterwegs abgeholten Burgern, das Privileg zu, endlich auch die untere Etage der alten Fabrikhalle zu Gesicht zu bekommen.

Tatsächlich befinden sich dort einige Räume, die mit Stellwänden voneinander abgetrennt und ganz unterschiedlich eingerichtet sind.

„Lust auf ein bisschen Kitsch?“, fragt Lena und wirft ihre Jacke schwungvoll über einen Stuhl.

„Wenn das heißt, dass ich endlich aus dieser Hose rauskomm: Ja!“

Lachend schiebt Heinrich seinem Freund die Hosenträger von den Schultern und hilft ihm, die Latzhose auszuziehen.

Schmunzelnd betrachtet Lena das Bild, das sich ihr bietet, als Heinrich vor Alexander auf die Knie geht.

„Oh. Mein kleiner großer Freund ist ganz rot. Ich glaub, ich hab dich doch eingeklemmt…“

„Ja, Heinrich, ist gut…“, meint der Ältere und fährt ihm mit einer Hand in die Haare.

Der Junge sieht empört zu ihm auf. „Pscht! Ich führ hier grad ein ernstes Gespräch.“

Alexander verdreht die Augen – und zuckt zusammen, als Heinrich anfängt, ihn mit einem Finger zu streicheln.

„Tut mir Leid, mein Großer…Wird nicht wieder vorkommen…Außer natürlich dein Herrchen steht auf Schmerzen und bittet mich ausdrücklich drum.“

„Daaanke, es reicht.“, unterbindet Alexander weitere Konversationen und zieht den Jungen an den Schultern zu sich hoch, „Lena, wo ist meine Unterhose?“

„Ich hol sie dir!“, bietet sich Heinrich an und stürmt zu den Taschen hinüber.

Als Alexander zumindest mit seiner Unterhose wieder bekleidet ist, kommt Lena zu ihnen.

„Was steht denn jetzt an?“, will der Ältere wissen, „Keine Quälereien mehr, hoff ich…“

Die Fotografin grinst ihn an.

„Du darfst eine wunderbar bequeme Anzugshose anziehen.“

Er seufzt erleichtert auf, während Heinrichs Augen begeistert zu funkeln beginnen.

„Und für dich hab ich auch was Schönes.“, meint sie und wendet sich dem Jungen zu, „Hängt alles schon in den Räumen.“

Damit läuft sie voran in eine dunkle Ecke. Als sie eine Kerze an der Wand anzündet, bekommt man schon ein Bild von der Kulisse: Eine alte Tapete hängt an der Wand, an der Kerzenleuchter angebracht sind, die Lena nach und nach entfacht. Am Ende steigt sie noch auf eine Leiter, um einen antiken Kronleuchter zum Scheinen zu bringen.

„Aw, ist das schön…“, stellt Heinrich ganz gerührt fest, während Alexander schon ihre Kostüme entdeckt hat.

Er schlüpft in eine weiße Anzugshose und nimmt ein weißes gerüschtes Hemd vom Bügel.

„Hier.“, macht Lena Heinrich auf die Kleider aufmerksam, „Das hab ich für dich rausgesucht.“, meint sie und hält ihm einen schwarzen Frack entgegen, „Gefällt’s dir?“

Entzückt nimmt ihr der Junge das Kleidungsstück aus der Hand und begutachtet es ungläubig. „Ist das…Das ist doch der, den ich mir fürs Theater gekauft hab!“

„Ich hab ihn ihr aushändigen müssen.“, gibt Alexander zu und wuschelt ihm durch die Haare.

Freudig zieht sich Heinrich das Unterhemd über den Kopf, bevor er in sein weißes Hemd schlüpft, um dann den Frack überzuziehen. Als er auch noch seine Hose anhat, hält ihnen Lena eine weiße und eine schwarze Kunstblume entgegen.

„Ich sagte, es wird kitschig.“, lacht sie.

„Ich mag Kitsch!“, behauptet Heinrich und nimmt ihr die schwarze Blume ab, die er Alexander mit dem Klipp an der linken Brust ans Hemd steckt.

„Du siehst toll aus.“, beschließt er und reckt sich zu seinem Freund hinauf, um ihn liebevoll zu küssen.

„Sollen wir dir die weiße Blume ins Haar stecken?“, schlägt Lena vor, „Dann ist sie auch auf den Fotos zu sehen, weil ich dachte mir, ich fotografiere dich von hinten, mein Süßer, damit der Frack zur Geltung kommt.“

„Auja.“, ist Heinrich einverstanden, und Alexander lässt sich von der Fotografin die Blume reichen.

Er streicht die Haare des Jungen ein wenig zurecht, bevor er ihm die Blume feststeckt und sich anschließend für einen Kuss zu ihm hinunterbeugt.

„Ich glaub, ich mag Kitsch auch.“, flüstert er.

Lena muss lachen. „Das ist praktisch, denn ich hätte euch beide jetzt dazu aufgefordert, ein bisschen für mich und meine Kamera zu tanzen.“

„Tanzen?“, fragt Heinrich erstaunt.

„Ah, dann soll das hier ein Ballsaal sein.“, schlussfolgert Alexander.

„Genau.“, entgegnet Lena, „Ich hoffe doch, ihr könnt beide einen Walzer?“

„Na, logo!“, kommt es von Heinrich.

„Wenn ich’s nicht verlernt hab.“, lacht der Ältere.

„Ich hab natürlich auch Musik.“, verkündet Lena und schaltet einen CD-Player ein, „Ganz klassisch. Von Brahms. Seid ihr bereit?“

Alexander will nach den Händen seines Freundes greifen, da wendet sich dieser ab und sieht ein wenig unsicher zu Lena hinüber.

„Hast du…“, beginnt er schüchtern, „Hast du die Schachtel mit den Ringen noch da?“

Lena blickt ihn erstaunt an, dann meint sie zu begreifen und lächelt ganz gerührt. „Natürlich, mein Süßer.“, sagt sie und verschwindet kurz, um die Schachtel aus der Tasche zu holen.

Alexander sieht dem Ganzen verwirrt zu, bis sein Freund mit deutlich roten Wangen wieder auf ihn zukommt.

„Ich, ähm…ich dachte mir“, fängt Heinrich an und bringt ein völlig unsicheres Lächeln zustande, „kitschiger kann’s nicht mehr werden, also…“

Mit hochrotem Kopf fasst er einfach nach Alexanders rechter Hand und steckt ihm einen goldenen Ring an den Ringfinger.

Der Ältere sieht etwas überfordert aus, aber als Heinrich den anderen Ring von der einen zitternden Hand in die andere wandern lässt und seine Finger schon ausstreckt, hält ihn Alexander auf.

„Nicht.“, sagt er sanft und nimmt ihm den Ring aus der Hand und Heinrichs rechte in seine, bevor er ihm den Ring selbst auf den Finger schiebt.

„Ich liebe dich.“, flüstert er und gibt seinem Freund einen zärtlichen Kuss, den Heinrich eifrig erwidert.

Noch vollkommen ergriffen kann der Junge nicht anders, als sich eng an den anderen zu schmiegen.

„Ich dich auch.“, bringt er heraus.

„Heinrich, nicht…nicht weinen, mein Schatz, hey…“

Beide werden sie hochgeschreckt, als sie hören, wie Lena heftig ins Taschentuch schnäuzt.

„Ihr seid unmöglich…!“, lacht sie, während ihr die Tränen die Wangen hinablaufen, und reicht Heinrich, der angelaufen kommt, ebenfalls ein Taschentuch.

Als sein Freund nicht hinschaut, betrachtet Alexander seine rechte Hand. Sieht gar nicht mal so schlecht aus, so ein Ring…

„So.“, gibt Lena von sich, als sie sich wieder gefasst hat, und stupst Heinrich ein wenig an, „Dann geh mal wieder zu deinem Alex zurück; ich will euch tanzen sehen.“

Damit schaltet sie den CD-Player ein und ein langsamer Walzer ertönt.

Mit einem glücklichen Lächeln tritt Heinrich auf seinen Freund zu, der nun endlich seine Hände in seine nehmen kann.

Fragend sieht Alexander auf den Jungen herab.

„Wer führt?“, fragt er.

Heinrich kann sein Gegenüber nur völlig baff anblicken. Beinahe muss er aus Rührung schon wieder weinen.

„D-du natürlich…!“, stottert er.

„Nicht „natürlich“.“, meint Alexander mit einem liebevollen Lächeln, „Nur weil du’s mir erlaubst.“, und er legt ihm seine rechte Hand an die Hüfte, bevor er beginnt, mit seinem Heinrich die ersten Schritte zu machen.

Der Junge würde seinen Freund dafür zurechtweißen, dass er es auch nur in Erwägung gezogen hat, das Tanzen verlernt zu haben, denn das, was Alexander hier gerade abliefert, ist wunderbar. Eigentlich ist Heinrich ja gerne in den Tanzkurs, zu dem ihn sein Vater verdonnert hatte, gegangen, nur die Mädchen haben ihn immer genervt. Viel lieber hätte er sich selbst das Kleid angezogen und mit einem der Jungen getanzt. Jetzt trägt er zwar kein Kleid, aber es ist das erste Mal, dass ein Mann ihn führt. Und das fühlt sich einfach nur himmlisch an.

Mit einem glücklichen Lächeln sieht er zu Alexander auf, der das Lächeln erwidert. Und ihn in eine weitere Drehung führt. Fast wie auf Wolken kommt er sich vor. Im siebten Himmel mit seinem Alexander.

Er schließt die Augen und legt seinen Kopf an Alexanders Brust, schmiegt sich an ihn. Die Musik ist so wunderschön, sein Freund riecht so wunderbar, er kann seinen Herzschlag hören… Am liebsten würde er nie mehr aufhören wollen, hier mit ihm zu tanzen.

Doch irgendwann ist die Musik zu Ende, und es wird still im Raum.

Wie aus einer Trance gerissen blickt Heinrich sich um.

Alexander küsst ihn erst mal.

„Hast…hast du Fotos…gemacht?“, bekommt er Junge zwischen den Küssen heraus.

„Einige.“, antwortet Lena amüsiert, „Habt ihr beide aber wohl nicht mitbekommen.“

„Nein.“, lacht Alexander.

Lena schaltet seufzend den CD-Player aus. „Also, so wunderbar harmonisch hat manches Ehepaar nicht getanzt, das bei mir vor der Kamera stand.“

Grinsend sieht Heinrich zu Alexander auf, der ihm noch einen Kuss gibt, bevor sie sich gegenseitig wieder die Ringe von den Fingern streifen.

„Wie viele Bilder sind noch zu machen?“, will der Junge wissen.

„Ich hab noch zwei Kostüme und zwei Ideen.“

Alexander sieht sie skeptisch an. „Zwei Kostüme und zwei Ideen.“

„Genau.“

„Also zwei Kostüme und zwei Ideen ohne Kostüme.“

„Korrekt.“

„Also zwei Fotos mit Kostümen und zwei Fotos…nackt.“

Lena tätschelt ihm die Wange. „Bist ein ganz Schlauer.“, lacht sie und läuft voran in den nächsten Raum.

Dort hängen rote Vorhänge, die mit einer goldenen Kordel zusammengebunden sind, und es steht ein Holztisch vor der ockerfarbenen Wand, auf dem ein schokoladenbrauner Anzug liegt.

„Wenn ich dich in diesen Anzug bitten dürfte.“, wird Alexander von der Fotografin aufgefordert, woraufhin er sich die Hose aufknöpft.

„Soll ich das Hemd drunter anlassen? Weil da ist keins dabei.“

Lena grinst ihn gefällig an. „Das ist schon absichtlich so, dass da kein Hemd dabei ist.“, meint sie.

„Aha.“, kommt es von Alexander und er zieht also auch das Hemd aus, bevor er in den anderen Anzug schlüpft.

Auch Heinrich zieht sich wieder bis auf die Unterhose aus.

Lena läuft derweil hinüber zu einem kleinen Tischchen, auf dem sie einen Martinikelch bereitgestellt hat und eine Flasche Traubensaft.

„Achso.“, meint Alexander amüsiert, als sie davon ein wenig ins Glas gießt und eine aufgespießte Olive hineintut, „Machen wir einen auf James Bond?“

„Nee!“, ruft Heinrich sofort, „Du siehst viel besser aus, als jeder James Bond.“, und schmiegt sich an seinen Freund.

Lachend kommt Lena auf sie zu.

„Tausche Martini gegen Heinrich.“, meint sie und reicht Alexander das Glas, wobei sie Heinrich mit sich aus dem Bild zieht.

Der Ältere lehnt sich mit seinem Martini in der Hand gegen den Tisch, die andere Hand vergräbt er in der Hosentasche.

„Die hier noch.“, sagt Lena und reicht Heinrich eine Rose.

Mit ernstem Gesicht nimmt sie ihn am Arm. „Du legst die Rose nur da links auf dem Tisch ab und dann kommst du sofort wieder zurück, ja?“

Heinrich grinst sie verschmitzt an. „Ist gut, Mama, ich lass mich nicht von fremden Männern anquatschen, mögen sie auch noch so gut aussehen.“

Damit schlendert er auf Alexander zu und natürlich lässt er sich vom anderen zwischen seine Beine ziehen.

„So gehen wir nächstes Mal ins Theater.“, beschließt der Junge und fährt seinem Freund über die nackte Brust.

„Und du im Barockkleid.“, erwidert Alexander genießerisch.

Lena räuspert sich ungeduldig.

„Oh, sorry, Mama. Hab mich doch vom bösen Wolf fressen lassen.“, entschuldigt sich Heinrich nicht ganz ernst gemeint und legt die Blume noch schnell auf dem Tisch ab, bevor er – nicht ohne sich von seinem Alex noch einen Kuss abzuholen – wieder zurück zu Lena geht.

Bis das Foto dann im Kasten ist, dauert es wesentlich kürzer. Alexander findet schnell den richtigen desinteressierten Blick und muss auf Anweisung Lenas nur ein Bein anwinkelnd, sonst ist die Fotografin mit allem zufrieden.

Als sich Alexander dann schon wieder auszieht, schleicht Heinrich um den Holztisch herum.

„Was ist?“, fragt der Ältere schließlich schmunzelnd.

„Hmm…“, fängt der Junge grinsend an und streicht über die Tischplatte, „Irgendwie erinnert mich der Tisch an deinen Schreibtisch an der Uni… - Kann der kaputtgehen?“, wendet er sich an Lena.

„Ähm…nein…“, antwortet diese ein wenig verwirrt, aber da ist Heinrich schon auf den Tisch gehüpft und legt sich dort mit angewinkelten Beinen auf den Rücken, sodass Alexander die wunderbare Aussicht auf seinen nur in seine Unterhose verpackten Unterleib genießen kann.

„Was wird das?“, fragt Lena verwirrt.

„Ich teste, ob man auf so nem Tisch gut liegt.“, antwortet Heinrich, so unschuldig, als wenn er vorhätte, wirklich nur darauf zu schlafen.

Alexander weiß, was er stattdessen vorhat.

Lena jetzt anscheinend auch, denn sie verdreht die Augen. „Und? Schön bequem, ja?“

„Jap.“, entgegnet Heinrich und dreht sich herum auf den Bauch, bevor er sich wieder vom Tisch herunterrutschen lässt.

Den Oberkörper und die Arme noch auf der Tischplatte ausgestreckt blinzelt er Alexander an. „Das wär natürlich auch eine Alternative.“

Dieser lacht nur und widersteht dem Drang, sich jetzt hinter seinen Freund zu stellen. Das würde nicht gut enden, mit ihnen beiden nur in Unterhose.

„Heinrich, mein Süßer.“, fängt Lena an, „Jetzt lass mal die Spielereien und komm mit; wir gehen Backen.“

„Auja!“, ist Heinrich schon wieder voll bei der Sache und gefolgt von Alexander läuft er Lena hinterher an ein paar Stellwänden vorbei in den nächsten Raum.

Dieser erinnert mit dem weiß-rosa gefliesten Boden und der gekachelten Wand an eine Küche, in der tatsächlich ein paar Schränke samt Herd eingebaut sind.

„Was darf ich denn anziehen, zum Backen?“, fragt Heinrich, während Alexander sich gegenüber vorsichtig an eine der Wände lehnt.

„Eine Schürze, natürlich.“, antwortet Lena und hält ihm eine solche entgegen.

Heinrich will sie ihr abnehmen, doch die Fotografin schüttelt den Kopf. „Erst will ich deine Unterhose im Gegenzug.“

Der Junge wird ein wenig rot, während Alexander es sich mit einem Grinsen auf dem Gesicht noch gemütlicher macht.

Nur langsam schiebt sich Heinrich die Hose von den Hüften, aber mit so grazilen Bewegungen, dass Lena es sich überlegt, nicht vielleicht doch ein paar einschlägigere Bilder mit den beiden zu machen. Das Potential dazu hätten sie…

„B-bekomm ich jetzt die Schürze?“

„Oh, äh, ja. Bitte.“, meint sie und reicht ihm diese.

Sie bindet sie ihm im Nacken und überm hübschen Hintern zu, bevor sie ihm ohne Vorwarnung durch die Haare wuschelt.

„Hey, was wird das?!“, ruft der Junge erschrocken.

„Es geht darum, dass du ein kleines Schlachtfeld beim Backen hinterlassen hast.“, erklärt ihm Lena und holt einen Beutel Mehl herbei, den sie vor dem Backofen auf den Boden schmeißt, sodass er aufplatzt und sich das Mehl auf den Fliesen verteilt.

„Ach, so ist das.“, versteht Heinrich und muss schmunzeln, „Ich war also ein kleines Ferkel.“

„Genau.“, entgegnet Lena grinsend und kommt mit einer Sahnespritze an.

„So, jetzt schau mal, was da in der Ecke steht, darfst du noch anziehen, damit’s auf den Fliesen nicht so kalt wird.“

Heinrich folgt mit dem Blick ihrem Fingerdeut und landet bei einem Paar Plüschhausschuhen mit Bärenkopf.

„Och, sind die goldig!“, ruft er begeistert und läuft gleich hinüber, um hineinzuschlüpfen, „Und so schön warm…“

„Sag ich doch.“, meint Lena und empfängt den Jungen wieder bei sich zurück, indem sie sich ein wenig zu ihm herunterlehnt.

„Weißt du, was wir jetzt machen?“, flüstert sie.

„Hm?“

„Wir machen jetzt so sexy Bilder von dir, dass deinem Alex da drüben das Grinsen vergeht und er sich ganz unwohl nur in Unterhose fühlt, okay?“

„Okay.“, antwortet Heinrich mit einem Grinsen.

„Was gibt’s denn da zu flüstern?“, kommt es amüsiert von Alexander.

„Nichts, was dich anginge.“, entgegnet Lena, bevor sie sich wieder Heinrich zuwendet, „Am besten du setzt dich hier auf die Fliesen.“, meint sie und weist auf die Stelle zwischen Backofen und Nudelholz, das auf dem Boden liegt.

„Gerne.“, meint der Junge und lässt sich so auf die Knie sinken, dass sein Freund ihn von der Seite sehen und sein ausgestrecktes Hinterteil bewundern kann.

„Auja, warte.“, gibt Lena von sich, „Bleib so!“ Schnell holt sie ihren Foto und macht ein paar Bilder, während Heinrich den verführerischsten Blick aufsetzt, den er zustande bringt.

Die Fotografin fasst einmal in die Mehltüte und verteilt davon etwas auf Heinrichs Kopf, bevor sie wieder weiterknipst.

Heinrich lässt sich derweil nach vorne auf die Unterarme sinken und leckt sich das Mehl von den Händen.

„Soo…jetzt versüßen wir dich noch etwas.“, beschließt Lena, und als Heinrich fragend zu ihr aufsieht, drückt sie aus der Spritze eine Ladung Schokoladensoße, die ihm in den Mund und auf seine Schürze tropft, bevor sie das Gerät auf der Küchenzeile ablegt und wieder ihre Kamera aufnimmt.

Sie muss Heinrich gar nicht auffordern, sexy zu schauen, das macht er schon von ganz alleine, da er bemerkt, wie Alexander sein Gewicht unruhig von einem Bein aufs andere verlagert. Das Grinsen ist ihm tatsächlich vergangen.

Genüsslich leckt der Junge sich über die Lippen, nimmt einen schokoladigen Finger in den Mund.

„Jaaa…das ist gut, mein Süßer.“, spornt ihn Lena an, „Weiter so.“

Heinrich lässt sich nach hinten auf seinen Hintern sinken; mittlerweile läuft ihm die Schokolade die nackte Brust hinunter.

Mit einem zufriedenen Blick auf Alexanders Unterhose, in der er sehen kann, wie dessen Faszination anwächst, spreizt er seine Beine, sodass ihn nur noch die Schürze bedeckt.

Lena glaubt, gerade das perfekte Bild geschossen zu haben, da hört sie, wie sich hinter ihnen Alexander aus dem Staub macht.

„Haaalt, junger Mann!“, ruft sie und eilt ihm hinterher, um ihn am Arm aufzuhalten.

„Bitte lass mich, ich…“

„Du befindest dich gerade in der besten Verfassung für unser nächstes Bild.“, meint sie und führt ihn in einen dunklen Raum, wo sie einen Scheinwerfer anstellt.

„Was ist denn los?“, fragt Heinrich, der nun auch neugierig bei ihnen angelangt ist, immer noch in seiner Schürze und mit Schokolade verschmiert.

„Dein Freund schämt sich für seine männlichen Triebe.“

„Gar nicht.“, wehrt sich Alexander, „Ich wollte bloß…“

„Egal, was du wolltest, jetzt sollst du dich ausziehen und auf diesen Marmorblock legen.“

„Oh, mein…“, entweicht es Heinrich, der sich das Ganze anscheinend schon bildlich vorstellen kann.

„A-aber doch nicht nackt, oder?“, hakt Alexander nach.

„Nein, du wirst zensiert.“, verspricht ihm Lena, woraufhin der Ältere noch einmal seufzt, bevor er sich also die Unterhose auszieht.

Heinrich fühlt sich bei dem Anblick geschmeichelt. „Naja, da hab ich’s doch schon auf einen spitzen Winkel geschafft.“

„Mathematiker.“, grummelt Alexander, bevor er sich auf den Marmorblock setzt, „Der ist aber kalt…“

„Jap, aber nur am Anfang.“, versichert ihm Lena, „Dreh dich mit dem Rücken zu mir und dann leg dich hin.“

Alexander folgt ihrer Anweisung.

Heinrich muss schlucken. Gebannt lässt er seinen Blick abwechselnd die Linien der kräftigen Oberschenkel entlangwandern, die beide hinab in den Schritt führen, wo –

Der Junge zupft sich die Schürze zurecht. Bald hat er das gleiche Problem…

Lena hat endlich ein Stück schwarzes Samt hervorgeholt, mit dem sie hinüber zu Alexanders Füßen läuft. „Ich hätte ja deinen kleinen Heinrich darum gebeten, dich zu zensieren, aber ich glaub, so ist es im Moment für alle Beteiligten besser.“, meint sie mit einem Zwinkern, als sie ihm den Samt in den Schritt legt, wobei Heinrich ein anregendes Zucken in den Oberschenkeln beobachten kann.

Lena positioniert sich wieder an Alexanders Kopfende und nimmt ihre Kamera zur Hand.

„Schau zu mir.“, fordert sie ihn auf, „Jaa, genau so. Das rechte Bein ein bisschen weiter nach unten. Genau…“

„Ich glaub das Bild häng ich im Hörsaal auf, dann bin ich die blöden Studentinnen endlich los, weil sie an Blutverlust sterben.“, bringt Heinrich heraus, die Hände in der Schürze verkrampft, damit er ja nicht auf die Idee kommt, sie wo anders hinwandern zu lassen.

Alexander muss lachen. Ja, das stellt er sich wirklich witzig vor…

„Oh.“, bemerkt er nach seinem Lachanfall, „Hab wohl zu intensiv an blutüberströmt am Boden liegende Frauen im Minirock gedacht.“

Seufzend betrachtet Lena den abgesunkenen Samthügel. „Macht nichts, ich hab ja einige Bilder.“, meint sie, und Alexander darf sich erheben.

„Aber nicht von Nachteil, dass ihr zwei wieder etwas abgekühlt seid, ich hab jetzt nämlich noch vor, ein Foto von euch beiden zusammen zu machen. Nackt.“

„Ohjeh…“, bringt Heinrich heraus, aber sein Freund öffnet ihm schon die Schürze und wischt ihm damit Brust und Gesicht sauber.

„Nichts Perverses, keine Angst.“, verspricht Lena, „Es involviert nur…“

Grinsend hält sie ihnen einen roten Lippenstift entgegen. „Lippenstift!“

„Das ist schon pervers…“, murmelt Alexander.

„Gar nicht.“, widerspricht Heinrich und nimmt ihn Lena aus der Hand, um ihn zu öffnen.

„Oh. Knallrot!“

„Hihi, magst du das, ja?“

„Jaa…!“

„Dann halt still.“ Grinsend fasst Lena ihr Gegenüber am Kinn, bevor sie ihm die Lippen schminkt.

„Und jetzt?“, fragt Alexander irritiert.

„Also“, beginnt Lena, „Das Bild wird in Schwarzweiß sein. Nur der Lippenstift in Farbe.“

„Das geht?“, hakt Heinrich erstaunt nach.

„Ja, kann ich mit dem Computer bearbeiten.“

„Oh, das sieht dann bestimmt toll aus…!“, prophezeit der Junge.

„Mhm.“, meint Lena, „Und ich zeig euch, wie’s noch besser aussieht.“

Damit schiebt sie den Älteren zurück auf den Marmorblock, der brav darauf Platz nimmt.

„Bitte“, sagt sie zu Heinrich und macht eine einladende Geste Richtung Alexander, „Er ist ganz dein.“

Begeistert blickt Heinrich sie an, als er versteht. „Auja, das ist toll!“

Alexander versteht auch, als Heinrich zwischen seinen Beinen auf die Knie geht und ihm einen Kuss auf die linke Brust drückt.

Lena frischt seinen Lippenstift auf, bevor der Junge an der rechten Brustwarze weitermacht.

Alexander wird etwas nervös, als er seine Lippen links neben dem Bauchnabel auf seine Haut setzt.

„Am Hals noch einen.“, beschließt Heinrich, „Und hier.“

Mit diesen Worten beschlagnahmt er die Lippen seines Freundes für sich. Er küsst ihn so ausgiebig, bis seine Lippen rot angeschmiert sind.

„Das war gemein…“, bringt Alexander heraus.

„Der Junge hat einen Sinn für Ästhetik, das ist alles.“, nimmt Lena Heinrich in Schutz.

„So“, meint sie, „Jetzt darfst du dich auf seinen Schoß setzen. Beziehungsweise…leg mal das linke Bein über seinen Schritt.“

Als der Junge gehorcht, versucht Alexander nicht aufzukeuchen und stützt sich nach hinten auf seine Arme ab.

Lena nimmt Heinrichs linke Hand und legt sie neben seinem Bein an Alexanders Hüfte. Dann frischt sie noch einmal seinen Lippenstift auf.

„Und jetzt lehn dich bisschen zu deinem Alex. Ja, passt.“

Grinsend fährt der Junge seinem Freund mit der rechten Hand in die Haare.

„Schau mich an, mein Prinz.“, flüstert er.

Als Lena nach ein paar Fotos ihre Kamera absetzt, beugt sich Heinrich zum anderen hinunter und küsst ihn leidenschaftlich.

Lachend schüttelt Lena den Kopf. „Also, so zwei, die keine Sekunde voneinander ablassen können, hatte ich noch nicht…“

„Tja“, bringt Heinrich heraus, „Wir sind halt was Besonderes.“

„Trotzdem würd ich mich jetzt gerne wieder anziehen.“, nuschelt Alexander gegen seine roten Lippen.

„Genau.“, stimmt ihm Heinrich zu, „Und ganz schnell nachhause…“

„Mit Latzhose?“, fragt Lena.

„Ja…!“

„Nein!!!“
 

Nachdem Alexander die Fotografin bezahlt hat – was nicht so einfach war, denn ihr habe es so gut gefallen, dass sie ihnen Rabatt geben wollte, und er wollte ihr Trinkgeld geben (am Ende konnte man sich auf die von Anfang an vereinbarte Summe einigen) – bekommt Heinrich noch die Latzhose überreicht und beide werden sie von Lena einmal fest gedrückt, bevor sie sich auf den Weg zu ihrem Auto machen.

„Glaub nicht, dass ich dich heute Nacht verschon, auch wenn morgen Montag ist.“, verkündet Heinrich mit einem hinterhältigen Grinsen, „Du bekommst alles von gestern Nacht zurück.“

Als Alexander etwas erwidern will, hält ihn der Junge mit einem Finger auf seinen Lippen davon ab.

„Widerspruch ist zwecklos. Ich weiß, dass es dir gefällt, wenn ich dich dominier, du willst es nur nicht zugeben.“

„Stimmt doch gar– “

„Du bist gekommen, bevor wir überhaupt so weit waren. Und es hat keine fünf Minuten gedauert, bis du wieder geil auf mich warst.“

Mit einem schiefen Grinsen sieht Alexander auf seinen Freund herab.

„Ich bin also überführt?“

„Aber sowas von.“
 

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Soo :) Das war das Fotoshooting^^

Im nächsten Kapitel erfahrt ihr, was die Überraschung ist. Versprochen :3

Und ja, die Latzhose ist auch nochmal dabei XD
 

PS: DAS hier wäre dann jetzt offiziell das 100. Kapitel! X3 *freu*

Alexander glaubt, er muss verrückt werden. Verzweifelt versucht er, seine Arme hinterm Rücken irgendwie nach vorne zu bringen, aber die Handschellen machen es ihm einfach nicht möglich. Ein bisschen bewegt er sich bei dieser Aktion zu viel, da reibt der raue Stoff der Jeans über seinen Schritt.

„Heinrich…!“ Es ist fast schon ein Jammern, das er von sich gibt.

Heinrich hört nicht auf ihn. Stattdessen leckt er sich das Karamell von den Fingern, sieht ihn an, mit diesem Blick…

Seine andere Hand ist schon vor ein paar Minuten in die Pyjamahose gewandert. Er sieht, wie sie darunter auf und ab reibt, hört den Jungen stöhnen.

Mit einem genießerischen Grinsen kommt Heinrich auf dem Boden zu ihm ans Sofa, macht es sich zwischen seinen Beinen bequem, bevor er ihm deren Innenseiten entlangfährt, Unterschenkel, Oberschenkel…

Alexander stöhnt auf.

„Sollen wir den Reißverschluss suchen, ja?“

„Jaahh…“

„Nein.“

Frustriert lehnt sich Alexander zurück an die Sofalehne.

Heinrich steigt auf seinen Schoß und zieht sich die Hose so weit herunter, dass er sich mit der nackten Haut an den Schritt des Älteren reiben kann.

„Ahh…so schön rau, deine Latzhose…“

Alexander kann nur verzweifelt stöhnen.

„Ist es zu eng?“, haucht Heinrich und nimmt sein Gesicht zwischen seine Hände, während er mit den kreisenden Bewegungen seiner Hüfte nicht aufhört.

Sein Freund nickt heftig.

„So eng, wie ich?“

Alexander schließt die Augen.

Erschrocken reißt er sie wieder auf, als Heinrich ihm eine scheuert.

„Ich hab dich was gefragt.“, sagt er nachdrücklich und blickt ihn so unglaublich intensiv und herrisch und –

Alexanders Augen rollen nach hinten und seine Hüfte zuckt dem Jungen ein paar Mal entgegen, bevor er völlig außer Atem wieder seine Lider schließt.

Heinrich grinst ihn triumphierend an. „Letztens hab ich dich überführt, das war jetzt dein Geständnis.“

„Ja, das…“ Seufzend legt der Ältere seinen Kopf in den Nacken.

„Was wird das?“, kommt es da jedoch von seinem Freund, der von ihm heruntersteigt, „Ausruhen ist nicht. Aufstehen.“

„W-was?“

„Aufstehen, hab ich gesagt.“

Alexander kommt mit noch völlig zittrigen Knien seiner Bitte nach, sodass der Junge sich nun aufs Sofa setzen kann.

„Auf die Knie.“

Nur zu gerne tut er seinem Freund den Gefallen und kniet sich zwischen dessen gespreizte Beine.

Heinrich packt ihn an den Haaren, aber Alexander weiß schon, wo er mit seinem Mund hinsoll.

Während der Ältere den festen Griff in seinen Haaren genießt und die Laute, die er seinem Freund entlocken kann, bearbeitet er ihn eifrig, gibt sich die größte Mühe, seinen Gebieter auch ja zu befriedigen.

Er spürt, wie die Jeans jetzt feucht in seinem Schritt klebt, wie es ihn wieder erregt, wie die Latzhose wieder zu eng wird. Viel zu eng.

Heinrich beherrscht sich ganz schön. Sonst braucht er nicht so lange. Aber anscheinend will er Alexander noch ein Weilchen länger so sehen.

Hoffentlich nicht zu lange, denn sonst kommt er selbst bei der nächsten Ohrfeige schon wieder.

Heinrich hat seinen Blick an die Zimmerdecke geheftet. Am Anfang hat er seinem Freund zugesehen, aber das kann er sich nicht leisten. Nicht diesen entschlossenen Gesichtsausdruck, diese geschwollenen Lippen, der Schweiß, der ihm auf der Stirn steht…

Gut, vielleicht…einen Blick…?

Alexander würde grinsen, könnte er es. Endlich; er kann es spüren, dass es nicht mehr lange dauert. Auch Heinrichs Stöhnen wird ungehaltener. Gleich hat er ihn. Gleich…

Er keucht erschrocken auf, als der Junge ihn im letzten Moment von sich zieht.

Alexander weiß nicht, ob es das schmerzhafte Ziehen in seinen Haaren ist, die Flüssigkeit, die ihm ins Gesicht spritzt, oder einfach nur diese verdammte, enge Jeans, aber er kann es nicht verhindern, dass er schon wieder kommt.

Keuchend fassen Heinrichs Hände sanft nach seinen Wangen und ziehen ihn zu sich hoch.

„Das…das hab ich gestern aber nicht…“, bekommt Alexander heraus.

„Du hast aber meinen Puschel versaut.“, ist die Antwort, und der Junge leckt ihm über die Wangen und das Kinn, um ihn wieder einigermaßen zu säubern.

„Kannst du nochmal?“, haucht er gegen seine Lippen, „Ich würde dann auch endlich den Reißverschluss finden…“

„Wirklich?“, hakt Alexander außer Atem nach.

„Versprochen.“

„Nimmst du mir die Handschellen ab?“

„Das auch, wenn du die Latzhose anbehältst.“

„Okay. Damit hast du mich schon mal im spitzen Winkel.“

Heinrich muss grinsen.
 

Als am nächsten Morgen langsam das Piepsen des Weckers zu Alexander durchdringt, spürt er schon bei der ersten müden Bewegung, dass irgendetwas seltsam ist. Der Geschmack in seinem Mund…und er fühlt sich so eingeengt…

Als er sich zur Seite dreht, um den Wecker auszuschalten, weiß er, was los ist.

Achja…die wunderbar enge Latzhose… Heinrich hat ihn gestern nach getaner Arbeit wieder akkurat darin verpackt, bevor er ihn, als Rache fürs Bunny-Kostüm, gezwungen hat, damit zu schlafen.

Eben dieser Heinrich, der ihn gestern noch zu irgendetwas gezwungen hat, kuschelt sich jetzt gerade in seinem Pyjama an ihn, wie ein friedlich schlummerndes Baby.

„Heinrich. Wir müssen aufstehen.“

Der Junge grummelt irgendetwas Unverständliches und umklammert ihn noch fester.

„Außerdem würd ich gerne, endlich, aus dieser Hose rauskommen.“

„Steht dir aber so gut…“, nuschelt sein Freund.

„Nicht, wenn sie in die Wäsche muss.“

„Doooch…“

Seufzend drückt ihm Alexander einen Kuss auf die Stirn.

„Aber gut, du darfst sie ausziehen.“, gibt Heinrich schließlich nach. „Wolltest ja sowieso deinen Satinschlafanzug für die Uni anziehen.“
 

An der Uni kommt Alexander dann zwar doch nicht in seinem Schlafanzug, aber dafür ein wenig geschlaucht an. Völlig neben der Spur lässt er sich im Büro des Universitätsleiters in seinen Stuhl fallen; seinen Kaffee rührt er nicht mal an.

Auf Wilhelms Nachfrage hin schüttelt er nur den Kopf. „Willst du nicht wissen.“

Sein Bruder zieht die Augenbrauen zusammen.

„Alexander“, fängt er mahnend an, „Der Junge hat hier ein Studium zu absolvieren, bald stehen die Prüfungen an. Ich erwarte so viel Verantwortungsbewusstsein von dir, dass du Heinrich nicht übers Wochenende so…! derartig beanspruchst, dass er am Montag zu nichts mehr zu gebrauchen ist!“

Ungläubig starrt Alexander den anderen an.

Wieso will er jetzt gerne weinen…?
 

Heinrich ist derweil schon dabei, mit Tim seine Wochenenderfahrungen auszutauschen.

„Und ich überleg mir jetzt, ob ich mich bei irgendeiner Schwulenzeitschrift mal als Model bewerben soll.“

Der Rothaarige muss lachen. „Ich würd sie sofort kaufen.“

Heinrich boxt ihm in die Seite.

„Und du hattest gar keine Probleme, dich vor der Kamera auszuziehen?“

Der Junge zuckt mit den Schultern. „Vielleicht weil ich weiß, dass die Fotografin lesbisch ist? Keine Ahnung. – Naja, am Anfang war ich schon ein bisschen schüchtern, aber wir haben uns die Tage über besser kennengelernt und dann…Alex war ja auch dabei, und vor dem zieh ich mich gerne aus.“

„Das kann ich verstehen.“, grinst Tim, als gerade Frau Eichendorff den Saal betritt.

„Guten Morgen.“, wünscht sie, woraufhin sie von ihren vier Schülern zurückgegrüßt wird, „Wie wir wissen, sind es noch zwei Wochen bis zu den Examina.“

Die zwei hinten grummeln, Tim und Heinrich nicken streberhaft, wobei sie sich amüsiert angrinsen.

„Sie beide scheinen ja wunderbar gelaunt.“, stellt die Professorin fest, „ Kann es sein, dass Sie sich übers Wochenende übereifrig mit Physik beschäftigt haben?“

„Eher mit Mathematik.“, antwortet Heinrich stolz, „Ich hab ein paar Versuche zum Thema spitzer Winkel durchgeführt.“

Tim prustet los.

„So?“, entgegnet Frau Eichendorff belustigt, und ihre Studenten wissen nicht so recht einzuschätzen, ob sie weiß, was sie meinen, „Haben Sie irgendwelche Erkenntnisse dabei gewonnen?“

Heinrich nickt bestätigend. „Auf jeden Fall. Nur bin ich auf das Paradoxon gestoßen, dass, wenn der spitze Winkel in einen rechten Winkel übergeht und dann immer stumpfer wird, die Testperson ja eigentlich umgangssprachlich immer „spitzer“ wird.“

Tim kriegt sich fast nicht mehr, als er die verdutzten Blicke der beiden Idioten hinten sieht.

Frau Eichendorff schenkt ihrem Musterschüler dagegen ein Schmunzeln. „Wie wäre es, wenn du das nächste Mal nicht den Winkel zum Oberschenkel, sondern den zum Bauch nimmst, dann wird der Winkel nämlich immer spitzer, wenn „er“ auch spitzer wird.“

„Aah…!“, entgegnet Heinrich, „Danke für den fachmännischen Rat, werd ich versuchen.“

Tim fächelt sich hyperventilierend mit seinem Block ein wenig Luft zu. „Hammer, diese Frau…“, murmelt er, „Hammer…“
 

Am Dienstagnachmittag schon, an dem Heinrich zufällig nicht bei Tim, sondern zuhause ist, da dieser mit Adele via Skype verabredet ist, kündigt per Telefon Lena an, dass die Fotos fertig seien, Ulrike bringe sie gleich vorbei.

Freudig hüpft Heinrich zu Alexander aufs Sofa. „Ich kann’s kaum mehr erwarten, sie endlich zu sehen! Das mit dir auf dem Marmor werd ich mir tausendfach vergrößern lassen und in mein Zimmer hängen…!“

Lachend gibt ihm sein Freund einen Kuss. „Sei mir nicht böse, wenn ich das mit keinem Bild von dir mach, weil dann könnte ich mich auf nichts und niemanden mehr konzentrieren.“

„Dann nimm doch das im Barockkleid.“

Etwas irritiert sieht Alexander den Jungen an. „Glaubst du…? – Du glaubst doch nicht wirklich, dass das einen Unterschied machen würde, ob du da an meiner Wand nackt, mit Hotpants und „Do me from behind“-Lederjacke, oder in einer Mönchskutte hängst?“

Der ungläubige Blick, den Heinrich zurückwirft, schreit: „Ja!“.

Schmunzelnd fährt ihm der Ältere sanft durch die Haare. „Du lenkst mich immer ab. Immer. In jeder Philosophiestunde. Beim Autofahren. Im Theater. Ich sollte mich vor dir in Acht nehmen.“

Der Junge grinst ihn an. „Das solltest du. – Aber du willst mir doch nicht erzählen, dass es da nicht einen klitzekleinen Unterschied zwischen dem Ablenken in Mönchskutte und dem Ablenken in „Do me from behind“-Lederjacke gibt…?“

Alexander räuspert sich. „Okay. Gut. Einen klitzekleinen.“

Mit einem frechen Grinsen fasst ihm Heinrich in den Schritt. „Und ich dachte schon einen doch etwas größeren…“

„Hey!“, lacht Alexander und kneift dem anderen in die Seite, woraufhin der Junge sich mit einem sanften Biss in den Hals wehrt.

Schmunzelnd nimmt ihn der Ältere an den Wangen und legt ihre Stirn aneinander. „Hab dich lieb. Ein klitzekleines bisschen.“

„Ich dich auch, mein Schatz.“

Da klingelt es, und Heinrich springt sofort auf.

Als auch tatsächlich Ulrike vor der Tür steht, fällt er ihr glücklich um den Hals. „Zeig die Fotos! Zeig die Fotos!“

Bevor Alexander dazu kommt, die Schwester seines Freundes zu begrüßen, hat diese ihren Bruder mit einer Hand, die sie ihm auf den Mund presst, ruhiggestellt. Ziemlich feurig sieht sie ihn an.

„Wer ist dieses zuckersüße Ding, das gerade hier die Treppen nach oben ist?!?“

Beide Männer sehen sie irritiert an.

„Wer?“

„Die Rothaarige!“, ruft sie, „Die mit den Bambiaugen! Und den traumhaften…! bestimmt wunderbar weichen…“ Ob der immer noch irritierten Blicke ein wenig in ihrer Euphorie ausgebremst, beendet sie ihren Satz: „weiblichen Körperteilen, an denen ihr ja nicht interessiert seid.“

„Ah, die!“, kommt es endlich von Heinrich, „Ja, die kenn ich flüchtig. Bin ihr vor paar Wochen auf dem Gang begegnet. Echt nett.“

Erschrocken keucht er auf, als Ulrike ihn am Shirt packt. „Hat sie einen Freund?!!!“

Heinrich holt Luft.

„Nein.“

Seine Schwester vollführt einen Freudentanz.

Aber“, beginnt Heinrich unheilvoll, was sie sofort wieder auf den Boden zurückholt, „Sie hatte einen. Hat sich von ihm getrennt. Oder…?“ Nachdenklich kratzt er sich am Kinn. „War er es gewesen, der schlussgemacht hat…?“

„Egal! Was war der Grund?!“, will Ulrike wissen.

Da geht Heinrich ein Licht auf. „Ah, genau!“, ruft er, „So war’s!“

Grinsend sieht er seine Schwester an. „Sie hat mit ihm schlussgemacht, weil ihr Bruder ihn mit ner anderen beim Rumknutschen gesehen hat, was er wohl gemacht hat, da sie wiederum weder dazu bereit war mit ihm zu schlafen, noch ihm einen zu blasen.“

Ulrikes Augen hellen sich auf. „Das klingt doch schon mal gut…!“

Heinrich hebt triumphal einen Finger. „Weil sie ein in der Kindheit verankertes Schwanz-Trauma hat.“

„Das klingt fabelhaft!“

„Wenn du uns endlich die Fotos zeigst, sag ich dir auch ihren Namen.“

„Einverstanden.“, kommt es sofort von Ulrike und sie nimmt mit ihrer Tüte, die sie dabei hat, auf dem Sofa Platz.

Alexander und Heinrich setzen sich zu ihr.

„Also“, fängt Ulrike an, mit dem Grinsen eines Menschen, der weiß, dass er einen großen Schatz beherbergt, „Lena hat sich für euch was Besonderes einfallen lassen.“

„Oh.“, kommt es von Alexander.

„Was?!?“, ruft Heinrich ungeduldig.

„Das hier.“, antwortet sie und holt es aus der Tasche hervor.

Überrascht starrt der Junge das Foto an, das sie ganz zum Schluss gemacht haben, das mit dem roten Lippenstift, und die Schrift darüber, die sagt: Wandkalender 2012.

Bevor Heinrich sich fassen kann, hat Alexander seiner Schwester das Mitbringsel aus den Händen genommen und betrachtet das Coverbild.

„Ich bin beeindruckt. Das mit den roten Lippen wirkt wirklich…großartig.“

„Ein Kalender!“, ruft Heinrich, „Oh, mein Gott, ein Kalender, Alex! Mit uns!“ Ulrike, die in der Mitte sitzt, ignorierend, fällt er seinem Freund um den Hals.

„H-hey…!“, bringt seine Schwester heraus, die unter ihm vergraben wird.

Als Heinrich ihren Protest hört, drückt er ihr in seiner überschwänglichen Freude ebenfalls einen Kuss auf die Lippen.

„Zeig mal, wann sie das mit dem Marmor reingemacht hat…! Oder das mit dem wunderschönen Kleid! Oder den Walzer!“

Lachend überlässt Alexander den Kalender seinem Freund, der sich vor den Couchtisch kniet und gierig die Fotos durchblättert.

„Oookay.“, gibt Ulrike von sich, „Da hast du ihm wohl das richtige Geburtstagsgeschenk ausgesucht.“

„Und du und Lena habt das Richtige draus gemacht.“, entgegnet Alexander mit einem Lächeln, das sie zögerlich erwidert, „Viel Glück übrigens mit… - Heinrich, wie heißt die Mieterin einen Stock über uns jetzt?“

„Nicole – Oh my, die Latzhoseee!!!“

Alexander und Ulrike grinsen sich an.

„Nicole also. Viel Glück mit Nicole.“

„Ich werd mein bestes Geben, ihr Trauma zu therapieren.“

Therapieren?“, fragt Alexander erstaunt, „Ich dachte, du willst es eher ausnutzen?“

Ulrike zwinkert ihm zu. „Das soll natürlich nur die Ausrede sein: „Heinrich schickt mich als anerkannte, medizinisch geschulte Schwanz-Traumata-Therapeutin. Er hat da letztens erwähnt, dass Sie eventuell Hilfe bräuchten…?“ Kapische?“

Alexander schenkt ihr ein Grinsen. „Natürlich.“

In einem von Heinrich unbeobachteten Moment umarmt sie ihn kurz, bevor sie sich vom Sofa erhebt.

„Brüderchen, ich geh dann, okay?“

„Oh, äh, okay!“, kommt es freudig zurück, „Viel Spaß bei Nicole!“

„Werd ich haben.“, lacht Ulrike, bevor sie die Wohnung verlässt.

Heinrich hält überschwänglich den Kalender in die Höhe.

„Den hängen wir in der Küche auf.“
 

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Und wo hängt ihr ihn auf?

- - - Ich hoff doch, dass ihr ihn euch irgendwo aufhängt…wenn ich mir schon die Mühe gemacht hab, ihn für euch zu zeichnen ;D

Das ist die Überraschung und mein Dankeschön an euch Leser! X3

Schaut mal bei meinen FAs vorbei, da ist das Cover schon bald freigeschaltet :)
 

Während es den Kalender nach und nach als FAs gibt, mach ich übrigens mit VLE Pause und schreib endlich mal an Schloss Tegel weiter ;)

Es ist viel los auf den Straßen. Eigentlich könnte er zuhause sein und das Essen für seinen Freund vorbereiten, aber wann der heute Abend nachhause kommt, weiß er nicht.

Seufzend betrachtet Alexander die schon in den letzten zwei Wochen zunehmenden Halloween-Dekorationsartikel in den Schaufenstern. Zum Spaß ist er in ein Geschäft hineingegangen und hat sich bei den Kostümen umgesehen, aber so richtig Spaß hat das ohne seinen Heinrich nicht wirklich gemacht.

Was ist mit seinem Heinrich? Liebt er ihn nicht mehr? Er hatte noch nie eine Beziehung, kann nicht so wirklich sagen, ob es normal ist, dass man sich nach fast einem Jahr nur noch so wenig sieht. – Bestimmt nicht, oder? …Naja, es gibt berufstätige Paare, da ist das bestimmt auch so. Man sieht sich nur abends, nach der Arbeit, am Wochenende.

Nach der Uni ist Heinrich bei diesem…bei seinem Kumpel da, lernen, am Wochenende bei seiner Schwester arbeiten.

Ein wenig skeptisch betrachtet Alexander sein Spiegelbild in der Scheibe. Mein Gott, er wird nächstes Jahr vierzig! Er wird – er ist alt! Wird…ist er für Heinrich uninteressant geworden? Geht das, wenn er doch gesagt hat, dass er ihn liebt? Alexander kann es sich nicht vorstellen, dass der Junge für ihn uninteressant werden könnte.

Er seufzt. Vergräbt seine Hände in seinen Jeanstaschen.

Ob er Heinrich abholen soll? – Nein, das hat er ihm ja verboten. Er sei kein kleines Kind, hat er ihm gesagt. Trotzdem hat Alexander immer ein ungutes Gefühl, wenn er daran denkt, dass sein Freund so spät abends alleine mit der Bahn so weit nachhause fahren muss… Naja, bald hat der Junge ja den Führerschein. Wann ist die Fahrprüfung nochmal? Irgendwann im November.

Hoffentlich haben sie nach den Examina wieder mehr füreinander Zeit. Außerdem geht Heinrichs Studium nur noch zwei Semester, das heißt in anderthalb Jahren wird er sich eine Arbeit suchen müssen; eine völlig neue Situation für sie beide wird sich daraus ergeben.

Alexander hofft, sein Heinrich liebt ihn dann immer noch.
 

„Nee, ich ruf ihn lieber nicht an, dass wir fertig sind, er macht sich doch so Sorgen.“

Tim sieht ihn fragend an. „Wie?“

Heinrich rollt mit den Augen. „Naja, dass ich so spät noch alleine rüber nach Berlin fahr, dabei bin ich doch erwachsen. Er ist ja fast genauso schlimm wie meine Mutter.“

Der Rothaarige lacht und wuschelt ihm durch die Haare. „Du löst bei einem halt Beschützerinstinkte aus.“, neckt er ihn.

Heinrich streckt ihm daraufhin die Zunge raus.

„So“, meint er dann, „Ich geh nochmal aufs Klo.“, und legt seine Tasche auf dem Sofa ab.

„Ist gut.“
 

Als Heinrich sich gerade die Hände wäscht, klingelt es an der Tür. Er hört, wie Tim hingeht und öffnet.

„Schwesterlein, du schon wieder?!“

Er muss grinsen. Na, gut, dass er gerade gehen wollte.

Unverständliches, das häufig aus Kichern besteht, dringt noch zu ihm durch, bevor die Geräusche im Wohnzimmer verschwinden.

Als Heinrich aus dem Bad kommt, empfängt ihn Tim im Flur. „Ähm, meine Schwester ist grad mit ihrer Freundin vorbeigekommen.“

„Ja, ich hab’s gehört.“

„Darf ich dich ihr mal vorstellen?“, fragt der Rothaarige, „Dann lernst du sie endlich mal kennen.“

„Gerne.“, entgegnet Heinrich freudig, „Muss meine Tasche sowieso noch holen, da bleibt mir nichts anderes übrig.“

Als er schon ins Wohnzimmer gehen will, hält ihn Tim kurz am Arm zurück. „Ähm…“, fängt er ein wenig peinlich berührt an, „Obwohl ich ihr schon tausendmal erklärt hab, dass du mit deinem Professor zusammen bist und ich mit Adele, denkt sie irgendwie, wir zwei wären ein Paar.“

„Echt?“, kommt es kichernd von Heinrich, „Na, sie hat bestimmt ihre Gründe.“

Lachend schlägt ihm Tim die Hand weg, die ihm gerade den Hintern getätschelt hat. „Komm.“, meint er, und sie laufen ins Wohnzimmer.

Kaum tritt Heinrich um die Ecke, muss er an sich halten, nicht entsetzt aufzuschreien.

„Nicole…!“, ruft Tim beschämt.

„H-Heinrich?!?“, kommt es von Ulrike, die noch ihre Hände an Nicoles Brüsten hat.

„Nicole, was…?!“, kommt es von Heinrich.

„Heinrich? Nicole?“, gibt Tim verwirrt von sich.

Letztere läuft rot an.

„Ä-ähm, Nicole wohnt einen Stock über Alex und mir, und Ulrike ist meine Schwester.“, versucht Heinrich zu erklären.

„Und Nicole ist meine Schwester.“, behauptet Tim.

Heinrich sieht die beiden an. Jetzt weiß er, woher er Nicoles Rehaugen kannte!

„Und Ulli und ich sind zusammen.“, beendet Nicole die Runde der Offenbarungen mit roten Wangen und zieht sich ihren ein wenig hochgeschobenen Pulli wieder zurecht, was Ulrike nicht davon abhält, sich enger an sie zu schmiegen.

„Ja, du siehst, mein Brüderchen, ich war erfolgreich.“, stimmt die Ältere zu, „Und dass ich bei einem so entzückenden Schnuckelchen lande, hätt ich nicht gedacht.“

Als die beiden sich küssen, sieht Heinrich etwas irritiert zu Tim, doch der zuckt nur mit den Schultern. „Eigentlich war sie bis jetzt ja an Männern interessiert…“

Der Schwarzhaarige wendet sich wieder seiner Nachbarin zu, der Ulrike gerade eine Pause gönnt. „Du weißt schon, wie pervers meine Schwester ist?“, merkt er an, „Nicht, dass sie dich verdirbt.“

„Neiiin!“, widerspricht ihm Nicole sofort und wirft sich ihrer Freundin um den Hals, „Ulli ist voll toll. Sie hat mich von meinem Schwanz-Trauma geheilt!“

Während Tim fast die Augen ausfallen, sieht Heinrich die beiden Frauen skeptisch an. „Hä? Wie hat dir Ulli bitte dabei geholfen?!?“

Seine Schwester zwinkert ihm grinsend zu. „Meine Schwänze sind eben nicht so eklig fleischig, sondern pink oder neongrün…“

„Und sie leuchten im Dunkeln!“, kommt es begeistert von Nicole, was Heinrich und Tim endgültig den Rest gibt. „OhmeinGott!“ „Das wollte ich nicht wissen!“ „Dieses Bild!!“

Als die beiden Männer sich wieder beruhigt haben, hat Nicole ihren Kopf auf Ullis Schulter abgelegt und sieht sie abwägend an. „Aber…“, beginnt sie, „Ihr kommt schon damit klar, oder…?“

„Ja, natürlich.“, kommt es sofort von Tim.

„Sicher.“, pflichtet auch Heinrich bei, „Und dir müsste jetzt ja klar sein muss, dass Tim und ich kein Paar sind.“

Nicole nickt mit einem breiten Grinsen. „Wenn ihr ganz laut seid, kann ich euch hören.“

Heinrich läuft schlagartig rot an.

Tim und Ulrike lachen darüber nur.

Der Junge räuspert sich. „Okay…ich geh dann mal…“

„Es ausnutzen, dass Nicole grade nicht zuhause ist.“, wirft Ulrike gehässig ein.

Ihr Bruder streckt ihr die Zunge raus.

„Weil du grad so ne Fratze ziehst“, fängt seine Schwester an, „Nimm dir auf dem Weg nach draußen einen Flyer aus meiner Jackentasche.“

Heinrich sieht sie fragend an, doch sie antwortet nur mit einem Zwinkern.

„Ich bring dich zur Tür.“, meint Tim, und nachdem der Schwarzhaarige sich mit einem „Bye“ von den beiden Frauen verabschiedet hat, gehen sie gemeinsam in den Flur.

Wie gebeten nimmt Heinrich sich noch einen Flyer aus Ulrikes Jacke, die an der Garderobe hängt, während Tim die Tür öffnet.

„Grüß mir deinen Alex.“

Heinrich lacht nur. Er will seinem Kumpel nicht sagen, dass sein Freund sich noch nicht einmal seinen Namen merken will.

Zum Abschied umarmen sie sich noch, bevor Heinrich sich auf den Weg macht.
 

Als der Junge zuhause die Wohnung betritt, riecht es nach Essen. – Super, denn er hat richtig Kohldampf.

Er muss schmunzeln, als er in die Küche kommt und dort einen Alexander vorfindet, dessen Kopf auf dem Küchentisch liegt.

Zielstrebig läuft Heinrich auf den Herd zu, wo noch ein Topf steht. Als er den Deckel jedoch hochhebt und feststellen muss, dass er leer ist, knurrt sein Magen enttäuscht.

„Na, super…“ Er seufzt auf. „Hoffentlich haben wir irgendwo noch ne Dose Ravioli rumstehen…“

Als er von seiner Suche erfolgreich zurückkommt und den elektrischen Dosenöffner anschmeißt, schreckt Alexander hoch.

„Heinrich.“, kommt es erstaunt von ihm.

„Jap, hi.“

Der Ältere fährt sich müde übers Gesicht. „Sorry, ich hab extra weniger gemacht, weil ich gedacht hab, du hast schon gegessen, wenn du so spät kommst.“

„Schon gut.“, entgegnet Heinrich mit einem Lächeln und schiebt seine Ravioli in die Mikrowelle.

„Hättest ja anrufen können.“

„Ich weiß.“

Alexander seufzt. „Komm her.“, sagt er und hält ihm seine Arme entgegen.

Heinrich versucht ein Lächeln. „Kann ich erst essen? Hab Hunger…“

Der Ältere lacht leise. „Ja. Klar.“

Der Junge setzt sich ihm gegenüber an den Tisch und beginnt zu essen. Alexander schaut ihm nachdenklich dabei zu.

Soll er ihm sagen, wie sehr er seine Gesellschaft vermisst? Oder würde sein Freund sich nur wieder in seiner Freiheit eingeschränkt fühlen? Am Ende meint der Junge vielleicht sogar noch, er wär der totale Kontrollfreak! – Naja…vielleicht ist er das fast schon wirklich…

„Heinrich, ich…“

Als sein Freund zu ihm aufsieht, lächelt er ihn an. „Hast du nächstes Wochenende für mich Zeit?“

Heinrich grinst ihn an. „Wie du weißt, sind nächste Woche die Prüfungen. Das heißt: Ja, ab Freitag bin ich ein freier Mann.“

„Schön.“, entgegnet Alexander hoffnungsvoll.

„Und ich weiß auch schon, was wir machen.“

„So? Was denn?“

Heinrich schiebt ihm grinsend Ulrikes Flyer entgegen, den er aus seiner Hosentasche geholt hat.

Lust auf die schauerlich-heißeste Nacht deines Lebens?

dann komm zur Halloween-Party auf Burg Ravenstein

für alle schwulen Vampire, Werwölfe, Zombies, und was sonst noch gerne Party macht!

Alexander sieht skeptisch zu seinem Freund auf. „Echt jetzt?“

„Ja!“, kommt es begeistert von diesem, „Ich verkleid mich gerne, das wird bestimmt super witzig!“

„Naja, okay…“, stimmt der Ältere zu, nicht weil er wirklich Lust dazu hat, sondern mehr, um das Wochenende mit seinem Heinrich verbringen zu können.

„Toll!“, ruft der Junge freudig und steigt zu ihm auf den Schoß, um ihn zu umarmen.

Alexander küsst ihn, glücklich, dass er das mal wieder darf.

„Wir gehen gleich nach meinem letzten Examen unsere Kostüme kaufen, ja?“

„Wenn du darauf bestehst.“

Heinrich sieht ihm schmunzelnd in die Augen und fährt ihm durch die Haare. „Jap, das tu ich. Und ich besteh darauf, dass heute Abend noch ein bisschen gekuschelt wird.“

Alexander zieht seinen Freund enger an sich. „Hab ich nichts dagegen.“
 

Die Woche über ist es noch einmal schlimm gewesen. Heinrich ist nämlich auch, wenn zwar körperlich anwesend, geistig nie bei ihm, sondern viel zu oft bei seiner Physik und Mathematik.

Dafür wird Alexander aber nun am Freitagnachmittag belohnt, als sein Freund über den Professorenparkplatz gerannt kommt und sich ihm freudestrahlend um den Hals schmeißt.

„Endlich vorbei!“

„Wie ist es gelaufen?“

„Super!“ Heinrich drückt ihm einen schmatzenden Kuss auf die Lippen. „Jetzt freu ich mich aufs Halloween-Shopping.“

„Halloween-Shopping?“, wiederholt Alexander skeptisch.

„Ja, klar!“, entgegnet sein Freund, „Das hatten wir doch ausgemacht: Wir brauchen Kostüme für morgen!“

Alexander muss sich geschlagen geben. Schon eine Halbestunde später sind sie in der Stadt und klappern die Kleidungsgeschäfte ab. Fast überall werden sie zum Thema Halloween fündig.

„An was hast du denn gedacht?“, will der Ältere wissen. Der Junge hantiert nämlich gerade mit einem zerschlissenen Rock, was Alexander unbedingt unterbinden muss.

„Hm“, gibt Heinrich von sich, „Eigentlich an einen sexy Vampir, aber ich befürchte, da hab ich im Bereich „sexy“ nicht allzu viel Spielraum, wenn ich authentisch düster und geheimnisvoll wirken will…“

Alexander muss lachen. „Du musst ja auch auf der Party niemanden aufreißen.“

„Aber ich will dir gefallen.“, entgegnet sein Freund mit einem vielsagenden Grinsen und wendet sich dem nächsten Kleiderständer in der Frauenabteilung zu.

„Und was machen wir mit dir?“, fragt Heinrich, während er die Bügel durchsucht.

„Keine Ahnung.“, kommt es von Alexander.

„Ein bisschen motivierter, bitte.“

„Okay, ähm…dann sollten wir erst einmal in die Herrenabteilung?“, bemerkt der Ältere wie beiläufig.

Heinrich lacht ihn an und nimmt seine Hand, bevor sie sich auf den Weg ins Obergeschoss machen.

Kurz vor der Rolltreppe bleibt der Junge wie angewurzelt stehen. „Das ist es!“

Alexander folgt verwirrt dem Blick seines Freundes. Er muss schlucken. „Äh…also, ich seh da nur einen weiblichen Torso, der eine Lederjacke und…eine Lackhose trägt, die der Größe nach wohl eigentlich in die Kinderabteilung gehört.“

„Neiin!“, kommt es von Heinrich, der begeistert zu der Schaufensterpuppe hinüberläuft, „Das gehört so. Das sind Hotpants. Glänzende, Lack-Hotpants.“ Seine Augen scheinen beinahe vor Faszination zu funkeln.

„Die müssen doch hier irgendwo hängen…Alex, jetzt hilf mir doch mal!“

Alexander ist sofort zur Stelle. Er wühlt sich so aufmerksam durch die Frauenabteilung, wie die ganze Zeit nicht.

Heinrich muss schmunzeln.

Trotzdem werden sie nicht fündig.

„Letzte Option.“, kündigt der Junge an, bevor er auf eine der Verkäuferinnen zuschreitet.

„Entschuldigung?“

„Ja, bitte.“, wendet sie sich ihm freundlich lächelnd zu.

„Ich suche die schwarzen Lack-Hotpants, die die Puppe dort drüben trägt.“

Es dauert ein wenig, bis die junge Frau ihm antwortet. „Äääähm…das hier ist die Frauenabteilung.“

„Ich weiß.“, entgegnet Heinrich mit einem breiten Grinsen.

Die Frau blinzelt ihn verwirrt an.

Er blinzelt vielsagend zurück.

Sie sieht zu Alexander auf, der mittlerweile nähergekommen ist.

„Oh.“, gibt sie von sich.

„Also?“

„Wir haben nur ein paar Exemplare liefern lassen, ich müsste schauen, ob wir noch was im Lager haben.“

„Okay.“ Freudig sieht der Junge zu seinem Freund auf, als die Verkäuferin sich auf die Suche macht. „Hoffentlich findet sie noch was.“

Alexander nickt bestätigend, was Heinrich noch mehr erfreut.

Nach einer Weile kommt die junge Frau zurück, in den Händen ein Karton. „Das ist noch die ganze Bestellung. Anscheinend war das Interesse nicht so groß, deshalb haben wir’s wieder zurück ins Lager.“, meint sie lachend, „Seltsam, dass wir jetzt das erste Exemplar an einen Mann verkaufen dürfen.“

„Tja, vielleicht sollten Sie die Dinger ja in die Männerabteilung hängen.“, schlägt der Junge vor, was die Verkäuferin noch einmal zum Lachen bringt.

„So.“, meint sie und öffnet den Karton, den sie auf einem Stuhl abgestellt hat, „Welche Größe darf’s denn sein?“

„Ich probier mal S, XS und M.“

„Bitte.“, sagt sie und reicht ihm die Hosen.

Heinrich sieht zu Alex auf, der ihm schmunzelnd hinüber zu den Umkleiden folgt.

Die Frauen, die dort zur Anprobe sind, wirken zwar etwas verwirrt, als der Junge hinter einem der Vorhänge verschwindet, aber lange nicht so irritiert, wie die Männer, die auf den Sesseln davor sitzen und auf ihre bessere Hälfte warten.

„Entschuldigung, ich darf doch?“, meint Alexander, als er einige Kleider von einem der Sessel nimmt.

„Oh, sicher.“, entgegnet der junge Herr neben ihm, der die Sachen sofort entgegennimmt.

Es dauert nicht mehr lange, dann öffnet sich bei Heinrich der Vorhang einen Spalt.

„Alex…? Kommst du mal?“, lässt der Junge leise verlauten.

Alexander grinst ihn an. „Wieso kommst du nicht her?“

Heinrich verdreht die Augen. „XS war auf jeden Fall zu eng, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich S oder lieber M nehmen soll. Ich mein…es muss ja schon eng sitzen, aber…“

„Zeig doch mal.“, ermuntert ihn der Ältere.

Der Junge zögert noch etwas, dann verlässt er jedoch die Umkleide.

Alexander ist begeistert.

Heinrich bleibt unsicher vor ihm stehen und hebt sein Shirt bis zur Brust hoch. „Naja, der Bund sitzt gut und auch an den Beinen ist sie nicht zu kurz…“

„Verboten.“

„Hm?“

Alexander legt ihm seine Hände an die Hüfte und blickt grinsend zu ihm auf. „Du sieht darin verboten gut aus. Dreh dich mal um.“

Heinrich gehorcht – und versucht nicht rot anzulaufen, als er bemerkt, dass ihn soeben die versammelte Herrenriege vor den Umkleiden anstarrt.

Teuflisch gut.“, kommt es von Alexander, der es nicht lassen kann, ihm über den eingepackten Hintern zu streichen, bevor er ihn wieder zu sich herumdreht. „Wo ist dein Problem?“, fragt er.

Heinrich beißt sich auf die Unterlippe. Zögerlich lehnt er sich zu seinem Freund herunter, um ihm ins Ohr zu flüstern: „S sitzt zwar viel besser als M, wie du sieht, aber…ich bekomm keine Unterhose mehr drunter.“

Alexander überspielt seine Begeisterung angesichts dieser Tatsache mit einem nervösen Lachen. „Also, ich hab nichts dagegen.“

Heinrich erwidert sein Grinsen und gibt ihm einen Kuss auf die Lippen. Dann verschwindet er wieder in der Umkleide, wobei Alexander noch einmal seine Rückansicht bewundern darf.
 

„Teuflisch!“, wiederholt Heinrich Alexanders Aussage von vorhin, als die Lack-Hotpants in der Einkaufstüte sind, und beschließt, sich nun noch einen Teufelsschwanz und Hörner zu besorgen.

„Und ein Paar schöne schwarze Stiefel. Komm, wir schauen hier mal gleich nach.“

Alexander wundert sich schon gar nicht mehr, als Heinrich ihn in den Schuhladen und wieder schnurstracks in die Damenabteilung zerrt.

„Auja, mit Absatz!“, beschließt der Junge und schon wenige Regale weiter stürzt er sich auf ein Stiefelpaar.

„Ähm…ich hab eigentlich nicht vor, dich den ganzen Abend über zu tragen…“, merkt Alexander an.

Heinrich verdreht die Augen. „Ich kann damit laufen, keine Sorge.“

Der Ältere betrachtet skeptisch die mindestens zehn Zentimeter hohen Absätze mit Plateau, während sein Freund sich die Stiefel in seiner Größe anzieht, die ihm bis unters Knie gehen.

„Aw, sie passen! Und sie glänzen so toll wie die Hotpants!“, stellt der Junge begeistert fest.

Alexander räuspert sich und verschränkt die Arme vor der Brust.

„Was ist?“, fragt ihn sein Freund und startet ein paar Gehversuche, die wirklich gelungen aussehen.

„Weißt du, wie wir solche Stiefel in der Schule immer genannt haben?“, entgegnet Alexander.

Heinrich kommt auf ihn zu und stellt freudig fest, dass er nicht mehr einen ganzen Kopf kleiner als der andere ist. „Wie denn?“

„Fick-mich-Stiefel.“

Der Junge kann es nicht verbergen, dass er ein wenig rot wird, aber er fasst sich schnell wieder und zwinkert den Älteren an. „Jetzt weißt du ja, wieso ich mir die rausgesucht hab.“

Alexander muss lachen.
 

Zorro, der Rächer der Armen. Damit kann sich Alexander gerade noch anfreunden, obwohl er die schwarze Maske ein wenig lächerlich findet.

„Die gehört dazu!“, besteht aber Heinrich drauf.

Sein Freund seufzt. Naja, immerhin noch besser als Frankensteins Monster.

„Und mit Hut siehst du ja sowieso so sexy aus…“, raunt ihm der Junge zu, „Außerdem ist die Hose toll…so richtig seidig und enganliegend…“

„Okay, ich hab schon verstanden.“, lacht Alexander und nimmt sich das Kostüm in seiner Größe vom Ständer.

„Spitze!“, ruft Heinrich, „Jetzt brauchen wir nur noch Schminke.“

„Schminke?“, hakt sein Freund irritiert nach, „Für was?“

„Naja, ein Teufel ist doch rot.“

„Da hast du Recht.“, stimmt ihm Alexander zu.

Als sein Freund im nächsten Laden aber bei einem Sonderangebot von Halloween-Schminke gleich in Mengen zuschlägt, blickt er ihn skeptisch an. „Äääähm…wen willst du denn alles damit eindecken?“

Heinrich stemmt seine Hände in die Hüfte und sieht vorwurfsvoll zu ihm auf. „Falls du mitgedacht hast, hast du erkannt, dass ich eine sehr kurze Hose und Stiefel tragen werde. Den Rest meines Körpers muss ich dann ja wohl schminken. Beziehungsweise du wirst das tun.“

Alexander sieht ihn erstaunt an. „Du…du willst da nackt hingehen?!?“

Heinrich rollt mit den Augen, während die anderen Kunden im Laden sich verstört zu ihnen herumdrehen. „Nicht nackt. Ich hab’s dir doch eben erklärt, was ich anhaben werd.“

„Und das ist – fast – nackt.“

Heinrich schleift seinen Freund mit zur Kasse. „Stell dich nicht so an, du magst mich nackt.“

Darauf weiß Alexander nichts mehr zu erwidern.
 

Am Abend, als Heinrich die erbeuteten Sachen auspackt, die Preisschilder abschneidet und einige Sachen, wo nötig, in die Waschmaschine schmeißt, kann er es schon gar nicht mehr abwarten, sich morgen in Schale zu werfen.

Freudestrahlend kommt er wieder ins Wohnzimmer, wo Alexander auf dem Sofa sitzt und seinen Teufelsschwanz in Händen hält.

„Hey, nicht anfassen!“, ruft der Junge und nimmt ihn seinem Freund weg, „Der kommt jetzt an meine Hose.“

Alexander ist ja erst skeptisch, als Heinrich Schere und Nähzeug hervorholt, aber nach einer Weile muss er merken, dass dieser sich gar nicht so ungeschickt dabei anstellt, und nach einer halben Stunde Bastelarbeit sitzt bei der Anprobe der Schwanz perfekt über Heinrichs hübsch geformtem Hintern.

„Also, da muss ich doch den Scheiterhaufen in Erwägung ziehen.“, kommt es mit tiefer Stimme von Alexander, der seinem Freund von hinten seine Arme um den Bauch schlingt.

„Wieso das denn?“, fragt der Junge und legt seinen Kopf in den Nacken, um zu ihm aufzusehen.

Der Ältere schenkt ihm ein verführerisches Grinsen. „Naja, ich dachte, das ist doch die Bestrafung für den Beischlaf mit dem Teufel, oder nicht?“

Heinrich muss lachen. „Aber nicht heute.“

Alexander brummelt einen Protestlaut in seinen Nacken und zieht ihn enger an sich.

„Das Kostüm will ich morgen noch anziehen.“, wehrt sich der Junge und macht sich vom anderen los.

Alexander seufzt.

Heinrich legt sich nachdenklich einen Finger an die Lippen. „Ich könnte die Hose loswerden, während du uns ein Bad einlässt…?“

Sein Freund drückt ihm einen Kuss auf den Mund. „Sofort.“
 

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Ist das zu glauben??? Seit dem letzten VLE-Kapi ist mehr als ein Monat vergangen!! >.<

Ich hab die beiden vermisst :3

Ich hoffe, ihr auch, und ich will mich bei euch für eure Geduld bedanken! :)
 

Die Kalenderblätter machen Fortschritte; man kann sich schon die Seiten Januar bis Juli anschauen, vielleicht findet sich ja noch jemand, der Interesse an einem VLE-Kalender hat^^ Bei Fragen mir einfach eine ENS schreiben.
 

Aber mit diesem Kapi leitet sich schon die nächste Überraschung ein: Ein Halloween-Special, das von der Grundidee her auf den Mist von Ran gewachsen ist X3

Mehr sag ich dazu erst mal nicht, nur, dass wir beide jetzt einen Gemeinschafts-Account haben! :D

HijasDeLaMusanoche Da findet ihr bei den FAs (neben einem Hinweis auf ein neues Projekt) auch ein Bildchen zum Halloween-Special. Falls ihr also wissen wollt, wie Alex&Heinrich in ihren Kostümen aussehen, schaut doch mal rein ;)

Halloween-Special

Sie sind erst eine Strecke mit der S-Bahn gefahren und dann in den Bus umgestiegen.

Zwar begegnen sie vielen Verkleideten, Kindern und auch aufreizend angezogenen Frauen, doch unter den Männern ist Heinrich doch der Auffälligste. – Was der Junge gar nicht schlimm findet, er muss jedes Mal grinsen, wenn er einen interessierten Blick zugeworfen bekommt.

Von Alexander kommen diese interessierten Blicke am Häufigsten. Zu Heinrichs Freude.

„Du siehst so toll aus.“, meint er und nimmt die Hand des Älteren in seine, um sie sich in den Schoß zu legen, „Deine Augen leuchten so unglaublich intensiv durch die schwarze Maske.“

Alexander muss schmunzeln und gibt ihm einen Kuss auf die rötlichgeschminkte Stirn, was den anderen Fahrgästen endlich die Bestätigung für ihre Vermutung gibt.
 

Die Haltestelle, an der sie aussteigen, heißt „Berg Ravenstein“. Heinrich hat schon vermutet, es wäre ein Druckfehler, aber Alexander hat ihn darüber aufgeklärt, dass der Berg, auf dem die Burg steht, ebenfalls Ravenstein heißt.

Es ist dunkel, als sie die mit Straßenlaternen beleuchtete Straße verlassen und einen Feldweg einschlagen.

Heinrich schluckt, als er erkennt, dass dieser in den Wald führt. Hastig greift er nach Alexanders Hand.

„Hey, keine Angst.“, beruhigt ihn dieser, „Wir haben zwar kein Vollmond, aber es ist doch hell genug.“

Der Junge zweifelt das ja an, aber er lässt sich vom Älteren weiterziehen.

Dicht beieinander laufen sie den gewundenen Weg entlang, durch den dichten, dunklen Nadelwald den Berg hinauf. Mit der Weile gewöhnen sich ihre Augen an die Dunkelheit, und das Licht des Sichelmondes reicht Heinrich aus, sodass er sich schon wieder entspannt hat, als plötzlich von rechts aus dem Wald ein lautes Rascheln an sein Ohr dringt.

„Kreiiiiiiiisch!!“

Alexander erschrickt fürchterlich, als sein Freund einen schrillen Schrei ausstößt und ihm auf die Arme springt. „D-du, Alex, da war was!“

„Wo?“

„Im Busch!“

Kurz horcht der Ältere, aber er kann nichts als den leisen Wind vernehmen.

„Du fantasierst.“, entgegnet er also. „Und du bist schwer. Darf ich dich wieder runterlassen, ja?“

Heinrich denkt gar nicht daran, als er wieder etwas hört. Es kommt näher.

„Dooch! Da war was!“

„Nein, Heinrich, das hast du dir sicher nur – “

„Hab ich nicht! Gleich kommt es da aus dem Wald und fällt uns an!“

„Das war bestimmt nur eine Eule oder – “

„I-ist dein Degen echt? Du musst uns verteidigen, Alex...!“

Kaum hat der Junge das gesagt, zuckt auch Alexander für einen Augenblick zusammen, als tatsächlich eine Gestalt aus dem Wald hinaus auf den Weg tritt.

Es ist ein Mann mit Fellohren und Wolfsschwanz, in beigem Hemd, der sich in seiner schwarzen Weste und enger, schwarzer Jeans fast unmerklich aus der Dunkelheit hervorhebt. „Ist alles in Ordnung bei Ihnen?“, fragt er mit starker und doch sanfter Stimme auf Englisch.

„Aaah! Ein...M-Mensch...“, gibt Heinrich von sich.

„Ja, danke, mein Freund hat nur was im Wald rascheln hören und...er ist sehr schreckhaft.“, antwortet Alexander derweil dem Fremden, der in seiner Verkleidung wohl auch das Ziel Halloween-Party hat.

Der Junge räuspert sich und unterlässt seinen Klammergriff um den Älteren.

Da bemerkt er einen anderen Mann mit schulterlangen blonden Haaren, der ebenfalls mit Ohren und Wolfsschwanz aus der Dunkelheit tritt, sich aber im Hintergrund hält, während der andere ein wenig näherkommt. „Oh, das tut mir leid, ich schätze das war unsere Schuld.“, sagt der Mann und lächelt die beiden Berliner entschuldigend an.

Da zuckt Heinrich noch einmal zusammen, als er die großen Reißzähne im Mund des Mannes entdeckt. „Oh, d-die...ähm...die Zähne sind cool.“, bringt er heraus, mit einem kleinen Lächeln zusammen, „Die Ohren und der Schwanz übrigens auch.“

„Ähm… es… es heißt Rute, nicht Schwanz.“, sagt der Dunkelhaarige ein wenig peinlich berührt.

Heinrich legt seinen Kopf schief und sieht den anderen skeptisch an. Er versteht nicht ganz, was am Begriff „Schwanz“ so peinlich ist. Sind die beiden nun schwul, oder nicht?

„Naja, ich hab jedenfalls auch einen Schwanz, hier.“, verkündet er schließlich, wobei er sich herumdreht, um den roten Teufelsschwanz vorzuzeigen.

Alexander fährt ihm lachend durch die Haare, bevor er sich wieder an die anderen wendet. „Was ist denn mit Ihrem Freund? Sieht ja fast so aus, als wenn er Angst vor uns hätte.“

„Es ist nicht so, dass ich Angst vor Ihnen hätte, ich lebe einfach nur nach dem Motto: Vorsicht ist besser als Nachsicht.“, sagt der Blonde und tritt aus den Schatten hervor an die Seite des anderen.

Heinrich merkt, wie sein Blick erst ein wenig missbilligend auf Alexander ruht, sich dann aber ein wenig neutraler ihm zuwendet.

„Toll!“, bemerkt er da begeistert, „Du hast ja auch diese genialen Zähne! Woher habt ihr die?!“

„Ähm… die haben wir aus den USA mitgebracht, sind aber nicht so leicht zu bekommen.“, antwortet der Dunkelhaarige.

„Denkt ihr, die kann man im Internet bestellen?! - Alex, ich will auch so welche.“

Der Ältere lacht nur. „Damit du mich beißen kannst, oder wie?“

Anzüglich grinsend schlingt sich Heinrich um seinen Arm. „Natürlich.“, raunt er ihm zu.

Alexander schüttelt grinsend den Kopf, bevor er seinen Hut richtet und sich den beiden anderen wieder zuwendet.

„Ich bin Alex.“

„Ich bin Jack, und das ist Haku.“, stellt der Dunkelhaarige sie beide vor und ergreift die Hand, die ihm entgegengestreckt wird.

„Heinrich.“, meint schließlich der Junge freudig.

„Euren Verkleidungen entnehme ich, dass ihr auch auf dem Weg zur Halloween-Party auf der Burg seid?“, meldet sich wieder Alexander zu Wort.

„Ja, wir waren grade auf dem Weg, als wir deinen Schrei gehört haben, Heinrich. Es ist nicht mehr weit von hier, man hört schon die vielen Stimmen von der Burg. Wir könnten ja den Rest des Weges gemeinsam gehen.“, schlägt Jack vor, was bei allen auf Zustimmung trifft.
 

Auf dem letzten Stück des Weges gehen Alexander und Jack vor; sie unterhalten sich prächtig, während Haku ihnen in ein paar Metern Entfernung folgt. Heinrich lässt sich ebenfalls zurückfallen und versucht mit Haku ins Gespräch zu kommen.

„Ist das dein fester Freund?“, fängt er an und nickt in Richtung Jack.

„Nein…“, sagt Haku und blickt auf Jacks Rücken.

„Oh, also ist er nur...deine Begleitung für heute Abend?“, bemüht sich Heinrich weiter.

„Nein…“, sagt Haku nun mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Er beugt sich zu Heinrichs Ohr hinab, sodass seine Reißzähne diesem gefährlich nahe kommen und wispert: „…er ist mein ständiger Begleiter.“

Heinrich läuft ein Schauer über den Rücken bei diesen Worten. Auch wenn er den anderen nicht so richtig versteht, lächelt er ihn an.

„Was ist dein Begleiter denn für dich? Und warum hast du dich für einen Teufel entschieden?“, fragt Haku und nimmt den Teufelsschwanz in seine Hand.

Heinrich ist davon ein wenig irritiert. „E-er...“, fängt er an, bekommt schließlich doch ein Grinsen zustande, „Er ist mein Erastes.“

„Ich will ja nicht unhöflich klingen“, entgegnet Haku, während er den Teufelsschwanz nicht loslässt, sondern weiter daran herumpfriemelt, „aber es hört sich an, wie eine Beschönigung des Wortes Zuhälter, aber das meinst du doch sicherlich nicht, oder? Ihr habt nicht so auf mich gewirkt.“

„Zuhälter?!?", schreit Heinrich entsetzt, sodass sich Alexander und Jack kurz zu ihnen herumdrehen, bevor sie wieder ihr Gespräch fortsetzen, „Dann aber ein Zuhälter, der ganz schnell Pleite geht, weil er seinen Stricher nicht hergibt, während er‘s nur selbst mit ihm treibt!“ Als Haku ihn fragend und entschuldigend anschaut, ergänzt er: „Nein, er ist mein Lehrer, mein Beschützer und manchmal auch mein Koch oder persönlicher Diener, kommt drauf an, wie ich grad zu ihm bin.“ Er zwinkert dem anderen zu. „Also im Prinzip auch mein ständiger Begleiter. Er macht sich immer so wunderbar Sorgen um mich. Schau:“ Der Junge holt Luft. „Aaalex! Haku hat meinen Schwanz angefasst!“

Sofort dreht sich der Ältere zu ihnen herum und erblickt die Hand des Amerikaners, die sich – um Heinrichs Teufelsschwanz gelegt hat. Er verdreht die Augen. „Lustig, Heinrich.“

„Aber du hättest‘s mir fast geglaubt!“

Jack sieht Haku irritiert an, doch der zuckt nur mit den Schultern.

„Dein Englisch ist wirklich gut, sag mal hast du vielleicht mal im Ausland gelebt?“, fragt Haku interessiert, während er den Schwanz loslässt.

Heinrich sieht ihn positiv überrascht an. „Echt?! Naja, eigentlich hab ich‘s nur in der Schule gelernt und...ich war ein halbes Jahr auf Austausch in England – aber dieses Jahr war ich nen Monat mit Alex in Amerika!“

„Wirklich? Ich bin auch schon viel in Amerika rumgekommen, doch seit ich bei Jack wohne, unternehme ich keine großen Reisen mehr.“, sagt er melancholisch lächelnd, was wieder seine Eckzähne aufblitzen lässt. „Du hast mir aber noch nicht auf die Frage bezüglich deines Kostüms geantwortet…“

„Oh!“, fällt es dem Jungen wieder ein und er grinst sein Gegenüber an, „Das ist doch offensichtlich oder?“

„Manchmal haben eigentlich offensichtliche Dinge doch eine andere Bedeutung.“, sagt Haku leise.

„Das auch, aber…“ Er reckt sich ein wenig dorthin hinauf, wo er das Ohr des anderen unter den blonden Haaren vermutet, um leiser sprechen zu können. „So hab ich die Gelegenheit ne knallenge Lack-Hotpants zu tragen und mich von Alex erst am ganzen Körper schminken und heute Nacht wieder abschminken zu lassen…“

„Auf den ersten Blick hätte ich dich gar nicht so eingeschätzt.“, sagt Haku überrascht.

„Tja, ähm...“, entgegnet Heinrich, „Alex hat mich verdorben.“

„Naja.“, meldet sich plötzlich Alexander zu Wort, „Ich hab lediglich dein Potential entdeckt und es ein wenig gefördert. Macht man als guter Pädagoge so.“

Heinrichs Wangen werden unter seiner Schminke noch ein wenig roter.

„Wie lange seid ihr schon zusammen?“, fragt Haku, der das Gespräch amüsiert beobachtet hat.

„Seit dem 24. Juni dieses Jahr, morgens um halb Elf.“, antwortet Heinrich sofort, woraufhin ihm Alexander einen erstaunten Blick und dann ein Grinsen zuwirft.

„Ihr beide müsst euch ja sehr lieben, wenn ihr euch sogar die Uhrzeit merkt.“, bemerkt Jack lachend.

„Ist sowas wie n Insider.“, tut Alexander die Sache ab, obwohl Heinrich genau weiß, dass sein Freund sich den Zeitpunkt wirklich so genau gemerkt hat, dass er damals in Amerika Clara und Adele diese präzise Antwort geben konnte.

„Und ihr?“, fragt der Junge die anderen beiden, „„Begleitet“ ihr euch schon das ganze Leben?“

„Nein.“, sagt Jack noch immer lachend, „Wir „begleiten“ uns jetzt seit eineinhalb Jahren.“ Bei dem Wort begleiten bewegt er Zeigefinger und Mittelfinger beider Hände, um das Wort imaginär in Anführungsstriche zu setzen.

„Oh!“, kommt es begeistert von Heinrich, „Das ist toll!“

„Heinrich“, mischt sich Alexander wieder ein, „Ich glaub, die beiden sind...verheiratet, nicht?“, wendet er sich an Jack.

„So kann man das sagen, ja.“, sagt Jack und nickt, während er Haku einen liebevollen Seitenblick zuwirft.

„Was?!?“, gibt der Junge erstaunt von sich.

„Das ist möglich in Amerika.“, muss ihn der Ältere erinnern.

„Oh.“, entgegnet Heinrich nur noch kleinlaut.

„Nun kommt, es kann nicht mehr weit sein bis zur Burg, die Musik wird immer lauter.“, treibt Haku den Rest der Gruppe an, um die ein klein wenig angespannte Atmosphäre zu lockern.
 

Tatsächlich lichtet sich der Wald, und die ersten Burgmauern kommen zum Vorschein. Durch den Torbogen kann man schon das bunte Treiben erblicken, das im Innenhof herrscht, und die Musik wird immer lauter. Vier Türme ragen an der Mauer in den Himmel, vor der in Tonnen zahlreiche Feuer brennen und ihre Flammen in die Nacht schlagen.

Die kuriosesten Gestalten tummelnd sich auf dem Platz, vom schaurigen Monster, über zahlreiche Graf Draculas, bis hin zur mit Kunstblut überströmten männlichen Krankenschwester im sexy Outfit.

Nachdem sie an einem kleinen Pförtnerhäuschen ihren Eintritt bezahlt haben, stürzen sich die vier gemeinsam ins Getümmel.

Haku, der an seinen Armen dunkelbraune Stulpen trägt, ein zerschlissenes Muskle-Shirt, braune, kniehohe Stiefel und ebenfalls braungehaltene Shorts, die ein wenig länger sind als Heinrichs, nimmt die Leine, die Jack bis jetzt lose an einem Halsband getragen hat, und stellt damit sofort seine Besitzansprüche klar.

Heinrich muss darüber schmunzeln und will einen Kommentar dazu abgeben, da wird Jack plötzlich von einem Vampir am Arm gepackt. „Hey Jack, freut mich, dass ihr gekommen seid. Originelle Verkleidung… Amüsiert euch schön!“, sagt er und zwinkert ihm zu.

„Klar, machen wir.“, entgegnet Jack, „Aber pass auf, dass du Haku nicht zu nahe kommst, Friedrich, ein paar blöde Bemerkungen und der frisst dich heute mit Haut und Haaren.“

„Wer war denn das?“, fragt Heinrich erstaunt nach, als der Vampir sich lachend wieder von dannen gemacht hat.

„Bloß ein entfernter Bekannter, der uns auf diese Party aufmerksam gemacht hat.“, winkt Haku ab, um nicht weiter auf ihn zu sprechen zu kommen.

„Ah, okay.“, entgegnet der Junge, „Bei uns war es meine Schwester – Naja, eher unfreiwillig. Sie hat Geld dafür bekommen, den Flyer in ihrem Café auszulegen und hat mir ein Exemplar zugesteckt.“

„Das ist ja ein Zufall, meine Schwester hat auch ein kleines Café!“, sagt Jack freudig erstaunt.

„Cool!“, ruft Heinrich begeistert und grinst über beide Ohren.

Alexander räuspert sich. „Darf ich anmerken, dass du dich grad wenig teuflisch benimmst, mein Schatz?“

Da verkneift sich der Junge sofort das Grinsen und funkelt ihn böse an. „Einen Teufel spricht man auch nicht mit „mein Schatz“ an...!“

„Ach, nein?“, meint der Ältere und fasst nach dem Teufelsschwanz seines Freundes, „Wie dann?“

„Mein Gebieter.“, raunt ihm Heinrich zu und hebt den schwarzen Hut des Zorros mit seinem Zeigefinger ein wenig an.

Alexander grinst ihn an. „Ich mag Euren Schwanz, mein Gebieter.“

„Hätte nichts anderes von dir erwartet.“

Schmunzelnd fährt der Ältere seinem Freund in die Haare und lehnt sich zu ihm hinunter, doch da entwindet sich Heinrich lachend seinem Griff.

„Hey!“, ruft er und schreckt damit auch das wild knutschende Wolfspärchen neben sich hoch, „Wir sind zum Tanzen hier!“, meint er, packt seinen Alexander und fängt an, sich zur Musik zu bewegen.

„Ich kann nicht tanzen, wirklich nicht.“, kommt es leise von Haku.

„Dooch!“, widerspricht der Junge sofort, „Jeder kann tanzen! Du musst‘s nur versuchen.“

Schneller als Alexander schauen kann, hat er ihn stehengelassen und den Blonden an den Schultern gepackt. „Schau“, meint er, „Du musst nur ganz locker sein, und jetzt hebst du im Takt bei jedem Beat einen Fuß, nicht hoch, so, dass man‘s fast gar nicht merkt. Dazu bewegst du die Hüfte. So.“

Haku blickt etwas irritiert drein, als Heinrich beginnt, ihn regelrecht anzutanzen.

„Und auch den Kopf lockerlassen. Na, komm schon!“

Tatsächlich wird der Blonde lockerer und endlich bewegt er seinen Körper im Einklang mit der Musik und Heinrichs Bewegungen.

Überrascht betrachten Jack und Alexander das Geschehen. Letzterer weißt nicht so recht, was er davon halten soll, den Körper seines Freundes in solch einem Zusammenspiel mit einem anderen zu sehen, seine Hände an diesem muskulösen Bauch, sein Becken so dicht an…und diese aufreizenden Bewegungen, die normalerweise nur er erlebt, wenn…!

Alexander wendet seinen Blick ab, um nicht noch auf dumme Gedanken zu kommen, da begegnet er jedoch dem von Jack und muss erkennen, dass dieser anscheinend gerade das gleiche denkt. Er grinst sein Gegenüber an, und als dieser das Grinsen erwidert, schlingt er von hinten seine Arme um den nackten Körper seines Freundes, während Jack genauso ebenfalls seinen Partner überfällt.

Heinrich schenkt dem Größeren ein Lachen und sieht nach hinten zu ihm auf. „Notgeiler Zorro.“

„Bist halt mein Teufelchen.“, entgegnet der Ältere und presst sich bei der nächsten Bewegung seines Beckens zur Verdeutlichung ein wenig näher an ihn.

„So?“, meint der Junge, „Das heißt, ich hab einen Pakt mit dir?“

Alexander lehnt sich zu ihm hinunter, während sie sich weiter zur Musik bewegen. „Dir gehört meine Seele, wenn du mich glücklich machst.“, geht er auf die Anspielung auf Goethes Faust ein.

Lachend hebt Heinrich seine Arme, um den Händen des anderen auf seiner Brust mehr Raum zu geben, und legt seinen Kopf ganz in den Nacken. „Dann besitzt du meine schon.“

Er merkt, wie Alexander etwas erwidern will, da hört er ihn jedoch nur erschrocken aufkeuchen, und als er sich zu ihm herumdreht, sieht er, wie ihm ein Vampir die künstlichen Zähne in den Hals gerammt hat und ihm das Kunstblut den Umhang besudelt. „Du bist echt lecker, Zorro…“

Bevor Alexander irgendwas erwidern kann, hat Heinrich den dreisten Vampir am Umhang zu sich herabgezogen. Mit einem gefährlichen Funkeln in den Augen grinst er ihn an. „Lass die Finger von meinem Freund, oder dich holt der Teufel.“

Der Angreifer tut weiter cool und sieht beschwichtigend lächelnd zu der Gruppe auf. Als ihn jedoch zwei Paare Reißzähne anblitzen, macht er sich schleunigst aus dem Staub.

„Na, super!“, gibt Alexander genervt von sich. „Jetzt hat der meinen ganzen Umhang versaut. Und das klebt so am Hals…“

„Vielleicht sollten wir drinnen eine Toilette suchen? Bei der Gelegenheit können wir doch noch einen kleinen Rundgang durch die Gemäuer machen, wenn wir schon mal hier sind.“, sagt Haku, dem der Ältere nun anscheinend schon etwas sympathischer geworden ist.

„Auja! Das ist ne super Idee!“, kommt es sofort von Heinrich, „Ich schreib da grad was, was im Mittelalter spielt, da bekomm ich vielleicht ein paar Anregungen!“

„Halt ich auch für ne super Idee.“, murmelt Alexander uns betrachtet angeekelt seine roten Hände, mit denen er sich in den Nacken gefahren ist, „Ich hab da grad was am Hals kleben, was äußerst unangenehm ist...“
 

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Soo :3 Das war der 1. Teil des Halloween-Specials.

Falls ihr die beiden netten Gäste ein wenig näher kennenlernen wollt, könnt ihr das Ganze auch gerne aus deren Perspektive in Rans FF Young Hearts lesen^^

http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/favoriten/556674/267421/

Halloween-Special

Die zwei Wölfe, Zorro und der Teufel, alias Jack, Haku, Alexander und Heinrich, betreten die Gemäuer von Schloss Ravenstein, mit der Intension eine Toilette zu finden und sich dann einmal das Innenleben dieser Burgmauern genauer zu besehen. Als die schwere Holztür hinter ihnen krachend ins Schloss fällt, dringen die Geräusche und die Musik nur noch als leises Gemurmel von draußen zu ihnen herein.

In den Gängen der Burg ist es dunkel und für Heinrich, der nur mit seiner knappen Lackhose und den Stiefeln bekleidet ist, fast schon etwas zu kühl.

An der ersten Abbiegung stehen sie vor dem Rätsel, ob sie nun links oder rechts gehen sollten.

„Naja, ich nehm an, die Toilette wird in einer Burg nicht grad ausgeschildert sein.“, merkt Alexander an.

„Wobei der Veranstalter eigentlich dafür hätte Sorge tragen müssen.“, entgegnet Jack.

„Im Labyrinth soll man sich immer rechts halten.“, meint Heinrich und läuft voran um die Ecke.

Plötzlich fegt ein gellender Schrei durch die Gemäuer. Mit einem Satz ist Alexander bei seinem Freund. Er will nachfragen, was los ist, aber die Frage erübrigt sich, als er die fette Spinne erblickt, die sich direkt vor Heinrichs Gesicht von der Decke abseilt.

„Ganz ruhig, Heinrich, das ist nur eine Spinne.“, versucht er den Jungen zu beruhigen und zieht ihn sachte nach hinten, da dieser sich von selbst anscheinend nicht mehr vom Fleck rühren kann.

„Ist alles in Ordnung?“, fragen Jack und Haku gleichzeitig, die kurz nach Alexander um die Ecke gebogen sind.

„Nicht wirklich“, antwortet ihnen dieser, „Da hängt eine riesige Spinne.“

„Wow, die ist wirklich nicht grade klein!“, gibt Haku zu, „Ich hab schon viele Nächte im Freien geschlafen, aber eine so große ist mir auch noch nicht untergekommen!“, sagt er, während er die Spinne studiert, die in ihren Bewegungen innegehalten hat.

„O-okay“, besinnt sich Heinrich wieder und schüttelt Alexanders Hände von sich ab, „Ich glaub, das wär sowieso die falsche Richtung gewesen; wir gehen nach links.“

Schmunzelnd folgen ihm die anderen.

Der Gang, den sie einschlagen, scheint nicht enden zu wollen, und das einzige, was ihn erleuchtet, ist das schwache Mondlicht, das hier und da durch eines der kleinen Fenster scheint.

„Hast du das auch gehört?“, kommt es auf einmal von Haku, der sich damit an seinen Partner gewendet hat

„Nein, was denn?“, fragt Jack verwundert, und alle vier bleiben sie stehen.

„Da, schon wieder!“, zischt Haku und geht wieder los.

Die anderen sehen sich fragend an, folgen dem Blonden dann jedoch ohne Widerworte durch den wirren Aufbau des Gemäuers.

„Ich glaub, ich hör‘s auch!“, meint Alexander, als er plötzlich ein Flüstern vernimmt. Er kann nicht genau sagen, wo es herkommt, aber es ist definitiv da.

Jack und Heinrich tauschen skeptische Blicke untereinander aus. Nicht nur, dass sich ihre Partner merkwürdig benehmen, sie fühlen sich beobachtet.

Der Junge sieht sich ein wenig ängstlich um, da entdeckt er die Portraits, die an der kahlen Wand hängen. Ein Edelmann neben dem anderen, hier und da eine Hofdame… Er geht einen Schritt näher an einen mit eckigem Kinn und Schnurrbart heran, um ihn im schlechten Licht besser betrachten zu können. Ob er den in seinem Kohlhaas als bösen Grafen einbauen –

„Ach, du meine…!“

Alexander und Haku bleiben, schon einige Meter entfernt, stehen, als sie Heinrichs Aufschrei hören.

„D-die Augen…! Die haben sich bewegt!“

„Leute…“, seufzt Alexander, „Das ist doch das größte Horrorfilm-Klischee aller Zeiten.“

„Aber ihr hört Stimmen!“, beschwert sich sein Freund energisch.

Lachend legt der Ältere ihm einen Arm um die Schultern.

„Stimmt. Vielleicht hat mich vorhin ja sogar ein echter Vampir gebissen.“

Als Heinrich unsicher zu ihm aufsieht, zieht er ihn enger an sich.

„Komm her. Du frierst.“, sagt er und legt seinen Umhang um ihn.

„I-ich hab‘s auch gesehen!“, bestätigt Jack, „Das… ich denke, wir sollten weitergehen… ich habe das Gefühl, dass dies nicht das einzige Portrait ist, dessen Augen sich bewegt haben!“

So laufen sie schleunigst weiter den Gang entlang, und immer wenn ein Fenster das Mondlicht eindringen und auf die gegenüberliegende Wand fallen lässt, vermeidet Heinrich den Blick zu dem Portrait, das so erleuchtet wird.

Alexander hat es vorhin zwar abgestritten, aber durch so viele Augen fühlt man sich wirklich beobachtet. Es ist dieses unangenehme Gefühl von einem Blick im Nacken, das man manchmal hat. Gepaart mit dem Wispern, das natürlich auch nur der Wind draußen in den Bäumen sein könnte, wird die Situation doch so langsam unheimlich.

„Bist du dir da sicher, Jack?“, gibt Haku keine Ruhe.

„Ja“, entgegnet sein Partner jedoch, „Und wenn Heinrich es auch gesehen hat, dann kann das ja wohl keine Einbildung sein, oder? …Was sind das überhaupt für Stimmen, die du hörst?“

Der Blonde senkt seinen Kopf und lehnt sich ein wenig näher an Jack heran. „Erklär mich nicht für verrückt, aber wenn ich nicht wüsste, dass sie in Amerika bei ihren Paten sind, würde ich sagen, dass ich unsere Kleinen höre.“, flüstert er.

„W-wen…?“, hakt Heinrich nach und schließt mit Alexander ein wenig zu den anderen auf, da es sich doch in diesen verlassenen, düsteren Gemäuern besser anfühlt, wenn man näher zusammenbleibt.

„Ähm…“, beginnt Haku, „Das ist ein wenig schwer zu erklären, also…“

Als nichts mehr vom anderen kommt, fragt Heinrich noch einmal nach. „Wieso das denn?“

„Also…wir…wir beide haben…drei kleine Kinder zu Hause und…und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass es ihre Stimmen sind, die wir hier hören.“, sagt Haku endlich mit besorgter Miene.

Weder Heinrich noch Alexander antworten darauf noch irgendetwas. Sie finden die Vorstellung nur unheimlich.

Die Geräusche der Party draußen im Innenhof dringen schon längst nicht mehr durch die dicken Steinwände der Burg, als sie weiterlaufen. Das einzige, was sie hören, ist das Widerhallen ihrer Schritte und das Rascheln ihrer Kleidung.

Die Stimmen haben abrupt aufgehört, sodass sie einfach ziellos weiter durch die Gänge irren.

Auf einmal kommen sie vor einer riesigen, hölzernen Tür zum Stehen, weder nach rechts, noch nach links ein Ausweg. Deshalb drücken Jack und Alexander kurzerhand gemeinsam einen der Türflügel auf.

So gelangen sie in einen großen Raum mit hoher Decke, der Boden ist mit gemustertem Parkett ausgelegt, auf dem sich eine dicke Staubschicht abgelegt hat. Große Fenster lassen das Mondlicht den Raum mit Licht fluten, und alles erscheint ihnen wie in einem Schwarzweißfilm.

Sobald sie einen Schritt in den Saal gesetzt haben, weiten sich ihre Augen vor Überraschung, denn sie alle hören plötzlich die Stimmen spielender Kinder. Lachend und glucksend bewegen sich die Stimmen im Raum umher, und als aus dem Nichts direkt zwischen ihnen ein „Ba-ba!“ ertönt, das keinesfalls mehr ein Wispern ist, sondern von den Wänden widerhallt, schrecken sie allesamt hoch.

„Jack.“, haucht Haku leise, während er ruckartig Jacks Handgelenk packt und fest drückt. Die Nackenhärchen aller stellen sich auf und es breitet sich eine Gänsehaut über ihren Körpern aus.

Mit einem Mal verliert Heinrich den Boden unter seinen Füßen und er ist nicht der einzige, der um sein Leben schreit, als es plötzlich bergab geht, wie geradewegs in den Höllenschlund.

Keuchend landet der Junge mit dem Gesicht im Stroh, mit dem Körper, glücklicherweise, auf seinem Freund.

„Ich hoffe, wir sind nicht in der Hölle…Der Teufel wirft mich wegen Nachahmung möglicherweise noch raus…“, murmelt Heinrich und versucht, sich aufzurichten.

Als er dabei Alexanders Blick begegnet, hält er inne. Die blauen Augen des anderen leuchten in der Dunkelheit und es liegt etwas Seltsames in ihnen.

„Was…Ist was?“, fragt er unsicher.

Der Ältere stützt sich auf seine Ellenbogen und reibt sich die Stirn. „Nein, nur mein Hintern schmerzt etwas…und ich fühl mich so…schummrig…“ Sein Freund kommt nicht mehr dazu, sein Mitleid zu bekunden, denn da hören die beiden das Quietschen einer Tür.

Schon klammert sich Heinrich enger an seinen Freund, doch es ist nur Haku.

Im Licht der Fackeln, die an den kahlen Mauern brennen, nehmen sie ihre Umgebung wahr: Auf dem Boden liegt Stroh, die einzigen Fenster sind vergittert. Sie scheinen direkt im Kerker der Burg gelandet zu sein.

Mit einem mulmigen Gefühl im Magen betrachtet Heinrich den Blonden, der eine der eisernen Gittertüren geöffnet hat und hinüber in die nächste Zelle tritt. Es ist vollkommen still im Raum, die Stimmen der spielenden Kinder sind verstummt.

Da schreit Haku plötzlich auf: „Jack!“

Alexander erhebt sich zusammen mit dem Gerufenen wie aus Reflex, Heinrich in seinen Armen.

Der Ältere will Jack eindeutig in die nächste Zelle folgen, aber sein Freund sträubt sich dagegen.

„Alex, nicht…“, flüstert er mit zittriger Stimme.

„Es will mich nicht loslassen!“, kommt es von Haku, und Heinrich gibt sich einen Ruck und folgt an der Seite seines Freundes Jack in die benachbarte Zelle.

Dort sitzt der Blonde auf dem Boden, Tränen in den Augen – und um seinen Arm hat sich eine knöcherne Hand geschlungen.

Heinrich stößt einen entsetzen Schrei aus, macht einen überhasteten Schritt zurück. Da stößt er plötzlich an etwas Hartes, das einen dumpfen Ton von sich gibt, und er verliert seinen Halt. Mit einem erstickten Laut landet er im muffigen Stroh, und als er nachsieht, über was er gestolpert ist, starren ihn die leeren Augenhöhlen eines Knochenschädels an.

Panisch kreischend rappelt er sich wieder auf und wirft sich Alexander an die Brust.

„OhmeinGott…! OhmeinGott…!“

Der Junge kneift die Augen zusammen und bekommt so nicht mit, wie Jack hastig die knöcherne Hand packt, die Hakus Arm in ihrer Gewalt hat, und sie mit fast unmenschlicher Kraft vom Arm des Skeletts reißt.

Er hilft Haku hoch, und schon hat Alexander verstanden und zerrt seinen Freund mit sich aus dem Raum.

Schnell sperren sie die schwere Eisentür wieder zu und verlassen das Verließ durch eine der anderen Türen. Während sie den schmalen, dunklen Gang entlanghechten, versucht Haku die noch immer um seinen Arm gewundene Knochenhand loszuwerden. Finger für Finger löst er die Hand und wirft sie hinter sich auf den Boden, wo sie zuckend liegenbleibt.

Die vier beschleunigen ihre Schritte, alle wollen sie nur schnellstmöglich weg von diesem unheimlichen Ort.

Sie kommen an eine steinerne Treppe, die sie hinaufrennen. Oben sinken sie außer Atem an die Wand, in einem Gang, der erschreckend an einen der ersten erinnert.

„Oh, Gott…! Wo sind wir da bloß reingeraten…“, jammert Heinrich und fährt seinem Freund haltsuchend fahrig über die Brust, „Bloß, weil dich dieser verdammte Vampir…“

„Nicht…“

Irritiert sieht der Junge zum Älteren auf, der ihn am Rücken gepackt hat.

„Nicht so…nahe…“, murmelt Alexander, „Du…dein Geruch macht mich…“

Heinrichs Augen weiten sich. Ihm kommt ein schrecklicher Gedanke.

„A-Alex, sag bloß nicht, du…!“

Hastig greift er dem Größeren an den Kragen seines Umhangs, versucht das Kunstblut von seinem Hals zu wischen, um die Bisswunde inspizieren zu können.

Da zieht ihn Alexander mit einem Ruck plötzlich näher an sich. Der Junge kann seinen heißen Atem an seinem Hals spüren.

„Du riechst so gut…so verführerisch… Ich will…“

Heinrich schreit auf, als ihm Alexander in den Hals beißt.
 

Als er die Zunge des Älteren auf seiner Haut spürt, entkrampft sich sein Körper ein wenig. Als er ihn leise lachen hört, macht er sich empört von ihm los.

„Du verdammter…!“

Alexander grinst ihn nur gefällig an. „Wenn du auch so leichtgläubig bist…“

„Leichtgläubig?!“, ruft der Junge mit roten Wangen, „Nach dem, was wir eben erlebt haben, hält man alles für möglich! Sogar, dass es Vampire und Werwölfe gibt!“

Als es sich neben ihnen regt, erkennen die beiden, dass auch Jack und Haku sich wieder beruhigt haben, und so machen sie sich wieder auf den Weg, nach dem Ausgang ins Freie zu suchen.

Sie kommen an zahlreichen Türen vorbei, hinter denen sie jedes Mal eben diesen Ausgang vermuten, doch wenn sie sie öffnen, finden sie dahinter nur weitere Gänge, Räume oder seltsamerweise auch eine Steinmauer vor.

Mittlerweile weiß keiner von ihnen mehr, wie lange sie nun schon in der Burg herumirren, doch schließlich finden sie hinter einer der Türen einen Raum vor, der anders zu sein scheint, als die Räume zuvor: Er ist vollkommen leer, bis auf einen großen Spiegel. Dieser Spiegel vereinnahmt die ganze gegenüberliegende Wand, geht von der Decke bis zum Boden, links und rechts trägt er Flügeltüren, die ihn wie eine Tür oder ein Fenster in eine andere Welt wirken lassen.

Jack ist der erste, der in den nur vom Mondlicht erhellten Raum tritt, gefolgt von den anderen dreien. Er schreitet auf den Wandspiegel zu, der weder rund noch eckig ist. Der Rahmen ist mit goldenen Reliefs verziert, auf denen sich eine dicke Staubschicht abgesetzt hat. Verwunderlich nur, dass der Spiegel selbst klar wie ein See geblieben ist, kein Staubkorn hat sich auf dem Glas niedergelassen.

Während Heinrich sich im Raum umsieht, um doch noch irgendetwas anderes, als nur diesen Spiegel zu entdecken, tritt Alexander neben Jack. Er ist fast schon magisch vom Spiegel angezogen worden und jetzt muss er erkennen, dass er nicht sich dort im Glas sieht.

Ja, auf den ersten Blick hat es so gewirkt, doch auf den zweiten Blick ist sein Spiegelbild älter als er, auch trägt es nicht sein Kostüm. Es trägt eine Anzugshose und ein Hemd und es lächelt ihn unglaublich warm an.

Kann das möglich sein? Ist das da tatsächlich…sein Vater?! Der Mann, der gestorben ist, als er gerademal zehn Jahre alt war?

Alexander schüttelt den Kopf und blickt hinüber zu Jack. Er will ihn schon um Rat fragen, doch da bemerkt er dessen gebannten Blick, der stur auf den Spiegel gerichtet ist. Hat er etwa…Tränen in den Augen…?

Wieder wendet er sich also auch selbst dem Spiegel zu, und da wird es ihm klar: Wo ist Jacks Spiegelbild? Wo ist das Heinrichs oder Hakus? – Alles, was er in diesem großen Spiegel sieht, ist sein Vater, der ihn immer noch so liebevoll anlächelt, wie er es nicht anders in Erinnerung hat.

Heinrich hat derweil seine Suche aufgegeben. Als er bemerk, dass Jack und Alexander sich gar nicht mehr regen, wird er misstrauisch.

„Alex?“, fragt er vorsichtig und läuft zu seinem Freund hinüber, doch dieser reagiert nicht.

„Hey, Alex! Du kannst doch nicht so selbstverliebt sein, dass du dich hier stundenlang im Spiegel– “

Der Junge bricht ab, als er selbst einen Blick in das Glas wirft.

Wo ist Alexanders Spiegelbild? Wo Jacks?

Alles, was er sieht, ist sich selbst. Aber er blickt keineswegs überrascht drein, sondern er lächelt sich an.

Lächelt er gerade?

Heinrich macht einen Schritt zurück.

Sein Spiegelbild macht einen Schritt auf ihn zu.

„Haku!“, wendet sich der Junge panisch an den einzigen noch Vernünftigen in diesem Raum, „Komm mal her und sieh dir das an!“, fordert er den Blonden auf, der noch immer am anderen Ende des Raumes steht und ihre beiden Partner irritiert betrachtet.

„Was siehst du in dem Spiegel?“, fragt ihn Haku, als er näherkommt.

„Mich!“, antwortet ihm Heinrich, „Nur mich! Ich kann die anderen Spiegelbilder nicht sehen, Haku, aber…ich…! Das bin nicht ich, d-der…! Der bewegt sich anders und – “

„Natürlich bin ich du.“

Erschrocken starrt der Junge sein Spiegelbild an, das ihn zutraulich anblickt.

„Du kannst ich werden, Heinrich“, wispert es, „wenn du willst.“ Mit einem Lächeln hält es ihm eine Hand entgegen. „Du musst nur zu mir kommen. Trau dich.“

Heinrich entreißt sich dem Blick dieses…dieser verrückten Fantasie, und da sieht er Haku, der käseweiß im Gesicht ist.

„Was ist los?!“, fragt er den Blonden und eilt zu ihm hinüber, um ihm eine Hand auf die Schulter zu legen, „Was siehst du?“

„Ich…“, fängt Haku mit zitternder Stimme an, „Ich sehe…und höre meine…meine toten Geschwister…Sie…sie rufen mich, wollen, dass ich mit ihnen spiele und mit ihnen komme…“ Tränen tropfen von Hakus Kinn auf seine nackten Oberschenkel.

Heinrich weiß nicht, was er sagen soll, diese Worte haben ihm die Sprache verschlagen.

Plötzlich hört er eine junge Frau sprechen.

„Geht!“, hört er sie sagen, „Ihr müsst fliehen, Haku! Der Spiegel wird eure Seelen gefangen nehmen…! Für eure Gefährten wird es bald zu spät sein! Nehmt sie mit euch! Lauft!“

Sofort löst sich Heinrich aus seiner Starre und mit Haku zusammen eilen sie zu ihren Partnern, um sie von dem Spiegel wegzureißen.

Jack und Alexander scheinen schwer wie Blei, aber mit einigem Ziehen und Zerren können sie die beiden aus dem Raum retten. Sie flüchten durch die Tür und schlagen sie so schnell sie können zu.

Der Knall erweckt Alexander und Jack aus ihrer Starre.

„Was war…?“

„…das?!?“, beendet Haku den Satz, den der ältere Amerikaner angefangen hat.

„Egal, was es war, es war gruselig!“, meint Heinrich.

„Ich hab…ich hab da im Spiegel tatsächlich meinen Vater gesehen…“, berichtet Alexander, noch völlig durch den Wind.

„Du auch?!“, fragt Jack erstaunt.

„Leute“, fängt Haku an, „Wir sollten hier verschwinden.“

„Da geb ich dir Recht.“, sagt Heinrich und richtet seine Teufelshörner.

„Wohl eher meiner Mutter.“, murmelt Haku, packt Jack am Handgelenk und geht schnellen Schrittes mit ihm auf die Wendeltreppe zu, die er aus den Augenwinkeln entdeckt hat.

„Na kommt!“, forderte er Heinrich und Alexander auf.

Der Ältere schiebt seinen Freund voran und so eilen sie gemeinsam die Stufen der steinernen Treppe hinauf.

Irgendwann geht es nicht mehr weiter, da eine alte, verrostete Tür in der Decke ihnen den Weg versperrt.

Haku stemmt sich mit aller Kraft, die ihm nach diesem aufreibenden Abend noch geblieben ist, dagegen, bis sie endlich unter seinem Druck nachgibt. Krachend schlägt sie gegen den steinernen Boden, den die vier kurz darauf betreten. Staunend halten sie inne.

Sie befinden sich auf einem der vier Türme der Burg Ravenstein und können direkt auf den Innenhof und den umliegenden Wald schauen. Über ihnen prangt am dunklen Himmel der Sichelmond und gibt ihnen das Gefühl der Freiheit wieder.

Heinrich streckt erleichtert die Arme in die Luft. Genießerisch atmet er die frische Luft ein und aus. „Ja…! Wir leben noch!“
 

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Happy Halloween :3

Ich hoffe, es war ansatzweise gruselig und unterhaltsam^^
 

Morgen gibt es den letzten (seeeehr langen) Teil des Specials, das erst spääät in der Nacht enden wird. Wo und wie, dürft ihr dann selber lesen XD

Halloween Special

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel 111_non-adult

Sorry^^' Hatte echt nicht damit gerechnet, dass es adult wird.

Hier also der nächste Versuch:
 

Als Heinrich sich zu den anderen herumdreht, sind diese anscheinend noch dabei, ihre wiedererlangte Freiheit zu realisieren, doch das lässt der Junge nicht gelten.

„Los, Leute! Das Blut an Alex‘ Hals ist jetzt eh angetrocknet – wir stürzen uns wieder ins Gewimmel!“

Mit diesem Worten hüpft er die erste Treppenstufe hinab. Alexander folgt ihm, den Blick gebannt auf seinen Hintern und den hin und her schaukelnden Teufelsschwanz gerichtet. Jack und Haku schließen sich ihnen an.

Unten öffnet Heinrich die Holztür und sie gelangen hinaus auf die Burgmauer. Diese müssen sie nur ein kleines Stück englanglaufen, dann können sie über eine weitere Treppe hinunter in den Innenhof steigen.

Kaum sind sie von der Burgmauer unten und mischen sich wieder unter die Leute, da wird plötzlich Heinrich an seinem Teufelsschwanz angehalten.

Ein muskulöser Typ in Lack und Leder mit zahlreichen Piercings und ein paar geschminkten Pestbeulen grinst die Gruppe, vornehmlich den kleinen Teufel, herausfordernd an.

„Na?“, meint er, „Lust auf ne richtig prickelnde Gruselstunde mit mir?“

Da platzt allen vieren gewaltig der Kragen.

„Gruselstunde hatten wir heute Nacht genug!“, schreit ihn Heinrich an.

„Und lass den Schwanz meines Freundes los!“, brüllt Alexander.

Haku packt den Typ am Nacken. „Du solltest dir lieber jemanden suchen, der nicht bereits vergeben ist, sonst beschere ich dir eine Geisterstunde, und glaub mir, die wirst du nicht so schnell vergessen.“

„Ich glaube, er hat‘s verstanden.“, sagt Jack beschwichtigend, als er das kleine Rinnsal bemerkt, das den Nacken des dreisten Typen herunterläuft.

Haku lässt ihn los und funkelt ihn noch einmal böse an.

„Ich habe Hunger, wie sieht‘s mit euch aus?“, fragt der Blonde gleich, als sich der anderen aus dem Staub gemacht hat, womit er folgenden Bemerkungen oder Fragen aus dem Weg geht.

„Ja, hier! Ich verhungere!“, meldet sich Heinrich sofort.

„Ich könnt auch was vertragen.“, stimmt ihnen Alexander zu.

„Dann lasst uns zum Buffet gehen.“, schlägt Jack lachend vor und lenkt die drei anderen hinüber zur westlichen Innenmauer der Burg, an der zahlreiche Biertische aufgereiht sind.

Das Buffet bietet alles, vom Salat bis zur Nachspeise, vom saftigen Steak bis zum Wackelpudding. Heinrich tun es die Wienerwürste ganz besonders an, die durch einen Mandelsplitter als Nagel und ein wenig Ketschup am Stumpf wie ein abgeschnittener Finger aussehen.

„Nachher muss ich mal was von der Bowle probieren!“, verkündet der Junge und rührt ein wenig in dem grünen Glibber herum.

„Ich glaub, ich würd dann doch lieber die „Blut-Bowle“ nehmen…Passt besser zu meinem blutigen Steak. Außerdem ist die Alkoholfrei.“, meint Jack und favorisiert damit die rote Flüssigkeit nebendran.

„Nein danke, ich hatte heute schon genug „Blut-Bowle“…“, kommt es von Alexander, der sich wie die beiden Amerikaner ein Steak holt, bevor er sich reichlich an der Salattheke bedient. Sein Freund nimmt sich nur vom Nudelsalat.

Damit nehmen die beiden Jack und Haku gegenüber Platz, die sich beide ein saftiges Steak aufgetischt haben.

Heinrich tut den ersten Bissen von seinen „abgehackten Fingern“, dann hält er inne und sieht den beiden Amerikaner gebannt beim Essen zu. „Ihr…“, fängt er vorsichtig an, „Müsst ihr die falsche Zähne nicht erst rausnehmen?“

Diese halten beide in ihrem Kauen inne, bis Haku schluckt und sich zu Wort meldet. „Die Dinger sind super, die werden direkt auf dein Gebiss angepasst. Die sind so fest, dass man damit sogar essen kann. Man muss sie später einfach nur ordentlich putzen… Willst du sie mal anfassen?“, fragt er, während er lächelt und so seine Beißerchen zur Schau stellt.

„Oh, ähm…“, entgegnet Heinrich schüchtern, „Wenn ich darf…“

„Natürlich, sonst hätte ich es dir nicht angeboten.“, bestätigt Haku.

Also streckt der Junge vorsichtig seine Hand aus, um unter Alexanders skeptischem Blick den linken Reißzahn zu berühren.

„Wirken wirklich…stabil.“, meint er und fährt mit seinem Zeigefinger den Zahn entlang.

Mit einem Mal zieht er die Hand zurück und keucht auf.

„Oh, shit!“, ruft er und betrachtet seine blutende Fingerkuppe, „Die sind ja richtig scharf, die Dinger!“

Sofort greift Haku nach Heinrichs Finger und nimmt ihn kurzerhand in dem Mund. Heinrichs Augen weiten sich, als er spürt, wie der Blonde ihm das Blut mit der Zunge aus der Wunde leckt.

Alexander und Jack sehen dem Ganzen ein wenig überrumpelt zu.

Als sich auf Heinrichs überraschtes Gesicht schließlich sogar ein Lächeln legt und er blinzelnd dem Blonden zusieht, tut sich der Ältere schwer, dazu keinen Kommentar abzugeben.

Er hat schon bei ihrer Begegnung im Wald daran denken müssen: Haku sieht Schiller ein wenig ähnlich. Vor allem hat er die längeren blonden Haare, von denen Heinrich doch so geschwärmt hat…

Gerade will er vielleicht doch etwas sagen, da lässt Haku Heinrichs Finger gehen und wendet sich wieder seinem Essen zu.

Heinrich betrachtet ein wenig unsicher seine Wunde, aber da diese aufgehört hat, zu bluten, kann auch er weiteressen.
 

So sitzen sie eine Weile kauend am Tisch, dann fällt Heinrich wieder ein, was er ihren ganzen Irrweg durch die Burg nicht vergessen konnte und immer noch im Hinterkopf hat.

„Haku, du…“, fängt er an und wartet, bis der Blonde von seinem Steak aufschaut, „Du hast doch vorhin von euren Kindern erzählt. Ihr habt also…? Wie…? Ich mein…“

„Ähm…also das…sie…“, stammelt Haku unsicher.

„Es sind Hakus Kinder und ich habe sie adoptiert.“, misch sich Jack mit fester Stimme ein, während er Haku eine Hand auf den Oberschenkel legt.

„Oh“, kommt es von Heinrich, „Das…“ Er versucht ein Lächeln. „Ich weiß nicht, ob ich das könnte… - ich mein…ein Kind als meines zu akzeptieren, von dem ich weiß, dass es von…Alexander und irgendeiner Frau…“ Kläglich bricht er ab.

„Was ist los?“, fragt Haku besorgt und legt ihm eine Hand auf die Schulter.

„Naja“, beginnt der Junge noch einmal, „Wie…Jack, wie schaffst du das?“

„Sie sind noch so klein, und jedes Mal, wenn sie ihre Ärmchen nach mir ausstrecken oder mich mit ihren großen Augen anschauen und „Ba-ba“ sagen, dann bin ich auch wirklich ihr Vater, verstehst du?“, berichtet Jack äußerst liebevoll von seinen Kleinen, „Sie kennen ihre Mutter so gut wie gar nicht, und ich liebe und akzeptiere sie, weil sie ein Teil Hakus sind. Ich bin sehr froh die Kleinen mit aufziehen zu können… Warum?“, fragt er schließlich, „Habt ihr eine ähnliche Situation?“

„Ähm“ Heinrich steigt die Röte ins Gesicht. Ihm ist unwohl, vor allem, da Alexander seltsamerweise kein einziges Wort bei dieser Diskussion verliert und stattdessen nur seinem Essen zugewandt ist. „Nein.“, antwortet er schließlich.

„Jack?“, meldet sich Haku zu Wort, „Ich seile mich mal kurz ab und rufe zu Hause an, ob alles in Ordnung ist. Nach den heutigen Ereignissen möchte ich da lieber auf Nummer sicher gehen.“

„Ja, mach das. Aber Fia wirst du sicherlich nicht erreichen.“, erinnert ihn Jack.

„Ich weiß, aber vielleicht hat Emily ja etwas von ihr gehört.“ Haku nimmt sein Handy und verlässt damit den Innenhof.

„Soll ich euch mal ein paar Fotos von unseren Kleinen zeigen?“, fragt Jack, um die Stimmung etwas aufzulockern.

„Ja, gerne.“, entgegnet Heinrich sofort und sieht kurz zu Alexander, doch dieser schaut immer noch nicht auf.

„Schau mal, Alexander, das ist mein kleiner Sohn.“, sagt Jack und hält ihm das Bild direkt vors Gesicht, während er Heinrich das andere Bild von seiner Tochter reicht.

„Oh, schön.“, kommentiert der Ältere mit einem kleinen Lächeln, „Man meint fast, er sieht dir ein wenig ähnlich.“, bevor er den nächsten Bissen nimmt.

Jack belässt es dabei und zeigt auch Heinrich das Bild seines Sohnes. „Du kannst Alexander ja nochmal das andere geben. Hier, das ist Hotaru.“

„Süß.“, meint der Junge, „Alex hat Recht, er sieht dir ein wenig ähnlich. Das ist ein schöner Zufall.“

Mit dem Foto vom Töchterchen wendet er sich seinem Freund zu. „Hier, schau mal. Die Kleine kommt aber total nach Haku, nicht?“

Alexander nickt mit vollem Mund anerkennend.

In dem Moment kommt Haku zurück.

„Zu Hause ist alles in Ordnung“, meint er, „Worüber sprecht ihr grade?“

„Jack zeigt uns die Bilder von euren Kindern!“, antwortet ihm Heinrich, mittlerweile wieder mit einem Grinsen auf dem Gesicht.

„Oh, du hast Bilder von ihnen dabei?“, fragt Haku überrascht und sieht Jack an.

„Ja.“, antwortet ihm Jack und errötet ein wenig, während er die Bilder wieder in seinem Portemonnaie verstaut.

„Oh! Und wer ist das!“, kommt es da von Heinrich, der dort noch ein Bild entdeckt hat, auf dem ein Hund zu sehen ist.

„Das ist Fia.“, sagt Haku lächelnd, als er das Bild herausholt und Heinrich reicht.

„Die ist ja niedlich.“ Damit hält er das Foto Alexander vor die Nase.

„Mhm.“, meint der und endlich legt sich ein richtiges Lächeln auf seine Lippen, „Wir hatten auch einen Hund. Belcastel, hieß der. Was für eine Rasse ist Fia?“

Haku und Jack sehen sich kurz an, bevor Haku antwortet: „Sie ist eine Wölfin.“

Beide blicken sie die Amerikaner überrascht an.

„Tatsächlich?“, hakt Alexander nach, „Und sowas geht in Amerika?“

„Haku hat sie als Neugeborenes alleine im Wald gefunden und sie abgerichtet. Dann ist das schon möglich, aber sie wird, wenn sie älter ist, noch eine Prüfung ablegen müssen.“, erklärt Jack.

„Ah.“

„Was ist los, Alexander?“, fragt Jack, als er das Foto wieder wegpackt, „Ist dir eine Laus über die Leber gelaufen?“

Der Angesprochene sieht überrascht auf, wobei Heinrich vermutet, dass die Überraschtheit nicht wirklich echt ist.

„Sorry, nein.“, antwortet der Ältere, „Ich hab nur…Ich bin nicht so ein Familienmensch. Mein Vater ist früh gestorben und meine Mutter war nicht wirklich…sie hat mich und meinen Bruder nicht wirklich vernachlässigt, aber sie war nicht gerade liebevoll zu uns.“ Er lacht ein wenig bitter auf. „Ist ihr nicht zu verübeln, ich mein…lässt er sie so einfach alleine…“

Schmunzelnd wendet er sich an Heinrich. „Vielleicht bin ich deshalb schwul geworden. Weil ich‘s keiner Frau zumuten will, irgendwann alleine meine Kinder großzuziehen, wenn ich nicht mehr will oder nicht mehr da bin.“

Als er bemerkt, dass sein Freund ihn fast schon verletzt anblickt, nimmt er ihn in den Arm.

„Quatsch.“, murmelt er, als er dem Jungen einen Kuss in die Haare haucht.

Heinrich weiß, dass Alexander es wirklich nicht so gemeint hat, und er kann seine Beweggründe auch wirklich verstehen, er hat ja mitbekommen, wie der Ältere in Amerika außer sich war, als er herausgefunden hat, dass Bonpland der Vater des einen Kindes ist und noch nicht einmal was davon weiß! …also versucht er seine letzte Aussagen nicht so ernst zu nehmen.

Er bringt es sogar zustande, dem anderen die Zunge herauszustrecken, als der ihn wieder loslässt. „Und ich bin schwul geworden, weil mich mein Vater geschlagen hat und ich mich deshalb jetzt nach einer Vaterfigur sehne, die mir sooo viel Liebe geben kann, wie ich brauch.“

Als Alexander ihn hierauf ein wenig schockiert ansieht, weiß er, dass er’s ihm damit heimgezahlt hat.

„Für mich war der Verlust meiner Familie noch nie ein Grund schwul zu werden.“, mischt sich Haku ein, „Ich war fast mein ganzes Leben lang ein Einzelgänger und habe mich alleine durchgekämpft… Ihr solltet besser mit dem umgehen, was ihr habt, und das wertschätzen, was man euch schenkt.“

Jack zieht Haku daraufhin auf seinen Schoß und drückt ihm einen Kuss an seine Schläfe.

Als Heinrich erwartungsvoll zu seinem Freund aufsieht, muss dieser lachen. „Na, komm her, mein Kleiner.“, meint er und hebt den Jungen ebenfalls auf seinen Schoß, „Papi hat dich lieb.“ Mit einem Kuss macht er Heinrich deutlich, wie sehr lieb er ihn hat.

Als sie sich wieder voneinander lösen, beginnt der Junge zu fluchen. „Was ist denn?“, fragt Alexander amüsiert nach.

„Jetzt ist dein ganzes Kostüm mit meiner roten Schminke beschmiert…“

„Ich hab dir gesagt, dass wir das lassen sollten.“

„Aber ein Teufel ist rot, Alex!“

Die beiden werden in ihrem kleinen Disput unterbrochen, als Jack und Haku loslachen.

Langsam stimmt auch Alexander ins Lachen ein. Er drückt Heinrich einen Kuss auf die Stirn, bevor er sich erhebt.

„Ich brauch jetzt Alkohol.“, meint er grinsend.

Sofort ist auch Heinrich aufgesprungen.

„Auja“, ruft er, „Ich auch!“

Ein wenig widerwillig verzieht sein Freund das Gesicht. „Heinrich, du weißt, was– “

„Du bist doch dabei! Es kann nichts passieren.“, beteuert der Junge und lässt sich nicht davon abbringen, sich seinen Traum von einem Glas grüner Bowle zu erfüllen.

Als die beiden zurück an den Tisch kommen, müssen sie grinsen, da Jack und Haku gerade in einen innigen Kuss verwickelt sind. Ohne Kommentar nehmen sie also Platz.

Die beiden Amerikaner trennen sich wieder voneinander, wobei man sieht, dass es ihnen schwerfällt.

Mit einem „Prost!“ hebt Heinrich sein Glas und nimmt den ersten Schluck. Als er kurz darauf breit grinst, weiß Alexander, dass es ihm ausgezeichnet schmeckt.

„Was hatten sie denn da noch für komische Getränke?“, fragt Jack, um wieder mit ihnen ins Gespräch zu kommen, „Ich meine, ich habe in meiner Bowle eine Plastikspinne gefunden…“

„Keine Ahnung.“, lacht Alexander, „Steht ja nirgendwo was dran. Bestimmt deshalb, damit man solche Erfahrungen macht, wie du eben. Aber das grüne Zeug hier schmeckt ganz gut. Da muss auf jeden Fall Limone drin sein.“ Er beugt sich etwas weiter zu Jack hinüber. „Und so stark ist es zum Glück auch nicht.“

„Das hab ich gehört!“, kommt es von Heinrich, „Glaub ja nicht, dass ich den ganzen Abend über nicht auch mal was anderes probier.“

„Soll das eine Drohung sein?“, wendet sich der Ältere ihm mit einem Grinsen zu.

Der Junge erwidert dieses Grinsen frech. „Darauf kannst du wetten.“
 

„Mir‘s kalt, Alex…“, nuschelt Heinrich und umklammert den Arm seines Freundes, an den er sich schmiegt.

„Kann nicht sein, Alkohol wärmt.“, entgegnet Alexander grinsend.

„Mmm…jetzt lass mir doch den Grund, mit dir zu kuscheln…“

„Was ist denn plötzlich mit dem Kleinen los?“, fragt Jack verwundert, da er den kleinen Teufel die ganze Zeit über nicht so verschmust erlebt hat.

„So ist er immer, wenn er betrunken ist.“

„Binnich betrunken…“

Der Ältere fährt ihm zärtlich zwischen den Teufelshörnern durch die Haare.

„Dooch. So anhänglich und willig…Stimmt’s, mein Schatz?“

Heinrich beschließt zu schmollen, lässt seinen Freund jedoch nicht los.

Wohl ein wenig überfordert mit seinem schwankenden Gemüt, fährt sich Haku durch seine längeren, blonden Haare und streicht sie sich aus dem Gesicht.

Mit einem Mal rappelt sich da der Junge wieder auf und lehnt sich auf den Tisch, sodass Alexander vor ihm die Plastikbecher mit ihrem Trinken retten muss.

„Darf ich die mal anfassen?!“

Alle schauen Heinrich verwirrt an, besonders Haku, der etwas verlegen nachhakt: „M-meine…Haare…?“

„Ja!“, entgegnet Heinrich eifrig und bevor ihn jemand aufhalten kann, stolpert er um den Tisch herum, um sich neben Haku längs auf die Bank zu setzen.

„Wie…Schh…Schiller…“, bringt er heraus und greift ungefragt in die blonden Haare.

Ganz sanft streicht er hindurch, zwirbelt eine Strähne um seinen Finger. Als Haku ihn nur mit weiten Augen anblickt, sich jedoch nicht wehrt, vergräbt er seine Hand tiefer in den Haaren.

„Kennsu…Kennt man in Amerika Schhhiller?“

„Natürlich nicht, Heinrich.“, antwortet ihm Alexander, mit ein wenig Ungeduld in seiner Stimme.

„A…also ich…ich kenne Schiller nicht…Wer… wer ist das?“, fragt Haku ein wenig peinlich berührt, während er seine Haare zwischen Heinrichs Fingern betrachtet.

„Schiller is ein Autor“, antwortet ihm der Junge, „Sschreibt…wie ich. Und er hat so wunderschhhöne lange blonde Haare…“

Heinrich rückt ein wenig näher, um noch mehr von diesen seidigen Haaren in seiner Hand zu spüren, da streift er Hakus weiches Fellohr, was dem Blonden ein leises Seufzen entlockt.

Heinrich stellt mit einem zufriedenen Lächeln fest, dass ihm dieser Laut gefallen hat, genauso wie das flauschige Fell, und so fährt er dem anderen noch einmal übers Ohr.

Aus dem Seufzen Hakus wird ein wohliges Stöhnen, das etwas von dem Schnurren einer Katze hat, auch wenn es doch kräftiger und tiefer klingt.

„Heinrich…“, fängt Alexander, nun deutlich genervt, an.

„Anngh…was…was schreibt er denn?“, fragt der Blonde nun endlich nach, sichtlich benommen von den zärtlichen Streicheleinheiten Heinrichs.

„Romane…und Thater… – Theaterstücke…“, antwortet der Junge leise und legt seine linke Hand zwischen Schulter und Brust des anderen ab, um einen besseren Halt zu haben, als er sich auf die Bank kniet und hinaufreckt, um dem Bedürfnis nachzukommen, seine Nase vom weichen Fell kitzeln zu lassen.

Jack und Alexander betrachten die ganze Szene fassungslos. Was tun ihre Partner da – was, vor allem, macht Heinrich da?

„U-und…und was schreibst…du?“ Es ist fast nur noch ein Hauchen. Hakus Atem geht langsam schwerer.

„Einen…Roman…“, antwortet ihm Heinrich, der mittlerweile die Augen geschlossen hat, wobei das Wort „Roman“ in den blonden Haaren untergeht, und die Erklärung, worum es in diesem Roman geht, lediglich ein hauchzarter Kuss ist, den er mit seinen vollen Lippen auf Hakus Wange drückt.

An dieser Stelle, beschließt Alexander, reicht es. Und damit ist er nicht der einzige.

„Haku, was soll das?!“, ruft Jack.

„Heinrich!“

Aufgeschreckt nehmen die beiden ihre Umgebung wieder wahr, und bevor Alexander etwas machen kann, hat Jack den Jungen schon von seinem Freund weggezogen und schiebt ihn ihm entgegen.

„Heinrich“, empfängt er ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen, „Ich weiß, du bist betrunken, aber kannst du mir mal erzählen, was das sollte?!“

In den blauen Augen des Jungen wallen die Tränen auf.

„A-aber…! Du wolltest ja nicht mit mir schmusen!“, schluchzt er, sodass Alexander sich nicht anders zu helfen weiß, als ihn ganz fest in die Arme zu schließen.

„Och, Heinrich…“, flüstert er und küsst seinem Freund die Schläfe, „Du bist niedlich. Wir sind hier unter Leuten, da sitzen Jack und Haku. Wir haben uns doch gerade mit ihnen unterhalten. Ich versprech dir, wir schmusen zuhause noch ganz viel, okay?“

„O-okay…“, gibt sich Heinrich geschlagen und lässt sich von Alexander die Tränen aus den Augen wischen.

Als der Ältere wieder aufsieht, bemerkt er, dass es bei Jack und Haku ein wenig heftiger zugeht.

„Jack, du weißt, dass du der Einzige für mich bist…! Ich hätte ihn nicht weitergehen lassen!“

„Ach ja?! Das habe ich ja gesehen!“

„Hey, ihr beiden.“, mischt sich Alexander vorsichtig ein, „Ich glaub wohl kaum, dass Heinrich dir das Wasser reichen könnte, Jack.“

„Ha-hab ich ehrlich gsssagt auch gar nicht vor…“, stimmt ihm der Junge zu.

„Vielleicht steht Haku bloß drauf, wenn man ihn an den Ohren krault.“, setzt der Ältere mit einem Grinsen nach, „Musst du mal ausprobieren.“

„Ich weiß ganz genau, wie er darauf reagiert.“, entgegnet Jack, bevor er sich wieder seinem Freund zuwendet, „Du hättest das nicht zulassen dürfen, Haku!“

„Ich weiß, dass du hohe Besitzansprüche stellst, aber irgendwann reicht es auch mal, Jack! Ich reiß dir auch nicht gleich den Hals ab, wenn alle Frauen im Präsidium dir hinterher gucken und du nichts machst, um zu verdeutlichen, dass du vergeben bist!“

Alexander hat es schon befürchtet, aber Heinrich lässt es sich wirklich nicht nehmen, an dieser Stelle seinem neugewonnenen Freund beizupflichten.

„Ja, genau!“, ruft er empört, „Alex wird an der Uni auch laufend von so Schhhla…Schhtudentinnen angebaggert und unternimmt nix dagegen!“

Jack und Alexander können nicht anders, als erst sich und dann ihren Liebsten erstaunt anzusehen.

„Ich…Du hast mir nie gesagt, dass dich das so sehr stört…“, meint Alexander ein wenig überrascht.

„Tut es aber…“, kommt es mit Schmollmund von Heinrich.

„Dann muss ich daran ganz schnell was ändern, hm?“, beschließt der Professor und zieht seinen Freund wieder eng an sich.

„Ja, ganz schnell.“, nuschelt der Junge und sucht die Lippen des anderen mit seinen.

Zwischen Jack und Haku macht sich eine betretene Stille breit. Beide sehen sie zu Boden. Soll dieser Abend wirklich so enden?

„Nicht böse sein, ihr beiden!“, ruft Heinrich fast schon verzweifelt, „Ihr wart doch soo süß zusammen!“

„Wirklich.“, mischt sich auch Alexander ein, „Ihr…ihr habt eine Familie zusammen, ihr habt Kinder. Was sollen ein betrunkener Heinrich“ – „Hey!“ – „und irgendwelche notgeilen Frauen im Präsidium daran bitte ändern? Um eine Familie zu gründen muss man sich doch vertrauen und…sich abgöttisch lieben, oder nicht?“ Auffordernd sieht er die beiden anderen an.

„Genau, stellt euch nicht so an!“, pflichtet ihm Heinrich bei und gibt Jack kurzerhand einen Schubs, der ihn in Hakus Arme befördert.

„Tut mir leid…“, nuschelt Jack in Hakus Nacken.

„Mir auch…“, gibt Haku zurück.

Jack nimmt das Gesicht des Blonden in seine Hände und küsst ihn entschuldigend und versöhnend. Als sie sich voneinander lösen, lächelt Haku ihn an, bevor er Heinrich und Alexander einen dankenden Blick zuwirft.

„Ich glaube, Jack und ich werden die weitere Party an einen anderen Ort verlegen.“, meint er schließlich.

Jack sieht Haku fragend an, doch Heinrich versteht sofort und beginnt zu kichern.

„Ja, ich glaub, wir gehen auch.“, fängt Alexander an, seinem Freund in viel zu neutralem Ton.

So erheben sich die vier also von den Bänken und kämpfen sich ein letztes Mal durch die Menge, die anscheinend vorhat, bis zum Morgengrauen zu feiern.

„Autsch!“, quiekt Heinrich auf halben Weg plötzlich auf.

„Was?“, fragt ihn sein Freund besorgt.

„Mir hat grad jemand in den Hintern gezwickt.“, antwortet der Junge mit vor Erstaunen geweiteten Augen.

Alexander dreht sich sofort um, kann jedoch keinen Verdächtigen mehr ausmachen.

„So eine Frechheit. Dabei gehört dein Hintern doch nur mir.“, meint er und legt besitzergreifend eine Hand auf ebendiesen.

Heinrich schmiegt sich beim Laufen ein wenig näher an ihn. „Hast das heute aber noch nicht so oft deutlich gemacht.“

Alexander glaubt, deutlich die Enttäuschung in der Stimme des Jungen zu hören. Aber er hat Recht. Dabei sieht sein Freund in seinem Kostüm heute doch so hinreißend aus. Diese knappe, enge Hose…und dann noch das glänzende Lack…

„Ich…es ist heute so viel passiert, ich hatte gar keine Zeit dazu, mich deinem Hintern zu widmen.“, flüstert er ihm auf Deutsch zu, „Tut mir Leid.“

Heinrich widersteht dem Drang, genießerisch seine Augen zu schließen, als er Alexanders Atem an seinem Ohr spürt.

„Aber wenn du willst, kann ich das nachholen.“

„B-bitte.“, bringt der Junge heraus.

Schmunzelnd lässt der Ältere seine Hand von der einen Pobacke auf die andere wandern, wo er seine Finger ein wenig fester ins Lack drückt.

Heinrich gibt sich alle Mühe, nicht erschrocken aufzukeuchen, da Jack und Haku doch, händchenhaltend, neben ihnen hergehen.

Als sie das Burgtor passiert haben, atmen alle vier auf; hier draußen sind nur hier und da knutschende – oder anderweitig beschäftigte – Pärchen zu erkennen, doch die Menschenmassen haben sie hinter sich gelassen.

Der Wald schließt sich wieder um sie, die Musik und die Stimmen, die aus dem Innenhof der Burg dringen, verstummen so langsam, und die Luft wird kühler, aber Heinrich friert nicht. Im Gegenteil: Ihm wird zunehmend wärmer, mit jedem Griff Alexanders kräftiger Finger, die seinen Hintern unanständig massieren, mit jedem Kuss, den der Ältere ihm an die Schläfe haucht.

Nach ein paar Metern rutscht Alexanders Hand nach oben und legt sich an Heinrichs Taille und sein Kopf an seinen.

„Weiter…“, bettelt der Junge, doch der Ältere lacht nur leise.

„Noch nicht.“, flüstert er.

Diese Worte lassen Heinrich hoffen und er muss es den ganzen restlichen Weg über ertragen, wie eng seine Hose ist, wie das Lack ihm bei jedem Schritt unerträglich über die Haut streift.

Schließlich lichtet sich der Wald langsam, und vor ihnen erscheint die Wiese, die der Mond in schummriges Licht taucht. Dahinter ist schon die erste Straße zu sehen, die zur Bushaltestelle führt, an der sie angekommen sind.

„So…“, fängt Alexander an, ohne den um Heinrich gelegten Arm zu entfernen, „Wie kommt ihr nachhause?“

„Wir gehen zu Fuß, es ist nicht sehr weit.“, entgegnet Jack, „Und ihr?“

„Da unten ist die Bushaltestelle.“, antwortet ihm Alexander und deutet Richtung Straße.

„Dann kommt gut nach Hause, vielleicht trifft man sich ja mal wieder?“

Heinrich, der ein wenig unbeholfen seine Hand über seinem Schoß verkrampft hat, nickt heftig. „Ja, wir…Seid ihr auf Facebook? – Oder wir könnten E-Mail-Adressen austauschen.“

„Natürlich“, sagt Jack lächelnd, als wenn er wüsste, was mit dem Jungen los ist, „Habt ihr etwas zum Schreiben da? Dann kann ich euch unsere E-Mail-Adresse geben.“

„Ähm, nein, grad nicht…“, stellt Alexander fest, „Aber ihr könntet euch meine merken, ganz einfach: Alexander Punkt Humboldt – falls ihr den Nachnamen vergesst, gebt einfach im Internet „Berlin“ und „Universität“ ein, dann kommt ihr wieder drauf; die Uni gehört nämlich meinem Bruder. At aol Punkt com.“

„In Ordnung“, meint Jack, „Wir sind bei demselben Anbieter. Wir schicken euch demnächst mal eine Mail, dann habt ihr auch unsere Adresse.“

„Schön, dann…“, fängt Heinrich an, „Hat mir echt Spaß gemacht, der Abend. Wär ja auch schade, wenn wir uns nach all dem, was wir zusammen durchgemacht haben, nicht mehr wiedersehen würden.“

„Stimmt“, pflichtet ihm Haku bei, „Diese Burg war wirklich unheimlich, freiwillig würde ich die Gemäuer nicht so schnell wieder betreten!“

„Also“, fängt Heinrich an, „Schon ein wenig gruselig, aber richtig gruselig wär‘s erst, wenn ihr beiden mir jetzt noch erzählen würdet, ihr wärt echte Werwölfe!“

„Wer weiß…“, entgegnet Jack „Manchmal sind die Dinge nicht so, wie sie scheinen, aber was, wenn doch?“, und seine Reißzähne blitzen hervor.

„Also, ihr beiden“, meint Alexander und hebt eine Hand zum Abschied, „Macht’s gut. Kommt gut über den Ozean.“

„Machen wir.“, sagt Jack und hebt ebenfalls eine Hand.

Kurz macht sich Heinrich von seinem Freund los, um sich Haku, wohlbedacht nur mit dem Oberkörper, um den Hals zu werfen. „Bye, Hakuu~ Kannst mir ja mal ne Strähne von dir per Post schicken.“ Mit einem schüchternen Grinsen lässt er sich wieder von Alexander in den Arm nehmen.

Ein wenig überrascht, dann aber liebevoll grinsend wuschelt der Blonde Heinrich durch die Haare. „Ich überleg‘s mir.“

„Habt noch ne schöne Nacht.“, wünscht Alexander den beiden Amerikanern zum Abschied, bevor er sich mit Heinrich zum Gehen wendet.

Ein „Ihr auch, aber übertreibt es nicht!“, kommt zurück, als die beiden sich auf den Weg machen.

Der Ältere spürt mit großer Genugtuung, dass Heinrich sich förmlich an ihn krallt, dass sein Atem ganz aufgehetzt ist.

„Alex, ich…ich schhh…aff das nich…“, nuschelt der Junge und vergräbt sein Gesicht in Alexanders Seite.

„Was schaffst du nicht?“, fragt der Ältere leise.

„S-so…so lange zu warten…“

Alexander zieht einen Mundwinkel nach oben. „Auf was?“

Es sind noch fünf Meter bis zur Bushaltestelle. Das Licht der Straßenlaterne, unter der sie hindurchkommen, erhellt Heinrichs Gesicht und als dieser sich von seinem Freund losmacht, erkennt Alexander, wie gerötet die Wangen sind, wie die blauen Augen leuchten.

„Auf…“

Weiter spricht Heinrich nicht, stattdessen umklammert er seinen Freund und küsst ihn. Ein Kuss, der all seine Lust und Begierde zum Ausdruck bringt, die ihn momentan schier zur Verzweiflung bringt.

Als Alexander in den Kuss hineinlacht, lässt der Junge von ihm ab und legt ihre Stirn aneinander. Mit vollkommen vernebeltem Blick sieht er den Größeren an.

„Bitte…jetzt…“

„Heinrich, wir sind hier– “

„Ich weiß wo wir sind, nimm mich…!“

Der Ältere keucht erschrocken auf, als die Hand seines Freundes ihn im Schritt packt.

„Du willst mich“, haucht der Junge und massiert ihn durch den dünnen Stoff der schwarzen Hose, „ich spür’s…also nimm mich…bitte…!“

Alexander lacht außer Atem auf.

„Und wo?“, fragt er, „Etwa da an der Laterne?“

Heinrich lässt von ihm ab und sieht sich kurz um, bevor er ihn nach hinten an den Lärmschutzwall zieht.

„Hier.“, sagt er, als sein nackter Rücken mit der Mauer kollidiert.

„Heinrich, die– “

Der Junge unterbricht ihn mit einem stürmischen Kuss, den Alexander nur erwidern kann. Natürlich würde er ihn hier gerne –

Er stöhnt auf, als der Junge seine Hand packt und sich selbst in den Schritt legt.

„Du wolltest es nachholen.“, keucht Heinrich.

Alexander kann dort deutlich die Wölbung spüren, über die sich die enge Lackhose spannt… Er schließt die Augen und reißt sich ein letztes Mal zusammen.

Mit wenigen Handgriffen hat er sich den Umhang abgemacht und legt ihn Heinrich an den Rücken. Dann hebt er ihn gegen die Wand, und gleich schließen sich die nackten Beine um seine Hüfte.

Sofort prallen ihre Münder wieder aufeinander, gierig erkunden sie mit ihren Händen den Körper des anderen.

Alexander verliert seinen Hut, als Heinrich ihn noch enger an sich zieht.

Lachend lässt der Ältere mit seinen Lippen vom anderen ab. „Jack und Haku würden dich jetzt als „horny“ bezeichnen.“

Er muss noch mehr schmunzeln als der Junge darauf fast gar nicht reagiert, sondern einfach nur seinen Unterleib eifrig an den seinen reibt.

Er umschließt wieder Heinrichs Hintern, was diesem ein entzückendes Stöhnen entlockt. „J-jaah…weiter…m-mach schon…“

Alexander legt ihre Stirn aneinander, wobei er feststellen muss, dass sein Freund glüht.

„Du bist betrunken, Heinrich.“, sagt er.

Der Junge nickt hastig. „J-jah, anhänglich u-und willig…!“

Alexander stöhnt in Heinrichs Halsbeuge. „Sag so was nicht…“
 

Schon kurz darauf sind die beiden eins, zusammen umgeben von einem Schleier der Lust. Während Heinrich nur noch Unsinn brabbelt, beschränkt sich Alexander aufs Stöhnen, wobei er den Teufelsschwanz beobachtet, der unaufhaltsam neben Heinrichs Rücken hin und her wackelt.

„O-oh, Gott, ich kann nicht mmm…Alex, b-bitte…! Sss-so eng…“

Der Ältere denkt nicht mal daran, seinen Freund aus der engen Lackhose zu befreien, stattdessen legt er ihm nur seine Hand in den Schritt und beginnt ihn dort zu massieren.

„F-fester! Gib mir…!“

„Was?“, bringt Alexander heraus, „Süßes oder Saures?“

Heinrich rollt mit den Augen. Er kann nicht mehr antworten, reißt Alexander über die Klippe.

Keuchend und stöhnend kommt auch der Junge und sackt erschöpft in Alexanders Armen zusammen.

„Zufrieden?“, bringt der Ältere schwer atmend heraus.

„Jaah…“, kommt es äußerst befriedigt von Heinrich.

Alexander lässt ihn noch nicht herunter, sondern knotet sich das Tuch über den Augen auf, um seinen Freund ein wenig zu säubern, bevor er ihm wieder die Hose hochzieht.

Auf ziemlich zittrigen Beinen folgt das kleine Teufelchen schließlich dem demaskierten Zorro, der noch Hut und Umhang wieder vom Boden aufhebt, zurück zur Haltestelle.

„W-warte…“, nuschelt der Junge und greift nach Alexanders Hand, „Nicht so schnell, ich kann noch nicht…Du warst so grob.“

Der Ältere drückt ihm einen Kuss auf die Stirn. „Weil du’s nicht mehr abwarten konntest. Selbst schuld.“

Heinrich will noch etwas erwidern, doch da hören sie den Bus, der in die Straße biegt.

„Hoffentlich ist der leer.“, betet Alexander und nimmt den Jungen an die Hand, der nur stumm in sich hineingrinst.
 

Als die beiden schon einige Minuten im bis auf einen nach Alkohol riechenden, alten, schlafenden Mann tatsächlich leeren Bus sitzen, fällt Heinrichs Kopf auf Alexander Schulter.

Schmunzelnd nimmt der Ältere seinen Freund in den Arm.

Er überlegt schon, ihn an der Endhaltestelle hinaus und in die S-Bahn zu tragen, aber so viel Aufsehen will er dann doch nicht erregen. Deshalb muss er Heinrich wohl oder übel wecken, der ihm verpeilt hinausfolgt und in der S-Bahn sofort wieder einschläft.

Die drei Straßenecken und die Treppen zur Wohnung hoch trägt Alexander sein kleines Teufelchen nun doch.

Heinrich ist nicht wirklich wach, als Alexander ihn im Bad auszieht und ihn unter die Dusche stellt, um ihn mit warmen Wasser abzuschminken; er könnte genauso gut gerade schlafwandeln.

Nichtsdestotrotz landet der Junge bald darauf in seinem Disney-Pyjama im weichen Bett und kuschelt sich eng an seinen Freund.

Dieser schließt ihn fest in die Arme und macht ebenfalls die Augen zu.

Er hat das Gefühl, dass jetzt wieder alles besser wird.
 

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Ich hoffe, euch hat auch dieser letzte Teil gefallen^^

Schaut doch mal bei Jack und Haku vorbei, wie die den Abend haben ausklingen lassen; nicht minder interessant, als Alex und Heinrich ;)

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So, ich wollte jetzt eigentlich mit VLE wieder drei Wochen Pause machen, weil mir das gefällt, mal mit meiner fiktiven Zeit gleichauf mit der realen zu sein XD …aber iwie befürchte ich, eine so lange Pause halte ich nicht aus… Entweder, ihr werdet also mit FAs bombardiert, der Epilog zu ST wird länger, oder…ich brauch die Pause wirklich^^‘

Wird sich zeigen. Würde mich aber freuen, wenn ihr nach diesen drei Wochen (oder weniger) wieder dabei seid :)

Alexander steht wieder alleine vor dem Herd. Mittlerweile hat er es sich angewöhnt, für zwei zu kochen, obwohl er nicht weiß, wann Heinrich wiederkommt. So langsam wären die Kartoffeln gar…

Tatsächlich hat Alexander gerade den Tisch gedeckt, da hört er den Schlüssel in der Tür.

Grinsend betritt sein Freund die Wohnung und schmeißt seine Stiefel in den Flur. „Huhu!“, ruft er und kommt auf ihn zugeeilt, die karierte Baskenmütze auf dem Kopf, die er von Ulli zu seinem Geburtstag geschenkt bekommen hat.

„Hey, mein Schatz, ich dachte schon, du weißt nicht mehr, wo du wohnst, jetzt, wo du deinen Führerschein hast.“

Lachend schmeißt sich Heinrich ihm kurz um den Hals und gibt ihm einen flüchtigen Kuss. „Super, dass du das Essen fertig hast, ich hab nämlich schrecklich– “

Verwirrt sieht der Junge zum Älteren auf, da dieser ihn am Arm gepackt hat und nicht loslassen will. Alexander sieht ihn skeptisch an.

„Heinrich.“

„J-ja?“

„Du riechst nach Rauch.“

Nervös lachend schüttelt der Junge die Hand des anderen ab. „Ja. Und?“

„Sag mir bitte, dass das ein Scherz ist.“

Irritiert schiebt sich Heinrich die Jacke von den Schultern und hängt sie über seine Stuhllehne. „Du tust ja grad so, als ob Rauchen ein Verbrechen wär…“

Alexander sieht ihn flehentlich an. „Heinrich, muss das sein?“

Der Junge verschränkt die Arme vor der Brust. „Ich war im Kiosk und wollt mir ein Kaugummi kaufen, da hab ich die Zigaretten da stehen sehen und hab gedacht, ich probier’s mal. Wieso auch nicht? Hört man’s schon in meiner Stimme?“

„Heinrich, das ist ungesund!“, ruft Alexander, womit er seinem Freund das Grinsen aus dem Gesicht wicht, „Ich…Du gibst mir jetzt sofort die Zigarettenschachtel und das Feuerzeug.“

Heinrich sieht ihn verstört an. „Ich bin nicht dein kleines Kind, Alex! Ich bin erwachsen, wieso versteht das keiner?!“

Alexander schnaubt verächtlich und pfeffert den Topfdeckel scheppernd auf die Kartoffeln. „Ja, sich Zigaretten zu kaufen, damit die Stimme tiefer wird, ist auch sehr erwachsen.“

Als er sich wieder zu seinem Freund umdreht, schmollt der Junge.

Alexander seufzt, stellt den Herd aus und läuft zum anderen hinüber, der sich widerwillig in den Arm nehmen lässt. „Davon kann man süchtig werden. Ich mein’s doch nur gut mit dir. Gib mir die Schachtel.“

Heinrich schmollt immer noch. „Du kannst mir nicht erzählen, dass du nie geraucht hast.“

Alexander lacht leise, während er seinem Freund sanft über den Rücken fährt. „Ich hab mit Zwanzig angefangen. Fast fünf Jahre.“

„Siehst du! Und dir hat’s keiner verboten!“

„Ich wär froh gewesen, ich hätte so jemanden gehabt, Heinrich.“

Der Junge verstummt. Alexander spürt, wie er sich in seinen Armen entspannt.

„In der Jackentasche.“

Er gibt Heinrich einen Kuss auf die Stirn, bevor er sich von ihm losmacht und Zigarettenschachtel und Feuerzeug aus der Jacke holt, um beides im Mülleimer zu versenken.

„Wollen wir jetzt was essen, hm?“, wendet er sich wieder an seinen Freund.

Dieser nickt und nimmt am Tisch Platz, um sich von Alexander bedienen zu lassen.

Als der Ältere ihm ein Glas Wasser einschenkt, seufzt er gequält auf.

„Was ist denn schon wieder?“, fragt Alexander und fährt ihm durch die Haare, bevor er sich ihm gegenüber an den Tisch setzt.

„Alkohol darf ich auch keinen trinken. Ich komm mir wirklich wie’n kleines Kind vor…“

„Heinrich, wir wissen doch, was passiert, wenn du was getrunken hast.“

„Ja, aber das wird doch nur besser, wenn ich regelmäßig was trinken darf!“

Alexander seufzt auf. „Heinrich. Bitte lass das Diskutieren, wir essen.“

„Heinrich, lass das Diskutieren, wir essen!“

„Aber, Vater– “

„Still!“

Der Junge senkt seinen Kopf.

Ob es allen Eromenes so ging? Dass sie nichts selbst ausprobieren durften, nichts selbst herausfinden, weil ihr Erastes all diese Erfahrungen für sie schon gemacht hatte und wusste, was gut oder schlecht für sie war?

„Ich mein’s doch nur gut mit dir.“

Irgendwie hat er gar keinen Hunger mehr, aber um Alexander nicht noch mehr zu reizen, isst er auf.
 

Nach dem Essen jedoch muss Heinrich damit herausrücken, sonst kann er am Wochenende nicht weg. „Du, ähm, Alex?“

„Hm?“ Sein Freund sieht versöhnlich zu ihm auf.

Heinrich räuspert sich. „Am Samstag, also am Neunzehnten, da ist bei Tim ne Party mit paar Leuten aus seinem Schwimmverein…“

Alexanders Blick wechselt zu skeptisch. „Und du bist natürlich auch eingeladen.“

„Jap.“

„Und du willst da hingehen.“

Heinrich nickt bestätigend.

Alexander schnaubt. „Ich hab gedacht, jetzt wenn die Examina rum sind, hast du ein bisschen mehr Zeit für mich. Und dabei schreibst du nur an deinem Buch und bist bei diesem…“

„Ich hab keine Zeit für dich?!“, kommt es ernsthaft verwirrt von Heinrich, „Sei nicht albern!“

„Okay, ich bin albern.“, gibt Alexander von sich und steht mit einem Ruck auf, „Sagt derjenige zu mir, der raucht, damit er ne tiefere Stimme bekommt.“

Heinrich seufzt und sieht Alexander zu, wie dieser ihre Teller in die Spüle pfeffert und sie abwäscht, obwohl sie einen Geschirrspüler haben.

Als sich der Ältere beruhigt hat, nimmt er wieder seinem Freund gegenüber am Tisch Platz und fährt sich müde übers Gesicht.

„Tut mir…Verdammt.“

„Schon…gut.“

Alexander nickt.
 

„Und hier wohnt er?“

„Jaa, hier wohnt Tim.“, antwortet Heinrich und schnallt sich ab, „Hättest du was Besseres erwartet?“

Alexander muss grinsen. „Nicht wirklich.“

Der Junge zwickt ihm in die Seite. „Danke fürs Fahren.“, sagt er.

„Gerne.“, entgegnet Alexander, „Ich hol dich heute Nacht auch wieder ab, okay? Ruf mich an.“

„Mach ich.“, nuschelt Heinrich und drückt seinem Freund noch einen Kuss auf die Lippen, bevor er den Wagen verlässt.

Tim wohnt in einem größeren Wohnkomplex. Wirklich nicht so schön, wie das Haus, in dem sie ihr Zuhause haben, aber wenn man erst einmal in der Wohnung drin ist, kann man sich echt wohlfühlen.

„Hey, na endlich! Komm rein, ich stell dich gleich den anderen vor!“

Heinrich wird von Tim ins Wohnzimmer geschoben, wo schon zwei Jungs und drei Mädchen auf dem Sofa und dem Teppich davor sitzen und ihm herzlich entgegenwinken.

„Heinrich!“

„Gott, du bist ja genauso süß, wie Tim dich beschrieben hat!“

Lachend setzen sich Tim und Heinrich zu ihnen.

„Also“, beginnt der Rothaarige, „Das ist Tanja, die ist mit Patrick hier zusammen, das ist Mischa, die übrigens noch zu haben ist.“

Immer zu haben!“, wirft der blonde Junge ein, der eine deutliche Schwimmermuskulatur hat, und bekommt dafür von der Schwarzhaarigen, die einige Piercings trägt und sich eine längere Strähne ihrer Haare rot gefärbt hat, eine Kopfnuss.

„Jap, der Vorlaute Typ hier ist Sascha.“, stellt ihn Tim gleich vor, „Und dann haben wir noch Lisa.“

Die Blonde mit dem Haarreif winkt ihm schüchtern zu.

„Hi.“, grüßt Heinrich alle, „Nett, dass ihr mich Nichtschwimmer hier bei euch aufnehmt.“

„Och, wir sind nicht so.“, witzelt Sascha, „Wir nehmen gerne Bedürftige bei uns auf, was glaubst du, was Tim hier macht.“

Der Rothaarige schnaubt nur und sieht grinsend zum anderen auf.

„Und wir lassen dich weder verdursten, noch verhungern.“, versichert Mischa und stellt ihm ein Glas vor die Nase.

„Oh, danke.“, meint Heinrich und sieht zu, wie sie ihm eine beigefarbene, zähe Flüssigkeit ins Glas gießt.

„Nachher gibt’s nen Auflauf.“, bemerkt Tim.

„Huch, wer kommt denn noch alles?“, fragt Patrick, was Tim nur ein Augenrollen entlockt.
 

Vom Auflauf ist noch die Hälfte übrig, an die sich gerade Patrick noch machen will, vom Erdbeerlikör und Baileys – so heißt das Zeug, das so toll nach Kakao schmeckt, wie Heinrich erfahren durfte – musste schon Nachschub geholt werden.

„Schau dir Heinrich an! Du warst wohl auf Entzug, oder wie?“, lacht Mischa, als er sich von Lisa noch ein Glas einschenken lässt.

„Ja, bei seinem Alex kriegt er nix.“, neckt ihn Tim und wuschelt ihm dabei durch die Haare.

„Bei seinem Alex?“, wiederholt Lisa fragend.

Heinrich nickt bestätigend. „Mein Freund.“

„Ich wusst’s!“, kommt es triumphal von Sascha.

„Echt?“, kommt es von Lisa, „Du bist schwul?“ Kaum hat sie realisiert, dass sie das laut gesagt hat, läuft sie rot an.

„Jap.“, bestätigt Heinrich aber nur grinsend.

„Er ist mit seinem Professor zusammen!“, kann es Tim nicht lassen, darauf hinzuweisen.

„Wie?“, meldet sich Tanja zu Wort, „Wie alt ist der denn dann?“

„Neununei – Neununddreisss – fast Vierzig.“

Die Gruppe muss lachen, nur Tanja sieht ihn weiter erstaunt an. „Stehst du auf Ältere?“

Heinrich zuckt mit den Schultern. „Ich denk schon.“

„Was heißt, du denkst schon?“, hakt Mischa verwirrt nach.

„Naja, hatt bis jetzt ja nur was mit ihm.“, antwortet ihr Heinrich. Irgendwie amüsiert ihn das gerade.

„Echt?!“

„Naja, das ist was, was Mischa sich nun gar nicht vorstellen kann.“, meint Sascha und kassiert dafür wieder eine Kopfnuss.

„Nee, aber jetzt mal echt.“, wendet sie sich wieder an Heinrich, „Heißt das, du hast keine anderen sexuellen Erfahrungen? Auch nicht mal mit Jüngeren?“

Der Junge schüttelt den Kopf. Sollte er das haben? Alexander hat diese Erfahrungen doch für ihn gesammelt, oder nicht? Genauso wie mit dem Alkohol und dem Rauchen.

„Also, ich bin der Meinung, man sollte wenigstens vor der Ehe was ausprobiert haben.“, mischt sich Patrick ein.

„Na, gut, dass ich nicht deine erste Freundin bin.“, gibt Tanja ein wenig gekrängt von sich.

„Man sollte schon mal ein paar unterschiedliche Typen ausprobiert haben, ist doch sonst langweilig.“, ist Sascha der Meinung.

„Und du sagst was über mich!“, meckert Mischa.

„Also…ich find’s nicht so schlimm, wenn man sich richtig verliebt und es eben der erste ist, dann nur mit ihm diese Erfahrungen– “

„Och, Lisa, du Süße!“, lacht Tanja und wuschelt ihrer Freundin durch die Haare.

„Noch n Glas?“

Heinrich sieht Tim grinsend an und hebt ihm sein leeres Glas entgegen.
 

Es ist mittlerweile doch schon spät geworden, als sich auch Sascha bequemt, vom Sofa aufzustehen.

„Dann bis Dienstag im Schwimmen.“, verabschiedet er sich mit einem Handschlag bei Tim.

„Ja, bis dann. Komm gut nachhause.“, entgegnet der Rothaarige. Nachdem er die Tür hinter dem Blonden geschlossen hat, dreht er sich seufzend zu Heinrich herum, der auf dem Boden vor dem Sofa sitzt und sein Glas ausschleckt. „Und was machen wir jetzt mit dir?“

Sein Kumpel grinst ihn an. „Ich ruf Alex an, dass er mich abholt.“, kündigt er an und beginnt, in seiner Hosentasche zu wühlen, „Wollt er ja unbedingt…“

„Hey, mach ihm doch nicht so einen Stress.“, meint Tim und setzt sich neben ihn aufs Sofa, „Du kannst hier schlafen, wenn du willst.“

Überrascht sieht Heinrich zu ihm auf. „Echt?“, fragt er.

„Ja, klar.“, lacht der Rothaarige und lässt es sich nicht nehmen, ihm durch die Haare zu wuscheln.

„Irgendwo muss ich noch ne Zahnbürste auf Vorrat rumfliegen haben, das geht schon.“

„Cool, danke.“, kommt es freudig von Heinrich, „Ich sag grad schnell Alex Bescheid.“

Mit diesen Worten wählt er nun doch Alexanders Nummer und hofft, dass er ihm nicht allzu böse ist, da er ihn noch so spät wachklingelt.

Doch Alexander nimmt gar nicht ab, stattdessen meldet sich die Mailbox.

„Hey, ich bin’s. Wollt nur Bescheid sagen, dass ich bei Tim übernachten kann. Sag dir dann morgen – ähm“ Er muss kichern. „Huch, wir haben ja schon morgen! Also, ich sag dir heute Mittag Bescheid, wann du mich holen kannst. Bis dann, lieb dich.“

„Awww~“ Übertrieben entzückt sieht ihn Tim an.

„Jaa, das macht man so, wenn man eine Beziehung hat.“, entgegnet Heinrich mit einem nachdrücklichen Nicken und vom Alkohol geröteten Wangen.

„Hab dich auch lieb.“, kommt es mit einem Grinsen vom Rothaarigen, „Und da du ja jetzt bleibst, kannst du mir beim Aufräumen helfen.“

Heinrich wirft ihm einen gespielt wütenden Blick zu. „Ach, so is das. Deswegen darf ich hier schlafen.“

„Nur deswegen.“

Also fangen die beiden an, jedenfalls das Gröbste an Müll und gebrauchten Gläsern aus dem Wohnzimmer zu schaffen, damit es wieder einigermaßen begehbar ist.

Tim packt die Chipstüten in einen Plastikbeutel und kehrt die Krümel ein wenig vom Sofa. Als er in die Küche kommt, um den Müll wegzuwerfen, muss er lachen.

„Nee, oder?!“, ruft er, als er Heinrich erwischt, wie der die letzten Tropfen Alkohol aus den Flaschen trinkt, bevor er sie in den Abfalleimer stellt.

„Du Schnapsdrossel!“

„Gar nicht!“, verteidigt sich Heinrich kichernd und lässt sich von Tim aus dem Weg räumen, damit er an den Abfalleimer kommt.

„Boah, ey! Hast du die alle geleert?!“

„Warn doch nur paar Tropfen. Das kann man doch so nich wegschmeißen, ist doch viel zu schhhade drum.“

„Idiot.“ Grinsend verpasst der Rothaarige ihm eine Kopfnuss. „Na, komm, den Rest können wir nachher machen, ich bin erst mal müde.“

„Ich auch…“, kommt es von Heinrich, der seinen Kopf an Tims Schulter sinken lässt.

Lachend führt ihn der Größere ins Bad, drückt ihm Zahnbürste und Zahnpasta in die Hand.

„Brauchst du n T-Shirt oder so?“

Heinrich sieht ihn skeptisch an. „Wozu?“

„Zum Schlafen, Dödel.“

„Oh. Ja.“

Tim kann sich vor lauter Grinsen fast nicht richtig die Zähne putzen, so unkoordiniert und verschlafen sein Gegenüber sich dabei anstellt.

„Soo…“ An den Schultern führt Tim seinen Gast ins Schlafzimmer, wo er ihm eines seiner T-Shirts aus dem Schrank holt.

„Hehe“ Grinsend betrachtet Heinrich das Kleidungsstück in seinen Händen. „Alex seine sind größer.“

„Schön für ihn.“, meint Tim nur schmunzelnd, während er sich das Shirt über den Kopf zieht und seine Hose öffnet.

„Auja! Stippst du jetzt für mich, ja?“, fragt Heinrich freudig, sodass der Rothaarige lachen muss.

„Hättest du wohl gerne.“, meint er nur, bevor er sich das T-Shirt, das auf dem Bett liegt, überstreift. „Jetzt strippst du mal für mich.“

„Gerne.“, entgegnet Heinrich, bevor er das T-Shirt auf den Boden fallen lässt und sich ganz langsam sein Shirt hochschiebt.

„War nicht so ernst gemeint, Kleiner.“, kommt es von Tim.

Heinrich zieht einen Schmollmund. Mit einem Ruck reißt er sich das Shirt einfach über den Kopf und tritt seine Jeans von den Beinen, als er auch diese auszieht. Schließlich schlüpft er noch in Tims T-Shirt, das ihm schon zu lang, aber nicht so weit wie Alex‘ T-Shirts ist.

„So.“, gibt er trotzig von sich, „Und jetzt soll ich aufm Boden schlafen, ja?“

Der Rothaarige muss abermals lachen und kommt auf ihn zu.

„Du bist richtig süß, wenn du beschwipst bist, weißt du das?“

„Ich bin nicht beschwssst. Beswisch… beschwipst.“

„Nein, bist du selbstverständlich nicht.“, meint Tim nur und zieht ihn zu sich aufs Bett.

Als Heinrich realisiert, wo er sich befindet, legt sich wieder ein breites Grinsen auf sein Gesicht.

„Ich darf in deinem Bett schlafen?!“, ruft er, „Och, du bist sooo lieb zu mir!“ Freudig wirft er sich dem Rothaarigen um den Hals.

„Von mir gibt’s aber keinen Einschlaf-Service, wie du ihn von deinem Alex bekommst, ja?“, mahnt ihn Tim mit einem Zwinkern.

Heinrich muss kichern. „Woher willst du denn wissen, was Alex mir für einen Einschlaf-Service gibt…?“

Der Rothaarige antwortet nicht, sondern sieht sein Gegenüber eine Weile abwägend an.

„Was ist?“, fragt ihn Heinrich und klingt dabei tatsächlich fast wieder nüchtern.

„Ich…“ Tim bringt ein kleines Lächeln zustande. „Nimm’s mir bitte nicht übel, okay, aber es gibt da was, was mich interessiert.“

„Schon okay, frag schon.“

„Okay…“, fängt der Größere vorsichtig an. „Du…Ich hab wirklich keine Ahnung von eurem Einschlaf-Service, aber ich nehm an, dass du…passiv bist?“

Auf Heinrichs Gesicht schleicht sich ein Grinsen. „Richtig, wie kommst du da drauf?“

Tim erwidert das Grinsen. „Eingebung.“ Dann jedoch wird er wieder ernst. „Also, ich wollte wissen…Das…das tut doch weh, oder?“

„Fast gar nicht mehr.“

„Aber…ich mein…wird man da denn überhaupt befriedigt? Weil wenn ich mir vorstell, dass ich da in meinem Hintern– “

Natürlich wird man befriedigt!“, unterbricht ihn Heinrich großspurig, „Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie geil das ist!“

„A-aber…das heißt, einen machen die Schmerzen geil?“

„Nein, doch nicht die Schmerzen. Erst mal ist es die Vorstellung, weißt du, dass der andere in dir ist, dass er dir so nahe ist, wie nur möglich, verstehst du?“

„Ich glaub, ja.“

„Na, bitte. Und dann ist da dieser eine Punkt, wenn Alex ganz tief – du weißt schon – und er berührt mich genau da, dann…“

„Dann Halleluja.“

Heinrich muss kichern. „Genau.“

„Fühlt man als Mann ja so gar nicht.“, stellt Tim fest, „Also, als hetero-Mann.“

Der Schwarzhaarige schüttelt den Kopf.

Eine Weile sehen sie sich stumm an.

„Wieso fragst du das alles?“, fängt schließlich Heinrich wieder an.

Tim blickt ein wenig unsicher zu ihm auf. „Wieso interessier ich mich wohl schon die ganze Zeit dafür, was bei dir und deinem Alex im Bett abgeht…?“

Heinrich versucht seine Anspielung zu verstehen, aber sein Gehirn kommt irgendwie nicht mehr ganz so mit.

„Ich…bin bi.“

Dem Schwarzhaarigen weiten sich die Augen.

„Ich kann’s mir auch mit Männern vorstellen, nur…hatte ich noch nie den Mut dazu, es mal wirklich auszuprobieren…“

„M-moment…!“, unterbricht ihn Heinrich, „Du bist doch…mit Adele zusammen? Du liebst sie doch?“

„Ja, natürlich tu ich das. Aber…sie weiß davon. Ich hab’s ihr gesagt, und sie findet es in Ordnung.“

„In Ordnung, dass du…was…genau tust?“

Tim sieht ihn stumm an. Das Bettlaken raschelt, als er seine Hand darüber schiebt.

„Ist…Hast du schon mal ne Frau geküsst?“, fängt der Rothaarige an, „Ist das sehr viel anders, als einen Mann zu küssen?“

Heinrich verdreht die Augen. „Oh ja, ist es. Ich hab ein Mädchen geküsst, und es war…irgendwie gar nichts. Viel zu zart und…schüchtern.“

Tim sieht ihn nachdenklich an.

„Aber“, beginnt der Rothaarige schließlich, „es gibt doch sicherlich auch Frauen, die aggressiv küssen können – und Männer, die dir vielleicht zu zart küssen.“

Heinrich senkt seinen Blick.

„Keine Ahnung“, antwortet er und wirkt betrübt, „Ich hatte ja noch nie was mit einem anderen als Alex.“

„Stimmt, das hast du vorhin erzählt.“

Der Junge nickt. „Und dabei hatte Alex schon mit so vielen Männern was…“ Mit festem Blick sieht er wieder zu Tim auf. „Ich hab mir überlegt…: Ist es da nicht mein gutes Recht, auch mal andere Erfahrungen zu machen?“

Tim sieht ihn abwägend an. „Naja…das mit Alexanders anderen Männern war doch sicher vor eurer Beziehung.“

„Ja, schon!“, entgegnet Heinrich und sein Gegenüber erschrickt etwas, als er ihn an den Armen fasst, „Aber angenommen ich – angenommen ich mach es mit einem, auf den Alex gar nicht eifersüchtig zu sein braucht, weil ich definitiv nichts von ihm will, weil wir doch nur gute Freunde sind, nicht?“

Tim lächelt den Jungen unsicher an. „Ich weiß nicht, Heinrich…“

„Du hast doch damit angefangen! Willst du nicht wissen, wie es sich anfühlt, einen Mann zu küssen?“

Tims Lächeln wird zu einem Grinsen.

„Du bist unmöglich.“, murmelt er, bevor er dem anderen durch die Haare fährt und ihre Lippen aufeinanderlegt.

Heinrich grinst in den Kuss hinein, als er feststellt, dass Tim sofort aufs Ganze geht, dass er einen zarten Flaum von Haaren an seinem Kinn spüren kann, und dass seine Hand ihn fest am Hinterkopf hält, seinen Kopf so dreht, wie es ihm passt.

Aber Heinrich widersetzt sich diesem Griff, küsst den anderen zurück, wie er es will, rückt ein wenig näher. Seine Hände hat er von Tims Armen auf dessen Brust wandern lassen, wo er über den Stoff des T-Shirts streicht, ihm die Seiten entlangfährt.

Er ist etwas überrascht darüber, dass er mit seinen Armen so weit um den anderen herumkommt – aber Tim ist eben schmächtiger als sein Alex.

Plötzlich fühlt sich Heinrich seltsam. Er küsst den anderen weiter, rutscht noch näher, bis sich ihre Körper von oben bis unten berühren. Verzweifelt versucht er dieses Gefühl zu bekommen, dieses wunderbare Gefühl: Lust, Verlangen. Nach mehr. Immer mehr.

Tim lässt von seinen Lippen ab, küsst sich hinab zu seinem Hals. Als seine Bewegungen langsamer werden und er schließlich mit dem Gesicht in Heinrichs Halsbeuge liegenbleibt, hält auch dieser still.

Der Rothaarige fängt als erster an zu lachen.

„Verdammte Scheiße…Heinrich…“

Heinrich muss ebenfalls grinsen, als Tim ihn belustigt ansieht. „Du kriegst keinen hoch!“

„Du aber auch nicht.“, lacht der Kleinere, „War wohl doch nix mit bi?“

Tim fährt ihm schmunzelnd durch die Haare. „Kann nicht sein. Bevor ich wusste, dass du mit unsrem Professor zusammen bist, hatte ich schon ein paar feuchte Träume, in denen er keine geringe Rolle gespielt hat.“

Entrüstet blickt ihn Heinrich an. „Du Perversling! Und ich erzähl dir auch noch von allem!“ Grinsend boxt er dem Rothaarigen an die Brust.

Dieser hält seine Hände auf und zieht auf seinen Handrücken mit seinen Daumen kleine Kreise. „War ne blöde Idee.“, meint er, „Ich glaub, wir verstehen uns einfach als Freunde zu gut, als dass wir irgendwas Sexuelles füreinander fühlen würden.“

„Mhm, so wird’s wohl sein.“

„Jap. Obwohl du süß bist, echt.“

„Nicht so süß, wie Adele.“

Der Rothaarige muss grinsen. „Nein. Niemand ist so süß, wie Adele.“

Heinrich schließt zufrieden die Augen und kuschelt sich an die Brust des anderen.

„H-hey, was wird das?“, lacht dieser.

„Dein bescheidener Einschlaf-Service für mich.“, nuschelt Heinrich, „Gute Nacht.“

Tim fährt ihm schmunzelnd durch die Haare.

„Gute Nacht, Kleiner.“
 

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So, ich melde mich zurück :)

Ich bin fies, ich weiß…kein schönes Welcome-back-Geschenk XD Aber sind die beiden nicht süß zusammen? :3
 

Als Entschädigung darf ich verkünden, dass VLE jetzt ein Cover hat!! :D

Als Alexander vor Tims Wohnungstür steht, um Heinrich abzuholen, fühlt sich der Junge ziemlich unwohl. Alexander begrüßt ihn mit einem Kuss auf die Stirn und er lächelt auch, ja, aber…Ihm ist dabei richtig übel vor lauter schlechtem Gewissen.

Mit einem Handschlag verabschiedet er sich von Tim, bedankt sich bei ihm nochmal für die Einladung und alles.

„Kein Ding.“, kommt es grinsend vom Rothaarigen zurück. „Bis morgen, Heinrich. Herr Professor.“

Alexander schenkt ihm nur ein bescheidenes Lächeln, bevor er sich mit Heinrich auf den Weg nach unten auf die Straße macht.

Erst als sie im Auto sitzen, fragt der Ältere nach: „Und? War’s schön?“

„Ja.“, antwortet der Junge knapp.

„Hast du was getrunken?“

„Ja.“

„Hat sich auf meiner Mailbox sehr danach angehört.“

„Sorry.“

Alexander wirft ihm einen kurzen Blick zu, dann konzentriert er sich auf die Straße.

Mehr oder weniger schweigend erreichen sie ihre Wohnung. Drinnen ziehen sie stumm die Schuhe aus, hängen die Jacken auf.

Alexander nimmt auf dem Sofa Platz. Er wirkt so, als wenn er etwas sagen wollte, aber er tut es nicht.

Heinrich fährt sich mit den Händen über seine Jeans. Seine Handflächen sind ganz feucht.

„Alex…“

„Hm?“ Völlig ahnungslos sieht Alexander zu ihm hinüber, fast ein Lächeln auf den Lippen.

Heinrich fährt sich nervös durch die Haare.

„Ich will dir was sagen…“

„Klar.“

Zögerlich läuft der Junge zu seinem Freund herüber, setzt sich neben ihn aufs Sofa.

„Also, ähm…“ Er atmet noch einmal tief durch.

„Tim hat mich gefragt, wie es sich anfühlt, einen Mann zu küssen, und ich… – Mir ist klargeworden, dass du ja schon so viele verschiedene Erfahrungen mit Männern hattest, aber ich nur dich und…Wir lagen auf seinem Bett, alleine… – Du weißt ja, dass ich angetrunken war, ich…Ich hab ihm angeboten, mich zu küssen.“

Vorsichtig sieht Heinrich zum Älteren auf. Der Blick, den er in dessen Augen sieht, lässt es ihm eiskalt den Rücken runterlaufen.

Er kennt diesen Blick. Es ist der Heinrich-hat-alles-falsch-gemacht-Blick. Es ist der Blick, auf den mindestens eine Ohrfeige folgt, vielleicht noch ein Schlag in die Rippen, oder er duckt sich und es trifft seinen Rücken…

„Sag mal, hab ich das grad richtig verstanden?!“

Mit einem Satz ist Heinrich vom Sofa gesprungen und geht ängstlich zwischen Alexanders Beinen auf die Knie.

„Nicht schreien…“

„Ich soll nicht schreien, wenn du mir grad gestehst, dass du…! Ich lag fast die ganze Nacht wach, weil ich drauf gewartet hab, dass ich dich abholen kann, und dann hör ich meine Mailbox ab und find diese Nachricht! Super, denk ich, er ist betrunken. Aber keine Sorge Alex, er wird schon keinen Blödsinn machen, nicht wie letztes Mal. – Verdammte Scheiße, was hast du dir nur dabei gedacht?!?“

„E-es ist doch nichts passiert!“, versucht sich Heinrich zu verteidigen und fasst verzweifelt nach Alexanders Beinen.

„Nimm die Finger da weg!“

„A-aber…!“

„Wieso zum Teufel soll ich dir glauben, dass ihr euch nur geküsst habt?! Hältst du mich jetzt noch für bescheuert, ja?!?“

„A-Alexander…Es ist wirklich nicht mehr passiert…! Es…wir wollten beide nicht, wir…unsere Körper – da war nichts, echt nicht!“

Der Ältere lacht bitter auf. „Ach, und wenn eure Körper das nächste Mal wollen, was dann?!“

„Nichts dann! Er steht nicht auf mich, und ich…für mich war’s auch nichts, versteh doch…! Es ist nichts passiert, du musst nicht eifersüchtig sein.“

„Eifersüchtig?!“, brüllt Alexander wütend, „Ich bin nicht eifersüchtig! Mir geht’s ums Prinzip! Wir sind zusammen, verdammt nochmal! Dass ich vor dir viele andere hatte, ist kein Argument! Wir sind jetzt zusammen und waren es damals nicht! Aber du hast jetzt mit diesem verf…beschissenen Arsch rumgemacht!“

Heinrich tut es weh, seinen Freund so zu erleben. So sehr, dass ihm die Tränen die Wangen hinablaufen. Er will seinen ruhigen, sanften, verständnisvollen und liebenswürdigen Alex wieder zurück…

Verzweifelt klammert er sich ans Knie des anderen.

„Nimm jetzt verdammt nochmal deine Finger da weg! Wer weiß, wo du die heute Nacht noch…!“ Dem Älteren versagt die Stimme. Er presst sich eine Hand aufs Gesicht. „Gott, ich will’s gar nicht…“

Der Junge beginnt zu schluchzen, als sich sein Freund vom Sofa erhebt und sich seinem Griff endgültig entzieht. Mit schnellen Schritten trampelt er die Treppe hoch.

Heinrich hört nur noch das laute Knallen einer Tür.
 

Am Abend liegt der Junge alleine im Bett, Alexander hat sich in seinem Zimmer eingeschlossen. Die ganze Nacht kommt er nicht heraus, und nachdem Heinrich nach einem Versuch, ihn um Entschuldigung zu bitten, ein „Verpiss dich!“, an den Kopf geworfen bekommen hat, hat er nicht mehr die Kraft dazu, einen zweiten zu unternehmen.

Morgens wacht er durch den Wecker auf, mit von den Tränen verklebten Augen und viel zu wenig Schlaf.

Im Bad wäscht er sich das Gesicht, aber er stellt fest, dass er dadurch auch nicht wirklich motivierter aussieht.

Gerade hat er sich den Pyjama ausgezogen, um auch seinen Körper zu waschen, da schreckt er auf, als er Alexander hinter sich im Spiegel sieht.

Mit einem lauten, aber emotionslosen „Morgen, mein Schatz!“ zwickt er ihm in den Hintern und stellt sich dann schon fertig angezogen neben ihn an den Spiegel.

„M-morgen.“, bringt Heinrich heraus. Unsicher blickt er seinen Freund durch den Spiegel an und weiß nicht, was er sagen soll. Sind Alexanders Augen auch ein wenig gerötet…?

„Bist…bist du mir noch böse?“

„Ach was, wieso denn?!“, kommt es sofort vom anderen mit einem deutlich aufgesetzten Grinsen, während er sich weiter rasiert, „Alles kein Problem, mein Kleiner. Wir sollten in Zukunft nur lieber wieder ans Kondom denken, man weiß ja nie, was man sich in so einer offenen Beziehung alles irgendwo einfangen kann.“

Völlig entsetzt schaut Heinrich zum Älteren auf. „N-nein!“, ruft er.

Alexander tätschelt ihm die Wange. „Doch, doch. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“ Mit einem Zwinkern wendet er sich wieder seinem Spiegelbild zu.

„A-aber…ich will keine offene…!“

„Och, das ist der Normalzustand bei der Mehrheit aller schwulen Paare. Hab mich sowieso schon gewundert, wie’s wir zwei so monogam aushalten.“

Mit einem Lachen wuschelt ihm Alexander durch die Haare, bevor er vom Waschbecken verschwindet. Heinrich hört, wie er mit einem „Ich richt mal das Frühstück!“ nach unten huscht.

Er kann nichts dagegen tun; er fängt wieder an zu weinen.
 

Als sie gemeinsam zur Universität fahren, schweigt Heinrich.

Alexander hat weiter sein stoisches Grinsen auf den Lippen, das so kalt und gefühllos wirkt, dass der Junge große Probleme damit hat, seine Tränen zurückzuhalten.

Auf dem Campus verschwindet Alexander mit einem überschwänglichen Winken sofort; Heinrich sucht Tim. Als er ihn gefunden hat, wirft er sich ihm um den Hals.

„Ich hab so ne Scheiße gebaut…!“

Überfordert versucht der Rothaarige das schluchzende Häufchen Elend in seinen Armen zu beruhigen.

„W-was hast du denn angestellt?“

„Ich hab’s Alex erzählt!“

Tim sieht den anderen geschockt an.

„Echt? Das war aber verdammt ehrlich von dir.“

„Ja, aber jetzt hasst er mich! Er…er behandelt mich wie Dreck u-und faselt laufend Zeugs von ner offenen Beziehung und…Gott, ich bin so am Ende!“

Fest schließt Tim seinen Kumpel in die Arme und fährt ihm beruhigend über den Rücken.
 

Heinrich weiß nicht, wie er die zwei Stunden Physik rumgebracht hat, aber er ist Frau Eichendorff dankbar, dass sie ihn nicht auf sein ungesundes Erscheinungsbild angesprochen hat.

Nur vor dem bevorstehenden Philosophieseminar bei Alexander, davor hat er Angst.

Als der Junge neben Tim im Saal sitzt, Professor Humboldt vorne, der eine Wiederholungsstunde angekündigt hat und mittlerweile über die Stoa referiert, stellt er schmerzlich fest, dass er dahin wohl nie wieder zurückkönnte: Nur der Student Heinrich Kleist zu sein, der Mann dort vorne nur sein Professor, und alles, was sie verbindet, ist der Unterricht zwei Mal die Woche. Das würde sein Herz nicht überleben.

Und wie öde und leer und traurig muss es doch sein, später zu sterben als das Herz.

„Heinrich?“

Schnell zieht der Junge die Nase hoch.

„Brauchst du ein Taschentuch?“, fragt ihn Tim leise.

Heinrich kommt gerade dazu, den Kopf zu schütteln, da kommt von Alexander ein genervtes: „Es wäre für Sie beide von Vorteil, wenn Sie mir zuhören würden und Ihre Fürsorglichkeitsbekundungen auf später verschieben würden.“

Die Studentinnen in der ersten Reihe kichern bei diesen Worten.

„Name?“, fragt Alexander.

Heinrich sieht verzweifelt hinab auf seine Hände.

„W-wer?“, meldet sich also Tim.

„Genau Sie.“

„Ehrhardt.“

„Schön.“ Alexanders kaltes Grinsen ist zurück auf seinem Gesicht. „Da Sie anscheinend so gut über Platons Symposion informiert sind, dass Sie mir nicht mehr zuhören müssen, können Sie mir sicherlich sagen, was Pausanias in seiner Rede deutlich machen will.“

Heinrich merkt, wie Tim zögert. Am liebsten würde er aufspringen und Alexander für seine Gemeinheit zurechtweisen.

„Er unterscheidet zwischen himmlischem und gewöhnlichem Eros.“, antwortet der Rothaarige schließlich, mit beachtlich fester Stimme.

„Ich hatte nicht nach irgendwelchen Unterscheidungen gefragt, ich wollte wissen, was seine Aussage ist.“

„Der…Nur der himmlische Eros ist anzustreben.“

„Mit welchen Einschränkungen?“

„Er ist nur…zwischen zwei Männern zu erreichen.“

„Und was ist mit dem gewöhnlichen Eros?“

Tim schluckt. „Er ist verwerflich.“

Verwerflich.“, wiederholt Alexander, „In der Tat.“

Heinrich beißt sich auf die Unterlippe.

„Erklären Sie mir das Prinzip der Päderastie.“

Ein Raunen geht bei den Mädchen durch die Reihe. Die eine vermutet, der Freak und der Neue haben was miteinander und der Professor ist schwulenfeindlich. Die andere glaubt, der Neue und der Professor haben was miteinander und Letzterer lebt gerade die Dominanz über seinen Lover aus, weil er weiß, dass ihn das geil macht. Die Letzte erinnert sich, dass der Professor und der Freak sich doch mal im Café geküsst haben. Könnte es sein, dass er eifersüchtig auf den Neuen ist?

Alexander ist nicht eifersüchtig. Er ist nur verletzt. Und er ist gerade dabei, es demjenigen, der ihm seinen Heinrich verführt hat, heimzuzahlen.

„…deshalb hauptsächlich von pädagogischem Nutzen…wobei sexuelle Handlungen auch erlaubt waren.“

„Tatsächlich?“

„Ja.“

„Und wie viele Erastes hatte ein Eromenos nochmal?“

„…Einen.“

„Schön, dass Sie das erkannt haben.“

Heinrich fährt sich zitternd über die Augen. Er will erleichtert aufatmet, dass es jetzt endlich vorbei ist, da setzt Alexander noch einmal an.

„Herr…Ehrhardt, nicht?“

„Ja.“

Alexander grinst ihn gefährlich an. „Welche Rolle würden Sie denn eigentlich bevorzugen? Erastes oder Eromenos?“

Heinrich wünscht sich, im Erdboden zu versinken.

„Ich kann mir ehrlichgesagt beides ein wenig– “

„Ich will eine konkrete Antwort.“

Tim braucht eine Weile, bis er eine findet.

„Erastes.“

„Und Sie?“

Heinrich merkt, wie sein Herz stehenbleibt. Langsam sieht er zu seinem…Professor auf. Er zittert am ganzen Körper.

„E-Ero…menos.“, bringt er heraus und dann kann er seine Tränen nicht mehr zurückhalten.

Alexander weicht seinem Blick aus.

„Wunderbar.“, sagt er, „Dann haben sich ja die richtigen gefunden.“ Mit diesen Worten packt er seine Sachen zusammen und verschwindet aus dem Raum.

Tim nimmt seinem Sitznachbarn sofort in die Arme, um ihn zu trösten. „Schhhh…Heinrich…“

Die beiden ignorieren die „Schwuchtel!“-Rufe der beiden Idioten aus Physik, als diese zusammen mit den verwirrten Mädchen den Saal verlassen.

Der Jüngere kann nicht aufhören zu weinen.

„Damit ist er zu weit gegangen…!“, schluchzt er.

„Nein, er hat nur– “

„Er hat dich bloßgestellt, Tim! Dabei kannst du doch gar nichts dafür, dass ich…dass ich so ein Idiot bin…!“

„Du bist kein Idiot, Heinrich. Und ich kann sehr wohl was dazu, ich hätte nicht– “

„Das ist noch lange kein Grund für ihn, dich so zu behandeln!“, ruft der Junge aufgebracht und steht auf.

„Hey, beruhig dich, so schlimm war’s für mich nicht.“

„Tu doch nicht so! Wieso verteidigst du ihn?! Das kann er sich nicht erlauben…!“

Mit einem Ruck hat sich Heinrich vom Rothaarigen losgerissen und rennt die Sitzreihen hinab.

„Hey! Heinrich, wo…?!“

Wütend läuft der Junge über den Campus, hinüber zum Professorenparkplatz. Als er dort sieht, wie Alexander ins Auto steigt, beschleunigt er seine Schritte noch um einiges.

Mit einem lauten Knall schmeißt er die Autotür hinter sich zu, nachdem er sich auf den Beifahrersitz geworfen hat.

„Spinnst du?!“, schreit er den Älteren an, „Das war unterstes Niveau! Du entschuldigst dich sofort bei ihm!“

Alexander sieht ihn überrascht an. Schließlich entweicht ihm ein verblüfftes Schnauben.

„Ich soll mich bei ihm entschuldigen?!? Dafür, dass dein Körper gestern Nacht nicht auf ihn angesprungen ist, oder wie?!“

„Du weißt verdammt nochmal, was ich mein! Sei nicht so stur!“

„Ich bin stur, ja?! Dann sag ich dir mal was: Und wenn ich ihm eine in die Fresse geschlagen hätte, ich würde mich nicht bei diesem Scheißkerl entschuldigen!“

„Hör auf, so über ihn zu reden!“

„Soll ich ihn anpreisen, für das, was er mit dir getan hat?!?“

„Wenn du nicht gleich aufhörst, so ein Arsch zu sein, dann steig ich aus!“

„Ja, mach doch! Dein Tim wartet bestimmt schon sehnsüchtig auf dich, um dich zu trösten!“

Heinrich reißt die Tür auf. Er spürt, wie wieder heiße Tränen über seine erhitzten Wangen laufen.

„Du wolltest mich glücklich machen!“

Die Autotür knallt laut hinter ihm, dann ist es still im Wagen.
 

Heinrich interessiert es nicht, dass ihn die Leute in der S-Bahn seltsam anschauen. Seine Tränen interessiert es auch nicht. Hin und wieder wischt er sich mit dem Ärmel seiner Jacke über die Nase, da er kein Taschentuch hat, aber auch das interessiert ihn nicht.

Es interessiert ihn nicht, wohin er fährt, wer ihm gegenüber ein- oder aussteigt, was Alexander gerade macht, dass er jetzt eigentlich bei Ulrike zur Arbeit antreten sollte, was seine Mutter wohl dazu sagen würde, dass er sich hier so zum Affen macht.

Als er plötzlich ein Schluchzen ihm gegenüber vernimmt, sieht er jedoch auf.

Eine junge Frau sitzt da, in ihren Mantel eingepackt, ein nasses Taschentuch in der Hand, und ihr laufen die Tränen die Wangen herab.

Unwillkürlich muss Heinrich lächeln, als er sie so sieht.

Sie blickt zu ihm auf und erkennt, dass auch er weint. Sie erwidert sein Lächeln.

Heinrich zieht die Nase hoch.

„Heinrich.“, sagt er.

„Henriette.“, sagt sie.

„Weißt du, wo wir hinfahren?“, fragt er.

„Zum Wannsee.“, antwortet sie.
 

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Gott, ich fühl mich grade soo schlecht…! Und trotzdem muss ich grinsen… >.<

Wer nichts mit Henriette und Wannsee im Zusammenhang mit Heinrich anfangen kann, den beneide ich :3
 

(Alex ist in diesem Kapi ein Ar***! Dagegen ist Ferdi ja fast schon ein Lamm…! …Er erinnert mich bisschen an Snape^^)

Der Wannsee ist wunderschön. – Der kleine Wannsee. Hier sind nicht so viele Touristen, wie am großen, hier kann man noch die Natur beobachten, das Wasser, wie es sanfte Wellen schlägt, wenn ein Ruderboot hinter den Bäumen ablegt, und dir seine eigene, traurige Geschichte erzählt.

Henriette, die er in der Bahn getroffen hat, hat auch eine traurige Geschichte zu erzählen gehabt.

Sie hat Krebs. Unheilbar. Jede Woche kommt sie mindestens dreimal hier an den kleinen Wannsee, um mit sich alleine zu sein.

„Für dich alleine zu sein.“, hat er sie verbessert.

„Nein, mit mir alleine.“, hat sie mit einem Lächeln entgegnet, das er einfach nur zauberhaft schön fand, da es irgendwie über die Welt hinaus ging.

Sie hat einen Mann. Und eine Tochter. Pauline.

„Die…die muss ja noch ganz jung sein.“

„Ja, das ist sie.“

Sie will nicht, dass ihre Pauline keine Mama mehr hat. Sie will aber auch nicht diese Schmerzen haben.

„Im Bauch. Dann zieht sich alles zusammen, und ich – wie ein Loch, das brennt, das mich kaputtbrennt…“

Heinrich hat sie angesehen und verstanden.

„Bei mir ist es das Herz.“, hat er gesagt, „Das Loch, das mich kaputtbrennt.“

„Aber hier doch nicht.“, hat sie geantwortet, mit einem Lachen.

Hier am kleinen Wannsee doch nicht. Darum kommt sie ja immer her, weil ihr hier noch nie etwas wehgetan hat. Hier ist alles gut, hier könnte sie für immer bleiben.

Hier könnte sie sterben.
 

Heinrich schließt leise die Wohnungstür auf. Er will Alexander eigentlich nicht sehen, aber der liegt auf dem Sofa und schläft.

Er würdigt ihn nur eines flüchtigen Blicks, dann schleicht er leise hinauf in sein Zimmer, wo er die Tür schließt und sich an den Arbeitstisch setzt.

Er zögert, als er ein Papier herausnimmt und nach einem Stift greift.

„Versprochen?“

„Versprochen.“

Er fängt an, zu schreiben.
 

Als er wieder unten im Wohnzimmer ankommt, liegt Alexander immer noch auf dem Sofa. Leise kniet sich Heinrich vor ihn auf den Boden.

Wieso sieht er nur so friedlich aus? Wieso hat er gestern nicht so ruhig reagiert? So ein Alexander, wie er hier liegt, hätte ihn doch niemals anschreien können, ihn niemals so bloßstellen, ihm niemals so wehtun…!

Hastig wischt er sich über die Augen, legt den zusammengefalteten Brief auf dem Boden ab, bevor er sich wieder erhebt. Er kann jetzt nicht mehr zurück.

Alexander hört nicht, wie Heinrich ihn noch ein letztes Mal ansieht, bevor er die Wohnung verlässt.

Er hätte ihn doch glücklich machen sollen…
 

Es ist schon spät, als Alexander aufwacht. Er fühlt sich immer noch so schrecklich, jetzt tut ihm auch noch der Rücken weh.

Seufzend fährt er sich übers Gesicht. Er ist wirklich ein Arsch. Er hat Heinrich zum Weinen gebracht! Wieso macht ihn das auch nur so fertig?! Kann ihm doch scheißegal sein, was Heinrich mit diesem – Es ist ihm aber nicht egal! Heinrich ist ihm nicht egal! Das erste Mal in seinem Leben fühlt er diesen verdammten Schmerz, den er am liebsten ignorieren will, aber es geht nicht! Jedes Mal, wenn er an ihn denkt, wie er mit diesem Tim…!

Alexander rauft sich verzweifelt die Haare.

Erschöpft stützt er seinen Kopf in die Hände.

Es ist ziemlich dunkel in der Wohnung, die Sonne geht unter. Zu seinen Füßen leuchtet etwas Weißes.

Ihm bleibt das Herz fast stehen.
 

Lieber Alexander,

ich möchte mich noch einmal bei dir entschuldigen, obwohl ich es schon getan habe. Es war blöd von mir und leichtsinnig und unrecht, aber bist du nicht der mein Erastes, der so viel klüger und weiser ist, als ich? Hättest du mich nicht zurechtweisen – abgeklärt und von mir aus auch wütend zurechtweißen müssen, aber mir dann wieder Vertrauen schenken und nicht mit so einem kindischen Getue mich (und Tim) demütigen dürfen?

Du hast mir wehgetan damit, und da ich will, dass dieser Schmerz aufhört, werde ich gehen. Ich habe eine Frau getroffen, die mir den kleinen Wannsee gezeigt hat; sie hat Krebs und sie möchte sterben. Ich habe es dir ja gesagt, als ich fortgerannt bin: Du wolltest mich glücklich machen, jetzt hast du mich aber so schrecklich unglücklich gemacht, dass ich mein Herz nicht mehr spüre, und ohne Herz will auch ich nicht mehr leben.

Adieu,

Dein Heinrich
 

Alexander zieht nicht einmal eine Jacke über, als er aus der Wohnung stürzt. Auf halben Weg nach unten fällt ihm ein, dass er seinen Autoschlüssel nicht dabei hat. Auf halbem Weg nach oben fällt ihm auf, dass er auch den Wohnungsschlüssel drinnen liegen lassen hat. Verdammtverdammtver…!

Verzweifelt rennt er zur S-Bahn-Haltestelle, kann sich nicht setzen, wird für verrückt gehalten, hämmert gegen die Scheibe, das Scheißding soll endlich weiterfahren.

Er kommt zu spät. Er kommt zu spät. Er ist schuld. Es ist seine Schuld, dass der wunderbarste Mensch auf dieser Erde sich umbringt!

„Heinrich!“

Er stößt die anderen Fahrgäste fast zu Boden, als er aus der Bahn springt, wird beinahe angefahren, als er über die Straße rennt.

Das wird er sich nie verzeihen, das wird er sich niemals verzeihen, das wird er nicht über–

Ein Schuss ertönt und seine Knie geben nach.

„Heinrich!“, schreit er und läuft weiter und weiter, und endlich kommt er ans Ufer, wo –

„B-bleib stehen!“ Heinrich lebt. Er lädt die Pistole nach und richtet sie auf ihn.

Alexander sackt zu Boden. „Heinrich, bitte, hör mir zu!“

„H-Heinrich, wer ist das?“

„Nein! Verschwinde!“

„Tu’s nicht, Heinrich! Ich flehe dich an! Ich liebe dich, ich kann nicht ohne dich leben, tu’s nicht!“

Der Junge wischt sich mit dem linken Ärmel über die Augen. „Das hättest du dir früher überlegen sollen.“, sagt er, zieht die Nase hoch. Mit zittrigen Fingern setzt er sich die Pistole an den Kopf.

„Heinrich, du wolltest mich zuerst…!“

„Heinrich, ich…! Ich weiß, dass ich alles falsch gemacht hab, ich weiß, dass das kindisch von mir war, dass es unfair war, aber noch nie in meinem Leben hab ich mich so schlecht gefühlt, so verletzt…! Ich war noch nie eifersüchtig auf irgendwen oder irgendwas, ich wusste nicht, dass das so wehtun – was das mit einem machen kann!“

„D-du gibst also zu, dass du eifersüchtig auf Tim warst?“, kommt es vom Jungen und sein Griff um die Pistole lockert sich.

„Ich bin es, Heinrich!“, antwortet Alexander verzweifelt.

„Das ist ja in Ordnung. Du würdest mich nicht lieben, wenn es nicht so wäre, aber…wenn ich dir jetzt sag, dass ich so was nie mehr machen werd, weil es sich…beschissen anfühlt, dir so wehzutun, dann musst du mir auch vertrauen! Du kannst nicht auf jeden anderen Mann eifersüchtig sein, mit dem ich zu tun hab. Und du solltest dich bei Tim auf jeden Fall entschuldigen.“

Alexander lässt sich nach vorne auf die Hände fallen. „Ich mach alles, was du willst, wenn du nur diese schreckliche Waffe weglegst und zu mir herkommst.“, fleht er ihn an.

Zögerlich lässt Heinrich die Pistole sinken.

Die junge Frau neben ihm sieht ihn geschockt an. „Heinrich, was…?!?“

Der Junge beginnt zu schluchzen, als er sich hastig aufrappelt und zu seinem Alexander hinüberstürzt, dem er sich in die Arme wirft.

Alexanders Atem geht erschreckend unregelmäßig, als er seinen Freund so fest an sich drückt, dass er ihn beinahe zerquetscht.

Heinrich hat ihn noch nie so herzzerreißend weinen hören.

„D-du…!“

Erschrocken wendet sich der Junge zu Henriette herum, die schluchzend am Ufer sitzt, eine der zwei Pistolen in den Händen, die er aus dem Haus seines Vaters geholt hat.

„Du hast doch jemanden, der dich liebt!“, ruft sie, „Wieso wolltest du dich umbringen?!?“

Heinrich will aufstehen, doch Alexander lässt ihn nicht los.

Er sieht den Älteren eindringlich an und fährt ihm über die tränennasse Wange, bevor dieser ihn doch, wenn auch widerwillig, zu ihr hinübergehen lässt.

Vorsichtig hebt er die Pistole auf, die er eben fortgeschmissen hat, und sichert sie wieder. Vor Henriette geht er in die Hocke und lächelt sie an. „Du hast doch auch jemanden, der dich liebt. Du hast deinen Mann und deine Tochter.“

„Aber ich muss sterben!“, ruft sie, „Und ich hab Angst davor, dass es wehtut…“

Heinrich fasst nach ihren Händen. „Es tut bestimmt nicht so sehr weh, wenn du in den Armen deines Mannes im Krankenhaus stirbst, als wenn ich dir hier eine Kugel ins Herz jage.“

Zögerlich lässt sie die Pistole los, und er kann sie ihr aus den Fingern nehmen.

„Komm.“, sagt er und hebt ihr eine Hand hin, die sie entgegennimmt.
 

Alexander ist bei der Polizei, die von durch den Schuss aufgeschreckten Ruderern herbeigerufen wurde, nicht fähig, irgendeine brauchbare Aussage zu machen. Nur seinen Heinrich lässt er nicht mehr los, auch als der sich von Henriette verabschiedet, die von einer Beamtin nachhause gebracht wird.

„Wir…willst du mir deine Adresse geben, oder Telefon– “

„Nein.“, unterbricht sie ihn mit einem Kopfschütteln, „Wir sind bestimmt gute Freunde, aber nicht fürs Leben, nur für den Tod.“

Er nickt langsam und spürt, wie Alexanders Hand sich fester in seine Seite krallt.

„Es tut mir Leid, dass…dass ich mein Versprechen nicht gehalten hab.“

„Du hättest es nie machen dürfen.“, antwortet sie ihm mit ihrem wundersamen Lächeln, bevor sie geht.

„Die Pistolen werden beschlagnahmt.“, verkündet einer der Polizeibeamten.

„Klar, die haben meinem Vater gehört, ich hab keinen Waffenschein.“, gibt Heinrich verständnisvoll zurück. Er hätte sie eh nicht behalten wollen.

„Sie können dann gehen.“

Er muss Alexander mit sich aus dem Gebäude ziehen.

An der S-Bahn-Station lässt sich Alexander erschöpft auf die Bank fallen und fährt sich übers Gesicht.

Heinrich bleibt vor ihm stehen und sieht schuldig auf ihn herab.

„In Amerika hast du mir erzählt, du weißt nicht, wie man mit ner Pistole umgeht.“

„Ich weiß nur, wie man sie entsichert und lädt. Schießen wollte ich erst noch üben.“

Alexander schüttelt den Kopf und ihm kommen wieder die Tränen.

„I-ich…! Das wollte ich nicht!“, ruft Heinrich, der sich ihm um den Hals wirft, „Ich hab gedacht, ich bin dir egal geworden, also kann ich auch sterben.“

„Du bist mir niemals egal, Heinrich.“, bringt Alexander heraus und drückt seinen Freund fest an sich, während er sein Gesicht in dessen Jacke vergräbt.
 

Zuhause lassen sie sich beide ins Bett fallen, nehmen sich in den Arm und kuscheln sich unter die Decke.

„Ich…ich will, dass du nie, nie wieder auf so eine Idee kommst.“

„Wenn du mich nie, nie wieder so behandelst.“

„Nie wieder.“

„Und ich werd nie wieder einen anderen küssen.“

Alexander seufzt. „Lass das, das…das hört sich so banal an, wenn man es mit dem vergleicht, zu dem es geführt hat.“

„Aber es war auch falsch!“, besteht Heinrich auf seinen Fehler, „Ich wollte einfach nur…Ich fand es unfair, dass du so viele Erfahrungen in deinem Leben sammeln durftest und ich nicht. Aber…ich hab jetzt eine Erfahrung gemacht, die alles andere erübrigt.“

Alexander sieht ihn fragend an.

Heinrich fasst nach seinen Wangen und sieht ihm liebevoll in die Augen. „Kein anderer außer dir bringt mich…macht mich an.“

Auf Alexanders Lippen legt sich ein trauriges Lächeln. „Das wäre zu schön. Das mit Tim hat bestimmt nur nicht geklappt, weil er einfach nicht dein Typ war. Wenn dich jetzt ein älterer küssen und in die Arme nehmen würde, ein wenig muskulöser…“

„Dann fehlt dein Geruch.“, kommt es von Heinrich.

Alexander seufzt. „Gut, dann riecht er so wie ich und schon bist du ihm– “

„Deine Stimme.“, unterbricht ihn der Junge, „Nur deine Stimme macht mich so an. Nur deine Stimme betört mich so, beruhigt mich, kann mich glücklich machen.“

Alexander muss lächeln. Dieses Mal liebevoll. „Wenn sie was sagt?“, fragt er, „Ich liebe dich? Ich will dich nicht verlieren? Ein Leben ohne dich kann ich mir nicht nur nicht vorstellen, sondern geht einfach nicht mehr?“

„Ja.“, entgegnet Heinrich mit Tränen in den Augen, „Oder einfach nur „Heinrich.““

„Heinrich.“, haucht Alexander und küsst seinen Freund, küsst ihn so sanft und zärtlich, wie er ihn in Zukunft behandeln möchte, wie er ihm zeigen möchte, wie viel er ihm bedeutet.

Heinrich erwidert den Kuss, behält auch noch die Augen geschlossen, als ihre Lippen voneinander ablassen.

„Wollen wir uns in Zukunft nicht einfach alles sagen?“, fängt Alexander an, „Egal ob es ist, dass uns der Film nicht gefällt, oder die Krawatte, oder ob ich mehr Zeit mit dir verbringen will, oder du willst, dass ich dich öfters Alkohol trinken lass. – Dann werd ich auch nicht mehr fragen müssen, wo du warst, weil du mir das ja sagen wirst, und ich werd nicht mehr eifersüchtig sein. – Nur noch in gesundem Maße.“

„Das hört sich gut an.“, stimmt Heinrich zu, „Darf ich dann gleich anfangen?“

„Klar.“ Alexander fährt ihm zärtlich durch die Haare.

„Ich will jeden Samstagabend mit dir ein Glas Wein trinken dürfen.“

„Okay. Aber nicht mehr rauchen.“

„Nein.“

„Gut.“

„Und ich will, dass wir an der Uni offiziell ein Paar sind.“

„Wollen wir nicht noch deine Klausur in Philosophie bei mir abwarten?“

„Wenn es danach rauskommt, macht es auch keinen Unterschied.“

„Hast Recht.“

Heinrich schiebt ein Bein zwischen Alexanders und schmiegt sich an seine Brust.

„Ich hab Angst vor dem Tod gehabt, da ich mir noch nicht mal den Tod ohne dich vorstellen kann.“

Der Ältere schließt ihn fest in die Arme. „Gibst du mir noch eine Chance?“

„Hm?“

„Dich glücklich zu machen?“

„Ja, mein Erastes.“

„Danke.“

„Ich liebe dich.“

„Ich dich auch, mein ein und alles.“
 

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OMG… *plärr*

Ich hab es mir ja geschworen, als ich mit VLE angefangen hab: Nein, dieser Heinrich wird glücklich, in dieser Story wird niemals das Wort Wannsee oder der Name Henriette vorkommen… Anscheinend gibt es keinen Heinrich ohne Wannsee und Henriette^^‘ Er ist ganz von selbst in die S-Bahn gestiegen und hat sie dort getroffen…
 

Der echte Kleist hat sich heute vor 200 Jahren erschossen. Mittags, glaub ich, oder so um Vier, nachdem er mit Henriette am See einen Kaffee getrunken hat. Oder war’s Tee? *schnief* Ich lass es lieber^^ Kleists echter Abschiedsbrief (an seine Schwester Ulrike) ist übrigens sehr viel trauriger als Heinrichs :´( Ich empfehle ihn nicht weiter.
 

Soooo, ich brauch jetzt einige Kapitel mit gaaaanz viel Fluff. Ihr auch? :3

Mal sehen, ob ich das einhalten kann…^^

Wilhelm schaut erstaunt von seinem Schreibtisch auf, als bei ihm im Büro die Tür aufgeht.

Alexander, der schon einige Zeit lang nicht mehr zu seinem morgendlichen Kaffee vorbeigekommen ist, tritt ein, an der Hand seinen Freund.

„G-geht’s dir zu gut, Alexander?!“, zischt der Universitätsleiter und stürmt auf die beiden zu, um hinter ihnen die Tür zu schließen, „Sag bloß, so seid ihr über den Campus gelaufen!“

Alexander merkt, wie Heinrich seine Hand loslassen will, und legt einen Arm um ihn.

„Ja, sind wir.“, sagt er zu seinem Bruder, „Am Wochenende ist was vorgefallen, was mir gezeigt hat, dass ich in jeder Sekunde meines Lebens zu meinem Heinrich stehen will, und damit mein ich auch hier an der Uni.“

„W-wie? Vorgefallen?“ Wilhelm ist verwirrt. „Aber, Alexander“, fängt er an, wendet sich kurz Heinrich zu, „Nehmen Sie’s mir bitte nicht übel, Herr Kleist – aber du bist sein Professor!“

Alexander fährt seinem Freund sanft über die in einen schwarzen Mantel eingepackte Seite. „Deshalb bin ich hier. Ich will beantragen, dass seine Klausur von einem anderen korrigiert wird. Und die von Herrn…Ehrhardt auch.“

Wilhelm schüttelt völlig fertig den Kopf. „Alexander, Alexander…“

„Ich hab Mist gebaut, Herr Humboldt, deshalb.“, gibt Heinrich kleinlaut von sich.

„Neinneinnein!“, widerspricht ihm Wilhelm sofort und holt sogleich einen Notizzettel heraus, „Kein Problem, ich sag dem Kollegen Pfeiffer von der Universität in Frankfurt Oder Bescheid. Das hätte ich schon viel früher tun sollen, geht ja nicht, dass ihr euch hier auf dem Campus so verstecken müsst…“

Heinrich sieht zufrieden zu seinem Freund auf, der zurückgrinst.

„Danke, Wilhelm.“, meint er und verlässt mit dem Jungen das Büro.

Als die Tür hinter ihnen zufällt, zieht er ihn noch etwas näher an sich. „Du hast ihn im Griff.“, lacht er.

„Dir hätte er den Gefallen auch getan.“

„Ich hätte ihn hartnäckig überreden müssen, du musstest nur wässrige Augen bekommen.“

„Familie Humboldt mag mich.“, stellt Heinrich freudig fest.

„Der männliche Teil.“

„Den anderen hab ich ja auch noch nicht kennengelernt.“

„Ist auch nicht so dringend.“

Der Junge kneift seinem Freund in die Seite, was diesen auflachen lässt, sodass sich einige Köpfe auf dem Campus nach ihnen herumdrehen.

„Oh, da vorne ist Tim.“, stellt Heinrich fest und er sieht noch einmal zum Älteren auf, bevor er sich von ihm losmacht und zu seinem Kumpel hinüberläuft.

„Hey!“, begrüßt ihn der Rothaarige gleich, „Heinrich, ich hab mir Sorgen gemacht! Bei euch ist gestern niemand mehr ans Telefon gegangen, was– “

Heinrich fällt ihm in die Arme. „Ich stand am kleinen Wannsee und hätt mich beinahe erschossen.“

Was?!????“

„Alex war doch so fies zu mir und…ich weiß auch nicht, das war alles so schrecklich, von ihm gehasst zu werden und…“

„Heinrich, du…!“

Der Junge erschrickt, als er sieht, wie ihn Tims Rehaugen wütend anfunkeln.

„Du Idiot!!!“

Er keucht auf, als er ihn fest an sich zieht und ihn beinahe erdrückt. „Du verdammter Idiot…weißt du, was du deinem Alex und mir damit angetan hättest…?“

Ein Räuspern neben ihnen lässt sie hochschrecken.

Hastig lässt Tim seinen Kumpel los und wischt sich über die Augen, bevor er zu Alexander aufsieht.

Er ist etwas überfordert, als ihm eine Hand entgegengestreckt wird.

„Ich will mich bei Ihnen für mein inakzeptables Benehmen gestern entschuldigen, Herr Ehrhardt. Wenn Sie mir verzeihen können.“

Tim ist erst mal überrumpelt, dann legt sich ein Lächeln auf seine Lippen.

„Wenn Sie mir versprechen, Heinrich so was nie mehr anzutun, dann verzeih ich Ihnen gerne.“

„Versprochen.“, entgegnet Alexander und Tim ergreift endlich seine Hand.

„Und ich bitte Sie um Entschuldigung für…was passiert ist. Ich hätte so was nicht machen dürfen, Heinrich war betrunken– “

„Schon gut.“

Der Rothaarige nickt zufrieden. Er muss lachen, als Heinrich sich seinem Freund glücklich in die Arme wirft.

„Das bedeutet mir sooo viel, dass ihr beide euch endlich versteht! Bitte gebt euch Mühe und versaut nach so einem guten Start das Ganze nicht wieder…“

„Wir geben unser Bestes.“, versichert Tim und blickt fragend zum Professor auf.

„Ja, das werden wir.“

Heinrich küsst seinen Freund und seinen Kumpel drückt er einmal fest.

„Hm…schwierig…“

„Wer hatte denn jetzt gestern Recht?“

„Vielleicht ist es ja ne Dreierbeziehung…“

„Also, Humboldt und der Freak haben offensichtlich was miteinander, ich steig bloß noch nicht dahinter, was der Neue damit zutun hat…“
 

Am Abend haben die beiden zusammen gekocht und ihre selbstgemachte Pizza bei einem Indiana Jones vor dem Fernseher gegessen, natürlich eng aneinander gekuschelt.

„Ich glaub, ich kündig Ulli.“, hat Heinrich beschlossen, „So selten, wie ich in letzter Zeit als Holly ausgeholfen hab, kann sie bestimmt auch ganz auf mich verzichten, Nicole stellt sich als meine Vertretung ziemlich gut an.“

„Das ist schön.“, kam es von Alexander und er hat seinem Freund einen zärtlichen Kuss gegeben.

Ebenso zärtlich küssend liegen sie nun zusammen im Bett, eingepackt in die Daunendecke, die sie eigentlich gar nicht benötigen, denn inwendig ist ihnen schon warm genug.

Sanft schiebt sich Alexander auf seinen Freund, küsst ihm den Hals und das Schlüsselbein, lässt seine Hände unter den Pyjama wandern.

Heinrich schlingt seine Beine um die Hüfte des Älteren, verschränkt die Arme hinter seinem Nacken, als er wieder seine Lippen sucht. „Wir waren schon lange nicht mehr so zärtlich zueinander.“, flüstert er.

„Das stimmt.“, stellt auch Alexander fest und muss an eine enge Latzhose oder den Lärmschutzwall an der Bushaltestelle denken.

„Können…“ Heinrich lässt eine Hand in seine Locken wandern. „Können wir es heute ganz normal machen? Ohne Bunny-Kostüm, ohne Karamell und Spiegel, einfach nur…dass ich dir dabei in die Augen schauen kann?“

Alexander gibt ihm einen liebevollen Kuss. „Natürlich.“, haucht er gegen die rosigen Lippen. Er lässt von seinem Freund ab, um ihm den Pyjama über den Kopf zu ziehen. Heinrich knöpft ihm unter Küssen den Satinschlafanzug auf.

Sich gegenseitig mit Händen und Lippen liebkosend liegen sie sich in den Armen.

Alexander erschrickt, als er plötzlich Tränen in Heinrichs Augen sieht. „Hey…mein Kleiner…“

Der Junge lächelt ihn unbeholfen an. „I-ich hab nur dran gedacht, dass…dass ich das alles beinahe aufgegeben hätte.“

Verständnisvoll küsst ihm Alexander die Wangen trocken und fährt ihm sanft durch die Haare. „Ich will nie mehr so böse zu dir sein.“, flüstert er, „Ich will dich in Zukunft nur noch mit meiner Liebe überhäufen, sodass du gar keinen Grund mehr hast, auch nur ansatzweise zu glauben, du könntest unglücklich sein.“

Heinrich muss lächeln. Er lässt sich von Alexander umarmen, sich verwöhnen. Die Lippen des Älteren schließen sich um seine Brustwarze, an der er zu saugen beginnt. Heinrich keucht auf.

„Du bist so wunderschön, mein Heinrich…“, haucht Alexander gegen die blasse Haut, „Ich will es einfach nicht glauben, dass nur ich dich so bewundern darf.“

„Doch.“, entgegnet der Junge und lässt seine Hände in die Locken des anderen wandern, als dieser sich seinen Bauch hinabküsst. „Ich gehör nur dir.“

Er hält den Atem an, als die Zunge stürmisch seinen Bauchnabel erkundet und Alexander dabei Wonnelaute von sich gibt.

Als Heinrich sich wieder gefasst hat, muss er leise lachen. „Du magst es, wenn ich dir das sag?“, fragt er, „Wenn ich sag, dass ich dir gehör, nur dir, mit Haut und Haaren?“

Alexander fasst ihn an den Wangen und küsst ihn außer Atem. „Wenn es die Wahrheit ist, dann gefällt mir das sehr, sehr gut, ja.“

„Es ist die Wahrheit.“, bringt Heinrich heraus, bevor seine Lippen wieder von denen seines Freundes beansprucht werden.

Eng umschlungen küssen sie sich; der Junge merkt, dass es dem Älteren tatsächlich sehr gefällt, und zieht an Alexanders Hose.

Gleich reagiert dieser und entledigt sie auch noch ihrer letzten Kleidungsstücke.

„Ich liebe dich.“, flüstert er, als er wieder auf seinem wunderbaren Heinrich liegt.

„Ich dich auch.“, antwortet der Junge und lässt sich den Hals küssen, die Brust.

Ihr Atem hat sich deutlich beschleunigt. Die Daunendecke ist am Bettende gelandet; ihnen ist heiß genug.

„Du darfst.“, bringt Heinrich heraus.

Alexander küsst ihm schmunzelnd die Stirn. „Hältst du es nicht mehr aus?“

„Sagt derjenige, der seine Hände schon an meinem Hintern hat.“

Der Ältere muss lachen. „Ich darf?“

„Jah. Bitte.“

Alexander lächelt ihn zufrieden an und will seine Finger in den Mund nehmen, aber Heinrich greift nach seiner Hand und führt sie sich selbst zwischen die Lippen.

Genießerisch schließt er die Augen. „Mmmhh…Wie kommst du auf die Idee…?“

„Nachdem es an Halloween auch ohne geklappt hat…“

Heinrich sieht ihn schmunzelnd an, als er seine Finger wieder freigibt. „Es ist schöner, wenn du nicht extra aufstehen musst.“

„Es ist schöner, wenn es dein Speichel ist, der mir den Weg bereitet und nicht irgend so ein künstliches Zeug.“

Der Junge schließt keuchend die Augen. „Die Vorstellung gefällt mir.“

Mit einem Arm über seinen Heinrich gestützt setzt Alexander die Vorstellung wenig später in Tatsachen um, während er seine Finger in den schwarzen Haaren vergräbt und den gefälligen Lauten lauscht, die sein Freund dabei von sich gibt.

Schwer atmend beginnt er sich zu bewegen, küsst die vollen rosigen Lippen, die sich ihm entgegenrecken.

Sie sprechen kein Wort mehr, und trotzdem hat Heinrich das Gefühl, jeder Kuss, jede Berührung, jedes Stöhnen, das er von Alexander geschenkt bekommt, sagt ihm mehr als jede verbale Liebesbekundung. Und genauso gibt er ihm diese Liebesbekundungen zurück, schlingt seine Beine um die Hüfte des Älteren, nimmt ihn bei den Wangen und sieht ihm tief in die Augen, während er hofft, dass Alexander seine Gedanken dort Lesen kann: Sieh mich an, schau, wie es mir gefällt, wie du mich um den Verstand bringst, wie sehr ich dich liebe.

Alexander zwingt sich dazu, nicht die Augen zu schließen, egal, wie gut es sich gerade anfühlt, wie nah er der Ekstase ist. Stattdessen blickt er seinen Heinrich an, auf dessen Gesicht er seine eigene Lust und Leidenschaft und Liebe widergespiegelt findet, in dessen Augen er das gleiche Feuer lodern sieht. Und jetzt weiten sich seine Pupillen so wunderbar, seine Augenbrauen zucken so herrlich, sein Stöhnen wird ungehaltener, aber immer noch sieht er ihn an, immer noch blickt er ihm in die Augen – und Alexander kann nicht mehr. Als er kommt, sieht er, wie Heinrichs Mundwinkel nach oben zucken, wie seine Iris fast ganz unterm blinzelnden Lid verschwindet, wie sein gesamter Gesichtsausdruck einfach nur von solch unheimlicher Freude zeugt, dass er gar nicht mehr aufhören will, ihm diese zu bescheren.

Bis auch die letzte Faser ihres Körpers zur Ruhe kommt, wenden sie ihren Blick nicht voneinander ab, erst jetzt, als Alexander schwer atmend seine Stirn an Heinrichs sinken lässt, schließen sie die Augen.

„Das…das war wunderbar.“, bringt der Junge heraus und lässt seine Hand in die Locken am Nacken seines Freundes fahren.

Dieser murmelt eine Zustimmung, während er ihm einen zärtlichen Kuss auf die Wange drückt.

„Bleib noch.“, hält ihn Heinrich zurück, als er sich aus ihm lösen will, und zieht ihn wieder auf sich. „Das ist so ein schönes Gefühl…“, flüstert er.

„Find ich auch.“

Heinrich lacht leise. „Weißt du doch gar nicht.“

Alexander hält kurz inne, dann küsst er seinem Freund die Schläfe. „Mein Gefühl ist aber auch schön.“

Zufrieden sieht ihm Heinrich in die Augen. „Morgenfrüh erst duschen, hm?“

„Jap.“

„Einverstanden.“
 

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Fluff, die Erste XD
 

Da ich so langsam mit den Kalendern anfange, wollte ich fragen, ob noch jemand Interesse hat? Würde 5€+Versand kosten, DinA4-Format :)

Am nächsten Morgen erwacht Alexander schweißgebadet und mit rasendem Herzen, ein panischer Heinrich neben ihm, der ihm die Haare küsst und versucht, ihn zu beruhigen. „Was ist los, mein Schatz? Du hast geschrien, was ist passiert?“

Als Alexander realisiert, wo er ist, wer da neben ihm kniet, schmeißt er sich seinem Freund um den Hals und sinkt mit ihm schluchzend auf die Matratze. „Du hast dich erschossen, Heinrich! Ich stand an deinem Grab, ich – I-ich wusste nicht mehr wohin und was tun und…!“

Sanft fährt ihm der Junge durch die Haare und flüstert ihm immer wieder ins Ohr: „Ich bin ja da, Alex, ich lebe, ich bleib für immer bei dir, versprochen.“, bis er sich beruhigt hat.

So liegen sie noch eine Weile im Bett, Alexander seinen Heinrich fest im Arm, bis der Wecker klingelt.

„Soll ich deinen Bruder anrufen, dass du heute nicht hingehst?“

„Nein, ich schaff das.“, entgegnet der Professor und bringt ein Lächeln zustande, „Ich darf dich ja jetzt auf dem Campus bei mir haben.“

Heinrich lächelt ihn glücklich an, „Ja, das darfst du.“, und küsst ihn sanft.
 

Als sie endlich im Auto sitzen, stellt Heinrich fest, dass die ganze Sache einen positiven Aspekt mit sich gebracht hat: Alexander ist schrecklich verschmust geworden.

Unter der Dusche und beim Frühstück hat er ihm keine Ruhe gelassen und auch jetzt während der Fahrt wird jede rote Ampel ausgenutzt, um seine Hand zu nehmen und mit dem Daumen darauf sanfte Kreise zu ziehen. Dem Jungen gefällt das so gut, dass er bei Gelb schon immer seine Hand in Greifweite platziert.

Auf dem Uniparkplatz nehmen sie sich an die Hand, und erst als Heinrich in die eine Richtung und Alexander in die andere muss, trennen sie sich – nicht ohne einen zärtlichen Abschiedskuss und dem Versprechen, sich in der Mittagspause im Café zu treffen.

Wie gesagt, Heinrich gefällt das sehr gut, aber trotzdem nimmt er sich vor, wieder auf einen Alex hinzuarbeiten, der ihn auch gelegentlich verführt und sich frech nimmt, was er will.
 

Im Hörsaal setzt er sich neben Tim und begrüßt ihn mit einer Umarmung.

„Hey, wie geht’s?“

Der Rothaarige lacht. „Das muss ich dich fragen. Ist bei euch wieder alles in Ordnung?“

Der Junge nickt. „Jap, sieht so aus. Zum Glück.“

„Puh.“, gibt Tim von sich. „Als ich mich bei Adele gemeldet hab, um ihr zu beichten, hat sie mir gedroht, Schluss zu machen.“

Heinrich sieht ihn geschockt an. „Was?!? OhmeinGott, nein! Das würd ich nicht– “

„Neinneinnein.“, unterbricht ihn Tim mit erhobenen Händen, „Nicht wegem Kuss. Nur, wenn ich damit dich und Alex auseinandergebracht hätte.“

Heinrich schüttelt ungläubig den Kopf. „Adele ist zu gut für diese Welt…“

Tim antwortet ihm mit einem verliebten Lächeln, da betritt Professor Eichendorff den Raum, in den Händen eine interessant anmutende Apparatur.
 

Als sie zur Mittagspause entlassen werden, überkommt Heinrich der Wunsch, sich bei Tim einzuhaken. Der Rothaarige sieht ihn kurz erstaunt an, bevor er grinsen muss und ihn ein wenig näher zieht. So laufen sie, die gehässigen Kommentare der beiden Idioten ignorierend, zusammen hinaus auf den Campus und nehmen im Café an einem der Tische Platz.

„Ich bin mit Alex verabredet, er müsste auch gleich kommen.“

„Oh, dann lass ich dich mal lieber los.“, lacht Tim und drückt noch einmal seine Hand, bevor er sie gehenlässt.

„Ach was.“, entgegnet Heinrich, „Ich denk, er kommt jetzt klar damit.“

„Meinst du?“

Der Junge muss grinsen. „Du könntest ihm natürlich beichten, dass du eigentlich auf ihn stehst, dann sind wir ganz auf der sicheren Seite.“

Tim zeigt ihm den Vogel.

Sie bestellen beide einen Kakao, dann wendet sich Heinrich wieder seinem Kumpel zu. „Ich muss dir noch was sagen.“, fängt er an.

„Oh.“, kommt es vom anderen, „Was Schlimmes?“

Heinrich muss lachen. „Wie man’s nimmt. Alex hat beantragt, dass unsere Klausuren von einem Kollegen korrigiert werden.“

Tim sieht ihn überrascht an. „Das ist…logisch.“

Heinrich nickt.

„Und sag mal…“, beginnt der Rothaarige, „Erstellt wird sie ja sowieso nicht von ihm, oder? Dann…“

„Was?“, fragt der Junge etwas skeptisch, angesichts des Grinsens, das sich auf dem Gesicht seines Gegenübers ausbreitet.

„Dann kann uns dein Alex ja wunderbar exklusiven Nachhilfeunterricht geben!“

Sofort erwidert Heinrich das Grinsen. „Ja!“
 

Alexander verflucht Eggebrecht. Ob diese unsägliche Affäre nun offiziell genehmigt sei, oder wieso er seinen Studenten offen auf dem Campus belästigen dürfe?

„Erstens“, hat er geantwortet, „ist das meinem Studenten alles andere als lästig, und zweitens: Ja.“

Sprachlos hat er seinen Kollegen zurückgelassen. Damit hat der wohl nicht gerechnet. Trotzdem wurde er dadurch unnötig aufgehalten.

Eilig läuft Alexander über den Campus hinüber zum Café. Als er den Rothaarigen bei seinem Freund sitzen sieht, bleibt er stehen.

Langsam ausatmend schließt er die Augen und versucht krampfhaft dieses scheußliche Gefühl wieder aus seinem Bauch zu bekommen. Er hat Heinrich versprochen, dass er das in den Griff kriegt.

Mit einem akzeptablen Lächeln auf den Lippen nähert er sich den beiden.

„Doch, Heinrich! Getrau dich, das ist die Lösung, wenn du doch noch was dazulernen willst.“

Heinrich will etwas erwidern, da schreckt er durch ein Räuspern hinter sich hoch, das eindeutig zu seinem Freund gehört.

„A-Alex.“

„Hey.“ Der Ältere setzt sich neben ihn und gibt ihm einen Kuss. „Um was geht’s?“

Heinrich ist diese Frage sichtlich unangenehm. „Ä-äh…Tim hat nur…ich mein…“ Er schluckt. „O-ob du uns vielleicht Nachhilfeunterricht geben könntest. Das hat er vorgeschlagen, mein ich. Da du die Klausuren ja jetzt sowieso nicht mehr korrigierst.“

Erstaunt sieht ihn Alexander an, sieht hinüber zum Rothaarigen, der ihn ein wenig verlegen angrinst.

„Öhm…wieso nicht.“, beschließt er.

„Auja!“, ruft Heinrich freudig und wirft sich ihm um den Hals.

Alexander muss schmunzeln, auch wenn er vermutet, dass es das nicht war, was sein Freund ihn eigentlich fragen wollte.
 

Am Nachmittag können Tim und Heinrich sich recht wenig auf den Unterricht konzentrieren. Dumpfe oder spitze Winkel sind ihnen egal, sie haben ihre Prüfung schließlich schon abgelegt, da helfen auch Eichendorffs mahnende Blicke nicht.

„Dohoch.“, kichert der Schwarzhaarige, „Du musst es ihm sagen.“

„Nein, das werd ich auf keinen Fall tun!“

„Stell dir vor, du wirst ihn in Jeans erleben. Ich muss schauen, dass ich ihm einen besonders weichen Pulli raussuch, dann können wir alle drei ne Runde kuscheln.“

Tim zwickt seinen Freund in die Seite. „Ich hab das Gefühl, du bietest mir deinen Freund nur an, weil du genau weißt, dass er sich nicht auf mich einlassen würde.“

„Naja“, entgegnet Heinrich abwägend, „Der Gerechtigkeit halber dürfte er mit dir genauso weit gehen, wie wir zwei gegangen sind.“ Gehässig grinst er den anderen an, der bei diesen Worten ein wenig rot anläuft. „Und dann komm ich eigens mit dem Geodreieck und bestimme anhand deines Winkels, ob du wirklich bi bist.“

„Du…!“

„Was gibt es denn, die Herren?“, fragt Eichendorff mahnend nach.

„Spitze Winkel.“, grinst Heinrich.

„Boah, die Schwuletten schon wieder!“, kommt es genervt aus der letzten Reihe.

Heinrich zeigt den beiden Idioten hinter Tims Rücken den Mittelfinger, bevor er seinem Kumpel einen schmatzenden Kuss auf die Wangen drückt.

Als Eichendorff grinsend den Kopf schüttelt, beginnen die beiden wieder zu kichern.
 

Alexander steht mit dem Rücken an den schwarzen Wagen gelehnt, da lässt sich Heinrich endlich blicken. Gut, eigentlich ist der Junge nicht spät dran, eher hat er nur mal wieder früher Schluss gemacht.

Die Augenbrauen des Professors ziehen sich trotzdem zusammen, als er sieht, dass sein Freund händchenhaltend mit dem Rothaarigen auf ihn zukommt.

Heinrich merkt, wie angespannt Alexander ist, wie er sofort die Arme vor der Brust verschränkt, sei die Geste noch so unbewusst geschehen. Trotzdem, oder gerade deswegen lässt er Tims Hand nicht los.

„Hey“, begrüßt er seinen Freund und reckt sich zu einem Kuss zu ihm hinauf, den Alexander regelrecht über sich ergehen lässt.

Heinrich merkt sich das für später. Erst einmal zieht er Tim ein wenig näher zu sich. „Wann hätten Sie denn Zeit für die erste Nachhilfestunde, Herr Professor Humboldt?“, fragt er.

„Hm. Am Freitag?“, murmelt Alexander.

„Jap, das würde gehen.“, meint Tim.

„Supi.“, gibt Heinrich von sich, bevor er den Rothaarigen noch einmal fest an sich drückt. „Dann bis morgen.“

„Bis morgen.“, entgegnet Tim mit einem Grinsen und nickt auch Alexander zu, bevor er sich auf den Weg zur Bahn macht.
 

Sie sind schon mit dem Wagen vom Uniparkplatz herunter – Alexander hat darauf bestanden, zu fahren – da beginnt der Ältere die Diskussion, die natürlich nicht ausbleiben konnte.

„Ich will nicht vorwurfsvoll klingen“, fängt er an und bemüht sich darum, mit freundlicher Stimme zu sprechen, „aber muss das sein?“

Heinrich grinst ihn an, weil er sich schon einmal darüber freut, dass sein Freund wirklich nicht böse klingt, sondern für die Umstände sehr sachlich.

„Ich hab Tim halt lieb.“, antwortet der Junge und sieht, wie sich gleich Alexanders Augenbrauen zusammenziehen.

„Meine Mutter hab ich auch lieb.“, redet Heinrich also weiter, „Und auf die bist du ja auch nicht eifersüchtig. Das ist ganz normal, wenn man einen besten Freund hat. – Okay, für ein Mädchen, das ne beste Freundin hat, aber…hey, ich trag Röcke, die würden sich manche Mädchen nicht getrauen zu tragen.“

Alexander muss leise lachen.

Als sie an einer roten Ampel stehen, schaut er zu seinem Freund hinüber. „Und mich hast du auch lieb, ja?“

Heinrich schüttelt vehement den Kopf. „Dich liebe ich.“

„Hm.“ Alexander sieht wieder auf die Straße.

„Schau“, beginnt da der Junge, „Mit Tim kann ich über die Studentinnen hetzen, über dich sprechen, über gutaussehende Männer generell…Wir können uns über Physik und Mathe austauschen – auch wenn’s ab und zu mal sehr albern wird…“

„Und mit mir kannst du Sex haben.“

„Och, Alex!“, ruft Heinrich und greift seinen Arm, um sich an ihn zu lehnen. „Nein.“, meint er, „Mit dir kann ich kuscheln, versuchen einen Haushalt zu managen, bei dir fühl ich mich aufgehoben und wohl, und mit dir kann ich über alles reden, weil wir schon so viel zusammen durchgemacht haben. Du verstehst mich immer, egal wie unbegreiflich ich gerade bin, du weißt, was ich will.“ Als sich das Lächeln auf Alexanders Gesicht nicht mehr verbergen lässt, muss der Junge grinsen. „Auch im Bett. Du kannst mir geben, was ich brauch – was ich zum Leben brauch, zum Glücklichsein. Tim ist eine wunderbare Ergänzung zu meinem Glück, die ich wohl noch gar nicht richtig zu schätzen weiß, aber du, mein Alexander, du bist mein Glück.“

Heinrich erschrickt fürchterlich, als sein Freund plötzlich mit einem kurzen Blinken ruckartig auf den Seitenstreifen ausschert und dort eine Vollbremsung hinlegt.

„A-Alex, das ist verb– “

Mit flatternden Wimpern schließen sich die Augen des Jungen, als ihn der Ältere liebevoll leidenschaftlich küsst, und er weiß gar nicht, wie er reagieren soll, als er dessen salzige Tränen der Rührung auf seinen Lippen schmeckt.
 

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So, etwas kürzer, aber ich wollte mal wieder was von mir hören lassen^^

Fluff~ Genießt ihn, solange es ihn noch gibt! XD

Schönen 1. Advent! :3

Heute darf Heinrich zur Uni fahren. Auch jetzt noch zufrieden grinsend lenkt er den Wagen auf den Professorenparkplatz; Alexander, der neben ihm sitzt, hadert immer noch mit seiner Niederlage. Was Heinrich gar nicht verstehen kann. Immerhin muss es ihm doch Spaß gemacht haben, oder nicht?
 

„Darf ich heute zur Uni fahren?“

„Och, Heinrich, du weißt doch, dass wir schneller sind, wenn–“

„Bitte.“

Alexander musste lachen. „Du brauchst mich gar nicht so anschauen, an den Schlüssel kommst du nicht ran. Und jetzt lass mich in Ruhe meine Zähne putzen.“

„Bitte. Ich hätte auch eine Gegenleistung zu bieten…“ Seine Nase strich das weiße Hemd hinab, als er vor seinem Freund auf die Knie ging.

„Heinrich…“

„Ich durfte schon lange nicht mehr…am Ende bin ich noch ganz aus der Übung…“

„Nicht – den Gürtel…“

„Auja…“

„Hn!“
 

„Das war unfair.“

Heinrich muss kichern, als Alexander die Autotür zuschmeißt. Mit einem unschuldigen Blick und einem süßen Lächeln auf den Lippen reicht er ihm den Schlüssel.
 

„Hah…hah…“

„Schau, deiner Hose ist gar nichts passiert.“ Heinrich grinst ihn an und leckt sich über die Lippen.

Alexander lässt sich noch ein wenig benommen auf den Badewannenrand sinken, während Heinrich das Wasser anstellt, um sich das Gesicht und den Mund zu waschen.

„Ich fahr trotzdem.“

Entrüstet dreht sich der Junge zu seinem Freund um, der ihn verschmitzt angrinst.

Heinrich senkt seine Augenbrauen, aber auch seine Mundwinkel heben sich.

Als der Ältere am Auto dann vergeblich nach dem Schlüssel in seiner Hosentasche sucht, während sein Freund schon längst auf der Fahrerseite einsteigt, weiß er, wieso.
 

Versöhnlich nimmt Heinrich Alexanders Hand. „Es hat dir doch gefallen…“

„Natürlich, ich ärger mich bloß, dass ich dich nicht durchschaut hab.“

„Tjaaa…“

Alexander drückt ihm einen Kuss auf die Stirn.

„Oh.“, fällt es da dem Jungen wieder ein, „Ich wollte dir ja noch sagen, dass du mich vor Tim gerne richtig küssen kannst. Wenn du schon deine Besitzansprüche deutlich machen willst, dann gib dir da mal mehr Mühe.“

Alexander sieht seinen Freund erstaunt an, der den Blick nur mit einem Grinsen erwidert.

Als sie in den Hof kommen, sehen sie schon den roten Lockenkopf an der Treppe stehen.

„Hey!“, ruft Heinrich und winkt seinem Kumpel, der sofort zu ihnen hinübersieht.

„Bis nachher.“, will der Junge sich von seinem Freund verabschieden, doch der nimmt ihn an den Wangen und küsst ihn zärtlich.

„So. Jetzt darfst du gehen.“, meint Alexander und fährt Heinrich sanft mit dem Daumen über die Lippen.

Der Junge grinst ihn an, drückt ihm zur Belohnung noch einen Kuss auf die Wange, bevor er zu Tim hinübergeht, um ihn zu umarmen.

Alexander muss feststellen, dass die Gewissheit, Heinrich so küssen zu dürfen, während der andere nur eine Umarmung bekommt, ihn doch ungemein beruhigt.
 

Mittags sitzt er im Café und kann das unwohle Gefühl in seinem Bauch schon fast unterdrücken, als Heinrich und der Rothaarige händchenhaltend zu ihm an den Tisch kommen.

„Hey“, begrüßt ihn der Junge mit einem Kuss, den er liebevoll erwidert.

„Hallo, Tim.“, grüßt er den Studenten.

Der grinst seinen Kumpel an. „Ich werd geduzt. Er mag mich endlich.“

Alexander erwidert das Grinsen, wenn auch mit einem Augenrollen.

Kaum haben die zwei Studenten am Tisch Platz genommen, stößt Tim Heinrich mit weiten Augen in die Seite. „Wo kommen die zwei Kakaos her?!“

Alexanders Grinsen wird breiter.

„Oh, du Engel!“, ruft Heinrich und springt auf, um seinen Freund für seine Gutmütigkeit noch einmal zu küssen.

„Die sind noch ganz warm!“ Gerührt schaut Tim zum Professor auf. „Vielen Dank.“

„Kam mir grad in den Sinn.“, winkt der Ältere verlegen ab.

In ihre dampfenden Tassen grinsend, nehmen die zwei Studenten den ersten Schluck.

„Sollen wir – soll ich am Freitag was Bestimmtes mitbringen?“, fragt Tim, als er seine Tasse wieder abstellt.

„Die Mitschriebe, sonst eigentlich nichts.“, antwortet ihm Alexander, „Was zum Schreiben.“

„Keine Pflichtlektüre?“, fragt Heinrich grinsend.

„Die bring ich aus meinem Büro mit, aber keine Angst, es wird nicht zu trocken werden.“

Heinrich sieht Tim verschmitzt grinsend an, der daraufhin die Augenbrauen in die Höhe zieht.

„Grins nicht so versaut.“, lacht Alexander, „Wir machen keine praktischen Übungen. Auch nicht zur Päderastie.“
 

Am Nachmittag überlegt Alexander, ob er heute schon die Bücher mit nachhause nehmen soll, aber er entschließt sich dagegen, da er gerade keine Tasche dabei hat, um sie irgendwie zum Wagen zu transportieren. Außerdem ist er schon ein wenig spät dran.

Als er über den Campus auf das Tor zum Professorenparkplatz zuläuft, hört er sie schon:

Heinrichs Schreie.

„Ihr verdammten Idioten, hört auf! – Wir haben euch doch gar nichts gemacht!“

Schnell beschleunigt er seine Schritte, und als er auf den Parkplatz gerannt kommt, sieht er, wie ein junger Mann auf den am Boden liegenden Tim eintritt, während ein anderer Heinrich von hinten an den Armen packt, der sich mit aller Kraft dagegen zu wehren versucht.

„Hey!“, schreit Alexander und reißt den Studenten von Tim weg.

Als der ihm einen Ellenbogen in die Seite rammt, sieht er darin die Legitimation dafür, ihm eine blutige Nase zu schlagen.

Der Student sackt zu Boden und Alexander wendet sich wutentbrannt dem anderen zu. „Lass verdammt nochmal meinen Freund los!“

Dieses Mal scheint ihn der andere zu verstehen, denn er weicht gerade so dem Faustschlag aus und macht sich ohne Gegenwehr zusammen mit seinem wieder auf die Beine gekommenen Kumpel aus dem Staub.

Alexander will den weinenden Heinrich in die Arme nehmen, doch der lässt sich sofort neben Tim auf den Boden fallen.

„Tim! Tim, ist dir was passiert?! Hat er dir wehgetan, dieses…!“

„…schlch…“

Erstaunt sieht Heinrich den anderen an, der mit schmerzverzogenem Gesicht versucht, sich aufzurappeln. „Hm?“

„Dieses Arschloch.“, artikuliert sich der Rothaarige deutlicher und bringt es tatsächlich fertig, zu grinsen.

Alexander greift ihm auf der anderen Seite unter die Arme und zusammen mit Heinrich bringt er Tim wieder in die Senkrechte.

„Soll ich dich ins Krankenhaus fahren? Ist was gebrochen?“

„Nee, alles bestens.“ Tim bringt die Kraft auf, Heinrich durch die Haare zu wuscheln. „Unserem Kleinen ist ja nix passiert.“

„Oh, du…!“ Schluchzend wirft sich der Junge ihm in die Arme, lockert jedoch schnell wieder seinen Griff, als der Rothaarige unter Schmerzen aufkeucht.

„Danke.“, sagt Alexander und klopft ihm vorsichtig auf die Schulter.

„Kein Ding.“

Heinrich gibt ihm einen Kuss auf die Wange, was sein Freund nicht so ganz mitbekommt, da er nach seinem Handy greift.

„Wenn du schon nicht ins Krankenhaus willst, fahr ich dich aber nachhause.“

„Okay, danke.“

„Und wir zeigen die beiden an. Kennt ihr die?“

„Und wie gut.“, nuschelt der Rothaarige genervt.

„Die zwei sind mit uns im Nachholkurs für Physik und Mathe.“, erklärt Heinrich.

Alexander nickt, das Handy am Ohr. „Dann war das heute ihr letzter Tag hier an dieser Universität. – Ja, Wilhelm, ich bin’s. Hör zu, so zwei Arschlöcher haben eben … zwei Studenten haben eben Heinrich und seinen Freund zusammengeschlagen. Kann- … Was jetzt?, entscheide dich! … Arschlöcher, gut, sag ich doch. Die Namen wissen wir nicht, aber sie sind im Nachholkurs für Physik und Mathe bei Eichendorff. – Genau. Und schickst du die Daten bitte an Michael weiter?“

Während Alexander auch noch schnell seinen Anwalt anruft, hilft Heinrich Tim, ins Auto zu steigen.

„Das tut mir so Leid!“, ruft der Junge und nimmt die Hand des Rothaarigen in seine, „Bloß, weil ich dich in Physik geküsst hab und dich laufend an die Hand nehm, haben die dich da mit reingezogen! Das wollte ich nicht! Ich– “

Heinrich verstummt, als Tim ihm einen Finger auf die Lippen legt und ihn anlächelt. „Du hast mich da gar nicht mit reingezogen, Kleiner. Die haben dich „Schwuchtel“ genannt, das konnte ich ihnen doch nicht durchgehen lassen.“

Der Junge muss lächeln, während ihm eine Träne die Wange hinabläuft.

Da öffnet Alexander die Fahrertür und nimmt hinterm Steuer Platz. „Können wir?“, fragt er.

Heinrich rutscht auf die andere Seite der Rückbank neben Tim und schnallt sich an. „Jap, wir können.“
 

Bei Tim vorm Haus angekommen, helfen die beiden ihm die Treppen zu seiner Wohnung hinauf, aber den größten Teil davon schafft er alleine. Sie zwingen ihn dazu, erst mal auf dem Sofa Platz zu nehmen, und Alexander besteht darauf, dass er seinen Pullover auszieht.

Mit roten Wangen, die nur Heinrich schmunzelnd bemerkt, kommt der Student der Bitte nach.

„Autsch, das sieht ja schlimm aus.“, stellt Alexander fest, und Tim keucht auch auf, als er ihm vorsichtig über einen der roten Flecken streicht; nur nicht vor Schmerzen.

„Hast du eine Salbe da?“

Tim nickt hastig.

„Heinrich, gehst du mal schauen? Im Kühlschrank?“

Wieder ein Nicken.

„Aber wenn du dich so bewegen kannst und dabei nicht aufschreist, dürfte nichts gebrochen sein. Oder tut das weh?“ Er drückt dem Jüngeren vorsichtig gegen die Brust.

„Nein.“, bringt Tim heraus.

„Hier?“

„N-nein…“

„Die Salbe.“, verkündet Heinrich endlich, was Tim aufatmen lässt.

Er wirft seinem Kumpel jedoch einen Todesblick zu, als dieser grinsend die Salbe an den Professor weiterreicht.

Alexander öffnet den Deckel, da schnappt ihm der Rotschopf die Tube aus der Hand. „D-danke, das mach ich schon. Ihr könnt gehen, w-wenn ihr wollt.“

Alexander erhebt sich vom Boden, wo er zwischen seinen Beinen gekniet saß.

„Aber ruf an, wenn was ist, ja? Ruf heute Abend auf jeden Fall mal an, um zu sagen wie’s dir geht, okay?“, zwingt ihm Heinrich auf.

„Ja, Mama.“, kommt es von Tim mit einem Grinsen.

Heinrich schüttelt ebenso grinsend den Kopf, als er Alexander an die Hand nimmt und ihn aus der Wohnung führt.
 

Am Abend darf Alexander kochen, da Heinrich endlich wieder seine Schreibarbeit an seinem Buch aufgenommen hat. Angeblich sind es nur noch ein paar Seiten, die Idee fürs fulminante Ende habe er schon.

„Lass mich raten“, meint Alexander, „Es kommt jemand um.“

Heinrich sieht ihn vom Sofa aus mit aufgepusteten Wangen entsetzt an. „Woher weißt du das?!“

Der Ältere lacht nur.

Eine Weile hat Heinrich Ruhe, bis Alexander den Tisch deckt und sich wieder an ihn wendet. „Wenn’s kein Softporno ist, dann könnte ich Goethe dazu bringen, es zu verlegen.“

Wieder sieht ihn der Junge vorwurfsvoll an. „Was heißt hier „Softporno“?!? Mein Kohlhaas hat Niveau! Ich behandel hier hochbrisante Themen!“

„Darf ich’s lesen, wenn du fertig bist?“

Heinrich wird ein wenig rot und wendet seinen Blick ab. „Ich weiß nicht…Vielleicht sollt ich’s wirklich verbrennen…“

„Untersteh dich!“, ermahnt ihn sein Freund und kommt auf ihn zu, um ihn an den Händen vom Sofa in seine Arme zu ziehen, „Auch wenn’s ein Softporno ist, ist es viel zu schade dafür.“

Heinrich lacht gegen seine Brust und lässt sich von Alexander in die Küche führen, wo das Essen auf dem Tisch steht.

„Steak, mmh…Da muss ich immer an Jack und Haku denken.“

„Und ich, wenn du die beiden erwähnst, an deine verflucht heißen Lackhotpants.“

Der Junge grinst und nimmt sein Besteck. „Guten Appetit.“

„Gleichfalls.“, entgegnet Alexander schmunzelnd und tut sich etwas vom Gemüse auf den Teller.

Eine Weile essen sie schweigend, während der Ältere seinen Freund nachdenklich betrachtet.

„Kannst du dich eigentlich dran erinnern?“, fragt er schließlich.

„Hm? An was?“

„An den Lärmschutzwall. An der Bushaltestelle.“

Der Junge läuft rot an. „N-naja…ich weiß, dass wir da…dass wir’s da miteinander…und dass es sich verdammt gut angefühlt hat, aber…Ich glaub, ich war derjenige, der das wollte, oder?“

„Jaa.“, antwortet Alexander, ein wenig verblüfft, dass der andere sich daran nicht mehr erinnert.

„Ich schäm mich ein wenig dafür…da in aller Öffentlichkeit…dich zu sowas… - Gott, ich will gar nicht wissen, was ich da von mir gegeben hab…!“ Beschämt verdeckt er sein knallrotes Gesicht mit seinen Händen.

„Es hat mich jedenfalls überzeugt.“, meint Alexander und streicht ihm über den Arm.

„Das stimmt.“, entgegnet Heinrich, mit immer noch roten Wangen, aber einem Grinsen auf seinen Lippen.
 

Der Professor wird zum Abwasch verdammt, während Heinrich wieder aufs Sofa zu seinem Laptop huscht.

Er hat jetzt fast dreihundert Seiten, nur noch ein paar Kleinigkeiten müssen verfeinert, ein paar Zusammenhänge hergestellt werden.

Als er durchs Dokument scrollt, hält er bei der einen Szene inne. Soll er die streichen? Alexander hat Recht, so was wird doch niemals verlegt. – Naja…es ist nur eine Szene… Das macht sein Buch ja nicht gleich zum Softporno. Sein Hauptcharakter hat eine sechsköpfige Familie, ist äußerst moralisch, tötet sogar für seine Frau, als auch diese der korrupten Oberschicht zum Opfer fällt. – Nein, er lässt die Szene drin. Und wenn auch nur aus dem einfachen Grund, dass er seinen Meister Himboldt nicht aus dem Buch nehmen will.

Der Junge muss grinsen, als seine Augen über die Zeilen huschen.
 

Aufkeuchend riss Meister Himboldt an den Ketten seiner Armfesseln, aber er kam nicht los, […] Der Meister hob fordernd seinen Kopf, sodass der Abdecker ihre Münder aufeinander presste, woraus ein feuchter rücksichtsloser Kuss entstand, in den Himboldt hineinkeuchte, als ihm der andere die Hose aufknöpfte und bis zu den Fußfesseln hinunter schob. […]
 

Heinrich beißt sich auf die Unterlippe. Vorsichtig sieht er zu seinem Alexander hinüber, der ihm den Rücken zugekehrt hat und den Esstisch abwischt.

Er hat ja schon nen geilen Hintern… Aber ob er das wirklich bringen kann…? Wie Alexander wohl reagieren würde?

„Was gibt’s denn so zu schauen, hm?“

Erschrocken wendet Heinrich seine Augen ab. „Nix!“

„Schreibst du wieder an deinem Softporno weiter und brauchst Inspirationen dafür?“

„Hättest du wohl gerne.“, nuschelt der Junge und beschließt, die Datei für heute ruhen zu lassen.
 

Am Abend wird Heinrich von seinem Freund zu sich ins Bett gezogen und zärtlich geküsst.

„War das eben Tim, am Telefon?“, haucht der Ältere zwischen zwei Küssen.

„Jap. Die Schmerzen sind nicht schlimmer geworden, angeblich tut ihm schon fast gar nichts mehr weh.“

„Er lügt bestimmt.“

„Keine Ahnung, aber er hat aufgelegt, um mit Adele zu telefonieren, also wird er jetzt zumindest abgelenkt sein.“

Alexander erwidert das Grinsen und fährt dem Jungen wohlig seufzend über den Rücken. „Er ist schon in Ordnung. Trotzdem gehörst du mir.“

„Natürlich.“, nuschelt Heinrich gegen seine Brust und kann es nicht lassen, seine Hände hinab auf Alexanders Hintern wandern zu lassen.

Die Lippen des Älteren suchen seine, und ihr Kuss, der daraus entsteht, wird langsam leidenschaftlicher.

Alexanders Hände wandern am Rücken unter den Disney-Pyjama. Heinrich schlingt seine Beine um die seines Freundes, während er sein Gesicht zwischen seine Hände nimmt.

„Mmmh, Alex, ich…“

„Hmm…?“

„Ich will…will dich was fragen.“

Lachend rollt sich Alexander auf ihn und küsst ihm den Hals. „Was denn, mein Kleiner, hm?“

Heinrich verstummt. Zweifelnd sieht er an die Zimmerdecke, während der Ältere nun auch seine Brust durch den dünnen Stoff küsst.

„Ich…“

Er notiert für sich, diesen Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen.

„W-wirst du auch nicht lachen, wenn ich dir das Buch zum Lesen geb?“

Alexander lässt von ihm ab und sieht ihn erstaunt an.

„Nein, bestimmt nicht.“, verspricht er schließlich und kuschelt sich wieder an Heinrichs Brust.

So rollen sie auf die Seite und der Junge zieht die Decke etwas höher, damit sie es schön warm haben.

„Gute Nacht.“

„Gute Nacht, mein Kleiner.“

Heinrich nickt.
 

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Sooo, diesmal ist das Kapi endlich wieder etwas länger geworden. Mir gefällt es irgendwie, hab Tim jetzt wieder richtig lieb X3

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel119_non-adult

Es ist so weit: Es ist Freitag. Alexander weiß noch nicht so recht, was er von diesem Tag halten soll.

An der Uni haben sie Tim getroffen und ausgemacht, dass er um halb Fünf zu ihnen kommen kann. Heinrich freut sich darauf schon ungemein, Alexander, wie gesagt, ist eher unsicher, was irgendwelche Erwartungen angeht. Er hofft nur, es endet nicht im Desaster. Wenn Tim seine Finger von seinem Heinrich lässt, dann könnte das jedoch ganz leicht vermieden werden.
 

Es ist kurz vor halb Fünf, als es klingelt. Heinrich springt auf.

„Ich muss aufs Klo, mach schon mal auf.“, nuschelt er und verschwindet einfach nach oben.

Also geht sein Freund seufzend zur Tür und öffnet.

„N’abend.“, begrüßt er den Rothaarigen, der mit Jacke und Tasche im Treppenhaus steht.

„Guten Abend, Herr Professor.“, grüßt Tim zurück.

„Alexander.“, verbessert ihn der Ältere und muss feststellen, dass es draußen wohl kalt ist, denn die Wangen des Jungen sind ziemlich gerötet.

„Äh…komm doch rein. Heinrich ist grade im Bad.“

Tim nickt und schiebt sich ungelenk am anderen vorbei in die Wohnung.

„Die Jacke kannst du hier aufhängen – und da hat Heinrich dir dicke Socken hingelegt.“

„Oh.“ Lächelnd folgt Tim den Anweisungen.

Schließlich mit den Socken an und seiner Tasche über der Schulter steht er ein wenig verloren im Gang.

„Wir können so lange ja schon mal ins Wohnzimmer gehen.“, schlägt Alexander vor.

„Ä-äh, ja.“

Der Ältere muss verlegen lachen, als er den forschenden Blick auf sich bemerkt. „Ja, das, ähm…muss ungewohnt für dich sein, mich mal nicht im Anzug zu sehen.“

Tim schüttelt heftig den Kopf. „Nicht ungewohnt – d-doch, schon, aber…also, es sieht nicht schlecht aus…! – Äh, was ich damit…“

Ein Glück unterbricht ihn Alexander mit einem Lachen. „Willst du was trinken?“, fragt er, als sie ins Wohnzimmer laufen.

„Oh, ja, ein Mineralwasser.“

„Wir hätten auch Cola hier, oder Saft…“

„Wasser ist schon in Ordnung.“

„Okay.“

Während Alexander in der Küche ist, sieht sich Tim in der Wohnung um. Ihm gefällt es hier; alles wirkt so freundlich, so gemütlich…

„Bitte.“ Der Ältere stellt das Glas vor ihm auf den Tisch und nimmt neben ihm auf dem Sofa Platz.

„D-danke.“ Tim nimmt einen nervösen Schluck.

Alexander lässt sich nach hinten an die Lehne sinken.

Tim wird noch nervöser.

„Kommt mir grad so vor, als wenn Heinrich absichtlich so lange braucht.“, lacht der Professor.

Tim reagiert mit einem halbherzigen Lächeln.

Wieder herrscht Stille.

„Ich…“, fängt der Rothaarige zögerlich an, „Ich wollte das mit Heinrich wirklich nicht, nur – eigentlich ist es ja so, dass ich– “

„Schon gut.“, unterbricht ihn Alexander und sieht ihn endlich wieder an, „Ich…ich kann es euch verzeihen, dann spielt es keine Rolle mehr, wieso es passiert ist.“

Tim nickt unsicher.

„Was war das denn für eine Feier, dass ihr Heinrich so abgefüllt habt?“

„UmGottesWillen!“, ruft Tim aufgebracht, „Wir haben ihn nicht abgefüllt! Das hätte ich niemals zugelassen! Es hat ihm nur so gut geschmeckt, und da haben die Mädels ihm halt immer nachgeschenkt…“

„Achso, die Frauen waren Schuld.“, Alexander grinst ihn an, „Hätt ich mir ja gleich denken können.“

Tim erwidert das Grinsen ein wenig unbeholfen.

„Waren aber keine Kommilitonen, oder?“

„Nein, aus meinem Schwimmverein.“

Alexander sieht sein Gegenüber überrascht an. „Du schwimmst?“

„Ä-äh, ja…“

„Aber nicht beim BSV?“

„D-doch.“

Alexander grinst ihn an. „Da war ich in meiner Jugend auch!“

„Echt?!?“, kommt es ganz verblüfft von Tim.

„Ja! Im Clubhaus müsste sogar noch ein peinliches Foto von mir hängen.“

Tims Rehaugen weiten sich. Das Bild von dem viel zu gut aussehenden Jungen in damals knallbunt-modischer viel zu engen Badehose, mit traumhaft brauner Haut und leuchtend blauen Augen kommt ihm in den Sinn, und er muss schlucken.

„Hängt es noch?“, fragt Alexander interessiert.

„J-ja.“, bekommt der Rothaarige nickend heraus.

Alexander muss lachen. „Erzähl das aber bloß nicht Heinrich.“

„Was soll er mir nicht erzählen?!“, kommt es plötzlich von hinten, sodass die beiden fast vom Sofa fallen.

Heinrich drückt seinem Freund grinsend einen Kuss auf die Wange, bevor er über die Lehne aufs Sofa springt und es sich zwischen ihnen gemütlich macht.

„Hab mich noch schnell umgezogen.“, berichtet er, und sein Freund zieht ihn schmunzelnd an sich.

„Ich seh’s.“, meint er und fährt über den Pulli mit dem nordischen Muster.

„Ich brauch Winterkleidung, Alex, wir müssen morgen unbedingt welche kaufen gehen.“

„Sind dir deine Pullis zu unstylisch, hm?“, kichert Tim.

„Selbstverständlich!“, ruft Heinrich, „Schau dir nur mal den an. Alex würd so was ja stehen, aber mir nicht.“

„Ist ein Altherrenmuster, hm?“, entgegnet der Ältere schmunzelnd.

„Neiiin!“, widerspricht der Junge sofort und wirft sich seinem Freund um den Hals, „So hab ich das doch gar nicht gemeint.“

„Schon gut.“, lacht Alexander und wuschelt ihm durch die Haare. „So. Wollen wir anfangen?“, fragt er in die Runde.

„Jap.“, entgegnen die beiden Studenten mit einem Nicken, und Tim öffnet seine Tasche.
 

Eine Stunde später brüten sie schon angestrengt über Aristoteles und der Weltbrandtheorie Heraklits. Heinrich hat bereits nach zehn Minuten eine Chipstüte zu Rate gezogen, die er sich mit Tim zur geistigen Stärkung teilt; Alexander hat sich einen Tee gemacht, angeblich ja nicht zur Beruhigung.

„Ohh, ist das kompliziert…“, beschwert sich der Rothaarige, „Entweder ich steig jetzt in denselben Fluss, oder nicht, aber ich kann doch nicht in denselben Fluss steigen, ohne in denselben Fluss zu steigen!“

„Nein, ihr dürft euch das nicht zu wissenschaftlich vorstellen.“, entgegnet Alexander, „Ich weiß, ihr seid Physiker – Aristoteles war ja selbst auch einer – aber ihr müsst da abstrahieren. Es als eine Religion betrachten. Wenn ihr in den Fluss steigt, dann ist doch nicht mehr dasselbe Wasser da, in dem ihr vor zehn Minuten gestanden habt.“

Die zwei Studenten sehen ihn verwirrt an.

„Moment“, sagt Alexander und steht auf. Er schiebt den Tisch ein wenig näher ans Sofa, sodass die beiden ihre Beine heben müssen.

„So“, meint er und schaltet das Licht aus, sodass das Wohnzimmer nur noch dämmernd aus der Küche beleuchtet wird.

Heinrich sieht Tim skeptisch an, als sein Freund sich schließlich auf dem flauschigen Teppich ausstreckt.

„Na los, legt euch zu mir.“, fordert Alexander sie auf.

Wieder sehen sich die beiden unschlüssig an, legen dann aber doch ihre Stifte und Blöcke beiseite und folgen seiner Anweisung. Links und rechts vom Professor legen sie sich auf den Teppich und blicken an die Decke.

Alexander hebt seine Hand. „Stellt euch vor, es schneit.“, fängt er mit gedämpfter Stimme an, „Kleinste Partikel fallen von der Decke, die der Himmel ist, ja?“

Von seinen Zuhörern kommt ein leises „Mhm.“

„Und wisst ihr, wieso ihr meine Hand sehen könnt? – Weil an dieser Stelle die Partikel zufällig so fallen, dass sie meine Hand bilden.“

Heinrichs Stirn kräuselt sich. „Also werden die Partikel dort angezogen?“

Nicht physikalisch denken.“, ermahnt ihn Alexander, „Die Partikel fallen zufällig. Und kein Partikel bleibt jemals an derselben Stelle. Panta rhei. Alles fließt. Genauso wie der Fluss.“

„Ah“, kommt es von den beiden. So langsam scheinen sie zu verstehen.

„Also…“, fängt Tim an, „Wenn ich jetzt mit meiner Hand gegen Ihre stoße“, er demonstriert, was er meint, „wieso vermischen sich die Partikel dann nicht?“

Alexander packt seine Hand und sieht ihn schmunzelnd an. „Wie hat es Christus geschafft, aufzuerstehen? Ihr sollt es als Religion sehen, nicht als Wissenschaft, und du kannst mich duzen.“

Der Junge läuft rot an.

Alexander lässt Tims Hand los, als Heinrich sich schnurrend an ihn schmiegt. „Mmmh…bei dem Licht und deiner sanften Stimme schlaf ich gleich ein. Der Teppich ist so schön weich, wieso haben’s wir hier eigentlich noch nicht– “

„Heinrich, nicht jetzt.“, zischt Alexander.

Tim kichert.

Heinrich hält inne.

„D-du, Alex?“, fängt er dann vorsichtig an und redet erst weiter, als ihn sein Freund anblickt. „Ich hab…mein Versprechen gebrochen und mit Tim doch ein paar Mal über…über unsere Beziehung gesprochen.“

Alexander weiß nicht, was er darauf sagen soll. Unschlüssig blickt er den Jungen an, während Tim zu seiner Linken sich unruhig auf dem Teppich bewegt.

„Naja, das…“

„Mich würd’s auch nicht stören, wenn du mit Bonpland oder Michi darüber redest!“, versichert Heinrich, „Ich mein…sollen sie doch wissen, was für einen Spaß wir miteinander haben, oder?“

Alexander muss lachen. Seufzend legt er einen Arm um seinen Freund.

„Heinrich kann man einfach nicht böse sein.“, meint Tim, der mit einem Grinsen neben ihnen sitzt.

„Wenn ein Wort davon an Dritte gerät, ich sag’s dir.“, ermahnt ihn Alexander und streckt ihm streng den linken Zeigefinde entgegen, während sein rechter Arm mit einem kuschelwütigen Heinrich zu kämpfen hat.

„Kein Wort. Versprochen.“, versichert der Rothaarige, „Mit so wertvollen Informationen bin ich sowieso geizig.“

Alexander zwickt ihm als Strafe in die Seite.

Tim lässt es sich nicht nehmen darauf auf gleiche Weise zu antworten und schreit erschrocken auf, als Alexander ihn kurzerhand packt und ihn, wie Heinrich auf der anderen Seite, mit seinem linken Arm in Schach hält.

Heinrich muss kichern, als er in das knallrote Gesicht seines Kumpels blickt, das genauso wie seines auf Alexanders Brust liegt.

„I-ich glaub, ich geh dann.“, bringt Tim heraus, „Wenn der Kleine so rattig ist, will ich nicht stören.“

Heinrich öffnet belustigt seinen Mund, aber der Rothaarige kann ihn mit einem mahnenden Blick gerade noch davon abhalten, es zu sagen.

Alexander lässt sie beide los und richtet sich auf, wobei Heinrich nicht so wirklich von ihm ablassen will.

„Wir sind heute zwar nicht weit gekommen, aber wir haben ja noch genügend Zeit.“, meint der Ältere.

Tim nickt, während er seine Sachen packt und sich wieder einigermaßen akklimatisiert.

„Wann hast du denn Zeit für die nächste Sitzung?“, fragt der Professor, da sein Freund mit den Gedanken anscheinend schon woanders ist.

„Morgen Nachmittag wieder, von mir aus.“, meint Tim.

„Ja, das geht in Ordnung.“

„Aber davor gehen wir Einkaufen!“, meldet sich Heinrich zu Wort und will an Alexanders Hals knabbern, doch der schiebt ihn aus Anstand ein wenig von sich.

„Okay, ihr könnt ja einfach anrufen, wenn ihr wieder da seid, oder so.“

„Jap, machen wir.“, verspricht Alexander und begleitet den Rothaarigen mit Heinrich im Schlepptau zur Tür.

„Komm gut nachhause.“

„Werd ich machen. Und danke schon mal.“

„Ach, was.“, winkt der Ältere ab.

Tim wuschelt Heinrich zum Abschied durch die Haare. „Also, bis morgen dann.“

„Bis morgen.“, verabschieden ihn die beiden anderen.

„Achja.“, kommt es noch von Alexander, als Tim schon im Treppenhaus steht, „Weil es dir Heinrich morgen eh erzählen wird: Wir werden uns jetzt noch ein wenig auf dem Teppich vergnügen.“

Heinrich sieht seinen Freund geschockt an, während Tim breit grinsen muss. „Dann mal viel Spaß.“, wünscht er, „Macht aber nicht eine allzu große Sauerei, ich will morgen nicht erst noch putzen müssen.“

Winkend macht sich Tim davon, und Alexander schließt die Tür.

Heinrich sieht mit strahlenden Augen zu seinem Freund auf. „H-hast du das ernst gemeint, Alex?! Willst du das wirklich machen?!? Werden wir wirklich– “

Sein Freund unterbricht ihn mit einem Kuss, in den er hineingrinst. Zielstrebig schiebt er den Jungen ins Wohnzimmer, wo sie sich auf den flauschigen Teppich fallen lassen.

„Ohjah…“, seufzt Heinrich und hebt seine Arme über den Kopf, um dort den fellartigen Stoff des Teppichs zu erfühlen, „Zieh mir den schrecklichen Pulli aus…“

Alexander grinst gegen seinen Bauch, küsst ihm dort die Haut, während er das Kleidungsstück immer höher schiebt.

Sein Freund genießt die Liebkosungen, genießt die Zunge und die Lippen, wie sie über seine Haut fahren, über seinen Bauch hinauf zur Brust. Er keucht auf, als der Ältere seine Brustwarze erreicht, ihn dort neckt, während seine großen Hände über seine Seiten streichen.

Gemeinsam werden sie den „unstylischen“ Pullover los.

Heinrich schließt die Augen, als er den weichen Teppich an seinem nackten Rücken spürt. „Hmmm…ist der flauschig…“

Alexander betrachtet mit großem Gefallen den Jungen, der sich genießerisch vor ihm räkelt. „Wilhelm hat mit der Einrichtung unserer Wohnung einen wahren Glücksgriff getan.“

„Ohjah…“, haucht sein Freund und dreht sich auf den Bauch, um auch dort die weichen Haare zu spüren.

„Hey“, lacht Alexander und beugt sich über ihn, um ihm den Nacken zu küssen, „Mit mir sollst du kuscheln.“

Als Heinrich nicht reagiert, zieht er sich auch seinen Pulli aus und öffnet sich die Jeans.

Der Junge keucht auf, als der Ältere sich plötzlich nur noch in Unterhose an ihn schmiegt. Mit dem Gesicht im flauschigen Teppich lässt er es zu, dass der andere auch ihm die Jeans auszieht und samt Socken von den Füßen schiebt, bevor er sich wieder von hinten an ihn schmiegt.

„Bin ich zu schwer?“, fragt Alexander leise.

„Nein.“, haucht Heinrich und hebt seinen Hintern etwas an.

Sein Freund küsst ihm schmunzelnd den Nacken, leckt ihm übers Ohr, bevor er ihm sanft ins Ohrläppchen beißt.

Der Junge genießt es, wie der Ältere sich auf ihm bewegt, wie die warme Haut über seine streicht, auf und ab, und seine Brust und sein Bauch vom Teppich gekitzelt werden. Immer lauter geht ihr beider Atem, immer intensiver werden ihre Bewegungen.

Heinrich würde am liebsten das letzte Kleidungsstück auch noch loswerden.

„Ah – Alex…!“

„Was ist, mein Schatz?“ Alexanders Stimme klingt fabelhaft an seinem Ohr.

„Meine…Hose…“

Die großen Hände wandern seinen Rücken hinab. „Soll ich sie dir ausziehen?“

Der Junge nickt heftig.

„Weil wir den Teppich sowieso waschen sollten, da du ihn gerade vollsabberst?“

„J-jah…!“

Alexander gehorcht.

Und es ist ein wunderbares Gefühl. Stöhnend krallt er sich in den Teppich, als sein Freund sich weiter an ihn reibt, sich an seinem Hals festsaugt.

„N-nimm mich…b-bitte…!“

Als Alexander außer Atem gegen seinen Hals lacht, überträgt sich das Wonnegefühl, das seine Ohren erleben, gleich auf seinen gesamten Körper. „Ich werd aber nicht mehr lange– “

„Egal…!“

Heinrichs Mundwinkel, aus denen der Speichel läuft, heben sich glücklich, während seine Augen verklären, als er seinen Wunsch erfüllt bekommt. Freudig stöhnend gibt er sich dem Gefühl ganz hin, hört auch Alexanders Wonnelaute dicht an seinem Ohr.

Es dauert nicht mehr lange, dann ist die Reinheit des Teppichs passé, denn als Alexander ihn heftig in das flauschige Fell presst, kann Heinrich nicht mehr an sich halten. Als er kommt, reißt er auch seinen Freund mit über die Klippe, und gemeinsam beben ihre Körper und kommen nur langsam zur Ruhe.

Heftig atmend liegt der Junge flach auf dem Teppich, Alexander auf ihm, als wenn ihre Körper füreinander gemacht wären.

„Ich liebe dich.“, haucht der Ältere und drückt Heinrich einen Kuss in den Nacken.

„Mmmh~ Ich dich auch.“

„Meint du, den kann man in die Waschmaschine stecken?“

„Hä? Jetzt mal langsam, du steckst grad in– “

„Den Teppich!!!“
 

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Hihi, ich hab es mal wieder geschafft...Vielleicht geht es jetzt so^^
 

Ich hoffe, das "Lernen" der drei Hübschen zu lesen, hat euch genauso gut gefallen, wie mir es zu schreiben ;)

Freut euch auf weitere Nachhilfestunden ;3

Morgens wacht Alexander alleine im Bett auf. Verwirrt über diesen Zustand schleppt er sich ins Bad, wo Heinrich gerade aus der Dusche kommt, triefend nasse Haare und perlende Wassertropfen auf der Haut.

Alexander will ihn sofort überfallen, doch sein Freund drückt ihm nur einen Kuss auf die Lippen, bevor er ein Handtuch um seinen Körper schlingt. „Ich zieh mich an und mach schon mal Frühstück.“

„Aber…“

„Wir haben heute keine Zeit für Spielereien.“, entgegnet Heinrich grinsend und verschwindet aus dem Bad.

„Achja…“, nuschelt der Ältere, „Wir – Mein Kleiner wollte ja einkaufen gehen…“
 

Als Alexander in die Küche kommt, hat sein Freund ihm einen Kaffee gekocht und Toasts gemacht.

Was er die ganzen Monate über als selbstverständlich angenommen hat, rührt ihn seltsamerweise gerade heute.

Er lässt den Jungen nicht sein Toast fertig mit Nutella bestreichen, sondern nimmt ihn zärtlich in den Arm. „Ich bin so glücklich, dich zu haben, mein Schatz.“

Heinrich läuft vollkommen überfordert rot an. „W-w…Bloß, weil ich dir mal nen Kaffee gekocht hab?“

Alexander muss lachen und gibt ihm einen Kuss. „Weil ich dich liebe.“

Der Junge schmilzt dahin. „I-ich…“ Er umklammert den Größeren fest. „Ich dich auch.“

Beide sitzen sie mit einem glücklichen Grinsen beim Frühstück, und Alexander findet es schon gar nicht mehr so schlimm, dass er den Vormittag in Kaufhäusern verbringen wird; schließlich geht er ja nicht einkaufen, sondern er geht mit seinem Heinrich einkaufen.

Der blinzelt ihn über den Küchentisch hinweg an, als wolle er ihn auf irgendetwas aufmerksam machen.

„Was?“, lacht er.

„Wie weit bist du gestern denn noch mit meinem Buch gekommen, nachdem ich eingeschlafen bin?“

„Oh“, entgegnet Alexander und das Lächeln vergeht ihm, „Bis da, wo Kohlhaas auf die Burg zurückkommt und feststellen muss, dass der Junker und seine Leute den Knecht, den er bei ihnen gelassen hat, vertrieben und seine Kinder misshandelt und wahrscheinlich auch vergewaltigt haben.“

Heinrich nickt.

„Ziemlich harter Tobak.“

Heinrich nickt erneut.

Alexander sieht ihn stumm an. Langsam muss er grinsen. „Ich hab die Befürchtung, dass Goethe es hassen wird.“

Der Junge zieht die Augenbrauen zusammen. „Dann ist er nicht das Genie, für das man ihn hält.“, entgegnet er hitzig.

„Naja“, meint Alexander, „Ich find’s bis jetzt sehr spannend. Und deine Sätze sind interessant.“

Heinrich hebt die Augenbrauen. „Interessant?“, wiederholt er skeptisch.

„Kompliziert. Manchmal.“, verbessert sich der Ältere, „Scheint so, als wenn du deine gesamte Sprachgewalt, die du verbal nie rüberbringen kannst, da zum Ausdruck gebracht hast.“

Heinrich erwidert daraufhin nichts mehr.

„Nicht schmollen!“, fleht Alexander, sofort ganz reumütig, „Du schreibst wunderbar! Man muss sich anfangs nur etwas einlesen, dann funktioniert es bei deiner, ähm…großzügigen Satzzeichensetzung prima!“

Die Augen des Jungen verengen sich zu kleinen Schlitzen. „Was willst du damit sagen?!“

Alexander seufzt. „Heinrich, komm, wir wollen doch jetzt keinen Streit anfangen, bloß, weil ich dir zu deinem Buch ehrlich meine Meinung sag.“

Plötzlich schleicht sich auf das Gesicht des Jungen ganz langsam ein Grinsen. „Im Gegenteil: Ich könnte dich knutschen dafür, dass du mich nicht belügst.“

Perplex sieht der Ältere seinen Freund an. „D-du bist mir nicht böse?“

Heinrich schüttelt den Kopf. „Nicht im Geringsten. Ich bereute es nicht, gestern Abend doch noch nachgegeben zu haben und dir die Datei überlassen zu haben. Es ist wichtig für mich, dass du es sorgfältig und kritisch liest, ja? Vorher vertrau ich es keinem Goethe an.“

„Deal.“, verspricht Alexander, „Ich bin schon gespannt, wie Kohlhaas sich Vergeltung verschafft.“

„Ooohja“, meint Heinrich, „Das wird phänomenal. Man könnte es glatt verfilmen!“

Alexander muss lachen. „Du bist ja gar nicht selbst total überzeugt von dir, nein.“

„Was?! Als angehender Bestsellerautor muss man Selbstvertrauen haben!“

„Das hast du, ja.“, meint der Ältere, und mit einem Schmunzelnd wenden sie sich wieder ihrem Essen zu.
 

Keine Stunde später schlendern die zwei durch Berlins Innenstadt und klappern die Läden ab.

Heinrich freut es, dass sein Freund schon von selbst nicht gleich zur Rolltreppe eilt, sondern erst einmal mit ihm die Damenabteilung, die meistens im Erdgeschoss liegt, durchschreitet.

„Was brauchst du denn eigentlich?“, will Alexander wissen.

„Brauchen tu ich nix, ich will ein paar neue Sachen.“

„Und die wären?“

„Also“, fängt der Junge an, während er einen Kleiderständer mit reduzierten Tops durchsucht, „Erst mal will ich ein paar Pullis, eine Daunenjacke vielleicht, wenn ich eine find, die mich nicht zu dick macht“ – Alexander rollt mit den Augen – „Neue Handschuhe eventuell auch, einen Schal, ne Mütze… - oh! Und ich brauch Strumpfhosen, ganz wichtig!“

Der Ältere sieht ihn fragend an. „Strumpfhosen? Wieso das denn?“

„Na, damit ich meine kurzen Hosen auch noch jetzt anziehen kann, wenn’s kalt ist.“

„Ohjeh…“

Der Junge sieht enttäuscht zum anderen auf. „Meinst du, das sieht nix an mir aus?“

„N-nein!“, widerspricht Alexander sofort, „Nur dachte ich“, er gibt seinem Freund einen Kuss, „ich werd ein Vierteljahr lang mal nicht in die Versuchung gebracht, deine Beine für göttlich zu erklären.“

Heinrich kichert verlegen und lässt sich einen Arm um seine Taille legen.

„Kann man Ihnen weiterhelfen?“

Die beiden drehen sich herum und sehen sich mit einer überfreundlichen Verkäuferin konfrontiert, die sie begeistert anfunkelt, wohl darüber, heute ihr erstes schwules Pärchen bedienen zu dürfen.

„Ja, ich suche Strumpfhosen.“, antwortet Heinrich.

Das Funkeln in ihren Augen nimmt zu. „Aber sicher! Die haben wie hier drüben; wenn Sie mir bitte folgen möchten.“

Freudig nimmt der Junge seinen Freund an die Hand und läuft der jungen Frau hinterher.

„Darf es eine bestimmte sein?“

„Ich schau mal, danke.“, entgegnet Heinrich, und die Verkäuferin verabschiedet sich höflich.

Heinrich macht sich auf die Suche.

„Aber keine Perlon- oder Netzstrümpfe.“, bittet ihn Alexander, „Das ist zu kalt.“

„Ich weiß“, entgegnet sein Freund wissend grinsend, „Passt auch viel besser zum Bunnykostüm.“

Der Ältere erwidert sein Grinsen.

Es dauert ein wenig, bis Heinrich sich für zwei Strumpfhosen entschieden hat, beides mal eine Art Karomuster.

„Auf zu den Pullis!“

Dort wühlt sich der Junge zwischen verwunderten Frauen durch das Sortiment, und nicht wenige Kleidungsstücke werden mit dem Kommentar „zu normal“, „langweilig“ oder „öde“ aussortiert.

„Aber schau mal.“, meint Alexander und hebt ihm einen schlichten weißen Pullover entgegen. „Der ist zwar nicht sonderlich spektakulär, aber so schön weich und nicht zu dick. Wenn du den in XS nimmst, sieht er bestimmt wunderbar an dir aus.“

„Hmm…“ Skeptisch nimmt Heinrich das Kleidungsstück entgegen. „Wär ein schöner Kontrast zu meinen Haaren…“

Alexander nickt nachdrücklich.

„Na gut, ich probier ihn mal an.“

Zufrieden folgt der Ältere seinem Freund zur Umkleide und kann es nicht lassen, ihm in ebendiese zu folgen.

„Hey, was wird das denn?“, fragt ihn der Junge amüsiert.

„Arme hoch.“, entgegnet Alexander, und als Heinrich gehorcht, zieht er ihm den alten Pullover über den Kopf, der seine Haare schrecklich elektrisiert und zu Berge stehen lässt.

„Süß“, meint Alexander und lacht, als der andere sich hastig über den Kopf streicht.

Er nimmt den weißen Pulli vom Bügel, und als Heinrich wieder die Arme hebt, zieht er ihn ihm über.

„Klasse.“, befindet Alexander, während der andere noch am Kleidungsstück herumzieht und sich den Kragen richtet.

„Echt?“ Er dreht sich um, um in den Spiegel zu schauen. Schließlich schleicht sich ein Grinsen auf sein Gesicht. „Jap, kann man so lassen.“

„Du untertreibst.“, murmelt Alexander und seine Hände stehlen sich von hinten auf die nun im seidigen Pulli warm verpackte Brust.

„Den nehm ich.“

„Weise Entscheidung.“

„In der Tat: weiße Entscheidung. Aber ich nehm auch noch einen in schwarz, so teuer sind die ja nicht.“

„Du musst’s ja nicht bezahlen.“, lacht Alexander, „Nachdem dein Einkommen schon für den Führerschein draufgegangen ist.“

Heinrich setzt ein weinerliches Gesicht auf. „Ja, buhuuu… Ich glaub, ich muss anschaffen gehen…“

Alexander lässt seine Hände von der Brust auf seinen Bauch wandern und schmiegt sich noch ein wenig enger an ihn. „Es reicht schon“, flüstert er, „wenn du den Pulli heute Abend abarbeitest.“

„Mmmh~ So einer bist du also…“, zwinkert Heinrich in den Spiegel und legt seine Hände auf Alexanders.

Der schenkt ihm ein kehliges Lachen, bevor er ihn zögerlich loslässt. „Wir sollten die Kabine so langsam räumen.“, schlägt er vor.

Heinrich nickt und lässt sich den Pullover wieder ausziehen.
 

„So“, verkündet Heinrich, nachdem sie die Pullis der Verkäuferin übergeben haben, „Jetzt muss ich aber noch nen etwas spannenderen finden.“

„Naja“, meint Alexander, wenn ich mich hier so umschau, dann stell ich fest, dass die Damenwelt diesen Winter nicht gerade auf knallbunt mit Smiley oder ausgefallene Schnitte setzt…“

„Und die Herrenwelt kannst du erst recht vergessen.“, gibt der Junge enttäuscht von sich.

Sein Freund nimmt ihn in den Arm und sieht betont auf ihn herab. „Hmm, es könnte natürlich sein, dass die Jugendlichen von heute da mehr hergeben.“

Heinrich sieht ihn entrüstet an. „Du willst mich hier nicht grad ernsthaft in die Kinderabteilung schicken?!“

„Nein, ich werde dich hinführen.“, meint Alexander und nimmt ihn an die Hand, um mit ihm auf die Rolltreppe nach unten zu steigen.

Als sie dort ankommen, ist der Junge zu seinem Erstaunen hochrot im Gesicht. „Sag bloß, dir ist das jetzt peinlich? Wo ist der Unterschied zwischen der Damen- und Mädchenabteilung?“

Heinrich grummelt nur irgendwas vor sich hin und lässt sich von seinem Freund zwischen die Kleiderständer ziehen. Sie laufen an Miniaturkleidchen vorbei, die er zugegeben schon immer süß fand, bis sie bei der Teenie-Mode angelangt sind. Es empfangen sie Glitzerpullis mit Strasskronen und abgedruckten rosa Schmetterlingen.

„Ähm…nicht ganz so das, was wir suchen.“, gibt Alexander von sich.

Der Junge schubst ihn vorsichtig ein wenig weiter. „Hier hört die Prinzessinnen-Abteilung auf.“

Alexander nickt, und so durchsuchen sie die Kleiderständer weiter links.

„So was in der Art?“, fragt der Ältere und hebt einen hellbraunen Poncho mit grüner Bestickung und Fransen hoch.

„Ja, schon.“, antwortet Heinrich, „Nur muss ich da ja was drunter ziehen; ich dachte, ich find was Langärmliges.“

„Achso.“

Es dauert eine Weile, dann wird Alexander wieder fündig; Heinrich selbst ist anscheinend zu wählerisch.

„Der hier ist langärmlig.“, ruft ihn sein Freund zu sich, der Meinung des Jungen nach, etwas zu laut. Mit geröteten Wangen, ob der Blicke, die sämtliche Mütter ihnen zuwerfen, kommt er zu ihm hinüber.

Und schlägt sich vor Entzückung die Hände an die Wangen. „Gott, der hat ja ein Schwänzchen!“

„Wo?“ Verwirrt dreht Alexander das Kleidungsstück herum und entdeckt hinten tatsächlich einen Fellpuschel, den man wohl als Rentierschwänzchen deuten soll, wobei Alexander als erstes an einen Hamster denken muss.

Bevor er jedoch irgendetwas sagen kann, hat sich Heinrich den Pullover schon geschnappt und verschwindet damit, jegliche Peinlichkeit vergessen, in eine der Umkleiden.

Es dauert nicht lange, bis aus dieser ein Jubelschrei ertönt und der Junge über beide Ohren grinsend herausgestürmt kommt, um vor seinem Freund mit wackelndem Hintern zu posieren.

„Den nehm ich! Schau dir das an, ist das nicht wunderbar?!“

Der Ältere starrt gebannt auf das Schwänzchen, das sich mit hin und her bewegt und den anderen einfach nur…!

Als Heinrich innehält und mit großen Augen und einem „Und?“ zu ihm aufsieht, fällt er den Jungen lachend an und knuddelt ihn kräftig durch. „Duuuu, kleiner, unmöglicher…! Soweit hast du mich schon gebracht, dass ich schrecklichen Kitsch aus der Kinderabteilung an dir unbeschreiblich entzückend find!“

Heinrich kichert freudig und lässt sich von seinem Freund, der ihn auf den Arm genommen hat, küssen.

„Mama, wieso wird der Junge da von seinem Papi so geküsst, wie Daniel und seine Tusse sich küssen?“

„Du sollst die Freundin deines Bruders doch nicht „Tussi“ nenn– …Was?!?“

Heinrich schmiegt sich glücklich grinsend an Alexanders Brust. Der räuspert sich und setzt den Jungen wieder auf dem Boden ab. „Nicht in der Kinderabteilung, Heinrich.“

„Oh.“ Der andere lässt ihn zögerlich los und streicht sich ein wenig unbeholfen die langen Ärmel seines Pullis zurecht. „Ich, ähm…zieht den mal eben wieder aus.“
 

Den Fund des Tages unterm Arm laufen sie zurück zur Rolltreppe nach oben, da wird Heinrich magisch vom Schal- und Mützensortiment angezogen, und seine Augen beginnen zu strahlen, als er eine ganz besonders reizende Mütze erblickt. „Die muss ich haben!“, ruft er, und Alexander glaubt, er sieht nicht recht, als sein Freund ihn anblickt, eine braune Mütze mit runden Öhrchen auf dem Kopf.

Er muss lachen. „Gott, Heinrich, ist das kitschig…!“

„Aber so passend zum Pulli!“

„Da hast du schon Recht…“

„Also gekauft.“, beschließt der Junge eigenmächtig, „Freu mich schon drauf, alles abzuarbeiten.“

Alexander sieht ihn voller Erkenntnis an. „Gekauft!“
 

Nachdem sie auch noch ein paar braune Stoffhandschuhe zurückgelegt haben, machen sie sich auf in die Herrenabteilung, schließlich brauch Alex ja auch noch Winterkleidung.

„Achwas, meine Jacke ist doch warm genug.“

„Ha!“, gibt Heinrich nur von sich und schiebt den anderen weiter voran.

Eigentlich zu den Mänteln und Winterjacken, doch bei der Unterwäsche bleibt er hängen. Wie, als wäre er in der Süßwarenabteilung, durchstöbert er die Unterhosen.

„Heinrich…? Was wird das?“

„Ich freu mich immer so drüber, dass du in Unterhose tausendmal besser aussiehst, als diese Pseudomodels hier vorne drauf!“

„Du übertreibst.“, lacht der Ältere.

„Doch!“, beharrt der Junge, „Würd ich nicht umsonst drankommen, würde ich eine getragene von dir für Millionen ersteigern! – Hier, du brauchst neue, die alten sitzen nicht mehr eng genug – oh, am besten nehmen wir eine Nummer kleiner!“

„Ääh…“

„Auja! Die ist schön knapp geschnitten!“

„Äh, Heinrich, wir wollten eigentlich zu den Jacken.“

„Oh.“ Der Junge hält inne und betrachtet seinen Freund, der schon mit einigen Paketen Unterhosen bepackt ist, die er ihm in den Arm gedrückt hat. „Okay, das reicht. Auf zu den Winterjacken!“
 

Heinrich hat sich richtig in den dunkelblauen Mantel verliebt. Mit geschlossenen Augen schmiegt er seine Wange an die Innenfütterung und Alexanders Brust.

„Ich glaub, den kann ich nehmen.“, meint der Ältere, „Immerhin ist er groß genug, dass du mit drunter passt.“

„Mmmh, ja…“, schnurrt der Junge und lässt sich von seinem Freund die Stirn küssen.

Als Heinrichs Magen sich zu Wort meldet, müssen sie lachen.

„Ich hab auch Hunger.“, gibt Alexander zu und sieht auf die Uhr, „Wir sollten dann auch langsam wieder nachhause, vergiss den Termin mit Tim nicht.“

„Wir haben doch gesagt, dass wir ihn anrufen, wenn wir da sind.“

„Natürlich, aber vielleicht schaffen wir es ja heute, ein wenig weiter zu kommen als gestern.“

Der Junge muss kichern. „Das stimmt, das sollten wir.“

Alexander freut sich, sich so vor einem Schal und Handschuhen gedrückt zu haben. Zwei Kleidungsstücke, die seiner Meinung nach vollkommen überbewertet sind.
 

„Oh-mein-Gott!“ Alexander starrt aufs Preisschild, das er gerade von Heinrichs brauner Winterjacke mit Fellkapuze abgeschnitten hat, „Wie viel hab ich für dieses Ding ausgegeben?!?“

„Nörgel nicht rum, immerhin ist das eine Daunenjacke.“, verteidigt sich sein Freund, während er das Telefon ans Ohr nimmt, „Die kannst du an die Garderobe hängen, werd ich jetzt öfters anziehen.“

„Ja, dann komm her, das darfst du machen.“

Heinrich deutet aufs Telefon und streckt ihm die Zunge raus. „Jaaa, hey, Tim, ich bin’s!“

Alexander seufzt und läuft in den Flur.

„Jap, du kannst vorbeikommen. Wenn du’s in zwanzig Minuten schaffst, dann kannst du sogar mit uns was essen. – Asiagemüse und Nudeln. – Natürlich aus der Tiefkühltruhe, woher sonst?!“, lacht der Junge, „Okay, bis gleich.“

Heinrich legt das Telefon auf der Station auf, da wird er von hinten plötzlich von einem Paar starker Arme umschlungen. Lächelnd schmiegt er sich nach hinten an Alexanders Brust.

„Du bekochst uns also?“

Grinsend sieht der Junge zu seinem Freund auf. „Och, ich dachte, der Herr Professor macht das für seine Studenten. Immerhin muss er ihnen ja was bieten, wenn er sie am Ende der Sitzung rumkriegen will.“

Alexander muss lachen. „Wenn ich euch beide rumkriegen wollte, dann würd ich ganz andere Geschütze auffahren. – Heinrich, das sagt man so! Hör auf, so dreckig zu grinsen!“

Schmunzelnd dreht sich der Junge in den Armen seines Freundes herum. „Meinst du denn, du hättest bei Tim überhaupt eine Chance? Immerhin ist er mit Adele zusammen, da seh ich nicht so viele Gemeinsamkeiten.“

Alexander küsst ihm den Hals. „Wenn du’s hören willst, dann kann ich dir erzählen, dass ich schon ganz andere Typen rumgekriegt hab.“

„Hm.“

Als Heinrich seinen Kopf senkt, gibt er ihm einen Kuss auf die Lippen. „Muss nicht sein.“

„…Doch, erzähl.“

„Ich bin nicht wirklich stolz drauf, aber… Ein Schulkamerad von Michi und mir, Jonas, der hat Theologie studiert, ist heute evangelischer Pfarrer. Jedenfalls hat er mal zu nem Treffen einen seiner Studienkollegen mitgebracht. Der wollte katholischer Priester werden, später vielleicht sogar nem Orden beitreten.“

Heinrich muss schmunzeln.

„Tja…“ Alexander räuspert sich.

„Is dann nix mehr draus geworden, hm, nachdem du ihn flachgelegt hattest.“

„Nein, nicht mehr allzu viel.“

Grinsend legt ihm Heinrich seine Hände in den Nacken. „Bei Tim hättest du’s viel leichter.“

„Hm?“

„Hab ich so im Gefühl.“, nuschelt der Junge, bevor er den anderen küsst.

„Und was“, murmelt Alexander, „wenn ich gar niemand anderen mehr rumkriegen will, außer dir?“

Heinrich schenkt ihm ein gerührtes Lächeln.

„Dafür hat’s bei dir auch am längsten gedauert.“, meint der Ältere.

„Das stimmt.“

„Und das war wunderbar so.“

Zufrieden erwidert Heinrich den Kuss, den er bekommt.

„Trotzdem sollten wir jetzt langsam mit dem Essenmachen anfangen, sonst läuft Tim hier auf und wir haben noch gar nichts fertig.“

„Oh! Das können wir natürlich nicht bringen. – OhmeinGott, und der Teppich ist noch im Trockner!“
 

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Soooo, endlich geht's weiter! :D

Wer die Zeit zwischen den Kapiteln überbrücken möchte, der darf gerne in Rans und meinen Adventskalender-Doji reinschauen ;)

http://animexx.onlinewelten.com/doujinshi/stichwort/1113/50280/

Als Tim bei ihnen eintrifft, ist das Essen gerade fertig.

Alexander deckt den Tisch, während Heinrich seinen Kumpel willkommen heißt.

„Super“, meint der Rothaarige, als er in der Küche Platz nimmt, „Jetzt hab ich mir das Geld für nen Döner unterwegs gespart.“

„Schmeckt auch viel besser bei uns.“, versichert Alexander grinsend, was Tim ein wenig verschüchtert.

Nachdem Heinrich ihnen allen Wasser eingeschenkt hat, genießen sie das Essen.

„Wunderbar scharf.“, stellt Tim fest.

„Alex übertreibt’s immer.“, entgegnet Heinrich.

„Nein, so muss man asiatisch kochen.“, meint der Rothaarige.

„Danke, wenigstens einer, der meine Würzkünste zu schätzen weiß.“, lacht der Professor, „Irgendwo muss ich übrigens noch ein Gewürz von Tecumseh haben; das ist scharf!“

„Für so was hab ich halt ein viel zu zartes Gemüt…“, gibt Heinrich gekonnt unschuldig von sich und blinzelt seinen Freund an.

„Oooh, ja, da hast du Recht.“, meint er Ältere schmunzelnd, und Tim muss lachen.
 

Mit der Tüte Weihnachtskekse, die sie sich auf dem Rückweg von ihrer Shoppingtour in Ullis Café gekauft haben, machen die drei es sich auf dem Sofa bequem.

Tim streicht grinsend mit seinen Füßen über den Teppich. „Na, da habt ihr euch ja alle Mühe gegeben, das Ding wieder sauber zu kriegen.“

„Wer sagt denn, dass er überhaupt dreckig geworden ist?“, meint Heinrich und streckt ihm die Zunge raus.

Der Rothaarige deutet nach oben. „Meine Schwester.“

Der Junge läuft knallrot an.

Lachend knallt Alexander die Bibel auf den Tisch.

Die zwei Studenten seufzen schwer auf.

„Ohjeh, Johannes und seine Logos Christologie…“, murmelt Tim, „Dazu hab ich noch weniger Bezug, als zur Stoa.“

Alexander muss schmunzeln. „So ging’s mir damals auch als Student. Und mit einer Nacht hat sich das schlagartig geändert.“

Tim sieht den Professor mit großen Augen an, während Heinrich ein wenig skeptisch dreinschaut. „Sag bloß, du hast diesen Theologen mit dem Vorwand ins Bett gekriegt, dich mit ihm über die Logos Christologie unterhalten zu wollen?“

„So in etwa.“

„Das hört sich ja spannend an! Erzähl mal!“, fordert ihn Tim begeistert auf, „Vielleicht bekommen wir zwei dann auch einen besseren Zugang dazu.“

„Naja…“, entgegnet Alexander und sieht unsicher zu Heinrich.

„Oh“, gibt der Rothaarige von sich, „Sorry, ähm…muss nicht sein…“

„Nein, ich…Macht mir nichts aus.“, meint Heinrich.

„Sicher?“, hakt Alexander nach.

Der Junge nickt.

Alexander gibt ihm einen Kuss auf die Stirn und lächelt ihn an, bevor er sich an Tim wendet. „Also, Michi, ein ehemaliger Schulkollege von mir, hat mich zu seinem Geburtstag eingeladen…Wie gesagt hab ich damals schon studiert…hm, wir müssen wohl so um die Zweiundzwanzig gewesen sein… - Jedenfalls war auch Jonas eingeladen, heute noch ein guter Freund von uns, der Theologie studiert hat und heute evangelischer Pfarrer ist. Der hatte einen Studienkollegen mitgebracht…“
 

Dunkle mittellange Haare, brav zum Seitenscheitel gekämmt, blaue Augen, ein kindlich-naives Gesicht und Brille.

Alexander war sofort von ihm ergriffen. Nicht sonderlich emotional; es war, als greife man nach tieferen Körperregionen als nach seinem Herzen.

Als Michael den Gast fragte, ob er denn auch Theologie studiere, und dieser antwortete, ja, er wolle katholischer Pfarrer werden, vielleicht auch ins Kloster gehen, brachte ihn das keineswegs von seinem Vorhaben ab, den anderen möglichst bald ins Bett zu bekommen.

Mit dem Vorwand, den ihm sein momentanes Philosophieseminar über „Die Philosophie der Evangelisten“ lieferte, sprach er den anderen im Laufe des Abends mal an.

„Hey, ich weiß nicht, ob du’s mitbekommen hast, aber ich studier auch in Berlin. Philosophie. Seltsam, dass wir uns noch nicht über den Weg gelaufen sind.“

„Oh, vielleicht doch, und wir können uns nur nicht daran erinnern.“

Alexander gefiel die sanfte, beruhigende Stimme; sie bettelte geradezu darum, endlich mal vor Lust zum Schreien gebracht zu werden.

„An dich hätte ich mich sicherlich erinnert.“, entgegnete Alexander mit einem Lächeln und legte seinen Arm hinter ihm auf der Stuhllehnte ab.

„Alex.“, sagte er und hielt ihm die andere, rechte Hand entgegen.

Der Dunkelhaarige sagte seinen Namen und: „Sehr erfreut.“. Sein Händedruck war so sanft wie seine Stimme.

Alexander drückte die schmale Hand ein wenig fester.

„Ich besuch gerade ein Seminar über die Philosophie der Evangelisten.“

„Oh, sehr interessant.“

„Ich dachte, du könntest mir da etwas bei den Vorbereitungen für die Prüfung helfen? Wenn ich die theologische Seite ein wenig mehr beleuchtet bekomme, wird mir der Stoff vielleicht verständlicher.“

„Gerne.“, war die Antwort, der ein Lächeln folgte, das niemals ahnen konnte, was den jungen Theologen mit dieser Zusage erwartete.

„Cool. Würde dir diese Woche Dienstag passen?“

„Da assistier ich bis um Sieben in einem Gottesdienst.“

„Super! Da bin ich grad beim Schwimmen fertig. Wenn du willst, komm ich dich abholen. Welche Kirche?“

„Ä-äh…“
 

„Ich glaube, es war die Marienkirche…oder was mit C…?“

„Meeensch, Alex! Mit Namen hast du’s nicht so, hm?“

„Naja, jedenfalls hab ich sie damals gefunden.“

„Wenigstens was.“, lacht Tim.
 

„Wunderbar.“ Alexander konnte es nicht lassen, dem anderen auf den Oberschenkel zu schlagen, als er ihn angrinste. „Ich freu mich drauf. – Soll ich dir auch noch nen Drink holen?“

Der Dunkelhaarige schüttelte den Kopf. „Danke, ich trinke keinen Alkohol.“

„Oh, Sorry, Askese, ich verstehe.“, meinte Alexander und zwinkerte ihm zu, bevor er sich erhob.
 

Er hatte sich drei Versuche gegeben, mehr Mühe würde er für den Priester nicht aufwenden. Das erste Treffen lief aber schon verhältnismäßig gut.

Wie abgemacht tauchte er in der Kirche auf. Ein Ministrant konnte ihm sagen, dass der Vikar sich noch hinten in der Sakristei befand, wo er sich umzog.

Schneller als man schauen konnte, war Alexander bei ihm. Er hing gerade seinen Talar auf und sah ihn erstaunt an. „Oh, schon da? Ich wäre rausgekommen.“

„Kein Problem.“ Alexander gab ihm die Hand.

Es war hier in der Kirche ein wenig kühl, aber das knallenge T-Shirt hatte er anziehen müssen, sonst hätte er seine Verführungsversuche gleich vergessen können.

Der andere trug wiedermal ein Hemd und setzte sich seine Brille auf.

„Zu mir oder zu dir?“

Der Theologe musste lachen. Er lachte wie ein kleines Kind. „Entschuldigung, das hat sich…eben nur so…naja, eben so angehört, wie aus diesen Filmen…“

„Du schaust Pornos?“

Sein Gegenüber lief knallrot an. Sofort schlug er ein Kreuz vor seiner Brust. „Gott bewahre, nein!“ Hastig schnappte er sich seine Tasche und schob Alexander aus der Sakristei.

„Nein“, wiederholte er, als sie draußen vor der Kirche waren und sie zu Alexanders Auto liefen, damals noch eine regelrechte Schrottkarre, „Ich mache mir nichts aus körperlicher Leidenschaft.“

Alexander grinste ihn übers Autodach hinweg an. „Das geht doch gar nicht.“

„Das verstehen viele nicht, aber es geht. Und es lebt sich wunderbar ohne…“

„Sex.“

Der Dunkelhaarige nickte hastig und wandte seinen Blick ab.

Schmunzelnd öffnete Alexander den Wagen.
 

Sie hatten sich schließlich entschlossen zu ihm zu gehen, dabei hatte Alexander vorsorglich schon bei sich aufgeräumt…

Die Wohnung des jungen Theologen mutete wie ein Gotteshaus an. Er wohnte zur Untermiete, es stand nur ein Bett im Zimmer, ein Schrank und ein Schreibtisch. Das Bücherregal nahm noch den größten Platz ein.

„Wow“, brachte Alexander heraus, als er das Kreuz überm Bett sah, das Marienbildnis, das Portrait, das Jesus Christus zeigte…

„Ja, wie du siehst, beschäftigt mich die Religion ständig.“

„Wunderbar.“, entgegnete Alexander zuversichtlich, „Das wird uns hoffentlich nützlich sein.“

„Ich denke schon. Wenn wir hier durch sind, dann brauchst du gar keine Bedenken mehr wegen deiner Prüfung haben.“

Alexander lächelte ihn schweigend an. Oh ja…wenn sie hier erst mal durch waren, dann…

„Bitte.“, verwies ihn der Dunkelhaarige auf den Stuhl, der am Schreibtisch stand, „Ich kann besser nachdenken, wenn ich stehe.“

Alexander überlegte, wie er möglichst unauffällig den Vorschlag unterbringen könnte, sich doch gemeinsam aufs Bett zu setzen…
 

„Das kenn ich woher.“, meint Heinrich mit einem Grinsen, „Und bei mir hat es geklappt.“

Tim sieht die beiden fragend an.

„Er war mich zuhause besuchen, um mir Fotos von Berlin zu zeigen. Da hat er es auch geschafft, uns beide auf mein Bett zu lotsen.“

Der Rothaarige muss kichern.

„Wie geht’s weiter?“, wollen sie beide wissen.

„Wir haben Philosophie gelernt.“

Enttäuscht sehen die beiden den Professor an. „Aber doch nicht nur?!“

„Erst mal schon.“, antwortet Alexander, „Und das sollten wir jetzt auch tun. Die Fortsetzung gibt’s dann als Belohnung.“

„Auja!“

Eifrig referiert zuerst Tim, dann Heinrich, was sie an Notizen vorzuweisen haben und wo etwaiges Unverständnis herrscht. Alexander geht auf ihre Fragen ein und gibt ein paar Merkhilfen. Nicht wenige Male müssen sie die Bibel aufschlagen, um die Theorien an Zitaten fest zu machen.

Es ist schon kurz vor Acht, als die zwei Studenten der Meinung sind, alles verstanden und genügend wiederholt zu haben, sodass der Professor jetzt bitte gerne mit der spannenden Erzählung fortfahren könnte.

„Naja…“, beginnt Alexander, „Viel mehr als über Philosophie gesprochen, haben wir an dem Abend wirklich nicht. Ich hab zwar ein paar Mal irgendwelche Andeutungen gemacht, von wegen ob Jesus wirklich so asketisch gelebt hat, oder nicht vielleicht ein Verhältnis mit Maria Magdalena gehabt – oder sogar mit seinem Lieblingsjünger Johannes, was der Gute natürlich rigoros abgelehnt hat. Aber ich glaub, er hat nicht gelogen. Er ist wirklich ohne Alkohol, Vergnügen und Sex ausgekommen, auch wenn er diese Bedürfnisse eventuell nur weggeschlossen hat. Vorhanden waren sie nämlich auf jeden Fall. Für Letzteres zumindest.“

Gespannt rücken die beiden Studenten ein wenig näher.
 

Beim ersten Treffen konnte Alexander also nicht mehr tun, als kleine Denkanstöße zu geben. Noch nicht einmal anfassen konnte er den anderen oft, denn der war stets im Zimmer unterwegs, lief auf und ab, von Maria zu Jesus und wieder zurück. Nur wenn er ihm in der Bibel etwas aufschlug, dann konnte er nach seiner Hand fassen, alles andere wäre zu auffällig gewesen.

Dafür lief das zweite Treffen umso besser. Sie hatten ausgemacht, dass der Theologe dieses Mal nach der Uni zu ihm kommen sollte.

Alexander erschien vom Schwimmen extra ein paar Minuten später vor seiner Wohnungstür, wo der andere natürlich schon wartete. Er war die Treppen hinaufgerannt, deshalb ein wenig außer Atem. „Hey, sorry, die Duschen waren alle besetzt, ich dachte, ich komm noch dran.“

„Kein Problem.“

Sie gaben sich die Hand und Alexander schloss die Tür auf. Noch im engen Flur zog er sich das verschwitzte Shirt über den Kopf. Offensichtlich erschöpft fuhr er sich durch die Haare und in den Nacken. „Ich geh erst mal duschen, wenn du nichts dagegen hast.“

„N-nein, schon okay.“, entgegnete der Dunkelhaarige und wandte seinen Blick ab. Für Alexander ein gutes Zeichen.

„Du kannst dich ins Wohnzimmer setzen, dauert nicht lange.“

Tatsächlich beeilte sich Alexander. Dass es Sommer war, kam ihm zugute, denn so konnte er es rechtfertigen, dass er nur in legerer Jogginghose und einem Handtuch um die Schultern im Wohnzimmer erschien.

Er streckte sich, als er neben dem anderen auf dem Sofa Platz nahm und legte einen Arm hinter ihm auf die Lehne. „Ich dachte, ich mach’s mir mal etwas bequemer.“

„Schon in Ordnung.“ Das hingegen war gelogen. Man merkte, dass es dem anderen unangenehm war.

„Oh“, meinte Alexander und legte ihm eine Hand auf den Oberschenkel, „Willst du was trinken?“

„E-ein Wasser.“

„Kommt sofort.“ Er lief in die Küche und holte die einzige Flasche Wasser aus dem Kühlschrank, die er gestern noch extra gekauft hatte.

„Wie ist das bei euch Geistlichen?“, fragte er, als er sich wieder zu ihm setzte und ihm etwas ins Glas eingoss, „Macht ihr keinen Sport?“

„Es ist nicht so üblich, nein. – Danke.“ Er nahm gleich einen Schluck.

„Naja, unterm Talar sieht man ja auch nicht unbedingt, wie viel ein Pfarrer trainiert hat.“, meinte Alexander mit einem Grinsen.

„Das stimmt. Als Pfarrer muss man schließlich auch niemanden auf solche Weise ansprechen.“

Alexander blickte den anderen gefällig an. Nein, sicherlich hatte der junge Theologe keinen Traumkörper, aber er hatte eine schmale Hüfte, einen schönen Hals und einen außerordentlich interessanten Hintern, auch in seiner weiten Anzugshose.

„Trotzdem muss man sein Äußeres doch nicht ganz vernachlässigen, oder?“, meinte er, „Ganz schrecklich ist doch bei den Mönchen diese Frisur…“

„Die Tonsur.“

„Genau. Wär doch schade um deine Haare.“ Schmunzelnd fuhr er ihm durch eben diese.

„Naja, wie schon gesagt“, entgegnete der andere mit einem unsicheren Lächeln, „Nicht jedem ist diese Lebenseinstellung zugänglich.“

„Meinst du, ich würd das mal schaffen? Nur für ein, zwei Monate?“, fragte Alexander und sah sein Gegenüber übertrieben interessiert an.

Der lachte, anscheinend begeistert über dieses Vorhaben. „Sicher! Wenn du es nur intensiv genug willst.“

„Oh, wie intensiv ich dich gerade will…!“, dachte Alexander, fragte aber, während er versuchte, unsicher dreinzublicken: „Darf man…masturbieren?“

Sofort schüttelte der andere entschieden den Kopf. „N-nein! Auf keinen Fall.“

„Aber es ist doch kein Sex.“

„Trotzdem. Damit befriedigst du deine körperliche Lust. Und von der sollst du dich doch befreien.“

„Ja, darum hol ich mir ja einen runter!“
 

Tim und Heinrich liegen sich vor Lachen kringelnd auf dem Sofa.

„So genial!“

„Erzähl schon, wie ging’s weiter?!“

„Naja, ich hab erkannt, dass der Typ wirklich stur war, also dachte ich mir, ich hab nur eine echte Chance, wenn ich jetzt endlich auf ernst mach.“
 

„Du kannst mir nicht erzählen, dass du dir nicht wenigstens einmal im Monat einen runterholst.“

„Bitte, ich bin nicht hier, um über so etwas zu diskutieren.“

Alexander grinste ihn an. „Also doch.“

„Nein!“, rief der Dunkelhaarige aufgebracht und sprang auf, „Wenn mich nichts erregt, wenn mich nichts Lust spüren lässt, dann brauch ich auch nicht…!“

„Hast du schon mal ne nackte Frau gesehen?“

Er sah ihn entsetzt an. „W-was wird das?! Willst du mich bekehren, oder was?!?“ Er wandte seinen Blick verzweifelt nach oben, „Willst du mich prüfen, Herr?!“

Alexander packte seine Hände. „Nackte pralle Brüste?“

„N-natürlich, a-auf Fotos! Aber das lässt mich alles– “

„Einen nackten Mann?“

Der Theologe verstummte, als Alexander seine Hände sich an die Brust legte. Seine Augen weiteten sich entsetzt und sein Atem ging aufgeregt, als Alexander sich quälend langsam die Hose von den Hüften zog und sie schließlich um seine Knöchel auf den Boden fiel.

„Na bitte.“, murmelte er, bevor er den anderen am Kopf packte und ihn küsste.
 

„Gott…das ist ja wie ein Porno…!“, gibt Tim von sich und merkt, dass er ganz dringend seine Wangen und andere Körperregionen herunterkühlen sollte.

„Sooo heiß~ “, kommt es begeistert von Heinrich und er kann es nicht lassen, seinem Freund ins Ohr zu beißen, „Ich glaub, ich leg mir ein Nonnenkostüm mit Strapsen zu…“

Alexander wirft ihm zu seiner Freude einen kurzen angetanen Blick zu, bevor er den Jungen ein wenig von sich schiebt.

„Da du schon mein Ohr anknabberst“, meint er, „nehm ich mal an, dass du genauso Hunger hast, wie ich? Wie sieht’s bei dir aus, Tim?“

„Ja, ähm…ich könnt auch was vertragen.“

„Wir könnten uns ne Pizza machen. Den Teig haben wir, wir müssen sie nur noch selbst belegen.“, schlägt Alexander vor.

„Das klingt gut.“, entgegnet Tim.

„Find ich auch.“, stimmt Heinrich zu.

„Dann auf!“, meint der Professor und zieht seinen Freund mit sich vom Sofa.

„Ich geh kurz aufs Klo.“, entschuldigt sich Tim und verschwindet im Flur, während die anderen beiden schon einmal in die Küche gehen.

„Er muss aber schon aufs Klo, oder?, und ist nicht von meiner Erzählung so angetan?“, hakt Alexander verwundert bei seinem Freund nach, „Wie ist er eigentlich veranlagt? Ich dachte, er ist mit Adele zusammen.“

„Das ist er.“, antwortet Heinrich grinsend und holt den Pizzateig aus dem Kühlschrank.

„Und dann interessiert er sich für so was?“, hakt Alexander ungläubig nach.

„Naja“, lacht Heinrich, „Sind ja schon interessante Geschichten, die wir beide zu erzählen haben…“ Zwinkernd drückt er ihm die Tomaten in die Hand, da kommt Tim auch schon wieder.

Gemeinsam machen sie sich ans Werk. Schnell stellt sich heraus, dass Heinrich ein guter Koordinator ist, der den anderen die Arbeit überlässt: Vom einem huscht er zum anderen, vom Käseraspeln (ein Tadel an Tim, nicht so viel zu naschen) zum Teigkneten (ein Schnurren hinsichtlich Alexanders Händen); dem Rothaarigen wirft er sich um den Hals, um ihm ins Ohr zu flüstern. „Na? Hat sich wieder alles gelegt?“, Alexander drückt er einen Kuss auf die Wange, um ihm ein „Werd mir nachher bei der Abbezahlung genauso viel Mühe geben, wie ihr jetzt.“ zuzuraunen. – Sofort sind beide eifriger bei der Arbeit.

Als sie die Pizza belegen, wiederholen Tim und Heinrich bei jeder Salami und Peperoni, die sie auf den Teig legen, einen Merksatz zum Prüfungsstoff. Während die Pizza dann im Backofen ist, decken sie den Tisch.

Heinrich verschwindet kurz in der Vorratskammer und kommt mit einer Flasche Rotwein zurück.

„Oh, nein…“, kommt es von Alexander, „Er hat dran gedacht.“

„Natürlich hab ich da drangedacht!“

Tim sieht die beiden fragend an. „Heinrich bekommt Alkohol?!?“

„Jap“, entgegnen der Junge, „Wir haben einen Deal, dass ich ab jetzt jeden Samstag ein Glas Wein trinken darf, damit solche Sachen wie auf deiner Party nicht mehr vorkommen.“

„Achsooo…“, meint der Rothaarige, „Na, da bin ich mal gespannt, wie das heute endet.“

„Ganz unspektakulär.“, mischt sich Alexander ein und nimmt seinem Freund die Flasche ab. „Du auch, Tim?“

„Zur Pizza nicht so, danke.“

Der Professor holt also zwei Weingläser aus dem Schrank und entkorkt die Flasche. Nachdem er eingeschenkt hat und wieder aufsieht, blickt er in zwei höchst angetane Gesichter.

„Was?“

„Meine Fresse! Und das jetzt noch im Frack!“

„Ich würd dich sofort als Butler anstellen, Alex! Auch ohne Frack!“

„Was gleich nackt heißt.“

„Geeenau.“

Alexander schüttelt lachend den Kopf. „Ihr spinnt.“
 

Als Heinrich – nach Alexander Bitte erst nach ein paar Stücken Pizza und nicht auf leeren Magen – seinen ersten Schluck tut, ist er ganz stolz.

„Prost.“, stößt Alexander mit ihm an.

„Cheers.“, entgegnet der Junge mit übertrieben weiblicher Handbewegung, die Tim sehr amüsant findet.

Schneller als er schauen kann, ist das Glas leer. Lautstark verlangt er Nachschub.

„Nein, Heinrich, wir hatten abgemacht, dass es jeden Samstag nur ein Glas gibt.“

„Bitte…“

„Nein.“

„Büttöööö~ “

„Nein, Heinrich, du brauchst es gar nicht erst versuchen.“

„Noch ein Glas, und ich blas dir einen.“

Geschockt sehen Tim und Alexander den Jungen an, dann begegnen sich ihre Blicke.

„Ist das schon der Alkohol?“, fragt der Rothaarige skeptisch.

„Der Alkohol.“, nickt Alexander, „Du siehst: Die Therapie ist dringend notwendig.“

„Definitiv.“

Heinrich beginnt zu kichern. „Quatsch, war doch nur Spaß!“

Die beiden heben ihre Augenbrauen. „Natürlich.“
 

„Also, dann nächste Woche wieder?“

„Genau.“ Tim schlüpft in seine Jacke, während Alexander mit ihm im Flur steht.

„Ist mir jetzt eigentlich gar nicht recht, dass du so spät noch nachhause fahren musst.“, beginnt der Professor vorsichtig, da er sich dabei ein wenig blöd vorkommt.

„Achwas, da passiert nix.“, winkt Tim ab, ein wenig rot im Gesicht und leicht mit dieser Fürsorglichkeit überfordert.

„Trotzdem, ich…würd dir ja das Sofa anbieten…“

Beide grinsen sie sich an, als sie an Heinrich denken, der gerade schnarchend auf eben diesem Sofa liegt.

„Wenn’s dich wirklich so stört, dann geh ich mal hoch zu meiner Schwester und frag, ob ich bei ihr unterkommen kann.“

„Das ist ne gute Idee!“, ist Alexander einverstanden, „Ja, mach das. Dann kann ich ruhiger schlafen.“

Tim nickt mit roten Wangen. „Dann…Gute Nacht.“

„Nacht, schlaf gut.“

„Ihr auch.“

„Und sag Bescheid, wenn das mit deiner Schwester nicht klappt.“

„Mach ich.“

Alexander sieht ihm noch nach, wie er die Treppen hinaufgeht, dann schließt er die Tür.

Als er ins Wohnzimmer kommt, liegt Heinrich immer noch auf dem Sofa, sein Gesicht aufs Niedlichste im Schlaf verzogen und sein Mund einen Spalt geöffnet, aus dem der Speichel läuft.

Mit einem entzückten Lächeln nimmt er ihn auf die Arme und trägt ihn nach oben. Er legt ihn ins Bett, zieht ihm Jeans und Socken aus, und deckt ihn zu. Dann drückt er ihm noch einen zärtlichen Kuss auf die Stirn, bevor er im Bad verschwindet, um sich wenig später zu ihm unter die Decke zu legen, den Laptop auf seinem Bauch, auf dem er seine Bettlektüre öffnet, den „Michael Kohlhaas“ von Heinrich Kleist.
 

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Ein kleiner Ausblick in Alexanders (skandalöse XP) Vergangenheit^^ Ich hatte echt Spaß, das zu schreiben :3

Interessiert's euch auch so sehr wie mich, was aus dem jungen Theologen geworden ist...?! ;)

Wie er aussah, kann man sich bald bei den Charakterbildern anschauen, wo auch Jonas auftauchen wird :)
 

Das Bild von Alex, das im Clubhaus des Schwimmvereins hängt, in dem Tim ja jetzt auch ist, kann sich, wer noch nicht 18 ist, jetzt schonmal hier: http://www.animexx.de/weblog/pic/6313790/0b93e996 anschauen; Tim hat es wieder hergegeben ;P

MIT Tim ist es bei den Illus zur FF zu sehen^^

Es ist eine gute halbe Stunde vergangen, seit Tim die Wohnung verlassen hat, als Heinrich sich rührt. Verschlafen nuschelt er vor sich hin und streckt sich, bevor er die Augen öffnet.

Alexander grinst ihn an, immer noch den Laptop auf seinem Schoß.

„Nnn…was machst du?“

„Dein Buch lesen.“

Sofort sitzt Heinrich senkrecht im Bett. „Au, echt?!“

Lachend fährt ihm der Ältere durch die Haare. „Na? Hast du deinen Rausch ausgeschlafen?“

„Quatsch.“, meint der Junge, „Ich bin doch von einem Glas Wein nicht besoffen!“ Spitzbübisch grinsend legt er sich einen Finger an die Lippen. „War nur müde. Außerdem wollt ich nen Grund dafür haben, wieder so anhänglich zu werden, und Tim langsam zum Gehen auffordern…Immerhin haben wir beide ja noch was vor…“

Schmunzelnd lässt es Alexander geschehen, dass sich die Arme seines Freundes um seinen Bauch schlingen und er sich an seine Seite kuschelt.

„Vorher will ich aber gerne noch einen Kommentar zu deinem Meisterwerk loswerden.“

„Gerne. Wo bist du denn?“

„Da, wo der Abdecker auftaucht.“

„Oh.“

„Und ein gewisser Meister Himboldt.“

Heinrich wird ein wenig rot.

Alexander grinst den Jungen an. „Ich fühle mich sehr geehrt, auch wenn mein Auftritt damit endet, dass ich von einem für die Tierkörperverwertung zuständigen Typen im Gefängnis durchgenommen werd.“

Mit knallroten Wangen drückt sich Heinrich enger an den Älteren. „W-wie kommst du auf die Idee, dass du das sein sollst?!“

„Du kannst mir doch nicht erzählen, dass du bei Himboldt nicht an mich gedacht hast.“

„J-ja“, muss der Junge zugeben, „aber…Der Name ist mir eingefallen, weil…Wer sonst außer dir sollte sich gegen einen Adligen erheben, nur um zu verhindern, dass ein unschuldiger Junge möglicherweise mit in eine Straftat hineingezogen wird?“

Alexander legt seinem Freund eine Hand in den Nacken, wo er mit seinen Haaren spielt. „Das ist lieb. – Und wieso bescherst du meinem Charakter noch so einen vergnüglichen Abend?“

Heinrich versucht, sich zusammenzureißen und möglichst selbstsicher zu antworten. „M-merkst du das nicht?“, fragt er, „Es geht um den Abdecker. Er ist ja derjenige, bei dem die Kleider der misshandelten Jungen gefunden werden. Wenn er jetzt noch so über den Meister herfällt…“

Alexander zieht die Augenbrauen zusammen. „Bitte erzähl mir nicht, du hast in meinem Unterricht nicht aufgepasst. Willst du hier echt Pädophilie mit Homosexualität in Verbindung bringen?“

Heinrich grinst ihn freudig an. „Ja, es klappt!“

Alexander ist verwirrt. „Hm?“

„Das soll der Leser denken!“, ruft der Junge, „Und sich Gedanken drüber machen. Und im weiteren Verlauf des Buchs mach ich meine Position klar – und wer den Fehler gemacht hat, beides für das Gleiche zu halten, der wird sich ziemlich ertappt und zurechtgewiesen fühlen.“

„Ahhh…“, kommt es vom Älteren, „Das ist raffiniert. Mal sehen, ob ich auch über die Stelle stolper.“

„Na, das hoff ich doch.“, entgegnet der Junge.

Er drückt dem Professor einen Kuss auf die Wange, bevor er den Laptop plötzlich knallhart zuklappt. „Genug für heute.“, nuschelt er ihm gegen die Lippen, „Jetzt folgt die Abrechnung.“

„Auja…“, murmelt Alexander und stellt den Laptop auf dem Schreibtisch ab, bevor er sich mit seinem Freund tiefer in die Kissen sinken lässt.

Unter Küssen öffnet Heinrich dem Älteren den Satinschlafanzug, küsst ihm auch den Hals, leckt ihm übers Schlüsselbein, bevor er sanft in die gebräunte Haut beißt.

Alexander stöhnt auf. Er packt seinen Freund und will sich auf ihn rollen, aber dieser entwindet sich seinem Griff und steigt aus dem Bett.

„Einen kleinen Moment.“, haucht er und winkt dem alleine im Bett Zurückbleibenden mit einem zuckersüßen Lächeln.

Alexander seufzt. Sieht hinab in seinen Schritt, wo die Schlafanzughose schon ein wenig eng geworden ist.

Er hat sich gerade das Oberteil ausgezogen und nebens Bett geschmissen, da betritt Heinrich wieder das Schlafzimmer. In einer seiner neuen Strumpfhosen. In nur der Strumpfhose.

„Und? Wie sieht die an mir aus?“

Alexander versucht, seinen Blick zu heben. „D-du…solltest auf jeden Fall was drunter ziehen.“

„Aber…“ Überzeugend unschuldig blickt ihn der Junge an. „…dann sieht man doch meine Unterhose durch…“

Alexander rollt mit den Augen.

Heinrich steigt wieder zu ihm aufs Bett, um ihn zu küssen. Seine Hände wandern derweil hinab in Alexanders Schritt, wo sie ihn aus der Hose befreien.

„Das ist für die Handschuhe, die Mütze und den Schal.“, murmelt er und beginnt ihn zu massieren.

Der Ältere keucht auf. Er schließt die Augen und fährt seinem Freund in die Haare, als dieser an seinem Hals zu saugen beginnt, während seine rechte Hand ihn ununterbrochen bearbeitet.

„N-nicht…Kein Knutschfleck, das kann ich nicht geb– ah!“

Heinrichs Massage ist ein wenig tiefer gewandert und dort nicht weniger effektiv. Keuchend wirft Alexander seinen Kopf in den Nacken.

Stolz leckt der Junge über die Brandmarkung, die er auf der braunen Hat hinterlassen hat; ein wenig weiter unten setzt er zu einer neuen an.

Währenddessen arbeitet seine Hand immer schneller, das Stöhnen seines Freundes wird immer ungehaltener.

„H-Heinrich…! Hnn…! Gleich…!“ Er keucht außer Atem auf, als der andere plötzlich von ihm ablässt.

Der Junge hält sich einen Finger vor den Mund. „Nicht so laut, sonst hören dich Tim und Nicole noch.“

Freudig stellt Heinrich fest, dass sein Freund auf diesen Kommentar hin ein wenig beschämt dreinblickt. Dazu, dass seine Wangen sich röten, was der Junge ganz entzückend findet, da es doch so selten passiert, kommt es jedoch nicht, denn das Blut dafür wird an anderer Stelle gebraucht.

„Kommen wir zu den Strumpfhosen.“, beschließt Heinrich und steigt vom Älteren herunter.

Nur, um es sich kurz darauf andersherum auf ihm bequem zu machen, sodass Alexander die perfekte Aussicht zwischen seine gespreizten Beine hat und auf den in die braune karierte Strumpfhose gekleideten Hintern.

Alexander will etwas sagen, aber da schließt sich der Mund des Jungen um ihn, und sein Vorhaben endet in einem Stöhnen.

Wunderbare Worte entweichen seinen Lippen, die sich mit Lauten der Lust vermischen und Heinrich anfeuern, sich besonders viel Mühe zu geben. Er darf feststellen, dass er den anderen in diesem Winkel noch tiefer in sich aufnehmen kann.

„G-Gott, Heinrich…! Du b-bist…hnnn…! Hah…“

Der Junge merkt, wie es ihn selbst erregt, spürt plötzlich Alexanders Hände, die sich in seine Oberschenkel krallen.

Der Ältere genießt durch halbgeschlossene Augen den Ausblick in den Schritt des anderen, der sich ihm bietet, die Liebkosungen, die er erfährt.

Als Heinrich seine Hände zur Hilfe nimmt, kann er nicht mehr. Stöhnend hebt er seine Hüfte, keucht seinen Namen, fleht ihn an, ja nicht aufzuhören…!

„H-Ha – ahh!“

Freudig leckt ihn der Junge ein wenig sauber, bevor er von ihm heruntersteigt und ihn sofort wieder in die Hand nimmt. „Du kannst jetzt noch nicht schlapp machen, Großer…Schließlich haben wir noch die Pullis übrig.“

Erschöpft grinst ihn Alexander an. Mit Heinrichs Hilfe streift er sich die Hose von den Beinen. Der Junge zieht sich die Strumpfhose aus. Erst jetzt sieht man, wie erregt er schon ist.

„Die Pullis also…“, murmelt Alexander.

„Jap.“, entgegnet sein Freund und sieht entzückend auf ihn herab, „Und weil das ein Englisches Wort ist, will ich dich reiten, wie ein Cowboy sein Pferd.“

Schon alleine diese Worte lassen den Atem des Älteren ein wenig schneller gehen und das Blut rascher in untere Körperregionen zurückfließen.

„Meinst du, das schaffst du, ohne abgeworfen zu werden?“, fragt er mit einem gefälligen Grinsen.

Heinrich nickt und besteigt seinen Freund. „Sogar ohne Sattel.“ Alexander stöhnt auf, als der Junge sie vereint.

Er schafft es einige Minuten, dem anderen zuzusehen, dem Funkeln in den blauen Augen, der Lust, die die Mundwinkel der vollen Lippen ab und zu nach oben zucken lässt, den Schweißperlen, wie sie Heinrichs Hals hinablaufen, die Brust, den Bauch… – Dann jedoch bedarf er so sehr der Erlösung, dass seine Hüfte sich fast schon von alleine hebt.

Begeistert stellt er fest, dass er dem Jungen damit ein wunderbares Stöhnen entlockt. Er fasst ihn an der Hüfte, um ihm noch besser entgegenkommen zu können.

Heinrichs Gesicht zeugt von unheimlicher Glückseligkeit, jedes Mal, wenn sich der Abstand zwischen ihren Körpern auf Nichts minimiert. Er beginnt zu keuchen, zu stöhnen. Nun ist er es, der Unverständliches von sich gibt, aber Alexander hört es gerne. Er umfasst den Jungen, richtet sich mit ihm auf die Knie auf, sodass dessen Beine sich um seine Hüfte schlingen, und küsst ihn, ohne seine Bewegungen zu unterbrechen.

Beide stöhnen sie in den Kuss hinein, klammern sich aneinander. Alexander unterdrückt seine Laute etwas, aber Heinrichs Stöhnen, das die Erlösung mit sich bringt, ist bestimmt oben bei Nicole und Tim zu hören, falls sie noch wach sind.

Erschöpft sinkt der Junge in Alexanders Armen zusammen, seine schweißnasse Brust bewegt sich schnell auf und ab. Als der Ältere ihn von sich hebt, keucht er auf.

„Na?“, kommt es von Alexander mit wunderbar rauer Stimme.

Er fährt seinem Freund durch die Haare, übers Gesicht, in dessen Augen noch die letzten Funken Lust verglimmen. Sein Daumen wandert an Heinrichs Lippen, die dieser bereitwillig öffnet.

„Und was ist mit der Jacke?“, fragt Alexander grinsend, „Die war seeehr teuer…“

Heinrich kann nur schlucken.

„Die schenk ich dir.“, meint sein Freund und drückt ihm einen Kuss auf die Stirn, „Schließlich wirst du mich, wenn ich irgendwann im Schaukelstuhl sitz, hoffentlich auch versorgen, und ich werd’s dir nicht mehr auf diese Weise zurückzahlen können…“

Auf Heinrichs Gesicht legt sich ein zufriedenes Lächeln.

„Hmmm, komm her…“, murmelt der Ältere und kuschelt sich mit ihm unter die Decke. „Bist ein super Cowboy. Obwohl das Pferd gebockt hat, bist du bis zuletzt im Sattel geblieben.“

Der Junge muss leise lachen.

„Nacht, mein Kleiner.“

„Nacht. Mein Meister Himboldt.“
 

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Wer Tim vermisst hat: Im nächsten Kapi taucht er wieder auf :3

Am Montagmorgen dreht sich Heinrich noch einmal um, als Alexander ihn weckt. Er kichert zwar leise, als die Küsse von seinem Gesicht in seinen Nacken wandern, aber macht keinerlei Anstalten, aufzustehen.

„Wir müssen los, mein Schatz.“, erinnert ihn Alexander.

Da dreht sich der Junge endlich zu ihm um und streckt ihm die Zunge raus. „Du vielleicht, ich nicht.“

Erstaunt sieht ihn der Professor an. „Was? Du kleiner Faulpelz hast jetzt schon frei?!?“

„Jahaa, bis nach Neujahr.“

„Du Glücklicher.“

„Wieso?“, meint Heinrich schmunzelnd, „Musst du noch zur Uni?“

„Bis zu eurer Prüfung in einer Woche, ja.“

„Och, du Armer.“, meint der Junge und wirft sich seinem Freund um den Hals, „Lass dich bedauern.“

Mit einigen Küssen versucht er, dem anderen sein Mitgefühl zu vermitteln. Davon jedoch spürt Alexander wenig, vielmehr, als Heinrich ihn unter sich auf der Matratze vergräbt, ein gewisses anderes Bedürfnis.

„Du hast doch bestimmt noch ein bisschen Zeit für…“ Der Rest geht in einem innigen Kuss unter.

„Mmmmmnein, Heinnnn~ “

„Och, doch.“

„Ich komm zu spät.“

„Du musst ja auch nicht kommen, nur ich will…!“

Der Ältere muss lachen, als der Junge sich eifrig an sein Becken reibt.

„Du kannst mit unter die Dusche, da muss ich sowieso erst mal drunter.“

Heinrich nickt heftig und lässt sich von seinem Freund aus dem Bett ziehen.

Unterm warmen Wasser wirft er sich wieder an ihn. Mit aller Mühe versucht Alexander sich darauf zu konzentrieren, seine Haare zu waschen, doch ein Heinrich, der ihn umschlungen hat und sich unaufhörlich an seinen Hintern reibt, macht die Sache nicht gerade einfach. Er spürt Heinrichs Lippen an seinem Rücken, die heiß über seine Haut streichen, spürt wie eine Hand des Jungen hinab zu seinem Steiß gleitet.

„A-Alexander?“

Er spült sich noch den letzten Schaum aus den Haaren, bevor er sich zu seinem Freund herumdreht und ihn in die Arme schließt. Er hat ihn schon lange nicht mehr „Alexander“ genannt. „Was ist denn?“

„Ich wollte fragen…“

Alexander lacht leise und fährt ihm durch die nassen Haare.

„Wir wollen uns doch alles sagen, …oder?“

„Ja, sicher.“, entgegnet der Ältere zutraulich und drückt ihm einen Kuss auf die Stirn, „Was gibt’s denn, mein Kleiner?“

Er merkt, wie Heinrich zögert. Schließlich sieht der Junge zu ihm auf. „Wieso…wieso nennst du mich immer „Kleiner“?“

Alexander muss lachen. „Weil du doch kleiner bist, als ich.“

„Und…weil ich dein Eromenos bin?“

„Ja, das auch.“ Er sieht nicht ganz, wohin sie das Gespräch führen soll.

Heinrich senkt seinen Blick. „Aber…kann ein Eromenos nicht auch mal…ich mein…“

Alexander schaut ihn schmunzelnd an. „Rück damit raus, wir haben nicht mehr viel Zeit, wenn ich das hier noch beheben soll, bevor ich geh.“

Heinrich keucht auf, als er ihn im Schritt packt.

„Also: Kann ein Eromenos auch mal was?“

„G-größer sein!“, bringt der Junge heraus, „Äh, genau, größer als der Erastes.“

Alexander sieht ihn erstaunt an. „Naja“, beginnt er, „In Platons Lehre heißt es, dass der Eromenos dem Erastes körperlich und geistig unterlegen ist.“

„Achso…“

„Muss aber bestimmt nicht immer so gewesen sein! Ich denke, dass sich sicherlich auch zwei ebenbürtige Männer zusammenschließen konnten, solange der eine vom anderen etwas dazulernen kon… Hörst du mir zu, Heinrich?“

Sofort hebt sich der Blick des Jungen, der an seiner Hüfte hing. „J-ja, äh…! Natürlich!“

Alexander fasst ihn schmunzelnd an der Wange und will ihn küssen, aber sein Freund entzieht sich ihm. „Beeil dich, du kommst sonst zu spät.“, sagt er mit einem halbherzigen Grinsen.

„Und was ist mit dir?“, fragt der Ältere mit einem Blick in Heinrichs Lendengegend.

„Ich komm schon alleine klar.“

„Ich hätte noch ein paar Min– “

„Geh!“, lacht der Junge und schubst ihn fast aus der Dusche.

Als Alexander verloren im Bad steht, sein Freund mit geschlossenen Augen unterm Wasserstrahl, hat er das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben.

Er schlingt sich ein Handtuch um den Körper.

War seine Antwort nicht die, die der Junge hören wollte? Aber was wollte er dann hören? – Oder war es am Ende gar nicht die Frage, die Heinrich wirklich stellen wollte?

Er seufzt.

Heinrich beachtet ihn immer noch nicht.

Im Schlafzimmer zieht er sich an, schnappt sich den Laptop und nimmt sich vor, alles bis heute Abend wiedergutzumachen.
 

Während Heinrich den Montagmorgen unter der Dusche und mit Lernen verbringt, hält Alexander seine Vorlesung, die er heute besonders schnell beenden will.

Die Pause, die er hat, verbringt er in seinem Büro mit Lesen und Drucken – das Ende des Kohlhaas verstört ihn dann so sehr, dass er erst einmal einen starken Kaffee braucht. Also packt er die bedruckten Blätter in einen Umschlag und seinen Laptop ein, und schaut noch mal kurz bei seinem Bruder vorbei.

„Alexander! Ist was passiert?“

Lachend nimmt er am Schreibtisch Platz. „Nein, ich brauch nur nen Kaffee.“

Wilhelm rollt mit den Augen, bevor er seine Sekretärin, eine eigens von Caroline ausgesuchte Frührentnerin um die Sechzig, damit beauftragt.

Als Alexander seinen Kaffee vor sich hat und einen kräftigen Schluck davon genommen, legt Wilhelm seine Unterlagen beiseite und sieht ihn so an, wie er es immer tut, wenn er ihn mit seinem Blick schon auf eine Moralpredigt einstimmen will.

„Alexander.“

Angesprochener seufzt auf.

„Ich weiß, dass du schon seit zwanzig Jahren nicht mehr mit deiner Familie Weihnachten gefeiert hast. Und ich hab dir diese Entscheidung auch nie wirklich übel genommen, auch wenn ich dich – naja, gelegentlich vermisst habe.“

Wilhelm muss schmunzeln, als Alexander ihn angrinst.

„Jedenfalls“, beginnt der Ältere wieder ernst, „hat sich bei dir ja jetzt einiges geändert, und da ich Caroline davon überzeugen konnte, dass du dank deinem Heinrich nicht nur ein wenig Kultur nahegebracht bekommst, sondern auch wieder weißt, was familiäre Beziehungen und Verantwortung sind, würden wir uns freuen, dich und deinen Freund an Heiligabend bei uns zu haben.“

Alexander sieht seinen Bruder erst einmal baff an. Dann muss er sich räuspern.

„Danke, das…das ist großzügig von meiner Schwägerin…obwohl ich immer noch schwul bin, Respekt.“

„Alexander.“, bittet ihn Wilhelm.

„Heinrich würde es freuen.“

„Dich nicht auch?“

Der Jüngere seufzt. „Ich denke, er will Weihnachten aber auf jeden Fall mit seiner Mutter verbringen.“

„Natürlich!“, ruft Wilhelm, „Caroline besteht darauf, Frau Kleist endlich mal kennenzulernen.“

„Sie…ist geschieden, das weiß sie?“

„Ja, das haben wir mitbekommen. Caro hat unvorstellbar mit der armen Frau mitgefiebert, als sie von den tätlichen Übergriffen ihres Mannes gehört hat.“

Alexander lacht auf. „Unvorstellbar, ja.“

Wilhelm versucht den Kommentar zu ignorieren.

„Frau Kleist hat mittlerweile aber einen Freund, ohne den sie sicherlich nicht Weihnachten verbringen will. Sie ist mit Michael zusammen.“

Wilhelm sieht ihn erstaunt an. „Der Michael von früher? Anwalt Haas?“

„Genau.“

„Prima!“, ruft der Ältere freudig, „Das wird Caroline gefallen. Den laden wir natürlich auch ein. Ihr dürft übrigens alle gerne bei uns übernachten, ich nehme an, die zwei Gästezimmer reichen.“

Alexander hebt seine Mundwinkel. „Ich denke auch.“

„Ist das eine Zusage?“

Der Jüngere weicht dem Blick seines Bruders aus. Er muss lachen. Kann jetzt wohl nicht nein sagen…

„Ja, eine Zusage.“, antwortet er schließlich, „Ich hoffe, Caroline und ich werden dank des allseits bekannten Weihnachtswunders miteinander auskommen.“

Bei Wilhelm überwiegt anscheinend die Freude, sodass er die letzten Worte unkommentiert lässt.

„Wie sieht’s mit der Prüfung aus?“, wechselt Alexander schnell das Thema, „Hat sich der Kollege bereiterklärt, die Klausur zu erstellen?“

Wilhelm nickt. „Alles bestens. Eggebrecht macht freiwillig die Aufsicht, sicherer geht’s also gar nicht.“

Alexander verdreht die Augen.

Er trinkt seinen Kaffee leer, dann erhebt er sich. „Sorry, ich muss dann, hab noch was zu erledigen.“

„Oho, eine Seltenheit.“

„Haha.“

„Vergiss nicht, Heinrich die Einladung weiterzuleiten. Seiner Mutter könnt ihr es auch schon einmal mitteilen, wobei Caroline sie sicherlich nochmal anrufen wird.“

„Okay, ich warne sie vor.“, entgegnet Alexander mit einem Salut.

„Wo geht’s denn hin?“, will Wilhelm wissen, als er den Umschlag unter Alexanders Arm bemerkt.

„Wohnt Goethe noch in seinem Haus in der Alten Frankfurter?“
 

„Neiiin…ich weiß nicht, Tim…“ Gedankenverloren spielt Heinrich mit seinem Bleistift und schiebt sich den Telefonhörer von der einen Schulter zur anderen.

„Doch, verdammt! Sag’s ihm, du Memme!“

Der Junge gibt ein Schnauben von sich. „Sagt der Richtige!“

„Hallo?!?“, kommt es vom Rothaarigen zurück, „Ich glaub, das ist schon noch mal was anderes, wenn du deinem Alex das sagst, als wenn ich ankomm mit: „Hey, Alex, cool, dass wir uns jetzt so gut verstehen, ich wollt dir nur sagen, dass ich bi bin und dich echt geil find. Ehrlichgesagt hab ich mir schon paar Mal mit dem Gedanken an dich einen runtergeholt, aber hey, kein Problem, wir können einfach weitermachen, wie vor meinem Geständnis.“!!!“

„Du übertreibst.“

Tim seufzt. „Sagt der Richtige…“
 

Das Haus erinnert mit der Hecke, die den wunderschönen und mit Sorgfalt angelegten Garten umschließt, schon ein wenig an ein römisches Landhaus.

Alexander ist sich nicht sicher, ob Goethe zuhause ist; der silberne Mercedes steht immer in der Garage. Das grünschwarze Motorrad, das auf der Auffahrt steht, verrät ihm jedoch, dass er möglicherweise Glück haben könnte…

Seine Studenten muss es wohl schon gewundert und Wilhelm auf den guten Einfluss Heinrichs geschoben haben, dass er heute eine ordentlich gebundene Krawatte zu seinem sorgfältig ausgewählten Anzug trägt. In der verglasten Eingangstür überprüft er noch einmal, ob noch alles sitzt und er auch ja keinen Fussel auf dem Stoff und keinen Kaffee im Gesicht hat, dann betätigt er die Klingen.

Es dauert eine Weile, dann wird ihm tatsächlich geöffnet. Goethe steht an der Tür, wie immer schick gekleidet, sogar das Jackett geschlossen, nur seine Pantoffeln machen einen häuslich-gemütlichen Eindruck. Er blickt seinen Überraschungsgast erstaunt an.

„Alexander!“, kommt es schließlich freudig von ihm, „Schön, Sie mal wieder zu sehen!“

„Freut mich auch.“, entgegnet Alexander und schüttelt die entgegengestreckte Hand.

Freundlich bittet Goethe ihn ins Haus, schließt hinter ihm die Tür und führt ihn ins Wohnzimmer.

Alexander ist nicht sonderlich überrascht, als er dort Schiller antrifft, der in einem ihm ein wenig zu weiten Pullover, dunkler Jeans und offenen Haaren auf der dunklen Couch liegt. Dass er zwar zugedeckt ist, aber weit und breit kein Kopfkissen zu sehen ist, lässt Alexander schmunzeln. Goethe hat ihm sicherlich die Decke gebracht, er hätte ihm auch ein Kopfkissen gebracht, wäre eines von Nöten gewesen.

„Alexander!“ Sofort ist Schiller aufgesprungen und reicht ihm die Hand zu einem kräftigen Handschlag, „Das ist ja ne Überraschung!“

„Weniger, als dich hier zu sehen.“, lacht der Professor.

Schiller grinst ihn an und streicht sich eine seiner langen Strähnen hinters Ohr. „Ja, ich…“ Er sieht zu Goethe.

„Er wohnt hier.“, beendet dieser den Satz und läuft hinüber zum Tisch, wo er Alexander mit einer Geste bittet, Platz zu nehmen.

Dieser kann sein Erstaunen nicht ganz verbergen. „Tatsächlich? Übergangsmäßig, oder…?“

Goethe seufzt, als er sich ihm gegenüber setzt. „Ich befürchte, so schnell werd ich ihn nicht mehr los…“

Nie mehr, Goethe!“, lacht Schiller und legt seinen Kopf auf die Schulter des Älteren, „Nie mehr werden Sie mich los.“

„Nicht, Schiller. Bringen Sie uns lieber was zu trinken.“

Der Blonde lächelt ihn liebevoll an, bevor er aufsteht und in die Küche geht.

„Sie…“ Alexander sieht Goethe verwirrt an. „Sie siezen sich noch?“

Goethe nickt amüsiert. „Ja. Schlafen in einem Bett, aber siezen uns.“

Alexander bemüht sich sehr, sein geschocktes Gemüt nicht auf sein Gesicht überspringen zu lassen.

Goethe durchschaut ihn aber, wie immer. „Alexander…“, mahnt er ihn, „Sie sind doch Philosoph, ich dachte, Sie verstehen das.“

„In der Theorie jedenfalls.“, entgegnet er mit einem Lachen.

„Naja, die Leute hingegen – und schon gar nicht die unsägliche Klatschpresse“, hier ziehen sich Goethes Augenbrauen vernichtend zusammen, „verstehen es nicht.“ Um das Thema zu wechseln, wendet er sich Richtung Küche. „Schiller! Wie lange braucht das denn?!?“

„Oh.“, fällt es da Alexander auf, „Haben Sie Ihrer Haushälterin gekündigt?“

„Auf Schillers Wunsch hin, ja.“, antwortet Goethe betont, damit es der Blonde auch hört.

„Ich bin ja schon da.“, meint der, als er mit drei Gläsern und einem Krug Wasser endlich zurückkommt. „Ich würd dir ja gern was anderes anbieten, Alexander, aber Wein und Bier gibt’s nicht vor sechs Uhr abends und nur bis Elf, außer an Sonn- und Feiertagen zum Frühstück.“

Beeindruckt sieht Alexander zu Goethe. Als Schiller noch bei seinem Bruder studiert hat, hat er ihn als festen Trinker kennengelernt.

„Das war eine Bedingung“, meint Goethe, „neben der Tatsache, dass Schiller nun Nichtraucher ist, stimmt’s?“

Der Blonde verzieht ein wenig das Gesicht und streicht sich die Haare mit einer Hand aus der Stirn nach hinten.

Da muss Alexander Heinrich schon Recht geben…schöne Haare hat Schiller ja…

Mit einem Lachen bringt ihn dieser in den Moment zurück. „Ich mach sie lieber wieder zusammen.“, sagt er und bindet sie mit dem Haargummi, das er von seinem Handgelenk streift, zu einem Zopf.

Goethe sieht enttäuscht aus.

Alexander räuspert sich. „Äh, ja, weswegen ich hier bin.“ Er zieht den Umschlag näher zu sich, den er auf dem Tisch abgelegt hat, „Ich möchte Ihnen ein Manuskript ans Herz legen, Herr Goethe, natürlich ausgedruckt, so wie sie’s lieber haben.“

„Für meinen Verlag?“

„Genau.“

„Wusste gar nicht, dass Sie Autoren fördern.“

Alexander muss schmunzeln. „Das Manuskript ist von meinem Freund.“

Schillers blaue Augen sehen ihn überrascht an. „Alexander hat einen Freund?! Weißt du überhaupt, was das ist?“

Der Professor grinst ihn verschmitzt an. „Wärst du auf der Prämiere deines Fieskos nicht so von anderen Dingen abgelenkt gewesen, hättest du ihn da schon an meiner Seite sehen können.“

„Der Kleine? Der Schwarzhaarige?“, kommt es von Goethe.

„Genau. Heinrich Kleist.“

Der Ältere sieht ihn skeptisch an. „Sie nehmen mir die Päderastie aber hoffentlich nicht ein wenig zu ernst, Alexander, hm?“

„Er sieht jung aus, ja, ist aber schon einundzwanzig.“

„Hm.“ Goethe sieht ihn abwartend an, also schiebt er ihm den Umschlag hinüber.

„Er hat einen eigenwilligen Schreibstil, aber die Idee ist wirklich phänomenal.“

Der Ältere lächelt ihn an. „Ein eigenwilliger Schreibstil muss ja noch nichts Negatives sein.“

„Nein, auf keinen Fall.“

Goethe wendet sich nun dem Umschlag zu. Ganz langsam holt er die ersten Blätter hervor und legt sie vor sich auf den Tisch.

Alexander hält den Atem an. Als das nicht mehr geht, beginnen seine Finger auf seine Anzugshose einzutrommeln.

Auf Goethes Gesicht erscheinen immer tiefer werdende Furchen.

Kein gutes Zeichen…?

„Gott, das ist ja…!“

Kein gutes Zeichen.

„Entschuldigen Sie, Alexander, aber das einen eigenwilligen Schreibstil zu nennen, ist wahrlich untertrieben. Wie soll man denn bitteschön diese Sätze lesen können? Und was glaubt der Erzähler eigentlich, wer er ist?!“

„Man gewöhnt sich an die Sätze. Und das mit dem nur augenscheinlich neutralen Erzähler ist schon durchdacht, wirklich.“

„Nein.“ Goethe schiebt die Blätter zur Seite. „Tut mir Leid, aber ich denke nicht, dass ich damit etwas anfangen kann.“

Alexander sieht den anderen erstaunt an. Natürlich hat er riesigen Respekt vor Goethe, natürlich weiß er, dass er hohe Ansprüche hat und unbestreitbar Ahnung vom Geschäft, aber das hier…?!?

„Herr Goethe“, fängt er vorsichtig an, „Sie haben eben nicht mal die erste Seite gelesen.“

„Ehrlichgesagt nur den ersten Abschnitt, ja, bei diesen Sätzen muss man ja immer wieder von vorne anfangen, weil man den Faden verliert.“

„Aber könnten Sie sich nicht wenigstens die Zeit nehmen, es ganz zu lesen? Ich lass Ihnen das Manuskript hier, ein USB-Stick ist auch im Umschlag.“

„Alexander, ich kann ja verstehen, dass Sie Ihren Freund unter– “

„Sie können sich so viel Zeit nehmen, wie Sie wollen! Nur lesen Sie es doch erst einmal ganz. Es wäre unfair, das Ganze schon nach zwei Sätzen abzuurteilen, meinen Sie nicht auch? Klar, dass die Sprache gewöhnungsbedürftig ist, aber der Inhalt, das was der Text transportiert…! Das darf man der Welt nicht vorenthalten!“

Flehend sieht Alexander sein Gegenüber an.

Goethe seufzt nur, sichtlich nicht willig, nachzugeben.

Da kommt plötzlich ein „Verdammt, ist das genial!“ von Schiller.

Beide sehen sie den Blonden erstaunt an.

„Ein Vater, der juristische Vergeltung sucht, nachdem seine Kinder vergewaltigt worden sind! Ich glaub’s nicht! Dass er die Schweine nicht einfach umbringt, nein! Wie der Erzähler am Anfang sagt, „einer der rechtschaffensten zugleich und entsetzlichsten Menschen seiner Zeit“ – wobei es mich höllisch interessieren würde, weiterzulesen, um zu erfahren, was ihn zum entsetzlichsten macht…“

Alexander strahlt ihn hoffnungsvoll an.

Goethe scheint nun noch entsetzter. „Was?!?“, ruft er, „Vergewaltigung von Kindern auf den ersten zehn Seiten?! Das wird ja immer schöner!“

Schiller wendet sich ihm mit einem Lächeln zu. „Hmm…“, meint er, „Das erinnert mich an was… Gab’s da nicht mal ein ganz erfolgreiches Buch, Herr Goethe, dass Sie ebenfalls abgelehnt haben, weil darin Räuber ein Kloster überfallen und Nonnen vergewaltigen? Ist das nicht ein Bestseller geworden?“

Alexander muss sich ein Grinsen verkneifen, Goethe gefällt die Anspielung auf Schillers Räuber, die dann bei der Konkurrenz erschienen sind, nicht ganz so.

„Das…das ist doch etwas vollkommen anderes.“, versucht er sich zu verteidigen, „Schauen Sie sich doch einmal Ihren Schreibstil an und…diesen hier!“

Schiller blickt ihm eindringlich in die Augen. „Der Junge kann sich nur entwickeln, wenn Sie ihm die Chance dazu geben. Und nach den ersten fünf Seiten hat man sich wirklich daran gewöhnt. Es macht das ganze sogar interessant. Man könnte es fast als Stilmittel werten.“

„Ich weiß nicht…“

„Stellen Sie sich vor, Goethe“, fängt Schiller erneut an, mit sanfter Stimme, und lässt eine Hand an Goethes Wange wandern, „niemand hätte sich mir erbarmt und mein Buch verlegt. Ich hätte Sie niemals so kennenlernen dürfen, wie ich Sie heute kenne. Wir stünden uns niemals so nahe. Außerdem…“ Alexander senkt seinen Blick, um die Schönheit der Szene nicht zu zerstören, als Schiller seine Stirn an die Goethes legt. „wäre es ein wunderschönes Weihnachtsgeschenk für mich, dieses Buch in Ihrem Verlag lesen zu dürfen.“

Alexander hört, wie Goethe etwas erwidern will, hört, wie er verstummt. Als er vorsichtig aufblickt, liegt Schillers Daumen auf seinen Lippen. Er flüstert dem Älteren irgendetwas ins Ohr.

Alexander nimmt einen Schluck Wasser, um so zu wirken, als hätte er etwas zu tun.

Goethe räuspert sich. „Gut, ich lese es mir durch. Mehr kann ich aber nicht garantieren.“

„Vielen Dank.“, entgegnet Alexander.

Schiller sieht den anderen glücklich lächelnd an, der noch etwas verbissen wirkt. Sicherlich ist es ihm auch ein wenig peinlich, wie leicht er sich vom Blonden umstimmen lässt.

„Ich melde mich, wenn ich mich entschieden habe.“

„Wunderbar.“

Goethe erhebt sich, was Alexander als Zeichen sieht, ebenfalls aufzustehen.

„Vielen herzlichen Dank noch einmal.“, betont der Professor, als er dem anderen die Hand schüttelt.

„Versprechen Sie sich nicht zu viel davon.“

„Nein, natürlich nicht, ich hoffe nur.“

Auf das Gesicht des Älteren schleicht sich ein Schmunzeln, das man einem Kind schenkt, wenn es behauptet, ihm würde etwas gelingen, dessen Aussichtslosigkeit jedoch schon von Anfang an für den Erwachsenen zu erkennen ist.

„Ich bringe dich zur Tür.“, meint Schiller und führt ihn hinaus in den Flur.

An der Tür drückt er Alexander die Hand. „Keine Sorge, ich werd ihn noch etwas bearbeiten.“, versichert er und öffnet seinen Zopf, um sich die blonden Locken über die Schultern zu schütteln. Siegessicher zwinkert er Alexander zu, bevor er die Tür schließt.
 

Als Alexander voller Zuversicht nachhause kommt, hat Heinrich panierten Fisch gebraten und serviert dazu Backofenpommes mit Ketchup. Zur Begrüßung bekommt der Ältere einen schmatzenden Kuss auf die Lippen und muss aufjaulen, als sein Freund ihm in den Hintern zwickt. „Aua! War ich heute Morgen so böse?“

„So böse, dass ich dich eigentlich auspeitschen müsste.“, entgegnet Heinrich ernst und wendet sich ab, weil er nicht weiter darüber reden will.

„Das könntes…“ Alexander bricht ab, als er merkt, was er gerade sagen will. Schweigend senkt er den Blick und nimmt am Tisch Platz.

„Ähm, ich…“, beginnt er, „Vielleicht kann ich es wiedergutmachen, indem ich dir erzähl, wo wir Weihnachten verbringen werden.“

Erstaunt sieht ihn der Junge an. „A-aber nicht in Südamerika, oder?! Ich brauch’s kalt an Weihnachten, und Schnee und…!“

Alexander unterbricht ihn mit einem Lachen. „Keine Sorge, wir bleiben in Berlin.“

Der Junge atmet erleichtert aus.

„Wilhelm hat uns eingeladen.“

Heinrichs Augen weiten sich. „Nein.“

„Doch…“

„Awwwwwwww!!!“ Freudig springt der Junge auf und fällt ihm um den Hals, als wäre er für diese Einladung verantwortlich. „Das ist ja…! Sooo süß von ihm! – A-aber hat seine Frau nicht was gegen…ähm…?“

„Sie hält viel von dir, seit Wilhelm ihr erzählt hat, dass du mich ins Theater geschleppt hast.“

„Eeecht?!?“

Alexander muss grinsen, als er noch einmal durchgeknuddelt wird.

Plötzlich sieht ihn Heinrich traurig an. „Aber Mama…“

„Ebenfalls eingeladen.“

„Nein!“

„Wenn ich’s doch sag.“

Wieder vollkommen glücklich kuschelt sich der Junge an ihn.

„Und Michael darf natürlich ebenfalls kommen. Du kannst sie auch schon mal vorwarnen, dass die offizielle Einladung noch von Caroline persönlich am Telefon folgt.“

„Hihi, das werd ich machen. Ich glaub, ich geh sie morgen mal besuchen.“

„Mach das. Du hast ja frei.“

Grinsend sieht Alexander zu seinem Freund auf. „Tja…“

„Am Mittwoch kommt Tim wieder?“

„Jap, und dann nehmen wir was durch?“

Alexander hebt vielversprechend die Augenbrauen. „Ich nehme euch beide durch.“

Das amüsiert den Jungen und er drückt seinem Freund einen Kuss auf die Stirn.

„Nein, Scherz, wir werden kurz Freud machen und uns dann auf die Stoa konzentrieren. EudaimoníaPäderastie…“

„Auja…“

„Was weder Wilhelm noch Eggebrecht weiß, der sich übrigens als Aufsicht für die Klausur aufgedrängt hat“

„Ohnein!“

„dass mir der Herr Kollege aus Frankfurt Oder, der euch die Klausur erstellt, bestens aus gewissen Kreisen bekannt ist.“

„Oooh~“

Alexander zwinkert ihm zu. „Er wird garantiert den Schwerpunkt auf die Päderastie und die Bedeutung von Freundschaft für die Stoa legen. Nur damit er sich dann an euren eigentlich vollkommen unschuldig gemeinten Antworten beim Korrigieren ergötzen kann.“

Heinrich grinst seinen Freund an. „Ach, so einer ist das…Jetzt versteh ich, wieso ihr untereinander bekannt seid.“

Alexander streckt ihm die Zunge raus.

Heinrich findet diese Idee super und küsst den anderen ausgiebig.

„Hmmm…Hnnnrich…das Essen wird kalt…“

„Upsi.“
 

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Ihr merkt, in VLE wird es erst nach Weihnachten weihnachtlich werden XD Weiß nicht, wie’s euch geht, aber ich bin nach Weihnachten bis Silvester sowieso mehr in Weihnachtsstimmung als davor (zu viel Hektik!)^^
 

Trotzdem wünsch ich euch allen schon mal Frohe Weihnachten und ein besinnliches Fest :3

Am Dienstagmorgen ist Heinrich vor dem Wecker wach. Er will dessen Aufgabe schon übernehmen und seinen Freund wirbelsturmartig wecken, da sieht er aber, wie entzückend sein Alex aussieht, wenn er noch im Reich der Träume weilt. Fast wie ein unschuldiges Baby…

Mit einem sanften Lächeln beugt er sich zum Älteren hinunter. Seine Lippen streifen seine Wange, wandern hinab zu seinem Mund. Zärtlich liebkost er die einen Spalt geöffneten Lippen mit seinen. Er spürt, dass sich Alexanders gleichmäßiger Atemrhythmus langsam ändert, sieht, wie seine Augen blinzeln, und küsst ihn inniger.

„Na?“, haucht er, „Wach, mein Dornröschen?“

Alexander lacht leise und fährt ihm mit einer Hand in die Haare. „Nnnn…ich dachte, du bist meine Prinzessin…“

Heinrich kann nichts antworten; sein Freund küsst ihn wieder, rollt sie zur Seite, sodass er auf ihm liegt. „Ja.“, bringt er schließlich heraus und genießt die Küsse, die ihm der Ältere gibt.

Ihre immer feuriger werdenden Zuwendungen werden schon bald vom Wecker unterbrochen, den Alexander seufzend ausschaltet.

„Blöd, dass ich schon wieder losmuss.“

„In der Tat…“, murmelt Heinrich und umschlingt seinen Freund, der auf der Bettkante sitzt, von hinten.

Er lässt ihn gehen, als Alexander sich erhebt.

„Alex?“

„Hm?“ Fragend dreht sich der Professor zu ihm um.

„Ich…ich will heute Abend mit dir was besprechen, ja?“

„Klar.“, meint Alexander mit einem Lächeln, wobei er doch schon etwas erstaunt ist, dass der Kleine es so offiziell macht, „Aber…nichts Schlimmes, oder? Weil du…weil du’s so ankündigst und…“

„Nein.“ Der Junge schüttelt den Kopf. „Nichts Schlimmes, keine Angst, ich will’s nur in Ruhe bereden.“

„Okay.“

Alexander beugt sich nochmal zu ihm hinunter, um ihm einen Kuss zu geben. „Schlaf noch schön.“

„Viel Spaß bei der Arbeit.“

„Danke, auch wenn ich den nicht unbedingt haben werd…“

„Tja…“

„Grüß Juliane und Michi von mir.“

„Oh, ja, mach ich.“

Heinrich bleibt tatsächlich noch etwas liegen, nämlich bis der andere aus dem Haus ist, dann macht auch er sich fertig und verlässt die Wohnung. Er hat nämlich nicht nur vor, seiner Mutter einen kleinen Besuch abzustatten, sondern bei ihr auch noch etwas anderes zu erledigen.
 

Als er vor der Haustür steht und das erste Mal nicht bei Kanzlei, sondern bei Privat klingelt, muss er an seinen letzten Besuch denken und wie viel seitdem doch passiert ist…

Michael, der ihm hastig die Tür öffnet, holt ihn zum Glück aus seinen Gedanken.

„Heinrich! Was für ne Überraschung!“

„Hi, Michi!“, begrüßt er den anderen mit einer Umarmung, bevor er eingelassen wird.

„Heinrich-Schatz!“, kommt es sofort von Juliane, die in den Flur stürmt.

„J-Juliane, ich hab dir doch gesagt, dass– “

„Mama!“ Freudig schmeißt sich der Junge seiner Mutter um den Hals und drückt sie fest.

„Nicht…!“

Irritiert über Michaels Verhalten lässt Heinrich seine Mutter wieder los. Diese schaut ihren Freund mahnend an.

„Michi, du übertreibst.“

„Komm, setz dich wieder hin. Ich will kein Risiko eingehen, bevor das nicht alles mit dem Arzt abgeklärt ist.“

„Hö?“ Fragend sieht der Junge seine Mutter an.

Die nimmt ihn an der Hand, in der er nicht die Plastiktüte trägt, und führt ihn ins Wohnzimmer. „Beachte ihn nicht. Michi ist seit ein paar Tagen nur schrecklich überfürsorglich…“

„Bist du krank, Mama?“, fragt der Junge ängstlich, als sie unter Michaels wachsamen Blicken auf dem Sofa Platz nehmen.

„Nein, mein Schatz.“, lacht sie und nimmt seine Hand in ihre, „Wieso bist du hier?“

„Ich hol dir was zu trinken, das ist wichtig.“, kommt es von ihrem Freund, „Für dich auch, Heinrich?“

„Äh, ja, ein Wasser, danke.“

Damit verlässt Michael das Zimmer.

„Also?“, wendet sich Juliane wieder ihrem Sohn zu.

Dieser strahlt sie an. „Wilhelm und Caroline Humboldt haben Alex und mich zu Weihnachten eingeladen und ihr dürft auch kommen!“

Ungläubig starrt sie ihr Gegenüber an. „E-echt?!?“, ruft sie schließlich freudig.

Heinrich nickt heftig.

„Oh, das ist so lieb von ihnen!“ Juliane wischt sich hektisch über die Augen. „Gott, das wäre doch nicht…! Dann stehen wir ja in ihrer Schuld, ich…! Haben sie gesagt, ob ich etwas mitbringen soll? Einen Kuchen?! Oder soll ich– “

Mit einem Lachen unterbricht sie Heinrich. „Mama, das ist bestimmt nicht nötig. Und wenn, dann kann dir Caroline das selbst sagen, sie ruft noch bei euch an, um euch offiziell einzuladen.“

„OhmeinGott…!“ Juliane muss sich Luft zufächeln.

Als sie Michael so aufgelöst sieht, lässt er fast die Wassergläser fallen. „J-Juliane, Schatz! Was ist denn?! Du sollst dich doch nicht aufregen! Heinrich, musste das sein, was hast du ihr denn erzählt?!?“

Kichernd steht sie auf und drückt ihrem aufgebrachten Freund einen Kuss auf die Lippen, um ihn zu besänftigen. „Ich glaube, du regst dich viel zu viel auf, Schatz.“, meint sie glücklich strahlend, „Herr und Frau Humboldt haben uns eingeladen, mit ihnen und Heinrich und Alex Weihnachten zu feiern!“

„W-was?!“

„Ist das nicht toll?!?“

„A-aber…! Ist das dann nicht zu viel Stress für dich – mit so vielen Leuten…!“

Sie küsst ihn abermals. „Sei nicht albern. Du wirst mir ja wohl nicht verbieten wollen, Weihnachten mit meinem Sohn zu feiern?“

Michael verstummt. Er fährt sich übers Gesicht.

„Sorry.“, bringt er heraus.

„Hier.“, meint Juliane und nimmt ihm ein Glas ab, „Trink was.“

Während er tut, wie ihm befohlen, reicht sie Heinrich das zweite Glas.

„Danke.“, meint dieser etwas skeptisch.

„Leg dich doch etwas hin, du hast heute Nacht fast gar nicht geschlafen.“

Michael nickt, hebt fast unmerklich seine Hand, um sich von Heinrich zu verabschieden, was dieser mit einem Winken erwidert, bevor er nach oben geht.

Seufzend nimmt Juliane wieder neben ihrem Sohn Platz.

„So.“, meint sie, „Was hast du da denn Schönes mitgebracht?“

„Ah“ Heinrich öffnet die Tüte, aus der er ein Knäuel graublauer Wolle und Stricknadeln hervorholt, an denen noch das Preisschild hängt.

„Achnein, wie süß!“, gibt Juliane entzückt von sich, „Mein Junge kommt zu seiner Mami, weil er Stricken lernen will.“

Heinrich läuft rot an. „Jaa…“

„Für Alex?“

Er nickt schüchtern.

„Was denn?“

„Einen…Schal. Er weigert sich, einen zu tragen, da dachte ich mir, wenn ich ihm einen selber strick, muss er ihn ja tragen. Ich will nicht, dass er sich erkältet…“

Juliane muss kichern. „Jaja, die Männer… Dein Großvater war auch so stur, und ich kann dir sagen: Die gleiche Methode hat meine Mutter auch angewandt und es hat geholfen.“

„Supi, dann hoffen wir mal, dass es bei Alex auch was bringt.“

„Sicher.“

„Also?“, fängt Heinrich an und hält ihr die Nadeln entgegen.

„Aber gerne doch.“, entgegnet Juliane und wuschelt ihm entzückt durch die Haare.
 

Nach dem Mittagessen, das er sich mit seiner Mutter zusammen gemacht hat, und zu dem sie auch wieder Michael geweckt haben, wobei der davon gar nicht begeistert war, dass Juliane sich so lange in die Küche gestellt hat, kommt Heinrich noch ein ordentliches Stück an seinem Schal weiter, da er mittlerweile den Bogen raus hat, doch nach zwei weiteren Stunden merkt er, dass er so langsam wieder seinen Heimweg antreten sollte, wenn er noch das Abendessen vorbereiten will, bevor Alex nachhause kommt.

„Kann ich den Schal hierlassen? Sonst findet er ihn vielleicht noch.“

„Klar.“

„Aber nicht weitermachen! Ich will den ganz alleine stricken!“

„Natürlich.“, lacht Juliane und fährt ihm durch die Haare.

Sie sieht ihren Sohn mit einem glücklichen Lächeln an. Heinrich findet, ihre Augen funkeln heute besonders hinreißend.

Ihm stockt der Atem, als er plötzlich eine Träne darin entdeckt.

„Mama…?“

Mit einem zärtlichen Lächeln fährt sie ihm über die Wange. „Du warst mein allerliebstes Kind, mein Schatz.“

„Aber…!“

„Mein einziges. Obwohl es nicht immer leicht mit deinem Vater war, hab ich dich immer geliebt, ich war – ich bin glücklich, dass ich dich hab, dass ich dich zur Welt bringen durfte. Ich…ich würde mich fast ein wenig schämen, dir sagen zu müssen, dass du bald nicht mehr mein einziger Schatz bist, wenn es mich nicht so glücklich machen würde…“

Mit weiten Augen starrt Heinrich seine Mutter an. Erst jetzt bemerkt er, dass ihre andere Hand auf ihrem Bauch liegt.

„Oh, mein…!“ Heinrich muss schlucken. „Ach du meine…! D-du…! Du…! Mama! Du bist…?!“

„Ich bin schwanger.“

„Du bist schwanger!“ Der Junge schlägt sich die Hände an die Wangen und schüttelt heftig seinen Kopf.

Er kann es immer noch nicht fassen.

„Das ist ja…!“

„H-Heinrich…?“

„Aaaaaaaah…!!!“ Freudig wirft er sich ihr um den Hals und drückt sie fest. „Ich bekomm ein kleines Geschwisterchen! OhmeinGott, ist das toll!!!“

Erleichtert lachend gibt ihm Juliane einen Kuss auf die Wange. „Schön, dass du es so positiv aufnimmst.“

„Aber natürlich! Wie hätte ich denn sonst reagieren sollen?! Natürlich freu ich mich für euch! Aaaah, wie herrlich! Wenn ich daran denk, diese kleinen Söckchen und Kleidchen einkaufen zu gehen…!“

„Wir wissen noch nicht, ob es ein Mädchen oder ein Junge wird.“

„Dann eben kleine Söckchen und Höschen!“

Juliane muss lachen.

„Aber wieso ist Michael denn so aufgeregt? Ist etwas nicht in Ordnung?!“

„Naja, ich bin nicht mehr die Jüngste.“, antwortet sie mit einem Lächeln, „Da sollte man schon vorsichtig sein, ich hab diese Woche auch noch einen Termin zur Vorsorgeuntersuchung, aber er übertreibt trotzdem.“

„Er wird das erste Mal Vater.“, meint Heinrich, „Ich glaub, das kann man ihm nicht übel nehmen.“

„Nein, ist ja eigentlich auch ganz süß von ihm…“

„Und wird…wird alles gutgehen?“

„Das kann man jetzt noch nicht sagen, mein Schatz. Das kann man nie so früh sagen. Aber wir geben unser Bestes.“

Mit großen Augen lässt Heinrich seinen Blick auf ihren Bauch wanden. „D-darf ich…?“

„Hihi, natürlich, aber du wirst noch nichts fühlen.“

Trotzdem wandern die Hände des Jungen an den Bauch seiner Mutter. Ganz vorsichtig legen sich die Finger auf den Stoff ihres Shirts, als wenn er etwas kaputtmachen könnte.

„Da muss ich Michi ja noch danken, bevor ich geh. Hab mir immer schon ein kleines Geschwisterchen gewünscht.“
 

„Mama ist schwanger!“

„W-was?!?“

Alexander ist noch nicht mal ganz in der Wohnung, da wird er schon von seinem Freund überfallen.

„Mama ist schwanger! Ich bekomm ein kleines Brüderchen oder Schwesterchen!“

„Ach du…! In dem Alter noch?!“

Heinrich pustet seine Backen auf und hebt den Kochlöffel. „Freust du dich denn nicht für die beiden?!“

„Doch schon, äh…wenn es geplant war?“

„Michi hat mir erzählt, er hat hart darauf hingearbeitet!“

Alexander muss grinsen. „Ja, das hat er mir damals nach seiner Scheidung gesagt. Am meisten bereut er es, dass er jetzt wohl kein Vater mehr werden kann.“

„Siehst du!“

„Hoffentlich geht das gut…“

„Bestimmt! – Ich hab dir was zum Essen gemacht, auf, auf, es wird kalt!“

Alexander drückt dem Jungen einen Kuss auf die Lippen, bevor er sich in die Küche ziehen lässt.

„Was wolltest du denn mit mir besprechen?“, fragt der Ältere, als sie sich am Tisch gegenüber sitzen.

„Oh, ähm…“ Heinrich zögert. Jetzt, wo er heute erlebt hat, was für ein Glück Prinzessinnen von ihrem Prinzen empfangen dürfen, will er eigentlich gar nichts mehr anderes, als eine solche Prinzessin zu sein. „Das, natürlich. Das mit Mama.“

Alexander sieht ihn skeptisch an. „Das wusstest du heute Morgen schon?“

„Jap.“ Er nickt überzeugend.

„Ah, okay. Aber so hektisch, wie du mir das eben mitgeteilt hast, hättest du’s mir doch auch heute Morgen sagen können, oder?“

„Neiiin, ich wollte ja…Ich wollte nicht, dass du so aufgewühlt zur Uni gehst.“

„Achso.“

„Ja. Und…“

„Und?“

Heinrich schiebt sich den Löffel in den Mundwinkel und leckt nervös daran herum. „Und ich wollte dich damit animieren, es…es nicht auch mal so engagiert mit mir zu versuchen.“

Auf Alexanders Gesicht legt sich ein Grinsen. „Gleich nach dem Essen fangen wir damit an.“
 

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Ein neues Kapi! Und immer noch nicht sehr weihnachtlich XD

Solange ich es schaffe, das Weihnachtskapi im Januar zu liefern, wenn es bei uns in Deutschland ja eher vorkommt, dass es sogar vielleicht schneit…, ist doch alles in Ordnung, oder? :P

Denn erst mal steht ja noch die Philosophieprüfung an -> Tim wird uns im nächsten Kapi wieder beglücken ;)
 

Wer übrigens Schiller einmal sehen will, und Heinrich in seinem Winteroutfit, der schaut bei den Illustrationen rein :3

Als Tim von Heinrich am Mittwochnachmittag eingelassen wird, bekommt Letzterer einen Knuddelanfall.

„OhmeinGott, wo hast du das denn her?!?“, ruft der Junge und knufft seinem Kumpel in den Bauch, wo auf seinem Kapuzenpulli die Worte I am your Hero in quietschbunter Schrift abgedruckt sind.

„Von Adele.“, bringt der Rothaarige atemlos heraus und wird Heinrich glücklicherweise so langsam wieder los.

„Hey“, begrüßt ihn Alexander, der soeben in den Flur kommt, und gibt ihm die Hand.

„Hi.“, grüßt er zurück.

„Süßer Pulli.“

Tim versucht erfolglos den Superblush zu verhindern.
 

Als sie später zusammen wie gewohnt bei Chips und Cola, die der Gast mitgebracht hat, auf dem Sofa sitzen, sind auch Alexander und Tim miteinander aufgetaut. Beim Begriff der Freundschaft, den sie als erstes behandeln, können Tim und Heinrich nicht die Scherze lassen, dass ihre Freundschaft sie auch irgendwann, ganz nach der Lehre der Stoa, zur sittlichen Vollkommenheit bringen wird.

„Geeenau.“, kommentiert Alexander, „Wenn ich mir eure Gespräche so anschaue, dann find ich darin wenig Anstand und Sitte.“

Sein Freund streckt ihm die Zunge raus.

„Wie soll der arme Heinrich sich denn auch auf seine innere Mitte besinnen, wenn du ihm da laufend drin rumstocherst?!“

„Genau das meinte ich.“, entgegnet Alexander schmunzelnd.

„Hey, das war nicht doppeldeutig gemeint!“

„Und Eggebrecht starrt den Studentinnen nicht auf den Hintern.“, meint Heinrich augenrollend.

„Okay, okay, ich bin durchschaut.“, gibt Tim grinsend zu.

„Jungs, wir kommen vom Thema ab.“, versucht Alexander ihr Beisammensein wieder in geordnete Bahnen zu lenken.
 

Das gelingt ihm auch erstaunlich gut, bis sie anfangen, sich in die Affektenlehre zu vertiefen.

„Mir kommen also die Tränen nicht, weil mich meine Mutter so fest geschlagen hat, sondern weil mein Verstand das Okay dazu gegeben hat, jetzt zu weinen.“, resümiert Tim.

„Genau. Und im Gegensatz zum Kind, kann ein stoisch Weiser mit dem Verstand, dem Logos, die Affekte kontrollieren.“

„Ein stoischer Weiser bekommt also keinen Ständer, wenn er nen hübschen Knaben auf der Straße sieht, weil sein Verstand es ihm verbietet.“, schlussfolgert Heinrich, fast überzeugend unschuldig.

Alexander seufzt und sieht seinen Freund und dessen Kumpel zweifelnd an. „Wie alt seid ihr eigentlich?“

„Was denn?!“, kommt es sofort von Heinrich zur Verteidigung, „Wir beziehen das Ganze nur auf einen Themenbereich, der uns interessiert, damit wir’s uns besser merken können!“

„Ich glaub nicht, dass es Tim interessiert, ob irgendwelche Knaben über die Straße laufen.“

„Och, ähm…“

Alexander sieht ihn fragend an.

Der Rothaarige fährt sich unsicher mit einer Hand in den Nacken. „Naja…ich…“

Heinrich versucht ihm mit seinen Blicken klarzumachen, dass das jetzt der geeignete Zeitpunkt wäre, damit herauszurücken.

„Ich, äh…stell mir das alles, ähm, mit Adele vor.“

„Ach so.“

Heinrich seufzt genervt auf.

Als Alexander ihn fragend anblickt, winkt er nur ab. „Nichts, wir können ruhig weitermachen.“
 

Nachdem sie das köstliche Abendessen, das sie in harter Arbeit beim Asiaten um die Ecke bestellt haben, verdrückt haben, geht es in die letzte Runde der Wiederholung, dann schließt Alexander um Elf die Sitzung, da sie alle wohl ein wenig müde scheinen.

„Das müsste reichen.“, meint er zuversichtlich, „Ihr seid hiermit gut vorbereitet, das schafft ihr.“

Die beiden nicken.

Nach kurzem Zögern erhebt sich Tim. „Jap, dann geh ich mal.“

„Tust du mir den Gefallen und fragst bei deiner Schwester wieder nach?“, bittet ihn Alexander.

Der Rothaarige verzieht das Gesicht. „Sie hat mir erzählt, dass Ulli heute bei ihr ist. Wenn die über Nacht bleibt, will ich mir das nicht unbedingt antun…“

„Oh, ähm, verständlich.“, meint Alexander.

Während Heinrich bei der Vorstellung rot anläuft, holt der Ältere das Telefon herbei. „Ruf doch mal an.“

„Okay.“

Die beiden sehen dem Rotschopf aufmerksam zu, wie dieser die Nummer wählt und sich den Hörer ans Ohr legt.

Es tutet.

Es tutet immer noch.

Plötzlich ertönt ein Schrei aus dem Hörer, der Tim wohl einen Hörsturz verpasst hat und sehr eindeutig nach einer sehr erbosten Ulli klingt, die gerade bei etwas sehr Schönem unterbrochen wurde.

„Ooookay…“, bringt Tim heraus, als er noch ziemlich konsterniert auflegt.

„Ähm…wir könnten dir diesmal ja das Sofa anbieten.“, meint Alexander.

„Auja!“, ruft Heinrich, „Du schläfst bei uns!“

„G-gut, okay…“, gibt sich der Rothaarige geschlagen und wird sofort von Heinrich nach oben gezogen, um ihm was für die Nacht rauszusuchen.

„Ich geh schon mal ins Bad!“, ruft ihnen Alexander hinterher, bevor er unten alle Lichter ausmacht und sich selbst auf den Weg nach oben.

Als er das Bad verlässt, huschen Heinrich und Tim an ihm vorbei. Sie schließen hinter sich ab.

Eine Weile starrt Alexander auf die Tür. Er kann nicht leugnen, dass es sich ein wenig unangenehm anfühlt, zu wissen, dass die beiden sich da drin gerade voreinander ausziehen. Und dann haben sie noch abgeschlossen.

Er schüttelt den Kopf und geht ins Schlafzimmer. Seufzend schaltet er das Licht aus, das Heinrich natürlich hat brennen lassen, bevor er seine Nachttischlampe anknipst und sich ins Bett legt. Es wird ein komisches Gefühl sein, hier mit Heinrich zu liegen, aber zu wissen, dass Tim unten auf dem Sofa schläft.

Hätte Alexander sich diese Gedanken noch ein wenig länger machen können, wären sie genauso umsonst gewesen, denn es dauert nicht mehr lange, da hört er, wie es im Flur poltert. Ein entsetztes „Nein!“ kommt von Tim, und sein Heinrich kichert wie wild.

Plötzlich stehen sie beide im Schlafzimmer.

Heinrich schließt hinter ihnen die Tür, während Tim, den in der Länge viel zu kleinen Aristocats-Pyjama an, mit roten Wangen auf den Boden starrt und eben jenen Kleidungsmissstand zu beheben versucht, indem er sich das Oberteil etwas über den nackten Bauch zieht.

„Äh…Heinrich, was wird das?“, fragt Alexander irritiert.

Der Junge kichert nur wieder, als er Tim am Arm packt, der beschämt dagegen mit einem „Heinrich…!“ protestiert, doch erfolglos: Heinrich schubst ihn auf seiner Seite des Bettes auf die Matratze.

Der Rothaarige hätte sich sofort wieder aufgerappelt, würde Alexander nicht gerade zehn Zentimeter von ihm entfernt mit nackter Brust liegen und ihn mit weiten blauen Augen anstarren.

Da ist Heinrich selbst schon auf der anderen Seite seines Freundes aufs Bett gestiegen, hat das Licht ausgeknipst und schmiegt sich zu seiner Rechten an ihn.

„Du hast doch bestimmt nix dagegen, solange du zwischen uns liegst, oder?“, nuschelt er.

Alexander sieht nun ihn mit weiten Augen an. „Äääähm…!“

„Sorry, ich geh wieder…“, kommt es von Tim, doch Heinrich schnappt über Alexanders Bauch hinweg seinen Arm und hält ihn auf. Eindringlich sieht er ihn an, bevor er ihn loslässt und seinen Kopf wieder auf Alexanders Brust niederlegt.

„Heinrich, ähm…“, fängt dieser an, „Ich denke, es ist doch besser, wenn– “

Weiter kommt er nicht, denn da muss er entsetzt feststellen, dass nun auch der Rothaarige zögerlich nähergerutscht ist und er seine Locken an seinem Oberarm spüren kann.

Alexander räuspert sich. „Ich weiß zwar nicht, was ihr vorhabt, aber…ich teil Heinrich nicht so gerne. Und genauso ungern geb ich mich für einen anderen her.“

Heinrich kichert leise. „Hast du nicht gesagt, du würdest uns durchnehmen.“

Tim sieht schüchtern mit seinen Rehaugen zu ihm auf. „D-das…haben Sie gesagt, Herr Professor?“

„N-nein, ich…! Das war doch nicht ernst gemeint, nur – OhmeinGott, hat dir Heinrich das mit der Professor-Anrede etwa auch erzählt?!?“

„Möglich…“, antwortet der Schwarzhaarige und hebt seine Augenbrauen, „…Herr Professor.“

Alexander hält die Luft an, als der Junge die Hand, die auf seinem Bauch liegt, auf und ab fahren lässt und seine Brust küsst.

Er atmet fahrig aus, als Tims Hand sich zu Heinrichs gesellt und auch er seinen Kopf hebt, um ihn auf seiner Brust abzusetzen.

Wie von selbst hebt Alexander seine Arme, um sie um seine beiden Anhängsel zu legen, die sich links und rechts zu ihm unter die Decke gekuschelt haben.

„Du bist übrigens schuld daran, dass Tim überhaupt auf die Idee gekommen ist, mich zu küssen.“, kommt es leise von Heinrich, der mit seinen Lippen von ihm abgelassen hat.

Fragend sieht Alexander zu Tim hinüber, auf dessen Wangen sich ein leichter Rotschimmer legt.

„Ich war mir nicht sicher, ob ich bi bin, oder mir nur einbilde, auf Sie zu stehen, Herr Professor.“

Alexanders Augen weiten sich. „Heinrich…?“ Nervös wendet er sich an seinen Freund.

Der liegt mit geschlossenen Augen friedlich lächelnd an seiner Brust. „Du darfst ihn küssen.“, sagt er, „Aber nur küssen. Kurz.“

„Heinrich, ich will aber nicht…!“

„I-ich brauch ihn nicht küssen, Heinrich, ich weiß es auch so.“, nuschelt Tim beschämt.

Alexander seufzt erleichtert auf.

„Und Ihr Schwanz ist wirklich so groß, wie Heinrich mir erzählt hat?“

Alexander starrt ihn entsetzt an.

„Scherz.“, meint Tim, und Alexander spürt, wie sich dessen Hand mit Heinrichs über seinem Bauchnabel verschränkt.

„Gute Nacht, ihr beiden.“, flüstert er und schließt die Augen, in der Hoffnung, dass seine zwei Studenten nicht weitergehen wollen.

„Gute Nacht, Herr Professor Humboldt.“, kommt es einstimmig von ihnen, bevor auch sie mit einem Grinsen die Augen schließen.
 

Am Morgen, als der Weckruf des Weckers seine ersten Zeichen von Erfolg aufweist, ist Alexander im ersten Moment sehr verwirrt darüber, zwei taube Arme zu haben und Tim wundert sich über die plötzliche atemberaubende Realistik seines Traums. Nur Heinrich döst im angenehm vertrauten Duft seines Freundes noch ein wenig weiter.

Als Alexander seine Arme befreit, da er sich so langsam wirklich um ihre Gesundheit sorgt, macht es bei Tim endlich „klick“. Entsetzt keucht er auf und zieht seine Hände hastig an seine Brust, die zuvor noch den Realität gewordenen Traumkörper befummelt haben.

„Ä-ä-äh…!“

„Kein Problem, ähm…Heinrich freut sich auch gerade sehr drüber, dass er mich hat.“, versucht Alexander die Situation zu retten, auch wenn es ihm selbst ein wenig peinlich ist, den Rothaarigen in so einer Situation zu erwischen. – Naja, was heißt erwischen, so nah wie er an ihm gehangen war…

„S-sorry, das, ähm…!“

„Hmmm….?“, kommt es verschlafen von Heinrich, der sich noch ein wenig mehr auf Alexander schiebt, um hinüber zu Tim sehen zu können, „Hast du auch so schön geschlafen, wie ich?“ Das Grinsen des Jungen verrät, dass er genau weiß, was mit Tim los ist.

„Soo…“, fängt Alexander an, „Wir denken jetzt alle zusammen an was schönes Grausames, sonst lass ich euch zwei nicht alleine, bevor das nicht wieder behoben ist.“

„Hm“, kommt es da von Heinrich, „An was denken Bisexuelle denn eigentlich zum Abtörnen? Da helfen ja auch keine fetten Brüste.“

„Geranien?“, schlägt Alexander vor.

Tim sieht ihn verstört an.

„Das hilft nur bei dir!“, weist ihn Heinrich sofort zurecht.

„Eggebrecht.“, versucht es Alexander noch einmal.

Als er die entsetzten Blicke seiner Studenten sieht, fährt er grinsend fort. „Eggebrecht, der…plötzlich! sein Jackett aufreißt, sich lasziv aufs Pult sinken lässt…Er zieht sich die Krawatte vom Hals, schwingt sie über seinem Kopf, während er sich mit der anderen Hand – “

„Wäääääh, hör auf!“, kommt es verzweifelt von den beiden.

„Wir sind wieder abgekühlt!“

„Abgekühlter geht’s gar nicht!“

„Dann ist ja gut.“, meint Alexander schmunzelnd.

Er drückt Heinrich einen Kuss auf die Stirn, bevor er die Decke zurückschlägt. „Das sieht zu witzig aus, ihr beide in diesen albernen Schlafanzügen…“, kommentiert er, bevor er aus dem Bett steigt.

Sobald er das Schlafzimmer verlassen hat, rauft sich Tim die Haare. „Aaaah! Verdammtverdammtverdammt, ist das peinlich…!“

„Achwas.“, versucht ihn Heinrich zu beruhigen, „Alex hat’s doch ganz locker genommen. Wär ihm in deiner Situation bestimmt auch passiert.“

Bevor Alexander sich auf den Weg zur Uni macht, schaut er noch einmal im Schlafzimmer vorbei, um die beiden zu ermahnen, auch ja keine Dummheiten zu begehen und schön getrennt zu duschen.

„Auf die Idee wär ich gar nicht gekommen.“, kichert Heinrich, kaum ist sein Freund aus der Wohnung, „Hört sich aber gut an.“

Als Tim seinem Kumpel kurz darauf die Haare einseift, seufzt er theatralisch auf. „Mensch…da hab ich Adele später aber einige Sünden zu beichten…“

Heinrich lacht nur.

Am Abend wundert sich der Junge über die gerötete Wange seines Freundes, die er von der Uni zurückbringt.

„Oh, was ist dir da denn passiert?“, fragt er besorgt.

Alexander öffnet zögerlich den Mund.

Pfeifend schließt Alexander am Morgen die Tür und tritt hinaus auf den Gang.

Die rasante Ohrfeige, die er sich, keiner Schuld bewusst, von Ulrike einholt, begrüßt ihn nun endgültig im neuen Tag.

„Du triebgesteuerter Arsch, jetzt treibst du’s auch schon gleichzeitig mit dem Bruder meiner Freundin!“

„…Kaffeelöffel.“, nuschelt er.
 

Am nächsten Wochenende, dem letzten im November, meldet sich Tim telefonisch bei Heinrich. Alexander ist unterwegs; noch was Wichtiges erledigen, hieß es. Der Junge war gerade dabei, den fertiggestrickten Schal ganz unten in seiner Schreibtischschublade zu verstauen, als das Telefon geklingelt hat.

„Heinriiiich…ich bin so aufgeregt wegen der Prüfung am Montag…!“

Tims Hibbeligkeit kriecht fast durch den Hörer.

„Willst du rüberkommen?“

„Auja…das wär – ich brauch Ablenkung…!“

Schon kurze Zeit später lässt Heinrich seinen Kumpel in die Wohnung.

„Hier!“ Tim knallt ihm eine Schachtel Salzstangen an die Brust. „Nicht, dass ich die vor lauterlauter noch fallen lass…“

„Ich bin ehrlich gesagt auch ein bisschen nervös…“, gibt Heinrich zu, „Aber nicht so schlimm wie du.“

„Gott, ich…ich glaub ich will Alex einfach nur nicht enttäuschen.“ Hilflos sieht Tim beim Schuheausziehen zum anderen auf.

„Och“, entgegnet Heinrich amüsiert und wuschelt ihm durch die Haare. „Dann muss ich ja was finden, mit dem wir dich ablenken können.“, meint er, als er die Salzstangen auf dem Sofatisch abstellt

Tim nickt heftig.

„Setz dich erst mal. Ein Wasser?“

„Jap.“

Als Heinrich mit zwei gefüllten Gläsern zurückkommt, knabbert Tim schon nervös an einer Salzstange.

„Hast du Adele angerufen?“

Wieder nickt der Rothaarige hastig. „Heute Morgen schon. Nach ner Stunde war sie genervt von mir.“

„Adele doch nicht…!“

„Neiiin, natürlich hat sie’s nicht gesagt, aber ich hab’s gespürt. Und aufgelegt.“

„Hm.“ Heinrich nimmt sich eine Salzstange. „Fährst du an Weihnachten zu ihr?“

„Weihnachten bei mir, Silvester bei ihr.“

„Schön. Und? Schon ein Geschenk für sie?“

Tim schüttelt den Kopf und nimmt sich gleich eine ganze Handvoll Salzstangen. „Muss ich mir noch was einfallen lassen.“

„Sie mag Liebesfilme. Vielleicht kannst du mit ihr in ein Musical gehen oder so.“

Das ist ne gute Idee!“, ist der Rothaarige begeistert und sieht sein Gegenüber erstaunt an, „Du bist ja richtig der Frauenkenner!“

„Tjaaa…“, meint Heinrich nur mit einem Zwinkern.

Einen Moment herrscht zu lange Stille zwischen ihnen.

„Ich werd so abkacken, Heinrich!“

„Neiiin, wieso denn?!? Wir können den Stoff doch so gut!“, widerspricht ihm der Junge.

„A-aber…!“ Nervös leckt Tim über die letzte Salzstange.

Da kommt Heinrich eine Idee. Eine sehr geniale Idee, wie er zugeben muss.

„Oh…oh-oh…“, gibt Tim von sich, als er den Blick seines Kumpels bemerkt, „Du machst mir Angst, Heinrich, was hast du vor…?“

Der Junge grinst ihn an. „Ich hab soeben eine fabelhafte Idee bekommen, wie ich dich garantiert ablenken kann. Ja! So entspannen wir uns jetzt beide ein bisschen.“

Tim fühlt sich nicht sicherer, als Heinrich sich plötzlich zwischen seine Beine vor ihn auf den Boden kniet.

„Da gibt’s glaub ich nur ein Problem. Was hast du denn lieber? Erastes oder Eromenos?“

Tim blinzelt ein paar Mal. „Äh…also a-als Position für…mich?“

„Jap.“

Eromenos.“

Heinrichs Augenbrauen heben sich erstaunt. „Hm? Hattest du nicht damals Erastes gesagt, als Alex uns so blöd…?“

„Aber doch nur, weil ich wusste, auf was Alex hinaus will…!“

„Was?!?“, kommt es von Heinrich, „Du hast ihn also noch unterstützt, uns zu demütigen?!“

„Nein!“, verteidigt sich Tim, „Naja, hauptsächlich hab ich gelogen, weil ich mich nicht getraut hab, ihm gegenüber zuzugeben, dass ich mich am liebsten von ihm mal durchf… – s-sorry, er ist dein Freund!“

Auf Heinrichs Gesicht legt sich wieder ein Grinsen. „Na, dann haben wir ja gar kein Problem…“

Unsicher schaut Tim zu, wie sein Kumpel sich hinüber zum Regal bewegt und eine der DVDs heraussucht. Sie in den DVD-Player einlegt.

Erst dann zeigt er ihm die Hülle.

„Oh, mein…“

„Und?“, kichert Heinrich, „Meinst du, das bringt uns auf andere Gedanken?“

„N-naja…“, entgegnet Tim und so langsam muss auch er grinsen, „Schaden kann’s auf jeden Fall mal nicht.“

„Das seh ich auch so.“, meint Heinrich zufrieden und drückt auf „Play“.

Der bestimmt sehr sorgfältig gewählte Titel „Hard Work“ erscheint auf dem Bildschirm.

Tim muss losprusten. „Hast du den von deinem Alex bekommen?“

„Neiiin, der schenkt mir doch nicht so was, wenn ich ihn hab.“, lacht Heinrich zwinkernd. „Er hat ihn mal geschenkt bekommen. Ich hab nur die ersten zehn Minuten schon mal gesehen.“, teilt Heinrich dem Rothaarigen grinsend mit.

Der sieht ihn aus dem Augenwinkel nur skeptisch an, mehr richtet sich seine Aufmerksamkeit auf die zwei Männer, die gerade mit freiem Oberkörper aus der Baugrube steigen, während sie sich eher weniger verstohlene Blicke zuwerfen.

„Nee, oder?“, gibt Tim von sich, „Das ist ja so was von klischeehaft…“

„Warte, es kommt noch besser.“, kichert Heinrich.

Die zwei Bauarbeiter treffen sich in der Dusche wieder, wo einer von ihnen schon vollkommen entblättert unterm Wasser steht und den anderen mit aufreizenden Blicken zu sich lockt.

„Und? Ist doch dein Typ, oder?“, will Heinrich gespannt wissen.

Tim wird rot. „Naja…“

Der sowieso spärlich vorhandene Dialog flacht ganz ab, als Bauarbeiter1 Bauarbeiter2, noch mit Helm und Hose, zu sich unters Wasser zieht.

„Den Kuss hab ich noch gesehen.“, meint Heinrich.

„Mhm.“, kommt es etwas abwesend von Tim.

„Und wie er ihm einen runterholt.“

Heinrichs Grinsen wird breiter, als er sieht, wie gebannt sein Kumpel auf den Bildschirm starrt.

Als der Rothaarige jedoch den Blick des anderen bemerkt, wendet er hastig seine Augen ab. „M-Mensch, kannst du das nicht leiser machen? Der übertreibt’s ja mit seinem Stöhnen…!“

„Nix da, das bleibt so laut.“

Tim will protestieren, doch ihm versagt die Sprache, als der Nackte dem anderen die Hosen herunterzieht und mit ihnen vor ihm auf die Knie geht.

„Das ist…“

„Heiß.“, stellt Heinrich fest. Das Beste hat er anscheinend damals verpasst. „Nur blöd, dass die so kahlgeschoren sind, ist doch total unrealistisch.“

„OhmeinGott!“, ruft Tim, „Ich will mir nicht vorstellen, wie das bei deinem Alex aussieht.“

„So nicht, ich kann’s nicht so weit.“

Tim antwortet nicht, sondern starrt einfach weiter auf den Fernseher, und jede Sekunde, die dieser Liebesakt weiterläuft, färbt seine Wangen um eine Nuance röter.

„Shit.“

Fragend sieht Heinrich hinüber zum anderen, der sich schon fast panisch umsieht. „M-mach das aus!“

„Aber wieso denn?“, lacht der Junge, und als Tim sich auf die Fernbedienung, die zwischen ihnen liegt, stürzen will, nimmt er sie schnell an sich, sodass der Rothaarige ins Leere greift.

„Nh~“

Heinrich hält inne und betrachtet den anderen eindringlich. Aber die Wölbung in dessen Jeans ist nicht zu übersehen.

„Du bist…“

„Ja, und es ist peinlich!“

Heinrich springt mit einem freudigen Grinsen auf und eilt in die Küche. Als er mit einer Box Papiertücher zurückkommt und diese auf den Tisch vor dem Sofa stellt, starrt ihn Tim entgeistert an.

„W-was…?!“

„Gehört zu jedem guten Porno dazu.“, erklärt er und macht es sich wieder auf dem Sofa bequem.

„Du kleiner Perverser…!“ Tim schlägt ihm lachend gegen den Arm.

„Oh, jetzt hast du verpasst, wie er kommt.“

„Wo?!?“

Heinrich spult grinsend zurück, und so geben sie sich eine Minute länger das Schauspiel, das vorerst mit lautem Stöhnen, unterlegt von plätscherndem Wasser endet.

„Alex‘ Gesichtsausdruck, wenn er kommt, ist besser.“

„D-dacht ich mir.“

Die zwei Bauarbeiter gönnen sich keine Sekunde Ruhe, sondern setzen gleich zur nächsten Runde an.

„Jetzt mach schon.“, fordert Heinrich den anderen auf, „Ich schau auch nicht hin.“

„Nur wenn du mitmachst.“

Lachend fasst sich der Junge in den Schritt. „Okay.“

Der Schwarzhaarige muss schon zugeben, dass die zwei Typen nicht schlecht aussehen und dass der Hintern, der gerade bearbeitet wird, echt heiß ist, aber daran zu denken, dass sein Alex ihn dort unter der Dusche nimmt, ist noch viel besser.

Jetzt wird er doch ein wenig rot, als er seine Hose öffnet und sich vor Tim auspackt. Aber das verhaltene Stöhnen, das gerade von nebenan kommt, sagt ihm, dass sein Kumpel im Moment mit anderen Sachen beschäftigt ist.

Die muskulösen Körper glänzen, das Wasser ist endlich ausgestellt. Der eine gibt ein Stöhnen von sich und man sieht –

„G-ohtt! Man sieht ja alles!“

„Oh…Wie im Spiegel…“

„Was, ihr habt…?!?“

Heinrich gibt ein atemloses Lachen von sich und stellt seine Füße auf dem Sofa auf, bevor er seine Bewegungen beschleunigt.

„Ihr habt’s vor dem Spiegel gemacht?“

„Jah…das war so geil…“

„Du hast hier nen Porno laufen und musst an deinen Alex denken, um geil zu werden?!“

„Jah…gib’s ihm fester…hörst du nicht, wie er danach fleht?“

„Bleib gefälligst ernst! Und weich meiner Frage n– “

Beide bringen nur ein Stöhnen heraus, als plötzlich Alexander in der Tür steht, sämtliche Gesichtszüge vollkommen entgleist.
 

Tim wird heiß im Gesicht, und auch Heinrich rauscht das Blut aus unteren Regionen in die Wangen.

Alexanders Augenbrauen heben sich. Seine rechte Hand zuckt gefährlich.

Die zwei Männer im Fernseher stöhnen eifrig weiter.

Heinrich denkt: „Jetzt killt er mich. Tim. Uns.“, aber beide sind sie nicht fähig, sich zu rühren, auch nur ihre Hände aus dem Schritt zu nehmen.

Alexander kommt auf sie zu.

„Wie könnt ihr es verdammt nochmal wagen, so etwas – !“

Die zwei Studenten schrecken auf, als der Professor sich zwischen sie aufs Sofa fallen lässt.

„ – ohne mich anzufangen?!“

Heinrichs Blutwallungen überschlagen sich fast, als sein Freund sich an die Hose greift und seinen Gürtel öffnet. „S-spinnst du?!?“, ruft er entsetzt und mit knallrotem Kopf, „Wenn du das machst, dann braucht weder Tim noch ich einen Porno!“

„Und?“, entgegnet Alexander und zieht einen Mundwinkel nach oben, „Die Typen machen mich sowieso nicht an.“

Während Heinrich noch halbherzig versucht, seinen Freund davon abzuhalten, geht Tims Atem immer heftiger, als er zusieht, wie sein „wegen mir hast du deine Bisexualität entdeckt“-Traumtyp sein bestes Stück auspackt und sich dank seiner eifrigen Hand und eines Kusses, den er Heinrich schließlich entlocken kann, in Stimmung bringt.

Tim sieht im Ergebnis dieses Bemühens all die Erzählungen von Heinrich bestätigt.

„Wer am häufigsten kommt, bis die beiden Herren da fertig sind, der wird später von den anderen beiden bekocht.“

Auch wenn Tim bei diesen Worten Alexanders noch genauso perplex wie Heinrich dreinschaut und vollkommen nicht einverstanden mit der Idee ist, kann er nicht anders, als sich wieder zu berühren, als der Professor den Wettbewerb eifrig beginnt.

Für Heinrich sind die beiden Hampelmänner auf dem Bildschirm egal geworden, er schaut nur noch seinem Alexander zu, hört nur noch seinen beschleunigten Atem.

Tim hat seinen Blick zwar stur auf den Fernseher gerichtet, die Bilder verschwimmen aber vor seinen Augen, als Alexander das erste lautere Stöhnen von sich gibt und ihn so in Führung bringt; er kann gerade noch so nach einem Papiertaschentuch greifen.

Das zweite Mal kommt der Rothaarige mit Heinrich und dem Älteren zusammen, ans dritte Mal erinnert er sich nicht mehr, das vierte und letzte Mal ist es aber wieder Alexander, der mit rauer Stimme feststellt: „Wir müssen uns ranhalten, Heinrich…Tim hat schon drei Punkte.“. Dass der andere mitgezählt hat, ihm dabei zugehört hat…! Das gibt ihm den Rest.
 

Alle drei schwer außer Atem sitzen sie auf dem Sofa.

Keiner von ihnen sagt etwas.

Heinrich ist der erste, der sich regt: Er beendet mit einem bestimmten Knopfdruck das Gedudel des Abspanns. Dann nimmt er sich einige Tücher, um sich zu säubern.

Tim will es ihm gleichtun, Alexander kommt ihm aber in den Weg und er zieht seine Hand mit roten Wangen schnell wieder zurück.

„Bitte.“ Alexander reicht ihm ein paar von den Papiertüchern.

„D-danke.“

Als sie wieder alles verstaut haben, sprechen sie immer noch nicht, nur Heinrich schmiegt sich an seinen Freund, der einen Arm um ihn legt.

„Danke.“, wiederholt Tim schließlich noch einmal und atmet in einem langen Atemzug aus.

„Äh…hatte ich gehört, ja.“, entgegnet Alexander.

Der Rothaarige muss unwillkürlich lachen. „Doch nicht fürs Taschentuch. Dafür, dass…naja, hättest du das nicht gemacht, wär’s viel peinlicher für mich gewesen. So…hab ich dich in der gleichen Situation erlebt und fühl mich nicht so…ausgeliefert, ähm…versteht man grad, was ich sagen will?“

„Hihi, ja.“, lacht Heinrich und hebt ihm seine Faust entgegen, „Schlag ein, Alter, das war verrückt, aber geil.“

Tim kommt grinsend seiner Bitte nach.

„Hey, ich will auch!“, beschwert sich Alexander und darf die Geste mit jedem von beiden wiederholen.

„Und daran denkt ihr bitte, wenn ihr eure Klausur schreibt. Die Worte werden geradeso aus euch heraussprudeln.“

Die zwei Studenten kichern und Heinrich drückt seinem Freund einen Kuss auf die Wange.

„Oooder natürlich, wir können uns von diesem hinreißenden Filmchen trennen und ihr lasst es dem Kollegen Pfeiffer als bescheidenes Geschenk zukommen, dann habt ihr die Bestnote auch sicher.“

„Hey, glaubst du so wenig an uns?“, lacht Heinrich empört.

„Ich glaub, dass ich erst mal von euch bekocht werde, oder?“, mischt sich Tim schmunzelnd ein und lehnt sich auf dem Sofa genüsslich zurück.

Die anderen beiden sehen sich skeptisch an.

Heinrich verpasst seinem Freund eine leichte Kopfnuss. „Du und deine schlauen Idee, Alex, echt…“
 

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Jaaaa…jetzt kann der Weihnachtsmann auch in VLE kommen XD Ich hoffe, ihr hattet mit dem Kapitel hier euren Spaß, jetzt wird es erst mal besinnlicher… *hust* …oder? *auf meinen Plan schau* Jap, doch. Versprochen :3

Es liegt zwar kein Schnee auf den Straßen Berlins, aber heute Morgen hat es begonnen zu schneien. Alexander bleibt schmunzelnd stehen und betrachtet seinen Freund, wie der freudig wie ein kleines Kind den Gehweg entlanghüpft. Er kommt zu dem Schluss, dass sein Heinrich mit diesem Funkeln in seinen Augen und den Schneeflocken in den Haaren einfach bezaubernd aussieht.

„Hey, was ist?!“, ruft der Junge grinsend, „Wenn du so trödelst, dann kriegen wir nie die ganzen Weihnachtsgeschenke zusammen!“

Alexander lacht leise. Mit einem wunderbar warmen Gefühl im Bauch, das ihm kein Glühwein bescheren könnte, folgt er ihm.

„Du hast den Kalender nochmal bestellt, ja?“

„Ja, Heinrich, gestern hab ich angerufen und unsere Fotos nochmal auf der Seite hochgeladen.“

„Hmmm“, macht der Junge, „Ist das auch sicher? Wer weiß, was alles mit den Fotos passiert, wenn die da online sind, am Ende sind wir und Tim nicht die einzigen, die diesen exklusiven Kalender zuhause hängen haben…“

„Ich denke, das geht schon mit rechten Dingen zu.“

„War auch nicht so ernst gemeint. Sie könnten das Nacktfoto von dir von mir aus ans Brandenburger Tor projizieren.“

Alexander gibt seinem Freund einen Kuss auf die Lippen und legt ihm eine Hand auf den Hintern, knapp überm Hamsterschwänzchen.

So betreten sie das Babyausstattungsgeschäft, was natürlich bei allen anderen Kunden schon einmal zahlreiche Fragen aufwirft.

„Was willst du ihnen denn schenken? Man weiß doch noch gar nicht, ob’s ein Junge oder ein Mädchen wird.“

„Nein, aber wir können ja was Neutrales nehmen. Außerdem find ich das Rumgezacker mit Blau und Rosa sowieso sehr spießig.“

„Das kann ich mir vorstellen.“

Alexander dreht sich zu einem jungen Mann mit kurzen blonden Haaren herum, ohne seine Hand von Heinrichs Rücken zu nehmen. „Entschuldigen Sie, haben Sie was gesagt?“

Der Typ hebt abwehrend die Hände und seine Frau mit Kugelbauch zieht ihn weiter.

„Sei nicht immer gleich so aggressiv, Alex.“, meint Heinrich, „Der nette Mann hat das bestimmt nicht böse gemeint.“

„Nein, natürlich war das nicht böse gemeint. Hätte es sich so angehört, hätte ich ihm eine reingeschlagen.“

Der Junge grinst ihn an. „Dann ist ja gut.“

Sie entscheiden sich für einen süßen Stofftierhasen, und Heinrich muss unbedingt den schwarzweißen Strampelanzug mit den Pandabärohren kaufen.

„Meinst du, der passt dann auch?“, gibt Alexander zu bedenken.

„Bestimmt. Wenn nicht, können sie ihn doch umtauschen.“

„Heinrich, das Kind kommt in neun Monaten, ich glaub nicht, dass da die Umtauschfrist ausreicht.“

„Oh. Naja, dann behalt ich ihn, falls er nicht passen sollte.“

Alexander seufzt und fährt seinem Freund durch die Haare.
 

Als nächstes steuern sie einen Media-Elektronikladen an, bevor sie ins Kaufhaus wollen, denn Heinrich hat schon vor einem Monat auf Facebook gelesen, dass Adele sich darüber beschwert hat, nur die zweite Staffel von Sex and the City zu besitzen.

„Und da willst du ihr echt ne ganze Staffel kaufen? Ist das nicht teuer?“

„Nö, die bekommst du für unter zehn Euro.“

Alexander seufzt übertrieben auf. „Wieso kosten nur immer die guten Filme so viel?“

„Hey“, lacht da sein Freund und kneift ihm in die Seite, „Nix gegen Sex and the City, das ist Kult!“

„Naja, gegen Sex und Berlin hab ich wirklich nichts, aber diese Serie…“

Heinrich schüttelt schmunzelnd den Kopf.

Als sie vor einem Angebot stehen, das alle sechs Staffeln beinhaltet und unter fünfzig Euro bleibt, beginnen die Augen des Jungen zu funkeln. „Na, bitte! Da hab ich auch noch Glück!“

„Du willst nicht so viel Geld für Adele ausgeben, oder?“, fragt Alexander besorgt, „Wenn ja, dann attestier ich dir hiermit endgültig, dass du mit Geld nicht umgehen kannst.“

„Achwaaas, so dumm bin ich doch nicht. Pass auf!“, entgegnet Heinrich, schon das Handy am Ohr.

„Hm“, denkt Alexander, „Ein neues Handy könnte man dem Kleinen auch mal schenken…“

Als sein Freund auflegt, ist alles mit Clara abgeklärt und der Preis halbiert.

„Dann müsstest du Clara aber auch was schenken.“, meint Alexander.

Der Junge grinst ihn an. „Schon alles mit Adele besprochen. Da Clara ja wohl nicht nach Berlin kommt, spielt Adele in Stuttgart den Weihnachtsmann.“

„Achso.“

Heinrich schnappt sich die DVD-Box und sie gehen zur Kasse. Auf dem Weg dorthin bleibt Alexander zwischen den Musik-CDs stehen.

„Heinrich?“

„Hm?“

„Haben wir schon was für Ulrike und Nicole?“

„Für Ulli hatte ich schon ne Idee, ja, aber wieso denn?“

Der Ältere deutet auf eine der CDs.

„Heavy Metal?!“, liest der Junge entsetzt.

„Wir nehmen eine für vier Euro. Nur zum Scherz. Mit Packungsbeilage, dass sie die einwerfen sollen, wenn wir…naja, wiedermal zu laut sind.“

Das ist eine sehr gute Idee!“, findet nun auch Heinrich, und Alexander sucht also ein schönes Exemplar raus.

„Was hast du denn für Ulli vorgesehen?“, will der Ältere wissen.

„Oh, du hast Recht, das krieg ich wohl auch am ehesten hier.“, entgegnet Heinrich, ohne die Frage wirklich zu beantworten.

Alexander muss ihm durch die Regale folgen. „An was hast du denn jetzt gedacht? Ich bin neugierig.“

Sein Freund grinst ihn an. „An ne Sirene, am besten noch mit Blaulicht, die sie immer einschalten kann, wenn sie ihr Café schnell leergeräumt haben will und die Kerle mal wieder nicht verschwinden wollen.“

Alexander muss lachen. „So eine Idee kann ja nur entweder von ihr selbst oder von dir kommen.“

„Das ist mir ganz alleine eingefallen.“, versichert Heinrich, „Es wird also ne Überraschung für sie.“

„Das bestimmt.“

Als Heinrich die Einkäufe an der Kasse in eine Tüte gepackt und Alexander alles brav bezahlt hat, will sich der Ältere doch mal nach Adele erkundigen.

„Weil du vorhin sagtest, Adele spielt den Weihnachtsmann in Stuttgart… Kommt sie nicht, wie geplant, nach Berlin an Weihnachten?“

„Doch, natürlich!“, antwortet Heinrich, als sie hinaus auf die Straße gehen, „Clara bekommt ihr Geschenk dann wohl erst, wenn sie wieder zurück ist.“

„Dann… dann sind sie noch zusammen? – Also Adele und Tim. Hat er ihr erzählt von…“

„Ja“, meint Heinrich nickend, „hat er. Und sie hat ein Beziehungsstopp eingelegt, um ihm – wie hat sie’s formuliert? – genau: Zeit zum Nachdenken zu geben.“

„Oh, das hört sich nicht gut an.“

„Nein, das Unfassbare an der Sache ist ja, dass er nicht darüber nachdenken soll, was er getan hat, sondern ob eine Frau wirklich das Richtige für ihn ist. Er hat die offizielle Erlaubnis von ihr, mit nem Mann zu schlafen! Stell dir das mal vor!“

Alexander sieht seinen Freund erstaunt an.

„Dabei will er das doch gar nicht!“

„Wie? Was nicht?“

„Na, er liebt sie doch! Deshalb spielt es für ihn gar keine Rolle, ob Frau oder Mann, sondern ob er sie liebt oder nicht!“

„Und das…das hat er ihr gesagt?“

„Ja, wie denn?! Er war am Telefon erst mal so geschockt, dass er sich nicht wehren konnte, und jetzt haben sie ja diese Sperre! Sie geht nicht mehr ran, wenn er anruft, und seine Mails scheint sie auch nicht mehr zu lesen, sonst hätte sie auf dieses Geständnis doch bestimmt geantwortet, oder?“

„Naja…“

Heinrich seufzt. „An Weihnachten kommt sie ihn jedenfalls besuchen. Hoffentlich können sie sich da endlich richtig aussprechen und die Sache klären. Ich mein…! Das was wir drei gemacht haben, das machen heterosexuelle Kumpels doch auch, bloß schauen sie sich dabei keinen Schwulenporno an, sondern…du weißt, was ich mein.“

„Jap.“

„Und die können auch ihre Freundinnen haben. Damit betrügen sie die ja nicht damit, oder? U-und das andere…naja, du bist sein Typ. Gut. Das hat er rausgefunden, mehr doch auch nicht, oder?“

Alexander zieht seinen Freund lachend näher an sich. „Du bist süß, wenn du dich so in Rage redest.“

„I-ich red mich nicht in Rage, ich…!“

„Du verteidigst deinen besten Freund gegenüber dem Falschen. Sag das Adele, falls dein Urteil gebraucht wird.“

Als Heinrich ihn ratlos ansieht, drückt er ihm schmunzelnd einen Kuss auf die Stirn.

„Wo geht’s als nächstes hin?“

„Ä-äh…ins Kaufhaus.“
 

Vor dem Kaufhaus werden wie üblich Blumen verkauft. Normalerweise geht Heinrich daran immer vorbei, aber da er schon die ganze Zeit überlegt, welches Geschenk man ihrer Gastgeberin machen könnte, bleibt er heute stehen, seinen Freund an der Hand.

„Meinst du, wir sollen Caroline eine Blume mitbringen?“

„Die hat doch schon genug.“

„Aber sie würd sich doch sicher über eine von uns freuen, oder? Wenn wir schon keinen Kuchen backen, wie Mama.“

„Naja, gut.“

„Einen Weihnachtsstern vielleicht?“

Alexander holt seinen Geldbeutel heraus. „Such ihr einen schönen aus.“
 

Drinnen geht es in die Kinderabteilung. Die vergangenen Jahre hat Alexander für die Weihnachtsgeschenke seiner Nichte, genauso wie zum Geburtstag, seinem Bruder stets Geld zukommen lassen, damit dieser ihr einen ihrer Wünsche erfüllt. Dieses Jahr besteht Heinrich darauf, die Auswahl selbst zu treffen.

„Fühlst du dich da nicht schlecht, wenn du deine Nichte als Onkel so abschiebst?“

„Ich schieb Gabi nicht ab, ich plag mich nur nicht damit herum, ihr irgendeinen Schund zu kaufen, den ihre Eltern dann wieder umtauschen dürfen.“

„Naja“, hat Heinrich da ganz dreist entgegnet, „das stimmt, du hast da wirklich keinen Sinn für, was kleine Mädchen wollen.“

Aber er anscheinend.

Zielstrebig hat der Junge einen rosafarbenen Pyjama herausgegriffen. „Oh! Auch noch von Hannah Montana!“

„Von wem?!“

Heinrich rollt mit den Augen. „Du bist sowas von nicht informiert, hm?“

„Nein, tut mir Leid, dass ich nicht weiß, wer Hannah Montaña ist.“

„Montana!“

Alexander seufzt. „Also, du meinst, das ist was für sie?“

„Wie alt ist sie nochmal?“

„Zwölf. Ganz schlimmes Alter.“

„Ui, wie süß. Ja, dann gefällt ihr das sicher.“

„Hm, wenn du das sagst.“

„Und ein paar Süßigkeiten sollten wir ihr dazu kaufen.“

„Das kann ich jetzt wiederum nachvollziehen, dass sie sich darüber freut.“

„Siehst du.“, meint Heinrich und tätschelt ihm den Hintern, „Wir machen Fortschritte. Ich bring dir noch bei, ein guter Onkel zu sein.“
 

Unten im Erdgeschoss wird Heinrich, kurz bevor sie zur Kasse können, unausweichlich von der Damenabteilung angezogen.

„Ich dachte, wir haben alles.“, fängt Alexander vorsichtig an. Erfolglos.

„Na, ich brauch doch noch was Schickes zum Anziehen für Heiligabend.“

„Ich denke, in deinem Kleiderschrank findet sich bestimmt was.“

Heinrich ignoriert diesen Kommentar. „Wie zieht sich Caroline denn an?“

Alexander muss ernsthaft nachdenken. Darauf achtet er nicht so wirklich. „Blusen hauptsächlich. Immer sehr…akkurat.“

„Schmuck?“

„Ja, sehr gerne.“

„Aber nicht extravagant?“

„Eher dezent. Wenn auffällig, dann eher teuer.“

Heinrich muss lachen. „Teuer“, wiederholt er, „Das hab ich als Beschreibung fürs Aussehen auch noch nicht erlebt.“

Alexander verzieht das Gesicht. „Bitte pass dich mit deinem Kleidungsstil nicht an ihr an, ja, sonst kann ich den Abend noch weniger genießen.“

„Quatsch!“, entgegnet der Junge, „Auf die Idee wär ich nie gekommen. – Das hier sieht doch sehr elegant und festlich aus, oder?“

Er hebt seinem Freund ein champagnerfarbenes Oberteil entgegen, das an der linken Schulter eine rosa Schleife hat.

„Ähm, naja…meinst du nicht, du solltest vielleicht…“, Alexander sucht nach Worten, „was…männlicheres anziehen, wenn sie jetzt schon mal über ihren Schatten gesprungen sind und uns eingeladen haben?“

Heinrich sieht ihn mit großen Augen an. „Sieht es etwa nicht schön aus?“

„Doch, schon, aber– “

„Es steht mir nicht?“

„Doch, sicher, nur– “

„Dann wird es auch deiner Schwägerin gefallen.“

So zuversichtlich, dass er keine Widerrede duldet, legt sich Heinrich das Kleidungsstück über den Arm.

„Wir könnten bei den Netzstrümpfen noch Halt machen…“

„Aber nicht für Weihnachten!“, protestiert Alexander entschlossen, „Heinrich, du weißt, dass du mir darin außerordentlich gut gefällst, nur solltest du das nicht bei– “

„Neiiin!“, wehrt der Junge sofort ab, „Doch nicht für mich! Ich will Nicole welche schenken, die sie zum Bedienen anziehen kann. So mit Herzmuster vielleicht. Damit die Gäste was zum Schauen haben.“ Er zwinkert seinem Freund zu.

„Oh, äh…achso.“

Heinrich hakt sich bei ihm ein und streckt sich ein wenig, damit er nicht so laut reden muss. „Kannst mir aber ruhig auch welche raussuchen…“
 

Schließlich mit einigen Tüten bepackt verlassen die beiden das Kaufhaus wieder. Zum Auto ist es noch ein wenig hin, aber dass Alexander schon den Heimweg ansteuern will, kann sein Freund so gar nicht verstehen.

„Und was ist mit deinem Bruder?!“, fragt er erstaunt.

„Hm, Wilhelm und ich haben uns die letzten zehn Jahre nichts zu Weihnachten geschenkt.“, antwortet Alexander schulterzuckend.

„Da warst du auch nicht bei ihm eingeladen.“

„Er hat bestimmt auch kein Geschenk für mich.“

Heinrich sieht ihn kritisch an. „Ist das ein Grund dafür, ihm keines zu kaufen? Abgesehen davon, dass Wilhelm garantiert ein Geschenk für dich hat.“

„Ich hab aber keine Idee, was ich ihm schenken sollte.“

„Vielleicht irgendwas, was er in seinem Büro brauchen kann?“, schlägt Heinrich vor.

„Aber das kann er sich doch selbst kaufen.“

„Es muss natürlich ja auch was Besonderes sein! Was, das ihm zeigt, dass du dir Gedanken darüber gemacht hast, was du ihm schenkst.“

„Hm…“

„Komm, wir gehen mal schauen, ob wir ein Schreibwarengeschäft finden.“
 

Als sie am Schaufenster vorbeilaufen und sie die Füllfederhalter sehen, kommt Alexander die Idee, ihm einfach so einen zu schenken, aber das wäre ja auch nichts Besonderes.

Naja, er könnte seinen Namen eingravieren lassen. Auch nicht sonderlich einfallsreich.

„Was ist denn?“, fragt Heinrich, der bemerkt, wie sein Freund nachdenklich die Füllfederhalter betrachtet.

„Nichts, hab nur überlegt, ob ich ihm so einen mit Namen schenken soll, aber das ist doch keine gute Idee.“

„Naja, und wenn du nicht den Namen nimmst, sondern was anderes?“, schlägt der Junge vor, „Einen schönen Spruch, oder ein Symbol? Wie wär’s, wenn’s für sein Büro sein soll, mit dem Universitätswappen. Das find ich ganz schön.“

Mit weiten Augen starrt Alexander seinen Freund an. Ein Grinsen legt sich auf sein Gesicht und er drückt ihm einen schmatzenden Kuss auf die Stirn. „Du bist ein Schatz, Heinrich. Das ist die Idee.“

Der Junge läuft ein wenig rot an. „Ähm…gern geschehen…“

„Das Wappen hat unsere Mutter entworfen. Wilhelm mag es schrecklich gerne.“

„Na, bitte, dann ist das ja was.“

Alexander nickt und nimmt seinen Freund an die Hand, bevor sie zur Kasse laufen, um die Gravur in Auftrag zu geben.
 

Als sie ihre Einkäufe im Auto verstaut haben, liegt schon ein wenig Schnee auf den Straßen, der den hereinbrechenden Abend heller erscheinen lässt.

„Gehen wir noch gemütlich wo Kaffeetrinken?“, schlägt Alexander vor, „Wahlweise ne heiße Schokolade.“, ergänzt er schnell.

„Auja, das tut jetzt bestimmt gut zum Aufwärmen.“, stimmt Heinrich zu.

„Oder hast du Hunger?“, fragt ihn der Ältere und nimmt ihn an die Hand.

„Hm, ja, ein bisschen.“, antwortet der Junge und schmiegt sich näher an seinen Freund, als sie loslaufen. „Hier“, meint er und stopft Alexanders linke Hand, die er sich um den Rücken legt, in seine linke Jackentasche, „Zieh dir gefälligst Handschuhe an.“

Alexander drückt ihm lächelnd einen Kuss auf die Wange. „Meine Hände werden nicht kalt.“

„Jaja.“

„Aber um deinen hübschen Hintern mach ich mir sorgen. Sicher, dass die Strumpfhosen warmhalten? Du bekommst noch ne Blasenentzündung oder Schlimmeres.“

Heinrich grinst ihn an. „Ich hab gehört, es ist gar nicht so gut für die Potenz, wenn Mann sich da unten immer so warm einpackt.“

Alexander muss lachen.

Eigentlich hat er vorgehabt, Unter den Linden ein Café zu suchen, aber als er aus der Richtung des Alexanderplatzes nicht nur den Fernsehturm leuchten sieht, sondern auch ein buntes Riesenrad, fällt es ihm siedend heiß wieder ein. „Achja, der Weihnachtsmarkt! Das hab ich ja vollkommen vergessen, dass da vor dem Roten Rathaus einer ist!“

„Ein Weihnachts – OhmeinGott, ein Riesenrad!“, ruft Heinrich begeistert, „Und das hätten wir beinahe verpasst?!? Alex, du Volltrottel, ich dachte, du kennst Berlin?!“

Der Ältere kommt gerade noch dazu, sich zu entschuldigen, so sehr beschleunigt sein Freund seinen Schritt und zieht ihn mit sich.

Als sie den großen Platz betreten, glitzern Heinrichs Augen als wäre er im Paradies angelangt. Staunend betrachtet er die bunten Lichter, riecht den Glühwein, die heiße Schokolade, das Stimmengewirr, spürt die weichen Schneeflocken auf seiner Nase.

„Oh, Alex! Das ist ja wunderschön!“, bringt er heraus, „Fahren wir mit dem Riesenrad, ja? Bitte!“

Lachend gibt ihm der Ältere einen zärtlichen Kuss. „Du benimmst dich wie ein kleines Kind, Heinrich.“

Der Junge läuft rot an. „Ich dachte, du magst keine Kinder.“

„Ich liebe dich.“

Schmunzelnd lässt sich Heinrich von seinem Freund abermals küssen und hinüber zur Schlange fürs Riesenrad ziehen. Kichernd erwidert er die weiteren Küsse, muss schließlich verstummen, als sie intensiver werden.

„Wir benehmen uns wie verknallte Teenager.“, nuschelt er amüsiert, als Alexander ihm eine Atempause gönnt und an seiner Unterlippe knabbert.

„Das ist der Schnee.“, haucht der Ältere lächelnd, bevor er ihn weiterküsst.

Heinrich schnurrt fast, als Alexander für ihn seinen Mantel öffnet und ihn um ihn legt.

„Die Leute schauen schon ganz blöd.“, kichert Heinrich gegen den weichen Pullover des anderen.

„Bestimmt halten sie dich für einen Engel und sind neidisch auf mich.“

„Achwas“, nuschelt der Junge beschämt und will sein Gesicht im Pulli vergraben, doch Alexander hebt es sanft an den Wangen empor und küsst ihn.

Die Situation, in die sie beim Bezahlen dadurch geraten, dass Heinrich seinen Freund einfach nicht loslassen will und immer noch an dessen Brust hängt, als der Ältere dem Kassier den Euroschein reicht, ist etwas seltsam, aber Alexander kann sich nur ein Grinsen darüber verkneifen.

In der Gondel wird Heinrich immer aufgeregter. Als die Türen hinter ihnen geschlossen sind, sieht er zu seinem Freund, um den er immer noch einen Arm gelegt hat, auf.

„Jetzt nicht mehr küssen, sondern schauen.“

Alexander lacht leise und fährt ihm durch die Haare.

Quiekser des Glücks entweichen Heinrichs Kehle, jedes Mal wenn er ein paar besonders schöne Lichter im Panorama Berlins entdeckt hat oder gar ein Gebäude, das er kennt.

„Das Brandenburger Tor, Alex! – Oh, da fährt ein Schiff! Siehst du das?! – Das da vorne ist bestimmt das Kaufhaus, in dem wir vorhin waren!“

Nach nicht einmal einer halben Umdrehung hält es Alexander nicht mehr aus und er drückt seinem Heinrich einen Kuss an die Schläfe, sodass er seinen Blick dadurch nicht einschränkt. Und einen Kuss auf die Wange. Und in die Haare. Er legt ihm von hinten seine Arme um den Körper, die Nase im weichen Haar vergraben, und kann sogar durch die Jacke den aufgeregten Herzschlag seines Freundes spüren, der so einfach zu begeistern ist, so schnell von einer Sache angetan, der sich so herzlich freuen kann, dass es ihn einfach viel zu hinreißend für ein Kussverbot in der Riesenradgondel macht.

„A-Alex…mein Ohr…das kitzelt…“

„Ich liebe dich, mein Schatz, hab ich dir das heute schon mal gesagt?“

„Hihi, jaaa, hast du…“

„Dann sag ich es dir nochmal: Ich liebe dich, Heinrich.“

„Mmmh…na gut, ich geb nach, man sieht eh nichts mehr.“, nuschelt der Junge, bevor er sich zu Alexander herumdreht und sich auf den Mund küssen lässt.

Durch ein peinlich berührtes Räuspern werden sie unten zum Aussteigen gebeten, und sie müssen wohl oder übel ihren Kuss unterbrechen.

Hand in Hand laufen sie über den Weihnachtsmarkt, und da sich ihr Magen wieder zurückgemeldet hat, machen sie an einem Crêpes-Stand halt. Weil Alexander die Befürchtung hat, durch eine Nutella-Crêpe heute nun endgültig einen Zuckerschock zu erleiden, kauft er sich am Stand nebenan lieber einen Flammkuchen.

Mit ihrem Essen und zwei Tassen dampfendem Glühwein machen sie es sich an einem der Stehtische bequem, von denen aus man auf die mit wilden Lichtern beleuchtete Eisbahn sehen kann, die rings um den Neptunbrunnen herum verläuft und auf der Schlittschuh gefahren wird.

„Awww! Das müssen wir auch machen, wenn wir fertiggegessen haben!“, beschließt Heinrich.

Alexander lacht nervös. „Mit vollem Magen? Meinst du, das ist nicht zu viel für heute?“

„Och, Alex, bitte! Das macht doch so riesigen Spaß!“

„Pass auf, schmeiß deine Crêpe nicht runter.“

„Oh.“ Der Junge beherrscht sich etwas. „Aber wir gehen nachher laufen, ja?“

„Wir haben doch gar keine Schlittschuhe.“

„Die kann man doch ausleihen.“

„Das ist bestimmt ziemlich teuer. Die zocken einen hier nur ab.“

Heinrichs Augenbrauen kräuseln sich. „Also, so langsam werden mir deine Ausflüchte suspekt. Besonders dann, wenn derjenige, der mir den Mond kaufen würde, wäre er zur Versteigerung angeboten, meint, fünf Euro für Schlittschuhe sind zu viel.“

Alexander seufzt und wischt sich den Mund mit seiner Servierte sauber. „Ich hab halt keine Lust…“

„Du hast keine Lust, mit mir Schlittschuh zu laufen?!“

„E-es geht nicht um dich.“

„Um wen dann?!?“

Alexander weicht dem aufgebrachten Blick aus.

Plötzlich versteht Heinrich. Er schämt sich dafür, gleich so böse geworden zu sein, und nimmt seinen Freund stattdessen an den Händen. „Hey, Alex“, fängt er sanft an, „Kann es sein, dass…dass du schon gerne mit mir Schlittschuhfahren wolltest, aber du noch nie…oder…jedenfalls nicht…Schlittschuhfahren kannst?“

Heinrich wird ganz warm, als Alexanders Wangen eindeutig ein wenig rötlicher werden.

Beschämt sieht der Ältere zu Boden. „Ja, ist das nicht furchtbar peinlich?“, meint er.

„Aber wieso denn?!“, widerspricht der Junge, „Auf keinen Fall ist das peinlich!“

„Natürlich!“, ruft Alexander, „Ich kann schwimmen und Skifahren und über verdammte Felsspalten in Südamerika springen, aber nicht…!“

Mit einem Lächeln nimmt Heinrich seinen Freund in den Arm. „Wenn du mich lässt, bring ich’s dir bei.“

„Ich weiß nicht…nicht hier…Schau mal, jedes Kind kann Schlittschuhfahren…! Du kannst Schlittschuhfahren.“

Heinrich sieht ihn skeptisch an. Er versucht sich nicht verletzt zu fühlen. „Kann ein Eromenos seinem Erastes nicht auch mal was beibringen? Muss das gleich fürchterlich erniedrigend für den Erastes sein?“

„Nein, Heinrich, so war das nicht– “

„Doch.“

Alexander schweigt.

„Gib dir einen Ruck.“

„…“

„Trink den Glühwein leer und dann – gehen – wir – Schlittschuhlaufen.“

„Ab– “

„Keine Widerrede.“

Alexander trinkt brav seinen Glühwein leer.

Sie geben noch die Tassen wieder ab, dann zieht ihn Heinrich hinüber zur Eislaufbahn.

„Zwei Paar Schlittschuhe, bitte.“

„Welche Größen denn?“

„Dreiundvierzig und Sechsunddreißig.“

Alexander merkt, dass er dieses Spiel ganz verloren hat, als Heinrich selbst seinen Geldbeutel hervorholt und bezahlt.

Mit einem Lächeln auf den Lippen drückt ihm der Junge das Paar Teufelsdinger in seiner Größe in die Hände und schiebt ihn hinüber zu einer der Bänke.

„Heinrich, muss das wirklich– “

„Ich seh’s nicht ein, dass du’s nicht mal probieren willst. Es macht Spaß, du wirst sehen.“

„Wenn man’s kann, macht’s Spaß, Heinrich, ich flieg doch bloß auf die Fresse.“

„Quatsch, ich fang dich doch auf.“

Alexander seufzt. Ganz langsam öffnet er die Schuhe. Während er seine Winterstiefel auszieht und in die Schlittschuhe schlüpft, beobachtet er die Kinder und Jugendlichen, die wie selbstverständlich auf den schmalen Kufen umherlaufen, hüpfen, aufs Eis springen und davonfahren.

„Soll ich sie dir schnüren?“

„Ich bitte dich!“ Schnell macht sich Alexander die Schuhe zu; Heinrich drückt ihm lachend einen Kuss auf die Wange.

Ihre Straßenschuhe schließt Heinrich in einem der Schließfächer ein, dann stolziert er in den Schlittschuhen zu seinem Freund hinüber und heb ihm seine Hände entgegen.

„Na, komm.“

Zögerlich nimmt er die dargebotenen Hände mit seinen entgegen und lässt sich hochziehen. Auf wackeligen Beinen steht er dem Jungen gegenüber, und sein Blick spricht die Angst aus, die er davor hat, auch nur einen Schritt zu tun.

„Erst mal müssten wir jetzt aufs Eis…“, fängt Heinrich vorsichtig an, „Du kannst ganz normal laufen, es rutscht noch gar nichts.“

Alexander nickt.

Heinrich nimmt ihn am rechten Arm und macht den ersten Schritt.

Alexander folgt ihm.

„Siehst du.“, meint der Junge, „Es geht doch.“

Alexander nickt wieder. Er scheint sich auf seine Schritte zu konzentrieren.

Sie kommen am Eingang auf die Eisfläche an, wo Alexanders linke Hand sofort nach der Bande greift.

„Moment.“, sagt Heinrich und betritt das Eis, um von dort aus wieder seine rechte Hand zu nehmen. „So, komm zu mir.“

Alexander schluckt. „Willst du mir nicht erst mal in der Theorie erklären, auf was ich achten muss?“

Heinrich lächelt ihn an. „Nur wie beim Skifahren das Körpergewicht schön nach vorne verlagern, damit du mir nicht auf deinen hübschen Hintern fällst.“

Alexander schnaubt.

„Also?“

Er hebt seinen rechten Fuß und setzt die Kufe vorsichtig aufs Eis.

„Gewicht auf den Fuß.“

„Jaja.“

„Und den zweiten.“

Heinrich grinst seinen Freund an. „Na, bitte. Du hast es aufs Eis geschafft.“

„Ich befürchte nur, jetzt kommt erst der schwierige Teil…“

Heinrich will etwas erwidern, aber da erleidet sein Alexander fast einen Herzinfarkt, weil zwei Jugendliche sich mit dem Kommentar „Geht’s noch langsamer?!“ aufs Eis stürzen und ihn dabei anrempeln.

„Könnt ihr nicht aufpassen, ihr Wichser?!“, ruft ihnen Heinrich hinterher.

„Heinrich!“, zischt Alexander, „Leg dich hier auf dem Eis bitte mit niemandem an, du bist auf dich alleine gestellt.“ Er zögert kurz, bevor er ergänzt: „K-kümmer dich lieber um mich.“

Da lächelt ihn der Junge entzückt an. „Ja! Sofort!“, verspricht er und verfestigt den Griff um Alexanders Hand.

„Gibst du mir auch die andere Hand?“

„I-ich soll die Bande loslassen?!“, fragt Alexander entsetzt.

„Jap.“

Der Ältere schluckt, bevor er gehorcht.

Heinrich gibt ihm einen Kuss auf die Lippen, bevor er sich Alexanders Hände auf die Schultern legt. „So“, meint er, „Wir fahren jetzt ein kleines Stückchen, ja? Siehst du die Tische da draußen? An dem einen standen wir vorhin, da an die Bande fahren wir jetzt hin, okay?“

„W-wir? Fahren?! So?!?“

„Ich kann rückwärtsfahren, keine Angst.“

„A-achso…natürlich.“

Für sein beschämtes Gesicht bekommt Alexander noch einen Kuss von seinem Freund, bevor er ihn auffordert mit einem Fuß nach vorne zu gleiten.

Der Ältere folgt der Aufforderung und Heinrich zieht ihn ein wenig mit sich, sodass er gleich noch einen Schritt machen muss.

Und schon bekommt er Panik.

„Alex!“, ruft der Junge und fängt seinen Freund auf, der ihm um den Hals fällt.

„D-du bist zu schnell!“

„Es hat doch geklappt! Du darfst nur nicht im Kopf verkrampfen.“

„…Reden wir noch vom Schlittschuhlaufen?“

Heinrich verdreht die Augen, und Alexander, der seine Füße mittlerweile sortiert hat, richtet sich wieder auf.

„Nicht zu viel nachdenken. Mir einfach folgen, okay, mein Schatz?“

„Okay.“

Heinrich wartet also wieder drauf, dass Alexander den ersten Schritt macht, dann lässt er sich selbst nach hinten gleiten, zieht seinen Freund mit sich.

Die Schritte, die der Ältere macht, sind noch etwas holprig, und er starrt die ganze Zeit aufs Eis zwischen ihnen, aber immerhin verliert er nicht wieder das Gleichgewicht.

An der Bande angekommen atmet Alexander erleichtert auf.

„Halt!“, hält ihn Heinrich auf, als er danach greifen will, „Sag bloß, du klammerst dich lieber an der Bande fest, als meine Hände zu halten.“

Alexander seufzt leidend.

Der Junge gibt ihm einen aufmunternden Kuss.

„Das war doch schon ganz gut.“, meint er, „Das gleiche machen wir jetzt nochmal, bloß versuchst du mal, die Kufen länger auf dem Eis zu lassen. Nicht laufen, sondern gleiten. Wie beim Skifahren.“

Alexander nickt.

So fahren sie wieder los.

Heinrich findet es einfach nur entzückend, wie angespannt und konzentriert Alexanders Gesicht aussieht. Fast wie beim Sex.

„Nicht laufend auf die Füße schauen, Alex, sieh mich an. Schau mir in die Augen.“

Alexander versucht, seinem Wunsch nachzukommen.

„Wunderbar.“, findet Heinrich und küsst ihm die Wange.

„N-nicht.“, bittet ihn sein Freund, „Das…lenkt ab.“

Der Junge kichert leise.

Gekonnt manövriert er sie durch die anderen Besucher, hinüber zu ihrem nächsten Stopp an der Bande.

„Das war super!“, findet Heinrich.

„Naja…“

„Doch! Wir fahren jetzt ein bisschen schneller, ja? Vielleicht schaffen wir eine Runde.“

Alexander schluckt.

„Keine Angst, ich bin doch bei dir.“

„Bekomm ich einen Kuss zur Stärkung?“

Der Junge muss schmunzeln, „Aber gerne doch.“, bevor er sich zum anderen hinaufreckt.

Die Runde verläuft gut, Alexander wird zunehmend entspannter, seine Schritte schneller. Anscheinend fühlt er sich schon so sicher, dass er einen Kommentar zu Heinrichs Hintern mit Hamsterschwänzchen abgeben kann, den er „so sexy bewegt.“

„Schade, dass ich nicht mehr davon seh.“

„Du kannst ein Stück alleine fahren, dann könntest du– “

„Nein!“ Sofort krallt sich der Ältere fester an seinen Freund. „Das heb ich mir für nachher auf, wenn wir wieder vom Eis runter sind.“

Heinrich grinst ihn spitzbübisch an und blickt kurz nach hinten, bevor er noch ein wenig schneller wird.

„Und? Macht’s so langsam Spaß?“, fragt er.

„Ja, ein bisschen.“

Heinrich blickt seinen Freund nachdenklich an. „Würd es dir mehr Spaß machen, wenn…wenn du die Kontrolle hättest?“

Als Alexander ihm einen fragenden Blick zuwirft, wird er ein wenig rot und verlangsamt ihre Fahrt. „Naja, ich mein…! Es gibt ja Menschen, die…die das nicht mögen, wenn sie nicht diejenigen sein dürfen, die…die Kontrolle haben.“

Alexander bleibt nun ganz auf dem Eis stehen und zieht seinen Freund an sich. „Du hast Recht“, meint er und gibt ihm einen Kuss, „Ich hab’s nicht gerne, wenn ich die Kontrolle über eine Situation oder jemanden verliere, trotzdem…trotzdem würd es mir nichts ausmachen, wenn du derjenige bist, an den ich sie verliere. Ich vertrau dir, Heinrich.“

Der Junge will etwas erwidern, aber Alexander küsst ihn wieder, und so küsst er ihn einfach zurück.

Mit einem zufriedenen Lächeln sieht er schließlich zum Älteren auf. „Weiter?“

„Weiter.“, entgegnet Alexander und sie setzen sich wieder in Bewegung.
 

Auf dem Weihnachtsmarkt isst Heinrich noch eine Bratwurst, während Alexander sich noch einen Glühwein gönnt.

„Den hast du dir aber echt verdient, du Spitzensportler.“

„Ich trink darauf, dass ich das überlebt hab.“

„Auf dein vernichtetes Schamgefühl.“

Alexander muss lachen.

Zuhause schmeißen sie sich beide aufs Sofa, um ein wenig zu kuscheln.

„Kommt noch was im Fernsehen?“, fragt Alexander und lässt seine Hände auf die Brust seines Freundes gleiten.

„Es kommt immer was.“, nuschelt Heinrich und rutscht ihm mit einem Knie auf den Schoß.

Alexander schreit auf, als die kleinen Finger unter seinen Pullover gewandert sind. „Verdammt, Heinrich! Deine Hände sind arschkalt! Ich dachte, du hast Handschuhe angehabt!“

„H-hatte ich auch…“, entgegnet der Junge kleinlaut und lässt es geschehen, dass Alexander die kalten Finger in seine nimmt und sie ein wenig reibt.

„Wieso sind deine Hände so warm?“, fragt er, ein wenig neidisch, „Dabei hattest du gar keine Handschuhe an.“

„Ich bin eben heißblütig.“, antwortet Alexander grinsend und küsst ihn, während er sich Heinrichs Hände wieder vorsichtig unter den Pullover schiebt, um sie besser wärmen zu können.

Heinrich erwidert den Kuss eifrig, glücklich darüber, seine Finger wieder dort vorzufinden, wo er sie eigentlich hinhaben wollte.

„Mmmh…deine Beine sind auch nicht gerade warm.“

„Du musst sie ja nicht begrabschen.“

„Ich muss doch nachsehen, ob du dir nicht was abgefroren hast.“

Der Junge grinst gegen die Lippen des anderen und küsst ihn erneut, während seine nun warmen Hände die Brust des Älteren erreichen.

Viel zu schnell unterbricht dieser den Kuss wieder.

„Zeig mal deine Füße.“

„Och, Alex.“

„Heinrich, wirklich, so solltest du nicht mehr rausgehen, damit ist nicht zu spaßen. Gib mal deine Füße her.“

„Ich hatte dicke Stiefel an.“

„Die Füße.“

Seufzend rutscht der Junge vom Schoß seines Freundes herunter und stützt sich hinter seinem Rücken mit den Händen ab, um ihm die Füße entgegenzustrecken.

Alexander kommt nicht einmal dazu, nach ihnen zu greifen, da weiten sich seine Augen entsetzt.

„D-d-du…!“

Heinrich blickt ihn skeptisch an. „Was?“

„Du ha-hast nichts drunter?!?“

„Äh, jaaa…“

„D-die ganze Zeit, als wir – in der Stadt – hattest du nichts unter der Strumpfhose an?!?“

„Ich hab dir doch gesagt, dass ich nicht will, dass man meine Unterhose durchsieht.“

Alexander starrt ihn fassungslos an. „Das war ernst gemeint?“

Heinrich nickt. „Und ein Stringtanga ziept so…“

Der Junge fiepst auf, als sein Freund ihn packt. Überrumpelt muss er feststellen, dass er sich kurz darauf mit dem Bauch auf dem Sofa unter Alexander wiederfindet.

„Weißt du, dass Schläge deinen hübschen Hintern am schnellsten wieder aufwärmen würden?“

„N-nein…!“

„Dann versprich mir, dass du dich demnächst bei diesen Temperaturen wärmer anziehst, ja?“

Heinrich nickt heftig.

Kurz darauf spürt er Alexanders Hand an seinem Hintern, die ihn sanft zu kneten beginnt.

Er beginnt zu schnurren, und als die massierenden Finger ein wenig fester zugreifen, zu keuchen.

Alexander küsst ihm den Nacken.

Heinrich schließt genießerisch die Augen. Er hofft, dass Alexander nur seine roten Wangen sieht, nicht sein Grinsen, das davon zeugt, dass er genau Bescheid weiß. Dass er weiß, dass sein Freund sich hiermit gerade seine Kontrolle über ihn zurückholen will. Und solange Heinrich das klar ist, wird es nicht klappen. Außer er will es. Will er das?

Alexanders rechter Hand an seinem Hintern kommt die linke zur Hilfe, die unter seinen Pulli wandert und ihm nun seine Brust massiert.

Ooh, ja~ und wie er das will…

„A-Alex…nicht hier…“

Der Ältere gibt ein kehliges Lachen von sich. „Ich will dich doch nur ein wenig aufwärmen…“

„D-du…ah…! D-das ist aber nicht mehr m-mein Po!!“

„Aber genauso der bitteren Kälte ausgesetzt gewesen.“

„Hnnn~ “
 

Die Arme über der Brust verschränkt liegt Heinrich im Bett und starrt stur an die Decke.

„Och, Kleiner, jetzt komm schon.“

„Finger weg!“

„Ich hab mich doch entschuldigt.“

Verzweifelt versucht der Junge, sich aus der Umarmung seines Freundes zu befreien. Als er wieder mal merkt, wie gut der andere duftet, schwächeln seine Bemühungen.

„Du hast mir meine Strumpfhose kaputtgemacht.“

„Es tut mir Leid.“

„Dass du dich aber auch nie beherrschen kannst.“

„Das Loch kann man bestimmt stopfen.“

„…!“

„S-so war das nicht…! Flicken, mein ich.“

„…!!“

„Flllllllicken, verdammt! Nähen! Was weiß ich, wie das geht.“

Heinrichs Schmollmund löst sich nur nach einigen zärtlichen Küssen auf.

„Danke.“

Verwirrt sieht der Junge seinen Freund an.

„Danke, dass du mir heute Schlittschuhlaufen beigebracht hast.“

Langsam erwidert Heinrich Alexanders Lächeln. Er will es vermeiden, aber seine Wangen röten sich.

Der Ältere kuschelt sich näher und schmiegt seinen Kopf in Heinrichs Halsbeuge.

So bleiben sie eine Weile stumm liegen, lauschen nur gegenseitig ihrem Atem, bis Alexander anfängt, mit Heinrichs Fingern zu spielen, die er immer noch auf seiner Brust liegen hat.

„Heinrich…?“

„Hm?“

„Wegen…was du beim Schlittschuhlaufen meintest…“

„…Was denn?“

Alexander wartet, bis sich Heinrich zu ihm umdreht und ihn ansieht, bevor er weiterspricht. „Was…was war denn dein Wunsch? Du hast doch mal davon gesprochen, dass – im Zusammenhang damit, dass wir uns all unsere Wünsche mitteilen wollten. – Und es war sicher nicht, dass Juliane schwanger ist.“

Der Junge senkt seinen Blick. Er zögert.

„A-aber nicht…einen Dreier mit Tim, oder?“

Geschockt blickt er zum anderen auf. „N-nein!“

„Oh.“ Alexander grinst ihn an. „Dann ist ja gut, das hätte ich ablehnen müssen.“

Heinrich nickt langsam.

„Was dann, hm?“

Der Junge versucht, nicht seinem Blick auszuweichen. Zärtlich legt er ihm eine Hand an die Wange. „Nach Weihnachten, ja? Im nächsten Jahr, da sag ich es dir.“

Alexander nimmt die Hand von seiner Wange und küsst sie sanft. „Okay, ich auch. Ich hab auch einen Wunsch.“

„W-welchen denn?!“

Lachend drückt ihm der Ältere einen Kuss auf die Lippen. „Nächstes Jahr.“
 

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Ooooh, mein Gott! Dieses Kapitel sollte niemals so lang werden O.o Nuja, jetzt müsst ihr damit leben^^'

Im nächsten steigt endlich die Weihnachtsfeier ;)
 

Allen Kleist&Humboldt-Fans will ich noch die FF von Mercutio ans Herz legen!

Es spielt 1807, also in ihrer wirklichen Zeit, und der arme Heinrich ist sooo süß und Alex so lieb zu ihm X3

- wem Schloss Tegel gefallen hat, der wird diese FF lieben! ;)

Also nur weiterzuempfehlen, da mal reinzuschauen ^^d

http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/favoriten/556674/280935/

Weihnachten rückt immer näher. Man hätte es fast nicht gemerkt, wenn Heinrich nicht von Tag zu Tag verschmuster geworden wäre. Alexander kann sich das nicht wirklich erklären, denn er hat von der sogenannten Weihnachtsstimmung die ganzen Jahre über nie etwas mitbekommen.

Gut, wenn sein Heinrich singend durch die Wohnung hüpft und hier und da Glitzersterne anbringt, dann spürt er schon etwas, das in die Richtung gehen könnte, aber dieses Gefühl hat nicht wirklich etwas mit Weihnachten zu tun. Nur mit…Heinrich.

„Was ist denn, mein Großer, hm?“

Alexander muss schmunzeln, als der Junge sofort auf ihn zukommt und ihn in die Arme schließt. Er küsst ihm den Hals.

Alexander schließt die Augen.

Schade, dass sie’s in den letzten Wochen nicht mehr übers Küssen hinaus geschafft haben…

„Ich, äh…ich hab nur überlegt, wie sich richtige Weihnachtsstimmung denn anfühlt, weil bei mir nicht so wirklich was davon aufkommen will.“

„Nicht?!?“, fragt Heinrich entsetzt, „A-aber, Alex! Schau dir den Schnee draußen an u-und unsere Wohnung! Ich hab mir so viel Mühe beim Schmücken gegeben!“

„Jaa…“, meint Alexander und streicht ihm sanft durch die Haare, „Das hast du ja auch schön gemacht, aber…“

„Fühlst du dich nicht so wunderbar warm?“

„Ähm…“

„Und geborgen? Und so herrlich freudig erregt?“

„Ohdoch…“

„Nicht so!“ Mit knallroten Ohren macht sich Heinrich von ihm los. „N-nicht wegen mir. Wegen…“ Er lächelt ihn an, fast selbst ein wenig ungläubig. „Weil alles auf dieser Welt so schön ist.“

Alexander starrt ihn an. Ihm entweicht ein Lachen. Er weiß nicht was er sagen soll. Grinst nur, bevor er sich seinem Freund um den Hals wirft und ihn fest an sich drückt. „Na, endlich.“, flüstert er und streicht ihm mit einem freudigen Lächeln auf den Lippen über den Rücken. „Mein Heinrich hat sich mit der Welt versöhnt.“

„D-du übertreibst, Alex.“, lacht der Junge gegen seine Brust, doch der beginnt nur, seinen Nacken zu küssen.

„Sagen wir, meine Weihnachtsstimmung bezieht sich im Moment nur auf dich, ja?“, meint der Ältere, „Ist das in Ordnung?“

„Vorläufig.“, entgegnet Heinrich und schmiegt sich enger an seinen Freund.

„Hat das auch mit Weihnachten zu tun, dass du in letzter Zeit eher fürs Kuscheln bist?“, will Alexander der Sache mal auf den Grund gehen.

„Es…“ Heinrich sieht nicht zu ihm auf. „Es hat damit zu tun, dass ich…versuch rauszufinden, was ich…will.“

„Oh.“ Alexander nimmt sein Gesicht in seine Hände und sieht ihn besorgt an. „A-aber mit mir willst du doch noch zusam– “

„Natürlich will ich mit dir zusammen sein.“ Verlegen lächelnd sieht der Junge zu ihm auf. „Nur…wie, das…“ Er schüttelt den Kopf. „Denk nicht drüber nach, ich komm damit schon klar. Und ich werd das mit mir bis zum neuen Jahr klären. Ich versprech’s dir.“

Alexander nickt langsam. „G-gut… - Aber wenn du Hilfe damit brauchst, dann sag Bescheid, ja?!“

Heinrich grinst ihn an. „Freut mich, dass du das sagst, und nicht: „Was?! Dieses Jahr kein Sex mehr?!?““

Der Ältere blinzelt ein paar Mal. „Das…hatte ich nicht bedacht.“
 

Heinrich kann es sich selbst aber auch nicht so recht erklären. Vor einigen Tagen noch wollte er nichts sehnlicher, als seinen Alexander so sehen wie den Meister Himboldt in seinem Buch, und nicht, weil irgendein Abdecker dafür verantwortlich ist, sondern er. Er selbst. Aber jetzt…seit er weiß, dass seine Mutter schwanger ist, will er…will er am liebsten gar kein Mann mehr sein, weil – !

Deshalb braucht er Zeit. Und er ist froh, dass ihm Alexander diese gibt.
 

So backen sie heute zusammen. Heinrich hat extra das Rezept aus dem Internet ausgedruckt, leider auf Englisch.

„Flour…das ist Mehl, nicht?“

„Ja, aber man spricht es wie „flower“ aus. Nicht wie „I want you right now on the floor“, sondern wie „I want to deflower your delicious body right here in the flour…!““

Heinrich betrachtet skeptisch seinen Freund, der sich gerade die eben feinsäuberlich umgebundene Schürze bei diesen Worten vom Leib gerissen hat. Jaja, in bestimmten Situationen merkt man es dem Älteren an, dass er körperlich nicht mehr ausgelastet ist…

„Deflower?“, fragt Heinrich und legt sich nachdenklich einen Finger an die Lippen, „Was heißt das?“

Alexander räuspert sich ein wenig peinlich berührt und bindet sich die Schürze wieder um. „Nicht so wichtig, ist bei dir eh schon geschehen…“

„Aaah…“, kommt dem Jungen die Erleuchtung und er muss dreckig grinsen, „Im Mehl willst du’s mit mir tun, ja?“

Sofort ist Alexander bei ihm und gibt ihm einen Kuss. „Hmmm…jaah…“

„Dann lies mir mal vor, wie viel Gramm wir brauchen.“

Alexander beugt sich fast weinend vor Verzweiflung also wieder übers Rezept.

Während ihrer Backaktion gibt Heinrich den Küchenchef, Alexander den Lakaien. Das Teigkneten überlässt der Junge seinem Freund und schaut schnurrend zu, wie dessen Hände den Teig bearbeiten. „Mmmh, das machst du heute besonders gut. Ich mein grad, du musst was kompensieren…“

Alexander grinst ihn an. „Was genau, meinst du denn, muss ich kompensieren?“

Heinrich schmiegt sich von hinten an ihn und nuschelt ihm etwas gegen den Rücken.

„Ich kann dich ja nachher massieren.“, bietet sein Freund an, „Den Rücken!“

Der Junge kichert. „Schon klar.“

Während der Teig gehen muss, haben sie tatsächlich zu einer Massagestunde auf dem Sofa Platz genommen, die aber mittlerweile ausgeartet ist.

Außer Atem löst sich Heinrich von den Lippen seines Freundes, um ihn kurz darauf erneut zu küssen, den Mund, das Kinn, die Wangen…

„So langsam gefällt mir unsere Auszeit.“, murmelt Alexander mit einem Lächeln im Gesicht, „Das steigert die Vorfreude.“

Heinrich lässt sich amüsiert erneut von ihm küssen, bis die Hände des Älteren auf seinem Rücken zur Ruhe gefunden haben und er selbst, die Arme in Alexanders Nacken verschränkt, bei ihm auf dem Schoß sitzen bleibt.

„Und?“, flüstert er und streicht seinem Freund zärtlich durch die Haare, während er ihn aufmerksam ansieht, „Schon ein paar Weihnachtsgefühle aufgekommen?“

„Naja…“

„Denk doch mal dran, dass wir an Heilig Abend bei deiner Familie sind!“

„So sehr wie dich, begeistert mich das nicht, mein Schatz, tut mir Leid.“

„Och“, nuschelt Heinrich und küsst ihm die Stirn, „Wilhelm ist doch total lieb.“

„Jaa, zu dir! Frag mich sowieso immer noch, woran das liegt…“

Der Junge muss lachen, als sein Freund ernsthaft nachdenklich bei diesen Worten aussieht. „Das liegt natürlich an meinem unwiderstehlichen Charme.“

Alexander sieht wieder zu ihm auf. Auch er muss lachen. „Das kann natürlich gut sein.“, meint er.

„Mhm…du bist ihm verfallen“ Ein Kuss auf die Nasenspitze. „und Wilhelm auch. Glaub nicht, dass deine Schwägerin da widerstehen können wird.“

„Hachja, das wäre schön… Sie wird aber eher einiges an dir auszusetzen haben.“ Er fährt dem Schwarzhaarigen über die Wange. „Ich will nicht, dass sie dich irgendwie beleidigt…“

„Das wird ihr nicht gelingen.“, entgegnet Heinrich zuversichtlich, bevor er seinen Freund noch einmal innig küsst.

Dann klingelt die Eieruhr, was ihnen anzeigt, dass der Teig fertig sein müsste.

Während Alexander das Mehl auf die Arbeitsfläche streut, stemmt Heinrich das Nudelholz.

Die Verzierung mit Zuckerguss und bunten Streuseln artet in tausende zuckersüße Küsse aus, spätestens als Alexander seinem Freund, auf dessen Betteln, den Rest naschen zu dürfen, das süße Zeug in den Mund spritzt.

Grinsend sieht der Junge zum Älteren auf. „Konntest dich wieder nicht beherrschen, hm?“, meint er und leckt sich über die Lippen.

„Bei dir nie, nein.“, entgegnet Alexander hastig, bevor er die gezuckerten Lippen als seine beschlagnahmt.

Ein Wunder, dass die Kekse doch noch fertiggeworden sind. Heinrich packt einige in eine Butterbrottüte, auf die er mit einem Goldstift sorgfältig ein paar Sterne gemalt hat.

„Für wen sind die denn?“, will Alexander wissen.

Der Junge sieht zögerlich zu ihm auf. „Für…meinen Vater?“

Der Ältere hebt seine Augenbrauen.

„Keine gute Idee…?“

„D-doch.“, entgegnet Alexander, „Doch“, meint er und drückt ihm einen Kuss in die Haare, „Schön, dass du an ihn denkst.“

„Kommst du mit?“, fragt ihn sein Freund vorsichtig.

„Wenn du willst.“, antwortet der Ältere und legt einen Arm um ihn.
 

Gemeinsam parken sie also auf dem Gelände der JVA Tegel. Es ist schon dunkel, was Heinrich hätte bedenken sollen. So läuft ihm ein Schauer über den Rücken, als sie auf das Tor und die Hochsicherheitszäune zulaufen. Er fasst nach Alexanders Hand, die dieser fest drückt.

Nachdem sie durch die verschiedenen Sicherheitsetappen geschleust worden sind, dürfen sie im Besucherbereich Platz nehmen.

„Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist, wenn ich– “

„Bleib bei mir.“ Bittend sieht Heinrich zu seinem Freund auf und fährt ihm mit dem Daumen über den Handrücken.

„Klar.“, entgegnet Alexander und lächelt ihn sanft an.

Er macht seine Hand los, um sich den Mantel auszuziehen. Heinrich reicht ihm die mit einer Schleife zugeschnürte Plätzchentüte, damit auch er sich seiner Jacke entledigen kann. Er trägt den schwarzen Pulli und eine Jeans; er will seinen Vater nicht mehr als sowieso aufbringen. Alexander hat sich, bevor sie weg sind, ein Hemd angezogen. Seit sie Ferien haben, hat er ihn viel zu selten in einem solchen gesehen…

„Vielleicht sollte ich doch– “

„Nein.“, zischt Heinrich, aber da kommt sein Vater schon in den Gang und wird hinter der Trennwand von einem Wärter an den Stuhl gekettet. Im Vergleich zu seinem letzten Besuch, sieht er ganz okay aus.

„H-hallo, Vater.“

„Heinrich.“ Auf seinem Gesicht erscheint ein erleichtertes Lächeln. „Ich dachte schon, du kommst mich nicht mehr besuchen.“

„Ich hatte viel zu tun…Wie geht es dir?“

Alexander, der vollkommen ignoriert wird, will seinen Blick aber nicht von dem Gefangenen abwenden. Er kann es nicht verstehen, dass Heinrich diesem Mann vergeben hat. Soviel Leid, wie er ihm zugefügt hat… Wenn er an seiner Stelle wäre, dann hätte er diesem…verdammten…! – Okay, er sollte sich vielleicht ein wenig mehr beherrschen…

„Ich hab…hab dir ein kleines Weihnachtsgeschenk mitgebracht.“, meint Heinrich und schiebt unter Alexanders wachsamen Augen seinem Vater die Kekse durch die Stangen hindurch, „Die haben Alex und ich heute selbstgebacken.“

„Hm“ Er nimmt sie entgegen und hebt seine Augen das erste Mal, um Alexander anzusehen. Mit einem leichten Lächeln wendet er sich wieder an seinen Sohn. „Danke. Darf ich gleich einen probieren?“

„J-ja, natürlich!“, entgegnet Heinrich und sieht gespannt zu, wie sein Vater die Schleife aufzieht und einen der Kekse mit dem Zuckerguss und den Streuseln herausnimmt.

„Mmh. Ja. Schmecken sehr gut.“

Das Lächeln, das Herr Kleist seinem Sohn schenkt, lässt diesen grinsen.

„Das freut mich, dass es dir besser geht.“, meint er, „War Mama mal hier?“

Der Vater nickt. „Ja, diese Woche. Stimmt es…“ Er senkt kurz seinen Blick. „Stimmt es, dass sie jetzt mit diesem…Anwalt zusammen ist?“

Heinrich nickt ruhig, da er vermutet, dass sein Vater noch nichts davon weiß, dass Juliane schwanger ist, während Alexander nervös auf seinem Stuhl ein wenig zurückrutscht.

„Naja“, seufzt Kleist, „Wenigstens hat sie jemanden, der auf sie Acht gibt.“ Er fährt sich über die Stirn, bevor er wieder zu seinem Sohn aufsieht. Zu Alexander, der den Blick steinhart erwidert.

„Hm, weißt du, mein Junge…“, fängt er zögerlich an, „Ich bin seit einigen Wochen bei einer Psychologin, und…sie hat mir vorgeschlagen, alles einfach mal andersrum zu sehen. Das hilft. Das hilft wirklich.“

„…Andersrum?“, hakt Heinrich vorsichtig nach.

„Ja“, antwortet ihm sein Vater mit einem Nicken, „Dann kann ich mich nicht beklagen darüber, dass mein Sohn es geschafft hat, auf eigenen Beinen zu stehen, eine eigene Kneipe eröffnet hat…Und noch weniger darüber, dass meine Tochter einen Mann gefunden hat, der…der einem ehrhaften Beruf nachgeht, der sie versorgen kann, der anständig ist und treu.“

Alexander muss ganz schön verstört dreinblicken, jedenfalls bekommt er seine Gesichtszüge nicht unter Kontrolle, als er den Mann einfach nur anstarrt, nicht sicher, ob er ihn anlächeln oder erschlagen will.

„A-aber, Vater…!“, fängt Heinrich an.

„Ja, aber.“, unterbricht ihn Kleist ernst und lehnt sich ein wenig nach vorne, „Aber jetzt seh ich dich hier sitzen, stelle fest, dass du doch noch mein Sohn bist und nicht meine Tochter. Dann jedoch betrachte ich mir den Mann neben dir und muss feststellen, dass er der gleiche ist. Dass er ordentlich angezogen ist, dass er gepflegt aussieht. Und sich so sehr um dich sorgt, dass er angespannt wie ein Soldat dasitzt und dich am liebsten nur mit mir sprechen lassen will, wenn er dich dabei beschützend im Arm halten darf.“

Heinrich sieht seinen Vater mit offenem Mund an. Lässt seinen Blick zu seinem Freund schweifen.

Alexander räuspert sich. Er weiß im Moment echt nicht, was er von dem Mann halten soll.

Kleist lehnt sich in seinem Stuhl wieder zurück. „Holst du mir einen Kaffee, Heinrich?“, fragt er schließlich, „Da vorne den Gang runter steht ein Automat.“

Der Junge nickt hastig und macht sich noch völlig baff auf den Weg.

Kaum ist Heinrich außer Hörweite, passiert das, was Alexander befürchtet hat: Kleist wendet sich an ihn. Niemals hätte er aber damit gerechnet, dass er das mit einem so flehenden Blick macht, sodass er das erste Mal in seinen Gesichtszügen erkennt, dass er Heinrichs Vater ist.

„Bitte“, fängt er an, „Herr Humboldt…ich mach mir so Sorgen um meinen Jungen. Sie passen gut auf ihn auf, ja?!“

Alexander ist erstaunt, aber er nickt reflexartig. „J-ja.“ Ganz langsam schleicht sich ein Lächeln auf sein Gesicht. „Ja.“, sagt er, „Ich versprech’s Ihnen.“

Als Heinrich mit dem Kaffee zurückkommt, ist er erstaunt, dass sein Freund mit einem strahlenden Lächeln vor sich hin starrt.

„Danke.“, sagt Kleist, als er den Kaffee entgegennimmt.

Er nimmt einen Schluck.

Heinrich versucht seinen verwirrten Blick von Alexander abzuwenden.

„Was macht dein Studium?“, fragt sein Vater und beansprucht nun somit seine Aufmerksamkeit.

„Oh, ähm, läuft gut. Die Prüfungsergebnisse für Physik und Mathe hab ich schon zurück.“

„Und?“

„1,5 und 1,7.“

Auf Kleists Gesicht breitet sich ein Grinsen aus. „Was?! Das ist ja großartig! Und in Physik bist du besser als in Mathe?!?“

„Ja, scheint so.“, lacht Heinrich.

„Du darfst mir gerne öfters über deine Erfolge berichten, Junge.“

„W-werd ich machen.“

„Bekomm ich deine Adresse? Dann kann ich dir mal schreiben.“

Bevor Heinrich etwas erwidern kann, hat Alexander aus seinem Geldbeutel eine Karte hervorgeholt, auf der auch die Telefonnummer steht.

„Woher…?“

„Wilhelm.“

„Danke.“, meint Kleist und nimmt sie entgegen, um sie in die Kekstüte zu stecken, „Es gibt gleich Abendessen… War schön, dass du…ihr mal wieder hier wart.“

Heinrich erwidert sein Lächeln. „Frohe Weihnachten.“, wünscht er seinem Vater.

„Euch auch.“

Alexander legt einen Arm um seinen Freund, als der Wärter Kleist wieder abführt.

Als sie draußen vor den Toren sind und zum Auto laufen, kann Heinrich die Frage vor Neugierde nicht mehr zurückhalten.

„Wieso grinst du immer noch?“

„Hm? Ich?“

„Jaa, seit ich mit dem Kaffee wiedergekommen bin, grinst du in die hinein.“, entgegnet der Junge schmunzelnd und sieht zu seinem Freund auf. „Was ist denn los?“

Alexander packt ihn lachend und entlockt Heinrich ein erschrockenes Quietschen, als er ihn mit einem Ruck auf den Arm hebt, sodass der Junge seine Beine um seine Hüfte schlingen muss.

„Ich fühl mich warm. Und geborgen. Und so herrlich freudig erregt.“, antwortet der Ältere.

„W-Weihnachtsgefühle?! So plötzlich?!?“

„Nicht wegen Weihnachten, wegen deinem Vater.“

Heinrich sieht ihn skeptisch an. „W-was?!?“

Alexander drückt ihm einen dicken Kuss auf die Lippen. „Er hat mich gebeten, auf dich aufzupassen.“

Der Junge scheint nicht zu verstehen.

„Er hat mich gebeten, auf dich aufzupassen! Dein Vater! Mich! Ich…so muss es sich anfühlen, wenn ein Vater seinem Schwiegersohn die Tochter zur Braut gibt…!“

Heinrich muss lachen, als Alexander ihm eifrig Hals und Brust küsst.

Als er anscheinend bemerkt, wo sie sich gerade noch befinden, setzt er den Jungen wieder vor sich ab.

„Das freut mich, dass er das gesagt hat.“, flüstert Heinrich und gibt ihm einen Kuss. Mit einem zuckersüßen Grinsen sieht er zu seinem Freund auf. „Jetzt darfst du ihn aber nicht enttäuschen.“

Alexander drückt ihn noch einmal an sich. „Werd ich ganz bestimmt nicht.“, meint er, bevor er ihn zum Wagen führt, wo er ihm die Beifahrertür öffnet.

„Mmh, das fängt ja schon mal gut an.“
 

Am Abend des 23. Dezembers ist Heinrich schrecklich aufgeregt. Sie sind morgen Nachmittag um Zwei zu Kaffee und Kuchen eingeladen. Jetzt, wo sein Vater Alexander gewissermaßen akzeptiert hat, will er auch der Familie Humboldt gefallen. Und nichts falsch machen.

„Heinrich, mach dir nicht zu viele Gedanken.“, meint Alexander, als sie zusammen im Bad vor dem Spiegel stehen und sich die Zähne putzen, „Caroline wird sich zurückhalten, oder offen ihre Abneigung uns gegenüber zeigen, da kann man nichts machen.“

„Aber, Alex! Du tust ihr bestimmt Unrecht mit dem, was du laufend über sie erzählst!“

„Haha, ich wünschte, es wäre so.“

„Nein, sie wird mich mögen.“

Alexander betrachtet skeptisch seinen Freund, der sich selbst mit ziemlich entschlossenem Blick im Spiegel ansieht.

„Aber nicht, dass du dich wegen ihr verstellst.“

Der Junge schüttelt den Kopf. „Nein, ich verstell mich nicht. Und sie wird mich mögen.“

Lachend nimmt ihn der Ältere in den Arm. „Wenn du dir das so fest vornimmst, dann kann es ja nur klappen.“
 

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Weil das nächste Kapitel wohl länger werden wird, hab ich hier mal einen Schnitt gemacht. Ich hoffe, ihr seid mir nicht böse, dass ihr noch ein Kapitel länger auf die Weihnachtsfeier warten müsst^^' Aber ich dachte mir, dass Heinrichs Vater mal wieder einen Auftritt bekommen sollte :)

Heinrich wusste nicht, was ihn erwarten würde. Er hat sich das Haus der Humboldts zwar ordentlich und fein vorgestellt, und ja, auch nicht gerade klein, aber das, vor dem sie gerade stehen, kann man nicht mehr als „Haus“ bezeichnen. Das Anwesen, so muss er es nennen, ist wirklich beeindruckend: Es sind drei Stockwerke, der Garten schon aufs Schönste gepflegt. Die Fassade ist strahlend weiß, das Dach mit dunklen Ziegeln gedeckt, auf denen der Schnee liegt. Über den Fenstern ragen kleine verzierte Giebel hervor, und die Eingangstür ist in griechische Säulen gefasst.

Alexander steigt die schwarzen Marmorstufen hinauf und dreht sich zu Heinrich herum.

„Hör auf zu staunen und komm.“, lacht er und streckt dem Jungen eine Hand entgegen.

Als Heinrich endlich bei ihm vor der Tür steht, legt er einen Arm um seine Schultern und klingelt.

„Oh“, fällt es ihm ein, „Ich wollte dich noch vor meiner Nichte Gabriele warnen. Sie ist zwölf, um es salopp zu sagen eine verwöhnte Göre, frech und vor allem: unerträglich neugierig.“

Heinrich kann nichts mehr erwidern, da wird ihnen schon die Tür von einer schick gekleideten Frau in Rock und Bluse geöffnet. Sie hat ihre Haare hochgesteckt, und obwohl sie sie freundlich anblickt, weiß Heinrich sofort, dass er es hier mit Caroline zu tun hat.

„Frohe Weihnachten, ihr beiden.“, begrüßt sie die zwei Männer und reicht ihnen die Hand.

„Frohe Weihnachten, Caroline. Heinrich, meine Schwägerin.“, stellt Alexander vor.

„Sehr erfreut. Frohe Weihnachten, Frau Humboldt.“, sagt der Junge höflich, was Alexander zum Schmunzeln bringt, da das Caroline anscheinend ernsthaft beeindruckt.

„K-kommt doch rein.“, bittet sie die Gäste schließlich ins Haus und schließt hinter ihnen die Tür.

Auch hier muss Heinrich für den Flur einen anderen Begriff finden: Er nennt ihn „Eingangshalle“. In der großen Eingangshalle also, kommt er aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Zwei mit Teppich ausgelegte Treppen führen symmetrisch in den ersten Stock, während unten auf dem gefliesten Boden zahlreiche Pflanzen stehen, die es gleich viel wärmer erscheinen lassen.

„Habt ihr keine Koffer dabei?“

„Eine Tasche, die holen wir aber später.“, antwortet Alexander, „Die Geschenke auch, wenn’s dir recht ist.“

Caroline geht lediglich mit einem Nicken darauf ein. „Die Mäntel könnt ihr in die Garderobe bringen. Du kennst dich ja aus, Alexander.“

Der Angesprochene schenkt ihr ein steifes Lächeln, bevor er hinter seinen Heinrich tritt. „Darf ich dir den Mantel abnehmen?“

Der Junge wirkt etwas überfordert, nickt aber. „Ja, danke.“, meint er und schlüpft aus den Ärmeln, wodurch sein beiges Shirt mit der rosa Schleife zum Vorschein kommt, das er zu grauer Anzugshose und den passenden eleganten Schuhen, trotz Alexanders bedenken, angezogen hat.

„Warte kurz.“ Alexander öffnet eine schmale Tür an der Seite, wo er die Mäntel aufhängt, bevor er mit Heinrich Caroline zur großen Tür unter der Treppe folgt.

Sie treten ein in einen Salon, der, genauso wie das ganze Haus, zwar nicht super modern, aber wunderschön eingerichtet ist. Das muss man der Frau des Hauses lassen: wenn es um Haus und Garten geht, ist sie die Königin unter den Stilvollen.

„Alexander!“ Wilhelm, der auf dem Sofa gesessen war, ist aufgesprungen und kommt auf ihn zu. „Frohe Weihnachten.“, wünscht er und umarmt seinen Bruder herzlich, „Es bedeutet mir viel, dass du gekommen bist.“, flüstert er, bevor er ihn wieder loslässt.

„Dir auch Frohe Weihnachten, Wilhelm.“, entgegnet Alexander und muss etwas unbeholfen lächeln.

Schließlich wendet sich der ältere der Humboldtbrüder an Heinrich.

„Endlich sehen wir uns wieder.“, sagt Wilhelm und reicht dem Jungen seine Hand, „Frohe Weihnachten.“

„Frohe Weihnachten, Herr Humboldt.“

„Wilhelm, Heinrich, Wilhelm. Da ich der Ältere bin, nehme ich es mir einfach mal heraus, das Du einzuführen.“

Heinrich sieht ein wenig überrumpelt zum anderen auf, bevor sich ein freudiges Grinsen zu seinen roten Wangen gesellt. „G-gerne, Wilhelm.“, bringt er heraus und wäre ihm gerne vor Rührung um den Hals gefallen.

„Setzen wir uns doch hier ein Weilchen.“, schlägt der Hausherr vor, und Alexander ist der erste, der auf dem Sofa Platz nimmt.

Heinrich setzt sich zu ihm und auch ihn würde er jetzt liebend gerne drücken, doch er beherrscht sich und zupft stattdessen seine Schleife ein wenig zurecht.

Wilhelm setzt sich neben ihn, während Caroline schon wieder kehrtmacht. „Ich geh dann mal wieder in die Küche.“, meldet sie sich ab.

„Sagst du Gabriele Bescheid, dass die Gäste da sind?“, bittet sie Wilhelm.

„Mach ich, Schatz. – Wissen Sie schon, Heinrich, dass Ihre Mutter erst morgen kommt?“

Der Junge nickt. „Ja, sie hat mir Bescheid gesagt, dass sie heute mit Michaels Familie feiern.“

„Dann ist ja gut.“

Heinrich muss innerlich grinsen, als er ans Telefonat zurückdenkt. „Bescheid gesagt“? Juliane hat sich tausendmal bei ihm entschuldigt. Aber er kann es verstehen, wenn sie mit den Großeltern ihres Kindes den Heiligabend verbringt. Er ist ja auch bei Schwägerin und Schwager zu Gast. Dieser Gedanke lässt ihn nun auch äußerlich grinsen.

Als Caroline den Raum verlassen hat, seufzt Alexander auf. „Da hat sie sich ja noch richtig beherrscht…“

„Alexander.“

„Also, ich find sie ganz nett.“

Auf Wilhelms Gesicht legt sich ein Lächeln. „Siehst du, Bruderherz, es denken nicht alle so schlecht von ihr.“, meint er und legt Heinrich zu dessen Erstaunen eine Hand auf die Schulter.

„Sie hat ihm nur ihr wahres Ich noch nicht gezeigt.“, entgegnet Alexander und legt seinem Freund seinerseits eine Hand auf den Oberschenkel.

Heinrich stellt fest, dass es sich ziemlich seltsam anfühlt, für beide Humboldtbrüder plötzlich der Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit zu sein.

„Deine Bluse steht dir übrigens sehr gut, Heinrich.“, kommt es von Wilhelm, der ein Ende der Schleife zwischen seine Finger nimmt.

„Das ist keine Bluse.“, meckert Alexander und schlägt dessen Hand weg.

Heinrich schluckt.

Wilhelm grinst seinen Bruder nur an.

Da hören sie plötzlich lautes Getrappel auf der Treppe, und kurz darauf fliegt die Tür auf. Ein Mädchen mit braunen, geflochtenen Zöpfen stürmt in grünbraunem Kleid auf sie zu.

„Onkel Aleeeeex!“, ruft sie freudig und springt Alexander auf den Schoß, ohne darauf zu achten, wohin sie ihm ihre Knie rammt.

Während ihr Onkel also winselnd das Gesicht verzieht, patscht sie ihm kräftig auf beide Wangen. „Ich freu mich sooo, dass Papi dich überreden konnte und ich dich endlich mal wieder sehen darf!“

„Ja, Gabi, das freu– “

„Und wo hast du deinen Lover gelassen???“

Alexander sieht reflexartig neben sich zu Heinrich.

Der blickt das Mädchen, geschockt über ihre Ausdrucksweise, an.

Diese blickt zurück. Für Gabis Verhältnisse ist sie sehr lange still.

Zögerlich legt sich auf Heinrichs Lippen ein schüchternes Lächeln. „Hi.“

„AWWWWWWWWWWWWWW!!! Du bist ja süüüüüß!!!“

Der Junge schnappt nach Luft, als sie sich ihm um den Hals schmeißt.

„So einen will ich auch mal haben, wenn ich groß bin!“ Entzückt blickt sie Heinrich mit ihren blauen Augen an, während Alexander und Wilhelm amüsiert zusehen. „Oooh, und was du anhast!“

Heinrich lächelt schief und lässt sich von der Kleinen am Shirt rumziehen.

„Papa, das will ich auch! Papa, Papa, das wünsch ich mir zu Weihnachten!“

„Aber Schatz, wie soll der Weihnachtsmann das denn noch so kurzfristig auftreiben?“

Gabriele verschränkt ihre Arme und zieht einen Schmollmund. „Dann soll er sich halt was einfallen lassen!“

„A-aber dein Kleid ist doch auch wunderschön.“, mischt sich Heinrich ein, der sich aus seiner Schockstarre gelöst hat, und streicht ihr über die Rüschen.

„E-echt?“

„Ja!“, versichert er, „Woher hast du das, das ist wirklich entzückend!“

Sofort grinst ihn Gabriele wieder versöhnt an. „Das hab ich letztes Wochenende mit Mama zusammen gekauft. Sie hat gemeint, es ist zu rüschig, aber ich hab mich durchgesetzt.“

„Da hast du Recht, ein Kleid kann nie genug Rüschen haben.“

Wilhelm und Alexander tauschen wissende Blicke untereinander aus und sehen ein, dass sie zu diesem Gespräch wohl nicht viel beitragen können, weshalb sie sich vom Sofa erheben und hinüber zum Kamin laufen.

„Du weißt, dass Heinrich…Kleider anzieht?“, zischt Alexander irritiert.

„Wir haben gemeinsam deine Geburtstagsüberraschung organisiert.“, entgegnet Wilhelm mit einem Zwinkern, was Alexander sich peinlich berührt abwenden lässt.

Derweil hat es das Gespräch zwischen Heinrich und Gabriele auf eine neue Ebene geschafft, indem Letztere erwähnte: „Haach~ Und irgendwann, wenn ich mehr Busen hab, dann kann ich so schöne Kleider anziehen wie die Disney-Prinzessinnen!“

„Jaaaa!“, kreischt sie jetzt, „Das sag ich auch immer! Prinz Phillip sieht viel besser aus in dem tollen Anzug bei der Hochzeit als in der Rüstung!“

„Und ist dir schon mal aufgefallen, dass die Prinzen, die dunklere Haut haben, viiiiel besser aussehen als die blassen?“

„Aufgefallen?!? Ich wollte schon an Disney schreiben, dass es nur noch gebräunte Prinzen geben soll, bei denen die blauen Augen so toll leuchten!“ Sie kichert und legt ihre Hände zu einem Trichter geformt an Heinrichs Ohr, „Eigentlich wollt ich ihm ein Bild von Onkel Alex schicken, dass er ihn als Prinz malt, aber Mama hat meinen Brief gelesen und fand die Idee nicht so toll…“ Grinsend blickt sie den amüsierten Heinrich an. „Jetzt weiß ich wieso: Er hätte sich niemals in eine Prinzessin verliebt.“

„Hihi, das sti– “

„Disney braucht einen schwulen Prinz!!“, ruft sie plötzlich, sodass auch Alexander und Wilhelm geschockt zu ihnen hinüberschauen. „Mit einem Heinrich-Prinz, den er dann heiraten kann!“

Heinrich muss lachen. „Jaaa, das wär toll…“

„Sag ich doch!“

„Nun“ Wilhelm räuspert sich und wirft seinem Bruder einen bedenklichen Blick zu. „Dass dein Freund sich so gut mit Disney auskennt, war mir hingegen nicht bekannt…“

In dem Moment kommt Caroline in den Salon und schlägt ihre Hände zusammen, als sie ihre Tochter erblickt.

„Gabi, das macht man doch nicht!“ Eilig hebt sie die Kleine von Heinrich herunter. „Tut mir schrecklich Leid.“

„Aber nicht doch.“, entgegnet der Junge mit einem gutmütigen Lächeln, „Schon in Ordnung.“

Caroline setzt daraufhin nichts mehr hinzu, sondern schiebt Gabriele nur vor sich zur großen Flügeltür.

„Das Essen ist fertig, wir können rübergehen.“

„Wunderbar.“, meint Wilhelm und öffnet Frau und Tochter einen der Flügel und hält diese auch noch für Alexander und Heinrich auf.

Kaum betritt der Junge das Esszimmer, öffnet er staunend seinen Mund.

Im Raum ist es schön warm, auch hier brennt ein Kamin, eine lange Tafel steht in der Mitte, von der Decke hängen zwei Kronleuchter, und hinten, alles überragend, steht ein wundervoll geschmückter Weihnachtsbaum mit Lichtern, die wie echte Kerzen anmuten.

„D-das ist ja w-wunderschön!“, stammelt Heinrich und sieht sich mit glänzenden Augen um.

„Alles Carolines Verdienst.“, antwortet Wilhelm und wirft seiner Frau ein Lächeln zu.

Die wendet sich nur ab, fast könnte man meinen beschämt, und nimmt am Tisch Platz.

Als Wilhelm die gegenüberliegende Seite des Tisches ansteuert, folgt ihm Heinrich. Er findet es entzückend, wie viel die Humboldts von Manieren halten, und kommt sich gleich ein paar Jahre in der Geschichte zurückgebeamt vor, wo es noch Gang und Gebe war, dass die Ehepaare sich an der Tafel gegenübersaßen.

Alexander scheint nicht so ganz zufrieden damit zu sein, dass er neben Caroline sitzen muss, aber er schenkt seinem Freund immerhin ein Lächeln über den gedeckten Tisch hinweg, auf dem schon die dampfenden Schalen und Platten stehen.

Gabriele, die eigentlich am Ende der Tafel bei ihrer Mutter sitzen soll, will aber partout neben Heinrich, weshalb Wilhelm schließlich nachgibt, sie solle dann eben ihren Teller und das Besteck nehmen und umdecken.

Freudig schiebt sie sich also dort ihren Stuhl näher an den Tisch und setzt sich auf ihre Unterschenkel, um gierig aufs Essen zu starren.

Endlich erhebt sich Caroline und lässt sich die Teller geben, um Braten, Knödel und Rotkraut aufzufüllen. Heinrich kommt sich etwas seltsam vor, der erste zu sein, der sein Essen vor sich stehen hat.

„Soße ist genug da, nehmt euch.“, meint die Gastgeberin und verweist auf die gefüllten Sauciers.

Als alle ihre Teller vor sich stehen haben, wünscht Wilhelm einen guten Appetit und die anderen antworten, bevor zum Besteck gegriffen wird.

„Hmm, schmeckt sehr gut.“, meint Heinrich nach zwei Bissen, auch wenn er damit Gefahr läuft, aufgesetzt zu klingen, doch er meint es ernst.

„Danke.“, kommt es von Caroline und sie schenkt ihm ein schwer zu deutendes Lächeln, „Sie sollten sich die Serviette aber vielleicht umhängen, damit Sie Ihr reizendes Top nicht beschmutzen.“

„Oh, danke.“, antwortet Heinrich und folgt ihrem Rat, obwohl er nicht einschätzen kann, ob das „reizend“ positiv oder eher abfällig zu verstehen ist.

Alexander kann das anscheinend sehr wohl, denn er greift zu seinem Weinglas.

Heinrich hat schon vorhin festgestellt, dass sie alle, außer natürlich Gabi, ein Glas Rotwein vor sich stehen haben, und ist dankbar, dass der Konsum eines solchen mittlerweile keinen Effekt mehr auf ihn hat.

Nichtsdestotrotz sieht er seinen Freund mahnend an, als dieser das Glas wieder abstellt. Weiß Alexander nicht, dass man den ersten Schluck an einer Tafel gemeinsam tut?

Wilhelm muss seinen Blick bemerkt haben, denn von ihm kommt ein amüsiertes Schnauben, bevor er nach seinem Glas greift.

„Zum Wohl, allerseits.“

Sofort nehmen auch die anderen ihre Gläser auf, Gabriele ihren Himbeersaft.

„Zum Wohl und frohe Weihnachten.“, wünscht Heinrich.

„Zum Wohl, Heinrich.“ Wilhelm stößt mit ihm an, was Gabriele natürlich mit ein wenig mehr Wucht sofort nachmachen muss.

Mit einem warmen Lächeln wendet sich der Junge schließlich an seinen Freund. „Zum Wohl, mein Schatz.“, sagt er.

Alexander erwidert sein Lächeln und stößt sachte mit ihm an, bevor sie alle einen Schluck nehmen.

„Mama!“, fängt Gabriele an und leckt sich den Saft von den Lippen, „So ein Top, wie Heinrich anhat, so eins will ich auch haben.“

Caroline lächelt sie an, bevor sie dem Jungen einen Blick zuwirft. „Das wird kein Problem sein, da es ja sowieso eigentlich ein Kleidungsstück für Damen ist.“

Das Lächeln kann Heinrich nun auf jeden Fall deuten. Doch bevor er irgendetwas sagen kann, legt Gabriele neben ihm wieder los.

„Das macht nix, Heinrich zieht ja auch Kleider an!“

Er wusste, wieso er vorhin gezögert hat, das der Kleinen zu verraten…

Caroline hat sich scheinbar fast am Essen verschluckt. „W-was?!?“

Alexander atmet tief ein, während Wilhelm sich nur räuspert.

„Ich denke, Sie haben es schon richtig verstanden.“, antwortet Heinrich jedenfalls, so ruhig wie es ihm gelingen will.

„D-das…“ Sie schüttelt den Kopf. „Tut mir Leid, aber das ist schwer vorstellbar für mich.“

„Denken Sie nicht so streng in Geschlechterrollen, Caroline, dann gelingt es Ihnen vielleicht.“, meint Heinrich mit einem Lächeln, das nur ein ganz klein wenig gehässig, aber mehr gutwillig ist, „Und mein Top wird Sie dann auch nicht mehr irritieren, weil ich finde, dass es eigentlich sicher Ihren Geschmack trifft.“

Die Gastgeberin blickt ihn zögerlich an, bevor sie ihre Augen wieder auf ihren Teller senkt. „Naja, mit Ihren schmalen Schultern können Sie es auch wirklich tragen…“

Heinrich isst zufrieden weiter. Das war wohl das größte Kompliment, das er von ihr bekommen kann.

Die beiden Humboldtbrüder scheinen ebenfalls erleichtert darüber zu sein, dass diese Diskussion beendet ist.

Eine Weile bleibt es still und alle sind mit ihrem Essen beschäftig – bis die Jüngste sich wieder zu Wort meldet.

„Onkel Aleeex?“

„Ja?“

„Papa hat mir erst letztens erzählt, dass du schwul bist, aber es hat mich nicht wirklich überrascht.“

„Gabi…!“, zischt Caroline entrüstet, doch Alexander lacht nur.

„Lass sie doch.“, meint er, bevor er sich seiner Nichte wieder zuwendet, „Ja, das durfte er dir nicht früher erzählen, weil es sonst auch niemand wusste.“

„Ach!“, gibt das Mädchen von sich, „Dann hast du es also erst offenbart, als du dich in Heinrich verschossen hast, ja?“

„Ja, genau so war’s.“, antwortet Alexander amüsiert und wirft seinem Freund einen liebevollen Blick zu.

„Jetzt ist gut, Gabi.“, versucht Caroline ihre Tochter zu beruhigen.

Diese zieht einen Schmollmund, bevor sie sich wieder ihren Knödeln widmet. Aber schon nach dem nächsten Bissen schaut sie wieder auf. „Heinrich, wie alt bist du denn?“

Der Junge ist ein wenig überrascht, dass plötzlich er Opfer der Ausfragerei ist, antwortet dann aber. „Einundzwanzig bin ich.“

Gabriele pustet ihre Backen auf. „Naja!“, meint sie skeptisch, „Ich bin auch schon fast Vierzehn.“

„Bist du nicht.“, weist sie Wilhelm, jedoch mit einem Lächeln, zurecht.

„Ich weiß, dass ich nicht so ausseh, aber ich bin wirklich so alt.“, versichert Heinrich.

Nun nickt das Mädchen schließlich.

„Das ist auch gut so, weil Onkel Alex ist schon seeeehr alt.“

Heinrich sieht grinsend zu seinem Freund auf, der sich soeben fast am Braten verschluckt hat.

„Och, so alt nun auch wieder nicht.“, meint er.

„Doch, doch!“, wiederholt Gabriele und fuchtelt rechthaberisch mit ihrer Gabel herum, bevor sie sich weiter zu Heinrich lehnt und ihn mit einem verschwörerischem Blick anvisiert. „Ihr solltet es schnellstmöglich miteinander tun, denn bald ist er zeugungsunfähig.“

Caroline schreit hysterisch auf. „Gabi, woher hast du denn so was?!“

„Das ham wir in der Schule gelernt!“, entgegnet die Kleine trotzig, während Heinrich und Alexander sich gerade kaputtlachen.

„Jetzt iss erst mal fertig.“, schreitet Wilhelm ein, „Sonst gibt’s keinen Nachtisch.“

Sofort ist seine Tochter ruhig und isst brav weiter.

Heinrich wischt sich noch immer schmunzelnd die Tränen aus den Augen und nimmt einen Schluck Rotwein. Jetzt, wo er aufgehört hat zu lachen, ist er sich gar nicht mehr so sicher, woher die Tränen kommen…Dass die Kleine aber ausgerechnet dieses Thema ansprechen muss… Er sieht auf zu Alexander. An ihm liegt es nicht, dass sie keine Kinder bekommen können…

Wilhelm holt ihn aus seinen Gedanken. „Was macht das Studium, Heinrich? Hast du schon einen Blick ins Vorlesungsverzeichnis fürs nächste Semester geworfen?“

„Nein, um ehrlich zu sein, noch nicht.“

„Da hast du Recht, die Feiertage sollte man in Ruhe genießen.“, entgegnet der Ältere mit einem Grinsen.

„Aber ich find’s schon schade, dass ich nicht mehr bei Alex in der Vorlesung sitzen werde.“

„Ich auch.“, stimmt ihm sein Freund zu und schenkt ihm ein Lächeln.

„Naja, dann kannst du dich aber voll und ganz auf Physik und Mathematik konzentrieren – oder hast du schon ein neues ergänzendes Fach im Blick, das dich interessieren würde?“

„Ich…“ Heinrich muss grinsen. „Nein, ehrlich gesagt hab ich mich damals auch nicht so sehr wegem Inhalt für Philosophie entschieden…“

Wilhelm lacht leise und Alexander sieht ihn erstaunt an. „Nicht?! Du warst damals schon…?“

Heinrich blickt ihn mit einem zuckersüßen Lächeln an. „Verliebt wohl noch nicht, aber verschossen in dich. Ich…D-du hast deinen Kurs auf dieser Eingangsveranstaltung vorgestellt und…“ Er läuft rot an und räuspert sich unbeholfen. „Ja, ähm, sagen wir, du hast einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen.“

Gabriele beginnt zu kichern und beobachtet freudig die Blicke, die sich Onkel Alex und sein kleiner Heinrich-Lover zuwerfen. Besser als jeder Disneyfilm.

Caroline macht mit dem Klirren des Soßenschöpfers auf sich aufmerksam. „Darf ich euch nochmal auffüllen?“

Als sie sich alle vollkommen satt in ihren Stuhl zurücklehnen, greift Wilhelm das Thema Studium noch einmal auf.

„Hast du eigentlich vor, einen Master anzuschließen?“

Heinrich zuckt mit den Schultern. „Weiß ich noch nicht…kommt drauf an, wie lange ich Alex noch auf der Tasche liegen darf.“

Alexander wirft ihm einen Blick zu, der so viel sagen soll wie: „Nicht schon wieder dieses Thema, du weißt doch genau, wie ich dazu steh!“

„Nein, aber ich würde schon gerne möglichst bald zu arbeiten anfangen.“, ergänzt der Junge.

„Und was schwebt dir da vor?“, will Wilhelm interessiert wissen.

„Ich denke, dass sich in der Forschung vielleicht irgendwas finden lässt. Oder beim Patentamt.“

„Oh, da kommt Eggebrecht her, weiß du das?“, fragt Wilhelm.

„Echt? Und dann kann man noch Professor werden?“

Der Ältere nickt. „Ja, klar. Es ist zwar etwas komplizierter, als wenn du dich gleich dafür entscheidest, weil du dann noch deine pädagogischen Fähigkeiten nachweisen musst, aber eigentlich brauchst du nur einen Doktortitel und wahlweise noch eine Professur.“

„Hm…“ Heinrich verzieht das Gesicht. „Und wer hat damals bitte Eggebrechts pädagogische Fähigkeiten geprüft??“

Wilhelm muss lachen und Alexander gemein grinsen.

„Eigentlich hatten wir bei meinem Schwager mehr bedenken, als bei Eggebrecht.“, mischt sich Caroline ein, „Der hat wenigstens Disziplin.“

„Och, aber er hat sich doch schon gebessert, oder?“, versucht Wilhelm seine Frau zu besänftigen.

Sie seufzt. Sieht zu Heinrich. Dann zu ihrer Tochter.

„Gabi, gehst du mal nach Belcastel schauen, der hat bestimmt auch Hunger.“

„Auja! Darf ich ihn reinholen?“

„Erst, wenn wir fertig mit essen sind.“

„Okay. Kann Heinrich mitkommen?“

„Nein, erst mal nicht, Schatz.“

„Aber später zeig ich ihm mal mein Zimmer!“

„Gerne.“

„Supi!“ Freudig hüpft das Mädchen von dannen.

Mit einem erneuten Seufzen sieht Caroline kurz zu ihrem Schwager auf, bevor sie auf ihre gefalteten Hände hinabblickt.

„Mir ging es niemals…“ Sie bricht ab, um ihre hochgesteckten Haare vorsichtig mit einer Hand zu überprüfen. „niemals darum, dass du…homosexuell bist, Alexander. Mir hat dein…dein Lebensstil nicht gefallen, dieses ordinäre Wechseln von…Bettgeschichten und…“ Mit vorwurfsvollem Blick sieht sie endlich zu ihm auf. „Immerhin trägst du unseren Namen! Stell dir mal vor, einer dieser…hätte dich erkannt! Und dann hätten sich nach und nach sämtliche Männer gemeldet, die du jemals…! Weißt du, was für ein Licht das auf die Universität geworfen hätte?! Mir hat es einfach nur nicht gepasst, dass du dich so…so sorglos und-und verantwortungslos benimmst und kein bisschen erwachsen, sondern so, als wenn dir alles egal ist, solange du nur irgendwo…mit irgendwem ein Ventil für deine p-pervertierten sexuellen Gelüste findest!“

Die drei Männer sehen sie geschockt an. Alexander wohl am meisten.

Caroline atmet tief durch und versucht, sich zu beruhigen.

„Aber jetzt“, beginnt sie, wieder mit einigermaßen normaler Stimme, „bist du ja, ähm…in festen Händen, und da du anscheinend vernünftiger geworden bist und auch weißt, welche Pflichten und Verantwortung anderen gegenüber du hast, kann ich mir vorstellen, dass ich…“ Sie schenkt Heinrich ein unsicheres Lächeln. „obwohl dein Freund Frauenkleider trägt, in Zukunft besser mit dir auskommen werde.“

„Das, ähm, freut mich.“, entgegnet Alexander ein wenig überrumpelt, kann sich aber zu einem Lächeln durchringen.

Caroline schiebt ihren Stuhl zurück, als sie sich erhebt. „Ich bringe dann den Nachtisch, ja?“, meint sie, um scheinbar ganz schnell das Thema abzubrechen.

„Kann ich Ihnen helfen?“, fragt Heinrich und steht ebenfalls auf.

Sie scheint dadurch wohl etwas überfordert, nickt dann aber.

So folgt ihr Heinrich in die Küche, die so sauber und ordentlich ist, wie er sie sich vorgestellt hat. Fünf Schälchen Schokoladenmousse stehen auf einem Tablett auf dem Tisch.

„Wenn du das grad nehmen – oh! Entschuldigung: Wenn Sie– “

„Schon gut.“, unterbricht sie Heinrich mit einem Lachen.

Sie nickt, bevor sie hastig eine Flasche Mineralwasser und einen Wein aus dem Schrank nimmt. Prüfend sieht sie sich in der Küche um, ob sie alles hat.

„War das alles?“, fragt Heinrich.

„Ja, wir können.“

„Gut.“

„Dein Top ist übrigens wirklich schön.“

Perplex grinsend blickt ihr Heinrich nach, wie sie vor ihm die Küche verlässt, bevor er ihr mit dem Tablett folgt.

Im Esszimmer angekommen werden sie von einem freudigen Bellen empfangen.

„Gabi! Ich hab doch gesagt, du sollst ihn erst nach dem Essen holen!“

„Aber Mami, es ist doch Weihnachten!“

Seufzend stellt sie die Flaschen auf dem Tisch ab und lässt es zu, dass ihre Tochter und ihr Schwager mit dem Hund auf dem Teppich vor dem Kamin herumtollen.

„Passt auf den Baum auf!“

„Jaja“, kommt es von Alexander, was so viel heißt wie: „Ich hab eh nicht zugehört.“.

„Jetzt lasst doch Belcastel in Ruhe, es gibt Nachtisch!“

„Bestimmt nur wieder son Früchtekram.“, kommt es desinteressiert von Gabriele.

„Schokoladenmousse.“, verbessert sie Heinrich, was die Kleine sofort den Hund vergessen lässt.

Schneller, als man schauen kann, sitzt sie am Tisch. Bei Alexander dauert es etwas länger.

So verspeisen sie zusammen den leckeren Nachtisch, Wilhelm ist sogar so nett, seiner Tochter noch ein wenig von seinem abzugeben, als ihr eine Schüssel nicht reicht.

„Mamiiii?“, fragt sie mit verschmiertem Mund, „Wann kommt endlich der Weihnachtsmann???“

„Wenn du deinen Nachtisch aufgegessen hast.“, antwortet ihr Caroline.

„Auja!“ Schnell spachtelt sie ihre Schüssel leer.

„Kommt er jetzt, der Weihnachtsmann?“, fragt sie ungeduldig.

„Ja, wenn du das Jahr über brav warst und jetzt nach oben gehst.“, antwortet ihre Mutter.

„Natürlich!“, ruft die Kleine und springt auf, „Heinrich, komm! Die Kinder müssen nach oben, sonst kommt der Weihnachtsmann nicht!“

„Äääh…“, bringt Heinrich heraus, bevor das Mädchen ihn an der Hand packt und aus dem Raum schleift.

Bereitwillig lässt er sich die Treppen hinaufziehen, bis sie im rosa Zimmer mit Disney-Prinzessinnen-Bordüre landen.

„Und?“, fragt Gabriele stolz, „Wie findest du mein Zimmer?“

„S-schön.“, gibt Heinrich von sich. Das ist dann doch etwas zu viel Glitzer und Rosa für ihn…

„Schau mal, ich hab zu meinem Geburtstag ein Poster von Hannah Montana mit Autogramm bekommen!“

Auf Heinrichs Gesicht legt sich ein Grinsen. Da hat er also einen wahren Glücksgriff gelandet.

„Du kannst dich da setzen.“, meint sie und verweist auf den Stuhl vor ihrem Schminktisch, während sie sich aufs ebenfalls rosa bezogene Bett wirft, „Das wird da unten noch ne Weile dauern, bis sie die Geschenke alle unter den Baum gelegt haben.“

Geschockt sieht Heinrich die Kleine an. „W-wie?!? Ich dachte, du glaubst an den Weihnachtsmann!“

„Neee.“, entgegnet sie, „In meinem Alter doch nicht mehr. Ich glaub schon, dass Gott für die großen Geschenke an Weihnachten zuständig ist, wie zum Beispiel Frieden oder Essen für Arme, aber da hat er natürlich nicht für jedes Kind Zeit, also übernehmen das die Eltern.“

„Achso“, meint Heinrich mit einem Grinsen, „Das klingt logisch.“

„Wieso „achso“ – sag bloß, du hast noch dran geglaubt!“

Der Junge muss lachen. „Nein, natürlich nicht.“

„Gut, ich hab mir schon Sorgen gemacht.“, meint Gabriele und bedenkt ihn mit einem skeptischen Blick. „Sag mal, ist Onkel Alex denn lieb zu dir, oder belästigt er dich?“

„H-hö?!?“ Irritiert blickt er die Kleine an.

Die grinst ihn verschwörerisch an. „Naja, er ist ja ein ganz schöner Schwerenöter, was Mama da letztens Papa erzählt hat.“

„Oh, ähm…“ Heinrich läuft rot an. „Weißt du, ich…ich mag es ja, wenn er…mich, ähm…er belästigt mich damit ja nicht.“

„Nein, wenn du es magst, dann nicht. – Was man auch verstehen kann, er sieht ja nicht so schlecht aus, Onkel Alex.“

Heinrich erwidert ihr Grinsen. „Nein, sicher nicht.“

„Ooooh!“, kommt es da plötzlich von der Kleinen und sie richtet sich in ihrem Bett mit einem Satz auf, „Als ich mit Mama letztes Jahr Schwimmen war, da haben wir ihn getroffen…in Badehose…! Also, ich muss schon sagen, dass er ziemlich gut besetzt ist.“

Ein Zwinkern von ihr.

Heinrich räuspert sich. „Be-bestückt meinst du.“

„Jaaaa, also sein Ding ist halt ziemlich groß.“

Heinrich räuspert sich abermals. Wie alt ist die Kleine…?

„Hihi, keine Angst, das hatten wir in der Schule schon, wie Babys gemacht werden.“

„O-okay…“

Plötzlich ertönt von unten eine Glocke und Gabriele springt auf. „Ui, wir dürfen runter!“

Freudig nimmt sie ihren Heinrich wieder an die Hand und zieht ihn mit sich.
 

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So, hier musste ich teilen, weil euch nochmal ein so langer Teil erwartet^^' Ich entschuldige mich dafür, dass es 1. so lange gedauert hat, 2. ich Juliane&Michael erstmal aussortieren musste und 3. das Kapi jetzt so ellenlang geworden ist O.o

...Ich hoffe ihr vergebt mir! X3

Als Heinrich und Gabriele unten ankommen, ist schon die seichte Musik eines Streichorchesters zu hören, das Weihnachtslieder von einer CD abspielt. Caroline und die zwei Humboldtbrüder stehen vor dem Weihnachtsbaum, Alexander an das kleine Tischchen gelehnt, sodass Caroline ihm wegen der Vase hinter ihm beängstigende Blicke zuwerfen muss, Belcastel hat es sich in seinem Körbchen neben dem Kamin bequem gemacht.

Gabriele marschiert sofort auf den Baum zu, unter dem nun etwas künstlicher Pulverschnee und einige in golden-rotes, blau-silbernes oder grünes Papier eingepackte Geschenke liegen.

„Haalt.“, kommt es von Wilhelm und er sieht sie auffordernd an.

Sie seufzt, bevor sie sich grinsend zu ihm hinaufreckt, um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben. „Frohe Weihnachten, Papi.“ Das gleiche wiederholt sie bei ihrer Mutter, die ihr mit einem Lächeln zärtlich über den Kopf streicht.

„Du auch, Heinrich, sonst bekommst du nix!“, meint sie schließlich und stößt ihren neugewonnen Freund ihrem Onkel in die Arme, sodass Caroline ob der bedrohlich wackelnden Vase einen spitzen Schrei von sich gibt.

Alexander lässt sich davon nicht stören, sondern legt schmunzelnd seine Arme um den Jungen.

„Frohe Weihnachten, Alex.“, flüstert Heinrich, bevor er ihm einen sanften Kuss gibt.

„Mmmh, dir auch…“, nuschelt Alexander und küsst ihn noch einmal, bevor er ihn etwas widerwillig gehenlässt.

„Uuuh~“, kommt es von Gabriele, „Ihr seid ja schwer verliebt.“

„Gabi!“, zischt Caroline, doch ihre Tochter lässt sich nur kichernd mit Heinrich vor dem Baum nieder.

Sie suchen die Geschenke nach Namenskärtchen ab, Heinrich ein wenig geduldiger als Gabriele, und wenn sie eines finden, das nicht ihren Namen trägt, reichen sie es weiter.

„Ooh, Papi, schau an! Dir hat der Weihnachtsmann ja auch was gebracht!“

„Tatsächlich?“, fragt Wilhelm wirklich erstaunt und betrachtet das längliche Päckchen sorgfältig.

„Uuh, und Mami bekommt auch was!“

„Oh.“

Mit einem Lächeln hält Heinrich seinem Freund die zwei Geschenke für ihn hin. „Siehst du“, flüstert er, „Sie haben dir auch was geschenkt.“

„Und du mir auch?“

Heinrich verzieht skeptisch das Gesicht über Alexanders Erstauntheit. „Natürlich!“

Derweil hat Gabriele schon das erste ihrer Geschenke aufgerissen. „Aaaaaaaaaaaah!!!“

Ihr begeistertes Kreischen lenkt die Aufmerksamkeit aller auf sie, und besonders Heinrich freut sich, dass seine Geschenkidee so gut ankommt.

„Ein Hannah-Montana-Schalfanzug!“, ruft sie freudig und hält sich das Oberteil probehalber vor die Brust, „Den muss ich sofort anziehen!“

„Ha-halt! Aber doch nicht hier!“, hält ihre Mutter sie auf, als sie schon den Rock des Kleides anhebt, um es über den Kopf zu ziehen, „Das kannst du nachher in deinem Zimmer machen.“

„Okay.“, kommt es von ihr und sie wendet sich schnell wieder den anderen Geschenken zu.

Alexander ist der nächste, der auflacht. „Ha, ihr seid ja verrückt!“, meint er und betrachtet amüsiert die große Kaffeetasse, auf der ein Bild von seinem Heinrich abgedruckt ist.

„War Wilhelms Idee.“, entgegnet der Junge und lässt sich von ihm durch die Haare wuscheln, bevor der Ältere hinüber zu seinem Bruder geht.

Wilhelm sitzt am Tisch und hat ihnen den Rücken zugekehrt, weshalb ihm Alexander mit einem „Hey“ eine Hand in den Nacken legt. Als er sich neben ihn setzt und die Tränen in den Augen seines Bruders sieht, bleibt sein Herz für einige Sekunden stehen.

Du bist verrückt.“, nuschelt Wilhelm mit einem Grinsen und presst seinen Kopf in Alexanders Halsbeuge, den Füllfederhalter mit dem eingravierten Universitätswappen fest in der geballten Faust.

Der Jüngere fährt seinem Bruder ein wenig überfordert über den Rücken, doch schließlich muss auch er Grinsen und schließt kurz die Augen. Hat Heinrich das gemeint? Dieses Gefühl?

„Danke.“, bringt Wilhelm heraus und wischt sich mit seinem Taschentuch die Wangen trocken.

„Es war Heinrichs Idee, obwohl er nicht wusste, was es mit dem Wappen auf sich hat.“

„Hast du’s ihm erzählt?“

„Nur, dass es Mama entworfen hat.“ Alexander muss grinsen. „Nicht, dass sie es nach Vaters Tod entworfen hat, als sie die Universität nach ihm umbenannt hat.“

Wilhelm lacht leise, bevor er ihm ein Lächeln schenkt. „Ich freu mich, dass wir wieder eine Familie sind.“

Alexander senkt kurz seinen Blick, bevor er wieder zu ihm aufsieht. „Ich mich auch.“

„Gott, ihr – ihr…!“ Heinrich kann nicht anders: Er springt auf und fällt Caroline um den Hals, die damit total überfordert ist. „Das ist…! Aaah, ich freu mich so!“

„Mit was versuchen sie dich denn zu umschmeicheln?“, fragt Alexander frech nach.

„Da!“ Glücklich grinsend hält ihm Heinrich ein Ticket entgegen – Neiin, kein Ticket, ein Abo. Ein Partner-Theater-Abo fürs Jahr 2012.

„Und weißt du, was das heißt, mein Schaaatz?“

„Ohjeh, ich ahne es…“, antwortet Alexander betreten.

„Ja, das heißt, dass du nächstes Jahr so viel Kultur erleben wirst, wie in den letzten dreißig Jahren nicht.“, mischt sich Wilhelm mit einem gehässigen Grinsen ein.

Caroline, die sich von Heinrichs Umarmungsattacke mittlerweile wieder erholt hat, hat nun ihrerseits ihr Geschenk ausgepackt und stellt den Weihnachtsstern zärtlich lächelnd auf dem Tisch ab.

„Wir, ähm, hatten leider keine bessere Idee.“, meint Heinrich, der sofort wieder neben ihr steht.

„Nein, das ist doch eine fabelhafte Idee gewesen.“, entgegnet sie und dreht sich nach einem erneuten Blick auf die Pflanze zu ihm herum. „Ähm“ Unbeholfen beugt sie sich ein wenig nach vorne, um ihn kurz zu umarmen. „Danke.“

Zufrieden lächelt er sie an.

„I-ich geh dann mal Belcastel seine Weihnachtsleckerli bringen…“, meint sie, um aus der Situation zu flüchten.

„Hey“

Heinrich erschrickt etwas, lässt sich dann jedoch an Alexanders Brust sinken, der ihn von hinten in die Arme schließt und ihm einen Kuss auf die Stirn gibt. „Du hast das Geschenk von mir ja noch gar nicht ausgepackt.“

„Hm?“ Verwirrt sieht Heinrich zum Weihnachtsbaum, wo tatsächlich neben Gabriele und ihrem Berg Geschenkpapier noch ein eingepacktes Geschenk liegt. „Das lag vorhin da aber noch nicht.“

„Du solltest es ja auch ganz zum Schluss auspacken.“, meint Alexander schmunzelnd und führt ihn vor sich her hinüber zum Baum.

Er gibt dem Jungen noch einen Kuss in den Nacken, bevor er ihn loslässt, damit er sich nach dem Objekt bücken kann. Es ist rechteckig und…

„Ohneiiin…“, beginnt Heinrich und Alexander sieht ihn verwirrt an, „Ist ja nett von dir, Alex, wirklich, aber…nur weil ich dir gesagt hab, dass ich selbst Krimis schreib, heißt das nicht, dass ich gerne die von anderen Leuten les. Die sind immer so langwierig und durchschaubar und klischee– “

Heinrich starrt auf den soeben freigelegten Einband des Buchs.

Alexander muss grinsen.

Heinrich reißt das restliche Papier herunter, schüttelt den Kopf und schaut noch einmal hin.

Immer noch steht da Heinrich Kleist – Michael Kohlhaas.

„D-d-das…! Das sieht so professionell aus, wo hast du– “

„Professionell?“, lacht Alexander, „Das hoff ich doch, immerhin kann man es seit Montag überall kaufen.“

Heinrich blickt ihn geschockt an.

Einige stille Sekunden ist Alexander sich nicht sicher, wann endlich der Moment kommt, an dem sich sein Freund schrecklich freut.

Eine Sekunde später weiß er, dass dieser Moment erst mal nicht kommen soll.

Erschrocken schaut Gabriele auf, als ihr Heinrich ein lautes „Sp-spinnst du?!?“ von sich gibt und nun mit knallroten Wangen, Tränen in den Augen und vollkommen verzweifelt im Raum steht.

„D-das ist doch…! J-jeder kann…kann meinen Schrott lesen, ich – ahh, das ist peinlich, Alex! Peinlich! Das k-kauft doch kein Schwein – b-bitte sag mir, dass du dafür kein Vermögen ausgegeben hast! Bitte, sag mir, dass du f-für diesen Schund nicht tausende von – i-ich hätte dir das niemals zu lesen geben dürfen – verbrennen! Ich hätte es gleich verbrennen sollen, ich– “

Schluchzend verstummt der Junge, als Alexander ihn auf halbem Weg zum Kamin von hinten packt.

„Dreh das Buch rum.“, flüstert der Ältere und versucht seinen Freund durch ein paar Küsse an die Schläfe und die Wange zu beruhigen.

Heinrichs Hände zittern.

„Dreh’s rum und du wirst sehen, dass nicht nur ich dein Buch weder für „Schrott“ noch für „Schund“ halte.“

Ganz langsam gehorcht der Junge. Als er einen Blick auf die Rückseite des Einbands wirft, stockt ihm der Atem.

„Ein erschreckendes, verstörendes und absolut brillantes Buch, das jedem Leser meine Räuber wie ein kindisches Puppentheater erscheinen lassen muss!“, Friedrich Schiller.

„Wa-wa – w-wie – ohmein – !“

„Ja, und bei dem Verlag denk ich nicht, dass du dir noch irgendwelche Sorgen machen musst.“

Goethe-Verlag

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, dreht sich der Junge in seinen Armen um und drückt sich fest an ihn.

„D-danke…oh, du…danke, du…wie hast du das…? Du hast mir meinen Traum erfüllt…!“

Wilhelm und Caroline atmen erleichtert auf. Sie hatten schon befürchtet, der Abend würde sehr unweihnachtlich enden.

„Schiller hast ganz alleine du überzeugen können. Und was Goethe angeht, musst du wohl auch Schiller danken.“

Lächelnd sieht Heinrich zu seinem Freund auf. Dieser wischt ihm die Tränen von den Wangen, bevor er ihn zärtlich küsst.

„Awwwwww!!!“, kommt es von Gabriele, „Komm her, Heinrich, deine tränenden Augen muss ich dir ganz schnell wegschminken!“

„Moment.“, antwortet der Junge. Während Alexander ihm über die Schulter schaut und ihm eine Strähne aus der Stirn streicht, öffnet er sein Buch. Sein Buch. Jedes Mal, wenn er sich das versucht vorzustellen, überkommt ihn ein wohliger Schauer. Seine Worte. Ja, es sind seine Worte…

„Danke, du bist ein Engel.“, flüstert er und drückt seinem Freund einen Kuss an die Wange, bevor er ihm das Buch zur Verwahrung in die Hände legt, um schließlich hinüber zu Gabriele zu gehen.

„Vergiss mein Geschenk an dich nicht!“, erinnert er Alexander noch und weist auf den kleinen Tisch hin, wo das Geschenk noch neben der Vase liegt.

Dann bleibt er kurz vor Wilhelm und Caroline stehen. „Ähm, ich…ich will mich für eben entschuldigen, das war…“

„Sehr du.“, beendet Wilhelm grinsend den Satz, „Alexander hat von deinem Temperament schon erzählt.“

Peinlich berührt lässt sich der Junge von einer mittlerweile ungeduldig gewordenen Gabriele zu ihr auf den Teppich ziehen.

Alexander schnappt sich das Geschenk, bevor er sich wieder an den Tisch setzt, wo auch Caroline und Wilhelm Platz nehmen.

„Hab ich das richtig verstanden? Heinrich schreibt Bücher?“, fragt Caroline interessiert nach.

„Ja, das hier durfte ich lesen und war so begeistert, dass ich es sofort Goethe vorbeigebracht hab.“

„Und der hat es gedruckt?!“, fragt Wilhelm begeistert und lässt sich besagtes Buch von seinem Bruder reichen. Ganz vorsichtig nimmt er es wie einen Schatz in die Hände und betrachtet es.

„Ja, wobei er erst gar nicht begeistert war. – Also, ich empfehl’s dir auch nicht wirklich, Caroline, ist nicht dein Geschmack.“

„Woher willst du bitte wissen, was ich für einen Geschmack hab, wenn es um Bücher geht?“, erwidert seine Schwägerin lachend empört.

„Schrecklich, was sie da für Sachen liest.“, mischt sich Wilhelm ein, „Dieses skandinavische Thriller-Krimi-Gemetzel da…und das als Bettlektüre!“

„Tja“, entgegnet Alexander mit einem fiesen Grinsen, „Du bist ihr anscheinend zu langweilig geworden.“

„Alexander…!“, ruft Caroline, doch im nächsten Moment muss sie kichern.

„Jetzt mach doch mal dein Geschenk auf.“, lenkt Wilhelm gekonnt ab.

„Oh. Ja.“ Prüfend drückt er auf das verpackte Objekt drauf.

Es ist weich.

Irgendein Kleidungsstück, vermutet er.

„Ähm, Heinrich?“

„Ja?“, kommt es von seinem Freund, und ein „Nicht bewegen!“, von seiner Stylistin alias Gabriele.

„Das Geschenk ist jugendfrei, ja?“

„Hihi, jaa, natürlich! Was traust du mir zu!“

Alexander muss lachen. „Ja, du unschuldiges Ding, was trau ich dir nur zu…“

Gut, jugendfrei, das heißt, er kann es vor Wilhelm und Caroline öffnen.

Zum Vorschein kommt ein Schal aus dunkelblauer Wolle, die fast ins Graue geht, und unglaublich weich ist.

„Selbstgestrickt?“, kommt es sofort von Caroline.

„Wieso selbstgestrickt?“, fragt Alexander verwirrt.

„Siehst du ein Schild? Außerdem sehen die Maschen aus der Maschine heutzutage nicht mehr so aus.“

„Selbstgestrickt?!?“, wiederholt Alexander erstaunt und dreht sich auf dem Stuhl herum.

Heinrich blickt ihn mit getuschten Wimpern und einem schon glitzernd-rosa bemalten Lid an. Er nickt schüchtern.

„Aaaw!“ Alexander wirft sich den Schal um, bevor er zu seinem Freund hinübereilt und ihn küsst und knuddelt und –

„D-die Schminke, Alex! P-pass – hihi, n-nicht…!“

Kichernd findet sich der Junge mit dem Rücken auf dem Teppich wieder, der Ältere über ihm.

Gabriele sitzt daneben und pustet ihre Backen auf. „Jetzt hast du ihm die Frisur total zerstört und das Rouge verwischt…!“
 

Als Heinrich zwei kleine Zöpfe hat und auch die Lippen in einem glitzernden zartrosa bestrichen sind, darf er sich wieder zu den Erwachsenen an den Tisch gesellen, die noch bei einem Glas Wein zusammensitzen und ihn mit einem skeptischen Blick bei sich begrüßen.

„Gabilein, es ist so langsam auch Zeit für dich, ins Bett zu gehen.“

„Och, Mamiii, ich will noch nicht…Kann ich nicht noch das Rapunzel-Spiel an meiner Wii ausprobieren?“

„Du hast ne Wii?!“, fragt Heinrich erstaunt.

„Siehst du Mami, Heinrich will auch!“

„Dazu habt ihr Morgen doch noch genug Zeit, mein Schatz.“

„Mmmh…“

„Wenn du jetzt ins Bett gehst“, fängt Heinrich an, „Dann kannst du länger deinen neuen Schlafanzug anhaben.“

„Oh! Ja!“, ruft da das Mädchen und hüpft erst ihrem Vater dann ihrer Mutter auf den Schoß, um ihnen einen Gutenachtkuss zu geben.

Heinrich bekommt auch einen.

„Gute Nacht!“

„Nacht, Gabi.“

„Darf Belcastel bei mir schlafen?“

„Lass ihn doch hier liegen, er schläft doch schon.“

„Neiiin, der ist doch noch wach. Stimmt’s Belcastel?“ Sie tatscht ihm auf den Kopf, was den Hund natürlich aufweckt. „Siehst du, er ist wach. Komm Belcastel, wir gehen hoch schlafen, komm!“

Alexander ist echt erstaunt, dass der Hund auch noch auf sie hört…
 

Die Erwachsenen sitzen noch eine gute Halbestunde beisammen, dann machen auch sie sich auf den Weg nach oben.

„Heinrich“, seufzt Caroline, „An dir ist echt ein süßes Mädchen verlorengegangen…“

Sein Freund nimmt ihn besitzergreifend in den Arm. „Na, darüber bin ich aber froh!“

„Alexander hat vorhin mit den Geschenken auch eure Sachen mit reingeholt.“, meint Wilhelm an den Jungen gewandt, „Wir haben sie in der Halle stehenlassen, nicht?“

„Ja, genau.“, antwortet Alexander, „Welches Zimmer sollen wir denn nehmen?“

„Ä-ähm, da Heinrichs Mutter ja jetzt doch nicht gekommen ist“, meldet sich Caroline zu Wort, „könntet ihr auch beide Gästezimmer haben!“

Alexander sieht sie zweifelnd an. „Das glaubst du ja wohl selbst nicht.“

Sie wendet sich räuspernd ab.

„Im zweiten Stock.“, antwortet ihm Wilhelm also, „Es sind beide eingerichtet, also sucht euch eins raus.“

„Okay.“

„Wo das Bad ist, weiß Alexander.“, fährt Wilhelm fort, „Caro, kannst du Heinrich was von deinen Abschminksachen leihen? Das wäre vielleicht praktisch.“

„Oh, ja…“, meint der Junge und fasst sich an die Wangen. Wäre ihm jetzt gar nicht mehr aufgefallen.

„Ich bring sie vorbei.“

„Gut.“

Man wünscht sich eine gute Nacht und trennt sich im ersten Stock.

Der obere Flur ist dunkel, aber Alexander findet noch wie von selbst den Lichtschalter. Er hat ihre Tasche über der Schulter und nimmt seinen Heinrich an die Hand.

Am ersten der Gästezimmer, das sie betreten, haben sie nichts auszusetzen, weshalb sie dieses nehmen.

Nachdem Heinrich sein Buch auf einem der Nachttische abgelegt hat, Alexander den Schal auf dem anderen, holen sie aus der Tasche ihre Schlafanzüge und Zahnbürsten heraus, um sich dann auf den Weg ins Bad zu machen.

Alexander ist gerade nackt, als es an die Tür klopft. Er zieht sich schnell seine Schlafanzughose an, bevor Heinrich öffnen kann.

Es ist Caroline, die ihm ein paar Abschminktücher reicht und ihnen noch einmal eine gute Nacht wünscht, ohne ihren Blick vom Boden zu heben.

„Darf man als verheiratete Frau keinen anderen nackten Oberkörper mehr ansehen als den vom eigenen Mann?“, fragt Heinrich etwas skeptisch, nachdem er die Tür wieder geschlossen hat und ans Waschbecken tritt.

„Sie hat mir wohl nicht zugetraut, dass ich überhaupt was anhab.“, lacht Alexander.

„Gibt es da etwa Begegnungen dieser Art in eurer Vergangenheit, über die ich Bescheid wissen sollte?“

„Ääähm…außer dass ich hier aus der Dusche nackt über den Flur in mein Zimmer gelaufen bin, als sie mir grad nen Tee bringen wollte, nein.“

Heinrich muss lachen. „Dann ist ja gut.“

Als er endlich die Schminke los ist und sich sicher, dass er sein schönes Top unbeschadet ausziehen kann, zieht auch er sich um.

Kaum hat er seinen Disney-Pyjama übergezogen, legen sich Alexanders Arme um ihn.

Mit einem Lächeln betrachten sie sich durch den Spiegel.

„Ich hab’s gespürt heute.“

„Hm?“

„Die Weihnachtsstimmung.“

Heinrich sieht ihn glücklich an. „Das ist schön…“

„Ja…“, stimmt ihm Alexander zu, während er seinen Hals küsst.

Der Junge schiebt ihn lachend von sich, um sich auch noch die Zähne zu putzen, bevor sie sich auf leisen Sohlen auf den Weg in ihr Zimmer machen.

Dort ist es ein wenig kühl, weshalb sie sich eng aneinander geschmiegt unter die Decke kuscheln.

Nach einer Weile und ein paar zärtlichen Küssen Alexanders gibt Heinrich ein Seufzen von sich, das ein wenig frustriert klingt.

„Was ist denn, mein Süßer?“

„Ich…“, nuschelt der Junge in die Halsbeuge des Älteren, während seine Hände über seine Brust streichen, „Jetzt hätte ich Lust…“

Schmunzelnd gibt ihm Alexander einen innigen Kuss. Heinrich schlingt seine Arme um seinen Hals und die Beine um seine Hüfte.

„A-aber wir können ja nicht hier…“

„Nein, nicht wenn wir uns grad so gut mit Caroline verstehen.“, gibt ihm Alexander Recht, hört aber nicht auf, ihn zu küssen, seinen Hals, seine Brust durch den Pyjama hindurch…

Als Alexander an seinem Bauch angekommen ist, hält ihn Heinrich dort fest und schließt die Augen. Der Atem des Älteren lässt ihn an der Stelle ganz warm werden.

„I-ich…Ich könnte das nicht, wie Jack und Haku…“

„Hm?“ Der warme Atem verschwindet, und Alexander sieht ihn stattdessen fragend an.

„N-na…, ein Kind zu akzeptieren, das du und eine Frau…“

„Mo-moment.“ Alexander rutscht wieder zu ihm hinauf und legt sich neben ihn aufs Kopfkissen. „Du fängst so eine Diskussion doch nicht ohne Grund an. Was ist los?“

Heinrich weicht seinem Blick aus. „Naja, Gabi meinte heute doch…vonwegen Nachwuchs und so…“

„Abgesehen davon, dass wir doch grad mal ein Jahr zusammen sind und ich nicht so wahnsinnig viel mit Kindern anfangen kann, könnten wir doch eines adoptieren.“

Heinrich schüttelt vehement den Kopf. „Ich will nicht irgendein Kind…ich will eines, in dem ich dich wiedererkenne, wenn ich es anschau, und mich!“

Erschüttert muss Alexander feststellen, dass sich Tränen in den Augen seines Freundes sammeln. „A-aber, Heinrich…! Du wirst doch wegen so was jetzt nicht weinen…“

Als der Junge aber nicht aufhören will, fährt er ihm zärtlich über die Wange und küsst ihm die Stirn.

„Meinst du nicht… – Stimmst du mir zu, dass ein Kind das Zeugnis der Liebe zweier Partner zueinander ist, ja?“

Heinrich nickt heftig.

„Dann…brauchen wir ein Kind?, eines aus Fleisch und Blut? Oder können wir unsere Liebe füreinander nicht anders bezeugen? Ich glaube, unsere Liebe ist inniger als die mancher Eltern, oder nicht, mein Schatz?“

Heinrich lässt sich die Tränen wegküssen. Eine Weile lang lässt er sich küssen, bis er lächeln kann.

„I-ich bin dir dankbar, dass du mich bei so einem lächerlichen Thema ernstnimmst…“

„Das ist kein lächerliches Thema.“, entgegnet Alexander und fährt ihm durch die Haare, „Als ich dich heute mit Gabi gesehen hab…, hab ich mich dafür geschämt der Grund dafür zu sein, dass du niemals Vater werden wirst. Du wärst nämlich ein toller Vater.“

„Aber doch nicht ohne dich…“, nuschelt der Junge und kuschelt sich an seine Brust.

„Wusstest du, dass Mäusemännchen schon Nachwuchs bekommen können, der nur aus ihrem Erbgut besteht?“

„E-echt?“

„Ja, sie brauchen nur eine Leihmutter, die das Kind austrägt.“

„Hm…aber so ne Schwangerschaft gehört doch dazu…“

Alexander küsst ihm lachend den Hals. „Du mit dickem Bauch?!“

„Jaaa…“

„Das kann ich mir nicht vorstellen.“

„Dann geb dir mal Mühe, vielleicht sieht du’s dann bald.“

„Weihnachtswunder, oder wie?“

„Genau…“

Heinrich verstummt, als der Ältere ihn küsst und sich wieder auf ihn schiebt.

Ein Klacken lässt die beiden plötzlich auseinanderschrecken.

„Ups! Ihr seid ja schon kräftig dabei, hihi.“, kommt es von Gabriele, die in ihrem Hannah-Montana-Schlafanzug und einem Kuscheltierhasen im Arm in der Tür steht, „Das ist gut so, dann will ich mal nicht weiter stören. Wollt euch sowieso nur den Schlafanzug zeigen.“

„H-halt!“, hält sie Heinrich davon ab, die Tür sofort wieder zu schließen, „W-wieso…wieso denkst du, dass wir zwei – ein Baby bekommen können? – Ich mein…wir sind beide– “

„Weil ihr euch so sehr lieb habt natürlich!“, ruft das Mädchen wie selbstverständlich, „Ist doch klar!“

Auf Heinrichs Lippen legt sich ein Lächeln.

Da taucht Caroline plötzlich im Flur auf. „Gabi! Gabi, was machst du denn?!“

Mit hochrotem Kopf erscheint sie in der Tür, wieder ohne aufzublicken nimmt sie ihre Tochter auf den Arm. „Entschuldigt.“, bringt sie heraus, bevor sie hastig die Tür schließt.

Es dauert eine Weile, dann müssen Alexander und Heinrich lachen.

Eng aneinander gekuschelt legen sie sich wieder aufs Kopfkissen.

„Hast du gehört“, fängt der Ältere an, „Sogar Gabi ist der Meinung, dass wir uns so sehr lieben, dass wir nur deshalb ein Kind bekommen könnten.“

„Ja, sie ist süß.“, antwortet Heinrich mit einem verträumten Lächeln.

Alexanders Augen weiten sich. „Nein! Die adoptier ich nicht!“

„Ooch, wieso nicht? Sie hat deine Augen.“

„Heinrich, du meinst das nicht ernst.“

Der Junge muss lachen. „Natürlich mein ich das nicht ernst.“ Er gibt seinem Freund einen zärtlichen Kuss. „Ich will ein Kind mit dir und sonst gar keins.“

„Und da das nicht geht…?“

„Haben wir erst mal nur uns.“

Alexander zieht ihn näher an sich. „Damit kann ich leben.“, flüstert er und schließt die Augen.
 

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Soo, geschafft! Ich bedank mich tausendmal für eure Geduld, die ihr regelmäßig bei mir an den Tag legen müsst! Und für eure Kommis, die Favos, das Lesen und eure Treue! Ihr seid toll X3 *euch knuddelt*

*hust* Verzeiht, das muss die "Weihnachtsstimmung" sein XD
 

Freut euch auf den nächsten Weihnachtsfeiertag mit Juliane und Michael und einigen weiteren Überraschungen! XD Ich hoffe doch, dass ich den bald hochladen kann^^'

Am Morgen des ersten Weihnachtsfeiertags weiß Heinrich im ersten Moment nicht, wie ihm geschieht. Fetzen eines Traums schwirren ihm im Kopf herum, ein Bauchnabel – wieso ein Bauchnabel? Apropos… Er spürt eine Last auf seinem Bauch, wie als wenn…

Gott, er ist schwanger!

…Nein, Alexander liegt mit seinem Kopf auf seinem Bauch.

Heinrich muss grinsen. Auch ein schönes Gefühl. Aber in seinem Traum, da war er definitiv schwanger. Von seinem Alex…

Er seufzt.

Alexander rührt sich ein wenig.

Wie eine schwangere Frau sich über den Bauch streicht, streicht er durch Alexanders Haare.

„Gut.“, meint der Junge und betrachtet seinen Freund, als wenn nur der es ihm verboten hätte, schwanger zu werden, „Wenn ich keine Frau sein kann, dann werd ich dir dein Mann sein. Aber so richtig Mann.“

Alexander grummelt etwas. Blinzelt. „Hm?“

Heinrich muss kichern.

Er räuspert sich. Nein, halt, Kichern ist unmännlich.

„Ich hab geträumt, dass ich schwanger bin.“

„Oh.“ Erstaunt, aber ebenso belustigt sieht Alexander zu ihm auf. „Von mir?“

„Von Wilhelm.“

„W-was?!?“

„Natürlich von dir!“

Erleichtert lässt der Ältere seinen Kopf wieder gegen seinen Bauch sinken, hinab auf Schneewittchens Kleid. „Hmm…so wie er gestern mit dir geflirtet hat, wär so ein Alptraum aber nicht verwunderlich gewesen…“, nuschelt er.

„Geflirtet?!?“, wiederholt Heinrich entsetzt, „Wann?!“

„Da im Salon mit deiner Schleife…“

Als Alexander von der Brust zu seinem Freund aufblickt, ist dieser knallrot im Gesicht.

„Was ist?“, fragt der Ältere.

„N-nichts.“

Alexander sieht ihn skeptisch an. „Was denkst du?“

Heinrich schüttelt den Kopf. „Quatsch!“ Er muss lachen. „Wie kommst du auf so was! Wilhelm ist nicht schwul.“

„Nein.“

„Und ich bin immer noch ein Mann!“

Auf Alexanders Gesicht legt sich ein Lächeln. „Stimmt.“, sagt er.

„S-stimmt?!? Das fällt dir jetzt wieder ein, weil ich‘s grad erwähn?!“

„Och, Heinrich…“, entgegnet sein Freund und wirft sich neben ihn auf die Matratze, um ihn auf sich zu ziehen.

Er küsst ihm den Hals und die Wangen. Reibt seine eigene Wange fast schnurrend an die schwarzen Koteletten des anderen. „Du bist sehr wohl ein Mann. Ein ganz bezaubernder Mann. …Ein Mann im Disney-Pyjama.“

Zur Strafe beißt ihm Heinrich in den Hals.

„Au!“

Lachend leckt ihm der Junge über die gerötete Stelle, bevor er sich dort festsaugt.

„H-Heinrich, nicht!“

Schmunzelnd bringt ihn Alexander von sich ab, indem er ihn wieder unter sich auf die Matratze rollt. „Lass das, wenn du Caroline nicht auf die Idee bringen willst, wir hätten unanständige Sachen in ihrem Gästebett getrieben.“

„Hihi, das denkt sie nach gestern Abend doch sowieso schon.“

„Pschh.“, kommt es da von Alexander und er richtet sich etwas auf.

Im nächsten Moment klopft es tatsächlich an die Tür.

„Ja?“

Die Tür geht auf und Wilhelm schaut ins Zimmer. „Guten Morgen, ihr beiden.“, wünscht er.

„Morgen.“, brummelt Alexander.

„Guten Morgen, Wilhelm!“, entgegnet Heinrich.

Alexander beobachtet misstrauisch den Blick seines Bruders, der sich noch um einiges aufhellt, als er zu dem Jungen wandert.

„Ein Disney-Schlafanzug…“

Heinrich läuft rot an, und Alexander zieht die Decke etwas höher.

„Ich dachte mir schon, dass die Geschenkidee für Gabi auf keinen Fall von meinem Bruder kommen konnte.“

Alexander bedenkt ihn mit einem mahnenden Blick, der so viel heißen soll wie „Verschwinde endlich wieder!“, aber Wilhelm bleibt in der Tür stehen.

„Gabi hat sich wirklich sehr darüber gefreut. Danke.“

„K-keine Ursache.“, entgegnet Heinrich ein wenig schüchtern.

Wilhelm muss lachen. „Da sahst so anders aus, im Theater in deinem Anzug.“

„Das, ähm…“

„Hey, pass auf was du sagst, Wilhelm.“

„Nein, das war keineswegs negativ gemeint!“, entgegnet Wilhelm rasch.

Lächelnd wendet er sich wieder dem Jungen zu. „Hat Alexander dir schon mal gesagt, dass er diese Vielseitigkeit an dir sehr liebt?“

Überfordert blickt Heinrich zu seinem Freund auf, der seinen Bruder entsetzt anstarrt – zu Heinrichs Entzücken mit geröteten Wangen.

„Ja“, antwortet er leise und schmiegt sich mit einem Lächeln etwas näher an Alexander, „das hat er.“

Wilhelm schenkt ihnen beiden ein Grinsen. „Manchmal hab ich das Gefühl, dass mein Bruder dich gar nicht verdient hat.“, meint er, bevor er wieder nach der Türklinke greift, „In einer halben Stunde gibt’s Frühstück.“

Als die Tür wieder geschlossen ist, gibt Alexander ein Schnauben von sich.

„Er hat’s schon wieder getan.“, grummelt er.

Aber Heinrich hört ihm nicht zu, sondern schnurrt nur an seiner Brust.

„Oh, Alex, du hast so eine nette Familie…ich bin so froh, dass sie mich einigermaßen mögen.“

„Einigermaßen?!?“

Da springt plötzlich die Tür erneut auf und eine Gabriele mit offenen Haaren und immer noch in ihrem Hannah-Montana-Schlafanzug stürmt den Raum.

„Heinriiiiiiiiich!!“, ruft sie und wirft sich dem Jungen in die Arme, „Bist du jetzt schwanger, ja? Bist du jetzt schwanger?“

„Gabi!“, kommt es von Caroline, die draußen den Gang entlangrennt.

Alexander lässt sich seufzend zurück in die Kissen fallen.

Gabriele und Heinrich tun es ihm gleich.

„Awwww, Schneewittchen!“

„Jaha, aber ich hab auch einen von Ariel und einen von den Aristocats.“

„Uhhh, kannst du mir einen mit nem hübschen Prinzen drauf zu Ostern schenken?!“

„Gabi!“ Eine entsetzte Caroline erscheint in der Tür und bedeutet ihrer Tochter, schnellstmöglich zu ihr zu kommen.

Lachend nimmt Alexander die Kleine in den Arm. „Sie ist ein Mädchen, Caro. Was soll da passieren?“

„D-du…!“

„Einen wunderschönen guten Morgen, Caroline!“, wünscht Heinrich der Hausherrin mit einem überschwänglich freudigen Grinsen, „Wir bringen Gabi dann mit zum Frühstück.“

„O-okay…“, bringt sie heraus und schließt zögerlich die Tür.

„Heinrich kann zaubern!“, ruft das Mädchen freudig und klatscht in die Hände, wobei sie ihrem Onkel die Ellenbogen in den Bauch rammt, „Er hat Onkel Alex verzaubert und jetzt verzaubert er auch noch Papa und Mama!“

Heinrich lächelt sie beschämt an.

„Und was ist mit dir?“, fragt Alexander neckend.

Sie quiekt auf, als er ihr in die Seite zwickt.

„Hat er dich auch schon verzaubert, ja? Hat er dich auch schon verzaubert?“

Kichernd versucht Gabriele seiner Kitzelattacke zu entkommen und flüchtet sich schließlich zu Heinrich, den sie ihrem Onkel in die Arme schubst. „Neues Kitzelopfer!“, ruft sie und zwickt Heinrich in den Hintern.

Alexander braucht sich das nicht zweimal sagen zu lassen und stürzt sich auf seinen Freund.

Lachend und um Gnade flehend wird Heinrich von den beiden anderen auf der Matratze vergraben, doch sie hören erst auf, als Gabriele genug hat.

Blinzelnd sieht sie zu ihrem Onkel auf. „Bist du auch kitzlig?“

Alexanders Augen weiten sich, doch da ist es schon zu spät.
 

Während Alexander ins Bad ist, liegen Heinrich und Gabriele noch im Bett. Nicht lange, denn da beschließt das Mädchen, spicken zu gehen.

Sie zieht Heinrich mit sich auf den Flur, schleicht sich auf leisen Sohlen an und beugt sich hinab zum Schlüsselloch.

„Und?“, flüstert Heinrich, „Siehst du was?“

„Ich glaub, er duscht.“

„Super, das hört man ja auch.“

„Dann schau du doch!“

Gerade als Heinrich sich zum Schlüsselloch hinabbeugt, wird die Tür aufgerissen.

Schmunzelnd sieht Alexander auf seinen knallrot angelaufenen Freund hinab, nur ein Handtuch um der Hüfte; in der Dusche läuft schon das Wasser.

„Na?“

„Ä-äh, das war Gabis Idee!“

Der Ältere schüttelt den Kopf. „Also wirklich, Heinrich, und es dann noch aufs unschuldige, kleine Kind schieben.“

Gabriele nickt heftig.

Alexander gibt dem Jungen einen Kuss, der ihn dem Älteren sofort ins Bad folgen lassen will, doch sein Freund schmeißt mit einem gehässigen Lachen rasch wieder die Tür vor seinem Gesicht zu.

„Hihi, das nenn ich ne Abfuhr.“, kommt es von Gabriele.

Heinrich sieht sie warnend an.

„Ooh, tut mir ja Leid für dich, es war nicht so gemeint.“, korrigiert sich Gabriele sofort und nimmt ihn am Arm, „Lass uns in mein Bad gehen!“
 

Heinrich ist weniger darüber erstaunt, dass Gabriele ein eigenes Bad besitzt, vielmehr darüber, dass es nicht rosa gefliest ist. Das Babyblau und Weiß ist sogar erträglich.

„Du kannst gern duschen, ich zieh mich nur um.“, meint die Kleine und läuft zum Waschbecken, „Siehst du, die Dusche hat auch so ein Milchglas, dann kann ich dir nix abkucken.“ Sie wirft ihm ein schelmisches Grinsen zu.

„Äh, okay.“, meint er und zieht sich etwas zögerlich das Oberteil über den Kopf.

Gabriele blinzelt ihn begeistert an.

„Ähm, wenn du dich vielleicht…Deine Mutter hat das bestimmt nicht gerne.“

„Oh, ja!“, scheint es dem Mädchen da wieder brühendheiß einzufallen, „Mami hat ja gemeint, nackte Männer sind erst was für mich, wenn ich achtzehn bin!“ Sofort schließt sie ihre Augen und bedeckt sie mit ihren Händen.

Als Heinrich an seinen Hosenbund greift, zuckt ihr kleiner Finger nach oben und sie spickt hervor.

„Was?“

„Fällst du überhaupt unter die Kategorie Mann?“

Heinrich atmet frustriert aus.

„Hihi, war nicht ernst gemeint.“, meint sie und wendet sich ab.

Der Junge dreht sich ebenfalls um, bevor er sich auszieht, und schaut, dass er rasch die Duschtür hinter sich schließt.

„Entzückender Hintern!“, ruft Gabriele kichernd.

„Du Schlingel!“, entgegnet Heinrich, bevor er das Wasser anstellt. Er muss die Duschbrause etwas nach oben schieben.

Was er jedoch nicht bedacht hat: Sowohl Shampoo als auch Duschgel beinhalten eine Mischung aus Rosen- und Kokosduft.

Er stößt einen weiteren frustrierten Seufzer aus.
 

So wunderbar duftend erscheint Heinrich zum Frühstück, was Caroline positiv überrascht, Wilhelm entzückt und Alexander…sehr amüsiert. Erst findet das Heinrich gar nicht lustig, aber als er merkt, dass Alexander die Spötteleien nur dazu nutzt, ein anderes Bedürfnis zu überspielen, das sich darin äußert, dass er ihm ab und zu durch die Haare fährt, den Nacken küsst oder ihm eine Hand auf den Oberschenkel schiebt.

„Beim Mittagessen sitzen wir wieder wie gestern Abend.“, beschließt Caroline mit finsterem Blick.

Alexander grinst sie an. „Du solltest dich nicht beschweren, sondern auch mal die Situation nutzen.“

Sie sieht ihn empört an, doch Wilhelm lacht nur und gibt ihr einen Kuss auf die Wange.

Gabi quietscht erfreut auf.
 

Nach dem Frühstück reißt sie ihren Heinrich sofort mit sich ins Nebenzimmer, wo ein paar Bücherregale stehen, eine große gläserne Schiebetür hinaus in den verschneiten Garten führt, und vor allem sich das elektronische Aufgebot des Hauses versammelt. Große Lautsprecherboxen stehen neben dem Fernseher, an den Gabrieles Wii angeschlossen ist.

„So, jetzt spielen wir Rapunzel!“

„Auja!“

„Ich will aber Flynn sein, du bist die Rapunzel!“

Der nächste frustrierte Seufzer entweicht dem Jungen heute. Das Mann-sein muss er wohl erst mal verschieben…
 

Während Caroline in der Küche schon alles fürs Mittagessen vorbereitet, unterhalten sich Alexander und Wilhelm ein wenig über dies und das. Immer wieder kommen sie auf Heinrich zu sprechen.

„Ich glaub, sein Buch muss ich mir gleich nach Weihnachten zulegen.“, meint der Ältere, „Und das waren wirklich Schillers Worte?“

Alexander zuckt mit den Schultern. „Keine Ahnung, ich war nicht dabei. Aber sonst würde es Goethe ja nicht so schreiben.“

„Das stimmt.“

Alexander nickt. „Ähm...“, fängt er schließlich vorsichtig an, „Weißt du Genaueres, was es mit der Beziehung der beiden auf sich hat?“

Wilhelm sieht ihn erstaunt an. „Solltest du das als Philosoph nicht– “

„Jaja, ich weiß.“, unterbricht ihn sein Bruder, „Aber…sie wohnen jetzt zusammen und…Hat Schiller nicht einen ungeheuren Einfluss auf Goethe?“

Der Ältere muss lachen. „Wenn dein Heinrich mich fragt, ob ich Eggebrecht nicht rausschmeißen kann, dann mach ich das auch sofort für ihn. Ohne dass dazu irgendeine, gar körperliche Gegenleistung nötig ist.“

Alexander zieht die Augenbrauen zusammen. „Na, das hoff ich aber für dich! – U-und für ihn würdest du Eggebrecht entlassen?!? Ich hab dich schon tausendmal darum geben!“

Wilhelm muss erneut lachen. „Ich hab dich ja auch lieb, mein Brüderchen.“

„Aber nicht so lieb wie meinen Freund. Das sollte mir Sorgen bereiten.“

Der Ältere seufzt. „Schiller ist eben eine beeindruckende Persönlichkeit. Und wenn seine ganze Aufmerksamkeit nur dir gehört, du weißt, dass er dich…verehrt!, dann kannst du nur „Ja und Amen“ sagen, auch wenn du Goethe heißt und von Natur aus ein alter Sturkopf bist.“

„Ein genialer Sturkopf.“, ergänzt Alexander.

„Ja, gut, das muss man ihm lassen.“, gibt Wilhelm zu, „Aber du konntest ja schon immer mehr mit ihm anfangen, als ich.“

„Und du mehr mit Schiller.“

Wilhelm nickt schwärmerisch. „Er war ein traumhafter Dozent…Inhaltlich konnte er den Studenten erzählen, dass das Gras grün ist, und doch hat er es unglaublich spannend und fesselnd rübergebracht.“

„Heinrich steht auf seine Haare.“

„Was?“ Amüsiert blickt Wilhelm seinen schmollenden Bruder an, „Haha, das glaub ich nicht!“

„Ist so, hör auf zu lachen.“

„Jetzt weißt du ja, was du zu tun hast: Lass dir die Haare wachsen!“

„Jaja, wie lustig…“

Die beiden werden glücklicherweise durch das Läuten an der Haustür unterbrochen.

„Micha?“

„Ich nehm’s mal an.“
 

„Ui!“

Lynn stürzt vom Fenster der Burg ab, als Gabriele den Controller wegwirft und aufspringt.

„Kommt jetzt deine Mami?!“

„Ich hoffe doch.“, meint Heinrich mit einem Grinsen.

Die Kleine reißt ihn am Arm hoch und schleift ihn mit sich in den Salon, wo Alexander und Wilhelm schon warten und ihnen Caroline entgegenkommt, Juliane und Michael hereinführend: Er wie Alexander und Wilhelm im Anzug (im Gegensatz zu Alexander jedoch mit Krawatte), sie in einem eleganten Cocktailkleid (in der passenden karminroten Farbe zu Michaels Krawatte, was Heinrich ganz entzückend findet).

Der Junge macht sich von Gabriele los und fällt seiner Mutter um den Hals. „Frohe Weihnachten, Mama!“, wünscht er ihr.

„Dir auch, mein Schatz.“, meint sie und küsst ihm die Stirn, „Hm, du riechst nach Kokos.“

„Ignorier das bitte.“

Sie nickt. „Ich hoffe, du bist mir nicht böse, dass ich gestern nicht bei dir sein konnte.“

„Neiin, Familie Humboldt war ganz reizend nett zu mir!“

Sie muss fröhlich lachen, bevor sie von Wilhelm begrüßt wird, während auch Alexander und Michael sich die Hand reichen.

Heinrich darf als letzter den Freund seiner Mutter drücken und ihm Frohe Weihnachten wünschen. „Na? Hast du dich so langsam wieder beruhigt?“, fragt er schmunzelnd.

Michael muss lachen. „Nicht so wirklich, aber ich hoffe, ich bin weniger hysterisch geworden… Na!“, meint er, an Gabriele gerichtet, „Wen haben wir denn hier?“

„Sie sehen wunderschön aus, das Kleid ist bezaubernd!“, wendet sich Caroline derweil an Juliane.

Diese läuft rot an. „Oh, d-danke. Noch kann ich es ja tragen.“

Caroline sieht sie fragend an. „Wie meinen Sie das?“

Ihr Gegenüber lächelt sie glücklich an. „Ich bin schwanger.“

„Nein!“

Juliane erschrickt etwas, als die Hausherrin sie plötzlich an der Hand nimmt. „Wie entzückend! Aber dann setzen Sie sich doch, meine Liebe. – Oder, nein, wir gehen hinüber ins Esszimmer. Soll ich Ihnen gleich ein Glas Wasser einschenken?“

„N-nicht doch. Keine Sorge, ich melde mich schon, wenn etwas ist.“, versichert ihr Juliane.

Michael, der gerade von Gabriele abgewiesen wurde, da ihm weder Fabio der Fisch, noch König Triton was gesagt haben, nimmt seine Freundin an die Hand. „Das ist lieb von Ihnen, Caroline, aber ich bin meiner Frau schon besorgt genug.“ Schmunzelnd sieht er Juliane an, die ihm ein verliebtes Lächeln schenkt.

„Oh.“, kommt es da sofort von der aufmerksamen Gastgeberin, „Sie sind schon verheiratet?“

Die zwei Angesprochenen sehen sich überrumpelt an.

„Ähm, nein“, beginnt Michael und sieht in die Runde, die ihn erwartungsvoll anblickt, und wieder zu Juliane.

Diese nickt ihm lächelnd zu und hakt sich bei ihm ein.

„Naja“, fängt Michael also wieder an, „Wir wollten es zwar erst verkünden, wenn wieder etwas Ruhe eingekehrt ist, aber…wir werden nächstes Frühjahr heiraten.“

„Oh, herzlichen Glückwunsch!“, ruft Caroline.

Wilhelm und Alexander lächeln sich nur an.

„Da-da-da-d-du-w-wa – !!!“, kommt es von Heinrich.

Seine Mutter sieht ihn besorgt an.

Schließlich schmeißt er sich ihr heute ein weiteres Mal um den Hals. „Mamaaaa! Wie glücklich du sein musst! Das ist ja - ! Wann hat er dir den Antrag gemacht?! Wie war’s?! Du musst mir alles erzählen!“

„Eine Hochzeit!“, ruft Gabriele und tut es Heinrich gleich, was das Herumspringen im Zimmer angeht, „Papi, darf ich da auch dabei sein?! Ich wollt schon immer auf eine echte Hochzeit! Bitte, Papa!“

Wilhelm fährt ihr lachend übers Haar. „Aber Gabi, das kann ich doch nicht entscheiden, zu einer Hochzeit wird man vom Brautpaar eingeladen.“

„Du bist natürlich eingeladen.“, meint Juliane amüsiert, woraufhin das Mädchen nach einem „Ui, toll!“ einen Knicks vor ihr macht.

Während Heinrich noch immer auf seine Mutter einredet, was sie ihm alles erzählen muss, bemerkt Wilhelm, dass Alexander schon hinüber ins Esszimmer ist und fordert die anderen Gäste auf, ihm zu folgen.

Nachdem Juliane so wie Heinrich am Tag zuvor ihre Begeisterung über die Dekoration und den Weihnachtsbaum kundgetan hat, nehmen sie am Tisch Platz, die Partner sich wieder jeweils gegenüber, nur Gabriele setzt sich dieses Mal freiwillig ans Ende der Tafel, da Heinrich sie damit erfolgreich überredet hat, dass nur dort der Platz für eine richtige Disney-Prinzessin sei.

„Habt ihr schon Hunger?“, fragt Caroline, „Das Essen wäre fertig.“

„Oh, soll ich Ihnen helfen?“, bietet sich Juliane an und erhebt sich schon wieder gleich.

„Nein, meine Liebe, Sie bleiben sitzen. Alexander ist so nett und hilft mir.“

„Achja.“, gibt dieser schmunzelnd von sich, bevor er betont gequält aufsteht und ihr hinausfolgt.

„Ich hole soeben die Getränke.“, entschuldigt sich Wilhelm.

„Also, jetzt erzähl mal!“, kommt Heinrich wieder zum Thema zurück, denn für ihn gibt es im Moment kein anderes.

„Also“, beginnt Juliane, jetzt schon mit einem breiten freudigen Lächeln auf den Lippen, „Gestern hat er mir ein kleines Päckchen zu Weihnachten geschenkt. Ich hab vermutet, dass es Ohrringe sind, aber mich hat es so verwirrt, dass seine Eltern plötzlich alles stehen und liegen gelassen haben, um mir zuzuschauen. – Oh, Heinrich, die Familie Haas ist sowieso so wunderbar niedlich! Ich musste weinen, so rührend haben sie mich behandelt!“

Schmunzelnd lässt sich der Junge die Hände von seiner Mutter drücken.

„Aw, die muss ich dann aber auch mal kennenlernen.“, meint er an Michael gewandt.

Der lacht nur. „Naja, sie sind schon lieb. Aber sehr skeptisch – mein Vater war ja auch Jurist, deshalb wägt er alles erst tausendmal ab, bevor er eine Entscheidung trifft. Deshalb hat’s mich ja so gefreut, dass sie von Grund auf gleich von deiner Mutter begeistert waren.“ Liebevoll lächelnd streckt er ihr seine Hände über den Tisch hinweg entgegen, und Juliane kann ihre linke Hand für ihn entbehren.

„Ich hätte damals auf meine Eltern hören sollen, als sie mir von der ersten Ehe abgeraten haben. Sie haben immer Recht.“

„Dann bin ich ja beruhigt, dass sie mich mögen.“, meint Juliane mit einem Kichern, da bemerkt sie, das ihr Sohn den Ring an ihrer Hand entdeckt hat.

„D-den hat er dir…??“

Sie nickt beschämt. „Ja, es waren doch keine Ohrringe. Es war eine Schatulle, und als ich die aufgemacht hab…Ich wär beinahe in Ohnmacht gefallen, wusste nicht, wie mir geschieht, was das jetzt bedeutet…“

„Natürlich, dass er sich mit dir verloben will!“, kommt es von Gabriele, die, um besser lauschen zu können, sich auf ihren Stuhl gekniet hat und mit funkelnden Augen das Gespräch verfolgt.

Alle Anwesenden müssen lachen.

„Ja“, meint Juliane schließlich, „Er hat mir mein Geschenk aus der Hand genommen und ist vor mir auf die Knie gegangen.“

Heinrich und Gabriele fangen beide an, begeistert zu quietschen.

„Und dann hat er mich gefragt, ob ich ihn heiraten will.“

„Und du hast Ja gesagt!“, ruft Gabriele begeistert.

„Ja“, wiederholt Juliane und sieht ihren zukünftigen Ehemann liebevoll an, „Und seine Eltern waren ganz aus dem Häuschen.“

Michael muss lachen.

Da kommen Alexander und Caroline wieder und bringen Schalen und eine Fleischplatte mit.

Wilhelm gießt ihnen Wein ein, Juliane und Gabriele bekommen Wasser.

Es wird sich einen guten Appetit gewünscht, dann ist es nach den ersten Komplimenten an die Köchin ruhig.

„Es herrscht gefräßiges Schweigen.“, kommt es irgendwann von Gabriele.

„Gabi!“, zischt Caroline entrüstet.

Die anderen lachen.

„Ooh, Mama!“, fällt es da Heinrich ein, „Ich muss dir erzählen, was Alex mir zu Weihnachten geschenkt hat!“

„Oh, was denn?“, fragt die Mutter ihren Sohn, der mit einem breiten Grinsen neben ihr sitzt.

„Ein Buch! – A-also, mein Buch!“

Dein Buch?“

„Ich hab’s hier!“, ruft Gabriele und springt auf, um hinüber zum Kamin zu rennen.

„W-was?!?“, kommt es entsetzt von Heinrich.

„Ich hab’s bei dir am Bett liegen sehen und wollt’s lesen. Ich war auch ganz vorsichtig damit!“, beteuert die Kleine und reicht es dem Jungen.

Der wischt sich die Finger an seiner Serviette ab, bevor er es entgegennimmt und seiner Mutter zeigt.

Die bekommt große Augen.

„I-ist das echt?!?“

Heinrich nickt heftig.

Michael wer?“, kommt es skeptisch von Michael.

Alexander klopft ihm lachend auf die Schulter. „Keine Sorge, ich komm auch drin vor.“

„W-was?!“ Schnell lässt sich der Anwalt das Buch von seiner Frau reichen. „Kohlhaas?!?“ Er muss lachen. „Wie kommst du denn darauf?“

„So heißt doch der Ort hier in der Nähe von Berlin…“, gibt Heinrich kleinlaut von sich, „I-ist das nicht gut…? Hätte ich Haas genommen, hättest du mich doch verklagen können.“

Michael muss lachen, und Juliane fährt ihrem Sohn gutmütig durch die Haare. „Nein, Heinrich, das hast du ganz toll gemacht.“

„Das möchte ich meinen.“, kommt es von Wilhelm, „Goetheverlag.“

„Echt?!? – D-darf ich mal reinschauen?“, fragt Michael.

„Nein, ich zuerst!“, ruft Juliane und fordert es wieder zurück.

„Aber erst sollten wir vielleicht fertigessen, sonst wird alles noch kalt.“, erinnert Alexander, „Und das wäre ja schade.“ Er wirft Caroline ein Grinsen zu, das diese nicht ganz deuten kann.

Sie erwidert es aber mit einem amüsierten Schnauben.

Nach dem Essen, nachdem auch der Tisch abgeräumt ist, nimmt sich Juliane wieder Heinrichs Buch vor.

Sie liest den ersten Satz.

An den Ufern der Havel lebte, um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts, ein Rosshändler, namens Michael Kohlhaas, Sohn eines Schulmeisters, einer der rechtschaffensten zugleich und entsetzlichsten Menschen seiner Zeit.

„...steht das „zugleich“ nicht an falscher Stelle?“

Heinrich sieht sie ungläubig an. „Mama! Dein Sohn hat ein Buch rausgebracht, das man überall kaufen kann, und du hast so was zu beanstanden!“

Sie knuddelt ihn lachend.

Diese Gelegenheit nutzt Michael, ihr das Buch abzunehmen.

Er blättert vorsichtig etwas durch die Seiten.

„Da.“, hält ihn Alexander an und deutet auf die Zeile, in der das erste Mal der Name Meister Himboldt vorkommt, „Hier tauch ich auf.“

„Aleeex! Die Stelle ist peinlich, lass das!“

Sofort ist Gabriele ganz Ohr. „Hm?! Wieso denn das, Heinrich? Was passiert da? Hm?“

„Nichts, Gabi.“, versucht sie Caroline zu beruhigen.

„Oh.“, kommt es plötzlich wieder von Michael, „Und Heinrich selbst kommt auch vor.“ Grinsend sieht er zu dem Jungen hinüber. „Die Söhne von Kohlhaas, wie süß. Heinrich und Leopold.“

„Tatsächlich?“, ruft Juliane und sieht ihren Sohn freudig an, „W-weißt du, dass ich dich am liebsten Leopold genannt hätte?“

Heinrich sieht sie erstaunt an. Dann schüttelt er schmunzelnd den Kopf. „Nein, ich…ich weiß ja, dass Opa Kleist ach Heinrich hieß, und…dein Vater hieß eben Leopold.“

Juliane nickt gerührt.

„Leopold ist ein schöner Name, wieso habt ihr ihn so nicht genannt?“, meint Michael.

„Weil Joachim sich natürlich durchsetzen musste.“, entgegnet Juliane.

„Weil Heinrich ein wunderschöner Name ist.“

Überrascht sieht der Angesprochene zu Alexander auf, der über den Tisch hinweg nach seinen Händen gegriffen hat und ihn liebevoll anlächelt.

Er wird rot.

Lässt sich von einem schmunzelnden Alexander die Hände auch noch küssen.

Gabriele ist hin und weg.

„Ich hätte dich ja jetzt auf die Geschenke unterm Weihnachtsbaum aufmerksam gemacht, mein Schatz“, fängt Juliane vorsichtig an, „aber…“

„Ui, was?!“, ruft Heinrich freudig, und Alexander muss ihn leider entbehren, als er mit Gabriele zusammen aufspringt.

„Für euch liegt aber auch was drunter.“, macht Alexander Michael und Juliane aufmerksam.

„Echt?“, entgegnet sein ehemaliger Studienkollege.

„Jap, schau nach.“, fordert ihn Alexander auf.

Michael grinst ihn an. „Dann gehen wir mal zusammen schauen, was hältst du davon?“

Während die beiden aufstehen, schreit Gabriele schon begeistert los.

Heinrich ist einen Moment enttäuscht, dass seine Mutter der Kleinen die riesige Freude gemacht hat, Besitzerin einer Disney-DVD zum neuen Kinofilm „Rapunzel“ zu sein, da stellt er fest, dass sich unter seinem Geschenkpapier eine ganze Disney-DVD-Sammlung verbirgt.

„OhmeinGott! Das ist ja…! Aww, Mama, du bist so süß!“

Juliane lacht, als ihr Sohn sie umarmt. „Schämst du dich nicht? Du bist einundzwanzig.“, lacht sie.

„Wer hat mir das denn geschenkt, hm?!“, kontert er.

Derweil sind Michael und Alexander mit ihren Geschenken zurück an den Tisch gekehrt.

„Das ist für uns beide.“, meint Michael und schiebt es seiner Frau hinüber, „Du darfst es aufmachen.“

Freudig öffnet Juliane das weiche Päckchen und muss freudig kichern, als ihr ein Stofftierhase entgegenkommt. „Ohh, sag bloß, das ist für unseren Nachwuchs?“

„Nein, mein Schatz, der ist bestimmt für mich.“, lacht Michael.

Der ist für dich.“, kontert Juliane und hält ihm den Pandabären-Strampelanzug entgegen.

Ihr Mann blickt das Kleidungsstück einen Moment geschockt an, bevor er wieder ins Lachen ausbricht. „Na, da haben wir dem Baby ja zwei Paten mit unübertrefflichem Geschmack ausgesucht.“

„W-wie?!?“, ruft Heinrich, „Wir dürfen die Taufpaten sein?!“

Juliane lächelt ihn nickend an.

Während Heinrich weiter freudig durch den Raum tänzelt, packt nun auch Alexander sein Geschenk aus.

„Oh. Das ist ja…“ Begeistert betrachtet er die weite Landschaft, die auf dem Cover des Bildbands abgedruckt ist, „Südamerika.“

„Jap, weil du nie Fotos machen wolltest und dich zuhause immer beschwerst, dass du welche hättest machen sollen.“

Alexander muss lachen. „Das ist lieb.“

Als es eine Weile ruhig ist, meldet sich Caroline zu Wort. „Wer ist schon bereit für ein Stück Kuchen?“

„Aujaaa!“, ruft Gabriele.

Die anderen kommen gerade noch dazu, zuzustimmen, da klingelt es plötzlich.

„Oh.“, meint Wilhelm, „Erwarten wir noch jemanden?“

Caroline erwidert die erstaunten Blicke. „Nicht dass ich wüsste.“, antwortet sie, macht sich aber nichtsdestotrotz auf den Weg zur Tür.

Dort stehen ihr zwei Frauen gegenüber, die kleinere hat irgendwie eine gewisse Ähnlichkeit mit Heinrich, die größere hat rote Locken und blickt sie ängstlich an.

„Ähm, Frohe Weihnachten.“, kommt es von der Kleineren.

„D-danke, Ihnen auch. Kann man Ihnen helfen?“

„Mein Bruder – also, Heinrich, der müsste hier sein. Ich will auch nicht länger stören, ihm nur mal kurz Frohe Weihnachten wünschen.“

„Und Alex auch!“, erinnert sie die Rothaarige, die sich an ihrem Arm festhält.

„Irgendwie niedlich.“, denkt Caroline und muss an sich und ihre wahnsinnig verschüchterte Schulfreundin von früher denken.

„Gut“, meint sie schließlich, „Dann kommen Sie doch rein.“

Die beiden Frauen treten ein, nachdem sie sich ihre Schuhe auch ja oft genug auf der Matte abgestrichen haben.

„Und anständig sind sie auch noch.“, stellt Caroline fest.

Nachdem sie den beiden gezeigt hat, wo sie ihre Jacken aufhängen können, führt sie sie ins Esszimmer.

Dort ist man nicht wenig überrascht über den unangekündigten Besuch.

„U-Ulli?!?“ Heinrich braucht einen Moment, bis er sich gefasst hat, dann stürmt er seiner Schwester entgegen, um sie fest zu drücken.

„Frohe Weihnachten, Schwesterherz!“

„Frohe Weihnachten mein kleines Brüderchen. – Wieso riechst du nach Kokos?“

Heinrich übergeht ihre Frage und wendet sich ihrer Freundin zu.

„Dir auch Frohe Weihnachten, Nicole! Das ist ja ne schöne Überraschung, dass ihr hier vorbeischneit.“

Die Rothaarige lässt sich schüchtern drücken, bevor sie ihm das Geschenk überreicht: Ein sorgfältig mit Herzchen verzierter Briefumschlag und eine Packung Kekse.

„Oh, wir haben auch ein Geschenk für euch! Alex, holst du das schnell aus dem Auto?“

„Bin schon unterwegs.“, antwortet sein Freund, tatsächlich schon in der Tür.

Heinrich wendet sich zur Familie Humboldt, seiner Mutter und Michael um. „Ähm, das ist Ulrike, meine Schwester, und ihre Freundin.“

Caroline nickt gerührt. Ja, dass die beiden gute Freundinnen sind, das ist ihr schon aufgefallen.

„Das ist meine Mutter, das ist ihr Mann, und das sind Herr und Frau Humboldt und ihre Tochter Gabriele.“

„Hi.“ Überrascht sehen die beiden Frauen zu der Kleinen hinab, die sich vor ihnen aufgebaut hat und skeptisch zu Ulrike aufblickt. „Du siehst ja gar nicht so süß aus, wie dein Bruder.“

„Dooch!“, kommt es von Nicole und sie nimmt ihre Freundin in den Arm, „Ulli kann auch süß sein.“

„N-Nicole…!“, versucht sich Ulrike zu wehren, der das Ganze sichtlich unangenehm ist.

Da kommt Alexander mit einer Tüte wieder, in der die restlichen Geschenke sind, und reicht sie Heinrich, damit der die richtigen heraussuchen kann.

„Euch beiden von mir endlich auch Frohe Weihnachten.“, wünscht er den zwei Frauen und zögert kurz, ob er sie umarmen soll, aber da Nicole ihn zu sich zieht, muss auch Ulrike eine Umarmung über sich ergehen lassen.

„Setzten Sie sich doch.“, meint Caroline und verweist auf das Ende der Tafel, wo noch drei Plätze frei sind.

„Oh, ähm, wir wollen nicht stören.“, entgegnet Ulrike.

„Ach was, bleibt doch noch zum Kaffee. Es ist genug Kuchen da.“

„Naja…“

Heinrich schiebt die beiden lachend hinüber zum Tisch.

Ulrike und Juliane umarmen sich noch, bevor man also wieder Platz nimmt.

Die beiden Neuzugänge sitzen ein wenig unschlüssig vor ihren Geschenken und sehen unsicher in die Runde.

„Na, los!“, ruft Gabriele, „Macht schon auf!“

Als ihnen noch ein paar ermunternde Blicke zugeworfen werden, machen sie sich also daran, ihre Geschenke zu öffnen.

Plötzlich fällt es Heinrich wieder ein. „Ä-ähm…“, beginnt er nervös, „Caroline, wir können doch schon mal die Kuchen in der Küche schneiden und Kaffee kochen, oder?“

„Oh, ähm, wenn du mir dabei helfen willst, gerne.“, antwortet sie und sie erheben sich.

Als Nicole ihr Geschenk nur einige Sekunden später in den Händen hält, fällt es auch Alexander wieder ein, wieso das keine schlechte Idee war, Caroline aus dem Raum zu lotsen.

Nicole, jedenfalls, läuft rot an. „Oh.“

Ulrikes Augen beginnen zu leuchten, als sie die Netzstrumpfhose erblickt. „Die ist ja geil!“

„Nur Berufskleidung.“, kommt es von Alexander mit einem Zwinkern.

„Jaja, genauso wie das Bunny-Kostüm.“, kontert Ulrike und streckt ihm die Zunge raus.

„Aha“, gibt Wilhelm amüsiert von sich und beäugt seinen Bruder interessiert.

„Um was geht’s???“, will Gabriele wissen.

„Um ein Hasenkostüm.“, antwortet ihr Juliane, „Für Fastnacht. Mit süßem Schwänzchen.“

„Awwww!“

„Und…die CD?“ Ulrike verzieht die Augenbrauen. „Weiß Heinrich nicht, dass das gar nicht mein Musikgeschmack ist?“

„Aufklappen.“, entgegnet Alexander.

Als sie die „Bedienungsanleitung“ liest, macht es bei ihr „Klick“. „Aaaah…das ist sehr praktisch.“, lacht sie und reicht die CD ihrer Freundin hinüber.

Als Heinrich und Caroline wieder mit den ersten Kuchenplatten und Tellern kommen, hat Nicole ihr Geschenk schon in ihrer Tasche versteckt und Ulrike auch die Alarmsirene ausgepackt. Hier amüsiert sie die selbstangefertigte Bedienungsanleitung ebenfalls bestens.

„Du bist ja doch nicht so einfallslos, wie ich dachte.“, meint sie und zwickt ihrem Brüderchen in die Wange, der daraufhin protestierend aufschreit.

„Und was haben wir bekommen?“, fragt Alexander und schnappt sich das Geschenk von Heinrichs Platz weg, wo dieser es abgelegt hatte.

„Die Kekse sind selbstgemacht.“, informiert Nicole, deutlich mit Stolz in ihrer Stimme.

„Mit viel Alkohol.“, ergänzt Ulrike.

„Oh, dann sind die also für mich.“, meint Alexander und streckt seinem Freund die Zunge raus.

Der nimmt ihm den Umschlag weg und holt einen Gutschein hervor. Fürs Café Ulli, versteht sich.

„Hihi, das ist ja toll.“, findet Heinrich, „Kannst du dir das jetzt schon leisten, ja, Gutscheine zu verschenken?“

„Ich muss keine überteuerte Bedienung mehr bezahlen, da springt dann einiges raus, ja.“, antwortet ihm seine Schwester gehässig mit einem Grinsen.

Caroline hat mittlerweile auch die letzte Torte auf dem Tisch abgestellt und zwei Kaffeekannen gerichtet. „Ich wünsche einen guten Appetit und hoffe, Kuchen und Torte sind mir gelungen.“

„Oh, ich hoffe, mein Kuchen ist auch gelungen.“, meint Juliane ein wenig unsicher.

„Aber Mama!“, ruft Heinrich, „Die gelingen dir doch immer!“

Sie schenkt ihm ein liebevolles Lächeln.
 

Sie sind alle noch beim ersten Stück, da werden sie erneut durch das Klingeln an der Haustür hochgeschreckt.

„Huch.“ Verwirrt steht Caroline auf und verlässt den Raum.

Alle Anwesenden sehen sich irritiert an.

„Hast du das auf Facebook gepostet, wo du heute bist?“, fragt Alexander seinen Freund skeptisch.

„N-nein!“, verteidigt sich der, „Ich hab’s nur Ulli und Tim erzählt.“

„Frohe Weihnachten zusammen!“

Eben dieser Tim steht ein wenig unsicher grinsend im Raum, Adele an der Hand, die eine hübsche Schleife in den Haaren trägt.

Nach allgemeiner Begrüßung und einer erneuten Vorstellungsrunde blickt Gabriele mit einem sehr zufriedenen Gesichtsausdruck zu Adele auf. „Du würdest ne süße Disneyprinzessin abgeben, wenn du dir nen hübscheren Prinzen suchen würdest.“

„Gabiii!“, kommt es entsetzt von Caroline, doch Tim stupst ihr nur gegen die Stirn, was das Mädchen in Heinrichs schützende Arme treibt.

Der Rothaarige sieht seinen Kumpel skeptisch an. „Wieso riechst du nach Kokos?“

Heinrich winkt ab. „Einfach nicht beachten.“

Tim nickt.

Alexander ist derweil schon dabei, die Geschenke für die zwei Neuankömmlinge aus der Tüte zu suchen.

„Wir, ähm…“, fängt Tim an und läuft etwas hinüber zum Fenster, „Wir haben auch ein kleines Geschenk für euch. Sind auch eigentlich nur deswegen vorbeigekommen. Adele?“

Während seine Freundin Alexander das verpackte Buch – es muss wohl ein Buch sein – überreicht, hebt der Rothaarige den Vorhang etwas an und späht hinaus auf die Straße, bevor er sich wieder dem Tisch nähert.

„Dein Geschenk darfst du aber erst wieder in Stuttgart aufmachen, wenn Clara dabei ist.“, meint Heinrich an Adele gewandt.

Die will etwas erwidern, schließt aber wieder ihren Mund, als Tim sie ansieht.

„Ähm, gut, äh…setzt euch.“, versucht Caroline irgendwie wieder Organisation in das Ganze zu bringen, „Wir können zusammenrücken und noch einen Stuhl holen.“

„Nicht nötig.“, meint Heinrich und setzt sich bei Alexander auf den Schoß, sodass Ulrike zu Juliane aufrücken kann.

Caroline nickt und versucht sichtlich an sich zu halten. Wilhelm schenkt ihr ein gutmütiges Lächeln für ihre Bemühen.

Sie erträgt es, dass Alexander seinen Freund mit Küssen in den Nacken neckt, während der ihr Geschenk aufmacht.

„Oh.“

Tim grinst ihn an.

Adele wird rot. „D-das war seine Idee!“, verteidigt sie ihre Unschuld und verweist auf ihren Freund.

„Hmmm…“, nuschelt Alexander in Heinrichs Nacken, während er interessiert das Cover des Buchs betrachtet, „Da haben wir ja einiges im nächsten Jahr vor uns.“

Heinrichs Wangen ziert ein Superblush. „W-war ja klar, dass von dir was Perverses kommen muss, Tim…!“, bringt er heraus und versteckt das Gay-Kamasutra-Buch schnell wieder unterm Geschenkpapier.

„Oooh.“, stellt der Rothaarige in diesem Moment fest, „Euer Geschenk ist ja viel…anständiger. – Meine Fresse!“

„Sagt man nicht!“, ruft Gabriele.

„Deinem Gesichtsausdruck zu urteilen, hast du grade Juni oder November aufgeschlagen.“, meint Heinrich mit einem Grinsen.

Tim nickt hastig.

„Oh, Gabi, da kannst du Heinrich im Kleid sehen.“, kommt es von Alexander, der auf den Kalender in Tims Händen verweist.

„A-Alex!“

„Oh, darf ich auch mal sehen?“, fragt Wilhelm an.

„W-wie?!? Heinrich im Kleid…?“, hakt Michael irritiert nach.

„Also, mein Schatz, das ist so…“, setzt Juliane zu einer Lehrstunde an.

„M-Mama, das ist peinlich! – Ulli hör auf zu kichern!“

Alexander versucht ihn mit einem Kuss wieder zu beruhigen.

„OhmeinGoooott!!! Die komplette Staffel Sex and the City!“, kreischt Adele.

„T-tatsächlich?!?“, kommt es begeistert von Nicole.

„Du hast’s ja doch aufgemacht!“

Caroline nimmt einen großen Schluck Kaffee.

Sie versucht gerade einen Plan zurecht zu spinnen, wie sie alles wieder unter Kontrolle bekommt, da klingelt es erneut unheilvoll.

„Ui!“ Freudig springt Gabriele auf. „Noch mehr Besuuuuuuch!“, ruft sie und stürmt zu Tür.

„H-halt!“, will sie Tim aufhalten, doch zu spät.

Es dauert nicht lange, da erscheint Gabriele wieder im Esszimmer, hinter ihr –

„Clara?!?“

„Bonpland?!?“

„Haben wir euch doch gefunden!“, ruft die Rothaarige triumphierend.

Caroline ist nicht heillos überfordert, weil die junge Frau, die soeben in ihrem Esszimmer erschienen ist, ein ziemlich knappes Weihnachtsmann-Kostüm trägt.

Sie ist nicht geschockt, dass ihre Tochter sich nun ganz interessiert von den beiden jungen Frauen erklären lässt, was Sex and the City ist.

Sie ist nicht entsetzt, da ihr Mann soeben in Seelenruhe einen Kalender durchblättert, in dem ihr Schwager und sein Freund in…! – sie kann es gar nicht in Worte fassen!

Nein, es ist alles in bester Ordnung.

„Natürlich sind wir uns treu. Solange ich in Berlin bin, oder Aimé in Stuttgart, versteht sich.“

„Heinrich, die Ergebnisse der Prüfungen sind übrigens schon auf dem Uni-Server hochgeladen, hast du’s gesehen?“

„Tatsächlich?“

„Jap, bei mir ist es in Philosophie ne 1,4 geworden. Du bist um 0,2 besser, aber bestimmt nur, weil du die durchsichtige Strumpfhose und den Hasenpulli angezogen hast…“

„Hamster!“

Alexander verschluckt sich am Kaffee. „Du hast was an der Uni angehabt???“

Wilhelm muss lachen. „Hat Alex euch die Schwäche von Professor Pfeiffer verraten, hm?“

„Mamaa! So ein tolles Weihnachtsmann-Kostüm, das die Tante da anhat, will ich auch!“

Nein. Natürlich ist alles in Ord –

Wilhelm kann seine Frau gerade noch auffangen.

Ulli lässt von Nicole ab, Alexander nicht von Heinrich, und (fast) alle sehen sie besorgt zur ohnmächtig gewordenen Hausherrin auf.

Clara kommt zum logischen Schluss. „…Wir sollten die Party an einen anderen Ort verlegen.“
 

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...ähm, jaaa! Weihnachten ist jetzt in VLE auch rum XD

Ich hatte mir überlegt, wie ich die anderen alle auch noch einbauen kann, und bin zu dem logischen Schluss gekommen, dass sie die Humboldts einfach überfallen sollten :P
 

Ab nächster Woche komm ich wieder mehr zum Schreiben, das heißt die Chancen stehen gut, dass wir im Februar noch den Silvester erleben^^' – uuund die Geständnisse der beiden stehen ja noch aus ;) Das eine habt ihr mittlerweile ja schon alle sicher erraten...aber was meint ihr, hat Alex zu beichten? :3

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Tim hat seinen roten Lockenkopf gerade in Adeles Halsbeuge vergraben – offiziell, weil er gerne mit ihr kuscheln will, eigentlich, weil sie mittlerweile bei der dritten Staffel Sex and the City angekommen sind und er gleich einschläft – da klingelt sein Handy.

Er versucht nicht vor Freude aufzujauchzen, sondern mit einem neutralen Gesichtsausdruck abzuhaben.

„Hey, Kleiner, was gibt’s?“

„Du wirst mich nie wieder „Kleiner“ nennen, wenn wir dieses Gespräch beendet haben.“

Tim muss schlucken. „D-du, dafür kann ich nichts, dass uns Clara und Bonpland einfach gefolgt sind! Wir wussten gar nicht, dass die auch in Berlin– “

„Darum geht’s doch gar nicht.“

Erstaunt blickt der Rothaarige seine Freundin an, die mittlerweile ziemlich verwirrt zurückblickt.

„Caroline geht’s wieder bestens, nur ist sie nicht mehr so gut auf Alex zu sprechen…als wenn der irgendwas für das Chaos konnte, mein zartes, weißes Lämmchen…“

„…H-Heinrich…? Hast du Alex gerade dein „zartes, weißes Lämmchen“ genannt? Schnurrst du?!?“

„Hach~“, kommt es von Heinrich, „Ich sitz grad hier unten auf dem Sofa und fühl mich so unbeschreiblich gut, dass ich mein Glück mit dir teilen muss!“

„Heinrich“, meint Tim an Adele gewandt, „Ich komm gleich wieder.“

Sie nickt und lässt sich noch einen Kuss geben, bevor der Rothaarige mit dem Handy am Ohr ins Schlafzimmer geht.

„Erzähl, jetzt bin ich gespannt.“

Er hört Heinrich am anderen Ende grinsen.

„Also…wir beide, Alex und ich, haben uns geschworen, dass wir im neuen Jahr mit unseren Wünschen rausrücken.“

„Du meinst den Wunsch, dass du ihn mal – ?“

„Ja, genau.“

„Und er hat auch einen Wunsch?“

„Jaa, er hatte einen.“

„Hatte?“

Heinrich kichert. „Ja, gestern hat er’s nicht mehr ausgehalten und ihn mir verraten. – Gott, wenn du wüsstest, was…! Ich war zuerst total geschockt, weil…naja, da kann man ja auch schon geschockt sein, wenn der Freund einem plötzlich so was…also, so was…“

„Was?“, fragt Tim nach und bemerkt entsetzt, dass er sich vor Aufregung auf den Fingernägeln herumgekaut hat.

„Stell dir vor, Adele kommt zu dir in Lack und Leder und ner Peitsche in der Hand und kündigt dir an, ihr werdet jetzt ne Runde Spaß haben! So schockierend war das!“

„……“

„Tim?“

„………“

„Tim???“

Der Rothaarige schüttelt den Kopf. „Ä-äh!“ Er räuspert sich. „Sorry, das…die Vorstellung war eben so überwältigend, ich…Was wolltest du mir damit nochmal sagen?“

Heinrich seufzt übertrieben. „Alex – wollte – dass ich seine Domina bin.“

Tims Augen weiten sich. „OhmeinGott, echt?!?“

„Nein natürlich nicht, ich sollte nur so tun, als wenn ich ihn auspeitsch.“

„A-also, echt?!? I-ihr hab dann echt…?!“

„Neiin…“

Tim ist verwirrt, aber Heinrich schweigt eine Weile.

„Ja…meinst du denn, ich hätte das machen sollen?“, meldet er sich schließlich unsicher, „Hätte ich… - weil ich hab gesagt, ich kann das nicht, ich wollte ihm nicht wehtun, aber meinst du, ich hätte…trotzdem…?“

„Nein. Nein, ich denke…“

„Ich hab zweimal – also, mit dem Gürtel hab ich zweimal zugeschlagen und…und ich hab gesehen, wie’s ihm gefallen hat, aber…irgendwas in mir…“

„Nein, ich denk, das hast du schon richtig gemacht. Ich mein…der Sex muss ja euch beiden Spaß machen, und wenn du irgendwas machst, wozu du dich zwingen musst, dann ist das nicht Sinn der Sache.“

Von Heinrich kommt ein nachdenkliches „Mhm…“

„Ja, ähm…“, fängt Tim wieder vorsichtig an, „Ich versteh nur nicht ganz, wieso du dann heute so glücklich bist. Hört sich bis jetzt ja eher danach an, als würd bei euch jetzt erst mal ne Sex-Flaute herrschen.“

Heinrich gibt plötzlich ein Lachen von sich, das dem Rothaarigen ein wenig Angst macht.

„Das Gegenteil, mein Freund, das Gegenteil!“

„Wie das? Erzähl.“

„Ich konnte mich durchringen, ihm den Vorschlag zu machen, dass ich ja auch auf andere Weise dominant sein kann.“

Tims Augen weiten sich. „D-du meinst…?!?“

„Und so schmerzfrei ist das Ganze ja auch nicht…“

„Oh, mein…du hast ihn gestern…tatsächlich…?!!“

„Jap.“ Heinrich muss bei dieser Antwort sehr breit Grinsen. „Und es war soooo geil! Ich hab ihm die Hände mit dem Gürtel am Bett festgebunden – “

„Ach, du…“

„ – und hab ihn gekratzt und gebissen und – Hach~ du kannst dir gar nicht vorstellen, wie…was das für ein Gefühl war! Ich hatte die Kontrolle, nur ich, und er lag unter mir, und hat mich angefleht, hat gebettelt, mein Alex…!“

„Und du hast…“ Tim muss schlucken.

„Ich hab ihn genommen, ohne Vorbereitung, einfach so, wie er’s wollte. Und es war sooo – Gott, dieses Gefühl! Das…die Enge, und…! Aaargh, war das geil!“

„Meine…Fresse…“

„Er hat mich süß genannt.“, kommt es von Heinrich, in einem Ton, als wäre das wirklich eine Todsünde.

Tim versteht nicht ganz.

„In dem Moment, wo ich meinen – in seinem – du weißt, was ich mein – in dem Moment nennt er mich süß! Dann hab ich ihm aber süß gegeben, darauf kannst du wetten.“

Der Rothaarige verschluckt sich und muss heftig husten. „H-Heinrich? Ich telefonier grad mit Heinrich Kleist, ja? Dem süßen, kleinen Heinrich, der Frauenklamotten trägt?!?“

„Und der seit neustem auch seinen Freund durchnimmt, jap.“

Tim muss lachen. „Du bist echt…! Also…!“

Vom anderen Ende der Leitung kommt ein Kichern, das dann doch wieder sehr nach Heinrich klingt.

„Und…wie hat’s ihm gefallen? Hast du Aussichten darauf, dass ihr das bald mal wiederholt?“

„Oh, Alex hat’s seeehr gut gefallen. Nur ist er jetzt etwas…naja, hihi, er macht sich heute nen gemütlichen Tag im Bett, sagen wir’s mal so. Ist gleich nach dem Frühstück wieder eingeschlafen.“

„Süß.“

„Siehst du! Er ist mein zartes, weißes Lämmchen!“

Der Rothaarige muss lachen. „Das sind dann ja rosige Aussichten, was euer zukünftiges Sexleben angeht.“

„Mit rosig triffst du es ziemlich genau. War heute Morgen noch in der Apotheke ne Wundsalbe holen…“

Tim prustet ungehalten los. „Aber jetzt nicht dafür, wofür ich denk!“

„Doch, ich glaub schon. – Und wie sieht’s bei dir und Adele so aus?“

„Häm…Ich sag nur: „Sex and the City“-Marathon.“

„Oh, du Armer…“

„Naja, vielleicht macht sie heute Abend ja mal ne Pause, weil wir noch für morgen packen müssen.“

„Ah, stimmt! Ihr fahrt ja nach Stuttgart! Ich war da noch nie, meinst du, du verstehst die Leute da?“

Tim verdreht die Augen. „Adele versteh ich ja auch.“

„Stimmt, das ist das Wichtigste.“

„Und was macht ihr an Silvester?“

„Oh.“ Bei Heinrich herrscht erst mal Stille. „Keine Ahnung…darüber hab ich mir noch gar keine Gedanken gemacht.“

„Aber ich, mein Schatz.“

„Aaah! Alex, erschreck mich doch!“

Tim muss lachen. „Ich werd mich dann mal wieder zu Adele gesellen. Sag deinem Lämmchen schöne Grüße von mir.“

„Schöne Grüße von Tim. – Grüße zurück.“

„Danke. Also, dann nen guten Rutsch, ne?“

„Jap, euch beiden auch. Grüß Adele schön!“

„Mach ich. Tschau.“

„Tschüüs!“
 

Heinrich legt auf und wird sofort von Alexander in die Arme geschlossen.

„D-du kannst ja laufen!“

Der Ältere lacht und drückt ihm einen Kuss auf die Stirn. „Enttäuscht?“

„N-nein, ich…“

„Ich spür’s noch, falls dir das Genugtuung verschafft.“

Der Junge schmunzelt gegen Alexanders Brust.

„Weiß Tim jetzt Bescheid, ja?“

Heinrich sieht zu seinem Freund auf. „A-also, ich…“ Er fühlt sich plötzlich so schuldig. „Ich erzähl ihm das doch immer, d-da hab ich gar nicht drüber– “

„Schon gut.“, meint Alexander und fährt ihm über den Kopf, um ihn wieder zurück an seine Brust zu drücken. „Aber…was wir an Silvester und Neujahr machen, das bleibt unser Geheimnis, ja?“

Erstaunt sieht Heinrich doch wieder auf. „W-was denn?“

Sein Freund lächelt ihn liebevoll an. „Würd es dir denn was ausmachen, Silvester nur mit mir zu verbringen?“

„N-nur mit…?“

„Nur mit mir. Nur wir beide.“

Auf Heinrichs Gesicht breitet sich ein gerührtes Grinsen aus. „Natürlich macht mir das – “ Er drückt dem Älteren einen Kuss auf die Lippen. „Sehr gerne.“ Noch einen.

Alexander genießt den sanften Kuss, zieht seinen Freund auf seinen Schoß.

Plötzlich macht sich Heinrich wieder von ihm los. „U-und wo gehen wir da hin?“

Der Junge bekommt als Antwort nur ein Grinsen. „Überraschung.“
 

„Und wo geht ihr da hin?“

„Ähm…Überraschung.“

„Aber, Kind! Das kannst du doch nicht machen!“ Aufgebracht drückt Juliane ihren Sohn an sich.

„Ich glaube kaum, dass Alex ihn entführen will.“, schaltet sich Michael ein, der neben ihnen auf dem Sofa sitzt.

„Dich will ich mal hören, wenn unser Sohn irgendwann sagt, er übernachtet bei nem Freund, und du weißt nicht wo!“, verteidigt sich Juliane.

Michael fährt ihr lachend über den Rücken. „Das ist doch was vollkommen anderes. Ich kenne Alexander erstens schon ewig, und zweitens ist er, wenn du das deinem Heinrich schon nicht zugestehen willst, erwachsen.“

Juliane sieht immer noch sehr beunruhigt aus, da helfen auch Michaels Küsse nichts.

Heinrich seufzt. Er läuft zum Telefon, wählt die Nummer von zuhause und hält es seiner Mutter hin. „Da, dir kann er’s ja verraten, wohin er mich entführen will.“

„W-w-was?!?“, kommt es noch panisch von Juliane, aber da geht Alexander schon ans Telefon.

„Humboldt?“

„Ähm, h-hallo, hier ist Juliane.“

„Ah, hallo – ist was mit Heinrich?!“

„N-nein, nur…er hat nur erzählt, dass ihr über Silvester weg seid und – ach, das ist lächerlich, aber…“

Heinrich sieht, wie entzückend Michael es gerade findet, dass seine Verlobte mittlerweile rot angelaufen ist.

„Ich fühl mich nicht so wohl, nicht zu wissen, wo genau er…ihr seid…“

Alexander lacht am anderen Ende der Leitung. „Klar, kein Problem. Wenn du mir versprichst, dass du ihm nichts verrätst, dann kann ich dir das natürlich sagen.“

„Oh, das…das wär lieb, ja.“

Gespannt sieht Heinrich seine Mutter an.

Deren Augen weiten sich. Beginnen zu glänzen. Sie nickt hastig, verabschiedet sich. Als sie aufgelegt hat, sieht sie ihren Sohn entzückt an.

„Heinrich, du…!“

Sie kann nicht anders, sie muss ihn knuddeln.

„Du hast so einen lieben, netten, aufrichtigen, wunderbaren Freund gefunden! Awwwww, ich freu mich so für dich!“

Heinrich sieht sie überrumpelt an.

Das muss ja…das muss ja was ganz Besonderes sein, was Alex sich da hat einfallen lassen…
 

„Und du weißt nicht, wohin ihr geht?!“, kommt es unisono von Ulrike und Nicole, von ersterer mit entsetztem, von letzterer mit entzücktem Unterton.

„Das ist ja total romantisch!“

„Das ist ja total lebensmüde!

Enttäuscht sieht Nicole ihre Freundin an. „Aber, Ulli…Alex ist so ein netter Mann, der– “

„Du sagst es, meine Haselmaus, ein Mann.“

„A-aber…“

„Tisch drei ruft dich.“

Nachdem sich Nicole wieder an die Arbeit gemacht hat, blickt Ulrike ihren kleinen Bruder streng an. „Heinrich, ich weiß, du liebst ihn, aber er könnte ganz schreckliche Dinge mit dir machen.“

Der Junge muss lachen. „Ooh, welche denn? Hört sich ja sehr interessant an.“

Seine Schwester schnaubt verächtlich. „Jetzt nimm die Sache doch mal ernst! Er – er könnte dich in einen dunklen Wald verschleppen und dich vergewaltigen!“

Heinrich sieht sie skeptisch an. „Ulli. Wir sind zusammen. Ich will Sex mit ihm, von mir aus auch in nem dunklem Wald.“

„A-aber er könnte dich anketten und dich verhungern lassen!“

„Nope, Fesselspielchen laufen bei uns nur andersrum.“

Die blauen Augen seiner Schwester weiten sich entsetzt. „W-was?!?“

Heinrich legt beide Hände auf den Tresen und setzt zu einer Erklärung an. „Ich. Fessel ihn. – Er. Steht auf Schmerzen. – Nicht darauf, mir welche zuzufügen.“

Ulrike muss sich an der Bar abstützen. „N-Nicole!“, ruft sie, und als die Rothaarige angelaufen kommt, fasst sie sie am Arm. „Du hattest Recht. Das war Alexander, der geschrien hat.“

„Siehst du!“, ruft Nicole freudig, „Ich wusste es!“

„Aber weißt du denn auch, was das heißt???“, entgegnet Ulrike fassungslos.

„Dass es Alexander sehr gefallen hat.“, antwortet ihre Freundin mit einem fröhlichen Lächeln, bevor sie sich wieder aus dem Staub macht.

„Tut sie nur so unschuldig, oder ist sie das wirklich?“, hakt Heinrich irritiert nach.

Seine Schwester kann nicht darauf eingehen. „D-du hast deinen Typen gef– “

„Jaaa, aber kannst du dich nicht anders ausdrücken?“

Du! Hast diesen…Mann…!“

„Hey, ich bin auch ein Mann!“

Ulrike sieht ihn ernsthaft zweifelnd an.

Heinrich blickt drohend zurück.

„Er…! – Er könnte einen Doppelselbstmord planen!“

Auf Heinrichs Gesicht legt sich ein Grinsen. „Ui, das wär schön.“

„Aaah, du bist verrückt!“
 

Ihre Koffer sind mit vielen warmen Sachen gefüllt, aber auch „was Schickes für drunter“ sollte Heinrich einpacken.

„Was für drunter, oder was für drunter.“ Das letzte „drunter“ begleitete er mit einer gehobenen Augenbraue.

„Wie du willst.“, hat Alexander nur geantwortet.

Heinrich hat jetzt mal das anzügliche „drunter“ gemeint und das Höschen, das er zu ihrem ersten Mal anhatte, eingepackt.

Sie haben den 31.12., es ist halb Neun morgens, und sie verlassen Berlin in ihrem schwarzen Jeep, Alexander am Steuer, Heinrich, viel zu aufgeregt zum Schlafen, auf dem Beifahrersitz.
 

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Na? Was hat sich Alex wohl einfallen lassen? :3 Immer her mit euren Ideen^^
 

Tut mir übrigens Leid, dass es das letzte Kapi nicht nochmal als non-adult gegeben hat, aber Tim und Heinrich erörtern die wesentlichen Geschehnisse ja nochmal in ihrem Telefonat ;)

Heinrich schweigt. Er sieht aus dem Fenster und weiß nicht, was er sagen soll.

Vor einer Viertelstunde sind sie über die Brücke nach Rügen hinübergefahren, aber alle seine Vermutungen, vom Campingplatz am Watt bis zur Suite im Luxushotel, hat Alexander nicht bestätigt.

Und jetzt sieht es so aus, als wenn sie wieder Richtung Meer fahren.

Drei Minuten später parkt Alexander den Wagen vor einem Einfamilienhaus.

Heinrich ist etwas irritiert.

„Keine Angst“, meint der Ältere schmunzelnd, „Ich hole nur die Schlüssel. Du kannst im Auto warten.“ Er gibt dem Jungen noch einen Kuss auf die Stirn, bevor er aussteigt.

Wenige Minuten später kommt Alexander wieder zurück und startet den Wagen.

Sie gelangen zu einem Hafen, in dem zwar einige Boote liegen, aber kein Mensch unterwegs ist.

„Du hast ein Boot gemietet?“, fragt Heinrich nach.

Alexander lacht nur. „Nein, aber das wär auch ne Idee gewesen. Ich komm gleich wieder.“

Wieder steigt er aus, dieses Mal, um hinüber zum Bootshaus zu laufen.

Heinrich nutzt die Gelegenheit, sich umzuschauen.

Fähre nach Öhe.

Öhe? Er reckt sich etwas in seinem Sitz und schaut hinauf aufs Meer.

Halt. Da hinterm Hafen ist ja erst mal gar kein Meer. Eine…kleine Insel?

Da öffnet Alexander wieder die Autotür. „Na? Hast du‘s so langsam raus?“

Heinrich beobachtet, wie ein Mann vor ihrem Wagen vorbeiläuft, auf die Fähre zu.

„W-wir…wir fahren da auf die Insel?“

Alexander gibt ihm zur Belohnung einen Kuss. „Ja, genau.“, meint er, bevor er den Motor startet und aufs Zeichen des Mannes hin auf die Fähre fährt, auf der gerade für ein Auto Platz ist.

„Öhe?“, fragt Heinrich, als sie ablegen.

„Jap.“

Der Junge sieht angestrengt hinüber, wo sie bald anlegen werden. „D-die ist ja recht klein.“, stellt er fest, „Wie viele Menschen leben denn da?“

Alexander legt ihm eine Hand in den Nacken. „Wenn wir beide drüben sind, dann genau…zwei.“

Heinrich weiß nicht, was er dazu sagen soll, sieht seinen Freund nur erstaunt an.

„Auf der Insel war mal ein Gehöft, das sie zu einer kleinen Hütte umgebaut haben und vermieten.“ Alexander grinst ihn an. „Hauptsächlich an frischgebackene Ehepaare auf Hochzeitsreise.“

Der Junge erwidert das Grinsen. „Das hört sich sehr danach an, als würden die zwei Tage wunderbar kuschelig werden.“

Alexanders Antwort geht in einem Kuss unter.
 

Die Hütte ist aus Holz, aber gleich beim Eintreten merkt man, dass sie mit neuster Technik gedämmt ist, denn es ist wohlig warm. Die einzige Tür trägt die Aufschrift „BAD“, während gleich dahinter eine kleine Küche um die Ecke führt. Auf der anderen Seite steht ein großes Doppelbett, das Heinrich schon nur durchs Hinschauen als außerordentlich weich empfindet. An der übrigen Wand befinden sich zwei große Fenster und eine Tür, die auf eine Veranda hinausführt, von der aus man in der Ferne das Festland erblicken kann. Mitten im Raum steht ein Sofa, vor dem ein großer weicher Teppich liegt. Auch ein großer Flachbildfernseher und eine Stereoanlage sind vorhanden. Alles ist in warmen Rot- und Brauntönen gehalten.

Mit glänzenden Augen dreht sich Heinrich zu seinem Freund um. „Oh, mein…das ist ja total schön hier!“, bringt er heraus, bevor er dem Älteren um den Hals fällt.

„Das freut mich, dass es dir gefällt.“, murmelt Alexander und lässt sich küssen.

„Es ist wunderschön, weil du bei mir bist.“, haucht Heinrich gegen seine Lippen.

Ihre Koffer lassen sie im Flur stehen und schälen sich aus ihren Jacken, bevor sie sich auf das Bett niederlassen.

„Gott, ist das weich…“

„Genau das richtige für meinen Rücken.“, meint Alexander.

Heinrich küsst ihm die Stirn. „Die vier Stunden Fahrt waren auch bestimmt anstrengend für dich, mein Schatz.“

„Mhm…“, nuschelt der Ältere zustimmend und lässt sich ein wenig vom Jüngeren liebkosen.

„Zieh den Pulli aus, ich massier dich ein bisschen.“

„Auja…“ Sofort gehorcht er und lässt sich mit dem Bauch wieder aufs Bett sinken, das Gesicht in das orangefarbene Kissen geschmiegt.

Er spürt, wie Heinrich sich auf seinen Hintern setzt und schon beginnen seine Hände, ihn zu massieren. Genießerisch schließt er die Augen, lässt sich gerne von den zärtlichen, aber bestimmten Handgriffen verwöhnen.

„Mein Alexander…“, kommt es irgendwann leise vom Jungen, „So ein wunderschöner Mann…und er gehört nur mir…“

Er muss schmunzeln, als er neben Heinrichs Händen auch noch seine Lippen in seinem Nacken spürt, auf seinen Schultern, dem Rücken… Ein genießerisches Seufzen entweicht seinen Lippen.

„Ist es schlimm…“

Alexander horcht auf. „Hm?“

„Ist es schlimm, wenn…wenn ich grade mehr als… – wenn wir ein bisschen intensiver kuscheln?“

Lachend dreht sich der Ältere langsam um, sodass sein Freund nun auf seiner Hüfte sitzt und ein wenig beschämt auf ihn hinabblickt.

„Solange es nicht zu anstrengend für mich wird.“

Auf Heinrichs Gesicht legt sich ein freudiges Lächeln. „Bestimmt nicht.“, verspricht er und lässt sich gleich zu einem innigen Kuss an den Älteren sinken.

Alexander legt seine Arme um ihn, zieht ihn dicht an sich. Er überlässt Heinrich die Führung, gibt sich den Lippen und der forschenden Zunge ganz und gar hin. Er spürt Heinrichs Atem in seinem Gesicht, hört ihn dann und wann einen entzückenden Laut von sich geben, der in ihrem Kuss fast untergeht.

Als der Junge mit einem leisen Keuchen kurz von ihm ablässt, dann nur, um mit einem Grinsen auf den Lippen zu ihm zu sprechen.

„Ulli hat ja schon vermutet, dass du ganz schreckliche Dinge mit mir vorhast, aber dass du mich auf eine einsame Insel entführst, wo wir von der Außenwelt abgeschnitten sind, um dich hier vierundzwanzig Stunden nonstop mit mir zu vergnügen, darauf wär ich nicht gekommen.“

Alexander muss lachen. „Du tust so, als wär ich grad derjenige, der den anderen überfällt.“

„Mmmh“ Heinrichs Mund saugt sich an seiner Unterlippe fest, „Im Wasser, das du mir zum Trinken gegeben hast, war bestimmt was drin…“

„Genau.“

„Du böser, böser Verführer…“

„Ja. Unmöglich.“

„Du unmöglicher, sexbesessener…mmmh~“

„Hmmm…bestraf mich.“

Alexander keucht auf, als der Junge ihm daraufhin zärtlich in die Lippe beißt.

„Ja, das werd ich machen.“, haucht Heinrich und küsst sich seinen Hals hinab, über die nackte Brust.

Er wendet sich jedem Muskel auf dem Bauch des Älteren zu, widmet sich auch dessen Bauchnabel, während er ihm die Jeans öffnet.

Alexander hebt seine Hüfte ein wenig an, damit sein Freund ihn aus der engen Hose befreien kann, die sofort mit Socken und Unterhose auf dem Boden vor dem Bett landet.

Heinrichs Pullover folgt gleich darauf, den er sich ohne weitere Kompromisse über den Kopf zieht.

Alexander muss lachen.

Heinrich sieht ihn verwirrt an.

„Ach, du bist so niedlich.“ Er fasst dem Jungen unter die Arme und hebt ihn auf seinen Schoß. „Deine Haare sind ganz elektrisiert.“

Entsetzt streicht sich Heinrich über den Kopf, bemüht die Übeltäter, die ihm schon wieder die Bezeichnung „niedlich“ eingebracht haben, wieder in Ordnung zu bringen.

Doch Fehlanzeige: Alexander wuschelt ihm gleich noch einmal über den Kopf.

„Heinrich, ich könnte dich verspeisen, so gern hab ich dich.“, kommt es vom Älteren, der ihm tatsächlich an der Wange knabbert.

Heinrich muss kichern, als ihn sein Freund unter sich auf der weichen Matratze vergräbt.

„Gut“, bringt er heraus, als Alexander sich seinem Ohr zuwendet, „Manchmal hat es auch seine Vorteile, niedlich zu sein.“

„Mmh, siehst du.“

„Das, was sich an meinen Oberschenkel presst, ist aber grade gar nicht mehr niedlich.“

Alexander gibt ein kehliges Lachen von sich, das Heinrich dicht an seinem Ohr einen Schauer über den Rücken laufen lässt.

„Dann schauen wir doch mal nach, wie niedlich das bei dir aussieht.“

„A-auch nicht mehr niedlich.“

„Nein?“

Heinrich keucht nur auf, als Alexander ihm die Hosen auszieht und der Stoff über seine Haut gleitet.

„Och, doch, meiner Meinung nach sogar sehr niedlich.“, meint Alexander und schiebt sich wieder auf ihn.

Sie stöhnen beide, als sich ihre nackten Körper umschlingen, aneinander reiben. Wieder küssen sie sich innig, lassen ihre Lippen und Zungen und Zähne ihre Liebe füreinander und ihren Hunger aufeinander bekunden.

Heinrich verschränkt seine Beine hinter Alexanders Rücken, damit er ihm mit hastigen Bewegungen seiner Hüfte noch besser entgegenkommen kann, während seine Hände die braunen Locken zerwühlen.

„Hnnn…Alex…mmmh~ “

Der Rest geht in einem feuchten Kuss unter, in den beide hineinkeuchen, als ihre Körper so heiß geworden sind, dass sie fast verglühen, als sich ihre Bewegungen noch ein letztes Mal beschleunigen, bevor sie sich gegenseitig das höchste Glücksgefühl bescheren.

Außer Atem lässt sich Alexander neben seinen Freund auf die Matratze sinken, nicht aber ohne ihn auch weiterhin in den Armen zu halten.

Der Junge lächelt ihn äußerst zufrieden an. „Ob wir jetzt einen Rekord aufgestellt haben?“

Der Ältere versteht nicht ganz. „Rekord?“

„Jap, so bald wie wir hatte nach dem Betreten der Hütte bestimmt noch kein Ehepaar nen Orgasmus.“

Alexander muss lachen. Er wuschelt ihm durch die Haare und gibt ihm einen Kuss auf die Stirn. „Da könntest du sogar Recht haben.“

Heinrich erwidert sein Grinsen. Zärtlich legt er seinem Freund eine Hand an die Wange und lässt seine Finger langsam hinab an seine Lippen wandern. „Ich bin jetzt zwar fürs erste ein wenig gesättigt, aber Hunger hab ich schon noch.“

Alexander gefällt dieser Gedanke und er beißt dem Jungen sanft in die Finger.

„Also…ich meinte jetzt ausnahmsweise richtigen Hunger auf Nahrung. Jedenfalls auch.“, stellt Heinrich klar.

„Oh.“

„Haben wir was da?“

Alexander richtet sich seufzend auf, Heinrichs Kopf immer noch an seiner Brust, da der Kleine ihn nicht loslassen will.

„Wir sollten uns vielleicht erst mal waschen.“

„Ich hab aber ganz doll Hunger…“

Alexander seufzt erneut. „Naja, sieht uns ja keiner.“

„Genau.“, gibt Heinrich glücklich von sich.

„Aber loslassen müsstest du mich schon.“

„Oh.“

Schließlich zieht sich Alexander seine Unterhose über – „Ooh, wieso das denn?! Da kann ich deinen hübschen Hintern gar nicht mehr bewundern…“ – bevor er aus seinem Koffer einen Laib Brot, Käse, Wurst, Butter und Marmelade auspackt, das er alles auf dem kleinen Tisch in der Küche ablegt. Außerdem packt er zwei Plastikschälchen Salat von der Tankstelle aus und sucht die Schubladen nach Tellern und Besteck durch.

Als er fündig geworden ist und sich wieder umdreht, um den Tisch zu decken, lässt er alles beinahe fallen, als er Heinrich erblickt, der im Damenslip mit Schleifchen und dicken Socken an den Füßen schon auf seinem Stuhl sitzt.

Heinrich muss grinsen, als er die Wirkung seiner Aufmachung am anderen sieht. „Ist mir die Überraschung gelungen, ja?“

„J-ja.“, bringt Alexander heraus, während er die Teller auf dem Tisch abstellt.

„Erkennst du’s wieder?“

Der Ältere nickt. Langsam muss auch er grinsen. „Wie könnte ich das vergessen.“

„Naja, du bist ja schon recht alt…“

„Hey!“

Heinrich tritt unterm Tisch lachend zurück. „Jetzt lass mich doch mal in Ruhe essen, Mensch…“

Alexander streckt ihm die Zunge raus, bevor er sich ebenfalls eine Scheibe Brot abschneidet.
 

Nach dem Essen kann der Ältere seinen Freund dazu überreden, sich jetzt doch endlich zu waschen, nachdem auch noch Marmelade auf seinem Bauch gelandet ist. Als Heinrich das Bad betritt, lässt er sich das nicht zweimal sagen.

„OhmeinGott, ein Whirlpool!“

„Ja, der ist bei den Ehepaaren bestimmt auch ganz beliebt.“, meint Alexander und lässt warmes Wasser ein.

Heinrich verzieht das Gesicht. „Ich will gar nicht dran denken, wer hier schon alles– “

„Huhu.“ Grinsend zieht ihn Alexander an sich und sieht zu ihm hinab. „Ich bin hier, du denkst gefälligst an gar niemand anderen.“

Die Wangen des Jungen färben sich ein wenig rötlich. „W-wie könnte ich.“, flüstert er und lässt sich küssen.

Bis das Wasser eingelassen ist, stellen sie sich unter die Dusche, und da sie ihre Finger nicht voneinander lassen können, hat sie nicht nur das warme Wasser erhitzt. Nackt steigen sie in die Wanne, und Alexander betätigt den Schalter. Sofort beginnt das Wasser zu sprudeln.

Als der Ältere zu ihm rutscht und ihn küssen will, schiebt ihn Heinrich von sich. „Nicht…Moment.“, meint er leise, und lässt sich mit geschlossenen Augen zurück an den Wannenrand sinken. „Hmmm…tut das gut…“

Von Alexander kommt ein amüsiertes Schnauben, aber als der Junge seine Augen wieder öffnet, hat auch er sich gemütlich zurückgelehnt und die Augen geschlossen.

Auf Heinrichs Wangen schleicht sich die Röte, als er daran denkt, was er früher immer in solchen Situationen gemacht hat. Er unterdrückt ein Kichern und taucht stattdessen mit dem Kopf unter. Wie damals bewundert er die Blasen, die um die kräftigen Oberschenkel prickeln, doch dieses Mal trägt das Objekt seiner Begierde keine Badehose. Der Anblick ist überwältigend.

Als Heinrich merkt, dass ihm die Luft knapp wird, taucht er wieder auf. Und findet sofort Alexanders amüsierten Blick auf sich.

„Na? Gab’s was Interessantes zu sehen?“

Der Junge läuft rot an. „Ah…äh…“

Alexander streckt seinen Arm aus und streicht ihm eine nasse Strähne aus der Stirn. „Mit ner Taucherbrille wäre die Aussicht natürlich noch besser.“

„H-hatte ich früher…“

„Hm?“

„E-eine Taucherbrille.“, erklärt Heinrich, „Ich…wenn ich mit Mama schwimmen war, dann…dann hab ich das immer…“

Das Grinsen, das sich auf Alexanders Gesicht legt, sagt ihm, dass er ihn verstanden hat. „Du hast anderen Badegästen im Whirlpool zwischen die Beine gegafft.“

„N-nur männlichen Badegästen.“, verbessert ihn Heinrich, nun selbst mit einem schüchternen Grinsen, „Und nicht nur im Whirlpool, aber da…hat sich die Badehose immer so schön aufgebläht…“

„Schade, dass ich keine anhab, hm?“, meint Alexander, der mittlerweile etwas nähergerutscht ist.

„Schade, dass nicht alle Männer im Whirlpool keine anhatten.“, entgegnet Heinrich spitzbübisch grinsend.

„Und du?“, haucht der Ältere und lässt seine Hand die Brust des anderen hinunterwandern, „Warst du dann auch immer so angetan von dem, was du zu sehen bekommen hast?“

Der Junge keucht auf.

„Dann frag ich mich aber, wie du’s dann wieder aus dem Pool raus geschafft hast, ohne Aufsehen zu…erregen…“

„E-es waren nicht nur Männer im Whirlpool…“

Alexander muss leise lachen. Er überbrückt auch noch die letzten Zentimeter zwischen ihren Gesichtern und küsst seinen Freund.

Heinrich macht ihm sofort klar, dass er mehr will. Gierig küsst er den Älteren zurück, schiebt sich auf seinen Schoß, wo er spürt, was er eben noch unter Wasser bewundert hat, und beginnt gekonnt seine Hüfte zu bewegen.

Alexander kommt ihm bereitwillig entgegen, fasst ihn am Hintern.

Heinrich keucht auf. „Nnnh…der eine Strahl geht mir direkt…“

„Hierhin?“, fragt der Ältere mit rauer Stimme und neckt ihn mit dem Finger.

Dem Jungen entweicht ein Stöhnen. „Jah… A-Alex, ich will dich.“

„Du mich, oder ich dich?“

Heinrich lacht außer Atem. Seine nächste Bewegung erübrigt eine verbale Antwort. Keuchend lässt er sich tiefer in Alexanders Schoß sinken, was diesem einige entzückte Laute entlockt.

Beide bewegen sie wieder ihr Becken, genießen die zusätzlich stimulierende Wirkung, die die kleinen Blasen verursachen, die unaufhörlich über ihre Haut wandern.

Heinrich richtet sich etwas weiter auf, sodass er Alexanders Kopf mit seinen Armen umschlingen und an seine Brust pressen kann. Sofort beginnt der Ältere, ihn dort mit heißen Küssen zu übersäen, packt an seinem Hintern etwas fester zu.

„J-jah…! Mehr…!“, kommt es von dem Jungen und er bewegt seine Hüfte fast schon ekstatisch.

„Nicht so laut“, bringt Alexander mit einem Grinsen heraus, „Oder das ganze, hah…Schwimmbad hört uns noch.“

Heinrich lässt sich an seinen Hals sinken. „Du m-mit deinen – d-dreckigen Fantasien, ah…“

„S-sagt der Richtige…Hast du dir damals nicht – vorgestellt, wie du m-mit einem der Männer – hah…“

„Ich war vierzehn!“

„Und später? Hah…mit sechzehn? Siebz – ahhhn~ “ Alexander muss atemlos lachen. „Du verkrampfst dich. Ich hahh…hab dich überführ – hnng…!“

Der Ältere wirft seinen Kopf in den Nacken, als er die Erlösung in sich aufwallen spürt. Die innere Hitze lässt auch Heinrich über die Klippe stürzen und er kommt mit Alexanders Namen auf den Lippen.

Das Sprudeln des Whirlpools dröhnt in ihren Ohren, als sie langsam wieder zu sich kommen.

Mit einem erschöpften Lächeln streicht Alexander seinem Freund die Haare aus der Stirn. „Ich wäre damals gerne bei dir gewesen.“

Heinrich muss schmunzeln und er legt seine Wange an die des Älteren.
 

Nachdem sie sich abgetrocknet und einen flauschigen Bademantel übergezogen haben, der unheimlich warm hält, schlägt Alexander vor, dass sie schon mal das Essen für den Abend vorbereiten sollten, damit sie später keine Arbeit mehr damit haben.

Um kurz nach Fünf sind Obst und Gemüse, Schinken und Salami geschnitten und der Käse fürs Fondue in den Topf gefüllt.

Es ist dunkel draußen geworden, und als Heinrich vors große Fenster tritt, stellt er fest, dass er die Lichter an der Küste des Festlands im Meer gespiegelt sieht. „Wie schön…“

Alexander blickt von der Küche aus zu seinem Freund hinüber, der ihm den Rücken zugewandt hat. Der Bademantel ist ihm von den Schultern gerutscht, sodass die zarte Haut in seinem Nacken zum Vorschein kommt.

„Wie schön.“

Fragend dreht sich der Junge zum Älteren um. „Äffst du mich nach?“

Alexander kommt lachend auf ihn zu und zieht ihn von hinten in seine Arme. „Du bist schön.“, flüstert er, „Wunderschön.“

Heinrich senkt ein wenig beschämt seinen Kopf. „Sag so was nicht.“

„Es stimmt aber.“

Der Junge lässt sich vom Älteren aufs Sofa ziehen, wo sie nebeneinander Platz nehmen und sich aneinander kuscheln.

„Du siehst wundervoll aus, mein Schatz.“

„Jetzt hör auf.“

Alexander lächelt ihn nur an und küsst ihn.

Zärtlich berühren sich ihre Zungen, liebkosen sich, so scheu als würden sie sich nicht kennen, dabei haben sie schon so viele Küsse untereinander ausgetauscht.

Mit einem verliebten Lächeln auf den Lippen löst sich der Ältere von seinem Freund und sieht ihm in die blauen Augen. „Mir fällt ein schönes Lied ein.“

Heinrich erwidert sein Lächeln. „Du hast noch nie über Musik mit mir geredet, nur dass du Lady Gaga nicht hören kannst, weiß ich.“

Alexander muss leise lachen und fährt dem Jungen sanft durch die Haare. „Es fällt mir nur ein, weil ich zu dir sagte: Mein Schatz, du siehst wundervoll aus.“

Auf Heinrichs Lippen legt sich ein Grinsen. „Sing es.“

„Du meinst also, ich kann singen.“

„Naja, wenn du schon nicht Schlittschuhlaufen kannst…“

Als Bestrafung für diese Worte bekommt der Junge einen Kuss.

„Lass mich kurz überlegen, die erste Strophe passt nicht so ganz.“

Schmunzelnd stupst der Junge mit seiner Nase an die des anderen. „Wieso das denn?“

„Weil du keine langen blonden Haare hast.“

„Lange blonde Haare sind aber doch schön…“

„Sag so was nicht, das macht mich eifersüchtig.“, nuschelt der Ältere.

Heinrich küsst ihm das Lächeln zurück auf die Lippen. „Ich liebe nur dich. Und auch ohne lange blonde Haare. Du bist perfekt. So unglaublich perfekt…“

Alexander lässt sich innig küssen, fährt dem Jungen durch die Haare, zieht ihn näher zu sich, sodass Heinrich auf einem seiner Oberschenkel sitzt.

Er sieht seinem Freund tief in die Augen.

„It’s late in the evening, he’s wond’ring what clothes to wear.“

Heinrich muss grinsen. „Du kannst ja doch singen.“, sagt er leise.

Alexander legt ihm schmunzelnd einen Finger auf die Lippen, bevor er mit sanfter Stimme fortfährt. „He puts on his bath robe, and brushes his dark black hair. And then he asks me, do I look alright? And I say yes, you look wonderful tonight.“

Heinrich schließt die Augen, als Alexander ihm einen Kuss auf den Mund haucht.

„We go to a party, and everyone turns to see, this beautiful young man, who’s walking around with me.“

Der Junge will protestieren, aber der Blick des Älteren, als er wieder seine Augen öffnet, fesselt ihn.

„And then he asks me, do you feel alright? And I say yes, I feel wonderful tonight.“

Heinrich wird unheimlich warm. Sein Gesicht glüht, aber Alexanders Hand an seiner Wange und der sanfte Blick aus den blauen Augen hindern ihn daran, seinen Kopf in dessen Halsbeuge zu vergraben.

„I feel wonderful, because I see the love light in your eyes. And the wonder, of it all“ Er schenkt seinem Freund ein zärtliches Lächeln. „is that you just don’t realise how much I love you.“

Heinrich kann sich nicht rühren. Eine heiße Träne rollt ihm über die Wange und wird von Alexanders Daumen hinfort gewischt.

„D-du…!“ Endlich schmeißt er sich seinem Freund um den Hals und beginnt hemmungslos zu schluchzen. „Ich sterb noch vor lauter Glück, wenn du so weitermachst…!“

„Man kann nicht von zu viel Glück sterben“, flüstert Alexander und wiegt ihn wie ein kleines Kind in seinen Armen, „sonst wär ich schon längst tot.“

„K-küss mich, sonst hör ich gar nicht mehr auf zu weinen.“, fordert ihn Heinrich auf, und sein Freund kommt seiner Bitte sofort nach.

Er streichelt dem Jungen über den Kopf, krault ihn ein wenig im Nacken. Als er seine Hand unter den Bademantel auf die Brust des anderen gleiten lässt, sind dessen Tränen endlich versiegt.

Ihr Kuss wird intensiver, als auch Heinrich den Bademantel des Älteren ein wenig zur Seite schiebt und ihm über die muskulöse Brust fährt. Alexanders große Hände wandern an seinen Rücken und ziehen ihn dicht an sich.

„Wie findest du’s eigentlich so, wie versprochen nur mit mir alleine zu sein?“

Heinrich lässt nur widerwillig von seinen Lippen ab. „Die Welt könnte sterben, wenn du nur bei mir bist.“, nuschelt er.

„Heinrich, das geht doch nicht.“

„Doch, das geht.“, beharrt der Junge und packt ihn am Kopf, um ihn erneut zu küssen. Gierig plündert er Alexanders Mund mit seiner Zunge, saugt an seiner Unterlippe, beißt hinein. „Ich müsste dich fressen, könnte ich mein Verlangen nach dir nicht anders stillen.“

Alexander schmunzelt in den Kuss hinein. „Da hab ich ja Glück.“

„Mhmm…“

„Mmh…“

Als Heinrichs Lippen sich wieder von seinen lösen, ziehen sie eine nasse Spur sein Kinn hinunter, saugen sich an seinem Hals fest, wandern tiefer…

Alexander spreizt seine Beine, als Heinrich sich zwischen diese auf den Boden sinken lässt, während seine Zunge hingebungsvoll über seine Brust und den Bauch leckt. Die Hände des Jungen öffnen den Bademantel immer weiter, schieben ihn auch von seinem Schoß. „Heinrich…“

„Vielleicht fress ich dich ja doch…“, meint der Kleine und leckt sich über die Lippen, „Oder ich lutsch dich zumindest aus.“

Alexander antwortet mit einem Stöhnen, als er seine Drohung wahr macht. „Du – hn! – du bist unmöglich…“

Genießerisch lehnt er seinen Kopf zurück und schließt die Augen, während seine Hände an den Kopf des Jungen wandern, wo sie ihm durch die Haare streichen.

Heinrich verrichtet seinen Liebesdienst so gekonnt und mit so viel Elan, dass Alexander schon wenige Minuten später wie Wachs in seinen Händen ist. Sein Blick fleht geradezu nach Erlösung, als sein Freund ein paar Sekunden zu früh von ihm ablässt. „Nicht…“

Heinrich richtet sich vor ihm auf und stupst ihm mit einem süßen Grinsen gegen die Nase. „Ich will auch noch ein bisschen die Aussicht aufs Meer genießen.“, flüstert er, bevor er den Bademantel von seinen Schultern gleiten lässt. Er drückt dem Älteren noch einen Kuss auf die Lippen und nimmt daraufhin, ihm den Rücken zugewandt, auf seinem Schoß Platz.

Alexander keucht verzweifelt auf. „H-Heinrich, ich k-kann nicht…mmngh! Hah! Ah!“

Heinrich schließt die Augen und wirft seinen Kopf in den Nacken, während er sich ganz tief auf seinen Freund sinken lässt und es genießt, dessen zuckende Hüfte und seine Erlösung zu spüren. Bevor Alexander jedoch richtig ausschnaufen kann, setzt der Junge sich auf die Knie und bewegt sich weiter auf ihm, um selbst auch noch ein bisschen Spaß zu haben.

„N-nicht…Heinrich…“

Heinrich gibt nur ein kehliges Lachen von sich und treibt seinen Freund in den nächsten Minuten in den Wahnsinn.
 

Ein wenig später findet er sich entkräftet in Alexanders Armen wieder, dessen Brust sich in seinem Rücken spürbar hebt und senkt.

„Hah…das ist eine ganz miese Taktik von dir.“

Unschuldig sieht Heinrich zum Älteren auf. „Bist du mir jetzt böse?“

Dieser drückt ihm einen Kuss auf die Stirn. „Ich kann dir niemals böse sein.“

„Schön.“, schnurrt er, doch im nächsten Moment weiten sich seine Augen. „Oh, ich lauf aus - bin duschen!“ Hastig springt er von Alexanders Schoß und hüpft ins Bad. „Du darfst das Sofa saubermachen!“

Der Ältere seufzt theatralisch auf.

Als Heinrich in seinem Slip mit Schleifchen wieder aus dem Bad kommt, hat sein Freund sich und dem Sofa mit ein paar Tüchern beholfen und seinen Bademantel wieder an.

„Der Käse ist gleich geschmolzen, hast du schon Hunger?“

Der Junge wirft ihm einen skeptischen Blick zu, bevor er hinüber zum Sofa läuft, um sich ebenfalls seinen Bademantel überzuziehen. „Ich hoffe, du hast deine Hände gewaschen?“

„Natürlich.“

Heinrich gibt ihm im Vorbeigehen einen Klaps auf den Hintern und holt zwei Teller aus dem Küchenschrank, nachdem er diese hinter der dritten Tür, die er öffnet, gefunden hat.

Ein wenig später sitzen sie zusammen am Küchentisch und spießen die vorhin kleingeschnittenen Lebensmittel auf, um sie in den Käse zu tunken.

„Hm, schmeckt gut.“

„Salami?“ Alexander hält seinem Freund seinen Spieß entgegen.

Der kommt nicht drum herum, dem anderen einen anzüglichen Blick zuzuwerfen, als er seinen Mund öffnet und das mit Käse überzogene Salamistück probiert.

„Und?“

„Nicht das Köstlichste, das ich heute von dir zu schmecken bekommen hab, aber gut.“

Alexander muss grinsen. Als er seinen Freund nach einer Weile immer noch anschaut, wirft dieser ihm einen fragenden Blick zu. „Hab…hab ich Käse im Gesicht?“

Der Ältere muss lachen. „Nein, nein. Ich hab mich nur grad gefragt, ob du dir…ob du dir so was schon damals vorgestellt hast. Also…ob du schon mit siebzehn oder so wusstest, dass du…jemandem gerne mal…“

„…einen blasen würde?“

„Äh, ja.“

Auf Heinrichs Gesicht legt sich ein Lächeln. „Vorgestellt hab ich’s mir schon, ja, aber so richtig wollen tu ich’s eigentlich erst seiiit…dem 24. Juni, halb Elf morgens, als ich mich auch in deinen kleinen großen Freund verliebt hab.“

Alexander lacht erneut. „Dann hast du ja nicht wirklich lange gebraucht, bis du dir deinen Wunsch erfüllen konntest.“

„Jaaa“, winkt Heinrich ab, „Aber das damals war doch noch total unprofessionell.“

„Hätte mich auch sehr gewundert, wenn es sehr professionell gewesen wäre.“, gibt Alexander zu bedenken und nimmt noch einen Bissen.

„Naja, du hast mir dann ja gleich gezeigt, wie’s richtig geht.“, entgegnet Heinrich mit einem Zwinkern.

„Mh“ Der Ältere kaut noch schnell zu Ende, bevor er zu sprechen beginnt. „Wobei ich das eigentlich nie gerne gemacht hab.“, meint er, „Manchmal hatte ich Lust dazu, aber eher selten. Außerdem muss man da auch wegen Aids aufpassen.“

Heinrich sieht ihn geschockt an. „Und das hast du bei mir einfach ignoriert?!“

Alexander blinzelt ihn an. „Tatsächlich. Gott, da siehst du mal, wie verrückt du mich gemacht hast!“

„Das nehm ich als Kompliment.“, sagt der Junge und stopft sich noch ein Stück Schinken in den Mund.
 

Als Nachtisch haben sie einen kleinen Topf mit erwärmter Schokolade vorbereitet, in die sie die Obststücke hineintauchen. Mittlerweile isst keiner von beiden mehr, was er sich selbst aufgespießt hat, sondern sie füttern sich gegenseitig.

„Ein Stück Banane bitte.“

„Kommt sofort.“

„Hmm…“

Alexander lehnt sich ein wenig nach vorne, um seinem Freund die Schokosoße vom Kinn zu lecken.

Heinrich beginnt zu kichern. „Mir fallen gerade einige sehr interessante Sachen ein, die wir mit der übrigen Schokolade noch machen könnten…“

Alexander sieht auf die Uhr. „Anderthalb Stunden hätten wir noch…“

Der Junge grinst ihn freudig an.
 

„Ah…!“

Der Tisch ist noch nicht abgeräumt, der Topf mit der geschmolzenen Schokolade steht auf dem Bett, das so gut es geht mit den Handtüchern aus dem Bad ausgelegt ist. Spätestens als Heinrich sich auf den mit Schokolade verschmierten Bauch dreht und Alexander seinen Hintern anbietet, wissen sie, warum sie sich diese Mühe gemacht haben.

„Nnnh…Alex…n-nicht so viel…lass für mich auch noch was übrig.“

„Aber ich wollte deinen Po schon immer mal zum Nachtisch verspeisen…“

Der Junge muss kichern, als er die eifrige Zunge seines Freundes spürt. Eine Weile lässt er sich verwöhnen und zum Keuchen bringen, dann entzieht er sich jedoch dem anderen.

„Ich…ich will jetzt auch mal!“, beschließt er und wirft den Älteren ohne Kompromisse unter sich auf die Matratze.

Mit einem spitzbübischen Grinsen tunkt Heinrich den Löffel in den Topf und lässt die Schokolade vom Hals immer weiter abwärts auf Alexanders Körper tropfen.

Zufrieden betrachtet der Junge anschließend sein Werk. „So“, meint er, „Jetzt vernasch ich dich aber.“

Alexander keucht zustimmend auf, als sein Freund seine Worte in die Tat umsetzt. Je tiefer er seinen Mund gleiten lässt, desto verschmierter sind seine Lippen und das Stöhnen seines Freundes lauter.

„Mmmh…ein Schokoeis am Stil…“

„D-du hast eine zu blühende Fanta – hngh~ “

Alexander hält es nicht lange aus, dann packt er den Jungen am Kopf und zieht ihn zu sich nach oben. Gierig küsst er ihn, umschlingt ihn mit seinen starken Armen und drückt ihn sich an die Brust.

Keuchend blickt ihn Heinrich an, als ihre Münder voneinander ablassen. Seine Augen funkeln voller Lust und seine Lippen umspielt ein verschmitztes Grinsen. „Willst du mir eine Schoko- oder Sahnefüllung verpassen?“

Alexander lacht außer Atem. „Am liebsten beides.“, bringt er heraus und wirft den Jungen wieder auf die Matratze.

Keuchend windet sich Heinrich unter dem Älteren, als dieser sich seinen Körper hinabküsst und geschickt seine aufragende Mitte umgeht. Ganz langsam küsst er sich die Innenseite des linken Oberschenkels entlang, saugt sich dort fest, womit er dem anderen ein begeistertes Stöhnen entlocken kann.

Heinrich ist ein wenig überfordert, als sein Freund ihn an der Hüfte packt und seinen Hintern hinauf an seine Brust zieht. Mit einem Grinsen auf dem Gesicht vergräbt der Ältere seinen Kopf zwischen seinen Oberschenkeln.

Heinrich zuckt zusammen, als er die Zunge des anderen spürt. „Ah! A-Alex…nicht…da…!“

Doch Alexander denkt nicht daran, aufzuhören. Er findet diese Position außerordentlich praktisch, um sich dem hübschen Hintern seines Freundes erneut in aller Ausgiebigkeit zuzuwenden.

Und Heinrich gefällt es eigentlich auch mehr, als er zugeben will, dem Stöhnen und der wachsenden Erregung jedenfalls zu urteilen.

„Dreh mich um…“

Alexander lässt für einen Moment von dem Jungen ab, weil er sich nicht sicher ist, ob er richtig gehört hat.

„D-dreh mich…um…“, kommt es noch einmal keuchend von Heinrich.

Das lässt sich der Ältere nicht entgehen. Vorsichtig hebt er seinen Freund ein wenig hoch, der sich mit den Händen auf der Matratze abstützt, um ihn schließlich wieder, diesmal mit dessen Bauch, an seine Brust zu drücken.

Noch bevor Alexander wieder zurück zum hübschen Hintern gefunden hat, hat Heinrichs Zunge zu ihm gefunden.

Vom Stöhnen seines Freundes angestachelt vergräbt der Junge seinen Kopf tief in dessen Schoß und gibt selbst einen erstickten Wonnelaut von sich, als Alexander sich ihm ebenfalls wieder zuwendet.

So necken sie sich gegenseitig, geben sich alle Mühe den anderen genauso mit ihren Liebkosungen in den Wahnsinn zu treiben, wie sie es selbst gerade erfahren. Am Ende gibt es keinen Gewinner, beide bringen sie sich gegenseitig zum Explodieren, um dann erschöpft aufs Bett zu fallen.

„Uh…“, bringt Heinrich heraus, als sein Herzschlag sich wieder etwas beruhigt hat, „Schöne Aussicht.

Alexander, der mit seinem Kopf am anderen Ende des Bettes liegt, lacht nur.
 

Es ist halb Zwölf, die Küche ist immer noch nicht aufgeräumt, dafür sind die schmutzigen Handtücher vom Bett entfernt worden, und sie beide wieder geduscht. Ausnahmsweise sind sie auch angezogen, da Alexander vorgeschlagen hat, dass sie sich hinaus auf die Veranda setzen könnten.

Heinrich kuschelt sich zusätzlich noch in den Bademantel, als er seinem Freund durch die Schiebetür folgt. Der hat die zwei Stühle aus der Küche hinausgetragen und stellt die Sektflasche und zwei Gläser vor ihren Füßen ab.

„Geht doch, von der Temperatur her, oder ist dir kalt?“

„Nein, wenn du mich in den Arm nimmst, bestimmt nicht.“, entgegnet Heinrich und schmiegt sich an den Älteren.

So legt ihm Alexander einen Arm um die Schultern und zieht ihn an sich. Gemeinsam schauen sie hinaus aufs Meer. Die Nacht ist sternenklar und der Mond erhellt die Küste, bringt die seichten Wellen zum Glitzern.

„Schöner hätte ich mir meinen Silvester nicht vorstellen können.“, haucht Heinrich ganz ergriffen.

„Dann bist du also zufrieden mit meiner Wahl?“

„Sehr zufrieden. Wobei das Wichtigste ist, dass du bei mir bist.“

Schmunzelnd sieht Alexander auf seinen Freund herab. „Das hast du schön gesagt.“

Der Junge schenkt ihm ein liebevolles Lächeln.

„Weißt du“, beginnt Alexander wieder, „Ich fühl mich so, wie im Urwald.“

„Hm, wieso das denn?“

„Weil es nur uns beide gibt.“, antwortet er, „Nur wir beide auf einem verlassenen Fleck Erde.“

Grinsend vergräbt Heinrich den Kopf in der Halsbeuge des Älteren.

„Dann fühl ich mich so verantwortlich für dich.“, redet Alexander weiter, „Du hast nur mich, ich bin derjenige, der auf dich aufpassen muss, dich beschützen. Da in Südamerika hatte ich jede Nacht Angst um dich, dass doch ein Tiger unser Zelt anfallen könnte.“

„Das ist süß.“, nuschelt der Junge und küsst seinen Hals, „Ich wünsch mir fürs nächste Jahr, dass du dich weiterhin so niedlich um mich sorgst und…und ich dich vielleicht auch mal beschützen kann.“

Lächelnd haucht der Ältere seinem Freund einen Kuss auf die Stirn. „Ich wünsch mir, dass wir uns nächstes Jahr immer noch genauso sehr lieben wie bisher.“

„Ja.“, stimmt ihm Heinrich zu, „Und dass wir genauso viel Spaß zusammen haben werden.“

Alexander lacht leise. „Ich wünsch mir, dass du mir nächstes Jahr noch ein paar Mal zeigst, wer der Boss ist…wenn du verstehst was ich mein.“

„Hihi, aber natürlich.“

„Ich wünsch mir, dass du nächstes Jahr glücklich bist.“

Mit einem gerührten Lächeln sieht der Junge zum Älteren auf. „Das bin ich bestimmt, wenn du auch glücklich bist.“, flüstert er, bevor er ihn zärtlich küsst.

Heinrich fühlt sich so leicht, als er in den Armen seines Freundes die Augen schließt. Alles fühlt sich so richtig an. Er kann Alexanders Herzschlag hören.

„Ist dir kalt?“

„Nein, warm.“

Der Ältere macht vorsichtig seinen rechten Arm los, um auf die Uhr zu schauen, die er sich nach dem Duschen wieder angezogen hat.

„Sollen wir den Sekt eingießen?“

Heinrich nickt und Alexander reicht ihm die Gläser. „Achtung.“, sagt er und macht sich daran die Flasche zu öffnen.

Mit einem Knall fliegt er Korken ab und der Junge muss lachen.

Als Alexander eingeschenkt hat, reicht ihm Heinrich eines der Gläser.

„Wie lange noch, Alex? Wie lange noch?“, will der Junge wissen.

Sein Freund schaut wieder auf dir Uhr.

„Sieben, sechs, fünf…“

Gemeinsam zählen sie herunter, und bei Null sind sich ihre Gesichter so nahe, dass sie sich küssen.

„Frohes neues Jahr, mein Schatz.“, flüstert Alexander und stößt mit seinem Freund an.

„Frohes neues Jahr, mein Großer.“

Erst als Alexanders Augen sich von ihm abwenden, um einen Schluck Sekt zu nehmen, bemerkt Heinrich den Krach. Erschrocken schaut er hinüber zur Küste und reißt die Augen auf.

Am Himmel glitzert es. Die schönsten Silvesterraketen werden in die Nacht geschossen und funkeln bunt in allen Farben.

„Hab ich uns einen schönen Platz ausgesucht, hm?“, meint Alexander und küsst ihm die Schläfe.

Heinrich kann nichts erwidern, aber auf seinem Gesicht spiegelt sich die Faszination wider.

Der Ältere nimmt ihm sanft das Sektglas aus den Händen, die er stattdessen in seine legt. Liebevoll sieht er seinen Freund an.

„Heinrich…“, beginnt er.

Der Junge hält den Atem an.

„Ich liebe dich.“

Heinrich spürt, wie seine Wangen glühen und seine Augen feucht werden, aber er kann den anderen nur glücklich anlächeln.

„Ich liebe dich auch.“, bringt er heraus, bevor er seinem Alexander um den Hals fällt.
 

Nachdem sie unter Küssen noch eine Weile dem bunten Schauspiel am Horizont zugesehen und die Sektflasche geleert haben, trägt Alexander seinen Heinrich ins Bett.

Dort kommt dieser mit roten Wangen und kichernd an.

„Mein Priiinz!“

„Mein Schneewittchen.“ Alexander beugt sich zu ihm hinunter.

„Haaalt! Erst wird geheiratet!“

„Ge – was?“

Im nächsten Moment bekommt der Ältere ein Kissen ins Gesicht gepfeffert.

Heinrich lacht sich kaputt.

„Na, warte…“

Kichernd weicht der Junge Alexanders Wurfattacke aus und schmeißt selbst mit dem anderen Kissen zurück.

„Du Kleiner…wah!“

Grinsend begräbt der Junge seinen Freund unter sich und haut mit dem Kissen auf ihn ein. „Du Lustmolch! Erst wird geheiratet, bevor du dein Schneewittchen bespringen darfst!“

„Ja! Ich geb ja auf! Habt Erbarmen! Erbarmen!“

„Neiin, jetzt ist es zu spät! Jetzt werdet Ihr gehängt, weil Ihr mich schon vorher entweiht habt – huch!“

Mit einem siegessicheren Grinsen beugt sich Alexander über den Jungen, den er mit den Handgelenken überm Kopf unter sich auf die Matratze presst. „Gib doch zu, dass das genau das war, was du wolltest, Schneewittchen.“, haucht er.

Außer Atem blickt Heinrich zu ihm auf.

„Okay“, meint er freudig, „du darfst mich auch noch später heiraten – aber spätestens, wenn ich schwanger bin!“

„Versprochen.“, nuschelt Alexander und macht sich daran, seinem Schneewittchen die Hose – Pardon, das Kleid auszuziehen.
 

Da sich sein Schneewittchen kurzzeitig in einen flinken Hasen verwandelt hat, der gerne mit Kissen wirft, um seinen Hintern zu verteidigen, hat es etwas länger gedauert, bis er seine Beute erlegen konnte. Dass es dieser dann nicht gefallen hätte, kann man nicht behaupten.

Also ist es schon fast drei Uhr, als sich Schneewittchen an seinen Prinzen schmiegt und die Augen schließt. „Gute Nacht, mein lautester Silvesterkracher.“

Alexander muss lachen.

„Nacht, mein buntester Neujahrsstern.“
 

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Ich versuche, auch mal wieder kurze Kapitel zu schreiben! Versprochen! Und pünktlich zu sein! >.<

Naja, so sind Heinrich und Alex also erst jetzt im neuen Jahr angekommen, ich hoffe, ihr konntet das Kapi trotzdem genießen^^
 

Mir ist eine Idee gekommen, wie die beiden den Valentinstags verbringen könnten, wobei der ja auch schon wieder um ist…Hättet ihr Lust, dazu trotzdem noch was zu lesen?

Heinrich parkt das Auto vor dem Haus. Er schaltet Herrn Tom Tom aus und wendet sich seinem Freund zu.

„Hey, Alex, aufwachen, wir sind da.“

Alexander blinzelt ein paar Mal, bevor er sich gähnend streckt. „Hnn~ was? Du hast nachhause gefunden?“

„Ja, ich musste mich zwar auf den Typen aus dem Handschuhfach einlassen, aber der weiß echt, wo’s langgeht.“

Schmunzelnd wuschelt ihm der Ältere durch die Haare. „Spaßvogel.“

Heinrich grinst ihn an, bevor er aus dem Wagen steigt.

Sie tragen ihre Koffer hinauf in die Wohnung und befördern den Großteil des Inhalts erst mal in die Wäsche.

Es ist halb Sechs abends, als Alexander sich aufs Sofa fallen lässt. „Hast du schon Hunger?“, fragt er seinen Freund, der versucht die Koffer in die Abstellkammer zu quetschen.

„Nein, ich bin noch satt.“ Ihr Mittagessen haben sie an einer Raststätte auf dem Rückweg eingenommen.

„Okay, ich auch, dann mach ich uns später was. Wir haben ja noch das Brot und so.“

„Jap. Ich bin aufm Klo.“

„Ich nehm an, du kommst alleine klar?“

„Wenn nicht, schrei ich um Hilfe.“

„Gut.“

Als Heinrich ein paar Minuten später ins Wohnzimmer kommt, steht Alexander vor ihrer Telefonstation. „Sieh mal einer an, wer uns da Neujahrsgrüße überbringt.“, empfängt er seinen Freund und lässt den Anrufbeantworter laufen.

„Guten Tag, hier spricht Goethe; ich melde mich wegen des Buchs. Wir sollten uns so bald als möglich treffen, Herr Kleist. Ich schlage diesen Donnerstag den 05.01. vor, um halb Drei bei mir. Frohes neues Jahr Ihnen beiden.“

Völlig baff starrt Heinrich seinen Freund an.

„Ja, er klang wieder einmal sehr begeistert, aber keine Angst, eigentlich ist er ganz nett.“

Heinrich presst sich die Hände an die Wangen. Er wirkt leicht panisch. „OhmeinGott, er kündigt mir den Vertrag!“

„Du hast ja noch gar keinen unterzeichnet, das hab ich vorläufig gemacht.“

„D-das ist Nebensache!“, ruft der Junge aufgebracht, „E-er – irgendwas muss doch nicht stimmen! I-ich kann da nicht hingehen! Nicht so plötzlich! Ruf zurück, dass ich erst in nem Monat Zeit hab!

Alexander nimmt Heinrichs Hände in seine und sieht ihn eindringlich an. „Wenn Goethe sagt „ich schlage vor“, dann haben wir gefälligst pünktlich um halb Drei am Donnerstag bei ihm zu sein, mein Schatz.“

Der Junge läuft käseweiß an.

„Heinrich“ Alexander nimmt ihn in den Arm und fährt ihm beruhigend über den Rücken. „Du hast gar nichts zu befürchten. Ich bin bis jetzt immer wunderbar mit Goethe klargekommen, wieso solltest du es nicht auch? Gut, er ist ein wenig kompliziert, aber sind wir das nicht alle?“

„A-aber…! Du hast doch gesagt, dass er mein Buch…nicht gut fand!“

„So hat er Schillers Räuber auch behandelt, und schau dir an, was aus den beiden mittlerweile geworden ist.“

„I-ist Schiller auch dabei, beim Gespräch?“, fragt Heinrich leise.

„Ja, bestimmt. Und Schiller ist wirklich ein angenehmer Zeitgenosse.“

„O-okay. Aber nur, wenn du auch mitgehst!“

Lachend fährt ihm Alexander durch die Haare. „Natürlich.“, verspricht er.
 

An besagtem Donnerstag ist Heinrich so nervös und aufgeregt, dass er glaubt, sich in die Hosen machen zu müssen.

„U-und das ist in Ordnung so, ja?“, fragt er Alexander nun das vierte Mal, als sie bei Goethe vor dem Haus stehen, Alexander im Anzug, Heinrich mit Anzugshose, Hemd und Weste.

„Ja, mein Schatz, du siehst wunderbar aus. Ich muss Angst haben, dass Goethe über dich herfällt.“, versucht ihn der Ältere zu beruhigen und gibt ihm einen Kuss auf die Wange.

Alexander will gerade klingeln, da macht Heinrich plötzlich auf dem Absatz seiner Theaterschuhe kehrt, sodass er ihn gerade noch am Arm aufhalten kann.

„Heinrich.“

„I-ich kann das nicht…!“

„Er wird dir nicht den Kopf abreißen. Und dagegen, dass jemand dein Buch kritisiert, musst du immun sein.“

„B-bin ich aber nicht.“

Wieder schließen sich Alexanders Arme um ihn und er wird an die starke Brust gezogen.

„Willst du Goethe nicht beweisen, dass du ein aufstrebender junger Autor bist, hm? Schiller hast du doch schon für dich gewonnen, jetzt ist Goethe dran. Vielleicht schreibst du bald wieder was, das ihm mehr zusagt. Vielleicht kannst du ihn auch noch begeistern.“

Unsicher sieht Heinrich zu seinem Freund auf.

„Aber bis dahin“, redet Alexander weiter, „solltest du dich mit ihm arrangieren. Und da Goethe ein sehr diplomatischer Mensch ist, dürfte das nicht so schwer werden.“

„M-meinst du?“

Alexander grinst ihn an. „Der Anzug bringt dir schon mal zehn Pluspunkte, und wenn du noch ein gutes Wort über eines seiner Werke verlierst, dann hast du die nächsten zehn sicher.“

Heinrich muss leicht schmunzeln. „Ich versuch’s.“, meint er leise.

„Gut.“ Alexander nimmt seinen Freund an die Hand, damit er ihm nicht wieder wegläuft, und klingelt.
 

Goethe öffnet ihnen. „Guten Tag, schön dass Sie kommen konnten.“, begrüßt er sie mit neutralem Gesichtsausdruck

„Guten Tag, Herr Goethe“, entgegnet Alexander lächelnd und nimmt die angebotene Hand entgegen, bevor er auf Heinrich weist, „Ich darf Ihnen endlich meinen Freund vorstellen: Heinrich Kleist.“

„Guten Tag“, wendet sich Goethe daraufhin an den Jungen und reicht auch ihm die Hand, die dieser ergreift, nicht ohne sich zumindest mit dem Kopf ein wenig zu verneigen.

„Guten Tag, Herr Goethe, ich freue mich als einer Ihrer Bewunderer Sie kennenlernen zu dürfen.“

Von dem Verlagschef kommt nur ein angedeutetes Schmunzeln, bevor er sich im Hausflur herumdreht. „Hängen Sie die Jacken doch hier auf und kommen dann mit ins Wohnzimmer.“

Alexander und Heinrich gehorchen. Die Gelegenheit nutzt der Ältere von ihnen, seinem Freund ein aufmunterndes Lächeln zuzuwerfen.

Im Wohnzimmer wartet Schiller auf sie.

„Guten Tag, Herr Kleist!“, kommt er sofort auf Heinrich zu und packt seine Hand, um sie ausgiebig zu schütteln, „Wunderbar, Sie endlich kennenzulernen! Aber so wie Sie aussehen, traut man Ihnen solche Grausamkeiten, wie sie in Ihrem Buch zu finden sind, gar nicht zu.“

Der Blonde lacht herzlich, was ein wenig Anspannung von Heinrichs Schultern fallen lässt, auch wenn er nun im Gegenzug dazu rot anläuft. „I-ich danke Ihnen vielmals für Ihre großzügige Rezension.“, bringt er heraus, „Das…das hat mich umgehauen.“

Schiller lächelt ihn an. „Wieso großzügig?“, entgegnet er, „Ich bin begeistert von diesem Buch!“

„A-aber es ist doch auf keinen Fall besser als Ihre Räuber!“, widerspricht Heinrich so herrlich entrüstet, dass Alexander es verstehen kann, wieso Schiller ihm nun durch die Haare wuscheln muss.

„Setzen wir uns doch.“, bittet Goethe, der anscheinend endlich zur Sache kommen will.

So begrüßen sich auch noch Schiller und Alexander, um dann ebenfalls am Tisch Platz zu nehmen, auf dem der Verlagschef zahlreiche Unterlagen ausgebreitet hat.

Während Goethe eben diese ein wenig näher zu sich schiebt, bietet Schiller ihnen Kaffee an.

„Danke, aber i-ich trinke keinen Kaffee.“, muss Heinrich ablehnen.

„Oh, nicht schlimm. Wir haben auch Orangensaft.“

„Das wäre lieb – a-aber es würde auch ein Wasser reichen!“, ruft er Schiller hinterher, der schon aufgesprungen ist. Fasziniert sieht er dem blonden Zopf nach, der ihm hinterherweht.

„Herr Kleist“, bittet Goethe um seine Aufmerksamkeit.

„J-ja?“

„Ich möchte es vermeiden, über den Inhalt Ihres Buchs zu sprechen, wir wissen ja alle, was ich davon halte, aber das tut hier nichts zur Sache. Es geht vielmehr um den wirtschaftlichen Aspekt.“

Heinrich nickt aufmerksam.

„Schiller hat mich überredet, gleich fünftausend Exemplare zu drucken, und ich muss nach einem Monat jetzt feststellen, dass die Verkaufszahlen sehr zu wünschen übrig lassen.“

„Was sicherlich nur daran liegt, dass Sie zu wenig bekannt sind, Heinrich.“, mischt sich Schiller ein, während er dem etwas blass gewordenen Jungen mit einem Lächeln ein Glas Orangensaft hinstellt.

„Sicherlich.“, äußerte sich Goethe, „Und da ich keine Lust habe, noch einige Hunderter für Advertising rauszuschmeißen, sollten wir uns um ein paar Termine für Lesungen kümmern.“

„Le-Lesungen?!?“, bringt Heinrich heraus.

„Ja“, antwortet Schiller freudig, „Sie lesen Ihr Buch vor!“

Hilfesuchend schaut der Junge zu Alexander. „I-ich…kann aber nicht vor fremden Leuten vorlesen!“

Goethe sieht ihn äußerst skeptisch an. „Herr Kleist, wie alt sind Sie?“

„Goethe.“, bittet ihn Schiller und legt ihm eine Hand an den Arm, bevor er sich an Heinrich wendet. „Wieso denken Sie, dass Sie das nicht können? Haben Sie noch nie ein Referat gehalten?“

„D-doch, aber…“

„Sehen Sie, und ich darf doch behaupten, dass das Thema Ihres Buchs Ihnen viel näher liegt, als irgendein Referatsthema.“

„Schon, aber…“

„Hier“ Mit einem Grinsen knallt ihm der Blonde sein Buch auf den Tisch, das er aus dem Regal hinter ihnen geholt hat. „Schlagen Sie die erste Seite auf und lesen Sie vor.“

Voller Vorfreude strahlen ihn Schillers blaue Augen an.

„Ah…“ Der Junge merkt, wie sich seine Wangen erhitzen. Sein Herz beginnt laut zu schlagen, er spürt, wie Goethes Augen sich in ihn bohren. Alexanders Hand, die sich auf seinen Rücken legt, beruhigt ihn kein bisschen.

Mit zittrigen Fingern schlägt er die erste Seite auf.

Er holt Luft.

Räuspert sich.

Setzt sich ein wenig aufrechter hin, aber die Buchstaben bleiben immer noch schrecklich verschwommen, obwohl er sie doch eigentlich auswendig kann.

Er versucht sich vorzustellen, dass es nur Alexander ist, dem er das hier vorzutragen hat. Oder seine Mutter. Fast ist er so weit, da fällt ihm ein, dass er diese Illusion niemals auf irgendeiner Bühne vor zwanzig Zuschauern aufrechterhalten könnte.

„A-an d-den Ufern d-der Havel lebte –“

„Ein wenig lauter, wenn’s geht.“

„An den U-ufern der Havel lebte, u-um die Mitte des – des sechs – des sechzehnten Jahrhunderts, ein Rosshändler, mit – nein, namens.“

„Herr Kleist, bitte.“

„N-namens Michael Kohlhaas, Sohn eines Sch-schulmeisters, e-einer der rechts – rechtschaffensten zu-zugleich u-und entsetzlichsten M-mensch – Menschen s-seiner – seiner…seiner…“ Er bricht ab und verbirgt das Gesicht in seinen Händen. „I-ich kann das nicht!“, schluchzt er und ist glücklich darüber, dass Alexander ihn in die Arme nimmt und er sich so vor den anderen beiden verstecken kann.

„A-aber Heinrich!“, kommt es von Schiller, „Das haben Sie selbst doch geschrieben, wollen Sie den Menschen nicht zeigen, was für ein tolles Buch das ist? Das können Sie mit Ihrer Stimme tun!“ Er schnappt sich das Buch. „Schauen Sie, durch eine Lesung können Sie den Leuten zeigen, auf was es Ihnen ankommt! Nirgendwo anders geht das so gut! – Kohlhaas ist ein entsetzlicher Mensch! Entsetzlich! An den Ufern der Havel lebte, um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts, ein Rosshändler, namens Michael Kohlhaas, Sohn eines Schulmeisterst – einer der rechtschaffensten zugleich – und entsetzlichsten! Menschen seiner Zeit!“

Langsam nimmt sich Heinrich die Hände vom Gesicht und zieht die Nase hoch. Fast ein wenig neidisch sieht er Schiller an, dass dieser so selbstbewusst und beeindruckend vor fast gänzlich fremden Leuten auftreten kann.

„Schiller“, beginnt Goethe, „Ausnahmsweise muss ich zugeben, dass Ihr entsetzlicher Stil, etwas vorzutragen, zu diesem entsetzlichen Buch passt.“

Mit großen Augen und beinahe gerührt sieht der Blonde den Verlagschef an, woraus Heinrich schlussfolgert, dass er diesbezüglich wohl eher selten Komplimente bekommt.

„Dann…“, meint Alexander vorsichtig, „Wäre es denn möglich, dass Friedrich die Lesungen macht?“

„Auja!“, ruft Schiller.

Goethe sieht vollkommen überrumpelt in die Runde. „A-aber…Schiller, das würde bedeuten, dass Sie mindestens die nächsten zwei Monate durch Deutschland reisen müssten!“

„Großartig!“

„Aber ich kann hier nicht weg!“

Da ist er wieder, der Moment zwischen den beiden Erfolgsautoren, den Alexander ihnen lieber ganz privat gönnen würde: Schillers Blick wird unheimlich weich, sein Lächeln sanft, und er scheint nur noch Goethe wahrzunehmen.

Goethe scheint nur noch Schiller wahrzunehmen.

„Aber Goethe“, beginnt Schiller leise und schlingt seine langen Arme dem anderen um den Hals, „Ich bin die letzten Wochen keine Sekunde von Ihrer Seite gewichen, meinen Sie nicht auch, dass ein wenig Abstand uns einmal guttun würde?“

Heinrich betrachtet Goethes Gesichtszüge und darf das erste Mal, seitdem sie ihn im Theater beobachtet haben, wieder feststellen, dass er richtig freundlich aussieht. So könnte man ihn fast mögen.

„Ich schreibe Ihnen, Goethe, ich rufe Sie jeden Abend an.“ Schiller haucht ihm einen Kuss auf die Wange, während seine Hände ihm durch die dunklen Haare fahren.

Heinrich merkt, wie Alexander ihn mit der Nase anstubst, und sieht zu seinem Freund auf. Dieser grinst ihn an.

Heinrich grinst zurück.

„N-na gut.“, kommt es schließlich von Goethe, und Schiller gibt ihm noch einen Kuss auf die Stirn, bevor er sich von ihm löst.

Der Verlagschef richtet sich die Krawatte und räuspert sich, bevor er sich wieder an Heinrich und Alexander wendet.

„Wenn es Ihnen Recht ist, Herr Kleist, macht Schiller für Sie die Lesungen.“

„Das wäre mir sehr Recht.“, antwortet der Junge und wirft Schiller einen dankbaren Blick zu, den dieser nur mit einem freudigen Grinsen erwidert.

„Aber rechnen Sie nicht damit, dass Sie vollkommen bedeckt bleiben können.“, redet Goethe weiter, „Früher oder später wird man sich für Ihre Person interessieren, dann nehme ich es mir heraus, ein Interview bei einer Zeitschrift zu organisieren.“

„O-okay.“, stimmt Heinrich zu, da er merkt, dass er wohl keine andere Wahl hat.

„Dann sollten wir endlich einen richtigen Vertrag mit Ihnen schließen, sonst kommt mir noch irgendjemand mit der Behauptung, ich hätte Ihnen Ihre Rechte einfach geklaut.“

„Natürlich.“

„Und wir einigen uns auf Ihr Honorar. Aber glauben Sie ja nicht, dass ich Ihnen im Voraus etwas zahlen würde.“

„N-nein, natürlich nicht! I-ich nehme mal an, dass ich pro verkauftes Buch einen Prozentsatz bekomme.“

„Richtig. Ich komme mir schon großzügig genug vor.“ Hierbei wirft er Alexander einen Blick zu.

„Das Buch wird bestimmt noch ein Verkaufsschlager.“, versichert dieser, woraufhin Goethe ihn eher skeptisch ansieht.
 

Als Heinrich und Alexander wieder im Auto sitzen, atmet der Junge erleichtert aus.

„Na, so schlimm war’s doch gar nicht.“, meint Alexander.

„N-naja, es ging.“

„Aber gegen Ende hast du ihn doch nochmal richtig beeindruckt, als du ihm schneller als der Taschenrechner dein Honorar ausgerechnet hast.“

„Jaaa…“, kommt es von Heinrich ein wenig beschämt, „Aber mein Buch hasst er immer noch.“

„Ach, was.“, widerspricht Alexander und startet den Wagen.

„Doch. – Schiller ist aber echt nett.“

„Er ist mir ein wenig zu viel Sonnenschein.“

Heinrich sieht ihn schmunzelnd an. „Und ich bin dir nicht zu viel Sonnenschein?“

„Du bist mein Sonnenschein, das ist was anderes.“, entgegnet Alexander mit einem Zwinkern.

„Achso, und Schiller ist Goethes Sonnenschein.“

Der Ältere nickt mit einem Grinsen.

„Ich bin aber der Meinung“, beginnt er wieder ein paar Straßen weiter, „dass wir etwas dagegen unternehmen müssen, dass du so Angst davor hast, vor fremden Leuten zu sprechen.“

Ungläubig sieht der Junge seinen Freund an.

„Was? Das ist im Beruf später wichtig.“

„A-aber ich kann’s nun mal nicht!“

„Ich hab doch gesagt, daran kann man arbeiten.“

„K-kann man nicht! Ich bin ein hoffnungsloser Fall!“

„Bist du nicht.“, versucht ihm Alexander gut zuzureden, aber der Junge schmollt nur die restliche Fahrt über.

Als sie zuhause ankommen und Heinrich sich sofort aufs Sofa schmeißt, um nach der Fernbedienung zu greifen, hält ihn Alexander auf.

„Wie wär’s wenn wir erst mal ne kleine Runde in Ullis Café zusammentrommeln, denen du dein Buch vorlesen kannst.“

„W-was?!?“

„Naja, deine Schwester, Nicole, Tim…deine Mutter, Michi und ich?“

„D-die interessieren sich doch gar nicht dafür.“, widerspricht Heinrich und versucht seine Hand zu befreien, um endlich den Fernseher anzuschalten.

Alexanders Griff um seine Handgelenke ist aber unnachgiebig. „Doch bestimmt. Wenn du bereit dazu bist, dann machen wir das mal, ja?“

„Ich bin aber nicht bereit dazu.“

Alexander seufzt. Lächelnd fährt er seinem Freund durch die Haare und gibt ihm einen zärtlichen Kuss.

„W-wofür war das?“

„Dafür, dass ich einer der Menschen sein darf, bei denen du dich traust, ganz du selbst zu sein.“

Unsicher muss Heinrich das Lächeln erwidern, bevor er vom Älteren in den Arm genommen wird.

Die Fernbedienung fällt zu Boden.
 

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Mal ein kürzeres Kapi von mir XD
 

Ich nutz die freien Wörter also dazu, euch erstens auf ein Rätsel in meinem Weblog aufmerksam zu machen:

http://animexx.onlinewelten.com/weblog/556674/

(Es geht um Shounen-ai Pärchen zu den verschiedenen Literaturepochen und es gibt ein FA zu gewinnen ;3)
 

und zweitens auf meine neue FF "Bashert" über Kafka und Kleist:

http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/556674/284661/

Auch wenn ihr eingefleischte Alex/Heinrich-Fans seid, wär es lieb, wenn ihr mal reinschauen würdet; ich bin ja der Meinung, unser Heinrich und der Kleist aus "Bashert" sind sowieso zwei ganz verschiedene Personen XD
 

Und zu einem Valentinstags-Kapitel hab ich mich jetzt entschlossen, es wird nur ein klein wenig dauern, bis es dran ist :3

Am nächsten Morgen liegt Heinrich eine Weile wach und denkt nach, bevor auch Alexander sich neben ihm rührt. Brummend rutscht er näher und umschlingt den Jungen, um sich an ihn zu kuscheln.

„Du siehst so nachdenklich aus, mein Schatz.“

„Ich hab mir überlegt, ob ich nächstes Semester nicht vielleicht ein Seminar nehm, bei dem Referate gefordert sind.“

„Hmm, das ist bestimmt gut.“, findet Alexander, „Wann könnt ihr denn wählen?“

„Nächste Woche, glaub ich.“

„Mhm.“

„Da fällt mir ein, dass Tim sich melden wollte, wenn er wieder zuhause ist. …Ob er das in Stuttgart nicht überlebt hat?“

Alexander lacht leise. „Bestimmt, er hat doch nen Selbstverteidigungskurs gemacht.“

Plötzlich klingelt das Telefon.

Heinrich springt in seinem Disney-Pyjama aus dem Bett. „Oh, vielleicht ist er das ja!“

Freudig poltert er die Treppe hinunter und nimmt ab. „Ja?!“

„Hallo Heinrich, Wilhelm hier.“

„Oh, g-guten Morgen.“, bringt der Junge ein wenig peinlich berührt raus, dass er sich nicht anständig gemeldet hat.

„Morgen, ich weck euch doch aber nicht?“

„N-nein, keine Sorge, wir lagen zwar noch im…im Bett, aber wir waren wach.“ Heinrich beißt sich als Strafe für den Stuss, den er zusammenredet, auf die Zunge.

Als Wilhelm am anderen Ende der Leitung lacht und durchs Telefon dabei wie Alexander klingt, wird er ganz rot im Gesicht und seine Hand krallt sich im Pyjama fest.

„Dann will ich nicht länger stören, Alexander kann mich auch gerne später zurückrufen.“

„N-nein! – Also…Du störst nicht. Ich – ich geb dich weiter, Moment.“ Hastig stürmt er die Treppe hinauf, um einem verdutzten Alexander mit hochrotem Kopf den Hörer in die Hand zu drücken.

„Wilhelm.“, bringt der Junge heraus, bevor er sich neben seinen Freund ins Bett schmeißt, den Kopf voran ins Kissen.

„Wilhelm?“

„Ja, Morgen, Alexander.“

„Morgen, ist was passiert?“

Wilhelm gibt ein Seufzen von sich. „Muss denn immer was passiert sein, dass wir miteinander telefonieren?“

„Äh…nein.“

„Gut, es ist aber was passiert: Anscheinend hast du meine E-Mail nicht bekommen, dass heute um zwölf Uhr dreißig die Kollegiumssitzung fürs nächste Semester an der Uni stattfindet.“

„Shit.“

„Ich erwarte dich also pünktlich mit den Unterlagen für deine Kurse und einer gewählteren Ausdrucksweise im großen Sprechzimmer. Und…“

„Was?“, kommt es ein wenig patzig von Alexander, der seinen vor wenigen Sekunden gefassten Plan von einem gemütlichen Tag im Bett zunichtegemacht sieht.

„Womit ihr bis eben auch immer beschäftigt wart, beeilt euch damit ein wenig. Bis später.“

Tuut. Tuut. Tuut.

„Was ist, mein Schatz?“, fragt Heinrich vorsichtig nach, da sein Freund doch etwas angepisst dreinblickt.

„Ich muss um Zwölf los an die Uni.“

„Oh.“

„Ja, und da wir noch fast zwei Stunden bis dahin Zeit haben, hätt ich jetzt noch ein wenig Spaß mit dir gehabt, aber wenn mein Bruder weiß, was mir machen, macht’s keinen Spaß mehr.“

Mit gespitztem Mund blickt Heinrich ihn blinzelnd an. „Wieso nicht?“

Alexander wirft ihm einen geschockten Blick zu. Tut der Kleine nur so verständnislos?

„Was habt ihr vorhin eigentlich geredet, dass du so rot im Gesicht warst, als du mit dem Telefon zurückkamst?“

„Er hat, ähm…“ Nervös zupft der Junge am Kopfkissen rum. „Er hat den Kommentar, dass wir im Bett liegen, aber schon wach sind, wohl falsch gedeutet…“

Aufgebracht legt Alexander den Hörer auf dem Nachttisch ab. „Was glaubt der denn?!, dass wir’s jede freie Minute miteinander tun?!?“

Heinrich räuspert sich. „Najaaa…so ganz falsch liegt er damit ja nicht.“

Alexander lässt sich mit verschränkten Armen zurück ins Kissen sinken. „So, du wolltest es nicht anders: keinen Sex heute.“

„W-was?!?“

„Ja, du hast schon richtig gehört, wer mir in den Rücken fällt, braucht sich nicht zu wundern.“

„A-aber, Alex…!“

„Nein.“ Mit seinem Ellenbogen hält er den Jungen auf Abstand.

Enttäuscht legt sich Heinrich wieder auf seine Seite und umschlingt ersatzweise das Kopfkissen. „Das ist gemein.“

Alexander schweigt stoisch.

Der Junge seufzt theatralisch auf und streichelt das Kissen. „Hallo Herr Kissenmann, wollen Sie es dann heute mit mir tun?“

Alexander glaubt, er hört nicht recht, lässt sich aber nichts anmerken.

„Ja, ich weiß.“, redet Heinrich weiter, „Herr Professor Humboldt hat weitaus mehr zu bieten. Haben Sie ihn schon mal nackt gesehen? – Oh, ja, Sie haben uns beide schon nackt gesehen, klar. – Neiiin, hören Sie doch auf, Sie beschämen mich. – Ich weiß, das hat mir auch sehr gefallen. Jetzt kann man den Pyjama ja wunderbar waschen…“

Alexander horcht interessiert auf.

Heinrich beginnt zu kichern. „Hihi, Sie sind ja ein richtiger Schwerenöter, Herr Kissenmann. Aber weil mein Freund mich für heute abgeschrieben hat, dürfen Sie gerne meinen – h-hey, Sie Schlingel…“

Aus dem Augenwinkel beobachtet Alexander, wie der Junge sich das Kissen den Körper hinabschiebt. Als es in seinem Schritt angekommen ist, dreht er sich auf den Bauch, sodass er es zwischen sich und der Matratze einklemmt. Mit einem siegessicheren Grinsen, das der Ältere jedoch nur als genießerisch deuten kann, beginnt er sich daran zu reiben.

„Aah, Herr Kissenmann, das machen Sie gut…so guuut…“

Alexander versucht standhaft zu bleiben, nur gelingt ihm die Standhaftigkeit dafür leider in den falschen Körperregionen.

„Jaah~ weiter…mmmh…das gefällt mir…Sch-schade, dass Sie nur Zipfel und keinen Schwanz haben, Herr Kissenmann…hnnn~ “

„H-Heinrich…“

Der Junge gibt ein Seufzen von sich und dreht sich auf den Rücken. Mit zerzausten Haaren blickt er zu seinem Freund auf, das Oberteil über den Bauchnabel hinaufgerutscht, die Hände überm Kopf und die Beine bewusst gespreizt, sodass Alexander in seiner hellblauen Pyjamahose auch ja sehen kann, was ihm entgehen würde. Er bringt ein zuckersüßes Lächeln auf seine Lippen.

„Ohh, Herr Kissenmann, ich glaub, da ist unsere Rettung.“

Den nächsten Moment schon liegt Heinrich unter seinem Freund auf der Matratze. Er jauchzt auf, als er an seinem Steiß spürt, wie sehr Alexander ihn will.

„Hab ich dich.“, keucht er.

„Freu dich nicht zu früh.“, raunt ihm Alexander ins Ohr, „Ich muss um Zwölf losfahren und fürs Duschen und ne Tasse Kaffee brauch ich ne Viertelstunde. Bis dahin gehörst du mir.“

„Aujaaa…“, gibt Heinrich entzückt von sich und keucht gleich noch einmal auf, als Alexander sich kurz darauf vollständig nackt wieder an ihn presst.

„Jetzt zeig ich Herrn Kissenmann mal, wer hier der bessere Liebhaber ist.“

„M-mach das, ah – Alex…!“
 

Um Zwanzig vor Zwölf gibt Alexander seinem Freund den letzten Kuss auf die Wange und streicht ihm die schweißnassen Haare aus der Stirn.

„Hmm, das war großartig.“, findet er.

„Ich glaub“, bringt Heinrich mit einem zufriedenen Lächeln heraus, „ich muss dich öfters mal eifersüchtig machen, unter Konkurrenzdruck leistet du ja viel mehr…“

„Das ist der Urinstinkt des Mannes.“

Der Junge kichert leise.

„Wenigstens weiß Herr Kissenmann jetzt, dass er seine Zipfel von dir lassen soll.“

„Ohja.“, gibt ihm Heinrich Recht und schaut hinüber zum zerknautschten Kissen, das eindeutig in die Wäsche muss. Genauso wie sein Pyjama. Im Moment ist er aber viel zu geschafft, um aufzustehen.

„Also, bis heute Nachmittag dann. Ich ruf an, wenn ich mich auf den Heimweg mach, du kannst uns ja was kochen.“

„Mach ich, mein Schatz.“, verspricht Heinrich und lässt sich von Alexander noch einmal durch die Haare streichen, bevor dieser sich erhebt und das Schlafzimmer verlässt.
 

Als er geduscht ist, das Bett neu bezogen, und der Kissenbezug und der Pyjama in der Waschmaschine sind, macht sich Heinrich auf den Weg zum nächsten Supermarkt. Während er in der S-Bahn sitzt und doch schon noch spürt, was sie vorhin eine gute Stunde miteinander getrieben haben, schleicht sich ein Grinsen auf seine Lippen, das die Omi ihm schräg gegenüber wohl als bedrohlich deutet.

Ohja, das bekommt sein Alex so bald wie möglich zurück.

Dass er aber auch laufend nachgeben muss. An Silvester zum Beispiel, da hätte er doch auch mal… Aber nein, immer wieder landet er unten.

Seine Gesichtszüge wandeln sich von frustriert zu träumerisch. …Naja, es fühlt sich halt so schön an, von seinem Alex genommen zu werden. Das kann er keinesfalls leugnen…

– Oh, hier muss er raus!
 

Ebenso zerstreut wandelt er durch den Supermarkt, stellt fest, dass er sowohl beim Baguette, als auch bei der Gurke und der Melone an unanständige Dinge denken muss. Gerade als er vor der schwierigen Entscheidung steht, ob er nun die längere dünnere Gurke, oder doch die kürzere dickere nehmen soll, klingelt sein Handy.

„Tim!“

„Frohes Neues!“

„Dir auch! Silvester gut überstanden?“

„Kann man so sagen.“, kommt es vom Rothaarigen äußerst zufrieden, „Adele hat mir auf wunderbare Weise dafür gedankt, dass ich mit ihr so brav sämtliche Staffeln Sex and the City angeschaut hab.“

Heinrich muss grinsen und nimmt die dickere Gurke in die freie Hand, um sie zu befühlen. „Auf wunderbare Weise, soso.“

„Jap. Auf wunder-wunder-wunderbare Weise. Aber Genaueres würd ich dir erzählen, falls wir uns mal wieder treffen könnten. Nicole hat heute Abend nach Ladenschluss in Ullis Café vorgeschlagen. Also, die beiden wären dann auch dabei.“

„Oh, ja, das wär cool.“, sagt der Junge zu, bevor er der dicken Frau einen bösen Blick zuwirft, die ihn von der Gemüseauslage wegdrängt.

„Kommt Alex mit?“

Auf Heinrichs Gesicht legt sich ein gehässiges Grinsen und er betrachtet eindringlich die Gurke in seiner Hand. „Kommt drauf an, ob er noch laufen kann, nachdem ich mit ihm fertig bin.“

Er legt die Gurke in seinen Einkaufskorb, den er am Arm trägt, ignoriert den irritierten Blick der dicken Frau und läuft weiter. Tim lacht sich derweil am anderen Ende der Leitung kaputt.

„Uhh, was hast du denn mit dem Armen vor?“

Heinrich beugt sich vor dem Nudelschrank nach vorne, sodass ein älterer Herr mit dem Einkaufswagen seinem Hintern ausweichen muss. „Ich?“, meint er und besieht sich die verschiedenen Nudelsorten, „Ich werd ihn erst mal mit meinem köstlichen Mittagessen mästen, dann werd ich ihn den Abwasch machen lassen, und während er“ Er entscheidet sich für die Bandnudeln. „noch an der Spüle steht, werd ich von hinten über ihn herfallen.“

Von Tim kommt die Andeutung eines Lachens. „Das stell ich mir geil vor.“, bringt er schließlich mit rauer Stimme heraus.

„Und wie geil das werden wird.“, gibt ihm Heinrich Recht und macht sich auf zum tiefgekühlten Fisch. „Ich hab nämlich schon nach dem ersten Mal überlegt, wie sich das wohl von hinten anfühlt.“

„Es ist weniger…liebevoll, oder?“

„Naja, auf jeden Fall – Entschuldigung?“

Mit dem Ellenbogen voran schiebt er sich an einem Mann in Alex‘ Alter vorbei, der direkt vor dem Lachs steht und mal wieder keinen Plan von nichts hat. Typisch Familienvater, der das erste Mal ohne Frau einkaufen geht. Aber hübscher Hintern.

„Also, auf jeden Fall find ich es animalischer, wenn er’s mir von hinten macht. Und ganz besonders geil ist es ja im Stehen. Hm“ Reichen zwei Stücke, oder soll er lieber vier nehmen? „Wobei wir das schon lange nicht mehr hatten, muss ich mal demnächst initiieren.“

„Hihi, mach das.“

Zwei reichen.

Den Tiefkühllachs also in seinem Korb dreht Heinrich sich wieder um und muss feststellen, dass ihn der Familienvater ganz seltsam anblickt.

Hat er was Schlimmes gesagt?

Mit einem schüchternen Lächeln winkt er dem Mann jedenfalls zu, bevor er sich vom Acker macht.

„Also nehm ich mal an, dass ihr beide heute Abend vorbeikommt. Zur Not kannst du Alex ja bis vor die Tür fahren.“, schlägt Tim vor.

„Gute Idee.“, stimmt ihm Heinrich zu und stellt seinen Einkaufskorb auf dem Band an der Kasse ab, „Aber vielleicht bin ich auch nicht ganz so brutal, wenn er schön brav ist.“

„Genau, hab Mitleid mit ihm.“

„Jaha, das würdest du natürlich haben, aber er hat mich heute Morgen schon wieder fürchterlich aufgeregt.“

„So? Wie das denn?“, hakt der Rothaarige schon fast besorgt nach.

„Erst verweigert er mir den Sex und dann, als ich ihn doch rumgekriegt hab, übertreibt er’s gleich wieder.“

Heinrich kann fast hören, wie Tim mit den Augen rollt. „Gib’s doch zu, eigentlich hat’s dir gefallen.“

„Naja, ein wenig.“, entgegnet der Junge schmunzelnd, „So, ich muss jetzt aber Schluss machen, bin im Supermarkt an der Kasse und komm gleich dran.“

„Was?!? Im Supermarkt unterhältst du dich mit mir über so Sachen?!“

„Hört mir doch eh keiner zu.“, winkt Heinrich ab, sieht dabei aber nicht die äußerst verstörten Blicke sämtlicher anderer Leute hinter und vor ihm. „Also, bis heute Abend dann.“

„Jap, bis dann, kleiner Nimmersatt.“

„Tschau.“, lacht Heinrich kopfschüttelnd und legt auf.
 

Alexander wird zuhause mit dem Duft von frischem Essen und einem schmatzenden Kuss auf die Lippen empfangen.

„Hmm, Tomatensoße.“

„Korrekt.“ Mit noch gänzlich unschuldiger Miene nimmt Heinrich seinem Freund die Jacke ab und hängt sie im Flur auf. „Mit Nudeln und Lachs, und Gurkensalat.“

„Klingt lecker.“

„Mhm, lecker.“, murmelt der Junge mit einem intensiven Blick auf Alexanders Hintern, als dieser sich an den Tisch setzt.

Nachdem sein Freund ihm bezeugt hat, dass das Essen wirklich schmeckt, fragt Heinrich nach, wie es an der Uni war.

„Hm, ich hatte natürlich nicht so viel vorbereitet und musste improvisieren, aber ich geb einfach wieder die gleich Vorlesung, wie die letzten Semester auch schon, und zu nem Seminar hab ich mich entschlossen.“

„So, zu welchem Thema denn?“, fragt Heinrich interessiert nach.

„Nein“, lacht Alexander, „Dich schmeiß ich aus der Liste, falls du es wagst, dich einzutragen – und Tim auch!“

„Och, jetzt sag doch erst mal das Thema.“, bettelt der Junge.

„Philosophen und Homosexualität.“

„Uuuh, ich glaub, da schreib ich mich– “

„Nein, wirst du nicht! Wilhelm ist auch dagegen.“

Enttäuscht blickt Heinrich seinen Freund an. „Hm, ob es hilft, wenn ich mal bei ihm vorbeischau und weinend in seinen Armen zusammenbrech?“

„Sicherlich.“, entgegnet Alexander genervt, „Aber dann haben wir wieder das gleiche Problem mit den Noten und der Unterricht würde total ausarten.“

„Ui, das klingt doch gut.“

„Heinrich.“ Alexander blickt ihn streng an.

„Schon gut.“

„Such dir was anderes Schönes aus, hm?“

„Naja, ich schau mal…“, gibt der Junge auf.

„Hat sich Tim gemeldet?“, versucht der Ältere das Thema zu wechseln.

„Ah, ja!“, fällt es Heinrich wieder ein, „Er hat angerufen, dass wir uns heute Abend bei Ulli im Café treffen können. Ich hab zugesagt, du gehst doch mit, oder?“

Alexander schenkt ihm ein Schmunzeln. „Wenn du schon zugesagt hast.“

„Supi!“, kommt es freudig vom Jungen. Diese Taktik sollte er also öfters mal anwenden…

Mit einem Grinsen auf den Lippen isst er weiter und freut sich schon höllisch auf den Nachtisch. So höllisch, dass sich in seiner Hose schon einiges regt.

Als der Nachtisch dann wirklich vor der Spüle steht, um die Töpfe zu säubern, die nicht mehr in den Geschirrspüler passen, schmiegt er sich von hinten an ihn und schlingt ihm die Hände um den Bauch.

Alexander hält in seiner Tätigkeit inne, während Heinrich beginnt, sein Hemd aufzuknöpfen.

„Das…das an meinem Hintern, ist…doch sicherlich eine Gurke, oder?“

„Ich verbitte mir diesen Vergleich.“

„A-also doch das, was ich glaube, dass es…?!“

Heinrich schnurrt zur Antwort nur etwas gegen seinen Rücken, während seine Hände am Bauch des Älteren tiefer wandern, um ihm die Hose zu öffnen.

„H-Heinrich…“, bringt Alexander nervös lachend heraus, „Was…aber doch nicht hier, wir…und nicht so plötzlich, ich bin– ah!“ Er keucht auf, als der Junge ihm in den Nacken beißt.

„Keine Sorge, ich bring dich schon noch in Stimmung, mein Schatz.“, murmelt Heinrich und schiebt seinem Freund die Anzugshose samt Unterhose vom Hintern.

Eine Hand wandert wieder nach vorne auf Alexanders Bauch, während die andere sich an seiner eigenen Hose zu schaffen macht.

„Und?“, haucht er, als er sich nackt wieder an den anderen presst, „Immer noch Gurke?“

„K-kein bisschen.“, kommt es brav von Alexander, wofür er gleich von seinem Freund belohnt wird: Der Junge lässt seine Hände hinauf an die Brust des Älteren wandern, wo er sich den Brustwarzen zuwendet.

„Ah-ahnn~ H-Heinrich…“ Keuchend wirft Alexander den Kopf in den Nacken und bettelt damit regelrecht danach, noch einmal gebissen zu werden, findet Heinrich.

Sein Freund stöhnt bei dem Biss auf, was den Jungen sich noch heftiger an ihn reiben lässt.

Er ist gerade der Meinung jetzt wäre es soweit, seinen Freund vorsichtig auf ihn vorzubereiten, da wollen Alexanders Hände nach ihm fassen.

„Die bleiben vorne!“

„Aah!“

Der Schlag auf den Hintern hat gesessen.

„A-aber…!“

„Kein Aber“, meint Heinrich mit rauer Stimme, „Und hier ist deine Bestrafung.“

Alexander muss sich am Spülbecken festhalten. Er keucht und stöhnt verzweifelt ob der heißen Lust, die ihn mit einem Mal ausfüllt, die seine Beine fast nachgeben lässt. Und kaum hat er sich ein wenig an dieses Gefühl gewöhnt, beginnt sein Freund sich zu bewegen. Aber mit einer Geschwindigkeit, die ihn nur Sterne sehen lässt.

Heinrich kann nichts dafür. Er hat nur feststellen können, dass es sich immer noch so absolut atemberaubend anfühlt, wie das erste Mal schon, einfach nur so verdammt gut, dass er gar nicht genug davon bekommen kann. Und je schneller und härter er wird, desto lauter und leidenschaftlicher stöhnt sein Alexander.

Der weder weiß, dass das das Spülbecken ist, über das er sich lehnt, noch was es eben zum Essen gegeben hat, sondern nur noch, dass er gleich vor Lust explodieren muss, falls sein Heinrich diesen Rhythmus beibehält.

Und das tut er. Seine Hände in Alexanders Bauch gekrallt, gewährt er ihm keine Gnade, und als er von weit weg irgendwo dessen lauter werdendes Stöhnen vernimmt und an den Zuckungen seiner Hüfte merkt, dass der Ältere gerade seine Erlösung findet, kann auch er nicht mehr an sich halten.

„A-Alex!“, schreit er und umschlingt seinen Freund von hinten ganz fest, um ihm so nah wie möglich zu sein.
 

Als er schwer schnaufend wieder zu sich kommt, merkt er, dass Alexanders Beine soeben nachgeben, und er stützt ihn ein wenig, damit sie sich beide vor der Spüle auf den Boden sinken lassen können.

„I-ist alles okay bei dir?“, fragt er den Älteren besorgt und streichelt ihm über die Wange.

Mit einem Lächeln auf den Lippen wendet sich Alexander zu ihm um, sein ganzer Gesichtsausdruck noch vollkommen vernebelt. „Jaah…Mir ging’s nie besser…“

Heinrich muss leise kichern und nimmt ihn in den Arm, um ihm einen zärtlichen Kuss zu geben. „Das freut mich.“

„I-ich brauch ein warmes Bad.“

„Na, und wer spült dann die Töpfe fertig ab?“

„Das…lass die erst mal…“, winkt Alexander völlig fertig ab.

„Aber nur, weil ich dich so lieb hab.“, meint Heinrich mit einem süßen Lächeln und greift seinem Freund unter die Arme, um ihm hoch zu helfen.

Auf wackligen Beinen macht sich dieser auf den Weg ins Bad, wo der Junge ihm Wasser einlässt und ihm hilft, sich aus seinen Kleidern zu befreien.

„Ohh, du bist da ja richtig rot! Ich hol die Salbe, die Bisswunden müssen wir nach dem Baden gleich einreiben! D-das tut mir Leid, so fest wollt ich gar nicht zubeißen!“

„Schon okay.“, versucht ihn Alexander mit einem Lächeln zu beruhigen und fährt ihm durch die Haare.

Heinrich wirft sich ihm an die Brust. „Du sagst mir, wenn ich zu weit geh, ja?“

„Zu…? Aber, Kleiner“ Er nimmt den Jungen am Kopf und zwingt ihn, ihn anzusehen, „Das eben war geil, Heinrich. Wieso sonst wär ich so schnell gekommen? Ins Spülwasser.“

Heinrich muss schmunzeln. „Ins Spülwasser?“

Alexander lacht nur leise und lässt sich wieder küssen.

„So lange kannst du aber nicht in der Wanne bleiben, wir sind schließlich noch in Ullis Café verabredet.“, erinnert ihn Heinrich.

„Ich weiß.“, flüstert der Ältere und will ihn nicht loslassen, „Legst du dich zu mir?“

Der Junge grinst ihn an. „Gerne.“

So liegen sie ein wenig später beide in der Badewanne, Heinrich an Alexanders Brust in seinen Armen, die Augen geschlossen.

„Ein ereignisreicher Tag, dafür dass du mir heute Morgen noch den Sex verweigern wolltest.“

Alexander küsst ihm schmunzelnd die Haare. „Und er ist noch nicht vorbei.“
 

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Ein sehr albernes Kapi für zwischendurch XP
 

Wer noch was ernsteres lesen will, für den wäre das neue Kapi bei meinen "Classics" was :3

http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/556674/280993/826999/default/#paragraph-0

Als Alexander und Heinrich Hand in Hand das Café betreten, sitzt die kleine Runde schon an zwei aneinandergeschobenen Tischen zusammen.

„Frohes Neues, ihr beiden!“, begrüßt sie Ulrike, die gerade ein Bier für Tim zapft.

„Euch allen auch.“, winkt Heinrich zurück und umarmt erst mal seine Mutter, die er auf Ullis Erlaubnis noch eingeladen hat, und dann die Geschwister Ehrhardt.

„Na, du kannst ja noch laufen.“, kann sich Tim natürlich den Kommentar Alexander gegenüber nicht verkneifen.

Dieser sieht seinen Freund ungläubig an, einen Zeigefinger in Richtung des Rothaarigen ausgestreckt. „Wieso weiß der schon wieder Bescheid?!“

Heinrich zuckt unschuldig mit den Schultern.

Als Ulrike zwei Bier auf dem Tisch abgestellt hat, wird auch sie noch mit einer Umarmung begrüßt.

„Aah, zerquetsch mich doch.“, meckert sie, als Alexander sie wieder loslässt.

Der grinst nur. „Achso, du stehst eher auf Küsschen rechts, Küsschen links, ja?“

Sie verdreht nur die Augen, bevor sie schnaubend ein Lachen von sich gibt. „Da steht dein Bier.“

„Danke.“

„Heinrich, was darf’s für dich sein?“

„Ne Cola.“

„Ihr habt den Gutschein fürs Café ja noch gar nicht eingelöst.“, merkt Nicole an.

„Wir haben noch keine Zeit dazu gefunden.“, entgegnet Heinrich, „Aber du trägst schon unser Weihnachtsgeschenk.“

„Jaa, die sind ganz toll!“, findet Nicole, die immer noch ihr Bedienungsoutfit anhat, und streckt ihm eines ihrer Beine entgegen, an denen sie die Herzchen-Netzstrumpfhose trägt, „Kommt auch bei den Kunden gut an.“

„Zu gut.“, grummelt Ulrike und stellt Heinrich die Cola hin, bevor sie auf dem freien Stuhl dicht neben ihrer Freundin Platz nimmt und ihr einen Kuss auf die Wange gibt.

„Und? Habt ihr alle Silvester gut rumgekriegt?“, fragt sie daraufhin in die Runde.

Von allen Seiten erntet sie Zustimmung.

„Du hast mir versprochen, wir werden Genaueres über deine Tage bei Adele in Stuttgart erfahren?“, erinnert Heinrich den Rothaarigen, der zu seiner Rechten sitzt.

„Jap, genau.“, meint dieser und grinst freudig vor sich hin, „Irgendwie hat’s Adele doch wirklich geschafft, Clara anderweitig zu beschäftigen, die war jedenfalls nicht dabei. Wir zwei waren ganz für uns alleine.“

„Wie romantisch.“, kommt es von Juliane entzückt.

„Und ihr habt die ganze Zeit Sex and the City geschaut?“, will Nicole wissen.

Tim wirft seiner Schwester einen mahnenden Blick zu. „Das magst du vielleicht nicht ganz verstehen, Nici, aber ich bin als Mann für meine Freundin doch schon ein wenig interessanter als so ne US-Serie.“

„Hihi, das war aber nicht immer so.“, kichert Heinrich.

„Hey, fall mir doch in den Rücken!“

„Kinder, Kinder, reißt euch mal zusammen.“, lacht Alexander und schaut amüsiert hinüber zu Juliane, die ebenfalls ein Schmunzeln hinter ihrem Handrücken versteckt.

„Also“, beginnt Tim wieder mit einem großen Seufzen, „Ihre Wohnung ist super gemütlich und alles ist ultra ordentlich, da hab ich mich nachträglich noch dafür geschämt, wie’s bei mir aussah, als sie über Weihnachten bei mir war…“

„Tja, ich frag mich sowieso, wie ihr beide zusammenpasst.“, kommentiert Heinrich mit einem breiten Grinsen.

Tim hält kurz inne, um seinen Kumpel und dessen Freund mit einem skeptischen Blick zu bedenken, den Alexander damit erwidert, dass er seinen Heinrich besitzergreifend an sich zieht.

Schmunzelnd fährt der Rothaarige fort. „Jedenfalls hat sie den ersten Tag für mich gekocht, wunderbar lecker, an Silvester musste ich mithelfen…das lief dann nicht so gut.“

Die anderen lachen auf.

„Naja, es wäre wohl ungenießbar gewesen, wenn ich nicht in ihrer Gesellschaft gegessen hätte.“

„Was ist denn passiert?“, fragt Juliane nach, „Hast du was versalzen?“

„Öhm…wir wollten den Flammkuchen flambieren…ich hab’s mit dem Flambieren anscheinend ein wenig übertrieben…“

„OhmeinGott, steht ihre Wohnung noch?!“, ruft Nicole aufgebracht.

„Jaa, so schlimm war’s auch wieder nicht.“, verteidigt sich ihr Bruder, „Ich hab dann alles wiedergutgemacht, indem ich sie fast ne Stunde lang massiert hab.“

„Awww…“ Juliane schnurrt bei der Vorstellung, dass Michael sie einmal so verwöhnt.

„Eine Stunde?“, hakt Heinrich verblüfft nach, „Das würd ich ja nicht mal ne halbe Stunde durchhalten.“

„Natürlich nicht“, murmelt Alexander gegen seine Wange, „Du fällst ja schon nach fünf Minuten Massage über mich her.“ Er gibt dem Jungen einen schmatzenden Kuss.

„D-das passiert halt mal…“

„Typisch Männer.“, kommentiert Ulrike.

Nicole wirft ihr einen verständnislosen Blick zu. „Du kannst mich auch keine drei Minuten massieren, ohne mir an die Brüste zu fassen.“

Ulrike wird schlagartig rot.

„N-nicht, dass es mir nicht gefallen würde.“, nuschelt ihre Freundin und entschließt sich dazu, sie fest in die Arme zu nehmen.

„Jap.“, meint Tim, „Dann bin ich wohl doch der Richtige für Adele. Sie hat’s nämlich nicht verdient, dass man einfach so…über sie herfällt. Meiner Meinung nach – Ja, man sollte mit Frauen nur Liebe machen, Sex kann man mit Männern haben.“

„Äh…“, verständnislos blickt Nicole ihren Bruder an, „Ist das nicht das gleiche?“

„Er macht einen Unterschied.“, setzt Heinrich zu einer Erklärung an, der seinen Kumpel voll und ganz verstanden hat, doch er wird von seiner Schwester unterbrochen.

„Hast du dich grad eben als bi geoutet?!?“

Nach einer Weile Schweigen nickt Tim mit einem schüchternen Lächeln. „Ja, wenn du’s so sehen willst.“

„T-tatsächlich?!“, platzt es aus Juliane heraus, bevor sie sich schnell eine Hand vor den Mund schlägt. „Tschuldigung.“

„OhmeinGott, mein kleines Brüderchen– “

„Hatte zu lange zu schlechten Einfluss.“, beendet Ulrike den Satz ihrer Freundin mit einem Seitenblick zu Alexander und Heinrich, die beide unschuldig die Hände heben.

„Wir haben damit nix zu tun!“, verteidigt sich der Junge, „Höchstens Alex ein bisschen.“

„Hey!“

„Vorerst reicht’s mir aber vollkommen, mit Heinrich ab und zu ein interessantes Gespräch zu führen, was die Männer betrifft“, meint Tim mit einem Lächeln, „Ansonsten hab ich ja meine Adele, und wenn ich nach dem Studium zu ihr zieh, dann komm ich auch damit klar, für den Rest meines Lebens hetero zu sein, solang wir beide uns immer noch lieben.“

„Das hört sich süß an.“, entgegnet Juliane und rührt ein wenig verträumt in ihrem Cappuccino.

„Silvester mit Michi war doch bestimmt genauso süß, oder, Mama?“, mischt sich Heinrich ein.

Seine Mutter lacht leise. „Ja, er ist sowieso so niedlich, seit wir zu dritt sind.“, meint sie und legt sich eine Hand auf den Bauch.

„Wisst ihr schon, ob’s ein Junge oder ein Mädchen wird?“

„Nein, wir haben erst Ende März einen Termin, bei dem der Arzt das feststellen will.“

„Ui, da bin ich aber schon gespannt.“, kommt es aufgeregt von Heinrich, „Für dich gab’s an Silvester dann aber keinen Sekt, hoff ich doch.“

„Nein, Micha trinkt auch keinen Schluck Alkohol mehr.“

„Na, das ist dann wenigstens mal ein Mann, der sich auch nach der Befruchtung noch verantwortlich für das Kind fühlt.“, gibt Ulrike von sich, was Juliane ihr gnädig nachsieht.

„Ja“, meint sie, „Ich musste ihm sogar ausreden, die Kanzlei für die neun Monate zu schließen. Das hätt ich auf keinen Fall ausgehalten, wenn er ständig um mich wär, und ich immer Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit…vielmehr seiner Besorgnis.“

„Süß.“, kommt es von Nicole, bevor sie sich ihrer Freundin zuwendet, „Stell dir mal vor, ich mit Babybauch, Ulli.“

„Was?!?“, kommt es von dieser entsetzt, „Bloß nicht! Dich darf niemand schwängern, du gehörst mir!“ Besitzergreifend schlingt sie ihre Arme um die Rothaarige.

Diese gibt ihr kichernd einen Kuss auf die Stirn. „Und was ist mit deinem Bruder…?“

Heinrich schreit entsetzt auf.

„Dagegen hab ich was.“, merkt Alexander an.

„Wow, wir sind uns mal einig.“, muss Ulrike feststellen.

„War auch nicht ernstgemeint.“, versichert Nicole und beschwört es hoch und heilig mit ein paar Küssen.

„Ich muss auf den Schock erst mal wohin.“, meint Heinrich und befreit sich aus Alexanders Umarmung.

„Hast du wieder deine Cola zu schnell getrunken, das ist dir früher im Restaurant auch immer passiert.“, meldet sich Juliane zu Wort und wirft ihrem Sohn einen liebevollen Blick zu.

„Ja, und weil Vater nicht wollte, dass ich aufsteh, hab ich mir in die Hosen gemacht, und als er das zuhause bemerkt hat, hat er mich verprügelt.“

Juliane senkt ihren Kopf.

„Aber jetzt bin ich ja ein freier Mann. Auch wenn ich dir gehör.“ Er gibt seinem Freund einen Kuss auf die Schläfe, der leise lacht.

„Ich komm mit.“, schließt sich Tim an.

„Hinsetzen!“, ruft ihnen Ulrike hinterher.
 

Tim schließt die Tür zur Männertoilette hinter ihnen.

„Da hast du uns ne gute Gelegenheit verschafft.“, murmelt er und kramt in seiner Hosentasche, während Heinrich neben ihm in einer anderen Hosenöffnung kramt.

Als der Rothaarige einige gefaltete Blätter hervorholt, blickt der Junge ihn ein wenig verwirrt an, jedoch bedacht, nicht daneben zu zielen, denn er ist sich fast sicher, dass Ulli für solche Fälle einen Kastrationsmechanismus eingearbeitet hat.

„Das Vorlesungsverzeichnis.“, erklärt Tim.

„Hä? Und dafür müssen wir zusammen aufs Klo?!“

„Jaaa.“, fängt Tim ein wenig ungeduldig an, „Jetzt mach da erst mal fertig und“ – er entzieht seinem Kumpel die Blätter – „wasch dir die Hände!, dann können wir drüber reden.“

Heinrich wäscht sich brav die Hände, trocknet sie sorgfältig ab, und nimmt schließlich eines der Blätter vom anderen entgegen.

Magnetismus und Schlafwandel – Berührungspunkte zwischen Physik und Psyche.“, liest er vor, doch ihm ist immer noch nicht klar, was sein Freund eigentlich von ihm will. „Und?“

„Der Titel ist zweitrangig, schau mal auf den Dozenten.“

Heinrichs Augen weiten sich. „Professor Pfeiffer!“ Das Erstaunen weicht der Freude. „U-und du meinst…?!“

„Ich mein, den Kurs sollten wir belegen.“, entgegnet Tim, „Erstens sammeln wir so Pluspunkte bei Eichendorff, die ist nämlich für den physikalischen Part auch beteiligt, und zweitens, was viel wichtiger ist, nehmen wir so dieses Semester ganz bequem unsere Leistungspunkte mit, ohne dafür mehr machen zu müssen, als ab und zu die Beine breit.“

Heinrich sieht den Rothaarigen geschockt an. „Was?!?“

„Heißt das bei Männern anders? Nach dem Schwamm bücken?“

„N-nein, darum geht’s doch gar nicht! Es geht darum, dass– “ Heinrich senkt die Stimme und sieht Tim eindringlich an. „dass ich einen sehr, sehr eifersüchtigen Freund hab.“

„Deshalb besprech ich das mit dir ja auch aufm Klo…!“, zischt Tim.

Heinrich scheint einen Moment zu zögern.

„Schau, das hat doch Spaß gemacht, bei unserer Philo-Prüfung. Der Typ war doch richtig süß, als er so nervös da auf seinem Stuhl rumgerutscht ist. Je tiefer du dir den Kuli in den Mund geschoben hast.“

„I-ich hab nachgedacht! D-das war keine Absicht…!“, versucht sich der Junge zu verteidigen.

Tim kichert nur. „Aber der Hasenpulli und die durchsichtige Strumpfhose war schon Absicht?“

„H-Hamsterpulli!“, verbessert ihn Heinrich mit knallroten Wangen. „Ja“, gibt er schließlich zu, „War ja ganz witzig. Ich wollt’s halt mal versuchen.“

„Und du meinst nicht, die zwei Stunden freitagnachmittags würden ne angenehme Abwechslung zu unseren schnöden Mathe- und Physikstunden werden...?“

Heinrich antwortet nicht, sondern nimmt sich noch einmal den Ausdruck vor und liest die vom Dozenten verfasste Beschreibung durch.

„Ich hab das selbst auch manchmal, Schlafwandeln, oder jedenfalls sehr lebhafte Träume.“, meint er dann, „Ist eigentlich echt interessant.“

„Siehst du! In diesem Kurs kannst du die Ursachen dafür ergründen!“, versucht ihn Tim zu überreden.

Heinrich muss grinsen. „Okay, aber ich mach mich da nicht alleine zum Affen. Ich will von dir auch Einsatz sehen, ja?“

Der Rotschopf erwidert das Grinsen. „Abgemacht.“, verspricht er und hebt seinem Kumpel eine Hand zum Einschlagen entgegen.
 

Als die beiden wieder zurück zur geselligen Runde stoßen, werden sie vonseiten Ulrike und Alexander mit Pfiffen empfangen.

„Uuuh, das war ja n schneller Quickie.“

„Wieso habt ihr mir nicht Bescheid gesagt, ich hätt euch Gesellschaft geleistet.“

„Haha“ Wenig amüsiert zieht Heinrich seinem Freund am Ohr. „Wir wollten dich aber nicht dabei haben.“

„Das kann ich mir kaum vorstellen.“

Schmunzelnd lässt der Junge seinen Blick von seinem Freund zu seiner Schwester gleiten. „Ihr versteht euch heute ja so gut, was ist denn passiert?“

„Ich weiß jetzt, dass du ihn auch flachlegst, das hebt ihn in meinem Ansehen immens.“, entgegnet Ulrike mit einem breiten Grinsen, das Alexander mit einem geschockten Gesichtsausdruck erwidert.

Juliane wirkt ein wenig verwirrt. „Äh…wie…?“

„N-nichts, Mama.“, versucht Heinrich die Sache zu umgehen, doch seine Schwester lässt die Sache nicht ruhen.

„Heinrich ist jetzt ein richtiger Mann.“

„Oh.“

„Ein richtig wunderbarer Mann.“, ergänzt Alexander und drückt dem Jungen einen Kuss auf die Wange, der mittlerweile ein wenig rot angelaufen ist.

„Ä-äh, Ulli, Nicole, ihr wollt doch sicher auch noch erzählen, wie euer Silvester so war.“, versucht er abzulenken.

„Auja.“, reagiert Nicole sofort, und ihre Augen beginnen zu funkeln, „Das war echt toll…! Ulli ist nämlich ne echt gute Köchin – ich ja theoretisch auch“

„Aber praktisch geht immer irgendwas schief.“, ergänzt Ulrike mit einem nachsehenden Lächeln.

Nicole nickt beschämt. „Ja, deshalb bin ich immer froh, wenn Ulli da ist, die rettet mich dann regelmäßig vor fliegenden Mixern und explodierenden Mikrowellen.“

Tim und Heinrich verziehen bei der Vorstellung, wie man das bitte fertigkriegt, das Gesicht.

„Also, wir haben zusammen gekocht, und dann sollte ich ins Bad, das Kostüm anziehen, das sie mir– “

Ulrike räuspert sich laut. „Das war ein Abendkleid.“

Verwirrt sieht Nicole ihre Freundin an. „Hast du nicht was von Kostüm gesagt?“

Ich hatte ein Kostüm an.“

Als sich die irritierten Blicke der anderen immer noch nicht legen, setzt sie genervt hinzu: „Ein Hosenanzug! Nennt man doch Kostüm!“

„Das stimmt.“, gibt ihr Juliane zu ihrer Erleichterung Recht.

„Jedenfalls war, als ich wieder aus dem Bad zurückkam, der Tisch wunderbar gedeckt, mit Kerzen und Servierten und allem, und Ulli hat diesen supersexy Anzug angehabt…“ Hier schweift die Rothaarige ab und schmiegt sich an ihre Freundin, um ihr einen liebevollen Kuss zu geben. „Du sahst besser darin aus, als jeder Mann.“, schmachtet sie.

„Und du sahst so megasexy in deinem Kleid aus, ich hätte dich verspeisen können.“, entgegnet Ulrike und beißt ihr zärtlich in die Unterlippe.

„Hihi, das hast du doch gemacht…“, kichert Nicole und lässt sich erneut küssen.

„Heyheyhey, nicht in der Öffentlichkeit!“, unterbricht sie Tim.

Mit roten Wangen befreit sich seine Schwester ein wenig aus Ulrikes Umarmung. „Ja, ähm…Wir haben also gegessen, haben dann…sind…“ Hilfesuchend sieht sie die Ältere an.

„Haben dann ausgenutzt, dass die Bewohner unter uns außer Haus waren.“, fährt Ulrike fort, wobei sie Heinrich und Alexander einen vielsagenden Blick zuwirft.

„J-ja“, beginnt Nicole wieder, „Und dann haben wir uns aufs Sofa gekuschelt und ein paar alberne Fotos gemacht.“

„Aber du sahst so süß aus, mit den Katzenohren.“

„Die zieh ich auch gerne wieder für dich an.“, schnurrt die Rothaarige.

„Mmmh…mit dem Katzenschwanz…“

„Jaah~“

Alexander räuspert sich. „Jah…dann hatten wir also alle unseren Spaß an Silvester.“

„Aah, wir haben auf dem Balkon angestoßen!“, verkündet Nicole, „Das Feuerwerk über Berlin war soo wunderschön! Hattet ihr auch so ein schönes Feuerwerk, da wo Alex dich hin verschleppt hat?“

„Jap.“, kommt es von Heinrich mit einem breiten Grinsen, und Alexander schließt schon seufzend die Augen, weil er sich für einen detaillierten Bericht ihrer Reise bereitmacht.

Doch von Heinrich kommt nicht mehr als sein „Jap“. Die Runde schaut ihn gespannt an.

„Und…und was ist sonst noch so passiert? Wo wart ihr?“, will Tim wissen, „Du hast ja noch gar nichts erzählt, Heinrich.“

„Werd ich auch nicht machen.“

„Hä?!?“ Ziemlich irritiert schauen ihn die anderen an.

Mit einem zuckersüßen Lächeln blickt der Junge zu seinem Freund auf. „Alex hat sich gewünscht, dass das unser Geheimnis bleibt, und daran halt ich mich auch.“

„Äh“ Baff sieht der Ältere ihn an. „Das…“

„Naja, das Geheimnis muss man euch dann lassen.“, meint Juliane, die ja wenigstens den Ort des Geschehens kennt.

„Find ich auch ne gute Idee.“, stimmt ihr Ulrike zu, die froh ist, von solchen Geschichten verschont zu bleiben.

Alexander hat sich währenddessen endlich wieder gefasst und ist gerade dabei, seinem Freund mit einem innigen Kuss für seine Loyalität zu danken. „Für deine Treue wirst du noch belohnt.“, haucht er.

Heinrich findet den Vorschlag ganz entzückend.

Tim unterbricht ihren Kuss mit einem Lachen. „Ich kenn ja schon genug schmutzige Geheimnisse über euch.“

Alexander wirft ihm einen bösen Blick zu, kann aber ein Schmunzeln nicht unterdrücken.
 

Ihre fröhliche Runde löst sich erst spät auf, Heinrich fährt seine Mutter noch nachhause, die von einem sie schon sehnsüchtig erwartenden Michael empfangen wird, dann macht er sich mit Alexander auf dem Beifahrersitz auf den Heimweg.

Als er das Auto vor ihrer Wohnung parkt, stiehlt sich seine Hand auf den Oberschenkel des Älteren. „Wie war das mit der Belohnung, die ich noch bekomm…?“

Alexander lehnt sich grinsend zu ihm hinüber. „An was hast du denn gedacht, hm?“, haucht er und gibt dem Jungen einen sanften Kuss.

„An…eine ausgiebige Massage.“

Er lacht leise. „Ich kann’s ja mal versuchen.“

„Mhm.“

„Wobei ich nicht garantiere, dass ich es länger als fünf Minuten aushalt, bevor ich über dich herfall.“
 

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Soo, ein neues Kapi von mir :3 Mit ein wenig Ausblick auf das neue Semester ;)

Als nächstes Kapitel ist dann das Valentinstags-Special geplant.
 

Und ich wollte euch noch von der Heinrich-Model-Puppe erzählen, die ich gezeichnet hab, und die man jetzt nach euren Vorschlägen anziehen kann X3

http://animexx.onlinewelten.com/weblog/556674/

„Ui, übermorgen ist Valentinstag!“

„Mhm.“

Heinrich ist derjenige, der noch im Pyjama vor ihrem Kalender steht, der in der Küche hängt, und mit einem roten Marker im Kästchen für den 14. Februar ein Herzchen zieht.

Alexander ist derjenige, der die grummelnde Antwort gegeben hat.

Der Junge dreht sich zu ihm herum. „Ich wollte dich grade fragen, ob wir uns was schenken, aber ich glaub, das hat sich erübrigt.“

Leidend stellt Alexander seine Kaffeetasse beiseite. „Du hättest das echt vorgeschlagen? Heinrich, das ist ein Tag, den die Rosen- und Schokoladenindustrie erfunden hat. Wenn wir uns was schenken wollen, dann können wir das doch das ganze Jahr über machen.“

Ein wenig enttäuscht nimmt Heinrich ihm gegenüber am Frühstückstisch Platz. „In der Schule hab ich mir immer einen Freund gewünscht, der mir auch mal ne Rose schickt, als ich immer der einzige war, der nie eine bekommen hat…Und jetzt hab ich einen Freund und…“

Seufzend greift Alexander nach seiner Hand. „Hey…du bist doch nicht mit mir zusammen, damit du einen Freund hast, der dir am Valentinstag eine Rose schenken kann, oder?“

„Nein, aber…“

„Und wieso hast du niemals eine verschenkt? Es gab doch bestimmt auch süße Jungs bei euch in der Klasse.“

„I-ich…das hätt ich doch niemals fertiggebracht…!“, stammelt Heinrich, „Wenn das rausgekommen wär, dass ich…!“

„Okay“, fängt Alexander an, „Wir machen einen Deal.“

Hoffnungsvoll sieht der Junge zu ihm auf.

„Wir ignorieren den Tag nicht, aber ich bin nicht dein Prinz, der dich mit Rosen überhäuft, das kannst du von mir nicht erwarten.“

„Aber?“, versucht Heinrich dem Positiven des Ganzen auf den Grund zu gehen.

„Aber da du ja anscheinend so eine romantische Ader hast, darfst du mein Prinz sein.“

Erstaunt blickt der Junge seinen Freund an. „U-und du bist mein Mädchen?!“

Alexander muss lachen. „Dein Mädchen, das sich einen Tag lang von dir verwöhnen lässt…“ Der träumerische Gesichtsausdruck des Älteren lässt Heinrich an dessen Selbstlosigkeit gehörig zweifeln. Trotzdem nimmt er das Angebot an.

„Okay, Deal.“, meint er und sie besiegeln ihren Valentinspakt mit einem Handschlag.
 

Am Morgen des 14. Februars öffnet Alexander müde blinzelnd seine Augen, als er ein paar sanfte Lippen auf seinen spürt.

„Alles Liebe zum Valentinstag, mein Schatz.“

Der Ältere denkt schon, er habe einen Fehler gemacht, diesen Deal vorzuschlagen, da er so früh am Morgen schon damit konfrontiert wird, doch da hört er Heinrichs nächste Worte.

„Ich hab dir Frühstück gemacht, Süßer. Setzt du dich ein bisschen auf, damit ich das Tablett auf deinem Schoß abstellen kann?“

Die Lippen, die dabei über sein Gesicht huschen, machen die Worte noch zärtlicher.

Mit einem genießerischen Grinsen richtet sich Alexander also ein wenig auf.

Heinrich fährt ihm mit einem liebevollen Lächeln durch die Haare, bevor er sich zum Nachttisch umwendet, um das Tablett zu holen.

Zwischen roten und weißen Rosenblättern stehen eine dampfende Tasse Kaffee, ein Kakao, Toasts und zwei kleine Teller. Allerlei Brotbelag, der noch Platz hatte, liegt ebenfalls auf dem Tablett.

„Heinrich, das…“, beginnt Alexander gerührt, „Ich könnt dich grad flachlegen, so toll– “

„Falsche Antwort.“

Der Ältere seufzt. „Gut, ich könnte dich herzen, so entzückt bin ich.“

Zufrieden grinsend lässt sich Heinrich von seinem Freund küssen. „Richtige Antwort.“

Während der Junge Alexander ein Toast mit seinem Lieblingskäse bestreicht, schafft er es irgendwie ihm Nacken und Ohr zu küssen, sodass dieser fast schnurrend die Augen schließt. „Mmh, du Casanova…“

„Gar nicht.“

„Hmm, doch…“

Überrascht öffnet Alexander wieder die Augen, als ihn ein Finger an die Nase stupst. Das fertige Toast wartet darauf, von ihm verspeist zu werden.

„Ich bin dafür, dass wir nach dem Frühstück einen Spaziergang durch den Tiergarten machen.“, schlägt Heinrich vor.

Alexander brummt mit vollem Mund eine Zustimmung.
 

So ziehen sie sich nach dem Essen an, wobei Heinrich seinem Freund wie ein echter Kavalier in den Mantel hilft – und sich ein glückliches Lächeln nicht verkneifen kann, als er sieht, dass der seinen selbstgestrickten Schal anhat. Schon als sie aus der Wohnung treten, hält der Junge dem Älteren auch die Tür auf, genauso unten, als sie das Haus verlassen. Hier kann sich Alexander ein Lachen nicht mehr verkneifen.

„Was denn?“, fragt Heinrich und gibt ihm einen Kuss auf die Wange.

„Das ist paradox.“

„Nö, find ich gar nicht, Schnucki.“

„Oohnein, jetzt übertreibst du’s aber.“

Der Junge grinst ihn an. „Hab dich nicht so, mein Ally Poo.“

Alexander blickt ihn entsetzt an. „W-w-was?!?“

„Siehst du, es geht noch kitschiger. Darum mecker nicht rum und sei mit dem zufrieden, was du kriegst.“, meint sein Freund und nimmt ihn an der Hand.

Alexander gibt sich geschlagen, und so schlendern sie zur nächsten S-Bahn-Station, die sie zum Berliner Tiergarten bringen soll.

Als sie in der S-Bahn nebeneinander sitzen, spielt Heinrich mit der Hand seines Freundes, die in dessen Schoß liegt. Dass er Alexanders Hände sowieso traumhaft findet, kommt ihm dabei zugute.

Der lacht jedoch wieder leise. „Du bist ja richtig anständig angezogen heute.“, stellt er fest und meint damit die dunkle langbeinige Jeans, die unterm schwarzen Mantel hervorschaut und über die Stiefel reicht. „Und du schlägst deine Beine gar nicht übereinander.“

„Ich bin heute ja auch schließlich dein Prinz, mein Großer, und Prinzen machen so was nicht.“

Alexander erwidert das Grinsen. „Oh, Verzeihung.“, meint er und schlägt seinerseits die Beine übereinander, bevor er sich mit seinem Kopf an Heinrichs lehnt.

Beide stört es nicht, dass einige Fahrgäste sie irritiert oder empört anblicken.

„Ich mag deine zarten Hände, mein Schatz.“, flüstert Heinrich irgendwann.

„Meine zarten Hände.“

„Hihi, jaa…“

Alexander kann nur schmunzeln.
 

Der Boden ist trocken, die Luft aber doch noch recht kühl, obwohl sich die Mehrheit der Menschen schon auf den Frühling freut.

Weiterhin Hand in Hand laufen die beiden durch die angelegten Wege des Gartens, ab und zu blitzt über den Baumwipfeln der goldene Engel der Siegessäule auf.

„Schau mal, das ist jetzt das zweite Paar, das uns begegnet ist.“, meint Heinrich, „Wir sind nicht die einzigen Verliebten, die am Valentinstag einen Spaziergang mit ihrem Liebsten machen.“

„Die einzigen homosexuellen bis jetzt schon.“

„Och, sei doch nicht so sachlich.“

„Tschuldigung.“ Alexander gibt dem Jungen einen wiedergutmachenden Kuss.

Sie bleiben stehen, und Heinrich nimmt seinen Freund in die Arme, als er ihren Kuss intensiver werden lässt. Er sieht dem Älteren tief in die Augen, als sie sich nach einer Weile wieder voneinander trennen.

„Ich liebe dich.“, haucht er, „Ich liebe dich immer noch so sehr, Alexander…“

Alexander weiß einen Moment nicht, was er sagen soll, so sehr berühren ihn diese Worte. Er presst ihre Lippen stürmisch ein weiteres Mal aufeinander. „Ich liebe dich auch, Heinrich, und du machst mich mit…mit solchen Worten zum glücklichsten Menschen überhaupt.“

Der Junge grinst ihn an. „Kann doch gar nicht sein, der bin ich schon.“

Alexander lacht leise.

Eine Weile stehen sie noch da, blicken sich einfach nur glücklich lächelnd und verliebt in die Augen, bis Heinrich schließlich wieder Alexanders Hand nimmt.

„Komm, ich hab uns nen Tisch reserviert.“

„Hu?“ Erstaunt lässt sich der Ältere mit sich ziehen. „Ein Tisch? Wo?“

„Im Englischen Garten, im Teehaus.“

„Oho.“

„Ja“, meint Heinrich und blickt grinsend zu seinem Freund auf, „Für meinen Schatz zieh ich alle Register.“

Alexander scheint einverstanden und gerührt.

„Und wehe du wagst es auch nur, bezahlen zu wollen…!“

Alexander unterlässt es, zu widersprechen.
 

Vor der Terrasse des Teehauses erstreckt sich ein sorgfältig angelegtes Stück Garten, das im Sommer bestimmt wunderschön mit bunten Blumen ausgeschmückt ist. Nun ist es jedoch sowieso zu kalt, um an den hölzernen Tischen draußen zu sitzen, weshalb sie von einem der Bedienungen an einen schnuckeligen Zweiertisch nahe der Heizung gebracht werden, auf dem eine weiße Kerze umrahmt von roten Rosenblättern steht.

Heinrich schiebt Alexander den Stuhl zurück.

Der Ältere nimmt Platz, nicht aber ohne seinem Freund einen kritischen Blick zuzuwerfen. Dieser legt sich keinesfalls, als Heinrich ihnen auch noch einen Wein bestellt. Erst als der Junge über den Tisch hinweg nach seiner Hand greift und ihm ein zuckersüßes Lächeln schenkt, entspannt er sich ein wenig.

„Such dir was Schönes raus, Schatz.“

Alexander kann nur schmunzeln. Er durfte ja schon damals in New York am Benehmen des Kleinen Adele gegenüber feststellen, dass sein Heinrich ein wunderbarer Gentleman sein kann, aber dass er gerade sozusagen zur Lady gemacht wird, die der Jüngere beglückt, hätte er sich nicht träumen lassen.

„Du bist mein Traummann.“, sagt er leise und legt auch noch seine zweite Hand in Heinrichs.

„Das glaub ich nicht.“, lacht dieser.

„Doch. Du bist so wunderbar, die Männer an den anderen Tischen müssen fürchten, dass ihnen ihre Frauen wegen dir abhandenkommen.“

„Es wird niemals irgendeine Frau mit mir abhandenkommen, ich gehör doch nur dir.“

„Dann bin ich ja beruhigt.“

Heinrich drückt seinem Freund einen Kuss auf den Handrücken, bevor sie sich der Karte zuwenden.
 

Als sie beide ihr Essen vor sich stehen haben, das selbstverständlich ebenfalls Heinrich bestellt hat, fühlt sich Alexander wunderbar wohl und zufrieden, und das seltsame Kribbeln in seinem Bauch macht es ihm fast gar nicht möglich, einen vernünftigen Bissen hinunterzubekommen.

Er ist gerade dabei, sein Gegenüber verträumt anzublicken, da scheppert es plötzlich schräg hinter ihm.

„Zensur, what the fuck?!“

„Heinrich…!“

Verwirrt blickt Alexander seinen Freund an. „Heinrich?“, wiederholt er.

Der Junge schaut hinüber zu den beiden Männern, die zwei Tische weiter sitzen. „Der eine da muss so heißen.“

Alexander wendet sich vorsichtig um und entdeckt an dem Tisch einen älteren Mann, der im Profil eine ziemlich große Nase hat und sich gerade nach der heruntergefallenen Gabel bückt. Ihm gegenüber sitzt ein weitaus jüngerer Mann, der sicherlich sehr attraktiv aussehen würde, wäre er nicht gerade so vollkommen in Rage.

„Was willst du an meinem Artikel schon wieder zensieren, verdammt?! Du hast mir versprochen, ich darf schreiben, was ich will, Campe!“

„Aber doch nicht, dass Wulff auf den Partys von Berlusconi war!“, zischt der Ältere.

Heinrich muss leise kichern.

„Das ist ein Gedicht!“, verteidigt sich sein Namensvetter, „Soll ich’s noch lächerlicher schreiben?! Und wieso muss der Wodka-Präsident da raus?!?“

„Weil jeder weiß, dass du Putin meinst.“

„Und wenn ich dich mein?!“

„Mensch, ist das ein Giftzwerg…“, murmelt Alexander, was Heinrich doch ein etwas lauteres Kichern entlockt.

„Und ihr braucht gar nicht so zu glotzen, Schwuchteln!“

Empört dreht sich Alexander herum, doch weder er noch sein Freund kommen dazu, irgendetwas zu sagen, denn da ist schon der Mann, der hinter der Bar stand und anscheinend der Chef des Teehauses ist, bei ihnen.

„Bitte verlassen Sie sofort das Restaurant.“

„Entschuldigung, wir gehen sofort.“, lenkt der Ältere ein, während sein junger Kollege nur gereizt die Arme vor der Brust verschränkt und sich einen weiteren beleidigenden Kommentar wohl mit aller Macht verkneifen muss.

„A-also wegen uns müssen Sie sie nicht rausschmeißen.“, mischt sich Heinrich zur Überraschung aller ein, „Der junge Mann hat das bestimmt nicht so gemeint.“ Er wirft seinem Namensvetter ein gutmütiges Lächeln zu, der daraufhin sichtlich irritiert und verlegen seinen Blick senkt.

„Wie Sie meinen.“, gibt sich der Besitzer zufrieden und macht sich wieder auf den Weg zur Bar, nicht ohne dem Störenfried noch einen mahnenden Blick zuzuwerfen.

Alexander blickt seinen Freund fragend an und formt mit seinen Lippen ein: „Was sollte das eben?!“

Heinrich ignoriert die unausgesprochene Frage jedoch und schaut stattdessen weiter hinüber zu den anderen beiden, wo der Jüngere nun langsam wieder seinen Blick hebt. „Sorry.“, murmelt er, „War nicht so gemeint.“

„Ich nehm die Entschuldigung an, wenn ich das Gedicht mal zu lesen bekomm.“

„Ä-äh…! Ja, natürlich!“, entgegnet er freudig, zum Entsetzen des Älteren.

„Hey, ich hab da als Chef der Zeitung noch ein Wörtchen mitzureden.“

Der junge Mann ignoriert den anderen einfach und läuft zu Alexander und Heinrich hinüber, um ihnen die Hand zu geben. „Heinrich Heine, Journalist.“

„Heinrich Kleist.“

Die Augen des Journalisten weiten sich, bevor Alexander auch nur zu Wort kommen kann. „Holy shit, den Kohlhaas hab ich letzte Woche in ner Rezension behandelt!“

Aufgeregt blickt Heinrich zu seinem Namensvetter auf. „U-und?“, bringt er heraus.

Heine beginnt zu lachen. Er krümmt sich vor Lachen, sodass der Restaurantbesitzer schon wieder mahnend zu ihnen herüberschaut.

„Das Buch ist klasse“, bringt der junge Journalist heraus, „Aber ich hab spekuliert, dass der unbekannte Autor ein Perverser ist! U-und jetzt seh ich dich…!“ Immer noch glucksend wischt Heine sich eine Träne aus dem Augenwinkel.

„Wieso pervers?“, fragt Heinrich, ein wenig in seinem Stolz angekratzt.

Heine winkt ab, bevor er sich an Alexander wendet. „Ich hatte Sie unterbrochen.“

„Oh, ja. Alexander Humboldt.“

Heines Augen weiten sich abermals und in der nächsten Sekunde prustet er wieder los. „Hilarious! Meister Himboldt in person! Ich krieg mich nicht mehr…! Wenn der jetzt noch auf bondage steht, werf ich mich weg!“

Während Alexander ganz schön Mühe hat, jetzt nicht zu ertappt dreinzublicken, versucht Heinrich die Situation noch zu retten: Indem er Heine an dessen Jeanslasche näher zu sich zieht.

„Wenn dir die Szene so gut gefallen hat, kannst du ja nachher mit uns mitkommen…“

„Ä-äh, sorry, nicht so mein Ding…“

„Aber du wolltest mir doch dein Gedicht vortragen…“

Heine fischt mit nervösen Fingern eine Karte aus seiner Hosentasche, die er Heinrich reicht. „Schreib mir einfach ne Mail.“

„Mach ich.“, entgegnet der Junge mit flatternden Wimpern, „Und falls von unserem Gespräch irgendwas in deiner Zeitung erscheint: Wir haben einen super Anwalt. Und der war Vorbild für den Kohlhaas.“

Heine schluckt. „Ookay, ich geb mein Bestes, dem Drang hieraus ne Headline-Story zu machen zu widerstehen.“

„Danke.“, haucht Heinrich.

„Wobei die Publicity deinem Buch sicherlich guttun würde.“

„Mein Privatleben und das meines Freundes ist mir mehr wert, danke.“

Heine schenkt ihm ein Grinsen, bevor er sich mit einer Salutartigen Handbewegung verabschiedet. „Komm, Campe, wir gehen, ich muss das verdammte Gedicht nochmal überarbeiten.“

„Ah, wir sind also zur Vernunft gekommen.“

„Achwas! Es ist noch viel zu harmlos!“

Schmunzelnd sieht Heinrich den beiden hinterher, wie sie das Restaurant verlassen. Als er sich wieder zu seinem Freund umwendet, blickt dieser ihn mit großen Augen an.

„Der Typ hat Recht: Mit der Story in der richtigen Zeitung würd sich halb Deutschland dein Buch anschaffen wollen! Ich kann nicht glauben, dass du das abgelehnt hast.“

„Och, Alex.“, meint Heinrich und greift nach den Händen des Älteren, „Natürlich hab ich nichts dagegen, dass man erfährt, dass ich tatsächlich schwul bin, aber deinen Namen will ich da raushalten, stell dir vor, Studenten von dir haben das Buch gelesen.“

„Naja…“

„Wir sollten fertigessen, das ist bestimmt schon alles kalt.“

„Oh.“
 

Nachdem Heinrich bezahlt hat, führt er seinen Freund eine Weile später wieder durch den Tiergarten, mit der Ankündigung, dass er ihnen für heute auch zwei Kinokarten reserviert hat. Den ganzen Weg über zurück in die Innenstadt rätselt Alexander, welchen Film er sich denn nun antun muss, aber weder Titanic noch andere Liebesschnulzen treffen zu.

„Aber es ist ein Liebesfilm?“

„Jap.“

„Heinrich, du weißt doch, dass das nicht so meins ist.“

„Hihi, wart’s ab.“

Als sie schließlich am Kino ankommen und Heinrich die Karten vorzeigt, natürlich so, dass Alexander sie nicht sehen kann, darf dieser nur feststellen, dass an den Tischen vor einem der Säle erstaunlich viele schwule Pärchen stehen.

„Oh.“, entfährt es ihm.

„Hm?“

„Es drängt sich mir eine Ahnung auf…“

Heinrich kichert leise. „Der Film wird extra nochmal heute am Valentinstag gezeigt, und es werden nur männliche Paare reingelassen.“

„Das war sicherlich nicht Ullis Idee.“, kommentiert Alexander.

„Nein, irgendein Berliner Schwulenverein hat das organisiert. Hab’s aus dem Internet.“

„Das sind bestimmt die, die da am Eingang stehen und Kondome verschenken.“

„Hihi, man weiß ja nie, ob man die da drinnen vielleicht braucht.“ Der Junge zwinkert ihm zu.

Alexander sieht ihn verwirrt an. „Reden wir wirklich vom gleichen Film?“

„Ja, hast du den denn schon mal gesehen?“, hakt Heinrich nach.

„Nein, aber nen Trailer hab ich damals gesehen. Und der hat nicht wirklich so gewirkt, als könnte dieser Film zu irgendetwas anregen, wozu man ein Kondom bräuchte.“

„Hm.“, entgegnet der Junge da nur mit spitzen Lippen und hakt sich bei seinem Freund ein.

„Was, hm?“

Er muss grinsen. „Ich hab den Film damals, paar Monate nachdem er im Kino war, nachts heimlich im Internet geschaut, und, najaa…die eine Szene hat mich als Fünfzehnjährigen schon, öhm…beachtlich angeregt.“

Mit großen Augen sieht Alexander seinen Freund an. „Hmm…“, meint er dann, „Vielleicht wird die Vorstellung ja doch noch interessant…“

„Bestimmt.“ Heinrich gibt ihm einen Kuss auf die Lippen.

Mittlerweile wurde die Tür zum Saal geöffnet und einige Pärchen haben schon auf ihre Plätze gefunden. Heinrich schaut fasziniert einem ziemlich dünnen, großgewachsenen Mann hinterher, der beim Laufen weiblicher Hände und Hüfte schwingt, als es jemals eine Frau hinbekommen würde. Sein Freund gleicht eher einer Mischung aus Boxer und gleichnamigem Hund.

„Was sich nicht alles findet…“

„Da hast du Recht.“, lacht Alexander leise und gibt ihm einen Kuss an die Schläfe.

Auch sie nehmen auf ihren Sitzen Platz, und als nach zahlreicher Werbung endlich der Vorhang für den Film geöffnet wird, bestätigt sich für Alexander, dass sie doch vom selben Film gesprochen haben: Brokeback Mountain.

Schon nach den ersten Minuten muss Alexander zugeben, dass die Bilder, die Typen und die Story doch ganz angenehm zu sein scheinen. Natürlich nicht so angenehm wie Heinrichs Daumen, der ununterbrochen über seinen Handrücken streicht.

Als die beiden Cowboys dann endlich in einer Nacht in ihrem Zelt übereinander herfallen, stupst ihn Heinrich mit seiner Nase an. „Das ist die Szene.“, flüstert er.

Alexander küsst ihn.

Gegen Ende erfasst die traurige Stimmung, als schon ein paar Schluchzer von anderen Männern im Saal zu hören waren, auch ihn. Natürlich weint Alexander nicht, aber er beugt sich zu seinem Heinrich hinab, der sofort besorgt zu ihm aufsieht, und zieht ihn an seine Brust. „Gott, ich würde ausrasten, würde man dich mir auf so grausame Weise wegnehmen…“

Der Junge lächelt gerührt und küsst ihn sanft.

„Und…und in anderen Ländern passiert das noch. Genau so.“

„Ich weiß. Leider.“, flüstert Heinrich und schlingt seine Arme um Alexander.

Erst als das Licht im Saal wieder eingeschaltet wird, lösen sie sich ein wenig voneinander.

„Ich will dich gar nicht mehr loslassen.“, haucht der Ältere.

„Dann lass uns nachhause gehen.“

„Wunderbare Idee.“, findet Alexander und küsst seinen Freund noch einmal, bevor sie aufstehen.
 

Ebenso küssend, wie auch schon zuvor in der S-Bahn und im Gang, betreten sie den Flur ihrer Wohnung. Die Tür fällt hinter ihnen ins Schloss.

Alexander unterbricht den Kuss, und Heinrich ist ziemlich verwirrt, als sein Freund ihn mit einem für seine Verhältnisse äußerst schüchternen Blick bedenkt.

„H-Heinrich“, fängt er leise an, „Dein Mädchen möchte sich…b-bei dir für diesen wunderschönen Tag bedanken…“

Als Alexander sich auch noch einen Finger an die Lippen legt, muss der Junge an sich halten, nicht loszuprusten.

„Du bist ein lausiger Schauspieler!“, kichert er.

„Sagen wir, die Rolle liegt mir nicht so.“, entgegnet Alexander ein wenig trotzig.

„Nein, nein“, fängt Heinrich an und sieht zum anderen auf, „Vielleicht muss ich mich nur drauf einlassen.“

„Es würde schon reichen, wenn du mich nicht auslachst.“

„Ich versuch’s. Mach weiter.“

Alexander muss schmunzeln. Er legt seine Hände an Heinrichs Brust und küsst ihn sanft. Als er wieder von ihm ablässt, liegt in seinen Augen erneut der schüchterne Blick. „Können wir…ins Schlafzimmer? Ich will dich ein wenig verwöhnen…mein Prinz.“

Heinrich lässt sich das nicht zweimal sagen. Auch wenn er diesen Morgen noch Zweifel hatte, ob Alexander nicht vielleicht zu lächerlich in dieser Rolle wirkt, so durfte er den Tag über feststellen, dass das alles nur eine Sache der Gewohnheit ist. Und ganz abstreiten kann er es auch nicht, dass es ihn auf eine gewisse Weise geil macht, wenn sein Freund so unsicher und beschämt ist, das hat ihm schon beim Schlittschuhlaufen wunderbar gefallen.

Mit zärtlichen Küssen lässt sich Heinrich unter seinem Freund auf die Matratze sinken, nachdem sie sich ihrer Mäntel, Schuhe und Pullover entledigt haben.

Alexanders Mund wandert hinab an Heinrichs Hals, an sein Schlüsselbein. Er gibt sich heute besonders Mühe, findet der Junge und lässt seine Hände nach vorne an die Brust des Älteren wandern.

„Jaja, da fassen die Prinzen den Prinzessinnen als erstes hin.“

„A-ach, sei ruhig, Alex…!“

„Zu Befehl, mein Prinz.“ Sofort sind Alexanders Lippen wieder auf der blassen Haut, wandern hinab zu seinem Bauch, wo die Zunge in den Bauchnabel stupst und dem Jungen so ein Keuchen entlocken kann.

Geschickt befassen sich Alexanders Hände mit der dunklen Jeans und ziehen sie dem anderen von den Beinen.

Das Gesicht zwischen Heinrichs Oberschenkeln blickt der Ältere schüchtern zu ihm auf. „Du freust dich ja schon auf mich, mein Prinz.“

Heinrich lässt eine Hand in Alexander Locken gleiten. „Jah, mein Schatz.“, bringt er heraus.

Da zieht sein Freund ihm auch die Unterhose herunter und widmet sich ihm voll und ganz mit Mund und Zunge, ohne seinen Blick von ihm abzuwenden.

Der Junge stöhnt ganz angetan auf. „Ah…! Alex…!“ Wie von selbst spreizt er seine Beine weiter und krallt seine Finger fester in den Haaren fest, um Alexander anzuleiten.

Der Ältere gönnt seinem Freund dieses Gefühl jedoch nicht lange, denn da befreit er sich aus dem Griff und lässt von ihm ab, um sich selbst von seinen letzten Kleidungsstücken zu befreien. Vollkommen nackt sinkt er wieder auf seinen Freund und küsst ihn leidenschaftlich.

„Heinrich…“

„Hnn…“

Alexanders Hände wandern an die Hüfte des Jungen, und er muss schmunzeln, als er an den gebeugten Beinen abliest, was dieser von ihm erwartet. Aber was für eine Prinzessin wäre er, wenn er jetzt seinen Prinzen nehmen würde? Unmöglich!

Heinrich sieht etwas verdutzt drein, als Alexander seine Beine wieder flach auf die Matratze drückt und sich anschließend über ihn kniet.

Der Ältere genießt währenddessen den Anblick, der sich ihm bietet: Ein Heinrich mit roten Wangen, zerwühltem Haar, geröteten Lippen, Schweiß auf der nackten Brust, die sich zusammen mit dem Bauch unter ihm senkt und hebt, plötzlich schneller, weil er anscheinend endlich gemerkt hat, was sein Freund vorhat.

„Mein Prinz… - hn!“

„A-Ah-Ahhleeex…!“ Stöhnend schließt Heinrich die zuvor geschockt aufgerissenen Augen, als sich sein Freund mit einem ebenso gefälligen Stöhnen immer tiefer auf ihn sinken lässt. „G-G-Goott, n-nicht…! Hahh!“

Gleich beginnt sich Alexander auf ihm zu bewegen, während er sich mit den Händen neben Heinrichs Bauch abstützt. „Aaah…so gut~ “

„N-nicht – k-kann – !“ Fast schon verzweifelt windet sich Heinrich unter seinem Freund, versucht seine Hüfte zu heben, was in unkoordiniertem Zucken endet, das Alexander begeistert zurücklässt.

„Sch-schneller…! M-mehr!“

Mit einem zufriedenen Grinsen auf dem Gesicht beschleunigt Alexander seine Bewegungen. Er genießt es, dass die Intervalle, in denen ihn der Schmerz wie elektrische Impulse durchzuckt, nun kleiner werden. „Ha-Heinrich…! A-alles, was du willst! I-ich geb dir alles, was du willst, m-mein Prinz…“

„K-küss mich…!“

Alexander zögert keinen Moment und beugt sich zu seinem Freund hinunter, der ihn sofort am Kopf fasst und ihn in einen wilden Kuss verwickelt, der so grob ist, dass der Ältere nur entzückt aufstöhnen kann.

„Alex, i-ich k-kann nicht mmh – !“ Er beißt ihm in die Unterlippe.

Alexander fühlt das Pochen, das nun von zwei Körperenden durch ihn strömt, und als er spüren darf, wie sein Heinrich unter Keuchen und Stöhnen seine Erlösung findet, wird auch er über die Klippe gerissen.
 

Erschöpft lässt sich Alexander neben seinen Freund auf die Matratze sinken. Heinrich zieht ihn sofort an sich.

„D-das…das hätte ich jetzt nicht von dir erwartet.“

Der Ältere bringt ein Schmunzelnd zustande. „War doch selbstverständlich, dass ich mich meinem Prinzen auf diese Weise erkenntlich zeig.“

Heinrich streicht ihm eine Locke aus der schweißnassen Stirn. „War es nicht, deshalb bin ich dir ja so dankbar. Dass du heute mein Mädchen gespielt hast.“

„Es war mir eine Ehre.“, entgegnet Alexander und gibt dem Jungen einen zärtlichen Kuss, „Aber wenn du wieder zum Normalzustand zurückkehren möchtest, dann hätte ich noch was für dich.“

„Hm?“ Fragend sieht Heinrich zu, wie sein Freund sich aus dem Bett erhebt und mit weniger anmutigen Bewegungen das Schlafzimmer verlässt. Er hört die Bürotür klacken, dann kommt Alexander wieder zurück.

Heinrich schlägt vor Entzückung die Hände vor dem Mund zusammen.

„Während du gestern unseren Valentinstag so eifrig organisiert hast, hatte ich natürlich auch ein wenig Zeit.“, meint der Ältere mit einem Grinsen und steigt wieder zu seinem Freund aufs Bett.

„Einen lieben Valentinstag, mein Schatz.“, wünscht er dem Jungen, gibt ihm einen Kuss auf die Stirn und reicht ihm die rote Rose.

„D-d-du…! S-so groß…! So schön! Oh, Alex!“ Heftig gerührt und fürchterlich glücklich wirft sich Heinrich seinem Freund um den Hals. „Ich liebe dich.“, haucht er ergriffen, „Ich liebe dich, mein Schatz.“

„Ich dich auch, mein Kleiner.“, flüstert Alexander und lässt sich gerne von seinem Liebsten küssen.
 

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Hier ist es endlich! Das Valentinstagskapitel! ((mit mehr als einem Monat Verspätung))

Ich hoffe, es hat euch gefallen :3 War ja nicht so ganz gewöhnlich, wie die beiden das geregelt haben XD

Heinrich Heine hab ich übrigens spontan reingebracht, nachdem ich's mit Penthesilea davon hatte, wie er sich denn in meiner VLE-Welt machen würde X3 – Wer wissen will, wie er aussieht, schaut hier: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/b6/Heinrich_Heine.PNG :)

Sei gegrüßt, Mitstreiter gegen die Zensur!
 

Es freut mich sehr zu lesen, dass dir mein Gedicht Spaß gemacht hat. Wundert mich zwar, dass so jemand wie du alle Anspielungen erkannt hat, aber man sieht den Menschen ja meistens nicht an, was in ihnen steckt ;P
 

Nur:

Das alles mag meinen Chef nicht jucken,

Campe will’s nicht drucken,

das kannst du knicken;

dann soll er sich grad selbst –
 

Will sagen: Ich such mir nen anderen Verleger. Wie steht Goethe denn so zu politischer Kritik? Stimmt es, dass er den Politikern regelmäßig in den Arsch kriecht? Wenn ja, hab ich bei ihm wohl geringe Chancen… Werd mir was einfallen lassen, zur Not wird es im Eigenverlag verbreitet, höhö ;)
 

Entfesselte Grüße,

Heine
 

________________
 

Der Hund, dem man einen Maulkorb anlegt, bellt mit dem Hintern.
 

„Also, ne derbe Ausdrucksweise hat der junge Mann ja schon.“, kommentiert Alexander, der sich hinter seinem Freund auf die Sofalehne gestützt hat.

„Ist es jetzt schon so weit, dass du in meine privaten Mails spickst, ja?“, entgegnet Heinrich und klappt den Laptop ruckartig zu.

„Mhm“, kommt es mit dunkler Stimme vom Älteren, der an seinem Ohr zu knabbern beginnt, „Ich weiß alles über dich, mein Großer. Bis ins kleinste Detail.“

„So?“

„Mmmh~“

Heinrich schließt die Augen, als Alexanders Lippen hinab an seinen Hals wandern und die großen Hände über seine Schultern auf seine Brust gleiten, über die sie genüsslich streichen.

„Ich…ich würde Heine gerne antworten…“

„Ich halt dich nicht davon ab.“, murmelt der Ältere mit einem Schmunzelnd und leckt seinem Freund übers Schlüsselbein.

„A-Alex…!“

Seufzend lässt Alexander von ihm ab und wuschelt ihm noch kurz durch die Haare, bevor er in die Küche verschwindet, um sich wieder dem Mittagessen zuzuwenden. „Nachher musst du mir aber helfen, meinen Hormonhaushalt wieder ins Lot zu bringen.“, ruft er ihm über die Anrichte hinweg zu.

Irritiert blickt Heinrich zu ihm hinüber. „Hä?“

„Na, hier!“, meint der Ältere und stützt eine Hand in seine Hüfte, während er die andere zur Demonstration in die Luft hält, „Ich hab schon abknickende Handgelenke und nen Hüftschwung. Wird Zeit, dass ich dich mal wieder flachleg.“

Der Junge verdreht die Augen. „Spinner…“, meint er und muss grinsen.

„Hey, dieser Heine hat nen ganz schlechten Einfluss auf dich.“, kommt es von Alexander.

„Keine Angst, ich kann immer noch dein süßer, kleiner Schatz sein.“, versichert Heinrich.

„Das will ich nachher sehen.“

Der Junge blinzelt ihn lieblich an, bevor er sich wieder seinem Laptop zuwendet.
 

Sei gegrüßt, von der Zensur gepeinigter Freund!
 

Goethe wird wohl in der Tat nicht so viel mit deinem Stil und deinen Themen anfangen können, aber vielleicht wendest du dich mal an Schiller? Bei dem könnte ich mir eher vorstellen, dass er offen für so was ist.
 

Und mir ist ein Gedanke beim Lesen deines kleinen Gedichtchens gekommen, als ich den Zensurstrich gesehen, aber natürlich sofort wusste, was du damit sagen willst: Kann man solche Zensurstriche nicht auch wunderbar zu Gedankenstrichen machen? Dann wird kein Zensor auf den Plan gerufen und der Leser kann sich noch dazu Gedanken machen, mit was so ein Strich zu ersetzen ist, sodass vielleicht sogar mehrere Leser zu verschiedenen Lösungen gelangen und so eine Diskussion und ein breiter Interpretationsrahmen entstehen kann.

Das sind nur mal meine spontanen Gedanken dazu :)
 

Liebe Grüße,

H.K.
 

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Zufrieden klappt Heinrich den Laptop zu.

„Ist das Essen fertig, mein Schatz?“, ruft er in die Küche.

Alexander zeigt ihm den Vogel.
 

Nach dem Mittagessen drückt Heinrich seinem Freund, der noch auf seinem Stuhl sitzt, einen schmatzenden Kuss auf die Lippen. „Das war lecker, hast du toll gemacht.“

Alexanders Hände packen ihn am Hintern und ziehen ihn näher zu sich. „Dann lass uns jetzt zu meinem Nachtisch kommen…“

Kichernd entwindet sich Heinrich seinem Griff. „Gerne doch, aber dazu muss ich mich erst umziehen.“

„Oh“

„Jaa…kannst dich ja schon mal ins Schlafzimmer begeben.“ Mit einem Handkuss, den er seinem Freund zuwirft, verschwindet Heinrich nach oben.
 

Als Heinrich umgezogen ins Schlafzimmer kommt, hat Alexander sich schon, so ungeduldig wie er ist, bis auf die Unterhose ausgezogen und sitzt auf dem Bett. Seine Augen weiten sich, als er seinen Freund erblickt.

Dieser trägt das Holly-Kleid, mit dem er in Ullis Café bedient hat, natürlich vervollständigt durch die Strapsen.

„Na, mein Herr, was darf ich Ihnen bringen?“ Mit einem verführerischen Lächeln auf den Lippen stolziert er auf den schwarzen Pumps zu seinem Freund hinüber. „Das ist ein Hüftschwung.“, haucht er und schlingt seine Hände um Alexanders Hals.

„Da geb ich dir vollkommen Recht.“, antwortet Alexander und fasst seinen Freund am Becken, um ihn auf seinen Schoß zu ziehen.

Kichernd lässt es Heinrich geschehen, dass der Ältere eine Hand seinen Oberschenkel hinaufwandern und unterm knappen Rock verschwinden lässt. Die andere Hand packt ihn am Hintern.

Der Junge gibt ein angetanes Keuchen von sich. „Hn…k-küss mich…“

Alexander folgt seiner Bitte und verwickelt ihn in einen leidenschaftlichen Kuss. Er genießt Heinrichs Hände, die zart über seine nackte Brust streichen, genauso wie er nichts dagegen hat, dass er beim Küssen einmal wieder die Führung übernehmen darf.

Den Kuss nicht unterbrechend lässt er den Jungen aufs Bett sinken, beugt sich über ihn, seine Hand erreicht den Damenslip, den er herunterzieht.

„Nnnh – halt!“ Heinrich schlägt die Hand weg, und da Alexander zu überfordert damit ist, wieso sein Freund so plötzlich nicht mehr will, kann er sich seinem Griff entwinden und springt aus dem Bett.

„So einfach will ich’s dir nicht machen.“, sagt er neckend und wirft dem Älteren ein kokettes Lächeln über seine Schulter zu.

Alexander starrt ihm auf den Hintern, der durch die hochgeschobenen Rüschen wunderbar zu sehen ist und jetzt wieder zum Teil mit dem Slip bedeckt wird, den Heinrich mit einem Finger zurechtrückt, während er hinüber zum großen Spiegel läuft.

Dort stützt er sich mit einer Hand ab und beugt sein rechtes Bein ein wenig, um die verrutschte Strapse höher zu ziehen.

Der Blick, den er immer noch seinem Freund über die Schulter hinweg zuwirft, lässt diesen sich vom Bett erheben und zu ihm hinüberkommen.

„Du kleiner Schlingel.“, flüstert Alexander und schließt seine Arme von hinten um den Bauch des Jungen.

„Du großer Schlingel.“, haucht Heinrich und meint damit denjenigen, den er an seinem Hintern spüren kann.

Der Ältere brummt eine amüsierte Zustimmung und küsst sich den zarten Nacken entlang, nach vorne zum Hals. Heinrich neigt seinen Kopf stets auf die richtige Seite, damit er seinem Freund möglichst viel Raum für seine Lippen bieten kann.

Doch der reicht Alexander nicht, denn während seine Hüfte sich immer wieder hungrig an die weißen Rüschen reibt, schiebt er die gepufften Ärmel von den Schultern und legt somit noch mehr blasse Haut frei, die er eifrig mit seiner Zunge begrüßt.

Heinrich hat genießerisch die Augen geschlossen. So gut es sich auch anfühlen mag seinen Alexander zu dominieren, das hier ist ein auf jeden Fall genauso wunderbares Gefühl. Mit einem Seufzen legt er seinen Kopf weiter in den Nacken, damit Alexanders Hände sich langsam hinab in sein Dekolleté schieben können.

Plötzlich lässt ein hysterischer Schrei den Jungen aus seiner Trance schrecken.

„B-Brüste…!“

Einen Moment braucht Heinrich, um Alexanders Problem zu verstehen. Dann lacht er ungehalten los.

„Das ist der gefüllte Pushup-BH, den ich als Holly anhatte.“, meint er schließlich und wirft dem Älteren durch den Spiegel einen amüsierten Blick zu, „Hab gedacht, den zieh ich an, damit du dich auch so richtig wie ein Mann fühlen kannst.“

Alexander schnauft erst mal erleichtert durch, verzichtet aber darauf, seine vorhin vor Schock in die Luft gerissenen Hände wieder zum vorigen Gegenstand ihrer Erkundung zurückzuführen.

Heinrich hebt herausfordern die Augenbrauen. „Wirst du damit fertig, hm?“

Jetzt muss der Ältere doch schmunzeln. „Ich hab das letzte Mal nen BH aufgemacht, da war ich sechzehn.“, meint er.

„Dann zeig mal, ob du’s noch kannst“, entgegnet Heinrich keck, „sonst kommst du nicht an meine hübschen Brüste…“

Alexanders Schmunzeln wird breiter. „Ich geb mein Bestes.“, flüstert er und lässt seine Hände von der Hüfte an Heinrichs Rücken hinaufgleiten.

Der Junge beginnt zu kichern, als es dem Älteren nicht gleich gelingen will, die Häkchen zu lösen.

Alexander beißt ihm sanft ins Ohr. „Hey, mit zittrigen Fingern ist das nicht so leicht.“

„Oh, du hast also zittrige Finger?“

„Jaa, weil du so verdammt geil bist und ich’s gar nicht mehr abwarten kann – ah, endlich!“ Hastig schiebt er die Träger samt den Ärmeln des Kleides über Heinrichs Schultern, sodass dieser hinausschlüpfen kann. „Weg damit.“ Der BH landet am anderen Ende des Schlafzimmers.

Und Alexanders Hände finden zurück ins Dekolleté auf die seiner Meinung nach wunderbare flache Männerbrust, die er mit hingebungsvollen Griffen zu bearbeiten beginnt.

Heinrich keucht vor Freude auf. Er will sich schon beschweren, dass eine der Hände plötzlich wieder verschwindet, aber als er gleich darauf an seinem Hintern Alexanders von der Unterhose befreite Freude spürt, hat er nichts mehr dagegen einzuwenden.

Bereitwillig öffnet er seinen Mund, als die Finger seines Freundes Einlass fordern. Er gibt ein Stöhnen von sich, während er Alexanders Blick im Spiegel einfängt, und saugt noch eifriger an ihnen.

Ein Speichelfaden zieht sich zwischen seiner Zunge und den Fingern, als der Ältere diese wieder entfernt. Er hat seinen Kopf in Heinrichs Halsbeuge abgelegt und beobachtet ihn genüsslich im Spiegel, wie er auf seine Bearbeitung reagiert.

„Ahn…“

Er sieht einfach nur traumhaft aus, findet Alexander, mit den halbgeschlossenen Augen, den geöffneten Lippen, dem Rot auf den Wangen…

„Das ging wieder schnell.“, murmelt er gegen Heinrichs Hals, „Bereit für mehr?“, fragt er und zieht den Slip noch ein wenig weiter nach unten.

„Ohja.“, entgegnet der Junge mit rauer Stimme, „Gib’s mir.“

Mit einem Schmunzeln auf den Lippen kommt er der Bitte nach und betrachtet währenddessen wieder Heinrichs Gesicht, das von höchstem Wohlgefallen zeugt.

„Hnn…jah…“ Ungeduldig kommt ihm der Junge entgegen, sodass Alexander ihn an der Hüfte packen muss, damit er stillhält.

„Na, na“, raunt er ihm zu, „Wer wird denn gleich so gierig werden?“

„B-b-bitte…! Tiefer…!“

Der Professor muss leise lachen. Genüsslich leckt er dem Jungen den Kieferknochen entlang und schiebt sich weiter voran.

Heinrich gibt ein angetanes Stöhnen von sich. Davon angespornt beginnt sich Alexander sogleich zu bewegen, was seinen Freund noch mehr erfreut.

„Aah…! Hn! Jaah…“

„Hn…Gefällt es dir – hn – mein Kleiner?“

„J-jaah…“

„Mein kleiner – hnn – braver – hah – Heinrich?“

Der Junge nickt heftig. „J-ja-jaa…w-weiter…! Mmh!“ Seine Mundwinkel heben sich, als Alexanders Hände wieder an seine Brust wandern und ihn dort massieren. „M-mir gefällt es – ah! – w-wu-wunder – haah~ wunderbar! D-du bist e-ein gahh…ein ganz toller Ma-Mann, mein Alexander, d-der beste ü-überh – ah!“

Erschrocken keucht Heinrich auf, als sein Freund ihn am Bauch umschlingt und ihn mit Schwung von den Beinen hebt.

„Füße hoch.“, bringt Alexander heraus, und kurz darauf stoßen Heinrichs Pumps mit einem lauten Klacken in der Höhe seines Kopfes an den Spiegel.

„O-oh, m-mein…!“

„Endlich seh ich dich richtig, mein Schatz.“, meint der Ältere mit rauer Stimme, denn die gespreizten Oberschenkel heben die Rüschen fast bis zu seinem Bauchnabel an.

Heinrich ist viel faszinierter davon, im Spiegel die Stelle beobachten zu können, an der sie vereint sind. Und an der Alexander sich ihm gerade noch näher bringt.

Stöhnend wirft der Junge seinen Kopf in den Nacken. So gut es sich auch anfühlen mag, seinen Alexander zu dominieren, das hier ist einfach was vollkommen anderes, und es fühlt sich unbeschreiblich geil an.
 

Heinrichs Beine, an denen der Damenslip langsam herunterrutscht, sind noch ganz zittrig, er selbst noch völlig außer Atem.

Alexander hält ihn immer noch von hinten im Arm und küsst seinen Nacken.

„Na?“, bringt der Junge mit einem gefälligen Grinsen heraus, „Ist dein Hormonhaushalt wieder hergestellt?“

„Mmh…ja, vollkommen…“, brummt Alexander und fährt ihm durch die Haare.

„Das ist schön.“

„Nur ist der Spiegel wieder…ein wenig schmutzig.“

Heinrich kichert leise. „Machst du das weg?“

„Naja, eigentlich ist es ja von dir.“

„Hey, dann wäschst du aber das Kleid.“

„Okay.“

„Und mich!“

„Nichts lieber als das.“
 

Wenig später liegen sie beide zusammen in der Badewanne und dösen ein wenig vor sich hin.

Heinrichs Finger zieht langsam Kreise im Schaum auf Alexanders Brust, während ihm sein Freund durch die nassen Haare streicht.

„Bald beginnt die neue Theatersaison.“, kommt es irgendwann von Heinrich.

Alexander antwortet lieber nichts, denn er ahnt schon, was da auf ihn zukommt.

„Da ich ja jetzt das Abo hab, können wir dann nicht bald mal wieder hingehen?“

„Wenn du willst.“, antwortet der Ältere mit einem Lächeln, da er weiß, dass er Heinrichs Bitte sowieso nicht lange widerstehen kann.

„Au, supi.“, findet der Junge und entschädigt ihn mit einem liebevollen, innigen Kuss.

Alexander tendiert dazu, es schöner zu finden, wenn er die Rolle des Mannes in ihrer Beziehung übernimmt, aber auf die Situationen, in denen sein Heinrich diese Gewohnheit gnadenlos bricht, will er auf keinen Fall verzichten.
 

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So, das hier ist ein kleines Zwischen-Kapitelchen (das Alex sich gewünscht hat XP)… Im nächsten werden sie wohl noch nicht ins Theater gehen, weil die beiden erst eine Jahreszeit erwartet, die bei uns auch schon vorbei ist, aber meist auf große Kontroversen stößt ;)

Dann wollte ich noch anmerken, dass man Professor Pfeiffer jetzt bei den Charas findet (falls ich das nicht schon erwähnt hab), und dass zu den Model-Puppen in meinem Weblog noch ein paar Heinrichs dazugekommen sind :3

Es ist noch keine Woche vergangen, seit Alexander wieder zum Mann-Sein zurückgefunden hat. Die letzten Tage haben er und sein Schatz meistens in ihren Arbeitszimmern verbracht: Alexander einerseits war mehr oder weniger gezwungenermaßen mit der Planung des nächsten Semesters beschäftigt, da sein Heinrich andererseits recht wenig Zeit für ihn hatte. Stattdessen hat er eifrig mit Heine geschrieben und für die durch den E-Mail-Austausch neugewonnene Story-Idee recherchiert.

Ausschlaggebend für diese zündende Idee war die zweite Mail, die er von Heine erhalten hat:
 

Sei gegrüßt, Mister Gedankenstrich!
 

Das sind ja ganz steile Thesen, die du da erigierst! Du willst also Wörter, die eigentlich von der Zensur zensiert würden, einfach weglassen?!

Interpretationsspielraum hin oder her, viele der Leser würden doch niemals eben jenes grausame Wort finden, das du eigentlich meinst!
 

Wenn du den Menschen nicht die Brutalität vor den Kopf knallst, dann nehmen sie sie selbst nicht wahr!
 

Stell dir vor, du hättest in deinem Kohlhaas den Vater niemals aussprechen lassen, wie er seine Kinder vorgefunden hat. Die Leser hätten gedacht, die armen Jungen hätten lediglich nichts zu essen bekommen, und niemals wären sie auf die Idee gekommen, dass sie sexuell missbraucht worden sind.

Du kannst eine Vergewaltigung nicht durch einen Gedankenstrich ersetzen!
 

…wenn du es doch schaffst, schmeiß ich mich dir zu Füßen – egal welche perversen Spielchen du dann mit mir treibst ;)
 

Äußerst erregte Grüße,

Heine
 

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Der Hund, dem man einen Maulkorb anlegt, bellt mit dem Hintern.
 

Natürlich hat Heinrich die Wette sofort angenommen. Nur geht er die Sache ganz gelassen an, denn da Heine sowieso nicht glaubt, dass er es schafft, hat er alle Zeit der Welt.

So kann er diesen Dienstagmorgen kuschelnd mit seinem Freund im Bett verbringen, bevor er sich wieder an den Laptop begibt.

Mit feuchten Küssen nagelt ihn Alexander unter sich auf der Matratze fest und lässt seine Hände unter die Pyjama-Hose auf den zarten Hintern wandern.

Heinrich gibt ein angetanes Keuchen von sich und rollt den Älteren wieder zur Seite. Wie zwei Löwenjungen rangeln sie ein wenig miteinander, bis Heinrichs Kichern durchs Klingeln des Telefons unterbrochen wird.

„Och, nicht jetzt…“, nuschelt Alexander frustriert, doch Heinrich entwindet sich seinem Griff, zieht sich die Hose wieder ein wenig hoch und läuft schnell die Treppe hinunter.

Als er mit dem Telefon am Ohr wieder zurück ins Schlafzimmer kommt, hat er schon das freudige Grinsen auf den Lippen, das Alexander nur allzu gut kennt.

„Wilhelm.“, erklärt der Junge überflüssigerweise und lässt sich wieder zu seinem Freund ins Bett fallen.

„Moment kurz.“, meint er an Wilhelm gewandt und kuschelt sich an Alexander, auf dessen Bauch er den Hörer ablegt, bevor er auf Lautsprecher drückt, „So, ich hab dich auf laut gestellt.“

„Morgen, Wilhelm.“, gibt Alexander sehr motiviert von sich.

„Guten Morgen, Bruderherz!“, kommt es amüsiert vom älteren Humboldtbruder, „Heinrich hat mir gesagt, ich rufe wieder zu einer sehr ungünstigen Zeit an.“

Alexander wirft seinem Freund einen mahnenden Blick zu, bevor er antwortet. „Du rufst immer zu einer sehr ungünstigen Zeit an.“

„Heinrich freut sich immer, mit mir zu sprechen, nicht?“

„Jaa, natürlich!“, beteuert der Junge und schmiegt seine Wange ein wenig beschämt an Alexanders Brust.

„Ach, und er hat mir eben erzählt, wie fleißig du die Woche über warst. Ich bin eben beinahe vom Stuhl gefallen, als ich gehört hab, wie viel du schon fürs nächste Semester getan hast.“

Alexander lässt seine Hand schmunzelnd in Heinrichs Haare fahren. „Das ist Heinrichs guter Einfluss.“

„Das stand für mich außer Frage.“

Der Junge beginnt zu kichern.

Alexander räuspert sich. „Wolltest du dich nur an unserer Schmuserunde beteiligen, oder wieso rufst du an?“

„Oh, das wär natürlich auch eine Idee.“, entgegnet Wilhelm amüsiert, „Aber eigentlich wollte ich Unterstützung für den Faschingsumzug werben, den ich sonst mit Gabriele alleine bestreiten müsste, da Caroline drei Tage bei einer Freundin – “

„Ein Faschingsumzug!“, ruft Heinrich begeistert, „Jaa, da sind wir dabei, oder?!?“ Er gibt seinem Freund einen schmatzenden Kuss.

„Nnn…ich weiß nicht…“, gibt dieser trotzdem sehr unmotiviert von sich, „Verkleiden ist eh nicht so meine Sache, und dann auch noch mit Gabi…“

„Sie würde sich sehr freuen, wenn du mitkommen würdest, Alexander.“

„Außerdem ist sie doch total lieb!“, findet Heinrich.

Alexander wirft ihm einen entgeisterten Blick zu.

„Also, ich komm auf jeden Fall mit.“, meint der Junge schließlich an Wilhelm gewandt.

„Gut“, stimmt ihm Alexander zu, „Dann nimm Heinrich mit, Wilhelm, und ich bin weiter fleißig und setz mich an die Seminarvorbereitung.“

„Wenn du mir deinen Heinrich anvertrauen willst.“, antwortet Wilhelm mit einem Grinsen.

„Er wird schon keine Dummheiten machen.“, entgegnet Alexander und kneift seinem Freund in den Hintern.

Der Junge keucht erschrocken auf, und als er Wilhelm darüber leise lachen hört, läuft er rot an.

„Da wir mit der Bahn hinfahren werden, können wir uns an der U-Bahn-Station Kurfürstendamm treffen?“

„Ja, gerne.“, bringt Heinrich heraus.

„Um Elf Uhr?“

„Mhm.“

„Wunderbar.“, meint Wilhelm mit einem glücklichen Lächeln, „Ich freu mich drauf. Bis später, Heinrich.“

„B-bis nachher.“

„Tschüss, Alexander.“

„Tschau.“

Als das Telefon nur noch tutet, schaltet es Alexander aus.

Heinrich schiebt sich ein wenig mehr auf ihn. „Bist du mir jetzt böse, mein Schatz?“

„Nein, nein.“, lacht der Ältere, „Ich bin ja derjenige, der nicht mit will.“

Der Junge gibt ihm einen innigen Kuss.

Als das Telefon von Alexanders Bauch kullert, da Heinrich es sich ein wenig zu gemütlich auf ihm macht, unterbricht der Ältere den Kuss. „Mmmh – Heinrich.“

„Hm?“

„Schau mal auf die Uhr. Wo wolltest du in ner Dreiviertelstunde sein?“

Der Junge springt entsetzt von ihm herunter. „Was?!? So spät haben wir schon?! Wieso sagst du mir das nicht gleich?!? Das wird jetzt ja total hektisch!“

„Ein Grund, weshalb ich nicht zugesagt hab.“

Hastig stolpert der Jüngere ins Bad.

Als Alexander dort zehn Minuten später aufkreuzt, steht sein Freund unter der Dusche und rasiert sich die Achseln.

„Dafür hast du noch Zeit, ja?“

„Was denn, ich lieg gut in der Zeit, die Beine hab ich schon.“

Alexander hebt skeptisch die Augenbrauen. „Was genau planst du anzuziehen?“

Heinrich antwortet nur mit einem Grinsen und dreht das Wasser wieder an.

„Du, Heinrich! Ich lass dich weder mit dem Holly-Kleid, noch mit dem Bunny-Kostüm aus dem Haus gehen!“

„Dann mach dir mal keine Sorgen, mein Schatz!“, ruft der Junge über das Rauschen des Wassers hinweg und dreht sich um, um noch einmal sein Gesicht unter den Wasserstrahl zu halten.

Alexander trottet seufzend hinüber zum Klo.

Als sie wenig später gemeinsam am Waschbecken stehen und sich im Gesicht rasieren, hält der Ältere plötzlich inne und bedenkt seinen Freund mit einem argwöhnischen Blick.

„Was?“ Heinrich stellt kurz den elektrischen Rasierer aus.

„Du hattest schon so glatte Beine, als ich dich kennengelernt hab.“

Der Junge ist ein wenig verwirrt. „Jaa…“, antwortet er irritiert.

„Und als wir in Amerika waren, hast du mir erzählt, ich soll dir zeigen, wie man sich nass rasiert, du hättest das bis jetzt immer nur elektrisch gemacht.“

Ah, darauf will er hinaus, kommt Heinrich die Erleuchtung, und er beginnt leise zu lachen. „Das fällt dir aber früh auf.“

Alexander starrt ihn perplex an. „D-du hast mich damals angelogen?!?“

Sein Freund drückt ihm einen besänftigenden Kuss auf die frisch rasierte Wange. „Aber nur, damit du mir zeigen musstest, wie’s geht. Und ich dir so näherkommen konnte.“

„Ah.“ Das lässt Alexander gelten.

Als Heinrich schließlich im Bad fertig ist, ist sein Freund schon angezogen. „Ich geh schon mal Frühstück machen.“, schlägt er vor und begibt sich nach unten.

Dem Jungen schmiert er schnell ein Nutellabrot und macht ihm einen Kakao warm. Seine Kaffeetasse gleitet ihm beinahe aus der Hand, als Heinrich die Küche betritt.

„Nein.“

Das heute wohl aus Zeitdruck nicht rot angemalte Teufelchen ignoriert ihn und greift sich mit einem „Danke“ das Nutellabrot.

„Nein!“, wiederholt Alexander ein weiteres Mal und stellt seine Tasse auf dem Küchentisch ab, „So lass ich dich nicht gehen!“

Heinrich nimmt im Schneidersitz auf seinem Stuhl Platz und nagt genüsslich an seinem Brot.

„Heinrich.“, setzt der Ältere noch einmal an und blickt ihn streng an, „Ich mein das ernst. So kannst du auf den CSD gehen, aber nicht auf nen Berliner Faschingsumzug. Und schon gar nicht mit Wilhelm! Willst du dir wirklich dein gutes Verhältnis mit ihm zerstören?!“

Der Junge nimmt noch einen großen Schluck Kakao und springt auf, um die leere Tasse in der Spüle abzustellen.

„Heinrich, hast du mir zugehört?“

Mit einem liebevollen Lächeln wendet sich das Teufelchen zu seinem Freund um. „Ja, mein Schatz.“, haucht es und steigt mit geschmeidigen Bewegungen dem anderen auf den Schoß, wo es den Älteren, der gerade wieder seine Lippen zum Protest öffnet, einfach küsst.

Während seine Zunge den Mund seines überforderten Freundes schamlos plündert, legt er sich Alexanders Hände an den Hintern. Je länger der gierige Kuss dauert, desto fester packen die großen Hände zu.

Mit einem wohligen Seufzen lässt Heinrich schließlich von ihm ab, indem er die zwischen seine Lippen gesaugte Unterlippe gehen lässt. „Bis heute Nachmittag, mein Großer.“, flüstert er und steigt mit ebenso geschmeidigen Bewegungen wieder vom Älteren herunter.

Der Junge glaubt schon, dass er damit seinen Freund außer Gefecht gesetzt hat, da packt ihn Alexander am Handgelenkt.

„Wa – aaah!“ Er schreit auf, als der Professor ihn sich über die Schulter wirft und zur Treppe schleppt.

„Fast hättest du mich gehabt, mein Kleiner.“, gibt Alexander zu.

„L-lass mich runter!“

„Hör auf zu zappeln, oder wir fliegen die Treppe runter.“

Heinrich schmollt. „Du findest mich nicht mehr sexy.“

Alexander schielt auf den in glänzendes Lack eingepackten Hintern, der über seiner Schulter hängt. „Natürlich find ich dich sexy.“, widerspricht er, „Und beinah hat mich deine…Show ja auch sprachlos und sabbernd zurückgelassen, aber ein bisschen hab ich meine Triebe schon noch im Griff, sodass deine Gesundheit mir doch wichtiger ist als Sex.“

Heinrich ist plötzlich still.

Als Alexander ihn im Schlafzimmer absetzt, blickt er ganz gerührt zum anderen auf. „Alex, du bist so süß!“, ruft er und schmeißt sich dem anderen an die Brust.

„Du auch, mein Schatz“, entgegnet dieser, „Aber wenn ich dich so gehen lass, erkältest du dich nur und fängst dir Ärger ein. Deshalb…“ Er öffnet den Schrank auf seiner Seite des Bettes und holt zielstrebig seinen Fedora-Hut heraus, den er in Amerika anhatte, um ihn Heinrich auf den Kopf zu setzen.

„Zieh die Stiefel und die Hose aus, du gehst als Cowboy.“

„Auch nicht schlecht.“

„Ganz und gar nicht.“ Mit einem Lächeln rückt Alexander den Hut ein wenig zurecht, bevor er sich erneut dem Schrank zuwendet.

Als er sich wieder zu Heinrich herumdreht, steht dieser bis auf den Hut nackt vor ihm.

„Du hattest keine Unterhose drunter?!“

Ein wenig beschämt verschränkt der Junge seine Hände vor dem Schritt. „Nein…“

Alexander starrt ihn ein paar weitere Sekunden an, bevor er sich wieder fasst. „Auf, dann zieh dir eine an! Und such dir ne Jeans raus.“

„Oki.“ Hastig springt Heinrich zu seinem Teil des Schranks hinüber. In der Jeans, die er in Amerika anhatte, steht er wenig später vor Alexander.

„Das ist die kürzeste, die du gefunden hast, ja?“

Der Junge nickt bejahend.

Alexander verdreht die Augen.

„Och, Alex, bitte, immerhin ist die länger als die Lackhotpants, und ich hab auch ne Unterhose drunter.“

„Strumpfhose.“, ist Alexanders Bedingung.

Heinrich nickt brav und sucht sich eine raus, die er unter der Jeans anzieht. Schließlich reicht ihm sein Freund noch eines seiner karierten Hemden.

Ein wenig skeptisch betrachtet sich Heinrich im Spiegel, während Alexander ihm die viel zu langen Ärmel hochkrempelt. „Das ist doch viel zu weit.“

„Heinrich, wen willst du da heute bitte um den Finger wickeln? Wilhelm?“, fragt Alexander skeptisch.

„Och, Alex, ich will mich halt einfach nur gutfühlen.“

Der Ältere nimmt ihn in den Arm. „Und das wirst du dich mit ner Erkältung bestimmt nicht.“

Der Junge lässt sich noch einen Kuss geben, dann entwindet er sich dem Griff. „Ich muss mich beeilen.“

„Zieh warme Schuhe an.“

„Hatte ich sowieso vor.“ Als Alexander auch unten im Flur ankommt, hat Heinrich seine Winterstiefel an.

„Dann viel Spaß.“

„Den werd ich hoffentlich haben.“

Sie geben sich zum Abschied noch einen Kuss, dann verlässt Heinrich im Eilschritt das Haus.
 

Er hat sich das Hemd über der Hüfte am Bauch zusammengeknotet und am Kragen die ersten Knöpfe geöffnet, als er am vereinbarten Treffpunkt ankommt – natürlich ein paar Minuten zu spät, doch keiner der beiden Wartenden macht ihm einen Vorwurf.

„Heinriiiiiiiich!!!“ Freudig kommt Gabriele in ihrem rosagoldenen Disney-Prinzessinnenkleid auf ihn zu gerannt und schmeißt sich ihm um den Hals. „Du siehst ja so was von hot aus!“

„Gabi, das sagt man nicht.“, mischt sich Wilhelm ein, bevor er Heinrich die Hand gibt. „Auch wenn das bei der Mehrheit der Menschen sicherlich die erste Assoziation zu diesem Kostüm ist.“

Heinrich wird ein wenig rot. „J-ja, ähm, tut mir Leid“, stammelt er, „Ich hab eigentlich kein Faschingskostüm, u-und sonst nur ein Rüschenkleid, nen Teufelsschwanz an einer Lackhot…pants…ä-äh, und…“ Er verstummt an dieser Stelle lieber und räuspert sich unbeholfen.

Wilhelm lacht amüsiert, wie er auch diesen Morgen am Telefon gelacht hat. „Kein Problem, ich mach mir nur Sorgen, ob dir nicht zu kalt ist.“

Der Junge schüttelt den Kopf. „Nein, die Sonne scheint heute ja so toll.“

Wilhelm nickt.

„A-ah! Aber dein Kostüm ist wunder-wunderschön!“, meint Heinrich und seine Augen funkeln, als er den Älteren endlich richtig betrachtet, der eine weiße Lockenperücke auf dem Kopf trägt, einen roten Gehrock, darunter ein Rüschenhemd, und auch altertümliche Beinbekleidung und Schuhwerk. „Am liebsten würd ich mit dir tauschen!“

Wilhelm muss lachen. „Lieber nicht.“

„O-oh, ich meinte…“ Der Junge räuspert sich einmal mehr unbeholfen. „A-also, so was würd ich gerne auch mal anziehen.“

„Da bietet sich bestimmt mal eine Gelegenheit, spätestens nächstes Jahr wieder hier zum Umzug.“

Heinrich will noch etwas erwidern, da schmeißt sich Gabriele ungeduldig an ihn. „Und wie seh ich aus? Zu mir hast du ja noch gar nichts gesagt! Gefällt dir mein Kostüm nicht?!“

„Natürlich gefällt es mir, Gabi, du siehst umwerfend aus!“, antwortet er ihr und stupst ihr Krönchen an, „So traumhaft, wie du aussiehst, muss dir ja heute ein Prinz zu Füßen fallen.“

Das Mädchen kichert zufrieden. Wilhelm legt ihr eine Hand an den Rücken. „Na, mit dem Prinzen warten wir lieber noch ein paar Jährchen, mein Fräulein.“

„Aber, Papi!“

„Kommt, wir sollten uns einen Platz suchen, damit wir nicht so weit hinten stehen, wenn der Zug vorbeikommt.“

Seine Tochter und sein quasi-Schwager stimmen zu, und sie begeben sich an sie Straße. So können sie einen relativ freien Platz ergattern, den Gabi ihnen durch dreistes Anrempeln anderer Kinder erschlossen hat.

„Gabi, aber das macht man doch nicht.“, weist Heinrich sie zurecht, während Wilhelm sich bei einem Elternpaar entschuldigt, an denen er sich soeben auch vorbeigequetscht hat.

„Was macht man nicht?“, entgegnet das Mädchen vollkommen unschuldig.

Die umstehenden Eltern haben Gabrieles Aktion schon längst vergessen, als sie Heinrichs Outfit erblicken, das die für einen Mann doch ziemlich knappe Jeans und auffälligen Stiefel beinhaltet. Doch keiner hat mehr Zeit, sich in irgendeiner Weise darüber zu mokieren, denn da sind schon die Trommeln aus der Ferne zu hören, die den anrückenden Faschingsumzug ankündigen.

„Ui, es geht los, es geht los!“, ruft Gabi freudig und dreht sich zu ihrem Vater um, „Die Tüten, die Tüten!“

Wilhelm holt eine Stofftüte aus seinem Gehrock hervor, die er seiner Tochter reicht; auch Heinrich hält er eine entgegen. „Ich dachte, du willst dir vielleicht auch ein paar Bonbons mit nachhause nehmen.“

„Oh, danke.“, meint der Junge begeistert.

Tatsächlich kann er einige Bonbons einsammeln, als die ersten geschmückten Wagen an ihnen mit lauter Musik und Heijo-Rufen vorbeifahren. Die meisten Sachen überlässt er natürlich Gabi, aber ein paar Lolis und Popcorntüten kann er sich abzweigen. Von einem Cowgirl, das bei der Frauenabteilung eines Sportvereins mitläuft, bekommt er sogar einen kleinen Schnaps zugesteckt, nachdem er sich von ihr ein wenig hat antanzen lassen, beziehungsweise sie angetanzt hat.

Lachend kommt er mit seiner Beute auf Wilhelm zu. „Hier, damit du auch was von dem Umzug hast.“, meint er und drückt dem Älteren das Fläschchen in die Hand.

„Ich hab auch ohne Alkohol meinen Spaß, danke.“, entgegnet dieser amüsiert, „Ist der Hut eigentlich von Alexander?“

„Jap“, nickt der Junge grinsend, „Das Hemd auch. Er wollt mich nicht in Lackhotpants gehen lassen.“

„Oh. Verständlich. Hätt ich dir auch nicht erlaubt.“, meint er mit einem Zwinkern.

Heinrich stellt sich kurz vor, ob er Wilhelm mit seiner Show hätte überzeugen können, und muss leise kichern.

„Was ist?“, fragt Wilhelm.

Heinrich antwortet nicht, sondern stürzt sich grinsend wieder zu Gabriele ins Getümmel.

„Und?“, fragt er die Kleine und stupst sie mit der Hüfte an, „Machst du nen guten Fang?“

„Einen sehr guten!“, ruft sie, „Einer so reizenden Prinzessin kann halt kein Bonbonwerfer widerstehen.“

„Ach, so ist das.“, lacht der Junge.

Da quiekt Gabriele plötzlich auf. „Die werfen Rosen!“

Heinrich sieht ihrem ausgestreckten Zeigefinger nach und erblickt den Wagen, der soeben in die Straße eingebogen ist.

„Ooh, ich will unbedingt eine haben!“, verkündet das Mädchen und hüpft aufgeregt herum, „Eine weiße!“

„Dann musst du den Leuten schön zuwinken.“, meint Heinrich.

„Na logo!“, entgegnet Gabriele, und als der Wagen bei ihnen angekommen ist, befolgt sie sofort seinen Rat mit lauten Heijo-Rufen.

Doch sie kann sich noch so viel Mühe geben, die Rosenwerfer scheinen sie zu übersehen.

„Ohneiin!“, ruft sie schmollend, als sie schon nur noch das Heck des kleinen LKW sehen.

„Warte, ich hol dir eine, das geht ja nicht, dass die dich einfach ignorieren, meine Prinzessin.“, meint Heinrich, bevor er schnell dem Wagen nachläuft.

Am Ende der Ladefläche entdeckt er einen jungen Mann, der gerade eine weiße Rose aus dem Eimer nimmt.

„Heijo, schöner Mann, wie wär’s mit einer Rose für mich!“, ruft er mit einem Grinsen, und der Mann bemerkt ihn tatsächlich. Er erwidert sein Grinsen und beugt sich ein wenig vom Wagen zu ihm herunter.

„Ne Rose willst du von mir, kleener Brokeback Cowboy?“, fragt er.

„Ja. Bitte.“, antwortet Heinrich mit flatternden Wimpern.

Das Grinsen auf dem Gesicht des Typen wird breiter. „Und was bekomm ich dafür?“

Der Junge setzt einen verführerischen Blick auf und wirft ihm einen Handkuss zu. Noch bevor der andere mit der Rose in der Hand vom Wagen springt, weiß Heinrich, dass er ihn an dieser Stelle hat.

„Da hast du deine Rose, mein Kleener.“, meint der Mann und hält ihm die weiße Blume entgegen.

Als Heinrich danach greifen will, zieht er sie mit einem Lachen wieder zurück. „Na, nicht so stürmisch.“

„Ich bin aber gerne stürmisch.“, entgegnet der Junge mit einem schelmischen Grinsen und tritt so nahe an den anderen heran, dass sein Hut einen Schatten auf dessen untere Gesichtshälfte wirft. Indem er den anderen durch intensiven Blickkontakt reglos hält, kann er ihm die Rose aus der Hand nehmen.

Mit einem triumphalen Schmunzeln macht Heinrich wieder einen Schritt zurück. „Danke.“, haucht er und riecht an der wohlduftenden Pflanze, da sein Gegenüber eher nach zu viel Alkohol stinkt.

Der Typ muss lachen. „Du bist ja ein ganz Gerissener.“, meint er, und bevor Heinrich reagieren kann, hat er ihn grob am Hintern gepackt.

„Hey“ Mit einem Satz zurück entkommt er dem Griff. „Nicht da, da bin ich empfindlich.“, bringt er halb scherzend heraus, da er den anderen mit einer direkten Abweisung nicht unnötig aggressiv machen will.

„Das will ich aber hoffen.“, meint der Typ jedoch nur und kommt wieder auf ihn zu.

Da Heinrich sich hastig weggdreht, erwischt er ihn nur von hinten und schlingt ihm die Arme um den Bauch. „Na, mein kleener Cowboy, willste nicht mit auf unsren Wagen kommen und ein paar Kühe melken?“

„Nein danke, lass mich los.“, antwortet der Junge jetzt doch ein wenig patzig, da er den Typen einfach nur eklig findet, und versucht sich aus dem Griff zu befreien, doch der andere fängt an, ihn dem Wagen hinterher zu zerren.

„Hey, ich hab gesagt, du sollt mich loslassen!“, ruft Heinrich und versucht nach dem Mann zu treten. Wie gerne wünscht er sich jetzt seinen Alex herbei, der diesem Arsch so richtig eine reinhauen –

„Hn!“

Auf einmal geben die Arme um ihn nach, und als der Junge aus dem Griff entkommen kann, sieht er, wie der Typ mit schmerzverzerrtem Gesicht sich den Schritt hält.

„Du verdammte Dreckssau!“, keift Gabriele, die hinter dem Mann steht und ein weiteres Mal mit ihrem Bein ausholt.

„Das reicht, Gabi.“, ermahnt sie Wilhelm, an dessen Seite gezogen sich Heinrich plötzlich vorfindet, „Und Sie lassen Ihre Finger gefälligst vom Freund meines Bruders! So besoffen können Sie gar nicht sein, um nicht zu verstehen, dass er nein gesagt hat.“

Äußerst beleidigt zieht der Typ von dannen, wieder seinem Wagen hinterher, natürlich nicht, ohne ihnen noch den Mittelfinger zu zeigen.

„Danke.“, bringt Heinrich heraus, als sie wieder zum Straßenrand laufen.

„Kein Problem, der Blödmann hat das verdient.“, entgegnet Gabriele selbstsicher.

„Hier ist deine Rose.“, fällt es dem Jungen da wieder ein und er reicht ihr seine Errungenschaft.

„Aww, du bist so lieb!“, ruft die Kleine entzückt und drückt ihn fest.

Da bemerkt Heinrich, dass Wilhelm immer noch einen Arm um ihn gelegt hat. „Willst du jetzt sichergehen, dass mich auch ja niemand deinem Bruder wegnimmt?“, meint er schmunzelnd an den Älteren gewandt.

Wilhelm grinst ihn an. „Genau, und da du mit diesem Outfit nur gleich dem nächsten zum Opfer fallen wirst, bleibst du schön bei mir.“

„Jawohl, Herr von Humboldt.“, zeigt sich Heinrich einverstanden, und schmiegt sich an den anderen an.

Von Humboldt?“, lacht dieser.

„Passt doch besser zu deiner Garderobe.“

„Da hast du Recht.“
 

Als der Faschingszug an ihnen vorüber ist, besteht Wilhelm natürlich darauf, Heinrich noch nachhause zu begleiten.

„Du bist ja genauso schlimm wie Alex.“, meint der Junge, während sie zur U-Bahn-Haltestelle laufen.

„Du weckst eben Beschützerinstinkte. Sogar bei Gabi.“

Das Mädchen beginnt zu kichern und nimmt Heinrichs Hand. Nach kurzem Zögern tut es Wilhelm ihr gleich.

Der Junge muss glücklich grinsen. „Wie eine kleine Familie.“, meint er, und gemeinsam schlendern sie über die Straße.
 

Vor dem Haus wird Heinrich von den beiden abgesetzt.

Gabriele fällt ihm sofort um den Hals. „Das war so toll, dass du heute dabei warst!“, ruft sie freudig, „Das hat viel mehr Spaß gemacht als mit Papa alleine!“

„Mir hat’s auch sehr viel Spaß gemacht.“, entgegnet Heinrich, „Mit euch beiden.“ Er entschließt sich spontan dazu, auch Wilhelm zu umarmen, und ist erstaunt, wie selbstverständlich der andere ihn an sich drückt.

„Das sollten wir bald mal wiederholen.“, findet der Ältere.

„Auja.“, stimmt ihm Heinrich zu.

„Aber mit Alexander.“, meint Wilhelm.

„Jaa, Onkel Alex darf sich nächstes Mal nicht vor seiner Onkel-Pflicht drücken!“, findet auch Gabriele.

Heinrich und Wilhelm müssen lachen.

„Dann kommt gut nachhause.“, verabschiedet der Jüngere von Vater und Tochter schließlich, als er schon das Haus aufgeschlossen hat.

„Grüß Alex von uns.“

„Mach ich.“

Mit einem wunderbar warmen Gefühl in seinem Bauch läuft Heinrich die Treppen hinauf und stürmt in die Wohnung. Er schmeißt seine Stiefel in den Flur und spurtet sofort in den oberen Stock, in Alexanders Arbeitszimmer.

„Heinrich!“, empfängt ihn dieser überrascht und mit offenen Armen, in die sich der Junge sofort fallen lässt.

„Aww, Alex, du hast so eine liebe Familie!“

Lachend drückt ihn der Ältere an sich. „Also waren sie nett zu dir, ja?“

„Natürlich! Der Tag heute war super! Und wir haben beschlossen, dass du das nächste Mal, wenn wir drei was unternehmen, auf jeden Fall dabei sein musst!“

Bei diesem Eifer bringt Alexander es nichts übers Herz, nein zu sagen. „Okay.“, antwortet er mit einem liebevollen Lächeln.

Glücklich gibt ihm Heinrich einen zärtlichen Kuss auf die Lippen, den sein Freund sanft erwidert.

„Ich hab dich vermisst.“, flüstert der Ältere schließlich.

Kichernd schmiegt sich der Junge an ihn. „Ich dich auch.“, meint er, und beschließt seinem Freund doch nichts von dem kleinen Zwischenfall zu erzählen.

„Schöne Grüße von den beiden.“

„Oh, danke.“

„Wollen wir jetzt meine Beute verspeisen?“

Fragend blickt ihn Alexander an. „Welche Beute?“

„Na, die ganzen Bonbons und Süßigkeiten!“

„Achso“, lacht der Ältere und wendet sich dem Hals des Jungen zu, „Ich würd aber viel lieber dich verspeisen, du bist auch bestimmt tausendmal süßer, mein Brokeback Cowboy.“

Heinrich hält bei diesem Spitznamen kurz inne. Dann muss er aber lachen und lässt sich vom anderen weiter küssen.

„Gerne.“, haucht er.
 

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Frohe Ostern! :D

Jaaa, ein Faschings- / Fastnachts- / Karnevals-Kapitel an Ostern XD Ich verspreche aber, dass die nächsten Kapis wieder zeitunabhängig sind ;)
 

Heinrich Heine kann man jetzt übrigens bei den Charas sehen, und:

Ich werde wohl bald in der FF-Beschreibung einen Link zu meinem Weblog reinstellen, wenn ich dort den VLE-Persönlichkeitstest hochgeladen hab, der schon fast fertig ist ;3 – wer sich darunter noch nichts vorstellen kann, lässt sich einfach überraschen :3

Heinrich betrachtet sich zufrieden im Spiegel. Er hat wieder seinen schwarzen Anzug an, die Haare ordentlich gekämmt und richtet sich eben noch die Fliege.

Da kommt Alexander nur in Unterhose ins Schlafzimmer und seufzt unmotiviert, als er sich seine Anzugshose vom Bett nimmt.

Die Hände in die Hüften gestemmt dreht sich Heinrich zu ihm um und wirft ihm einen mahnenden Blick zu. „Du übertreibst, Alex, so schlimm fandst du’s letztes Mal doch auch nicht.“

Der Ältere hält kurz inne und betrachtet seinen Freund von oben bis unten. Letztendlich schleicht sich ein Schmunzeln auf seine Lippen, während er sich seinen Gürtel schließt. „Stimmt. Als wir nachhause gekommen sind und ich dich ausziehen durfte, hat mir der Abend wirklich gefallen.“

Heinrich grinst nur leicht und verlässt das Schlafzimmer – nicht ohne Alexander dabei einen Klaps auf den Hintern zu geben. „Wart nur ab, wer heute Abend wen auszieht!“, ruft er drohend.

Der Ältere hat es plötzlich viel eiliger, fertig zu werden.
 

Die Vorstellung ist heute ein Medley aus den Schauspielen, Opern und Ballettvorführungen des letzten Jahres, um die Theatersaison für dieses Jahr zu eröffnen.

Da Heinrich weiß, dass Goethe auf jeden Fall da sein wird, ist er schon ein wenig aufgeregt, welche Neuigkeiten der Verlagschef wohl über sein Buch haben wird. So fingert er die ganze Fahrt über an den Knöpfen seines Anzugs herum und antwortet auf die Fragen seines Freundes nur flüchtig.

Als sie im Foyer das Glas Sekt entgegengenommen haben und wieder etwas abseits stehen, stupst Alexander ihn endlich an. „Was ist denn los mit dir?“

„W-was soll los sein?“, entgegnet der Junge irritiert.

„Ich merk doch, dass du nervös bist.“, meint Alexander.

„J-jaa…“, gibt Heinrich da zu, „Wegen meinem Buch…was Goethe für Neuigkeiten hat. Vielleicht läuft es ja trotz Lesungen weiter scheiße u-und er kündigt mir den Vertrag oder so…!“

Beruhigend fährt ihm der Ältere über den Rücken. „Das wird er nicht machen, Schatz, ich kann mir gar nicht vorstellen, wieso die Verkaufszahlen nach den Lesungen jetzt nicht rapide ansteigen sollten. Außerdem“ Er zwinkert dem Jungen zu. „hat Goethe heute wohl andere Sachen im Kopf.“

Fragend sieht Heinrich ihn an. „Wieso das denn?“

„Schiller kommt heute zurück.“

Der Junge wirft ihm einen skeptischen Blick zu. „Wie kommst du darauf?“

„Na“, meint Alexander und verweist auf ihre Umgebung, „Heute wird die Theatersaison eröffnet. Ich bin mir sicher, da haben die beiden die Lesungen natürlich so gelegt, dass Schiller heute dabei sein kann.“

Heinrich muss grinsen. „Das leuchtet ein.“

Gerade hat er sich also ein wenig beruhigt, da räuspert es sich plötzlich hinter ihnen. Sofort weiß Heinrich, dass es Goethe ist.

„Guten Abend, die Herren.“

„Herr Goethe!“ Erstaunt dreht sich Alexander zu dem Verlagschef um.

„Guten Abend.“, grüßt ihn Heinrich höflich, aber ein wenig eingeschüchtert zurück.

„Schön Sie hier anzutreffen“, ergreift Goethe wieder das Wort und wendet sich dem Jungen zu, „Ich hätte noch ein paar Sachen bezüglich Ihres Buches zu- “

Irritiert blickt Heinrich den anderen an, da dieser plötzlich innegehalten hat. Als er seinem Blick folgt, weiß er sofort, was der Grund dafür ist: Durch die große Eingangstür des Theaters kommt ein atemloser Schiller gespurtet, die offenen Haare hinter ihm her wehend.

„E-entschuldigen Sie mich einen Augenblick.“, hören sie Goethe noch murmeln, während er dem Blonden schon entgegeneilt.

Grinsend sehen ihm Alexander und Heinrich hinterher, und dem Jungen entweicht ein gerührtes Seufzen, als die beiden Autoren sich in die Arme fallen, als wenn sie sich gar nicht mehr wieder loslassen wollten.

„Goethe! Ich hab gedacht, ich bin zu spät!“, hören sie Schiller außer Atem haspeln, doch er verstummt, als der Ältere ihm fahrig über die Wange streicht und für einen Augenblick ihre Stirn aneinanderlegt.

Ich hab Sie vermisst, hat Goethe eben geflüstert.“, glaubt Heinrich erkannt zu haben.

Alexander grinst ihn an. „Du hast das schrecklich vergessen.“

Da nimmt Goethe Schiller am Arm und geleitet ihn hastig zum Eingang ihrer Loge.

„Ich versteh nicht“, fängt Heinrich an, „wieso die sich vermisst haben, wenn sie doch nichts Körperliches miteinander haben. Haben sie nicht jeden Abend telefoniert?“

„Heinrich“ Schmunzelnd nimmt Alexander seine Hände. „Auch geistige Liebe braucht Nähe, das ist nur menschlich. Du kannst ja auch nicht mit Tim richtig befreundet sein, wenn er nur noch in Stuttgart leben würde.“

Der Junge gibt ein nachdenkliches „Hm“ von sich und lässt sich schließlich von seinem Freund zu einem der Eingänge ziehen, die soeben geöffnet werden.

Sie nehmen wieder im Parkett Platz, obwohl, wie Wilhelm noch bei einem letzten Telefonat angemerkt hat, zwei Plätze in dessen Loge stets für sie reserviert sind. Heinrich hat es aber lieber, wenn er mittig vor der Bühne sitzt und sich sozusagen mitten im Geschehen befindet.

Iffland ist es wieder, der die Gäste begrüßt, diesmal in einem langen schwarzen Frack mit silberglitzernden Rüschen, was sogar Heinrich zu kitschig findet.

„Ich freue mich, dass Sie alle die neue Theatersaison mit uns beginnen möchten, und bedanke mich, auch im Namen der Schauspieler, für Ihre Unterstützung im letzten Jahr, welche wir uns natürlich auch für dieses erhoffen.“

Nachdem er noch einmal angekündigt hat, was gleich eine gute Stunde lang zu sehen ist, wünscht er viel Spaß.

Den hat Heinrich auch, nur neigt er sich bei fast jedem Stück des Medleys zu seinem Freund, um ihm vorzujammern, was sie letzte Saison alles verpasst haben. Als die Balletttänzer auftreten, kommt er Alexanders Ohr mit seinem Mund noch ein wenig näher.

„In solchen Hosen will ich dich mal sehen.“, haucht er.

Der Ältere muss schmunzelnd, was den Jungen erfreut, denn sein Alex soll diesen Abend ja auch ein wenig Spaß haben.

Sofort ist Alexanders Mund an seinem Ohr. „Dann darfst du aber nicht in der Nähe sein, mein Kleiner“, raunt er ihm zu, während er ihm wie beiläufig eine Hand auf den Oberschenkel schiebt, „Sonst können alle sehen, wie gern ich dich hab.“

Dem Jungen läuft ein wohliger Schauer über den Rücken. Dieser Schauer wandert auch hinab in seine Lendengegend, als Alexanders Zunge ihm über die Ohrmuschel leckt.

„A-Alex, bitte.“, bringt Heinrich heraus.

Leise lachend lässt sein Freund von ihm ab und nimmt stattdessen seine Hand, um sie mit seiner fest zu umschließen.
 

Für Heinrich geht die Vorstellung schneller zu Ende, als es ihm lieb ist. Ifflands Abschiedsworte für diesen Abend und seine Einladung ins Foyer machen ihm erst klar, dass die abwechslungsreiche und bunte Show vorbei ist.

„Diese Theatersaison werden wir keines der Stücke mehr verpassen!“, beschließt der Junge und blickt seinen Freund entschlossen an, als sie zusammen mit den anderen Zuschauern nach einem nochmaligen Applaus aufstehen.

Alexander seufzt auf. „Du wirst keines der Stücke verpassen.“, verbessert er ihn, „Ich glaub nicht, dass ich jedes Mal mitgehen will.“

Ein wenig traurig sieht Heinrich zu ihm auf und nimmt ihn am Arm. „Aber ich geh doch nicht alleine ins Theater…!“

Der Ältere muss plötzlich grinsen. „Musst du auch nicht.“, meint er und nickt in Richtung einer der Stehtische im Foyer.

Heinrich folgt seinem Blick. „Wilhelm!“

Kaum hat der Ältere der Humboldtbrüder sie erblickt, beginnt er zu strahlen, während Heinrich schon zu ihm herüberkommt. „Heinrich! Alexander! Habt ihr es auch mal wieder ins Theater geschafft.“

Grinsend nimmt der Junge die Hand des Älteren entgegen und lässt sich seine fest drücken. „Ja, ihr sollt mir zu Weihnachten das Abo ja nicht umsonst geschenkt haben.“, sagt er.

„Das haben wir bestimmt nicht.“, entgegnet Wilhelm und tätschelt Heinrich die Schulter.

Als er den wenig erfreuten Blick seines Bruders bemerkt, muss er lachen. „Das find ich großartig von dir, Alexander, dass du deinem Freund die Freude machst und ihn begleitest.“, meint er und drückt den Jüngeren zu dessen Erstaunen kurz an sich.

„Ja, ähm…Wo ist Caroline?“, gibt Alexander verwirrt von sich, „Schon wieder nicht dabei?“

„Sie ist sich frischmachen.“

„Oh, ich glaub da muss ich auch mal hin.“, wirft Heinrich ein und schlendert hinüber zu den Toiletten.

Die zwei Humboldtbrüder sehen ihm nach.

„Na, hoffentlich nimmt er nicht die falsche Tür.“

„Was willst du damit sagen, Wilhelm?!“

„Der Anzug steht ihm richtig gut.“

„Hey!“
 

Heinrich ist erstaunt, dass trotz des festlichen Anlasses und der schicken Anzüge einige Herren an den Pissoirs stehen.

Früher ist er deswegen immer ganz erpicht darauf gewesen, aufs Männerklo zu gehen – natürlich hat er sich selbst nie dazugestellt, das wäre bei seiner geringen Selbstbeherrschung richtig peinlich geworden – aber ein paar unauffällige Blicke sind immer drin gewesen.

Heute muss er feststellen, dass er, als er schon in der Kabine ist, sich die eben erhaschten Bilder gar nicht mehr ins Gedächtnis rufen kann; vor kurzem noch hätten ihm eben jene eine mittelprächtige Erektion eingebracht, die ihn nun daran hindern würde, sich zu erleichtern. Aber jetzt kann er lediglich an seinen Alexander denken, und von dessen Anblick erregt zu werden, wenn es gerade ungünstig ist, hat er sich schon lange abtrainiert – wo würde er da denn auch hinkommen?

Als er die Kabine wieder verlässt, steht nur noch ein Mann am Waschbecken – und zieht sich den Lidstrich nach.

Heinrichs Herz beginnt wie wild zu pochen. Noch bevor er sich überlegt hat, wie er Iffland ansprechen soll, hat ihn dieser durch den Spiegel bemerkt. „Willst du auch, Kleiner?“ Er hält ihm den Kajal entgegen.

Heinrich öffnet den Mund und schließt ihn wieder.

Lachend dreht sich Iffland zu ihm um und streicht sich die schwarzen seidigen Haare über die Schulter zurück. „ Ich nehm an, du willst ans Waschbecken.“

„A-äh, ja.“, bringt der Junge heraus und schiebt sich an dem Regisseur vorbei, wobei er feststellt, wie stark dieser einparfümiert ist.

„Und schön die Seife benutzen, damit deine Hände auch ja sauber sind, wenn sie das nächste mal was anfassen.“

Heinrich hält den Atem an, als der andere sich wie beiläufig der Länge nach von hinten an ihn drückt, um ihn auf den Seifenspender aufmerksam zu machen.

„D-danke.“, entgegnet er, obwohl er sich nicht ganz sicher ist, was Iffland damit meint.

Als er seine Hände abgetrocknet hat, hält ihm der andere seine rechte entgegen. „Iffland.“

„I-ich weiß – äh, Heinrich Kleist.“

Die seltsam cafébraunen Augen weiten sich. „Neiiin!“

„D-doch.“

„Kleist!“, ruft Iffland begeistert und tätschelt ihm die Wange, „Niemals hätt ich dich Bübchen für den Autor dieses schrecklichen Buchs ohne befriedigendes Happy End gehalten.“

Heinrich verzieht ein wenig beleidigt das Gesicht. „Aber ich hab gleich erkannt, dass du auf Bübchen stehst.“

„Hey“, ermahnt ihn der Ältere, „Wer wird denn gleich so direkt, wir haben uns doch erst kennengelernt.“ Er zwinkert dem Kleineren zu. „Andererseits…alle Kabinen sind frei, wir haben die Auswahl, Süßer.“

Überrumpelt macht Heinrich einen Schritt zurück. „I-ich meinte nicht – ich bin n-nicht…interessiert…“, stammelt er.

Da muss Iffland lachen. „Und ich bin in einer festen Beziehung. Auch wenn es vielleicht nicht so wirkt, ist das ein Grund für mich, auf Quickies auf dem Herrenklo zu verzichten.“

Heinrich läuft rot an.

Iffland tritt noch einmal an den Spiegel und streicht sich durch die Haare.

„Schiller?“, entfährt es da dem Jungen, ohne nachzudenken, was er da überhaupt sagt. Aber ein offizielles Gespräch ist es ja schon nicht mehr, seit Iffland sich von hinten so an ihn rangepresst hat.

Der Regisseur blickt ihn durch den Spiegel kritisch an. „Schiller?“

„D-deine feste Beziehung.“

Lachend schüttelt der andere den Kopf. „Lass das Goethe ja nicht hören.“

„Ich dachte…“, beginnt Heinrich, „Mir wurde gesagt, die beiden haben nichts Körperliches miteinander?“

Verwirrt dreht sich der Ältere wieder zu ihm herum. „Und deshalb, meinst du, kann Schiller mit mir ins Bett hüpfen?“ Er winkt ab. „Schiller ist nicht schwul; der einzige Mann, den er liebt, ist Goethe.“ Mit einem dreckigen Grinsen ergänzt er: „Was natürlich ärgerlich ist, ich hätt ihn liebend gerne mal vernascht.“

Heinrich sieht dem anderen ein wenig peinlich berührt zu, wie der sich in Gedanken in den Ringfinger beißt und ihn ableckt.

„A-Also seine Haare sind ja…wunderschön.“

Sofort ist Iffland wieder im Hier und Jetzt. „Jaa!“, stimmt er begeistert zu, „Stell dir vor, wie sie ihm auf der Stirn und im Nacken kleben, wenn er schweißgebadet unter dir liegt…“ An dieser Stelle gibt er fast schon ein Schnurren von sich.

Heinrich räuspert sich unbeholfen.

Iffland seufzt. „Wenigstens Schillers Haare weiß Goethe zu schätzen.“

„So?“, hakt der Junge interessiert nach.

Der andere wirft ihm nur ein Grinsen zu. „Ich hab genug Privates über die beiden preisgegeben, lass uns zurück ins Foyer gehen, sonst wird mir noch ne Affäre mit dir angedichtet, Kleist.“ Mit einem „Bitteschön“ hält er ihm die Tür auf.

„Danke.“, entgegnet Heinrich und kann sich einen erschrockenen Laut gerade noch verkneifen, als Iffland ihm beim Vorbeigehen einen Klaps auf den Hintern gibt.

Mit geröteten Wangen bleibt er ein wenig überrumpelt vor der Toilettentür stehen, während der andere schon längst weg ist. Erst ein paar Sekunden später bemerkt er Alexanders Blick auf sich. Schnell läuft er zu ihm herüber.

„Heinrich, endlich!“

„Alexander wäre beinahe schon losgestürmt, nach dir schauen.“, erklärt Wilhelm, der seinem Bruder eine Hand auf die Schulter gelegt hat.

„Was hat denn so lange gedauert?“, will dieser wissen, noch während Heinrich Caroline gerade mit einem Händedruck begrüßt.

„Äh…ich hab…Iffland getroffen.“, meint er dann.

Alexander verzieht skeptisch das Gesicht. „Iffland? Auf dem Klo?“

„W-wir haben uns nur unterhalten!“, beteuert der Junge.

„So lange?“, hakt sein Freund misstrauisch nach.

Caroline setzt zu einem Lachen an. „Sei doch nicht albern, Alexander, dein Heinrich wird dich doch nicht betrügen.“

Erstaunt blicken die Männer sie an, doch keiner von ihnen kann noch etwas sagen, bevor Goethe und Schiller zu ihnen treten.

Während Heinrich schon wieder nervös wird, begrüßen sich die anderen höflich und man erkundigt sich über das gegenseitige Wohlbefinden.

„Sie müssen unbedingt mal wieder zum Kaffee zu uns kommen.“, findet Caroline, an Goethe gerichtet, „Das haben wir schon so lange nicht mehr gemacht.“

„Das stimmt.“, entgegnet der Verlagschef lächelnd und blickt zu Schiller.

„Du bist natürlich auch herzlich eingeladen, Friedrich.“, ergänzt Wilhelm.

„Wir haben nur ständig so viel zu tun.“, entgegnet Goethe. Mit einem „Apropos“ wendet er sich an Heinrich. „Ich wollte ja noch etwas mit Ihnen besprechen. Könnten wir dazu gerade ein paar Schritte gehen?“

„G-gerne.“, antwortet der Junge und folgt dem Älteren mit schwitzigen Händen, nachdem ihm Alexander noch ein aufmunterndes Lächeln zugeworfen hat.

Sie laufen ein Stück durch Foyer, um nahe der Logenaufgänge, wo mittlerweile weniger los ist, stehenzubleiben.

Erst dort räuspert sich Goethe und erlöst Heinrich von seiner Spannung. „Die Lesungen liefen gut, die Verkaufszahlen sind zufriedenstellend angestiegen.“

Der Junge atmet erleichtert aus.

„Aber“, bremst ihn der andere sogleich, „Es könnte besser laufen. Sie wissen, was das heißt?“

„N-nein…“, antwortet der Junge zögerlich.

„Ich organisiere für nächste Woche ein Interview.“

Heinrich schluckt. „A-aber nicht im Fernsehen, oder?“

Goethe sieht ihn stutzig an. „Für wen halten Sie sich? Natürlich nicht im Fernsehen! Ich werde zwei Reporter einladen, beide arbeiten für meinem Verlag wohlgesonnene Zeitungen.“

Der Junge nickt. Das beruhigt ihn etwas.

„Sie sollten also nächste Woche Mittwochabend um 17:00 Uhr bei mir im Verlag erscheinen. Melden Sie sich einfach bei meiner Sekretärin.“

„Jawohl.“, antwortet Heinrich ergeben.

„Und seien Sie pünktlich, wir müssen vor dem Interview, das um 17:30 Uhr beginnt, noch einiges besprechen.“

„Ist gut.“

Goethe nickt zufrieden und will schon wieder zur Gruppe hinüber, da fällt Heinrich noch etwas ein. „He-Herr Goethe, darf ich noch einen Wunsch äußern?“

„Äußern dürfen Sie ihn schon.“, entgegnet der Verlagschef kritisch.

„I-ich würde gerne noch einen Journalisten dabeihaben: Heinrich Heine, wenn Ihnen der Name was sagt.“

Goethes Augen weiten sich. „Und ob mir der Name etwas sagt! Dieser Mensch hat doch von Literatur gar keine Ahnung! Nur provozieren will er ständig – grundgütiger, wie kommen Sie auf die Idee, gerade den dabeihaben zu wollen?!“

„Er hat mein Buch gut rezensiert.“, verteidigt Heinrich seinen Namensvetter ein wenig kleinlaut, „Und ich find ihn – find ihn ganz sympathisch.“

Goethe fährt sich seufzend übers Gesicht. „Da haben sich ja zwei gefunden…“, murmelt er. „Gut“, gibt er schließlich nach, „Wie Sie wollen, ich werde ihn einladen.“

„Danke!“, ruft der Junge begeistert und verneigt sich leicht. Jetzt fühlt es sich schon so an, als brauche er nicht mehr ganz so viel Angst vor nächstem Mittwoch zu haben.

Mit einem nicht sonderlich überschwänglichen, aber doch wahrzunehmendem Lächeln tritt Heinrich also wieder zu seinem Freund, der ihm sofort einen Arm um die Schultern legt.

„Und?“, fragt er.

„Ich muss am Mittwochabend ein Interview geben.“

„Oh.“

„Aber das wird bestimmt ganz wunderbar laufen.“, mischt sich Schiller optimistisch ein, an dessen Seite Goethe sich wieder gesellt hat.

„Naja, ich werd mir Mühe geben.“, entgegnet Heinrich ein wenig skeptisch, „Oh!“, fällt es ihm aber ein, „I-ich wollt mich noch bei Ihnen bedanken. Das…das ist unheimlich großzügig von Ihnen, dass Sie das mit den Lesungen für mich machen, ohne – ich nehme an, ohne Bezahlung.“

Schiller zwinkert Goethe kurz zu, bevor er sich mit einem breiten Grinsen an Heinrich wendet. „Nein, ich werd nicht bezahlt, aber es macht mir außerordentlich Spaß, und weil ich das Buch so toll finde, helf ich Ihnen doch gerne.“

Der Junge nickt gerührt. „D-danke.“

In dem Moment schiebt sich Iffland zwischen Schiller und Wilhelm und zwickt dem Blonden zur Begrüßung in die Seite. „Guten Abend, die Herrschaften.“, grüßt er mit einem für ihn so typischen Grinsen in die Runde, bevor er auf Caroline zutritt, um ihr mit überschwänglicher Geste einen Handkuss zu geben. „Madame.“

Heinrich kommt gar nicht so richtig dazu, den zunehmend mehr genervten Blick Goethes auszukosten, da visieren ihn die cafébraunen Augen an.

„Oh, sieh an! Kleist!“, stellt Iffland freudig fest, und der Junge merkt, wie Alexanders Arm um seinen Schultern ihn noch ein wenig fester umschließt.

Sofort hat Iffland die Situation natürlich durchschaut und sein Grinsen wird breiter. „Ich will dir ja nicht zu nahe treten, Kleist, aber bei so einer attraktiven Begleitung kann ich’s verstehen, dass du dich nicht auf mich eingelassen hast.“

„D-das ist nicht nur meine Begleitung, das ist mein Freund Alexander Humboldt.“, verbessert ihn Heinrich, um Alexander ein wenig zu besänftigen.

„Ach, schau an! Ihr Bruder, Humboldt?“, wendet sich Iffland an Wilhelm, und während dieser bejaht, reicht der Theaterregisseur Alexander die Hand, die dieser mit einem gezwungenen Lächeln entgegennimmt.

„Keine Sorge, der Kleine wollte noch nicht mal meinen Kajal.“, beruhigt ihn Iffland grinsend, wobei Heinrich weiß, dass er seinem Freund erklären müssen wird, was ein Kajal ist.

Als Caroline dann irgendwann ihre kleine Gesprächsrunde mit der Anmerkung auflöst, sie wolle Gabriele nicht so lange alleine zuhause lassen, verabschiedet man sich voneinander, und Heinrich jedenfalls verspricht, zur nächsten Vorstellung wieder da zu sein.

Während Iffland noch bleibt, da er ja warten muss, bis alle Gäste gegangen sind, steigen Schiller und Goethe in den silbernen Mercedes des Älteren, und Alexander und Heinrich in den schwarzen Jeep. Letzterer besteht darauf, zu fahren.

„Dieser Iffland ist ein richtig schmieriger Typ.“, kommt es nach den ersten Ecken angewidert vom Älteren.

„Najaa…so schlimm ist er auch wieder nicht.“

„Er baggert alles an, was ihm in den Weg läuft!“

„Er ist eben charmant.“

Alexander gibt ein Schnauben von sich. „Ich kann verstehen, wieso Goethe ihn nicht mag.“

„Er hat nen festen Freund, hat er gemeint.“

Auf dieses Argument Heinrichs geht der Ältere nicht ein. Erst zuhause kann ihn der Junge mit ein paar liebevollen Küssen und Streicheleinheiten besänftigen.

Mit einem Kichern stößt er seinen Freund aufs Bett und nimmt auf seinem Schoß Platz. „So…“, haucht er, „Jetzt schauen wir mal, wer am Ende wen auszieht…“

Alexander erwidert sein Grinsen, bevor er ihn an den Wangen fasst und leidenschaftlich küsst.
 

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Sorry, dass es so lange gedauert hat, aber ich muss so langsam mal wieder ein paar Kapitel im Zusammenhang schreiben, weshalb ich nicht gleich, wenn ich eines fertig hab, es hochladen kann^^'
 

Es passiert jetzt hier nicht so viel, hab ich das Gefühl, aber ich hoff, dass es euch trotzdem gefällt :3

Heinrich hat sich an diesem Morgen freiwillig bereiterklärt, das Frühstück zu richten. Natürlich nicht ohne Hintergedanken, denn er braucht etwas, um sich abzulenken. Als schon fast alles bereitsteht und gerade noch der Kaffee durch die Maschine gurgelt, läuft Alexander schlurfend in der Küche ein und schlingt seinem Liebsten von hinten die Arme um den Bauch.

„Na? Sind wir ein klein bisschen nervös?“

„N-nervös?“, entgegnet Heinrich, „W-wieso sollte ich nervös sein?!“

Der Ältere drückt ihm einen Kuss auf die Wange. „Weil heute Abend dein großes Interview ist.“

„E-erinner mich doch nicht dran!“

Leise lachend schmiegt sich Alexander noch näher an ihn. „Du musst doch schon den ganzen Morgen an nichts anderes mehr denken, so wie du vorhin im Bett nicht mal auf meine Anmachversuche eingegangen bist…“

„Ja, t-tut mir Leid, ich bin heute nicht dafür aufgelegt.“

„Weil du nervös bist.“

Heinrich seufzt frustriert. „Jaa~“, quengelt er.

Alexander dreht ihn in seinen Armen herum und drückt ihn an seine Brust. „Du brauchst aber nicht nervös sein.“, sagt er leise, „Das sind alles nur Menschen, mit denen du dich eben ein wenig unterhalten wirst. Und dieser Heine ist doch auch dabei, und Goethe.“

„A-aber wenn ich was Falsches sag…!“, protestiert der Junge, „W-wenn ich was sag, was nicht zum Buch passt, wa-was man nicht vom Autor des Kohlhaas erwarten würde, was die Leser verschreckt…!“

„Dann ist das scheißegal, solange du dich gut dabei fühlst und nicht lügen musst.“

Heinrich seufzt ein weiteres Mal. „…Ich werd bestimmt alles falsch machen, und dann ist Goethe fürchterlich böse auf mich…“

„Achwas!“, widerspricht sein Freund und hebt ihn mit einem Ruck hoch, sodass Heinrich die Beine um seine Hüfte schlingen muss, „Wenn Goethe irgendwas an dir auszusetzen hat, dann bekommt er’s mit mir zu tun.“

Der Junge beruhigt sich ein wenig, als Alexander ihm einen Kuss auf die Wange drückt.

„Außerdem“, meint der Ältere, „Wenn du’s hinter dir hast, kannst du dich aufs Wochenende freuen.“

Heinrich versteht das Grinsen nicht ganz, das sein Freund ihm zuwirft. „Jaa“, entgegnet er irritiert, „Das letzte Wochenende, bevor‘s Sommersemester beginnt…Irgendwie könnten die Ferien noch länger gehen…“

Jetzt ist es Alexander, der ihn verwirrt anblickt. „Ähm…das hab ich eigentlich nicht gemeint.“

„Hm?“

Alexander drückt ihn näher an sich, sodass Heinrich ihm die Arme um den Hals schlingen muss. „Dachte nicht, dass du das vergisst, mein Kleiner.“, murmelt er und trägt ihn hinüber zur Wand, an der die Uhr zwischen Küchentür und Schrank hängt.

„Hier“, meint er und dreht sich so, dass der Junge auch etwas sehen kann, „Schau mal in unserem Kalender nach.“

Heinrich tut, wie ihm geheißen, und Alexander hätte es nicht überhören können, dass sein Freund verstanden hat, um was es geht, als diesem plötzlich ein schriller Schrei der Freude entweicht.

„Fußball!“, ruft er, liest das Wort vor, das mit Alexanders Handschrift am Samstag notiert ist.

Der Ältere glaubt fast keine Luft mehr zu bekommen, als der Junge seine Arme um seinen Hals schlingt und wild zu zappeln beginnt.

„Das Länderspiel! Wie konnt ich das vergessen?! Wir fahren nach Köln zum Länderspiel! Gegen Frankreich! Aaaah, mein Alex, ich bin ja so glücklich, dass du mir das damals geschenkt hast!“

Lachend setzt ihn Alexander lieber wieder auf dem Küchenboden ab und fährt ihm durch die Haare. „Ich freu mich auch schon.“, meint er.

Heinrich zieht ihn zu einem Kuss herab, der ebenso stürmisch ist, wie sein Gemüt momentan.

Zu Alexanders Bedauern löst er sich plötzlich jedoch wieder von ihm.

„Apropos Geschenk, da fällt mir was ein.“

„Mmh, was denn?“, nuschelt der Ältere und will den Junge wieder küssen.

Der legt ihm einen Finger an die Lippen. „Wir haben den Gutschein bei Ulli noch gar nicht eingelöst. Fürs Café.“

„Das können wir ja heute Nachmittag machen. Können wir jetzt wieder…?“

„Halt. Wir gehen zum Mittagessen hin, ja?“

„Okay.“, kommt es gerade noch von Alexander, bevor er ihre Lippen wieder verschließt.

Als Heinrich sich wenig später neben dem Kalender an der Wand wiederfindet, die Hände seines Freundes unter seinem Shirt auf seiner Brust, seine eigenen auf dessen Hintern, unterbricht er den Kuss wieder, dieses Mal ein wenig außer Atem. „Das lenkt angenehm von heute Abend ab.“

„Das heißt?“, murmelt Alexander gegen seinen Hals.

„Dass wir gerne…wieder ins Bett können.“

„Weil‘s so angenehm ablenkt.“

„Genau. Nur deswegen.“

Mit einem kehligen Lachen hebt ihn Alexander wieder auf seine Arme und trägt ihn nach oben ins Schlafzimmer, wo sie küssend auf dem Bett landen und sich in kürzester Zeit von ihren Kleidern befreit haben.
 

Unter Küssen findet Minuten später ihr Herzschlag wieder zu seinem normalen Rhythmus zurück. Alexander küsst sich den Hals seines Freundes hinab und zieht ihn fest an sich.

„Jetzt hattest du doch deinen Frühsport.“, nuschelt Heinrich gegen seine Brust, „Zufrieden?“

Der Ältere muss lachen. „Merk dir, mein Schatz: Ich bekomm immer, was ich will.“

Heinrich blickt schmunzelnd zu ihm auf. „Das wüsste ich.“

„Das weißt du auch, du willst es nur nicht zugeben.“, entgegnet Alexander und streicht ihm zärtlich über die Seite.

„Jetzt hab ich Hunger.“, kommt es nur vom Jungen.

Als sie nach einer schnellen Dusche wieder in der Küche ankommen, ist das Toast jedoch kalt. Genauso wie der Kaffee.

„Igitt!“ Grummelnd schiebt Alexander die Tasse in die Mikrowelle.

Heinrich findet, er kann seinen Kakao auch ruhig kalt trinken.
 

Nach dem Frühstück checkt der Junge noch einmal seine Mails. Weder Heine noch Goethe haben abgesagt.

„Ach, mein Kleiner.“ Alexander wuschelt ihm durch die Haare. „Du machst dir viel zu viele Gedanken.“

„D-dich will ich mal in meiner Situation erleben!“

Entzückt drückt ihm der Ältere einen Kuss auf die Wange. „Das ist doch nicht zu vergleichen.“

„Außerdem klopft man an, wenn man mein Zimmer betritt.“

„Tschuldigung.“ Die Entschuldigung ist ein weiterer zärtlicher Kuss. „Ich wollte bloß mal fragen, ob du schon weißt, was du anziehst.“

Die Augen des Jungen weiten sich entsetzt. „Aaaah!! Das hab ich ja total vergessen! W-was zieht man denn da an?! Hat Goethe was geschrieben?!?“ Hastig klickt er sich durch die Mails.

„Hey, beruhig dich, Heinrich.“, meint Alexander und nimmt die kleineren Hände in seine, „Ganz ruhig.“ Eindringlich sieht er ihn an. „Du ziehst einfach eine Jeans an – eine lange Jeans! Und ein Hemd.“

„I-ich hab aber nur das weiße von meinem Theaterfrack.“

„Kein Problem, das sieht doch gut aus.“

„O-okay…“

Mit einem aufmunternden Lächeln streicht ihm Alexander eine Strähne aus der Stirn. „Komm, mach den Laptop aus, und dann suchen wir dir die Sachen raus, bevor wir zu Ulli gehen.“

Sein Freund nickt zustimmend.
 

„Heinriiich!“

„N-nicht so fest Nicole, s-sonst zerknitterst du mir noch das Hemd…“

„Oh! Tut mir Leid! – Aleeex!“

Während sich die Rothaarige nun auf Alexander stürzt, der ein wenig irritiert von den Hasenohren auf ihrem Kopf ist, umarmen sich Bruder und Schwester Kleist.

„Womit hab ich diese Ehre verdient, dass ihr euch hier endlich mal wieder blicken lasst?

„Heinrich gibt heute Abend ein Interview und will sich dafür stärken.“, antwortet Alexander, nachdem er Ulli mit einem kräftigen Händedruck, den diese ebenso kräftig erwidert, begrüßt hat.

„Ein Interview?!“, fragt Nicole begeistert nach.

„Erinnert mich da nicht dran.“, jammert Heinrich und platzt sich an einem der Tische nieder, „Das Interview ist mit ner Zeitung, für mein Buch. Hat Goethe drauf bestanden…“

„Achso“, kommt es grinsend von Ulrike, „Ich hab mich schon gewundert, wieso du so schick und vor allen Dingen männlich angezogen bist. – Was darf ich euch bringen?“

„Zweimal das Mittagsmenü und erst mal ein Wasser.“

„Ne Cola, Heinrich?“, weiß Ulrike schon, was ihr Brüderchen wohl bestellen wird.

„Genau.“

„Kommt sofort.“

Während die Cafébesitzerin sich auf den Weg in die Küche macht, nimmt Nicole bei den zwei Herren Platz. „Weißt du, was Cola auf Spanisch heißt, Heinrich?“, fragt sie mit einem breiten Grinsen?

„Ähm, nein.“, entgegnet der Junge etwas überfordert.

„Schwanz oder Hintern.“

Heinrich sieht sie einen Moment erstaunt an, dann muss er ihr Grinsen erwidern. „Gefällt mir beides sehr gut.“

„Huch, und so was unanständiges von dir, Nicole.“, lacht Alexander, „Ist das schon Ulrikes schlechter Einfluss?“

„Ich hab gar keinen schlechten Einfluss auf irgendwen!“, kommt es lauthals aus der Küche.

„Ups, sie hört alles.“

„Ich find die Ohren aber total süß.“, merkt Heinrich an und deutet auf den Haarreif mit den Hasenohren, den Nicole trägt.

„Oh“ Sie wird ein wenig rot. „Jaa, es ist ja bald Ostern, deshalb meinte Ulli, das wär ne gute Idee.“ Sie lehnt sich ein wenig mehr zu den beiden anderen hinüber. „Aber ich glaub“, ergänzt sie leise, „dass Ulli einfach nur drauf steht, wenn ich Tierohren trag. Letztens bei den Katzenohren und dem Katzenschwanz ist sie ganz – “

„Was plauderst du schon wieder unsere Bettgeschichten aus?“, kommt es mahnend von Ulrike, die mit den Getränken am Tisch erscheint, „Geh dich lieber mal um die anderen Gäste kümmern.“

Brav springt Nicole auf und macht sich wieder an die Arbeit.

„Sag mal“, fängt Alexander an, „haben die Gäste das immer noch nicht gerafft, dass ihr zwei zusammen seid, oder wieso funktioniert der Trick mit dem kurzen Rock noch?“

Ulrike verzieht angewidert das Gesicht. „Stell dir vor, die stehen auf Lesben.“

„Hä?“, fragt Heinrich verwirrt.

„Na, die Kerle stehen drauf, wenn Nicole und ich uns küssen.“

„Oh“ Der Junge nickt, obwohl dieser Gedanke für ihn völlig fremd ist.

„Und da meine Kleine, im Gegensatz zu mir, auch nicht jedem, der ihr nen Klaps auf den Hintern gibt, eine reinhaut, hegen einige wohl noch die Hoffnung auf nen Dreier.“

Alexander kann nur irritiert blinzeln. Hat Clara das nicht mal mit ihm und seinem Heinrich vorgehabt…?

„Ich mach mich dann mal wieder an euer Essen.“, meint Ulrike, „Ich nehm an, ihr löst den Gutschein ein?“

„Jap.“, kommt es von Heinrich.

„Naja, wir können ja die Hälfte oder zumindest die Getränke trotzdem zahlen.“, findet Alexander.

Ulrike sieht ihn böse an. „Junger Mann, ich hab auch meinen Stolz. Wir haben euch den Gutschein geschenkt, und das heißt, ihr bezahlt heute nichts. Basta.“ Damit macht sie kehrt und begibt sich wieder in die Küche.

Kichernd blickt Heinrich zu einem etwas baff dreinschauenden Alexander auf. „Mit meiner Schwester spaßt man nicht, mein Großer.“

„Ich hab das Angebot vollkommen ernst gemeint.“

„Wenn du ihr Geld für Leistung anbieten willst, ist sie empfindlich, dann meint sie immer, sie sei doch keine Nutte.“

Der Ältere nickt langsam, als wenn er die Argumentation voll und ganz nachvollziehen könnte, bevor er sich seinem Wasser zuwendet. Er hat doch ganz schön Durst.

Heinrich sieht ihm dabei freudig zu, wie er gierig die Flüssigkeit schluckt. „Kaum zu glauben, dass wir am Samstag schon in Köln sind. Ich bin schon so auf die viel gelobte Schwulenszene gespannt.“

„Und ich auf die Schwulenfeindlichkeit im Stadion…“, entgegnet Alexander kritisch.

„Najaa…die paar Stunden werden wir’s ja wohl aushalten, ohne uns zu bespringen, oder?“, meint der Junge mit einem Zwinkern.

Sein Freund wirft ihm ein Grinsen zu.

„Du solltest dich aber anständig anziehen.“, ergänzt er dann.

„Natürlich!“, beteuert Heinrich, „Lange Jeans und ein Lahm-Trikot.“

„Brav.“, gibt Alexander sein Okay, „…aber was ist…lahm?“

Der Junge gibt einen frustrierten Laut von sich. „Philipp Lahm. Unser Kapitän. Ungefähr meine Größe.“

„Sagt mir nichts, aber er sieht bestimmt nicht so niedlich aus, wie du.“

Der Kommentar bringt Heinrich zum Strahlen.

„So niedlich sieht er heute ja gar nicht aus.“, findet Ulrike, die zwei Teller Kartoffeln mit Quark und Hering auf dem Tisch abstellt.

Alexander macht sich sofort darüber her.

„Ich darf zu gewissen Anlässen doch auch mal respekteinflößend aussehen, oder nicht?“, meint Heinrich.

Sein Freund verschluckt sich am ersten Stück Kartoffel, während seine Schwester lauthals zu lachen beginnt.

„Der war gut.“, meint sie.

Heinrich pustet schmollend die Backen auf. „Wärst du nicht so frech zu mir“, fängt er an, „hätt ich dir jetzt ein Angebot gemacht.“

„Oh“, antwortet Ulrike neugierig und nimmt bei ihnen am Tisch Platz, „Was wäre das denn für ein Angebot…? Ich hoffe doch, kein unmoralisches.“

Als Heinrich nur grinst, sieht sie verwirrt zu Alexander. „Hey, falls ihr zwei was mit seinem Bruder am Laufen habt und jetzt wissen wollt, ob ich au– “

„Wir – was?!?“ Entsetzt blicken sie die beiden an.

Ulrike seufzt auf. „Gut, da bin ich ja erleichtert. Was war jetzt das Angebot?“

Heinrich fasst sich wieder. „Ich hab vorhin, als ich die Jeans hier rausgesucht hab, festgestellt, wie viele alte Sachen ich noch hab. T-Shirts, Hosen…die Sachen will ich rausschmeißen und mir neue für den Sommer kaufen.“

Aufmerksam hört Alexander dem Geschwistergespräch zu, als sein Freund diese Neuigkeiten mitteilt.

„Was sind das für T-Shirts?“, hakt Ulrike nach.

„Na“, fängt Heinrich mit einer abwertenden Handbewegung an, „So schlichte eben, mir viel zu weit. Mit so komischen Schriftzügen drauf, und ich glaub, das mit dem Amimuster, das mir Vater mal gekauft hat, ist auch noch dabei.“

„Aujaaa!“

Mit so einer heftigen Reaktion seitens der Schwester hätte Alexander nicht gerechnet.

„Das ist so großzügig von dir!“, ruft sie und drückt ihrem Brüderchen einen schmatzenden Kuss auf die Stirn, „Bring sie bei Gelegenheit vorbei.“ Freudig macht sie sich wieder auf den Weg an die Bar.

„Äähm…“ Alexander zeigt ihr mit seiner Gabel nach. „Geld will sie nicht für Leistung angeboten haben, aber deine Sachen nimmt sie gerne ohne Gegenleistung in ihren Besitz, oder wie?“

Heinrich zuckt mit den Schultern. „Unsere Familienphilosophie.“

„Ahja.“

Mit einem Grinsen wendet sich nun auch der Junge endlich seinem Teller zu. Eigentlich dachte er, er würde sowieso nichts herunterbekommen vor lauter Aufregung, aber irgendwie hat er nun doch Hunger.

Nach dem Essen finden Ulrike und Nicole noch ein wenig Zeit, sich zu ihnen zu setzten, und so unterhalten sie sich noch ein bisschen – besonders interessiert scheint Nicole daran zu sein, wie oft und wann Heinrich das letzte Mal der Mann in der Beziehung sein durfte. Das zu berichten lenkt ihn zum Glück noch ein wenig ab, bis Alexander nach einem Blick auf die Uhr meint, sie müssten sich so langsam auf den Weg machen.

„I-ich bleib einfach hier und erschein nicht!“, beschließt der Junge.

„Aber, Heinrich.“, versucht ihn Alexander zu besänftigen und nimmt seine Hand, „Wir haben doch drüber geredet, dass du dir nicht so nen Kopf machen sollst, sondern dich der Aufgabe einfach stellen. Du brauchst vor nichts und niemandem Angst zu haben.“

„I-ich hab ja auch gar keine Angst!“, entgegnet Heinrich ein wenig patzig, mit einem nervösen Seitenblick zu den zwei Frauen, „V-vor was sollte ich bitte Angst haben, pah!“

„Na, dann komm.“ Sein Freund steht auf und reicht ihm mit einem zuversichtlichen Lächeln die Hand.

Zögerlich steht der Junge auf.

„Viel Erfolg, mein Brüderchen.“, wünscht Ulrike.

„Du schaffst das Heinrich!“, ruft Nicole, „Morgen bist du berühmt!“

Mit einem schiefen Grinsen nimmt Heinrich Alexanders Hand und lässt sich aus dem Café ziehen.
 

Als sie nach einer schweigsamen Fahrt vor dem Verlagsgebäude parken, schnallt sich Alexander ab und weckt damit seinen Freund aus der Trance.

„N-nicht.“, hält ihn dieser davon ab, die Fahrertür zu öffnen.

Fragend blickt ihn der Ältere an.

„Du musst nicht mit reingehen, fahr nachhause und koch mir ein schönes Abendessen, ja?“

„Aber…“, fängt Alexander verwirrt an, „Soll ich nicht mitkommen?“

Heinrich schüttelt den Kopf. „Ich bin aufgeregter, wenn du dabei bist, weil…“ Er nimmt Alexanders Hand und sieht ihn ernst an. „Die Menschen setzen Masken auf, wenn sie nicht verletzbar sein wollen. Du kennst mich ohne Maske, ich will nicht, dass du mich mit siehst und nicht wiedererkennst.“

„Aber, Heinrich…“

„Bitte.“

„Okay.“ Zögerlich erwidert er Heinrichs Lächeln.

Schließlich nimmt er seinen Freund sanft an den Wangen und gibt ihm einen innigen, zärtlichen Kuss. „Du schaffst das, mein Schatz.“, flüstert er und streicht ihm noch einmal über die Haare, bevor er ihn aussteigen lässt.

„Danke.“, bringt Heinrich heraus, bevor er die Beifahrertür schließt.

Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch betritt er das Gebäude, nicht ohne drinnen noch einmal stehenzubleiben und hinauszuschauen.

Er muss grinsen. Alexander steht neben dem Wagen und wirft ihm einen Handkuss zu.

Er erwidert die Geste und fühlt, wie die Anspannung glücklicherweise ein wenig von ihm abgefallen ist, als er sich auf den Weg zum vereinbarten Treffen mit Goethe macht.
 

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Jaa~ endlich geht's hier mal weiter^^'

Wem das zu lange dauert, der darf gerne mal in meinen Doji über Schiller reinschauen :)

http://animexx.onlinewelten.com/doujinshi/zeichner/556674/51333/

Die Empfangshalle des Verlagsgebäudes ist riesig. Ein wenig verloren läuft Heinrich zwischen der Sitzecke mit den schicken beigefarbenen Sofas und den Zimmerpflanzen hindurch und steuert auf das Schild Information zu.

Hinter dem Schalter sitzt eine junge Frau mit dunklen Locken, die er beim Nagelfeilen mit seiner Frage unterbricht.

„E-Entschuldigen Sie, wo finde ich das Büro der Sekretärin von Herrn Goethe?“

„Vierter Stock, Zimmer Vierhunderteins.“

„Danke.“

Suchend blickt er sich nach einem Fahrstuhl um, denn bis zum vierten Stock muss er dann doch nicht die Treppe nehmen. Glücklicherweise findet er einen. Mit schwitzigen Händen betätigt er den Knopf.

Im vierten Stock ist Zimmer 401 gleich das erste. Zaghaft klopft er an.

Es dauert etwas, bis ihm geöffnet wird, denn ein „Herein“ hat er nicht bekommen. Dafür steht nun Goethe vor ihm, so schick wie eh und je, im Hintergrund nimmt die blonde Sekretärin wieder an ihrem riesigen Schreibtisch Platz.

„Da sind Sie ja endlich!“, begrüßt ihn der Verlagschef mit einem raschen Händedruck und schiebt ihn gleich an der Schulter voraus aus dem Büro.

„A-aber ich bin doch pünktlich…“

„Jaja, auf den Punkt genau.“, tut Goethe die Sache ab.

Zu Heinrichs Verwunderung landen sie wieder im Fahrstuhl, den Goethe noch einen Stock höher ins Obergeschoss schickt.

„Chefetage?“, denkt Heinrich, sagt es aber lieber nicht laut.

„Wieso tragen Sie keine Krawatte?“

Der Junge zuckt ein wenig zusammen. „I-ich dachte, d-das reicht so…?“

Goethes kritischer Blick wandert zu seiner Hose. „Naja, wenigstens ist die Jeans nicht ausgewaschen oder zu eng…“

Heinrich atmet erleichtert aus.

Der Fahrstuhl kommt mit einem Pling zum Halten und die Türen öffnen sich. Tatsächlich Chefetage: Der Gang ist nicht mehr so kahl wie unten, stattdessen hängen Landschaftsmalereien an den Wänden, die Fenster scheinen fast noch größer – die Türen haben zwei Flügel und fein ausgearbeitete Griffe.

Goethe öffnet eine dieser Türen, hinter der Heinrich dessen persönliches Büro erwartet, aber nicht ein Bad. Ein riesiges Bad, dessen Wände und Boden in Brauntönen gefliest und verziert sind, mit zwei Waschbecken, einem monströsem Spiegel und Lampen in Form edler Wandleuchter. – Heinrich bleibt die Spucke weg.

„Jetzt kommen Sie schon herein.“, fordert ihn Goethe auf.

Heinrich gehorcht, auch wenn er nicht weiß, auf was er sich da einlässt.

Goethe jedenfalls fasst ihn an den Schultern und dreht ihn zum Spiegel herum. Plötzlich hat er einen Kamm in den Haaren.

„Ich hab schon befürchtet, dass uns Ihr Erscheinungsbild die meiste Zeit kosten wird.“, grummelt der Ältere, während er Heinrich mit einer zur Patzigkeit im Kontrast stehenden Sorgfalt die Haare kämmt.

„I-ich will aber keinen Seitenscheitel!“

„Hätte ich auch nicht beabsichtigt.“, beruhigt Goethe ihn. Er lässt von ihm ab und blickt ihn prüfend durch den Spiegel an.

Plötzlich scheint er etwas entdeckt zu haben, denn er fasst nach Heinrichs Kragen.

Ein tiefer Seufzer folgt. „Sagen Sie Alexander, er soll sich in Zukunft ein wenig zurückhalten.“

Der Junge läuft schlagartig rot an. „Ein Knutschfleck?! Wo?!? I-Ich hab ihn heute Morgen doch noch davon abgehalten…!“

„Anscheinend zu spät.“

„A-aber den sieht man doch fast gar nicht!“

„Die Presse sieht alles.“, widerspricht ihm Goethe, „Ich hol Ihnen ein Halstuch, wenn Sie schon keine Krawatte tragen.“

Bevor Heinrich irgendetwas erwidern kann, ist der Ältere verschwunden. Es dauert aber nur eine Minute, dann ist er wieder zurück und bindet dem Jungen ein weißes Tuch um den Hals, dessen Enden er ihm ins Hemd steckt.

Heinrich beginnt zu kichern. „Hihi, so was muss ich mir auch zulegen, damit kann man Knutschflecke auch wunderbar zur wärmeren Jahreszeit kaschieren.“

Sein Blick fällt auf Goethe. „Sie tragen ja auch ein Halstuch, sogar mit schöner Brosche, mögen Sie das lieber als Krawatten?“

Der Ältere wendet sich hastig von ihm ab. „Sie stellen ja Fragen wie ein Kind!“, ruft er, „Nun kommen Sie schon, wir müssen noch über die Inhalte sprechen, und das würde ich gerne außerhalb des Bads machen. – Na, was ist?“ Irritiert blickt er Heinrich an, der ein wenig verloren im Raum steht.

„I-ich…ich müsste noch ganz dringend aufs Klo…“

Mit einem frustrierten Seufzer schließt Goethe die Tür. Ein mahnendes „Hinsetzen!“ kommt noch von draußen, als Heinrich schon seine Hosen heruntergelassen hat.
 

Draußen wird der Junge dann mit einem dunkelbraunen Jackett empfangen, das ihm Goethe um die Schultern legt, sodass er sich fragt, ob der Verlagschef hier oben ein Ankleidezimmer besitzt. „W-was– ?“

„Sie können es auch auflassen, aber ein Jackett gehört dazu, sonst fühlt man sich doch so nackt.“

„A-aber das ist mir doch viel zu groß!“

„Papperlapapp.“

„Und wieso ist der Kragen hinten hochgestellt?“

„Das gehört so, außerdem sieht man so nicht, was Sie heute Morgen mit Ihrem Alexander getrieben haben.“

Überstimmt wird Heinrich ins nächste Zimmer geführt, in dem eine gemütliche Sitzecke eingerichtet ist.

„Nehmen sie Platz.“, fordert ihn Goethe auf und läuft hinüber zum Schrank, in dem er eine kleine Bar öffnet, „Wollen Sie etwas trinken?“

„E-ein Wasser bitte.“, antwortet der Junge ein wenig abwesend, da er gerade dabei ist, die Knöpfe zu schließen.

„Bitte sitzen Sie aufrecht.“

„Oh!“ Sofort macht er sich grade.

„Ich meinte nachher.“

„Ah.“

„Und bevor Sie nervös mit Ihren Händen irgendwo rumspielen, legen sie sie einfach flach oder gefaltet auf den Tisch.“

„Okay.“

„Und sprechen Sie langsam, um etwaiges Stottern zu vermeiden.“

Heinrich nickt ein wenig beschämt, da er an den misslungenen Versuch denken muss, seinen Kohlhaas vorzulesen.

Goethe stellt das Wasser vor ihm ab und nimmt ihm gegenüber mit einem Stift und einem Notizblock Platz. „Wie alt sind Sie?“

„Einundzwanzig.“

„Was studieren Sie nochmal?“

„Mathematik und Physik.“

Goethe blickt ihn erstaunt an. „Tatsächlich?“

„Ä-ähm, ja.“

„Keine Ähms, bitte.“

Heinrich nickt hastig.

„Physik.“, kommt Goethe wieder aufs Thema zurück, „Interessieren Sie sich auch für die Biologie?“

„Weniger.“

„Schade. – Aber mit der Normierbarkeit der Farben haben Sie sich doch sicherlich schon beschäftigt, oder?“

„Äh… - Ah, keine Ähs! – Ja, damit…in der Einführung in die Optik haben wir das besprochen.“

„Ein sehr interessantes Thema, wie ich finde. Besonders, wenn man die Farben dann nicht nur nach ihrer Entstehung, sondern auch nach ihrer Wirkung unterteilt. – Aber das führt uns jetzt zu weit, wir sind vom Thema abgekommen.“

Heinrich nickt. – Hat sich Goethe eben wirklich fast schon plaudernd mit ihm unterhalten?!

„Wir beginnen damit, dass ich Sie vorstelle, darum mache ich mir diese Notizen.“, erklärt der Ältere.

„Okay.“

„Gut. Nachdem ich das also einführend berichtet und auch noch ein paar Worte über Ihr Buch verloren habe, fordere ich die Journalisten dazu auf, Fragen an Sie oder mich zu stellen.“

Heinrich nickt aufmerksam.

„Diese Fragen werden Sie knapp beantworten, fangen Sie nicht an, irgendwohin auszuschweifen.“

„Okay.“

„Wiederholen Sie sich nicht.“

„Mhm.“

„Und hören Sie auf das, was ich sage.“

„Ja.“

„Fragen über Ihr Privatleben werde ich in geringem Maße zulassen müssen, immerhin wollen die Leser ja auch etwas über Sie erfahren, aber da müssen wir uns wohl sowieso keine Sorgen machen, so interessant sind Sie nun auch wieder nicht.“

Heinrich nickt an dieser Stelle nur.

„Es wurde angefragt, ob es auch erlaubt ist, Fotos zu machen. Ich habe weiterleiten lassen, dass man sich darüber ja noch nach dem Interview unterhalten kann.“

„G-gut.“

Ohne Vorwarnung steht Goethe auf. „Trinken Sie aus, wir müssen los.“

Heinrich merkt, wie er schlagartig wieder nervöser wird.

„J-jetzt schon? K-kommt Schiller n-nicht?“

„Nein, Herr Kleist, Schiller hat auch noch etwas anderes zu tun, als Sie zu bemuttern.“

Ein wenig eingeschüchtert lässt sich der Junge von Goethe aus dem Raum führen.

Gemeinsam fahren sie hinunter in den zweiten Stock, wo sie den Gang entlanglaufen, der Heinrich ewig lang aber viel zu kurz vorkommt.

„Die Journalisten sind schon da.“, meint Goethe, bevor er zur Tür greift, an der Studio3 steht.

„I-ist Heine gekommen?“

„Ja, Ihr Heine ist da, und hören Sie auf zu stottern.“

Heinrich räuspert sich.

„Und schauen Sie nicht so ängstlich.“

„Ich versuch’s.“

Mit zitternden Knien betritt der Junge hinter Goethe den Raum, der die Anwesenden mit einem „Guten Tag“ grüßt, während er selbst sich nur auf ein Nicken beschränkt.

Auf einem kleinen Podest steht ein langer Tisch, an dem sie beide Platz nehmen. Der Raum ist nicht besonders groß, von den geschätzten fünfzehn Plätzen sind drei besetzt.

In der ersten Reihe sitzen zwei Herren, ein relativ junger und ein etwas älterer mit Schnurrbart und Brille. Beide haben sie ihre Fotokameras dabei. Zwei Reihen weiter hinten aber sitzt tatsächlich Heine, und als der Heinrich ein freches Grinsen zuwirft, hört dessen Herz auf, schmerzhaft gegen seine Brust zu pochen, und er beruhigt sich wieder ein wenig, ja er erwidert das Grinsen sogar schüchtern.

„Es freut mich“, beginnt Goethe, „dass Sie meiner Einladung gefolgt sind. Ich darf Ihnen also heute den Autor des Michael Kohlhaas vorstellen, von dem den Lesern bisher nur der Name bekannt ist.“ Er sieht kurz zu Heinrich hinüber, der brav wie angeraten die Hände flach auf dem Tisch liegen hat und die Reporter beobachtet, wie sie eifrig mitschreiben. „Heinrich Kleist ist einundzwanzig Jahre alt und Student der Mathematik und Physik. Schon das macht ihn doch zu einem für unsere Branche eher außergewöhnlich Zeitgenossen.“ Goethes scherzhaftes Lächeln wird von den Journalisten erwidert. „Als genauso außergewöhnlich darf man wohl auch sein Buch bezeichnen. Ich nehme ja stark an, dass Sie den Inhalt kennen und sich mit dem Stoff schon auseinandergesetzt haben. Einige Rezensionen habe ich gelesen und durfte feststellen, dass die unterschiedlichen Interpretationsansätze weit auseinandergehen. Wir wollen Ihnen heute solch einen natürlich nicht liefern, das wäre ja langweilig, einige Fragen wollen wir Ihnen nichtsdestotrotz beantworten, um Autor und Buch den Rezipienten und potenziellen Lesern vielleicht ein wenig näherzubringen.“

Es ist eine Weile still. Heinrich beneidet Goethe für seine unglaublich geschliffene Ausdrucksweise und beißt sich auf die Unterlippe.

Als die Reporter wieder von ihren Notizen aufsehen, fährt der Verlagschef fort. „Sie können gerne beginnen, Herrn Kleist und mir Fragen zu stellen, ich behalte mir vor, in einer Halben- bis Dreiviertelstunde die Sitzung zu beenden.“

Sofort meldet sich der junge Mann in der ersten Reihe.

Mit einem „Bitte“ ruft ihn Goethe auf.

„Weil wir gerade von der Interpretation sprechen“, fängt der Journalist an, „Wie viel bedeuten die Namen in Ihrem Buch, Herr Kleist? Immerhin trägt einer der Söhne Kohlhaas‘ Ihren Namen.“

Heinrich zögert einen Moment und muss erst einmal schlucken, bevor er darauf antworten kann. „Ja, ich…ich habe mir schon Gedanken bei den Namen gemacht.“, meint er, schafft es aber nicht, den Mann richtig anzublicken, „Der Kämmerer und der Mundschenk tragen zum Beispiel nicht umsonst die Namen Hinz und Kunz. I-immerhin gibt es ja dieses Sprichwort, dass Hinz und Kunz für Jedermann steht. Wenn nun Kohlhaas‘ Gegner mit Hinz und Kunz verwandt ist und diese – “

„Aber was ist mit dem Namen Heinrich?“

„Bitte unterbrechen Sie Herrn Kleist nicht.“, mischt sich Goethe ein und blickt den Reporter mahnend an.

Heinrich hat nun aber sowieso den Faden verloren.

„Diese brutalen Geschehnisse, die dem Heinrich in Ihrem Buch zusammen mit seinem Bruder widerfahren“, redet der Mann also weiter, „sind das persönliche Erlebnisse?“

„Persönliche…?“ Heinrich passiert es das erste Mal seit so vielen Monaten, dass er plötzlich die Gesichter der Männer vor sich sieht, die damals in Alexanders Wohnung eingedrungen sind und ihn –

Bevor Goethe realisiert, was in seinem Sitznachbarn vor sich geht und diesen unfähig macht, auch nur ein Wort herauszubekommen, oder bevor der Reporter noch einmal hätte nachhaken können, beginnt Heine plötzlich lauthals zu lachen. Er lacht so laut, dass er damit Heinrich aus seiner Schockstarre zurück ins Hier und Jetzt holt.

„Persönliche Erlebnisse?!“, bringt der Journalist amüsiert heraus, „Werte Kollegen, ich glaube, da sind Sie hier falsch. Der Goetheverlag hat sich entschieden von solchen Autoren distanziert, die meinen Sie müssten ihr dramatisches und ach so ereignisreiches Leben schön verpackt niederschreiben und publizieren. Oder klagt Kohlhaas an irgendeiner Stelle über eine missglückte Intimrasur? Wenn Sie so eine Stelle gefunden haben, dann teilen Sie mir das bitte mit, ich hab’s leider überlesen.“

Während Goethe und die zwei anderen Männer Heine mehr oder weniger entsetzt anblicken, muss Heinrich grinsen. Er wirft seinem Namensvetter einen dankbaren Blick zu, der ihm ein für ihn so typisches schelmisches Grinsen schenkt.

„Ja, dann…machen wir am besten mit der nächsten Frage weiter.“

„Nein, ich…“

Erstaunt blickt Goethe Heinrich an, der ihn soeben unterbrochen hat.

„Ich würde die Frage noch gerne beantworten.“, meint er und schafft es nun sogar, den jungen Reporter anzuschauen, „Es sind persönlichen Erlebnisse, aber zum Glück nicht meine. Und auch nicht die eines Bekannten. Es gibt aber leider genug Kinder, deren persönliche Erlebnisse das sein könnten. Ein Autor würde keinen Stoff zum Schreiben haben, wenn er sich nur durch sich selbst inspirieren lässt.“

Die Männer notieren, sogar Heine schreibt sich etwas auf. Als Heinrich Goethes annähernd beeindruckten Blick bemerkt, fühlt er sich plötzlich ganz stolz.

Heine ist der erste, der sich wieder meldet. Goethe ruft ihn zähneknirschend auf.

„Herr Goethe“, beginnt Heine mit einem Grinsen, „Von dem, was ich vorhin gesagt hab, abgesehen, fällt Herrn Kleists Buch doch etwas aus dem Rahmen, was die Veröffentlichungen Ihres Verlags angehen. Was hat Sie dazu veranlasst, dieses Buch trotzdem zu verlegen?“

Goethe zögert einen Moment und Heinrich bemerkt, wie er die Hände auf dem Tisch vor sich faltet. „Herr Schiller hat im Kohlhaas die Nachfolge seiner Räuber entdeckt. Und da mir schon diese damals durch die Lappen gegangen sind, wollte ich den gleichen Fehler nicht noch einmal begehen.“

Leise lachend notiert sich Heine die Antwort. „Wo wir grade bei Schiller sind“, redet er unbeirrt weiter, „Gibt es einen Grund dafür, dass er die Lesungen gemacht hat und nicht ein ausgebildeter Sprecher, wenn Herr Kleist studientechnisch verhindert war?“

Heinrich seufzt innerlich dankbar auf, dass Heine das letzte ‚wenn‘ noch in seinem Satz eingebaut hat.

„Nun“, beginnt Goethe, „Wie gesagt, fühlt sich Schiller diesem Buch und“ Ein kurzer Blick zu Heinrich. „und diesem jungen Autor gegenüber besonders verpflichtet. Weil er sein Talent erkannt hat und es nicht verkommen lassen will.“

Heine nickt zufrieden und notiert zusammen mit den anderen beiden.

Nachdem Heinrich also ein wenig durchschnaufen konnte, richtet sich die nächste Frage wieder an ihn: Der Mann mit dem Schnurrbart meldet sich das erste Mal und wird von Goethe aufgefordert, zu sprechen.

„Herr Kleist“, beginnt er, „Wenn ich Sie jetzt so reden höre, muss ich feststellen, dass Sie ja sehr wohl Parataxen bilden können. Wieso sind die Sätze im Kohlhaas so verschachtelt?“

„Das…hat keinen besonderen Grund.“, antwortet Heinrich ein wenig beschämt, „Das ist wohl mein Schreibstil.“

Der Journalist gibt ein kritisches „Mhm“ von sich.

Eine Weile herrscht Stille, in der die beiden Männer sich Notizen machen, während Heine fröhlich grinsend Heinrich und Goethe beobachtet.

Schließlich meldet sich der junge Reporter aus der ersten Reihe noch einmal zu Wort: „Zur Szene mit dem Abdecker und diesem Meister Himboldt hab ich eine Frage, Herr Kleist.“

Heinrich versucht, nicht knallrot anzulaufen. Er spürt, wie er wieder nervös wird.

„Mir sind in Ihrem Buch noch ein paar weitere Szenen aufgefallen, die homoerotisch konnotiert sind. Darf man aufgrund dieser homoerotischen Anklänge davon ausgehen, dass Sie diese Neigungen mit Ihren Figuren teilen?“

„Nein.“ Seine Wangen müssen in diesem Moment zwar glühen, aber er bringt ein klares, deutliches „Nein.“ heraus.

Heinrich hört, wie Goethe schon fast unmerklich erleichtert neben ihm aufseufzt, aber das war nicht seine ganze Antwort. An dieser Stelle kann und will er nicht lügen.

„Nein, deswegen dürfen Sie nicht davon ausgehen“, ergänzt er, „schließlich ist Herr Goethe ja auch nicht der Meinung, dass man sich bei unerwiderter Liebe erschießen soll, bloß weil das sein Werther tut. Aber ja, ich bin schwul.“

Die beiden Männer geben einen erstaunten Laut von sich, Goethe einen eher frustrierten. Als Heinrich zu Heine blickt, nickt ihm dieser respektvoll zu.

„Die Zeit ist um, meine Herren.“ Mit diesen Worten und einem Räuspern erhebt sich Goethe und wirft Heinrich einen Blick zu, der diesem sofort klar macht, ihm zu folgen.

„Aber, Herr Goethe, die Fotos!“, ruft der Mann mit dem Schnurrbart enttäuscht.

Der Verlagschef antwortet nicht und schiebt stattdessen Heinrich vor sich her zur Tür.

„Heinrich!“, ruft es jedoch plötzlich, und da der Junge eindeutig Heines Stimme erkennt, dreht er sich mit einem unsicheren Lächeln auf den Lippen über die linke Schulter zu ihm um.

Im nächsten Moment ist er fast blind, so hell war der Blitz der Fotokamera. „Du…!“

Heine grinst ihn nur an. „Die Wette gilt noch?“, fragt er.

„N-natürlich!“, bringt Heinrich gerade noch raus, bevor ihn ein gereizter Goethe aus dem Raum gezogen hat.

Kaum stehen sie im Fahrstuhl, poltert der Ältere los. „Was haben Sie sich dabei gedacht?!“

„W-wobei…?“, entgegnet Heinrich eingeschüchtert.

„Genau das wollte ich vermeiden! Ist Ihnen eigentlich klar, dass Sie in Zukunft nur noch auf Ihre Homosexualität reduziert werden?!“

Geschockt schweigt der Junge.

Goethe fährt sich seufzend übers Gesicht. Ernst blickt er sein Gegenüber wieder an. „Es gibt einige Dinge, Herr Kleist, zu denen muss man nicht stehen, schon gar nicht in der Öffentlichkeit!“

„D-da bin ich anderer Meinung!“

Heinrich scheint im nächsten Moment genauso geschockt über seine hitzige Äußerung, wie Goethe.

„I-ich m-meine…d-das bin nicht ich. W-wenn die schon einen Artikel mit meinem Foto nebendran veröffentlichen, dann w-will ich mich darin wenigstens ein bisschen wiedererkennen. U-und ich konnte in der Situation doch nur mit Ja oder Nein antworten!“

Goethe schnaubt nur, und die Fahrstuhltür öffnet sich.

„H-hören Sie“, redet Heinrich weiter, doch er wird mit einem „Nicht hier.“, vom Verlagschef unterbrochen, der schnurstracks hinaus auf den Parkplatz läuft, ohne das „Auf Wiedersehen, Herr Goethe.“ der Frau an der Information zu erwidern. „Wenigstens Alexander scheint verstanden zu haben, dass er sich hier jetzt am besten nicht mit Ihnen zeigt.“, murmelt er sich umschauend.

Ich hab ihn wegschicken müssen.“, korrigiert ihn Heinrich beleidigt.

Goethe hält ihm die Tür zu seinem silbernen Mercedes auf.

Der Junge blickt ihn verständnislos an.

„Jetzt steigen Sie schon ein, bevor man Sie nochmal abfängt und Ihnen weitere Details zu Ihrem Sexualleben entlockt.“

Heinrich gehorcht, auch wenn er drinnen sofort die Arme vor der Brust verschränkt.

Goethe schmeißt die Tür zu und schließt auch seine auf der Fahrerseite nicht besonders sanft, bevor er den Wagen startet. Der Bildschirm des Navigationssystems klappt aus der Mittelkonsole.

„Sagen Sie mir Ihre Adresse.“

Heinrich ist zu beeindruckt von der technischen Spielerei, als dass er sich hätte weigern können.

Nach einem „Navigieren zu“ wiederholt Goethe die Adresse und schon meldet sich eine freundliche Frauenstimme, die Route werde berechnet.

Mit quietschenden Reifen verlassen sie den Parkplatz vor dem Verlagsgebäude.

„Um nochmal aufs Thema zurückzukommen“, fängt Goethe erneut an.

„Ich bin gefeuert.“

Verwirrt wirft der Ältere seinem Beifahrer einen Seitenblick zu und muss erst zweimal hinschauen, um glauben zu können, dass der Schwarzhaarige weint.

„H-Herr Kleist! Reißen Sie sich zusammen!“

„I-ich weiß“, bringt Heinrich heraus, „Ich ha-hab alles falschgemacht, a-aber…d-das wussten Sie doch, d-dass ich u-unfähig bi-bin…!“

„Hören Sie sofort auf zu weinen! Wollen Sie sich lächerlich machen?!“

„I-ich b-b-bin lächerlich…!“

„Heinrich!“ An einer roten Ampel bremst Goethe ab und rüttelt den Jungen an der Schulter. „Nichts dergleichen wollte ich sagen – jetzt hören Sie schon auf zu plärren wie ein Mädchen und hören mir zu!“

Als Heinrich bemerkt, dass Goethe mittlerweile nicht mehr wütend, sondern eher verzweifelt klingt, zieht er die Nase hoch und blickt vorsichtig zum Älteren hinüber.

Der muss jedoch wieder den Wagen in Bewegung setzen und auf die Straße achten. „Dafür, dass ich Sie wirklich für unfähig gehalten habe, haben Sie sich heute doch ganz gut geschlagen.“, meint er, „Im Grunde haben Sie sogar einige ganz verwertbare Antworten abgeliefert, die ja weit über ein einfaches Ja und Nein hinausgingen. Nur bei der letzten Frage hätte das einfache Nein eben vollkommen ausgereicht.“

„Dann hätte ich lügen müssen.“, verteidigt sich Heinrich und wischt sich mit dem Ärmel des Jacketts übers Gesicht, bevor ihn Goethe davon abhalten kann.

„A-aber dann hätten Sie eben gelogen! Habe ich denn mit einem Wort erwähnt, dass ich Ihr Buch immer noch nicht leiden kann und nur von Schiller überredet wurde, es zu verlegen?!“

„D-das ist doch was vollkommen anderes!“, beschwert sich Heinrich, „Es ging um – u-um einen Grundsatz! Eine Überzeugung! Hätten Sie etwa mit Nein geantwortet, w-wenn…wenn man Sie gefragt hätte, ob – ob Ihre Beziehung zu Schiller über ein bloßes Arbeitsverhältnis hinausgeht?!“

„Natürlich hätte ich mit Nein geantwortet.“

„Dann sind Sie ein Idiot!“

Goethe fährt beinahe gegen die nächste Straßenlaterne. Erst nach einigen Sekunden bringt er ein entrüstetes „A-also, bitte…!“ heraus.

„S-stimmt doch.“, gibt Heinrich ein wenig leiser von sich und blickt mit verschränkten Armen aus dem Fenster, „Stellen Sie sich vor, Schiller muss das am nächsten Tag in der Zeitung lesen…m-mich würd so was verletzen.“

„Ich weiß nicht, was Sie glauben, Herr Kleist“, setzt Goethe sofort an, „aber die Beziehung, die Schiller und ich führen, ist sicherlich nicht von sol– “

„Jajaja, Sie müssen sich ja für gar nichts rechtfertigen“, unterbricht ihn der Junge, „Das spielt doch keine Rolle, ob Sie beide Sex haben oder nicht. Schon eine Freundschaft ist mehr als ein bloßes Arbeitsverhältnis, also würd ich mich schon als ihr Freund – als so guter Freund, dass ich bei ihnen wohne! – verletzt fühlen.“ Er nickt leicht, um diesen Ausbruch vor Goethe zu rechtfertigen. „Und deshalb hab ich nicht mit Nein geantwortet, weil ich mit diesem Nein meinen Alex verleugnet hätte. Und mich selbst. Und das hab ich lange genug.“

Darauf antwortet Goethe nichts mehr, und so schweigen sie, bis die freundliche Frauenstimme verkündet: „Sie haben Ihr Ziel erreicht.“

Mit einem leisen „Danke.“ schnallt sich Heinrich ab und zieht sich Schal und Jackett aus.

„Ich hab zu danken.“

Verwirrt sieht der Junge den Älteren an, doch der hat den Kopf auf die linke Faust gestützt, und sein Blick geradeaus durch die Windschutzscheib scheint dieser Welt entrückt zu sein.

„N-na dann. Schönen Abend noch.“ Als er keine Antwort erhält, öffnet er einfach die Autotür, legt die geliehenen Kleidungsstücke auf dem Beifahrersitz ab und macht sich auf den Weg zum Haus.
 

Glücklich und erleichtert, aber vollkommen fertig fällt er oben seinem Alexander in die Arme.

„Und?!“, fragt ihn der Ältere gespannt, „Erzähl, wie war’s?“

„Anstrengend.“, antwortet Heinrich und schlüpft aus seinen Schuhen.

Überrascht hält er inne, als Alexander ihn am Kinn fast. „Du hast geweint.“

„N-ja, aber…“

„War das Goethe?!?“

„Ja, aber ich bin ihm nicht mehr böse.“

„Was hat er gemacht?! Soll ich mit ihm reden und – “

Kopfschüttelnd unterbricht ihn der Junge. „Nein, er hat ja Recht. Dass ich anfang zu weinen, war übertrieben, aber irgendwie war das die Anspannung, die von mir abgefallen ist, und…ich bin völlig fertig…“

„Ist schon okay.“ Sanft nimmt ihn der Ältere in die Arme und schiebt ihn in die Küche, wo schon das Essen auf ihn wartet: Lasagne. – Gleich durchströmen den Jungen wieder aufbauende Kräfte.

Alexander tut seinem Freund eine Portion auf den Teller und schenkt ihm ein Glas Wasser ein. Er fragt nicht näher nach, sondern lässt den anderen sich erst einmal stärken, während er selbst auch ein wenig isst. Erst als Heinrich sich die zweite Portion nimmt, ergreift er wieder das Wort.

„War Heine da?“

Heinrich nickt eifrig. „Ja, er war echt ne große Hilfe. Hat mir sogar einmal aus der Patsche geholfen, als ich auf die Frage keine Antwort gefunden hätte.“

Alexander erwidert das Lächeln. „Dann ist ja gut. – Und sonst?“, fängt er wieder an, „Ist sonst alles…glattgelaufen?“

„Schon.“, antwortet der Junge und nimmt noch einen Bissen. „Nur“, lenkt er dann ein, „die letzte Frage war… – Deshalb war Goethe auch böse mit mir, weil ich eben auf die Frage, ob die Anspielungen im Buch was mit meiner eigenen Sexualität zu tun haben, mit Ja geantwortet hab.“

Erstaunt blickt Alexander seinen Freund an. „Du…du hast denen gesagt, dass du schwul bist?“

Ein wenig verunsichert erwidert Heinrich den Blick. „J-ja, hab ich.“

Alexander schüttelt lächelnd den Kopf. „Du bist unmöglich.“

„H-hätt ich denn lügen sollen?“

„Nein.“, lenkt der Ältere ein und greift nach seiner Hand, „Ich hab doch gesagt, dass du gerne die Wahrheit sagen darfst, wenn du dich damit besser fühlst.“

„Das tu ich auf jeden Fall.“

„Siehst du. Lass Goethe doch reden, das war ja klar, dass ihm das nicht gefallen hat, wenn man gerade bei so einem Thema so offen ist.“

Heinrich nickt nachdenklich. Ob der Verlagschef jetzt noch jemals wieder mit ihm reden wird, nach diesem doch sehr heftigen Streit…?

„Bist du fertig?“

Der Junge nickt und lässt seinen Freund den Teller abräumen.

Nachdem die Küche aufgeräumt ist, wuschelt Alexander seinem Heinrich, der den Kopf in die Hände hat sinken lassen, durch die Haare. „Na? Wollen wir noch nen Film schauen, oder gleich ins Bett?“

„Ins Bett.“, kommt es erschöpft vom Kleineren und er lässt sich von einem amüsierten Alexander hoch ins Bad ziehen.

Als sie wenig später nebeneinander im Bett liegen, schließt Heinrich sofort seine Augen.

Schmunzelnd streicht ihm Alexander zärtlich über die Wange. „Du hast dich tapfer geschlagen.“, flüstert er.

Der Junge gibt ein zustimmendes Brummeln von sich.

Sein Freund haucht ihm einen Kuss auf die Lippen. „Gute Nacht, mein Kleiner.“

„G‘nacht…“

Amüsiert schlingt Alexander seine Arme um den Jungen und zieht ihn an seine Brust, wo Heinrich auch kurz darauf friedlich einschläft.
 

Am nächsten Morgen zeigt sich, wie sehr der vorige Abend den Nachwuchsautor wirklich mitgenommen hat. Er wacht erst auf, als es schon ziemlich hell draußen ist. Gähnend streckt er sich und dreht sich auf die Seite, um sich an seine Wärmequelle zu kuscheln – wobei er feststellen muss, dass Alexander weit und breit nicht aufzufinden ist.

„Alex?“, ruft er irritiert ins leere Schlafzimmer hinein, aber er erhält keine Antwort.

Auch als er noch etwas lauter ruft, tut sich nichts.

Nachdenklich lässt er sich wieder zurück in die Kissen fallen. Richtet ihm der Ältere das Frühstück? Oder ist was passiert? – Aber dann hätte er ihn doch geweckt…

Gerade hat er sich dazu entschlossen, einfach mal unten nachsehen zu gehen, da hört er, wie die Wohnungstür ins Schloss fällt. Kurz darauf folgen Schritte auf der Treppe und schon geht die Schlafzimmertür auf.

„Ah, du bist ja schon wach, mein Süßer.“ Mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht schließt Alexander wieder die Tür.

„Ja, bin aber eben erst – Zeitungen?“, bemerkt der Junge, was sein Freund da mit sich bringt.

„Genau.“, entgegnet der Ältere und nimmt neben ihm auf dem Bett Platz, „Ich war unten am Kiosk und hab einfach mal alles mitgenommen, wo ich deinen Namen gefunden hab.

Heinrich läuft schlagartig rot an. „O-ohmeinGott!!“

„Heyy…“ Sanft legt ihm Alexander einen Arm um die Schultern und zieht ihn an sich. „Was ich bis jetzt gelesen hab, klingt alles wunderbar.“

„K-kann doch gar nicht sein…“, murmelt der Junge betreten.

„Hier“ Alexander hält ihm eine der Zeitungen vor die Nase. „Fangen wir mit der weniger guten Nachricht an.“

Nach kurzem Zögern nimmt Heinrich die Zeitung entgegen.

„Im Kultur-Teil.“

Mit zitternden Fingern schlägt er die Seite auf.

Der Autor des Kohlhaas ist so unaussprechlich wie sein Buch.

Eine Weile ist es still im Schlafzimmer, während Heinrich den Artikel hastig durchliest und sein Blick sich Satz für Satz verfinstert.

Als er die Zeitung langsam in seinen Schoß sinken lässt, schlingt Alexander seine Arme um ihn und drückt ihm sanfte Küsse auf die Wange. „Wer auch immer das geschrieben hat, hat dir nicht zugehört.“

„I-ich…ich steh da ja wie der totale Depp da…“

„Ich würd eher sagen, der Typ ist der totale Depp, weil er weder das Buch, noch dich verstanden hat.“

Heinrich beißt sich verbittert auf die Unterlippe. „Das war bestimmt dieser Idiot aus der ersten Reihe, der auch gefragt hat, ob ich schwul bin.“

„Naja, das hat er wenigstens begriffen.“

„A-aber…! W-wieso „kranke Fantasien“?!? Findest du, d-das kommt so rüber im Buch?! H-hält man mich für p-pervers und verrückt?!?“

„Nein, Heinrich.“, widerspricht Alexander sofort und nimmt ihm die Zeitung aus den Händen, um sie vom Bett zu schmeißen, bevor er seinen Freund mit zärtlichen Küssen zu beruhigen versucht. Sanft blickt er den Jüngeren an und streichelt ihm über die Wange. „Ich hab doch gesagt, der Typ hat keine Ahnung. Das zeigt sich schon daran, dass sich die anderen beiden darüber einig waren, was für ein tolles Buch du geschrieben hast.“

„W-wirklich?“, fragt der Junge vorsichtig nach, und bekommt von Alexander mit einem aufmunternden Lächeln die nächste Zeitung gereicht.

Heinrich Kleist, der Autor des Kohlhaas: Zwischen Genie und Kind.

„K-K-Kind?!?“

Alexander beginnt zu lachen. „Du wirst als „Genie“ bezeichnet und ärgerst dich übers „Kind“?!“

Heinrich antwortet nicht, sondern überfliegt den Artikel. „Mein Schreibstil ist eigenwillig…“

„Wo er Recht hat.“

„U-und meine Schüchternheit ist nicht mit diesem Schreibstil vereinbar. Und meine – m-meine Wangen werden oft rot?! W-wen interessiert das denn?!?“

Schmunzelnd küsst Alexander ihm den Hals. „Mich.“

„A-aber er schreibt auch viel übers Buch. Und ist gar nicht mal so kritisch.“

„Ja, er hat im Gegensatz zum Idioten von vorhin eben erkannt, dass er dich nicht versteht, und dich deshalb als faszinierendes Mysterium beschrieben. Das macht dich so sexy…“

Leise kichernd lässt sich Heinrich am Hals und am Ohr nagen.

„U-und hast du auch den Artikel von Heine?“

„Jap, hier.“ Alexander hält ihm die Zeitung entgegen. „Sogar mit hinreißendem Bild.“

„Ohjeh…“ Nervös schlägt der Junge die Seite auf.

Goethe und Schiller haben endlich Nachwuchs: Ein weniger stolzer, aber umso fürsorglicher Goethe-Papa präsentierte Adoptivsohn und Kohlhaas-Autor Heinrich Kleist.

Eine Weile ist es ruhig, dann prustet Heinrich ungehalten los.

„Ist das nicht genial?“, meint Alexander grinsend.

„Goethe wird mich umbringen…!“

Lachend schmiegt sich Alexander an ihn. „Dafür kannst du ja nichts.“

„D-da steht tatsächlich Schiller-Mama?!?“

„Ja“, bringt der Ältere heraus, „Ist das nicht niedlich?“

„OhmeinGott, das Foto…!“

„Du siehst so süß aus. Ist das Jackett von Goethe?“

„Aah, wie peinlich!“

„Dein Blick ist so…!“ Schnurrend kuschelt Alexander sich an die Brust des Kleinen, als wolle er ihn gleich vernaschen.

„Er schreibt…er schreibt, dass man m-mich nur…nur bewundern kann…“

Amüsiert blickt der Ältere seinen Freund an, der völlig baff auf den Artikel starrt. „Da hat er vollkommen Recht.“

„U-und mein Buch hat…hat „mehr Wert als all jene Unterhaltungs- und Skandalliteratur, die man uns täglich auftischt“!“

„Er mag dich, dein Heine.“

Glücklich springt Heinrich auf. „Ich muss ihm sofort ne Mail schreiben!“

Lachend sieht ihm Alexander hinterher. Es freut ihn, dass es für seinen Freund so gut gelaufen ist. Als er damals das Buch gelesen hat, war ihm schon klar, dass es nicht einfach sein wird, dafür Anerkennung zu finden, aber anscheinend ist der Junge nun mit seinem Kohlhaas auf einem guten Weg…
 

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Endlich mal ein Kapitel, mit dem ich vollkommen zufrieden bin^^ - ich hoffe, es gefällt euch auch :3

Noch früh am Morgen wird Alexander aus seinen Träumen gerissen: Heinrich hantiert so laut mit den Koffern herum, dass er seinen Freund aufweckt. Spätestens als ihm der eine umkippt, weil er ihn mit der Schranktür umhaut, ist der Ältere endgültig wach. Einen Protest grummelnd dreht er sich auf die andere Seite.

„Hey, Langschläfer, ich pack dir aber nicht auch noch deine Sachen.“, macht Heinrich auf sich aufmerksam, doch er erhält keine Antwort.

„Herr Humboldt bitte an die Information.“

Ebenso keine Reaktion.

Heinrich verschränkt beleidigt die Arme vor der Brust. „Alex, ich glaub ich werd mir in Köln nen heißen Kerl aufreißen.“

„Hä-ä-was?!“ Endlich sitzt Alexander aufrecht im Bett und fährt sich verwirrt übers Gesicht. „Was hast du gesagt?“

„Dass ich mir in Köln nen heißen Typen aufreiß, wenn du mich nicht sofort bei der Packerei unterstützt!“

„Jaja“, kommt es wenig motiviert von Alexander, „Aber doch nicht so früh…Wir haben noch den ganzen Tag.“

„Ich will mich heute Nachmittag aber von Tim und Mama verabschieden.“, beharrt der Junge.

„Hab aber grad so schön geträumt…“, jammert der Ältere und lässt sich wieder nach hinten in die Kissen fallen.

„Dass Deutschland das Spiel gewinnt?!“, ruft Heinrich begeistert.

„So ähnlich…“, antwortet Alexander zögerlich, „Es beinhaltete dich im Fußballtrikot, mit knappen Hosen und…die Worte „Mach ihn rein“…“

Heinrich verdreht die Augen. „Schon wieder so sexistisch am frühen Morgen.“

Der Ältere grinst nur gefällig.

Sein Freund hätte noch weitaus unerbittlichere Geschütze aufgefahren, um den Morgenmuffel aus dem Bett zu bekommen, aber da klingelt das Telefon.

Seufzend läuft er die Treppe hinunter und hebt ab. „Hier bei Kleist und Humboldt?“

Einem Räuspern folgen die Worte: „Guten Morgen, schön dass Sie schon wach sind, Goethe hier.“

Heinrich fällt beinahe der Hörer aus der Hand. „Ä-ähm, g-guten Morgen, Herr G-Goethe…“

Ein Seufzen am anderen Ende der Leitung. „Sie haben nichts gelernt, oder?“

„W-wie bitte?“

„Das Stottern. Und die Ähms.“

„Oh.“

„Egal.“ Er sieht Goethe fast vor sich, wie er mit einer wischenden Handbewegung zum eigentlich Thema kommt. „Ich rufe an, weil ich Sie darüber in Kenntnis setzen wollte, dass ich Ihnen das erste Gehalt überwiesen habe.“

„O-oh, das…danke.“

„Erwarten Sie nicht zu viel, aber vielleicht zeigen sich jetzt ja Reaktionen auf Ihr Interview, was die Verkaufszahlen hoffentlich etwas in die Höhe treibt.“

„Das hoffe ich auch.“, weiß Heinrich nicht, was er anderes sagen soll.

„Dann noch einen schönen Tag. Grüßen Sie Alexander von mir. Auf Wiederhören.“

„Auf Wiederhören. G-grüßen Sie Schiller von mir!“ Heinrich kneift die Augen zusammen, kaum hat er diese jetzt in seinen Ohren doch dreisten Worte ausgesprochen, aber er hat sich jedes Mal so gefreut, wenn er den Autor der Räuber treffen durfte.

Goethe entgegnet nichts mehr, sondern hat schon aufgelegt.

Der Junge atmet durch.

Als er wieder nach oben kommt, läuft zu seinem Erstaunen ein nackter Alexander über den Flur. Er ist positiv überrascht.

„Bist du doch endlich wach!“

„Mhm“ Der Ältere kramt in seinem Teil des Schranks in den Schubladen, anscheinend auf der Suche nach einer Unterhose.

„Schönen Gruß von Goethe.“

„Danke.“

Heinrich muss losprusten.

Fragend blickt ihn Alexander an. „Was?“

„Hihi, ich stell mir grad vor, wie Goethe meinen Gruß einem ebenfalls nackten Schiller ausrichtet.“

Der Professor rollt mit den Augen. „Du hast zu viel Fantasie.“

„Jaha, aber die hat mir immerhin soeben meinen ersten Lohn eingebracht.“

Erstaunt blickt Alexander seinen Freund an. „Echt? Goethe hat…das Geld überwiesen?“

„Jap.“, antwortet ihm Heinrich mit stolz geschwellter Brust, was ihn in seinem an einen Matrosen erinnernden Outfit so hinreißend aussehen lässt, dass Alexander es plötzlich eilig hat, in seine Unterhose zu schlüpfen.
 

Die Koffer sind zwischen einem provisorischen Frühstück relativ schnell gepackt, und als sich Heinrich in die Stadt verabschiedet, wo er mit Tim verabredet ist, beschließt Alexander, aus unerfindlichen Gründen, mal wieder bei seinem Bruder vorbeizuschauen.
 

Eine junge blonde Frau, die er noch nie zuvor gesehen hat, öffnet ihm die strahlendweiße Tür zum Haus der Humboldts, sodass es ihm erst einmal die Sprache verschlägt. „Äh…“

„Ja, bitte?“

Er räuspert sich, während ihm alle möglichen Gedanken durch den Kopf schießen, was diese Frau ins Haus seines Bruders bringt. Schließlich fasst er sich und teilt ihr mit, dass er der Bruder von Wilhelm Humboldt ist und ihm einen spontanen Besuch abstatten will.

Sie lächelt ihn an und bittet ihn mit einer Geste herein, um nach ihm die Tür zu schließen.

Da kommt Wilhelm endlich eilig die Treppen herunter, eifrig dabei, sich die Manschetten seines Hemdes zuzuknöpfen, was er aber gleich sein lässt, als er seinen Bruder erblickt.

„Alexander!“, ruft er vollkommen erstaunt, „Was machst du hier?“

„Ich…“ Er lässt seine Augen wieder zur Blondine gleiten, die zu seiner Erleichterung jedoch vollkommen korrekt angekleidet ist. „Heinrich und ich fahren doch übers Wochenende nach Köln zum Fußballspiel und…“

Wilhelm hilft ihm in seiner Ratlosigkeit weiter und legt ihm eine Hand auf den Rücken, um ihn mit nach oben zu führen.

„Ich mache weiter die Kiche?“, ruft ihnen die Blondine hinterher.

„Ja, und dann können Sie es mit Gabis Zimmer versuchen, wenn Sie es sich zutrauen.“

Die Frau lacht.

„D-die Putzfrau?“, hat es Alexander endlich verstanden, als sie schon außer Hörweite sind.

Wilhelm sieht ihn einen Moment erstaunt an, muss dann aber lachen. „Was hast du denn gedacht!“

Alexander antwortet lieber nicht und weicht stattdessen nur beschämt dem Blick des Älteren aus.

„Alina ist sogar angemeldet.“, scherzt dieser und krempelt sich wieder die Ärmel hoch.

„Wo ist Caroline?“

„Mit Gabi in der Stadt, sich für den Sommer einkleiden.“

„Ah.“

Wilhelm öffnet die Tür zum letzten Zimmer im Gang, das Alexander nur zu gut kennt: Hier hatte ihr Vater seine Leseecke gehabt. Jetzt stehen sämtliche Türen und Schubladen der Schränke offen und zahlreiche Kisten, Alben und einzelne Gegenstände liegen auf dem Boden oder dem kleinen Schreibtisch verteilt.

„Du mistest aus?“, erkennt der Jüngere.

Wilhelm seufzt. „Ich versuche es, ja.“

„Aber?“ Alexander hebt eine Schatulle auf, in der, als er sie öffnet, die Lesebrille ihres Vaters zum Vorschein kommt.

„Zu viele Erinnerungen.“

Alexander nickt verständnisvoll und legt die Brille auf dem Tisch ab. Gleich neben einem Stapel Alben. „Sind das…?“

Wilhelm steht plötzlich neben ihm und grinst ihn an. „Fotoalben, ja. Das obere sind Fotos deiner Konfirmation.“

„Oh, nein.“

„Doch. Du siehst so niedlich aus.“

Der Jüngere rollt mit den Augen. „Kann gar nicht sein.“

„Überzeug dich selbst.“, entgegnet Wilhelm mit einem Kopfnicken, das seinen Bruder dazu auffordern soll, das Album aufzuschlagen.

Zögerlich klappt Alexander den Deckel auf und liest die Überschrift, die ordentliche und saubere Handschrift ihrer Mutter. „Das Datum…so alt bin ich schon, ist ja schrecklich…“, murmelt er.

Wilhelm klopft ihm tröstend auf die Schulter. „Dafür hast du dich aber gut gehalten.“

„Na, danke…“

Der Ältere nimmt ihm die Arbeit des Umblätterns ab, als er erkennt, dass Alexander dazu keinerlei Ambitionen zeigt.

Die vier Fotos auf der ersten Doppelseite zeigen einen vierzehnjährigen Alexander in schickem schwarzen Anzug, mit lilafarbener Krawatte und hellbraunen, fast blonden Locken, die so etwas wie einen ordentlichen Seitenscheitel formen sollen, was der Frisöse damals, wie sich die beiden Brüder erinnern, jedoch nicht geglückt ist.

„Dein Gesichtsausdruck ist einfach nur herrlich.“, findet Wilhelm und wuschelt ihm durch die heute auch nicht weniger widerspenstigen Haare.

„Ich mag es halt nicht“, entgegnet Alexander und entwindet sich der Hand, „wenn man mich so angeht.“

„Aber Heinrich darf das.“, kontert Wilhelm mit einem Grinsen.

„Heinrich ist auch…Heinrich.“, verteidigt sich Alexander wenig erfolgreich.

„Das stimmt.“, gibt ihm sein Bruder nichtsdestotrotz Recht. „Schau mal, wie schön war es damals doch, als ich noch der größere Bruder war.“, wechselt er das Thema und schlägt eine weitere Seite um, auf der sich nun auch zwei Fotos befinden, auf denen ein sechzehnjähriger Wilhelm, der im Anzug eine viel bessere Figur macht, seinem kleinen Bruder einen Arm um die Schultern gelegt hat, was dessen Laune jedoch nicht unbedingt gehoben hat.

„Das war das erste Mal, dass du betrunken warst.“, erinnert sich Wilhelm schmunzelnd.

Schlagartig verhärtet sich Alexanders Miene.

„Wieso du da überhaupt bis zum zweiten Mal gewartet hast.“, gibt er patzig von sich.

Wilhelm ist für einen Moment erstaunt, fast erschrocken, dann seufzt er jedoch tief und schließt ein wenig zögerlich das Album. „Das ist ein Fortschritt, dass wir drüber reden.“, meint er schließlich vorsichtig.

„Nein“, widerspricht der Jüngere sofort kopfschüttelnd und nimmt Abstand von seinem Bruder, indem er um den Tisch herum läuft und auf der anderen Seite mehr beiläufig ein paar Alben aufeinanderstapelt, „Wir haben damals alles beredet, was es darüber zu bereden gibt.“

„Was darin resultiert hat, dass wir letztes Jahr das erste Mal nach fünfundzwanzig Jahren wieder gemeinsam Weihnachten gefeiert haben.“, kommt es sofort von Wilhelm, der dabei etwas verletzt klingt.

„Das ist nur Heinrich zuliebe.“

„Du hast mir noch nicht verziehen.“

Alexander schüttelt vehement den Kopf.

„Wieso bist du dann hier?“

Plötzlich fühlt sich der Jüngere ertappt. Er hätte gerne mit einer Ausrede gekontert, aber da er noch nicht einmal weiß, wieso er wirklich hier ist, fällt ihm keine ein.

„Alexander“, beginnt Wilhelm sanft und versucht den Blick seines Bruders zu erhaschen, „Du weißt, dass ich dich– “

„Nicht!“, unterbricht ihn Alexander und dreht sich weg, als könnte ihm der Ältere schaden, wenn er sich ihm weiter aussetzen würde, „Lass es. Es würde sich…seltsam anhören.“ Er räuspert sich. „Ich bin hier, weil Heinrich in der Stadt ist, sich von Tim und seiner Mutter verabschieden, weil wir doch übers Wochenende wegfahren. Vielleicht hat es mich deshalb…“

„Auch zu deiner Familie gezogen.“, beendet Wilhelm für ihn den Satz, ohne diesen irgendwie erwartungsvoll klingen zu lassen.

Alexander antwortet nichts mehr.

Also schlägt Wilhelm ein weiteres Album auf und schiebt es zu ihm hinüber: Die Hochzeit ihrer Eltern.

Zunächst ein wenig widerwillig blättert Alexander die Seiten um, allmählich jedoch mit echtem Interesse.

Wilhelm sieht ihm die ganze Zeit dabei zu; als er die letzte Seite zuschlägt, fragt er ihn, ob er Tee machen soll.

„Magst du Heinrich wirklich so sehr, wie du tust, oder bist du nur– “

„Nein, auf keinen Fall.“, antwortet ihm Wilhelm sofort ohne zu zögern, aber mit einem Lächeln auf dem Gesicht, „Er ist ein außergewöhnlicher Mensch, sicherlich ein bezaubernder Geliebter und ein wunderbarer Schwager, und ich bin glücklich, dass er dich gefunden hat.“

„Dass ich ihn gefunden hab.“

Wilhelm lacht. „Oder so.“

„Gib ihn nicht wieder her.“, ergänzt er noch und tätschelt Alexander den Arm, bevor er den Raum verlässt.

Sein jüngerer Bruder braucht einige Sekunden, bis er das Gesagte verarbeitet hat. „W-werd ich auch nicht!“, ruft er schließlich, während er dem Älteren hinterhereilt, „Schon gar nicht für dich!“

„Oh, wer sagte denn, dass ich Interesse hätte?“, entgegnet Wilhelm mit einem stichelnden Grinsen.

Alexander stößt ihn lediglich von der Seite an, bevor er ihm, die Hände in den Hosentaschen und ein für Wilhelm sichtbares Lächeln in den Mundwinkeln, in die Küche folgt, wo Alina sich über den pinken Glitzerklebstoff beschwert, den sie gerade mit Mühe und Not aus Gabrieles Teppichboden und Bettzeug entfernt hat.
 

Als Alexander gegen Abend wieder in seinen Wagen steigt, muss er erst einmal seine Gedanken sortieren. Nach ihrem Tee haben sie doch tatsächlich weiter zusammen in den alten Sachen gestöbert: Fotoalben, Postkarten von ihnen völlig Unbekannten, aber damals anscheinend sehr gut mit ihren Eltern Befreundeten, Pfeifenputzer, Füllfederhalter, Bücher… Als ihnen dann ein feinsäuberlich verschnürter Karton in die Hände gefallen ist, der, wie sie herausfanden, die Liebesbriefe ihrer Eltern beinhaltet, wurde es für sie doch zu intim und sie stellten die Schachtel rasch wieder zurück. Überhaupt haben sie wenig gefunden, was sie wirklich in den Müll befördert haben; sie haben es beide irgendwie nicht übers Herz gebracht.

Alexander seufzt. Aber er hat doch Recht: Nur weil es Heinrich in seinem Leben gibt, hat sich das Verhältnis zu seinem Bruder wieder ins Positive gekehrt und besteht nun wieder aus mehr als nur dem morgendlichen Kaffee an der Uni im Schweigen, das nur von gegenseitigen ironischen bis zynischen Bemerkungen unterbrochen wurde. Nur Heinrich zuliebe, oder dank ihm, wie auch immer das zu verstehen ist, kann er allmählich vergessen, wie schwer es für ihn war, für seine Mutter ab diesem Moment ständig der Sohn mit dem Makel zu sein…

Trotzdem ist er verdammt nochmal nicht so weit, einfach irgendwelche Spontanbesuche bei seinem Bruder zu starten!

Hastig startet er den Motor und fühlt sich irgendwie ertappt, obwohl er nicht bemerkt, dass Wilhelm seine sehr zögerliche Abfahrt hinter dem Küchenvorhang mit einem Grinsen quittiert.
 

Heinrich ist noch nicht zuhause, als er dort ankommt, aber so nutzt Alexander die Zeit, um ihnen was zu Abend zu kochen.

Als der Junge dann aufkreuzt, bringt er eine Einkaufstüte mit.

„Ihr wart Shoppen, ich hätte es wissen müssen.“, lacht Alexander.

Heinrich drückt ihm nur grinsend einen Kuss auf den Mund. „Und ich sehe, du betätigst dich erfolgreich als Hausfrau.“

„Irgendwer muss ja dafür sorgen, dass du nicht vom Fleisch fällst.“, entgegnet der Ältere, „Aber lenk nicht ab, schließlich gibst du mein Geld aus.“

Heinrich streckt ihm die Zunge raus. „Seit heute nicht mehr, schon vergessen?“

Alexander seufzt resignierend. „Du kannst wunderbar mit Geld umgehen, mein Schatz, echt.“

Der Junge wirft ihm noch einen etwas beleidigten Blick zu, bevor er sich mit der Tüte in der Hand auf den Weg ins Bad macht, um seine Errungenschaften anscheinend gleich in die Waschmaschine zu stopfen. Aber Alexander bleibt dabei: Am Tag der Gehaltsauszahlung gleich alles ausgeben?! Also wirklich…

So hungrig, als hätte er drei Tage lang nichts bekommen, stürzt sich Heinrich kurz darauf auf sein Schnitzel. Alexander ertappt sich dabei, wie er den Anblick ganz hinreißend findet, und irgendetwas in seiner Brust beginnt wieder zu glühen.

Schon als Heinrich damals auf dem Campus ihm gegenübersaß und sein Himbeereis gegessen hat, hätte ihm auffallen müssen, dass sich die kribbelnde Wärme ein wenig zu weit oben in seinem Körper ausbreitete, als er es sonst von seinen Wochenendausflügen nach Berlin gewohnt war. Aber wie hätte er das gleich merken sollen, schließlich ist ihm dieses Gefühl für gut zwanzig Jahre vollkommen unbekannt gewesen. An Weihnachten letztes Jahr, da ist es das erste Mal wieder dagewesen, als er einen aus Rührung weinenden Wilhelm in den Armen hielt, dass er es auch bei seinem Bruder gefühlt hat.

„I-ist was mit dir?“, holt ihn Heinrich wieder aus den Gedanken und sieht ihn, mit von Ketchup roten Lippen, besorgt an.

Alexander muss grinsen. „Wilhelm grüßt dich.“, antwortet er und wendet sich endlich auch seinem Essen zu.

„Aah, du warst heute bei ihm?!“

„Ja, wir haben zusammen alte Fotoalben sortiert.“

„Awww, sind da welche dabei, auf denen du noch ein Kind bist?! Ein Baby?!?“

Das hätte er nicht erwähnen sollen…

„Wie lief’s denn mit Tim?“, lenkt Alexander ab und nimmt den ersten Bissen.

„Och, war ganz amüsant.“, antwortet ihm Heinrich mit einem bescheidenen Grinsen. Der Junge erwähnt natürlich nicht, dass er mit seinem Kumpel schon ein paar Ideen gesammelt hat, wie sie ab Montag ihren Professor Pfeiffer auf die Palme bringen können…

„Und wie geht’s Juliane?“

„Hihi, man sieht schon richtig den Babybauch.“, entgegnet Heinrich freudig, „Ich kann’s gar nicht mehr abwarten, bis ich ein kleines Geschwisterchen hab! Großer Bruder zu sein muss ein wundervolles Gefühl sein!“

„Das musst du Wilhelm fragen, damit kenn ich mich nicht so aus.“, meint Alexander mit einem schiefen Lächeln.

Heinrichs Lächeln ist strahlend. „Er würd mir bestimmt Recht geben, weil er so einen tollen kleinen Bruder wie dich hat.“

Alexander schüttelt lachend den Kopf. „Heinrich…“

„Doch!“

„Zeig mir, was du gekauft hast.“, wechselt der Ältere das Thema.

„Huh? Nein, das ist ne Überraschung.“

Alexander hebt eine Augenbraue. „Überraschung? Wofür?“

„Für Köln.“, antwortet ihm der Junge mit einem Zwinkern und nimmt den nächsten Bissen.

„Hast du dir ein Trikot gekauft?“

Heinrich beginnt aus für seinen Freund unerfindlichen Gründen mit vollem Mund zu kichern und muss erst mal schlucken. „Nein, da hab ich schon eins. Das hat mir mein Vater vor paar Jahren gekauft, da er anscheinend darin den letzten Lichtblick gesehen hat, dass ich Fußball mag.“

Alexander winkt mit seiner Gabel ab. „Ach, ich weiß sowieso nicht, woher dieses dumme Klischee kommt, dass Schwule kein Fußball mögen.“

„Sagt derjenige von uns, der noch nicht mal weiß, wie unser Bundestrainer heißt.“, kontert Heinrich und streckt ihm die Zunge raus.

Alexander verdreht die Augen.

„Ohjeh, ich will mir gar nicht vorstellen, was das morgen mit dir im Stadion geben wird…Soll ich dir heute Abend lieber noch ne Fußball-für-Einsteiger-Lektion erteilen?“

Sofort ist Alexanders Grinsen zurück. „Und da soll noch mal einer behaupten, Träume verweisen nicht auf die Zukunft…“

„Hey!“
 

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Jaaa, es geht hier endlich mal weiter! :D Ich hoffe, ihr seid mir nicht böse und habt nicht die Flucht ergriffen >.<

Das Kapi ist mal wieder so ein Zwischenbaustein, damit im nächsten dann der Stadionbesuch in Köln stattfinden kann :3 Das werd ich hoffentlich auch bald zu Papier bringen, würde jetzt zur EM ja gut passen ;)

Versteht man Alex' Anspielung auf seinen Traum am Anfang des Kapis eigentlich...?

„Hö?“ Perplex starrt Heinrich seinen Freund an, während der sich schon abschnallt.

„Hm?“

„D-das ist noch nicht Köln.“

„Danke für die Information, mein Kleiner, aber das seh ich auch.“, entgegnet Alexander grinsend und wuschelt ihm durch die Haare, was den verwirrten Ausdruck aber noch nicht von Heinrichs Gesicht wischt.

„Wir fahren mit dem Zug?!“

„Ja, da sparen wir eine Stunde und tun was für die Umwelt.“

„Tatsächlich?“, hakt der Jüngere skeptisch nach.

Alexander nickt nur, während er endlich aussteigt.

Heinrich folgt ihm und sieht sich missmutig im Parkhaus des Berliner Hauptbahnhofs um. „Seit wann tust du denn was für die Umwelt?“

„Irgendeiner muss ja den Klimawandel stoppen.“, meint Alexander und öffnet mit einem Zwinkern den Kofferraum.

„Oh, da bist du aber der falsche für, um die Pole vorm Schmelzen zu retten…“ Heinrich lässt es sich nicht nehmen, seine Hand auf den Hintern seines Freundes wandern zu lassen und fest zuzupacken. „Dazu bist du doch viel zu heiß…“

Leise lachend – verlegen lachend, da ist sich Heinrichs sicher – hievt Alexander ihre Koffer aus dem Auto. Nachdem er abgeschlossen hat, machen sie sich auf den Weg zu ihrem Gleis.

„Viel bequemer als nach Amerika.“, stellt Heinrich fest und verweist bei Alexanders fragendem Blick auf ihre Rollkoffer, „Und wir fliegen nicht.“

„Deine Flugangst hatte sich doch aber am Ende gelegt.“

Heinrich grinst ihn schelmisch an. „Du kannst mich gerne auch hier im Zug die ganze Fahrt über abknutschen. Hätt ich nix gegen.“

„Die anderen Fahrgäste aber sicherlich.“, gibt Alexander zu bedenken.

„Was stören uns die anderen Fahrgäste.“, entgegnet Heinrich frech grinsend.

„Du willst mir doch sowieso sicherlich endlich die Fußballlektion geben.“ Alexander räuspert sich. „Gestern sind wir ja doch nicht mehr dazu gekommen…“

„Hihi, das stimmt.“
 

Ihre Plätze sind in einem Vierer, ihnen gegenüber sitzt ein Mann in Alexanders Alter, im Anzug und in seinen Laptop vertieft; Heinrich will ans Fenster.

„Ja klar, natürlich darfst du das.“ Der Ältere lacht leise, als sein Freund sich sofort auf den Sitz pflanzt. „Und ich darf jetzt unsere Koffer da raufheben, ja?“

Der Junge nickt mit einem süßen Grinsen. „Dann bleibst du dynamisch und stark.“

Seufzend macht sich Alexander ans Werk. Nachdem ihre Koffer schließlich verstaut sind, setzt er sich neben seinen Freund, der so gespannt aus dem Fenster schaut, als gebe es schon was zu sehen, und legt ihm eine Plastiktüte in den Schoß. „Hier“, meint er und streicht ihm kurz durch die Haare.

„Auja! Die Süßigkeiten!“, freut sich Heinrich und öffnet gleich mal die Packung Schokoladenkekse, von denen er sich fröhlich einen Keks nach dem anderen in den Mund stopft und dazu zu einem unbekannten Takt – wohl schon die Nationalhymne im Stadion – mit den Beinen schlenkert.

Der Businessmann ihnen gegenüber lugt kurz skeptisch hinter seinem Laptop vor.

„Bevor wir zum Fußball kommen“, fängt Alexander an, der sich selbst die Salzstangen geöffnet hat, „Vielleicht sollten wir uns erst mal über was anderes unterhalten, was gestern auch ein wenig untergegangen ist.“

„Hm?“ Fragend blickt Heinrich zu ihm auf, ohne die leckeren Kekse zu vernachlässigen.

„Deine Finanzen.“

„Ochnee.“

„Doch, Heinrich, mit Geld geht man nicht so leichtfertig um.“

Der Junge rollt mit den Augen. „Ja, Papa, natürlich.“

„Heinrich“ Alexander senkt ein wenig seine Stimme, da der Businessmann ihnen schon wieder versteckt neugierige Blicke zuwirft, „Nimm mich ernst, wenn ich so was mit dir bereden will.“

„Aber nicht jetzt…“, nuschelt Heinrich und will sich bei ihm an die Brust lehnen.

„Nicht!“, hält ihn Alexander auf, „Dein Mund ist verschmiert.“, ergänzt er etwas zärtlicher und legt ihm eine Hand an den Kopf, um ihn mit einem der Tücher zu säubern, die er zusammen mit einem Messer für die Äpfel ebenfalls in die Tüte gepackt hat.

Als sein Heinrich wieder sauber ist, drückt er ihm noch einen flüchtigen Kuss auf die Wange. „Du hast Recht, wir besprechen das, wenn wir wieder zuhause sind. Dann geb ich dir einen Finanzkurs für Einsteiger.“

Plötzlich ist das Interesse beim Jüngeren geweckt. „So einen Einsteigerkurs, wie wir gestern hatten?“, fragt er grinsend nach und vergräbt sein Gesicht in Alexanders Halsbeuge, da wo er so wunderbar duftet; Heinrich kann nicht anders, er muss sich dort festsaugen.

„Hey, nicht.“, lacht der Ältere leise und schiebt ihn sanft von sich. Die Hand, die er dazu an Heinrichs Brust gelegt hat, zieht dort ein paar zärtliche Kreise, während er seinen Schatz liebevoll anblickt. Schließlich gibt er ihm doch einen kleinen Kuss; zunächst auf die Stirn, dann als Heinrich sich bettelnd zu ihm hinaufreckt, auch auf den Mund.

Der Businessmensch räuspert sich, als wäre ihm das Ganze sehr unangenehm, weshalb die beiden voneinander ablassen und sich wieder ihrem Essen zuwenden.

Heinrich hat über die Kekse hinweg anscheinend seine Fußballlektion vergessen, aber sie haben ja noch genug Zeit.

Als der Zug Hannover passiert und sowohl die Salzstangen als auch die Schokoladenkekse leer sind, sowie die erste Flasche Wasser, die sie dabei haben, nickt der Junge unter dem monotonen, leisen Klackern der Laptoptastatur ihres Gegenübers ein und sein Kopf fällt auf Alexanders Schulter.

Der Ältere sieht schmunzelnd zu seinem Freund hinab, bevor er seinen Kopf an den des Schwarzhaarigen legt und sanft dessen Hand, die auf seinen Oberschenkel gefunden hat, in seine nimmt.

In Bielefeld wacht Heinrich wieder auf. Das erste, was er bemerkt, ist dass ihr Gegenüber jetzt nicht mehr auf dem Laptop, sondern auf seinem Handy herumtippt. Das zweite ist Alexanders wohltuende Nähe.

„Na? Wieder wach, mein Kleiner?“

Heinrich nickt und streckt sich ein wenig. „Ich hab Durst.“, teilt er seinem Freund mit.

Dieser holt für ihn die noch volle Wasserflasche aus der Tüte. Währenddessen setzt sich Heinrich auf seine Unterschenkel auf, denn so langsam tut ihm vom Sitzen sein Hintern weh.

Nachdem Heinrich ein paar Schlucke genommen hat, packt Alexander die Flasche wieder weg.

Kurz darauf hat er die Arme voller Heinrich, der sich an seine Brust schmiegt.

„Ich glaub, ich hab von dir geträumt.“, nuschelt ihm der Junge gegen das T-Shirt, und während ihm Alexander durch die Haare streicht, lässt er seine Hände ein wenig über eben jenes hautenge T-Shirt wandern; schließlich muss er das dieses Wochenende noch genießen, ab Montag trägt sein Alex wieder Hemden.

„Was hast du denn geträumt?“

Heinrich sieht grinsend zu ihm auf. „Hihi, weiß nicht mehr.“

Und da will der Ältere nicht länger widerstehen und er küsst seinen Freund kurz auf die Wange, dann lange und sanft auf den Mund.

„Entschuldigung, bitte!“

Verwirrt blicken die beide hinüber zu ihrem Businessmann, der doch eben noch so beschäftigt gewirkt hat – sich nun aber vollkommen unbehaglich zu fühlen scheint. „Ich bin ja eigentlich ein sehr toleranter Mensch“, fängt er mit Nachdruck an, jedoch Bedacht darauf, nicht allzu laut zu sprechen, „aber das sollten Sie wirklich in der Öffentlichkeit nicht mit Ihrem Sohn machen!“

Die beiden blicken ihn noch verwirrter an.

„Bitte, was?“, gibt Alexander ein wenig hilflos von sich.

Heinrich beginnt zu kichern.

Der Businessmann läuft rot an. „E-es tut mir ja Leid, dass ich mich einmische, a-aber…Sie können doch nicht…!“

„Er glaubt, ich bin dein Sohn.“, meint Heinrich seinen Freund aufklären zu müssen.

„Danke, das hab ich auch verstanden“, gibt Alexander baff von sich, „aber seh ich so alt aus?! Wieso kommen die Leute immer auf so eine absurde Idee?!?“

„Absurde Idee?!“, wiederholt ihr Gegenüber empört, „Er hat Sie „Papa“ genannt, leugnen ist zwecklos!“

„Aber das war doch nur im Scherz.“, beteuert Heinrich, „Wir beide sind weder verwandt noch verschwägert.“ Und an Alexander gewandt ergänzt er: „Ich sollte derjenige sein, der beleidigt ist, immerhin wurd ich hier wieder für höchstens Sechzehn gehalten!“

„Stimmt, wie kommt er nur da drauf? Schließlich hast du dich die Fahrt über wie ein Achtjähriger verhalten.“

„Hey!“

Als Versöhnung gibt es für sie beide einen eher flüchtigen, aber zärtlichen Kuss.

„Also…sind Sie nicht…“, mischt sich der Businessmann wieder ein und deutet mit seinem Zeigefinger zwischen ihnen hin und her.

„Nein, es geht alles mit rechten Dingen zu, vollkommen legal.“, versichert Alexander.

„Sie können sich also wieder Ihren ganz wichtigen Geschäften widmen.“, ergänzt Heinrich mit einem Grinsen und rückt wieder näher zu seinem Schatz.

„A-äh, das…das tut mir dann Leid, ich wollte nicht…“

„Schon okay.“, winkt Alexander ab und lässt sich von Heinrich einen Kuss auf die Wange drücken.

Der Mann räuspert sich und wendet sich tatsächlich wieder seinem Laptop zu.

Heinrich sieht das als Einladung, seinen Freund noch einmal ausgiebig küssen zu dürfen.

Ein paar Sekunden gönnt sich Alexander dieses wunderschöne Gefühl, dann schiebt er den Jungen aber wieder von sich. „Fußball?“, fragt er, damit sie wieder etwas zu tun haben; eine weniger Aufsehen…erregende Tätigkeit.

„Gerne“, stimmt Heinrich zu und fischt in der Tüte, die zwischen Alexanders Beinen steht – nicht ohne ein anzügliches Grinsen – nach den Gummibärchen.

Er öffnet die Packung und steckt sich gleich mal ein paar davon in den Mund, bevor er schmatzend den Tisch, auf dem ihr Gegenüber Handy und Laptop liegen hat, auch ein wenig für sich beansprucht, indem er darauf elf der Gummibärchen postiert, alle in Rottönen oder Orange.

„Sorry, aber es sind nicht genug in einer Farbe da, da wird’s ein bisschen schwerer, wenn ich nachher was mit zwei Mannschaften erklär.“

„Kein Problem“, wehrt Alexander ab, „Ich geb mit Mühe.“

„Okay“, beginnt Heinrich und lehnt sich zurück, um mit der Erklärung zu beginnen, aber da purzeln ein paar der Gummibärchen unter dem mehr als irritierten Blick ihres Gegenübers um, als der Zug das Gleis wechselt.

„Ohnein!“, ruft Heinrich und setzt die Bärchen wieder auf.

„Lass sie doch liegen, die fallen beim nächsten Ruckeln sowieso wieder um.“, meint Alexander, doch Heinrich protestiert entschieden.

„Ich erklär die hier echten Fußball und nicht die Schauspielerei der Italiener, die man auch im Liegen ausführen kann!“ Fest entschlossen leckt der Junge jedes der Gummibärchen unten ab und drückt es fest auf den Tisch.

„Die isst du nachher aber nicht mehr.“

„Das ist meine Entscheidung.“, tut Heinrich das Thema ab. „So“, meint er, „Fangen wir mit dem hier ganz hinten an.“ Er deutet auf den einzelnen Bär, der etwas abseits der anderen auf der Tischplatte klebt.

„Ich nehm an, das ist der Torhüter.“, gibt Alexander sein Vorwissen preis.

„Korrekt“, gibt ihm Heinrich Recht, „Der Torhüter, oder auch Torwart, ist dafür zuständig, dass keine– “

„Jaaa, so dumm bin ich nun auch wieder nicht.“, unterbricht ihn der Ältere vorwurfsvoll und beide sehen sie im Augenwinkel, wie ihnen auch der Businessmann einen sehr fragwürdigen Blick zuwirft.

„Also zur Abwehr“, macht Heinrich jedoch unbeirrt weiter, „Meistens bildet die Abwehr eine Viererkette.“ Er verweist auf die vier Gummibärchen, die in einer Reihe vor dem Torhüter stehen. „Die zwei hier in der Mitte sind meistens sehr große…kräftige Männer“ – Alexander bemerkt an dieser Stelle ein Eifersucht weckendes Funkeln in Heinrichs Augen – „Die Außenverteidiger müssen dagegen schnell und wendig sein, weil sie, wenn die Mannschaft im Angriff ist, bis vor zur gegnerischen Grundlinie laufen, um die Flanken zu schlagen.“

„Flanken sind die hohen Bälle von der Seite in den Strafraum, oder?“, hakt Alexander nach.

„Genau.“

„Und was ist die Grundlinie?“

„Die Linie hinter den Toren. Die äußerste Linie, die den Platz begrenzt, sozusagen.“

„Ah.“

Heinrich räuspert sich, als würde er einen Vortrag vor großem Publikum halten und nun symbolisieren wollen, dass er wieder zum eigentlichen Thema kommt. „Das Mittelfeld überspringen wir, das ist zu kompliziert für Einsteiger.“

Alexander will sich über diese Behandlung beschweren, aber da stopft sich Heinrich schon die vier Gummibärchen in den Mund, sodass neben dem Torhüter und der Abwehr nur noch zwei vorne übrig bleiben.

„Heutzutage“, gibt der Junge, noch kauend, von sich und fängt dabei einen Blick des Businessmenschen ein, der anzuzweifeln scheint, dass er wirklich über Achtzehn ist, „spielt man meistens nur noch mit einer Spitze. Also einem Stürmer.“

„Und was macht dann der andere?“, will Alexander wissen und verweist auf den dann ja arbeitslosen rosafarbenen Gummibär.

„Der spielt dann auch im Mittelfeld.“

„Das ist aber viel Mittelfeld.“

„Ein intaktes Mittelfeld ist das A und O jeder guten Mannschaft.“, betont Heinrich mit erhobenem Zeigefinger.

„Achso, na dann.“

„Wollen wir uns auch ans Abseits wagen?“, fragt er dann und sieht den Älteren prüfend an.

Plötzlich räuspert sich ihr Gegenüber wieder. „Also…“, meldet er sich ein wenig kleinlaut zu Wort, „Ich wäre interessiert.“

Als die beiden anderen ihn perplex anschauen, ergänzt er verlegen: „Meine Freundin ist so fußballbegeistert und…und ich hab mich eigentlich nie für Fußball interessiert, würd sie aber…aber gerne mal mit ein wenig mehr Wissen beeindrucken…“

Heinrich grinst den Mann breit an. „Aber klar doch!“, ruft er freudig und sortiert die Gummibärchen neu.
 

Als sie in Köln am Hauptbahnhof ankommen, ist Heinrich mit dem netten Herrn im Anzug – Thomas, sein Name – per Du und hat sich mit ihm die restlichen Gummibärchen geteilt. Zum Abschied zwinkert Thomas Alexander zu, er könne ihn ja verstehen; Seitenblick auf Heinrich. Alexander will gar nicht wissen, was das heißen soll.

Mit der S-Bahn fahren sie in ihr Hotel, das etwas außerhalb auf halbem Weg zum Stadion gelegen ist, wie er Heinrich erklärt. Es ist nicht zu vergleichen mit dem Hotel in New York, aber es gibt immerhin zwölf Zimmer und alles macht den Eindruck, als wenn man sich für die Nacht und den nächsten Morgen wohlfühlen kann.

„Ein Doppelbett.“, freut sich Heinrich und lässt sich in selbiges fallen.

„Darauf hab ich natürlich geachtet.“, entgegnet Alexander, der seinen Koffer öffnet und seinen Kulturbeutel herausholt, um sich im Bad ein wenig frisch zu machen.

„In Köln darf Mann das ja.“, lacht Heinrich.

„Was aber nicht heißt, dass wir uns da im Stadion großartig mit Zärtlichkeiten überschütten können.“, gibt der Ältere zu bedenken.

„Ja, das stimmt leider.“, lenkt sein Freund ein und trottet zu ihm ins Bad, um sich sein Shirt über den Kopf zu ziehen, „Aber ich hoff doch mal, das Spiel wird so spannend, dass ich gar keine Ablenkung brauch.“

„Das hoff ich auch, schließlich hab ich ne Heidensumme für diese Karten hingeblättert!“

Heinrich zwickt ihm in die Seite. „Du hast’s aber in letzter Zeit mit dem Geld, geht dir deins aus?“

Lachend nimmt ihn Alexander in den Arm und nutzt es gnadenlos aus, dass sein Freund oberkörperfrei ist. „Ich hoffe nicht“, murmelt er und küsst sich Heinrichs Schulter entlang, „Aber mir geht’s ja nur darum, dass das auch so ein schönes Geburtstagsgeschenk wird, wie du dir vorstellst.“

„Bestimmt…“, flüstert der Junge und neigt seinen Kopf ein wenig zur Seite, um dem Älteren mehr Raum zu geben.

Aber im nächsten Moment schiebt ihn dieser schon wieder von sich. „Dafür ist später noch Zeit, jetzt sollten wir uns erst mal fertig machen, damit wir nicht zu spät kommen.“

Einen Moment zögert Heinrich noch, doch dann muss er daran denken, dass er in wenigen Stunden ein Spiel der deutschen Fußballnationalmannschaft live im Stadion erleben wird! Freudig springt er hinüber zu seinem Koffer, um das Trikot herauszuholen, dessen Rücken eine schwarze 16 ziert.

„Lahm?“, liest Alexander, als sein Freund sich, mit dem Trikot an, neben ihn an den Spiegel stellt, „Das klingt so…unmotiviert.“

Heinrich wirft ihm einen bösen Blick zu. „Dann wart mal ab, bis du Philipp rennen gesehen hast!“
 

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So, es dauert doch noch bis zum nächsten Kapi mit dem Fußballspiel, dann aber wirklich ;)

Die Bahnfahrt ist nämlich länger geworden, als eigentlich geplant, und jetzt hat sie sogar ein eigenes Kapitel bekommen X'D Ich hoff, es ist nicht zu langweilig, mir hat's Spaß gemacht, es zu schreiben :3

Während die S-Bahn ihren Weg zum Stadion zurücklegt, spielen Heinrichs Finger in Alexanders Handfläche herum, bis es diesem zu bunt wird.

„Heinrich, das kitzelt.“

„Ich bin aber so aufgeregt…!“

„Dann musst du mir aber nicht so unverschämt in der Hand rumfummeln.“, meint der Ältere amüsiert und verschränkt ihre Finger, um eben das künftig zu unterbinden, „Wenn du so aufgeregt bist, dann sprich mit mir, das lenkt hoffentlich ab.“

„Über was sollen wir denn reden?“, fragt der Junge ratlos nach und lehnt seinen Kopf an die Schulter seines Freundes, „Mir fallen nur Sachen ein, die nicht hier in die Öffentlichkeit gehören.“

Alexander rollt kurz mit den Augen, bevor er sich wieder fasst. „Über dein Trikot können wir uns zum Beispiel unterhalten, das ist doch ein klein wenig zu…naja, eine Nummer zu groß für dich, hm?“

Sofort starrt ihn Heinrich entrüstet an. „Hallo?! Das ist Einheitsgröße!“

„Oh.“

„Und Philipp Lahm ist genauso groß wie ich und dem passt das Trikot schließlich auch!“

Alexander räuspert sich und beäugt seinen Freund noch einmal von oben bis unten. „Naja, „passen“ wäre da zu viel gesagt…“

Der Junge schmollt.

Soll Alexander jetzt oder erst nachher zugeben, dass er den Kleinen, schon seit er in dieses Trikot geschlüpft ist, einfach nur hinreißend süß findet?

„So“, wischt ihm Heinrich das Grinsen vom Gesicht, „Aber du hast was Passenderes gefunden, ja?“

Verwirrt schaut Alexander an sich herunter. „Was? Das ist doch sportlich, hab ich immer zum Joggen angehabt. Du hast gesagt, ich soll mir was Weißes raussuchen, und außer Hemden ist das hier nun mal das einzige.“

„Ich beschwer mich ja nicht“, beginnt Heinrich vorsichtig, „Nur…ist das so eng, dass man deine Brustwarzen sieht, wenn sie hart werden.“

Der Ältere muss grinsen. „Dann darfst du halt nicht in meine Nähe kommen.“

Der Junge erwidert das Grinsen. „Das wird schwierig…“, meint er und schmiegt sich wieder an der Schulter an. „Aber ein Glück siehst du ja nicht schwul aus, sonst würd dir das Shirt da im Stadion zum Verhängnis werden…“

„Es würde demjenigen zum Verhängnis werden, der nen blöden Kommentar ablässt.“

Heinrich streckt seinem Freund die Zunge raus. „Angeber.“

Die gut gefüllte S-Bahn hält an der nächsten Station und eine ältere Dame steigt ein, ihr kleines Wägelchen, in dem sich wohl ihre Einkäufe befinden, hinter sich herziehend. Sie blickt den jungen Mann mit den sonderbar weißen Haaren, der auf dem Platz am Eingang sitzt, eindringlich an, aber der hat die Augen geschlossen und döst scheinbar vor sich hin.

„Wenn Sie wollen, können Sie sich hier setzen.“, kommt es da zu Alexanders Überraschung von Heinrich.

„Oh“, entgegnet die Alte überrascht, „Das ist lieb von dir, Junge.“

Freudig lächelnd steht Heinrich auf und rutscht hinüber, um sich auf Alexanders Schoß niederzulassen.

„Na, danke.“, lacht dieser, schlingt aber seine Arme um seinen Freund und zieht ihn näher an sich.

Die alte Frau wirft ihnen kurz einen skeptischen Blick zu, bevor sie doch neben ihnen Platz nimmt.

„Im Stadion sitzt du aber auf deinem eigenen Platz, mein Kleiner.“, murmelt Alexander schmunzelnd in Heinrichs Nacken, was diesem ungewollt eine Gänsehaut beschert.

„Ja“, bringt der Junge brav heraus, „natürlich.“
 

Am Stadion müssen sie eine Weile anstehen, bis sie durch die Sicherheitskontrollen und auf die Tribüne gelangt sind. Heinrich ist begeistert von den perfekt gewählten Plätzen.

„Boah, wir sitzen ja total in der Mitte! Und da unten sind die Bänke der Mannschaften, da kann ich nachher vielleicht sogar ein Autogramm ergattern!“

„Na, ob dein Lahm überhaupt so groß ist, dass er da über das Geländer kommt…“, gibt Alexander zu bedenken und fängt sich dafür einen Schlag gegen die Schulter ein.

Statt seinem Freund einen Kuss auf die Lippen zu drücken, um ihn wieder zu besänftigen, darf er den Jungen nur angrinsen.

„Soll ich uns was zu trinken holen? Was zu essen?“, fragt Alexander nach einem kurzen Moment Stille, den sie dazu genutzt haben, die anderen Stadionbesucher zu betrachten, die in dem Bereich, in dem sie sitzen, hauptsächlich Familien sind.

„Hunger hab ich nicht“, antwortet Heinrich, „Ich bin so aufgeregt, da bekomm ich nichts runter.“

„Dann hol ich uns was zu trinken, hm?“, entgegnet der Ältere und tätschelt ihm die Schulter, da er ihm nicht durch die Haare wuscheln darf.

„Ich empfehl dir aber kein Bier zu nehmen“, warnt ihn Heinrich, „Das schmeckt in den Plastikbechern möglicherweise nicht ganz so toll.“

„Ich dachte sowieso eher an…Cola?“

„Jap.“

Noch bevor Alexander mit den Getränken wieder zurück ist, brandet im Stadion der Applaus auf, sodass der Ältere erst einmal gar nicht weiß, was los ist. Erst Heinrich erklärt ihm, während er hastig seine Cola entgegennimmt, ohne den Blick vom Platz zu nehmen, dass soeben die Spieler den Rasen betreten haben, um sich aufzuwärmen.

„Aufwärmen?“, wiederholt Alexander ungläubig und betrachtet die untereinander Bälle hin und her kickenden Herren.

„Jaa, jetzt wart doch ab, bis der Fitnesstrainer auftaucht, dann müssen sie Bahnen laufen und so.“

„Und wir müssen zuschauen? Wie lang dauert das denn?“

Heinrich grinst seinen Freund ungläubig an. „Du lässt’s dir entgehen, hier jungen Männern beim Schwitzen zuzusehen? Was hab ich bloß aus dir gemacht, dass dich das nicht mehr interessiert?“

„Tja…“, entgegnet Alexander schmunzelnd und stupst dem Jungen mit dem Ellenbogen in die Seite, „Der einzige junge Mann, den ich zum Schwitzen bringen will, bist du, mein Schatz.“

Heinrich blinzelt ihn mit halbgeschlossenen Augen an. „Darauf musst du leider noch bis heute Abend warten, mein Großer.“, haucht er.

Während Alexander spürt, wie diese Aussichten ein Kribbeln in untere Regionen seines Körpers schickt, schenkt Heinrich seine ganze Aufmerksamkeit wieder den Spielern, die sich unten auf dem Rasen tummeln. Er erkennt tatsächlich so gut wie alle Spieler von hier oben und ist schon ein bisschen am hyperventilieren, wie nah er ihnen sein darf, da betreten die ersten Franzosen den Platz, und während das Raunen im Stadion allgemein ein wenig lauter wird, kommen von der deutschen Fankurve vereinzelt Pfiffe.

„Das ist aber nicht nett.“, stellt Alexander fest, „Ich dachte, Fußballfans wüssten, was Fairness ist.“

„Die buhen doch nicht die gesamte französische Mannschaft aus, nur den kleinen Möchtegern-Napoleon da!“, erklärt Heinrich, und auch seine Stirn liegt ein wenig kraus vor Aufregung.

„Was hat der verbrochen, wenn ich fragen darf?“

„Er hat den Hass ganz Deutschlands auf sich geladen!“, tönt der Junge, „Du musst wissen, er spielt auch bei Bayern München, und da hat er mit seiner Überheblichkeit echt das Fass zum Überlaufen gebracht.“

„Okay, jedenfalls scheint er bei den deutschen Fans jetzt nicht mehr so beliebt zu sein…“

„Du untertreibst!“, entgegnet Heinrich und pustet empört seine Wangen auf.

Alexander hebt resignierend die Hände, er hat vor, sich da nicht weiter einzumischen und seinem Heinrich freie Entfaltungsmöglichkeit zu lassen.

Eine Weile noch läuft die Chartmusik im Stadion, wozu sich die Mannschaften warm machen, angetrieben von ihren Fitnesstrainern, dann verlassen die Spieler geschlossen noch einmal das Stadion.

„Was ist denn jetzt kaputt?“, hakt Alexander vorsichtig nach, „Ich dachte, die spielen noch heute?“

Heinrich seufzt laut auf, als wäre das gerade die dümmste Frage, die er je gehört hätte. „Die Spieler stellen sich für den Einzug ins Stadion auf und dann werden erst mal die Nationalhymnen gesungen.“

„Achso.“, entgegnet Alexander kleinlaut und wartet mit den anderen Stadionbesuchern gespannt darauf, dass die Herren Fußballspieler sich mal wieder dazu bequemen, angeführt von den Schiedsrichtern, das Spielfeld zu betreten. Dort reihen sie sich je Mannschaft in Reih und Glied auf.

„Aufstehen!“, ruft Heinrich, kaum stehen die Männer an ihrem Platz, und erhebt sich von seinem Sitz.

Alexander blickt ihn entgeistert an. „Wie? Für die Nationalhymne?“

„Jaa, natürlich! Wird gleich durchgesagt!“

Und tatsächlich ertönen Sekunden später durch den Lausprecher die Worte: „Erheben Sie sich bitte für die Nationalhymne von Frankreich. Please stand fort the national anthem of France“ und das ganze Stadion erhebt sich; Alexander notgedrungen auch.

„Ich muss aber nicht mitsingen?“, fragt er seinen Freund ein wenig verunsichert.

„Bloß nicht!“, zischt dieser, „Jedenfalls nicht bei der Marseillaise!“

Der Ältere nickt.

Und schon beginnt die Kapelle der Bundeswehr die französische Nationalhymne anzustimmen; Alexander stutzt einen Moment, wie viele Menschen er mitsingen hört. So viele Stimmen, die auf einmal ertönen.

Heinrich schweigt mit sturem Blick und hat seine Zähne aufeinandergebissen, als durchstünde er gerade die schwersten Qualen. Sein Freund schlussfolgert daraus, dass es für einen Fußballfan zwar selbstverständlich ist, dem Gegner die Ehre zu erweisen, sich bei der Hymne zu erheben, sie jedoch tatsächlich hören zu müssen, scheint eher nicht so erfreulich zu sein.

Die Musik verebbt schließlich, das halbe Stadion beginnt zu klatschen, genauso wie die Spieler auf dem Platz in den blauweißen Trikots, dann herrscht wieder Stille.

Heinrich stupst ihn an. „Jetzt darfst du mitsingen.“, flüstert er, und der Stadionsprecher sagt durch: „Die deutsche Nationalhymne. The national anthem of Germany.“

Sofort steht der Junge aufrechter da, er legt sich die rechte Hand auf die Brust und sein Blick wirkt nicht mehr stur, sondern ehrfurchtsvoll.

Als die Kapelle die deutsche Nationalhymne anstimmt, hält Alexander für einen Augenblick den Atem an. Noch lauter als zuvor, noch mehr Menschen erheben zusammen ihre Stimmen, und er muss zugeben, dass ihn das beeindruckt. Eine der tausend Stimmen gehört seinem Heinrich, und als er zu eben diesem hinabschaut, ist er erstaunt darüber, wie dessen Augen glänzen. So können sie nicht glänzen, wenn er einen leckeren Schokokuchen vor sich hat, und auch nicht, wie Alexander feststellen muss, wenn er ihm ein „Ich liebe dich“ sagt; so können sie wohl nur in diesem Moment glänzen.

Dieser Moment ist viel zu schnell vorbei, aber als das ganze Stadion klatscht, drückt Alexander dem Jungen einen flüchtigen Kuss auf die Wange.

„W-wofür war der?“, fragt Heinrich irritiert und fasst sich an die leicht prickelnde Stelle Haut.

„Dafür, dass du dich so entzückend für eine Sache begeistern kannst.“, antwortet ihm der Ältere mit einem Grinsen, „Besonders für so eine Sache wie das Vaterland, mit dem ich persönlich gar nichts am Hut hab.“

Erstaunt blickt ihn der Junge an, als sie wieder Platz nehmen. „D-du liebst dein Vaterland nicht?!“

„Doch, auch, aber ich identifizier mich damit nicht sonderlich. Ich fieber mit keiner Nationalmannschaft mit.“, versucht Alexander zu erklären und lächelt seinen Freund sanft an, „Dazu fühl ich mich in zu vielen Ländern der Erde zuhause.“

Seufzend blickt Heinrich hinab auf seine Schuhe. „Herrjeh, da hab ich mir ja einen total antipatriotischen Freund geangelt, schrecklich…“

Kurz ist sich Alexander nicht sicher, wie das gemeint ist, da schaut Heinrich wieder liebevoll grinsend zu ihm auf. „Nein, du bist ganz wunderbar, so wie du bist, mein Schatz.“

Der Ältere will gerade darauf etwas erwidern, da ertönt der Anpfiff, und nach einem aufgeregten „Oh, jetzt geht’s los!“ ist Heinrich für die nächsten 45 Minuten nur noch aufs Spielfeld fixiert.

Alexander versucht ebenfalls Gefallen an dem Kampf um den Ball zu finden, doch das mag ihm nicht so wirklich gelingen. Stattdessen beobachtet er die Spieler, die Fans und die Trainerbank ausgiebig, um spaßeshalber die Typen abzuchecken. Immerhin sind sie hier in Köln. Ob es wohl noch ein paar schwule Pärchen gibt, die wie Heinrich und er hier getarnt im Stadion sitzen? Oder ob es tatsächlich schwule Fußballer in der Nationalmannschaft gibt?

„Meinst du, es gibt schwule Fußballspieler?“, fragt Heinrich da, als hätte er Alexanders am eigentlichen Spiel desinteressiertes Gesicht bemerkt.

„Mein ich nicht, weiß ich.“, antwortet dieser wie nebensächlich, und als sein Freund ihn mit großen Augen anblickt, ergänzt er: „Ich selbst hätt das gar nicht gemerkt, aber ich weiß noch, dass das Zimmermädchen mich am Morgen ganz entgeistert gefragt hat, ob ich grad die Nacht mit Sowieso, dem Erstligaspieler verbracht hätte.“

Plötzlich hängt Heinrich an seinem Arm. „Wie hieß er?!? Wer war das?! Wie sah er aus!“

Entschuldigend sieht Alexander den Jungen an. „Keine Ahnung, du weißt doch, dass ich mir Namen nicht merken kann, und unwichtige schon gar nicht.“

„A-aber wie er aussah, weißt du noch?!“

„Naja…vielleicht hatte er…blonde Haare…oder schwarze?“

Heinrich seufzt enttäuscht auf.

„Was denn?“, wehrt sich Alexander amüsiert, „Sonst bist du immer ganz erleichtert, wenn ich mich an die Typen nicht mehr erinnern kann.“

„Bin ich ja auch.“, nuschelt der Junge, „Wär in dem Fall halt nur interessant gewesen.“

Alexander legt seinem Freund eine Hand an den Rücken. „Schau lieber wieder dem Spiel zu, das ist sicherlich auch interessant.“

„Naja, sieht ja schon gut aus, aber der entscheidende letzte Pass in die Spitze fehlt halt noch…“

„…das heißt?“

„Dass endlich mal ein Tor für uns fallen soll!“

„Achso.“

Das ersehnte Tor kommt in der 38. Minute. Erschrocken wird Alexander Zeuge, wie alles um ihn herum aufspringt und frenetisch jubelt, Heinrich eingeschlossen.

„Jaaa! Kloooseee! Und eine Flanke von Lahm! Hast du das gesehen, Alex?! Hast du das gesehen?!?“

Lachend muss der Ältere zustimmen und sich kurz von Heinrich drücken lassen.

Grinsend blickt der Junge, nun wieder auf seinem Platz, zu ihm auf. „Hast du den Torjubel gesehen?“

„Deinen?“

Heinrichs Grinsen wird noch breiter. „Neiin, den von den Spielern natürlich.“

„Tut mir Leid, ich war von deinem überschwänglichen Gemüt abgelenkt.“, gibt Alexander zu.

„Hmm, dann müssen wir eben einfach noch ein Tor schießen, damit du mal sehen kannst, wie süß so ein Torjubel ist.“

Der Ältere hebt skeptisch eine Augenbraue. „Süß?“

Sein Freund grinst ihn spitzbübisch an. „Schwul.“

„Aah, dann bin ich mal gespannt.“
 

Leider müssen sie mit dem zweiten Tor noch eine Weile warten, aber wenigstens, gibt Heinrich zu bedenken, haben die Franzosen nicht ausgeglichen, als es in die Halbzeitpause geht.

Alexander hat vorgeschlagen, jetzt endlich etwas zu essen, und auch wenn Heinrich immer noch der Meinung ist, nicht viel vor lauter Aufregung hinunterzubekommen, so hat er sich doch dazu entschlossen, seinen Freund zum Würstchenstand zu begleiten.

Als sie in der Schlange stehen, kommt sich Alexander wieder einmal etwas verloren vor, zwischen dem fußballfanatischen Pöbel; auch hier gibt es kein anderes Thema als das für 15 Minuten unterbrochene Spiel. Heinrichs strahlendes Lächeln, das keinen Moment aus dessen Gesicht weicht, entschädigt ihn jedoch für alles.

„Hier.“ Er reicht dem Kleineren seine Bratwurst im Brötchen – mit viel Ketchup, wie geordert.

„Mmh~ danke.“

Schmunzelnd betrachtet Alexander den Jüngeren, wie dieser sofort in die Wurst beißt. „Na? Haben wir doch Hunger?“, neckt er ihn.

„Du weißt doch“, antwortet Heinrich mit noch vollem Mund, was ihn nicht wirklich erwachsen wirken lässt, „dass ich mir ne heiße Wurst nie entgehen lass.“

Alexander zieht eine Augenbraue in die Höhe. „Das war eindeutig zweideutig.“

Heinrich genießt und schweigt.

Zurück auf ihren Sitzen essen sie die Mahlzeit, die ihr Abendessen werden soll, fertig und haben sie gerade beendet, da sammeln sich schon wieder die ersten Spieler auf dem Platz.

Heinrich klatscht freudig in die Hände. „Aah, es ist so toll hier, Alex!“, ruft er begeistert, „Da hab ich mir auf keinen Fall zu viel von deinem Geburtstagsgeschenk versprochen, schon die erste Halbzeit hat all meine Träume wahrwerden lassen!“ Glücklich wendet er sich seinem Freund zu, der ihm schmunzelnd zuhört. „Kannst du das jetzt auch verstehen, Alex? Wir sind den Spielern so nah, und das ganze Feeling! – hast du das gespürt, bei der Nationalhymne?, hast du auch ne Gänsehaut bekommen?!“ Heinrich wartet gar keine Antwort ab, sondern greift nur nach einer Hand des Älteren. „Haach~ ich weiß gar nicht, wie ich dir dafür danken soll!“

Alexander muss leise lachen, bevor er anzüglich einen Mundwinkel hebt. „Sprich mich darauf im Hotel nochmal an, mir wird schon was einfallen.“

Heinrich knufft ihm in die Seite. „Perversling. Ich red hier von den höchsten Gefühlen der Freude und du denkst nur wieder an die niederen.“

Alexander tätschelt ihm kurz die Wange, was Heinrich nun doch wieder zum Grinsen bringt. „Aber du musst zugeben, dass dir die auch gefallen.“

„Hihi, das stimmt…“, entgegnet der Junge leise, bevor er sich wieder dem Platz zuwendet, denn seinen Freund abknutschen darf er gerade nicht.
 

Für Alexander ist die zweite Halbzeit genauso (un)interessant wie die erste. So lässt er seinen Blick wieder durchs Stadion schweifen, wenn er nicht gerade mit einem liebevollen Lächeln auf den Lippen seinen Heinrich beobachtet, der sichtlich mit jedem Pass oder Dribbling mitfiebert.

Bei seiner visuellen Erkundungstour fällt ihm einmal mehr auf, wie der deutsche Bundestrainer, als er vorne am Spielfeldrand steht, vom blonden Mann, der den Platz neben ihm auf der Bank inne hat, einen zärtlichen Klaps auf den Hintern bekommt und sich daraufhin wieder neben ihn setzt.

„Der da mit dem Schal ist doch der Bundestrainer, oder?“, wendet er sich an Heinrich.

„Jap, Jogi Löw, wieso?“

„Wer ist der Blonde da neben ihm?“

„Hansi Flick, sein Co-Trainer.“

Alexander sieht einen Moment skeptisch drein. „Hören die alle mit i auf?“

Heinrich, dem das bisher anscheinend noch nicht aufgefallen ist, stutzt einen Moment. „Tatsächlich: Schweini, Poldi, Hansi, Jogi…und da heißt es immer, Fußball wär echter Männersport…“

„Tja.“

Bevor sein Heinrich noch in eine Sinnkrise gerät, spricht ihn Alexander lieber schnell wieder an. „Eigentlich hab ich das gefragt, weil mir aufgefallen ist, dass…Hansi Jogi immer an den Hintern fasst. Ist das auch normal im Fußball?“

Der Junge muss lachen. „Jaa, bei den beiden schon – Sind sie nicht süß zusammen?“

„Ähm…“

„Ich wett mit dir, die haben insgeheim was miteinander.“

„Ahso. Aber bekannt haben Sie sich daz– “

„Pscht!“, unterbricht ihn Heinrich plötzlich und schlägt ihm, den Blick auf den Rasen gerichtet, geplantermaßen auf den Oberschenkel, trifft jedoch etwas daneben, was den Älteren ungesund aufwinseln lässt.

„Gleich hat er – ja, das sieht gut aus – ohja, sieht das gut aus…! – Tooor! Ja! Ja! Tooor, Alex! Tooor! – Und jetzt schau zu, wie sie sich anspringen!“

Selbst von seinem Heinrich angesprungen hat Alexander einige Mühe, sich auf das Geschehen auf dem Platz zu konzentrieren, aber wie die Spieler sich fast darum schlagen, den Torschützen zu umarmen, zu herzen, ihm durch die Haare zu wuscheln, das ist fast nicht zu übersehen.

„Fußball ist so schwul…“

Heinrich schaut grinsend zu seinem Freund auf. „Siehst du, und das entdeckst du erst jetzt.“

Alexander erwidert das Grinsen. „Und dein Torjubel klingt fast wie ein Orgasmus.“

Schlagartig wird der Junge rot. „D-das…“

Sein Freund beugt sich zu ihm herab, um ihm anzüglich ins Ohr zu hauchen. „Wer besorgt’s dir denn besser? Ein Tor oder ich?“

„N-natürlich du…“, bringt Heinrich heraus, und weil er dabei so süß aussieht, drückt ihm der Ältere einen Kuss auf die Wange.

Heinrich räuspert sich. „Wir wollten uns doch im Stadion zurückhalten.“

„Ist ja gleich vorbei, das Spiel, oder? Immerhin führen wir schon mit Zwei zu Null.“

Schlagartig breitet sich ein riesiges Grinsen auf dem Gesicht des Jungen aus, das Alexander etwas Angst macht.

„W-was ist?“

„Du hast „wir“ gesagt.“

„Äh…?“

„Du hast gesagt: wir führen schon mit Zwei zu Null.“

„Oh“

„Hihi, so schlecht steht es um dich also doch nicht, mein Schatz!~“
 

Seltsamerweise hat Heinrich auf die Autogrammjagd verzichtet, zu der zahlreiche andere Fans gestartet sind und sich nun wohl immer noch gegenseitig die Ellenbogen in die Rippen rammen. Alexander ist so selbstbewusst zu glauben, dass er, viel interessanter als ein Philipp-Lahm-Autogramm, der Grund für Heinrichs frühen Aufbruch aus dem Stadion ist.

Kaum auf ihrem Zimmer angekommen, reißt sich Heinrich auch schon das Trikot vom Leibe, und Alexander darf schon hoffen, aber da verschwindet sein Freund mit einem „Hast du dir schon überlegt, in welchen Club wir gehen?“ im Bad.

„Äh, ja, ich hab uns da einen rausgesucht, weil du drauf bestanden hast.“

„Jaa, natürlich hab ich drauf bestanden!“, kommt es neben einer Duftwolke Deo aus dem Bad, „In Köln muss man doch mal nen echten Schwulenclub von innen gesehen haben!“

Wenig später betritt Heinrich wieder das Zimmer, eine äußerst kurze Hotpants an, ein schwarzes, bauchfreies Top mit Rollkragen, und seine von Alexander getauften „Fick-mich-Stiefel“.

„So! Schluss mit der Hetero-Tarnung fürs Stadion!“, ruft er freudig und wirft seinem Freund einen Kussmund zu.

Lachend zieht ihn Alexander an sich und kneift ihm zärtlich in den Hintern. „Du siehst sexy aus, auch wenn du mir im Trikot genauso gut gefallen hast.“

Der Junge reckt sich zu ihm hinauf, um ihm einen Kuss auf die Lippen zu drücken. „Danke, Großer, aber genug geflirtet; zieh dich um, ich will tanzen gehn!“
 

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Damit's hier endlich mal weitergeht, ist das erst mal nur der erste Teil des Tages, das Nachtleben wird nachgeliefert ;3 - ich hoff, das Kapi gefällt euch trotzdem! X3

Tanzen. Alexander weiß noch von ihrem letzten, schon ein Weilchen zurückliegendem Discobesuch, dass Heinrich gerne und gut tanzt. Eigentlich hält er selbst ja nicht so viel davon – früher hat er sich von seiner nächtlichen Beute gerne auf die Tanzfläche ziehen lassen, ja, aber nur, um sie dann nachher ins Bett zu kriegen…

Heute darf er jedoch feststellen, dass das Tanzen mit seinem Heinrich auch richtig Spaß machen kann, denn mit ihm ist es keine gehetzte Jagd, der Junge gehört ihm ja schon, mit ihm ist es…ein Herumtollen, das ihn sogar vielleicht sein Alter für einige Minuten vergessen lässt.

Mit einem anzüglichen Lächeln schlingt ihm Heinrich die Arme um den Hals und schiebt sich zwischen seine Beine. „Du tanzt so geil, ich frag mich, wieso wir nicht öfters ausgehen.“, raunt, beziehungsweise ruft er ihm über die laute Musik hinweg ins Ohr.

Alexander lacht anzüglich. „Vielleicht, weil ich andere Dinge noch besser kann?“

Der Junge blickt angetan zu ihm auf. „Wusstest du“, fängt er dann an, „dass Fußballern nachgesagt wird, dass sie auch gut tanzen können?“

Alexander drückt ihn mit einer Hand am Steiß an sich. „Aha, du wärst also mit einem mitgegangen, wenn er dich gefragt hätte?“

Heinrich versucht, die Frage zu verstehen und nicht zu sehr auf ihre dicht aneinander gepressten, sich im Rhythmus des Beats bewegende Unterleiber zu achten. „N-natürlich nicht. – Es tanzt bestimmt keiner von denen so gut wie du!“

Grinsend lässt ihn der Ältere wieder los. „Dann bin ich ja beruhigt.“

Als sie später nach einer guten durchgetanzten halben Stunde an der Bar stehen, wippt Heinrichs Fuß immer noch mit der Musik mit.

„Aah, Köln…“, gibt er schwärmerisch von sich, „Hier laufen ja wirklich ein paar sehr interessante schwule Typen rum.“

„Hey.“

„Ich mein doch nur: interessant zum Anschauen.“, beschwichtigt er seinen Freund.

„Achso.“, entgegnet Alexander mit einem Zwinkern und beobachtet den Jungen, wie er wieder einen hastigen Zug aus seinem Strohhalm nimmt.

Er muss lachen. „Kann’s sein, dass das auch der Alkohol ist, der dich so gut drauf sein lässt, mein Schatz?“

Hastig schüttelt Heinrich den Kopf. „Quatsch! Ich war heute live bei nem Fußballländerspiel, darf jetzt mit dem sexiest man alive in der berüchtigsten Schwulenbar ganz Kölns tanzen!...“ Er schlägt kurz seine Augen nieder, bevor er mit einem verführerischen Lächeln wieder zum Älteren aufblickt. „…und später…vielleicht noch mehr Spaß mit ihm haben…natürlich bin ich da gut drauf.“

„Ich dachte“, fängt Alexander an und zieht einen Mundwinkel nach oben, „später wolltest du mir endlich den Fußballkurs für Einsteiger geben.“

„Oh, keine Sorge, dazu werden wir dann auch noch kommen.“, schnurrt der Junge förmlich.

Durch einen Typen, der sich ungefragt bei Alexander einhängt, werden sie bei ihrem Flirt gnadenlos unterbrochen.

„Na, mein Hübscher?“, flötet der Mann mittleren Alters, der seine Augenbrauen, an denen jeweils ein Piercing hängt, rasiert und seine Augen geschminkt hat, „Darf ich den verboten gutaussehenden Typen hier mal entführen?“

„Äh, nein?!“, kommt es sofort von Heinrich, und Alexander versucht sich aus dem Griff des Störenfrieds zu befreien.

„Wir haben ne feste Beziehung, ich stehe nicht zur Verfügung.“

Der Typ grinst ihn nur an. „Ja nee, is schon klar. Also? Was ist?“

Ein wenig geladen plustert sich Heinrich vor ihm auf. „Welches Wort verstehst du nicht? Fest oder Beziehung?!“

Der Fremde ist kurz überrascht, dann breitet sich die Erkenntnis auf seinem Gesicht aus. „Achsoo… Na, dann: Ich hab nix gegen nen Dreier.“

„Aber wir!!!“, kommt es gleichzeitig von Alexander und Heinrich, wohl so gereizt, dass nicht nur der Typ reißausnimmt, sondern auch die Nachbarn an der Bar ein wenig von ihnen abrücken.

Auch wenn die Gefahr also fürs erste gebannt ist, schnappt sich Heinrich gleich Alex‘ Hand. „So ein dreister Mensch…“

„Tja, du wolltest in Köln tanzen gehen…“

„So ein…ein…! Eine Unperson!“

Amüsiert über das besitzergreifende Verhalten seines Freundes, drückt ihm Alexander einen Kuss an die Schläfe.

Heinrich brummelt weiter leise Flüche vor sich hin. „Und der nächste, Alex!, der nächste, der meint, er müsste dich anmachen…!“

„Alexander!“

Während Heinrich entrüstet die Wangen aufbläst und sich an dem Tresen festkrallt, zuckt Alexander zusammen. – Alexander? Da kennt jemand seinen Namen? …Kann das Schicksal es wirklich so schlecht mit ihm meinen, dass sich gerade hier in Köln eines seiner Onenightstands herumtreibt?!?

Als er und ein geradeso beherrschter Heinrich sich herumdrehen, steht jedenfalls ein Mann ungefähr in Alexanders Alter vor ihnen, mit dunklen Haaren, die er sich in die Stirn gekämmt hat, sodass sie fast eine Gesichtshälfte verdecken. Er trägt ein enges Top, eine genauso enge Hose. Um seinen schmalen Hals hängt ein Anhänger in Form eines Kreuzes, welches sich auch bei seiner Begleitung wiederfindet, der einen Arm um ihn gelegt hat.

„Alex, hey, wie geht’s dir?!? Du hast dich ja kaum verändert! Was für ne Überraschung, dich hier zu treffen – sag bloß, du wohnst jetzt in Köln?“

Überfordert blickt Alexander sein Gegenüber an, während Heinrich wohl den Ärger über solch eine erneute Dreistigkeit herunterschluckt. „Äh, sorry, woher kennen wir uns nochmal?“

„Ich bin’s! Chris! Christian! Du böser Schlingel hast mich um meine Jungfräulichkeit gebracht.“, lacht der Dunkelhaarige und schlägt ihm spaßend gegen den Arm.

„Namen kann er sich nicht merken.“, mischt sich Heinrich ein, bemüht möglichst neutral zu klingen, „Und das andere Wiedererkennungskriterium…“, zweifelnd sieht er zu seinem Freund auf, „schränkt den Personenkreis nicht sonderlich ein, wie ich befürchte…“

Ihr Gegenüber muss lachen. „Nicht schlimm, ich hab mich auch ziemlich verändert. Aber erinnerst du dich vielleicht noch an den jungen Theologiestudenten, der ins Kloster gehen wollte?“

Alexanders Augen weiten sich betroffen.

Von Heinrich weicht plötzlich jeglicher Ärger, und als er sich wieder gefasst hat, muss er kichern, da er sieht, wie unangenehm die Situation seinem Freund nun ist. „Echt?! Du bist das?“, meint also er an den anderen gewandt, „Alex hat mir davon erzählt, aber so wie er dich beschrieben hat, wär ich niemals drauf gekommen, dass du das bist!“

„Jaaa…“, entgegnet Chris mit einem Grinsen und sieht zu Alexander auf, der immer noch nicht weiß, was er sagen soll, „Nach dieser gewissen Nacht war auch mein ganzes Leben nicht mehr das gleiche.“

„Du hast’s Studium abgebrochen, hab ich gehört, hm?“, kommt es endlich unsicher von Alexander.

„Ja, mein Vater hat‘s nicht mehr so wirklich eingesehen, mir das zu finanzieren, als ich plötzlich Interesse an Männern gezeigt hab. Naja, und ich wollte auch nicht mehr so richtig.“

„Oh, das, ähm…“

„Achwas!“, ruft der Dunkelhaarige mit einem Grinsen, „mach dir keine Vorwürfe, Mensch. Ich bin nicht vom Glauben abgefallen, keine Angst. Nein, ich vertrete die Meinung, dass auch Schwule an Gott glauben können. Martin und ich“, er schmiegt sich näher an seinen Begleiter, der kurz zum Gruß die Hand hebt, „mein langjähriger Freund und ehemaliger Pfarrer“, er gibt ihm einen Kuss, „haben die Leitung der nordrhein-westfälischen Organisation Schwul und Christ übernommen und setzen uns für mehr Toleranz in der katholischen Kirche ein. – Außerdem haben wir damit auch ein Aufklärungsprojekt gegen Aids laufen.“

„Echt?!?“, kommt es von Heinrich begeistert.

Chris nickt ihm grinsend zu, bevor er sich an Alexander wendet. „Du siehst also“, meint er und tätschelt ihm die Brust, „Du hast damals nichts falsch gemacht, sondern sogar eine gute Tat vollbracht und mir die Augen geöffnet.“

Baff sieht ihn Alexander an. „Na, super!“, lacht er, „Da bin ich erleichtert. Eigentlich hab ich mir darüber ja nie nen Kopf gemacht, aber als Jonas damals persönlich bei mir vor der Tür stand, um mir im Namen Gottes eine zu scheuern, hat mich das doch bisschen verunsichert.“

„Nein, wie gesagt“, entgegnet Martin, „Alles bestens. Ich hab dir sogar zu danken, dass du mir meinen Chris bekehrt hast; er ist ein wunderbarer Mensch, so wie er jetzt ist. – Und viel zu schade fürs Kloster!“

Lächelnd sieht Heinrich zu, wie die beiden anderen sich liebevoll küssen.

„Ich dank dir übrigens“, fängt Chris schließlich wieder an und nimmt seinem Freund das Glas ab, um einen Schluck daraus zu nehmen, „dass du damals ein Kondom benutzt hast.“

Alexander hebt erstaunt die Hände. „Das war Standard bei mir: ohne gibt’s nicht.“

„Lobenswert, aber leider nicht der Normalfall.“, entgegnet Chris, „Vor allem nicht bei solchen Überfällen.“

„Ich hab nichts getan, was du nicht wolltest!“

„Nein, natürlich nicht. Du hast mir ja auch genug Zeit gelassen, das war lieb von dir – auch wenn du nicht gerade sanft warst, als er dann mal steckte…“

Während Alexander sich unangenehm räuspert, blicken sich Martin und Heinrich ein wenig perplex an.

„Äh, wieso eigentlich war bei dir Standard?“, versucht Chris das Thema zu wechseln, als er merkt, in welche Sackgasse er gerade gerannt ist.

Sofort legt Alexander einen Arm um seinen Freund. „Ich bin mit Heinrich seit nem Dreivierteljahr zusammen und wir sind hochzufrieden mit der Monogamie.“

„Beide nen Test gemacht?“, fragt Chris nach, wie eine Mutter, die das Kind fragt, ob es auch ja die Zähne geputzt hat.

„Jap, und beide negativ.“, antwortet Heinrich.

„Bei uns zum Glück auch.“, entgegnet Martin und drückt Chris einen Kuss an die Stirn.

„Sag mal“, fängt Alexander da an, „Kann man sich da bei eurer Aids-Kampagne irgendwie beteiligen?“

„Klar!“, ruft Chris begeistert, „Martin, hol mal ein Formular raus.“

Sein Freund folgt seiner Bitte und überreicht das Blatt den anderen beiden.

„Da trägst du ein, wie viel du im Jahr spenden willst.“, erklärt Chris, „Und es geht alles mit rechten Dingen zu, versprochen!“

„Was für ein Glück, dass du als gläubiger Christ nicht lügen darfst.“, lacht Alexander.

Chris streckt ihm die Zunge raus.

„Unsre Mailadresse steht drauf“, informiert sie Martin derweil, „Also einfach ausfüllen, unterschreiben, einscannen und uns schicken.“

„Wird gemacht.“, verspricht Heinrich, und Alexander steckt sich das gefaltete Formular in die Hosentasche.

„Können wir uns ein bisschen zu euch setzen?“, will Chris schließlich wissen und stellt sein Glas schon bei ihnen auf der Bar ab.

„Klar.“, meint Alexander.

„Aber wollten wir nicht nochmal tanzen gehen, Alex?“, hat Heinrich einzuwenden.

Bevor sein Freund jedoch etwas entgegnen kann, hat Martin die Aufmerksamkeit des Jungen. „Wenn ich da vielleicht für den Moment aushelfen darf?“, meint er grinsend.

„Gerne.“, antwortet Heinrich nach kurzer Erstauntheit und folgt dem Älteren fröhlich auf die Tanzfläche.

Chris prostet Alexander zu, als er sich neben ihn an die Bar stellt. Er sagt nichts, was den anderen ein wenig verwirrt, sondern nippt nur an seinem Drink.

Nach ein paar Momenten Schweigen kommt sich Alexander ein wenig komisch vor, sodass er das Wort ergreift.

„Hast du was von Jonas gehört?“, fragt er das erstbeste, was ihm einfällt.

Chris nickt. „Ja, wir haben uns letztens getroffen, weil er unsere Organisation unterstützt. Ah! Er hat erzählt, dass er Michael demnächst trauen darf!“

Alexander sieht ihn erstaunt an.

„Michael? Sagt dir noch was, oder?“

„Jaja, natürlich.“, lacht Alexander, „Micha ist mit Heinrichs Mutter zusammen, die beiden wollen…äh, diesen Frühling, hieß es, heiraten, wir sind eingeladen.“

„Oh!“

„Ja, dann werd ich Jonas also mal wiedersehen.“

Chris erwidert sein Grinsen. „Jap, sieht so aus.“

Als Alexander darauf nichts mehr erwidert, beginnt sein Gegenüber leise zu lachen.

„Was ist?“

„Soso, Heinrichs Mutter heiratet einen ehemaligen Studienkollegen von dir. Dachte mir schon, dass er ziemlich jung ist, dein Freund.“ Chris zwinkert ihm zu.

„Naja…“

„Du stehst auf Frischfleisch, hm?“

Alexander verdreht die Augen. „Falls du darauf hinaus willst: Ich hätte ihn auch genommen, wär er keine Jungfrau mehr gewesen. – Dich übrigens auch.“

Der andere blickt ihn erstaunt an. „Echt? Ich dachte, ich war nur spannend für dich, weil ich Sex so abgelehnt hab.“

„Auch, aber das wusst ich ja noch nicht, als ich dich angesprochen hab.“

Chris antwortet hierauf nichts mehr, sondern grinst Alexander nur gefällig an. Diesem wird die Situation durch das erneut einsetzende Schweigen wieder ein wenig unangenehm.

„Und?“, kommt es da endlich vom ehemaligen Theologiestudenten, „Wohnst du jetzt in Köln, oder nicht?“

„Ah, nein, in Berlin.“

„So.“

„Bin ich letztes Jahr mit Heinrich hingezogen.“

„Ah.“

Alexander begutachtet sein Gegenüber misstrauisch. Es dauert etwas, bis Chris das scheinbar bemerkt und seinen Blick hebt, um ihm in die Augen zu schauen.

„Was ist?“, will Alexander wissen.

Der andere lacht leise und wendet sich fast beschämt ab. Er nimmt einen Schluck von seinem Drink, bevor er ihn wieder anblickt. „Ich werd nostalgisch, Alex. Anscheinend ist da noch…irgendwas zwischen uns, jedenfalls fühlt’s sich für mich so an.“

Alexander versucht nicht allzu grob zu klingen, als er lächelnd antwortet. „Für mich nicht, ehrlich gesagt.“

Chris winkt ab. „Ist auch nicht schlimm, sein erstes Mal vergisst man wohl nicht so leicht.“

Zögerlich wendet sich auch Alexander wieder seinem Drink zu. „Mhm“, meint er, „Das stimmt wohl.“, bevor er einen kräftigen Schluck nimmt.

Im nächsten Moment schlingen sich von hinten zwei schlanke Arme um seinen Bauch.

Schmunzelnd dreht er sich herum. „Na? Kann Martin tanzen?“

Heinrich blickt grinsend zu ihm auf. „Jap, aber natürlich nicht so gut, wie du.“

Und als Chris seinen Freund mit einem liebevollen Kuss wiederbegrüßt, beugt sich Alexander zu seinem Schatz hinunter und schenkt ihm einen ebenso liebevollen Kuss.
 

Gegen drei Uhr landet Alexander auf dem Hotelbett, Heinrich nimmt breitbeinig auf seinem Schoß Platz.

„Bekomm ich jetzt die Fußballeinweisung, ja?“, nuschelt der Ältere gegen die in der S-Bahn und im Fahrstuhl rosig geküssten Lippen.

„Erst muss ich noch ein ernstes Wörtchen mit dir reden, mein Freund.“, entgegnet Heinrich ungewöhnlich streng.

„Oh.“

„Chris meinte, du seist nicht mehr sanft gewesen, „als er dann mal steckte“, wieso war das bei unserem ersten Mal anders? Hab ich ein niedrigeres Schmerzempfinden als er, oder warst du bei ihm leidenschaftlicher?“

Überfordert mit dieser Frage starrt Alexander den Jüngeren erst einmal einige Sekunden schweigend an.

„Das…“, fängt er schließlich ein wenig unschlüssig an, „Das hat doch damit nichts zu tun.“

„Ach ja, womit dann?“ Der Junge blickt so verletzt drein, dass sich in Alexanders Brust alles zusammenzieht.

„Damit, dass du mir sehr viel mehr bedeutest, Heinrich.“, versucht der Ältere sich zu erklären, „Ich…du weißt gar nicht, was für eine Angst ich hatte, dir wehzutun, wie verdammt heftig ich mich zusammenreißen musste…“

Als sein Freund versucht, seinem Blick auszuweichen, fasst er ihn sanft an den Wangen. „Heinrich, so viel wie du, so viel hat mir noch nie ein anderer Mensch bedeutet, so viele Gedanken, wie über dich, hab ich mir noch über keinen gemacht. Ist es da nicht verständlich, dass ich auch beim Sex mit dir nicht mein Gehirn völlig abschalte und wie ein triebgesteuertes Monster über dich herfall?“

Zögerlich stupst Heinrich seine Nase an Alexanders. „Schon…“, gibt er von sich, und als sich seine Mundwinkel leicht heben, breitet sich auch auf Alexanders Gesicht wieder ein Lächeln aus.

„Ich liebe dich, mein Schatz.“, flüstert er, und als er feststellen darf, dass Heinrichs Augen daraufhin genauso schön glänzen, wie bei der Nationalhymne, nur eben auf andere Weise schön, da ist er ganz glücklich.

„Ich dich auch, mein Großer.“, entgegnet der Junge und führt ihre Lippen zu einem zärtlichen Kuss zusammen.

Als dieser sich intensiviert hat und Alexander seinen Freund umschlungen und enger auf sich gezogen, unterbricht Heinrich den Kuss plötzlich und blickt den Älteren schelmisch grinsend an. „Kommen wir also zur Fußballlektion“, haucht er, „bevor deine Hose zu eng wird.“

Alexander lacht atemlos auf.

„Es werden fünfundvierzig Minuten in der ersten Halbzeit gespielt, dann gibt‘s eine Viertelstunde Pause, dann folgt die zweite Halbzeit mit ebenfalls fünfundvierzig Minuten. Ist dann nach neunzig Minuten Spielzeit noch Gleichstand, geht’s in die Verlängerung.“

„Verlängerung, oho…“, kommt es mit vielsagendem Blick von Alexander, „Gefällt mir.“

„Dacht ich mir.“, entgegnet Heinrich, „Steht’s dann immer noch unentschieden, kommt’s zum Elfmeterschießen.“

„Mmmh~“

Grinsend lässt der Junge seine Hände unter Alexanders Shirt wandern und bringt ihre Lippen gefährlich nahe.

„Anpfiff.“, haucht er und presst ihre Münder aufeinander, um ihre Zungen in den ersten Zweikampf zu schicken.

Aus diesem geht keiner ersichtlich als Sieger hervor, auch wenn es nur noch ein letztes Ziehen braucht, um Alexander von seinem Oberteil zu befreien.

Genießerisch keucht der Ältere auf, als Heinrich ihm über die nackte Brust fährt. „Raffinierter Schachzug…“

„Wir spielen hier kein Schach, Alex.“, erinnert ihn der Junge grinsend und zwickt ihm zur Erinnerung in die linke Brustwarze, was ihn aufstöhnen lässt.

„Rasenschach…dachte ich…“

„Immer noch so frech.“, stellt Heinrich fest und mit einem Grinsen knöpft er Alexanders Jeans auf.

„Falls das eine Bestrafung für meine Frechheit sein soll, mein Kleiner“, fängt dieser amüsiert an, „ist sie nicht so wirklich wirkungsvoll.“

„Oh, doch.“, entgegnet der Junge schmunzelnd und freut sich über das Gesicht seines Freundes, als er ihn mit dessen Hilfe aus der Hose befreit, „Es geht mir nicht drum, dich zu bestrafen, es geht mir drum, Spaß zu haben und das Spiel zu gewinnen.“ Mit einem Zwinkern schlingt er seine Arme um Alexanders Hals, bevor er beginnt, sich in seiner knallengen Hotpants lasziv in dessen Schoß zu bewegen.

„Gute Idee.“, nuschelt Alexander und packt seinen Freund am Hinterkopf, um ihn leidenschaftlich zu küssen.

In den nächsten Minuten verliert Heinrich sein Top, seine Hose, und Alexander seine Beherrschung.

Immer noch die hohen Stiefel an, verschränkt der Junge seine Beine hinter dem Rücken des Älteren und lässt sich tiefer in dessen Schoß ziehen.

„Hah…Heinrich…“, gibt Alexander von sich, „Wie geht der schlaue Spruch? Das Runde muss ins Eckige?“

So entrüstet, wie er in dieser Situation schauen kann, blickt Heinrich seinen Freund an. „Ich bin doch n-nicht eckig!“

„Nein, bist du nicht.“, entgegnet Alexander schmunzelnd, „Aber süß.“

„Bin ich ni – ah!“

Zufrieden schaut er dem Jungen ins von Lust erfüllte Gesicht und bewegt seine Hüfte gleich weiter, während er den schmalen Körper umschlingt und in der Halsbeuge des Schwarzhaarigen eifrig Küsse verteilt.

„Schau, wie süß du bist.“, murmelt er gegen die zarte Haut.

Heinrich stöhnt zur Antwort nur auf.

„Siehst du.“

„Mehr…“

Fasziniert sieht Alexander seinem Freund zu, wie er ihm gierig entgegenkommt.

„Mehr, Alex…hah…“

Eine Hand an Heinrichs Hüfte, führt er die andere an dessen Wange und verschließt ihre Münder zu einem innigen Kuss, in den sie beide unaufhörlich hineinkeuchen, in den sie hineinstöhnen. Alexander saugt sich an Heinrichs Unterlippe fest, lässt es zu, dass der Junge ihm in seiner Ekstase die Haare zerwühlt.

„Nnnn…A-Alex…gleich…gleich…“

„Gleich…wird abgepfiffen?“, bringt der Ältere heraus.

„J-ja…jah…“

„Dann muss ich ja schauen…dass ich noch einen reinmach.“

„D-du…!“

Heinrichs Worte werden von einer Welle Lust hinfort geschwemmt, als er spürt, wie sein Freund seine Drohung wahrmacht. Stöhnend und sich in Alexanders Armen windend kommt auch er.

„Hah…du bist unmöglich.“, bringt er schließlich außer Atem heraus.

Alexander drückt ihm mit einem erschöpften, aber liebevollen Lächeln einen Kuss auf die Lippen, die Stirn und zieht ihn in eine Umarmung.

Eine Weile hört man nur ihren noch aufgehetzten Atem im Hotelzimmer, aber es dauert nicht lange, da wandern Heinrichs Hände schon wieder erkundend über den Körper seines Freundes.

„Na? Wird hier schon die zweite Halbzeit eingeleitet?“, fragt dieser zufrieden schmunzelnd.

Der Junge löst sich aus der Umarmung und blickt hinterhältig grinsend auf ihn herab. „Hmm, hab ich das vorhin vergessen zu erwähnen? Die zweite Halbzeit beginnt immer mit einem Seitenwechsel…“

Alexanders Augen weiten sich. „Oh.“

Heinrichs Grinsen wird breiter, als sich der Ältere nur durch einen Finger an seiner Brust hinab auf die Matratze drücken lässt. Gefällig nimmt er auf dem nackten Schoß Platz und bringt seinen Freund mit einigen rhythmischen Hüftbewegungen zum Keuchen.

„Hah…ich dachte, du willst tauschen.“, merkt Alexander an, doch schon im nächsten Moment hat er Heinrichs Zeigefinger auf den Lippen liegen und der Junge blickt mahnend auf ihn herab.

„Du kassierst gleich ne Verwarnung, wenn du keine Geduld hast, Schatzi.“, raunt er ihm zu, und seine Stimme löst bei Alexander eine Gänsehaut aus.

„Ich bin brav, ich versprech– “, bringt der Ältere heraus, dann verschwindet Heinrichs Finger zwischen seinen Lippen.

Mit einem Schmunzeln beginnt er, den Finger mit seiner Zunge zu liebkosen. Ein zweiter Finger folgt jedoch und schließlich ein dritter, und er muss das Schmunzeln aufgeben. Als er Heinrichs Stimme dicht an seinem Ohr spürt, die ihm ein „Jaah, so ist’s brav“ gegen die Ohrmuschel haucht, stöhnt er um die Finger herum auf.

Durch halb geschlossene Augen sieht Alexander, wie Heinrichs verwöhnte Finger sich um dessen aufragende Mitte schließen und der Junge sich mit seinem Speichel benetzt.

Sehnsüchtig streckt der Ältere seine Hände nach der nun glänzenden Haut aus, aber da schlägt sie ihm Heinrich schon weg und beugt sich rasch über ihn, eine Hand in seine Haare gekrallt. „Das war aber nicht brav, mein Lieber, gelbe Karte.“

Außer Atem starrt Alexander seinen Freund an. „D-das heißt?“, keucht er. Im nächsten Moment stöhnt er vor Lust, als ihn an der linken Wange eine schallende Ohrfeige trifft.

Als er wieder zu sich kommt, hat Heinrich seine Oberschenkel gespreizt und es sich zwischen diesen bequem gemacht. Spitzbübisch grinsend blickt er auf Alexander herab, der ihm vollkommen ausgeliefert scheint, bei dem sogar nur der Anblick dieses Grinsens und das Gefühl der Unterlegenheit eine deutliche Reaktion hervorruft.

„H-Heinrich…bitte…!“

Angetan schaut der Junge zu, wie sein Freund die Beine noch ein wenig mehr für ihn öffnet und sich ihm so in all seiner Pracht präsentiert.

„Der Gegner winselt um Gnade, ja?“

„Jah…“

„Du gibt’s also auf?“

„J-jah, Heinrich, bitte!“

Mit einem frechen Grinsen packt ihn der Junge an den Oberschenkeln. „Da muss ich dich enttäuschen, mein Schatz, Aufgeben gibt’s nicht, ein Fußballspiel dauert neunzig Minuten.“ Und mit seinem nächsten Angriff entlockt er Alexander ein lautes, ungehaltenes Stöhnen.

„Aaahnng~!!“

„V-Volltreffer“, bringt Heinrich heraus und ist wieder einmal von den Gefühlen, die ihn überkommen, überwältigt.

„Hah-Heinrich!“, fordert ihn der Ältere auf weiterzumachen, aber auch ohne diese Aufforderung hätte das gefolgt, was nun folgen muss: Heinrich fällt gnadenlos und vollkommen berauscht über seinen Freund her. Dabei macht er ein Gesicht, als wäre er derjenige, der beglückt würde, und Alexander treiben dieser Anblick und das Brennen in seinem Unterleib in den Wahnsinn.

Heftig stöhnend wirft er seinen Kopf in den Nacken, hebt seine Hüfte an, bettelt um mehr. Seine Hände krallen sich im Kissen fest, auf dem er halb liegt, seine Worte hört er schon selbst nicht mehr, während nur noch das Blut in seinen Ohren rauscht und er nur noch Heinrichs begeisterte Laute vernimmt, Heinrich…

Als es wieder klar um ihn herum wird, liegt eben jener Heinrich längs auf ihm und blickt ihn liebevoll an.

„Ich war also gut?“

„Du warst…“ Alexander sucht nach Worten und stellt fest, dass seine Stimme noch ziemlich rau klingt.

Heinrichs Lächeln wird zu einem Grinsen. „Ich musste feststellen: Wenn ich derjenige bin, der dich flachlegt, dann wist du ja doch zum triebgesteuerten Monster.“

Der Ältere hebt seine Mundwinkel. „Ist mir so rum viel lieber.“

„Hmm, gefällt mir auch ganz gut.“, gibt der Junge schelmisch grinsend zu, bevor er seinem Freund einen zärtlichen Kuss gibt.

Ein Weilchen kuscheln sich die beiden aneinander, bis sich ihre Berührungen und Liebkosungen wieder intensivieren.

„Gleichstand“, haucht Heinrich dem Älteren gegen die Wange, „Das heißt, es geht in die Verlängerung, mein Großer…“

Atemlos lachend umschlingt ihn Alexander mit seinen Armen. „Du bist unersättlich…“

„Hmmm, kann schon sein…“

„Da muss man was gegen tun.“

„Auja, find ich auch…“, flüstert Heinrich, und nur allzu gerne lässt er sich von Alexander mit dem Bauch nach unten auf die Matratze drücken.

Als sein Freund sich in all seiner Nacktheit von hinten an ihn schmiegt, schließt er genießerisch die Augen.
 

Wenig später liegen sie erschöpft nebeneinander auf dem Bett, Heinrich sind die Augen schon zugefallen, Alexander fährt ihm zärtlich durch die Haare.

„Elfmeterschießen?“, nuschelt der Junge.

„Fällt heute wegen Müdigkeit der Spieler aus.“, entgegnet sein Freund.

Heinrich ist einverstanden und lässt sich vom Älteren zudecken und fest in dessen Arme ziehen.

„Dann hätte ich aber gewonnen.“, gibt Alexander zu bedenken.

Der Junge murmelt ein erschöpftes „Von mir aus“ und zaubert seinem Freund damit ein liebevolles Grinsen auf die Lippen.
 

Am Morgen wachen sie natürlich erst so spät auf, dass sie das Frühstück längst verpasst haben.

„Wir finden schon am Bahnhof was.“, meint Alexander und sie hüpfen zusammen unter die Dusche.

Gerade noch rechtzeitig räumen sie ihr Zimmer und übergeben der Rezeptionistin den Zimmerschlüssel. Diese winkt ihnen nach der Bezahlung freudig grinsend hinterher und wünscht dem gutaussehenden Herrn mit seinem Heinrich noch einen schönen Tag.

Irritiert ziehen sie ihre Koffer zur nächsten S-Bahn-Station. „Woher weiß die deinen Namen?“, fragt sich Alexander.

Heinrich seufzt. „Vielleicht, weil du ihn gestern Nacht durchs ganze Hotel gebrüllt hast?“

„Oh.“

Am Bahnhof ergattern sie in der Tat noch ein Frühstück, Alexander bekommt sogar seinen morgendlichen Kaffee und Heinrich seinen Kakao.

Noch kurz vor Abfahrt kauft sich Heinrich eine Tüte Gummibärchen.

„Was wird das?“, hakt Alexander skeptisch nach.

Der Junge sieht grinsend zu ihm auf. „Abseitsregeln. Die Fahrt ist lang…“
 

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Jaa, der zweite Teil zum Köln-Wochenende, endlich^^' - ich hoffe, ihr habt nicht schon wieder vergessen, was im ersten Teil vorkam X'D
 

An dieser Stelle ein großes Danke an alle, die nach so langer Zeit noch Gefallen an der FF finden X33!

Alexander ist noch dabei, die Wäsche aus Köln in die Waschmaschine zu stopfen, während Heinrich ganz pflichtbewusst – natürlich nicht nur, um sich vor dem Kofferauspacken zu drücken – ihren Anrufbeantworter abhört.

Sie haben drei neue Nachrichten. Nachricht Eins.

„Guten Morgen, hier ist Goethe. Ich rufe an, weil ich gerne einen Termin mit Ihnen ausmachen würde, Herr Kleist, um die Verkaufsbilanz Ihres Buchs zu besprechen. Bitte rufen Sie baldmöglichst zurück.“

„Oooh…!“

Nachricht Zwei.

„Hallo ihr beiden, hier ist Wilhelm. Ich hoffe, ihr seid gut zuhause angekommen und hattet ein schönes Wochenende. Ich wollt euch nur daran erinnern, dass heute der Universitätsball ist, so wie ich Alexander kenn, hat er sich seine E-Mails noch nicht vorgenommen, jedenfalls die, die er von mir bekommt. Würd mich freuen, euch heute Abend zu sehen. Bis dann.“

„Uiii~“

Nachricht Drei.

„Goethe nochmals. Soeben habe ich mit Ihrem Bruder gesprochen, Alexander, und gehört, dass Sie heute Abend ebenfalls auf dem Ball sein werden. Wir unterhalten uns dort, Herr Kleist. Bis dann.“

„Ups.“

Grinsend tänzelt Heinrich zu seinem Freund ins Bad.

„Alex, wir gehen heute Abend noch aus.“

Alexander scheint sichtlich verwirrt. „W-was?!?“

„Auf den Uniball! Wilhelm hat uns eingeladen.“

„Ochnein, Heinrich, wir sind doch so müde und morgen ist Uni– “

„Ich hab mit Goethe nen Termin dort, ich muss erscheinen.“

Alexander verschlägt es die Sprache.

„Und wenn du nicht mitkommst, muss ich mich an Wilhelm halten.“

Alexanders Stirn legt sich in Falten.

„Wenn’s sein muss…“, grummelt er.

„Ooh, danke, danke!“ Freudig küsst ihm Heinrich die Hände, was den Älteren doch etwas überrumpelt und seine Stirn wieder glättet.
 

„Was ist das für ein Ball? Wieso wusst ich bis vorhin noch nichts davon?“

Seufzend steigt Alexander neben seinem Freund im Anzug, in den er sich für diesen Abend noch gequält hat, die Treppen zum Haupteingang empor. „Die Universität unterstützt eine Wohltätigkeitsorganisation, für die Caroline schon sehr lange tätig ist. Die kümmert sich um Bildungseinrichtungen in Afrika. Und du wusstest bis vorhin noch nichts davon, weil ich die letzten Jahre um diesen Termin immer glücklich herumgekommen bin.“

„Aber Alex! So was muss man doch unterstützen!“

Alexander blickt seinen Freund skeptisch an. „Einen Abend in Gesellschaft von einem Dutzend Menschen, die sich wunderbar mit Caroline verstehen? Das ist keine Grundschule in Uganda wert.“

„Ach, sei nicht so theatralisch.“, tadelt ihn Heinrich und klopft ihm aufmunternd gegen den Arm, bevor sie den Saal betreten, an dessen Türen nette Damen ihnen ein Glas Sekt und einen Spendenzettel andrehen.

Drinnen im Saal stehen ein paar Tische, es sind auch einige Sitzgelegenheiten vorhanden, aber anscheinend wird eher darauf gesetzt, dass die Gäste für kleine Häppchen und zum Tanzen hier sind, was auch das seicht aufspielende Streichquartett unterstützt.

„Den offiziellen Teil haben wir zum Glück schon verpasst.“, raunt Alexander seinem Freund zu und nickt hinüber zu Caroline, die schon rege im Gespräch mit einigen anderen Frauen ist und nicht mehr auf der kleinen Bühne steht, die mit Luftschlangen und groß auf Plakate gezogenen Fotos von afrikanischen Kindern geschmückt ist.

„Das find ich aber wirklich toll, dass sie sich für so was einsetzt.“, merkt Heinrich an.

„Ich ja auch“, lenkt Alexander ein, „aber dass man gleich so ne Show draus machen muss…“

„Alexander!“

Heinrich hat ein Déjà-vu. Nur diesmal ist es zu seiner Erleichterung keine ehemalige Bettgeschichte seines Freundes, sondern nur Wilhelm.

„Bruderherz! Heinrich! Ihr seid ja tatsächlich gekommen!“

Beide werden sie vom älteren der Humboldtbrüder in eine kurze Umarmung gezogen.

„Ja, dank Heinrich“, nuschelt Alexander leicht genervt, „bevor du’s wieder selbst erwähnst.“

Wilhelm lächelt ihn nur an. „Dank Heinrich oder von selbst, das ist mir ganz egal, wieso ich dich so bald wiedersehen darf.“ Daraufhin wendet er sich dem Jüngeren zu. „Und, ich nehme an, das Wochenende war schön?“

„Ganz wunderbar.“, antwortet Heinrich begeistert und hakt sich bei Alexander ein.

Den überkommt es bei Wilhelms Blick, die Hand des Jungen in seine zu nehmen und ihre Finger zu verschränken.

„Und für morgen seid ihr auch fit, ja?“

„Mehr oder weniger.“, entgegnet Heinrich, fürs Gespräch mit seinem Universitätsleiter ziemlich dreist.

Wilhelm lacht nur.

„Was ist denn nun mit Goethe?“, mischt sich Alexander ein. Er hat das Gefühl, je schneller die Sache mit dem Verlag geklärt ist, desto schneller kommt er ins Bett.

„Goethe? Der müsste noch dort drüben bei Frau Stein sein.“, meint Wilhelm und weist hinüber zur Bühne, neben der zwei kleine Grüppchen stehen, in der einen Caroline, in der anderen Goethe und besagte Frau.

Heinrich vermutet, es ist die mit der hochgesteckten Frisur, die eine Pelzstola über ihrem Abendkleid trägt und Goethe unaufhörlich zum Nicken bringt.

„Hm, sollen wir dann mal rübergehen, oder ist das unhöflich, ihn da zu unterbrechen?“, zögert der Junge.

Alexander weiß es besser, aber behauptet: „Nein, wieso denn?“

Wilhelm räuspert sich. „Ihr könnt euch so lange ja mit Schiller unterhalten, zu dem wollte ich gerade hinüber gehen.“

„Auja!“, kommt es von Heinrich und die Sache ist beschlossen.

Schiller, heute mit offenen Haaren, die mit ihrem Blond einen ansehnlichen Kontrast zu seinem dunklen Anzug bilden, sitzt halb auf einer der Heizungen an den großen Fenstern, von denen aus man in den Hof der Universität schauen kann, und nippt etwas lustlos an einem fast leeren Glas Sekt. Als er die drei Herren auf sich zukommen sieht, lächelt er sie jedoch an.

Heinrich mag dieses Lächeln. Es müsste aufgesetzt wirken, da der Blonde bis eben wirklich nicht so aussah, als wollte er heute Abend lächeln, aber das tut es nicht. Mit einem ganz aufrichtigen Lächeln begrüßt er alle drei mit einem Händedruck, Wilhelm und Heinrich mit einem ziemlich herzhaften.

„Wilhelm, wo warst du denn gestern Abend?! Ballett ist nicht so deins, hm? Iffland hätte deine Meinung gern dazu gehört. – Ah, und Heinrich, dich haben wir auch vermisst!“

Dieser Kommentar überrumpelt den Jungen etwas, nicht so sehr der Inhalt, vielmehr die Formulierung, sodass er erst mal kein vernünftiges Wort herausbekommt. „Oh, d-das-das…“

„Ah, tut mir Leid!“, lacht Schiller da, „Sie sehen so jung aus und du bist mir so sympathisch, da kommt das Duzen automatisch.“

Heinrich versucht seine überbordende Freude und Rührung im Zaum zu halten und läuft lediglich etwas rot an. „D-das m-macht gar nichts, H-Herr Schiller.“

„Friedrich.“, meint Schiller und reicht ihm noch einmal die Hand.

„H-Heinrich.“, bringt der Junge heraus, und Alexander ist fast ein wenig eifersüchtig, wie mädchenhaft sein Freund den blonden Schriftsteller anzuhimmeln scheint.

Gerade will er deshalb Heinrichs Autorenschaft ansprechen – gut möglich, dass nämlich auch Schiller Bescheid über Goethes Anliegen für diesen Abend weiß – aber da kommt der Verlagschef, begleitet von Caroline, die sich bei ihrem Mann einhakt, schon von alleine in die Runde.

Heinrich fühlt sich etwas unwohl, als der Ältere ihn und Alexander begrüßt, schließlich hat er ihm bei ihrem letzten Treffen noch das Wort „Idiot“ an den Kopf geworfen…

Doch Goethe scheint diese Sache schon gut verdaut zu haben, denn er lässt sich nichts anmerken und wendet sich stattdessen mit einem Lächeln und erhobenem Sektglas an ihn: „Gut, dass Sie Ihr Glas noch nicht ausgetrunken haben, Herr Kleist, stoßen wir an.“

„A-auf was…?“, hakt der Junge überrumpelt nach, da prostet Goethe ihm aber schon zu.

„Auf fünftausend verkaufte Exemplare, wir lassen eine zweite Auflage drucken.“

Heinrich blickt sein Gegenüber regungslos an. Er glaubt noch an einen Scherz, als ihm Wilhelm schon anerkennend auf die Schulter klopft.

Schillers Lachen holt ihn aus seiner Schockstarre. „Du hast schon richtig gehört, Heinrich. Ich hab mich auch gefreut, als ich das gehört hab, dass ich dich mit den Lesungen also erfolgreich unterstützen konnte.“

„A-a-aber…!“

„Glückwunsch, mein Schatz.“, gratuliert ihm Alexander entzückt und drückt ihm einen Kuss auf die Wange, „Mein Erfolgsautor.“

Heinrich wird rot.

„Und ich hab das Buch immer noch nicht gelesen.“, meldet sich Caroline zu Wort, „Wilhelm, das musst du endlich mal rausrücken.“

„Ja, doch.“

„Du bist doch schon durch damit.“

„Ich kann nun mal nicht genug von der Abdecker-Szene bekommen…“ Mit einem Zwinkern schaut er zu seinem Bruder auf, der darauf mit einem genervten Schnauben antwortet.

„Welche Abdecker-Szene?“, hakt Caroline nach, doch bevor sie Schiller, der schon dazu ansetzt, aufklären kann, lenkt Wilhelm das Thema gekonnt auf die Begrüßung der neuen Stiftungsmitglieder, die vorhin stattgefunden hat.

Während Caroline also weit ausholt und vermeintlich die gesamte Aufmerksam ihrer kleinen Runde hat, wendet sich Goethe seinem Autorenkollegen zu. „Haben Sie nun etwas gegessen?“, fragt er Schiller, was dieser verneint.

Der Ältere sieht ihn erstaunt an. „Wieso denn nicht? Sie hatten vorhin doch noch so Hunger.“

Schiller dreht sich ein wenig mehr zu ihm herum. „Ich wollte nur mit Ihnen zum Buffet, weil ich dachte, so könnten wir dem Trubel etwas aus dem Weg gehen.“

„Aber Schiller“, entgegnet der Ältere gedämpft, „Sie wissen doch, wie wichtig es ist, in Kontakt zu bleiben.“

„Natürlich.“, meint der Blonde noch, bevor er die Diskussion damit für beendet erklärt, indem er aufmerksam zu Caroline sieht.

So wendet sich auch Heinrich gedanklich deren Erzählungen zu, augenscheinlich hat er ja gar niemandem anderen gelauscht, als Carolines hochinteressanten Neuigkeiten.

„Wolltest du nicht tanzen, Liebling?“, unterbricht Wilhelm sie irgendwann, als sie eine kurze Pause macht.

Entzückt lächelt sie ihren Mann an. „Gerne.“, meint sie und lässt sich von Wilhelm auf die Tanzfläche führen.

Alexander sieht ihnen noch nach und Heinrich verspürt den Wunsch, ihnen mit seinem Freund zu folgen, da wendet sich Goethe an Schiller.

„Wollen Sie auch tanzen?“, fragt er.

Schiller blickt den Älteren nur wenig verständnisvoll an. „Goethe, wenn Sie sich weiter mit Frau Stein unterhalten wollen, dann können Sie das gerne tun und müssen mir keine Tanzpartnerin suchen. Darum kümmer ich mich bei Bedarf schon selbst.“

Jetzt sieht Goethe ein wenig verwirrt aus. Schließlich räuspert er sich nur und murmelt etwas, das so ähnlich wie „Selbstverständlich.“ klingt.

Heinrich wirft dem Verlagschef einen skeptischen Blick zu. Einen sehr skeptischen Blick, den dieser nach einigen Sekunden bemerkt. Und tatsächlich, so ertappt, wie Goethe dreinblickt, lag der Junge also richtig, was dessen eigentliche Absicht angeht.

Mit einem insistierenden Kopfnicken fordert er – unter Alexanders irritiertem Blick – sein Gegenüber dazu auf, die Sache richtig zu stellen.

Goethe ringt mit sich, aber schließlich fasst er Schiller am Arm. „Mit mir.“, bringt er heraus und erntet erst mal nur Verwirrtheit, „Also, ich meinte – Was ich sagen – Ich wollte fragen, ob Sie mit mir tanzen wollen.“

Alexander hält den Atem an, während Heinrich augenblicklich grinsen muss.

Schiller braucht einige Sekunden, dann schnappt er sich Goethes Hände und drückt sie sich sichtlich gerührt gegen die Brust. „Oh, so gerne will ich das!“, verkündet er freudig.

Der Ältere schenkt ihm ein liebevolles Lächeln und zieht ihn mit sich Richtung Tanzfläche. „Ich führe selbstverständlich.“

„Selbstverständlich.“

Alexander schaut den beiden baff nach. Als er sich wieder gefasst hat, blickt er seinen Freund skeptisch an. „Wie hast du das geschafft, hm?“

Heinrich grinst ihn nur schelmisch an.

Da huscht plötzlich jemand an ihnen vorbei, um sich mit wehendem Frack vor ihm zu verbeugen.

„Gratulation zur zweiten Auflage, Señor Gedankenstrich.“

Überrascht begrüßt Heinrich den anderen mit einem kurzen Handschlag. „Heine! Du bist auch hier?!“

„Von der Presse.“, antwortet sein Namensvetter und verweist auf das schicke Schild, das er anstecken hat.

„Oh, immer noch bei Campe? Ich dachte, du wolltest den Verleger wechseln.“

„Ich komm nicht von ihm los.“, gibt Heine mit kurz aufgesetztem gequältem Gesichtsausdruck zu, „Ach, der Meister Humboldt, n’Abend!“

„Guten Abend, bitte nicht so laut.“, begrüßt auch Alexander ihre neue Gesellschaft.

„Sie müssen ja tüchtig stolz auf Ihren Kleinen hier sein, ne?“

Bevor Alexander etwas antworten kann, hat Heinrich abgewinkt. „Fünftausend Exemplare sind ja jetzt nicht soo viel.“

„Also“, fängt Heine an und stützt sich die Hände in die Hüfte, „Für nen blutigen Anfänger wie dich ist das schon ein Erfolg.“

„Najaa, aber ohne Schiller wär das niemals– “

„Jajaja“, unterbricht ihn Heine ein wenig genervt, „Hab ich mitbekommen, wie er sich „gefreut“ hat, dass er dich mit seinen Lesungen „also erfolgreich unterstützen konnte“… Dabei bist ganz allein du, dein geniales Buch und dein unschlagbares Interview für die sensationellen Verkaufszahlen verantwortlich!“

Alexander muss leise lachen, als er an dessen Zeitungsbericht darüber denkt, kassiert von Heine dafür jedoch einen bösen Blick.

„Schon“, lenkt Heinrich ein, „Aber Schiller hatte das bei seinem letzten Buch zum Beispiel nicht nöti– “

„Schiller?!?“, kommt es von Heine, „Glaub bloß nicht, dass der ganz alleine für seinen Erfolg verantwortlich ist! Der bekommt’s von Goethe doch vorne und hinten reingeschoben!“

An dieser Stelle muss Alexander losprusten. Dieses Mal bleibt der böse Blick Heines aus, denn auch er hat anscheinend bemerkt, was er da gesagt hat.

„Na!“, versucht Heinrich seinen Namensvetter zurechtzuweisen, kann sein Kichern aber nicht ganz unterdrücken. Amüsiert schaut er hinüber zum Zweigestirn des Bestsellerhimmels, und jegliche Gehässigkeit, war sie vorhanden, weicht aus seinem Grinsen, als er sieht, wie die beiden sich zur seichten Musik über die Tanzfläche bewegen, Schiller dem Älteren stets schon fast einen Schritt voraus, obwohl dieser ihn führt, Goethe seinen Kopf an der Schulter des Blonden, wo die Locken wallen, die Augen geschlossen.

What the fuck!“, unterbricht Heine diese zauberhafte Beobachtungschance, „Das muss auf die Titelseite!“

„Scht!“, hält ihn Heinrich auf, die Kamera hervorzuholen, und blickt ihn streng an, „Als du mir damals beim Interview aus der Patsche geholfen hast, dachte ich, du seist nicht so wie die anderen sensationsgeilen Paparazzi, sondern anständig.“

Ein wenig widerwillig lässt Heine von seinem Vorhaben ab. „Hast ja Recht…“

„Es reicht ja schon, dass nicht wenige der anderen Tanzpaare die beiden schief anschauen.“, bemerkt Alexander.

„Dem sollten wir entgegenwirken.“, schlägt Heinrich vor und streckt dem Älteren grinsend seine Hand entgegen.

„Das hab ich befürchtet.“, lacht dieser, aber als Heine noch einmal versprochen hat, die Kamera den weiteren Abend unbenutzt zu lassen, lässt er sich von seinem Freund auf die Tanzfläche ziehen.

Heine schaut den beiden schulterzuckend nach.

„Naja, vielleicht bin ich irgendwann derjenige, der das Interview zum Comingout führen darf…“
 

Ball der Stiftung »Bildung für Afrika« an der Humboldt-Universität überrascht nicht nur mit neuen Mitgliedern

[…]

Darauf angesprochen meinte Goethe: „Es gibt Dinge, zu denen muss man in der Öffentlichkeit stehen, und dass ich mit Schiller lieber tanze, als mit irgendeiner Frau, ist eines davon.“

Ball der Stiftung »Bildung für Afrika« an der Humboldt-Universität überrascht nicht nur mit neuen Mitgliedern

[…]

Darauf angesprochen meinte Goethe: „Es gibt Dinge, zu denen muss man in der Öffentlichkeit stehen, und dass ich mit Schiller lieber tanze, als mit irgendeiner Frau, ist eines davon.“
 

„Aww, das hat er tatsächlich gesagt?!?“ Begeistert reicht Heinrich seinem Freund die Zeitung wieder über den Frühstückstisch zurück.

„Wenn’s hier steht, muss es ja stimmen. Glaub nicht, dass Heine sich das erlaubt, Unwahrheiten zu publizieren.“

„Das ist süß von Goethe, er hat ja doch was dazugelernt.“

Alexander blickt den Jungen kritisch an. „Naja, zusammen tanzen ist noch lange nicht…was du wieder denkst.“

„Was denk ich denn?“, fragt Heinrich unschuldig nach.

Der Ältere schlägt nur grinsend die Zeitung zusammen. „Auf, trink deinen Kakao aus, wir müssen los.“

„Jaja, ich mach ja schon…“
 

In seiner Dreivierteljeans und dem Top mit dem V-Ausschnitt steigt Heinrich wenig später zu Alexander in den Wagen.

„Hast du keine Jacke an?“, fragt dieser besorgt.

„Hab ne dünne in der Tasche.“

„Hm.“

„Soll doch so warm werden heute.“

„Ein Sonnenstrahl macht noch keinen Frühling.“

Heinrich muss lachen. „Das Sprichwort geht anders.“

„Meinetwegen.“, entgegnet Alexander grinsend und startet den Wagen.

„Du siehst jedenfalls in deinem Anzug wiedermal zum Anbeißen aus.“

„Danke, ich hoffe, das sehen die Studentinnen dieses Semester mal anders.“

Der Junge seufzt leidend auf. „Davon träumst du wohl.“

Auf dem Professorenparkplatz stellen sie den Wagen ab, wie schon letztes Semester gewohnt. Heinrich streckt sich nach dem Aussteigen und blickt sich um.

„Wir sind überpünktlich, was machst du denn jetzt noch, damit du deiner Linie des Zuspätkommens zu deinen Veranstaltungen treu bleibst?“

„Ich trink bei Wilhelm nen Kaffee.“, antwortet der Ältere mit wenig Elan.

„Aw, da wird er sich aber freuen.“ Gut gelaunt schlendert Heinrich voran Richtung Hof. „Und ich freu mich drauf, Tim wiederzusehen.“

Alexander folgt ihm schmunzelnd. „Dann grüß ihn von mir.“

„Mach ich.“

Heinrich springt die ersten zwei Treppenstufen zum Eingang hinauf, bevor er Alexander mit einem Kuss verabschiedet.

Dieser hält einen Moment inne und betrachtet seinen Freund von oben bis unten. Schließlich tätschelt er ihm grinsend die Hüfte. „Wenn ich dich so in deinen alten Kleidern betrachte, dann hast du seit letztem Sommer ja einiges zugelegt, mein Kleiner.“, lacht er und kneift ihm zärtlich in den Hintern.

Heinrich ist für einen Moment sprachlos, den der Ältere nutzt, ihm noch einen Kuss zu geben und dann an ihm vorbei mit einem „Bis später!“ die Treppe hinauf zu springen.

Der Junge bleibt am Treppenabsatz erst einmal noch einige Sekunden perplex stehen. Schließlich ist es Tim, der ihn aus seiner Trance reißt.

Mit einem „Heeyyy, Heinrich!“ fällt ihm der Rotschopf um den Hals. „Was stehst du denn hier und starrst Löcher in die Luft, wir waren doch am Haupttor verabredet!“

Heinrich fasst sich schnell und macht seiner in den letzten Minuten aufgestauten Empörung Luft: „Alex meint, ich bin fett!“

Tim blickt seinen Kumpel erst einmal einen Moment irritiert an. „Hä?!“, kommt es schließlich von ihm.

„Gerade eben!“, bekräftigt Heinrich außer sich, „Alex hat gesagt, ich bin fett!“

„Momentmoment!“, wehrt der Größere ab und fasst den anderen an den Schultern, um ihn etwas zu beruhigen, „Das hat Alex so wörtlich gesagt?“

„Jaa!“, quengelt der Junge, „Also, nein.“

„Nein?“

„Nicht wirklich.“, lenkt er ein, „Er meinte, ich hätte seit letztem Sommer einiges zugelegt.“

„Achsoo!“, entgegnet Tim da sofort und es breitet sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus.

„Klär mich bitte auf, was daran zum Grinsen ist.“

„Gerne“, meint Tim und zwinkert seinem Kumpel zu, „Wenn er das gesagt hat, dann hat er natürlich gemeint, dass du an den richtigen Stellen zugelegt hast. Dass du nicht mehr so ein Hungerhaken bist, sondern…wohlproportioniert, und er dich deswegen noch lieber flachlegt.“

Heinrich blickt den Rothaarigen nur skeptisch an. „Meinst du?“

„Bestimmt.“

„Hm.“ Unsicher schaut er an sich herunter.

Tim stöhnt genervt auf. „Also wirklich, Heinrich, was soll an dir bitte fett sein?!“

Der Junge zuckt mit den Schultern.

„Auf“, meint Tim und legt ihm einen Arm an den Rücken, „Wir sollten zum Unterricht, Eichendorff hat’s bestimmt nicht gern, wenn wir schon am ersten Tag zu spät kommen.“

„Okay. …Und ich bin wirklich nicht fett?“

„Heinrich!“
 

„Alexander, guten Morgen.“, begrüßt ihn Wilhelm, der am Fenster stand und sich in diesem Moment, als er das Büro betritt, zu ihm herumdreht.

„Morgen“, entgegnet Alexander knapp und steuert auf seinen Stuhl zu, auf dessen Lehne er sein Jackett ablegt, bevor er Platz nimmt.

Er hält inne, als er die dampfende Kaffeetasse vor sich stehen sieht, die Weihnachtstasse, von der ihm sein Heinrich liebevoll entgegenlächelt.

„Du hast noch dran gedacht.“, stellt er überflüssigerweise fest, was Wilhelm zum Lachen bringt.

„Ja, ich wusste ja, dass du es vergessen würdest.“

Alexander erwidert hierauf nichts mehr, sondern schließt seine Hände um die warme Tasse, um langsam einen Schluck zu nehmen.

Sein Bruder hat inzwischen seinen Platz am Fenster verlassen und lässt sich auf seinen Schreibtischstuhl nieder.

„Er ist einfach herzallerliebst.“, stellt er mit einem Grinsen fest.

„Wer?“

„Heinrich natürlich.“

„Auf der Tasse?“

Wieder lacht Wilhelm leise. „Das auch, ja“, antwortet er, „Ich meinte unten, auf dem Hof. Mit dir zusammen.“

Alexander hebt skeptisch seine Augenbrauen. „Jetzt bespannst du uns schon, ja?“

„Ich behalte lediglich den Überblick über mein Universitätsgelände.“, betont der ältere unschuldig.

Von Alexander bekommt er nur ein das Gesagte in Frage stellendes „Hm“ zur Antwort, bevor er noch einen Schluck nimmt.

Wilhelm betrachtet seinen Bruder dabei eine Weile, wie er aus seiner Heinrichtasse trinkt. Schließlich seufzt er erleichtert auf. „Du weißt ja gar nicht, wie froh ich über euch beide bin, Alexander. Zu wissen, dass du in festen Händen bist, in solchen wunderbaren…Das beruhigt mich.“

Alexander blickt sein Gegenüber kritisch über den Tassenrand hinweg an.

„So muss ich nicht jeden Morgen fürchten, dass du irgendwann bei mir auftauchst und ich von irgendwelchen Schwierigkeiten erfahren muss, in die du dich gebracht hast.“, erklärt Wilhelm.

Sein Bruder setzt daraufhin einen mitleidigen Blick auf. „Oh, solche Sorgen machst du dir um den guten Ruf deiner Universität?“

Wilhelm entgegnet dem Blick mit einem Schmunzeln und ehrlichen Worten. „Solche Sorgen mach ich mir um dich.“

Alexander erwidert das Grinsen halbherzig und nimmt noch einen Schluck Kaffee.

„Gibt’s was Neues bei dir?“, fragt er, als sie sich schon eine gute Minute angeschwiegen haben.

„Naja“, fängt Wilhelm an, „das Spektakulärste dieses Wochenende war, dass Gabi eine Maus haben will.“

„Eine Maus?!“, wiederholt Alexander verwirrt.

„Ja, als Haustier.“, erklärt der Ältere, „In der Schule hatte ein Mädchen anscheinend ihre Maus dabei, und Gabi ist jetzt ganz besessen davon. – Sehr zur Freude meiner Frau, die ja eine schreckliche Angst vor Mäusen hat.“, ergänzt Wilhelm amüsiert.

„Hm“, entgegnet Alexander mit einem Grinsen, „Dann weiß ich ja, was ich Gabi demnächst schenken kann.“

„Untersteh dich!“, lacht Wilhelm, „Caroline hat unserer Tochter schon angedroht, ihr Zimmer nicht mehr zu betreten, sollte da demnächst so ein Monster hausen.“

„Das heißt, Gabi muss alleine aufräumen?“

„Das war Carolines Argument, ja, aber Gabi meinte nur, das könne dann ja die Putzfrau machen.“

Alexander schmunzelt.

Wilhelm seufzt. „Vielleicht einigen sie sich noch auf einen Hamster…“

„Das wär gut.“

„Zum Glück ist es zu Gabis Geburtstag noch ein wenig hin.“

„Oh, der wäre gleich nochmal am…?“, fragt Alexander vorsichtig nach, woraufhin Wilhelm die Augen verdreht.

„Im Juli, keine Sorge, ich weis dich rechtzeitig nochmal drauf hin, wann deine Nichte Geburtstag hat.“

Alexander zuckt ein wenig beleidigt mit den Schultern. „Ich kann mir halt nicht alles merken, immerhin weiß ich, wann du und Heinrich und ich Geburtstag haben.“

„Oh, da ist ja gerade letzteres eine ziemliche Herausforderung.“

„Haha.“

Nach einem Blick auf die Uhr zieht sich Wilhelm einen Stapel Papiere vor sich und nimmt den Kugelschreiber zur Hand. „Apropos rechtzeitig darauf hinweisen“, fängt er an, „Du solltest dich so langsam auf den Weg zu deiner Stunde machen, damit du die gewohnten drei Minuten zu spät kommst, alles andere wäre für den ersten Tag doch maßlos überzogen.“

„Da hast du Recht.“, findet auch Alexander und erhebt sich also, um das Jackett wieder überzuziehen. Er hat schon die Tür geöffnet und will sich zu einer Verabschiedung herumdrehen, da ergreift Wilhelm noch einmal das Wort.

„Was war dein Thema für dieses Semester gleich noch mal?“, will er wissen.

Alexander bleibt in der Tür stehen und grinst seinen Bruder an. „Tu nicht so, als hättest du dir das nicht ganz genau gemerkt.“

„Und wenn ich’s tatsächlich vergessen hab?“, beteuert Wilhelm mit einem Schmunzeln, das genau das Gegenteil behauptet.

„Dann“, fängt Alexander an, „musst du’s wohl oder übel in deiner sorgsam verwalteten Datenbank nachschauen, denn ich werde das Wort „Homosexualität“ trotzdem nicht laut aussprechen, sonst schaut mich deine Sekretärin ganz dumm an – ha, genau so!“ Mit einem anklagenden Fingerzeig auf die alte Dame im Vorzimmer verabschiedet er sich von seinem Bruder und verlässt daraufhin unter Wilhelms Lachen die Büroräume mit einem Grinsen.
 

Der Vormittag zieht sich für Heinrich und Tim etwas; Frau Eichendorff holt in ihrer Semesterplanung sehr weit aus, sodass für den interessanten Stoff am Ende des Seminars gerade mal zehn Minuten bleiben, in denen sie ins erste Thema einsteigt.

Alexanders erste Seminarsitzung beinhaltet natürlich keine Semesterplanung, denn von so etwas hat er noch nie gehört. Er geht direkt dazu über, den Kurs über ihre bisherigen Erfahrungen mit Homosexualität auszufragen – und erhält natürlich eher verklemmte antworten, aber er nimmt sich vor, die Truppe in ein, zwei Wochen weichgekocht zu haben.
 

In der Mittagspause trifft er sich mit Heinrich, der natürlich Tim im Schlepptau hat, im Café.

„Hallo, Tim.“

„Hey.“, begrüßen sie sich knapp, bevor Alexander bei den beiden Platz nimmt und sich erst einmal in seinem Stuhl streckt.

„Hach, schön, dass es endlich wieder wärmer wird, ich bin über den Winter schon ganz blass geworden.“

Die beiden Studenten blicken ihn irritiert an. „Als wenn…“

„Oh“, fällt es da Alexander auf, da er nun zum Vergleich die beiden Jungs betrachtet, „Tim, du bekommst ja Sommersprossen!“

„Aaah!“, schreit der Rothaarige da sofort entsetzt auf und schlägt sich die Hände an die Wange, „Damit hat mich Heinrich heute Morgen schon aufgezogen, das reicht!“

„Gar nicht!“, beklagt sich der Schwarzhaarige, „Ich hab nur gesagt, dass das süß aussieht, aufgezogen hab ich dich damit doch nicht!“

Alexander muss lachen, was Tim noch roter werden lässt.

„Ist doch scheiße…“, murmelt er, „Andere werden so toll braun, wenn’s warm wird, und ich krieg so beschissene Sommersprossen…“

„Aber das sieht doch nicht schlecht aus!“, beteuert Heinrich einmal mehr, doch Tim schmollt weiter.

„Hey!“, holt Alexander eine Kellnerin herbei, „Ein Schokoladeneis bitte, für den jungen Herrn hier.“ An Tim gewandt ergänzt er: „Als Seelenbalsam.“

„Und ich?“, jammert Heinrich, „Bekomm ich nichts, weil ich…weil ich dir zu dick bin?“

Alexander blickt ihn verwirrt an. „Hä? Dick? Wie kommst du denn auf so was?“, meint er und muss lachen. „Zweimal das Schokoladeneis!“, ruft er der Kellnerin hinterher.

Heinrich grinst seinen Freund erleichtert an.
 

Der Nachmittag geht recht schnell rum. Praktische Geometrie ist dieses Semester angesagt, um das Grundstudium in Mathematik abzuschließen.

„Das ist toll!“, findet Tim, der schon immer gerne konstruiert und gebastelt hat.

„Besser als die blöden Referate in Physik…“, findet Heinrich, der zwar wusste, dass das dieses Semester auf ihn zukommen würde, sich aber immer noch nicht so recht mit dem Gedanken anfreunden kann.

Genauso wenig, wie er sich mit Eggebrecht anfreunden kann, der diesen Geometrie-Kurs nun mal leitet. Zeit für aufbauende Gespräche mit seinem Banknachbarn.

„Praktikum müssen wir bis nächstes Semester auch gemacht haben, oder?“

„Ja, meinte Eichendorff heute Morgen.“, antwortet Tim, „Hast du schon ne Idee, wo du dich bewirbst?“

„Hm.“ Heinrich muss zugeben, dass ihm das Wort „bewerben“ immer noch ein wenig Angst macht. „Nein, keine Ahnung, und du?“

„Ich dachte an ein Architekturbüro, das würd mich interessieren.“

„Klingt cool, und wenn’s dir Spaß macht, wieso nicht?“

„Herr Kleist!“ Wütend starrt ihn Eggebrecht an.

Heinrich winkt ihm nur mit einem zuckersüßen Grinsen auf den Lippen zu. „Sorry~“
 

„Aaach…“ Erschöpft lässt sich Heinrich auf den Beifahrersitz fallen und blickt Alexander mitleidserweckend an.

„Was, mein Kleiner?“, fragt dieser, während er den Motor startet und langsam losfährt.

„Ach, es war so anstrengend heute.“

„Oh, schon am ersten Tag?

„Ja.“

„Du Armer.“

„Ja, ich brauch später ganz viel liebevolle Zuneigung.“

Alexander lacht leise.

„Wie war’s bei dir heute?“, fragt der Junge schließlich.

„Ja, ganz gut. Mein Kurs geht noch ein wenig verklemmt mit dem Thema Homosexualität um, aber das wird schon noch.“

„Siehst du!“, ruft Heinrich, „Hättest du doch Tim und mich teilnehmen lassen sollen!“

„Das ist schon richtig so, wie’s ist.“, antwortet Alexander nur, da er die Diskussion darüber nicht noch einmal anfangen will.

Von Heinrich kommt dazu ein kritisches „Hm.“.

Zuhause machen sie sich zusammen an die Aufgabe, Kartoffeln zu schälen.

Nachdem kein richtiges Gespräch aufkommen will, spricht Alexander seinen Freund darauf an. „Ist irgendwas, Heinrich?“, fragt er vorsichtig.

Der Junge seufzt. „Nicht wirklich, nur…“

Der Ältere blickt ihn aufmerksam an.

„Naja“, beginnt Heinrich ein wenig widerwillig mit dem, was ihn schon den ganzen Tag beschäftigt, und schneidet mit seinem Messer kleine Furchen in die erstbeste Kartoffel, die ihm in die Finger kommt, „Wir hatten ja beschlossen, dass es gar nicht schlecht ist, wenn ich dieses Semester auch Referate halten muss, aber…ich hab ja jetzt die anderen im Kurs gesehen und die – die wirken alle so abgebrüht. Wenn ich…wenn ich da vor denen stehen muss und…die lachen mich doch aus.“

„Aber Heinrich“, fängt Alexander sanft an und nimmt ihm vorsichtig das Messer aus der Hand und erlöst somit die arme Kartoffel, „Bestimmt werden die dich nicht auslachen. Die wissen doch nicht unbedingt mehr als du, und schon gar nicht über das Thema, über das du dann referierst. Darum hältst du ja das Referat, um denen was beizubringen. Dann bist du derjenige, der den anderen überlegen ist, da musst du dir gar keine Sorgen machen.“

„Ach“, gibt der Junge nur trotzig von sich, „Wieso muss man bloß so was Dummes wie Referate an der Uni machen? In Physik! Wieso in Physik, das ist doch…ich studier ja noch nicht mal auf Lehramt!“

„Heinrich…“

„Wenn das generell im Studium so beschert ist, wieso mach ich dann nicht was – was anderes, was Handwerkliches vielleicht, irgendwas, wo ich auch wirklich was tun kann! – Bauer werden, das wär’s! Bauer müssen bestimmt keine Referate halten!“

„Aber Heinrich“ Alexander ist aufgestanden und zieht seinen Freund in eine sanfte Umarmung. „Dir macht das Studium doch ansonsten Spaß, oder? Das ist doch was für dich, du willst doch immer was Neues kennenlernen, wo geht das besser, als eben genau beim Lernen. Ich glaub kaum, dass dir die eintönige Arbeit auf irgendeinem Feld gefallen könnte, oder?“

Heinrich nuschelt nur ein „Hm…“ gegen seine Brust, an die er seinen Kopf gelehnt hat. „Ich kann vor Leuten aber nicht reden.“

„Das lernst du. Du hast schon so vieles gelernt, auch das wirst du lernen, meinst du nicht auch?“

Als der Junge nichts mehr antwortet, streichelt ihm Alexander über den Rücken und drückt ihm einen Kuss in die Haare.

„Okay.“, bringt Heinrich schließlich mit einem tiefen Seufzer heraus.

Der Ältere zieht ihn glücklich noch einmal fest an sich, bevor er ihn wieder loslässt.

Gemeinsam schälen sie weiter Kartoffeln und so langsam, merkt Alexander, wirkt Heinrich wieder befreiter. So entsteht bald endlich ein richtiges Gespräch; der Junge erkundigt sich, wie es so bei Wilhelm war, und Alexander lässt es sich natürlich nicht entgehen, nach Eggebrecht zu fragen, für den Heinrich nicht viele positive Worte übrighat. Schließlich kommt der Jüngere auf seine Mutter zu sprechen und beschließt, sie mal anzurufen, während Alexander die Kartoffeln aufsetzt und den Spinat umrührt.

„Ich bin’s, Mama.“

„Heinrich! Wie war das Fußballspiel?“

„Aw, es war großartig!“

„Das freut mich.“, entgegnet Juliane mit einem sanften Lächeln in ihrer Stimme, „Hast du ein paar Spielern die Hand schütteln können?“

„Neiin, bei den tausend Fans doch nicht, Mama! Da wird man ja zerdrückt, wenn man versucht, an die ranzukommen.“

„Achso, dann bin ich ja froh, dass du vorsichtig warst.“

„Wie geht’s Micha? Und eurem Kleinen?“

„Beiden ausgezeichnet gut.“

„Das freut mich. Und dir?“

„Naja, die normalen Beschwerden eben, die man als werdende Mutter so hat. Aber nicht mehr so schlimm, wie bei dir damals.“

„Ich…ich hab dich aber nicht getreten, oder so?“, fragt Heinrich vorsichtig nach.

Juliane lacht amüsiert. „Du hast ganz wild getreten, aber das war ja nicht schlimm.“

Heinrich grinst schief. „Naja, da war ich damals wohl schon so ein Energiebündel.“

„Das warst du, mein Liebling.“

„Hihi. – Wisst ihr denn schon, ob’s ein Junge oder ein Mädchen wird?“

„Nein, aber ich sag natürlich Bescheid, nach der Untersuchung.“

„Das wär toll.“

„Ah, aber einen Termin für die Hochzeit haben wir jetzt.“

„Oh! Wann denn?!“, ist der Junge ganz begeistert.

„Am Sonntag nach Ostern, aber ihr bekommt auch noch eine Einladungen.“, antwortet Juliane.

„Aww, das sind dann ja fast nur noch drei Wochen!“, freut sich Heinrich, woraufhin seine Mutter etwas nervös lacht.

„Bist du schon aufgeregt?“, hakt er also nach und sie muss bejahen.

„Ja, schon ein bisschen.“

„Das ist süß.“

„Ich find’s süß, dass Michael bei dem Thema genauso aufgeregt ist.“, meint sie.

„Hihi, das kann ich mir vorstellen.“

Während seine Mutter noch ein wenig über ihren zukünftigen Ehemann spricht, deutet Alexander seinem Freund an, dass das Essen gleich fertig ist.

Es dauert noch eine Weile, in der er schon den Tisch gedeckt und die Kartoffeln abgegossen hat, bis Heinrich sich von Juliane verabschiedet, Alexander noch einen Gruß ausrichtet, den dieser gleich an sie und Michael zurückgibt, und sich zum Älteren an den Tisch setzt.

„Guten Appetit.“, wünscht Alexander, als er sein Besteck aufnimmt.

„Danke, dir auch.“, entgegnet Heinrich. Ein wenig zögerlich nimmt auch er sein Besteck und schaut noch einmal zu seinem Freund auf, der sich schon das erste Stück Spiegelei in den Mund geschoben hat.

„Hm?“ Fragend blickt Alexander sein Gegenüber an.

Heinrich senkt ein wenig beschämt seinen Blick. „Bin ich…Du meintest heute Morgen, ich hätte seit letztem Jahr zugelegt. Bin ich zu dick?“

Alexanders Augen weiten sich, wie schon im Café. „Das…das heute Mittag war ernst gemeint?! Du kommst auf die Idee, ich könnte dich für dick halten?!?“

„N-naja“, antwortet der Junge etwas beschämt, „Immerhin hast du das ja heute Morgen gewissermaßen gesagt, oder nicht?“

„Aber nicht doch, Heinrich, das war doch ganz anders gemeint.“, versucht sich der Ältere zu erklären, „Ich meinte…naja, deine Wangen sind voller, und…“ Er muss ein wenig grinsen. „…dein Hintern…“

Heinrich erwidert das Grinsen mit geröteten Wangen. „Achso.“, meint er, „Und ich dachte schon, ich muss jetzt ins Fitnessstudio.“

„Auf keinen Fall.“, versichert Alexander, „Ich mag’s, wenn ich ein bisschen mehr zum Anfassen hab.“

Der Junge schmunzelt freudig und wendet sich endlich seinem Essen zu.

„Schmeckt fantastisch.“, bringt er nach den ersten Bissen heraus.

„Das freut mich.“, lacht Alexander.

Am Abend, als die beiden kuschelnd auf dem Sofa sitzen, weil sie sich für keinen Film entscheiden können, aber noch nicht ins Bett wollen, unterbricht Heinrich plötzlich den liebevollen Kuss mit einem „Mh!“, als käme ihm ein Gedankenblitz.

„Was denn?“, fragt Alexander verwirrt.

Sein Freund springt jedoch nur auf und läuft hinüber zum Regal. Mit einem Buch kommt er zurück und nimmt auf dem Schoß des Älteren Platz.

„Hier“, meint er mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht, „Die bessere Alternative zum Fitnessstudio.“

Alexander schüttelt lachend den Kopf über das Kamasutrabuch, das sie an Weihnachten von Tim bekommen haben. „Heinrich, du bist unmöglich…“
 

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Soo, endlich mal wieder ein neues Kapitel! Ihr merkt schon, das Sommersemester hat begonnen, da müssen wir uns im kalten Winter also ein wenig hineinversetzen XD
 

Für diejenigen, die’s noch nicht gesehen haben: Da VLE am 09. Januar 2013 zwei Jahre alt wird, gibt’s einen Jubiläums-Wettbewerb, bei dem es VLE-Buttons zu gewinnen gibt ;3 Würd mich freuen, wenn ein paar Leser teilnehmen würden X3

http://animexx.onlinewelten.com/wettbewerbe/wettbewerb.php?id=43296

Es ist das Klacken von Geschirr, unten in der Küche, das seine Ohren als erstes diesen Morgen erreicht, bevor dies sein Grinsen tut.

Seufzend dreht sich Alexander auf den Rücken und streckt sich. Der Abend gestern – beziehungsweise die Nacht – ist, ohne näher ins Detail zu gehen, atemberaubend gewesen. Heinrich ist atemberaubend gewesen.

Ein Blick hinüber zur anderen Seite des Bettes sagt ihm, dass der Jüngere schon auf ist. Dem Wecker nach hat Heinrich noch eine Dreiviertelstunde, bevor er los muss. Alexander hat um nichts in der Welt vor es zu verpassen, seinem Liebsten zwanzig Minuten davon beim Frühstück noch Gesellschaft zu leisten.

Er steht auf, trabt hinüber ins Bad, wo er den schlichten, goldenen Ring von seinem Finger streift und neben dem Waschbecken ablegt. Unwillkürlich muss er schmunzeln. Dreizehn Jahre sind sie jetzt mittlerweile verheiratet. Kaum zu glauben. Kaum zu glauben, dass er so spät begriffen hat, wie schön dieses Gefühl sein kann.
 

Es war bei der Hochzeit von Michael und Juliane. Ein wunderschöner Tag, Heinrichs Mutter machte trotz Babybauch im Brautkleid eine umwerfende Figur…

Nach dem offiziellen Teil waren sie draußen im Garten des Gemeindehauses, Heinrich bei seiner Mutter oder…bei Ulrike?

Alexander weiß es nicht mehr, jedenfalls stand er da alleine und beobachtete die anderen Gäste, die sich am Buffet bedienten oder schon die Tanzfläche – eine paradiesische Grünfläche im Schatten der Bäume – unsicher machten, als Jonas, der natürlich seinen alten Schulfreund und dessen Frau getaut hatte, sich zu ihm gesellte.

„Na? Hab ich unserer Wette von damals Genüge getan?“

Alexander musste lachen. „Ja, das hast du.“, antwortete er, „Der Gottesdienst war herrlich, das hast du richtig gut gemacht. Micha wird es auf keinen Fall bereuen, dich dafür engagiert zu haben.“ Mit einem Grinsen ergänzte er. „Mich hat’s auch gefreut, dass das geklappt hat, nachdem du unserer Clique schon in der Schule ja förmlich angedroht hast, uns alle mal zu trauen.“

„Ja, letztendlich wurde ja doch nach was daraus. Bei Michas erster Hochzeit hat das ja leider nicht geklappt, da seine Frau unbedingt einen katholischen Priester haben wollte…“, erinnerte sich Jonas.

Alexander grinste ihn schief an. „In Anbetracht des Eheverlaufs war es vielleicht gar nicht so schlecht, dass du es nicht warst, der die beiden getraut hat…“

Jonas seufzte. „Da hast du Recht“, meinte er, bevor wieder ein Grinsen auf seine Lippen zurückkehrte. „Aber bei dir muss ich meine Drohung ja noch wahrmachen.“

Der Größere musste erneut lachen. „Jonas, ich bin immer noch schwul. Daran hat sich in den letzten zwanzig Jahren nichts geändert.“

„Aber am Kirchengesetz.“

Alexander sah ihn erstaunt an.

Jonas blickte fassungslos zurück. „Ja, hast du dich da nicht informiert?“

„Ich…ich hatte nie eine feste Beziehung, wieso sollte ich da an Ehe denken?“

„Ja, entschuldige, schon gut.“, lenkte der Pfarrer ein. „Aber dass es eine eingetragene Lebenspartnerschaft für Homosexuelle gibt, weißt du?“

„Ja, das hab ich natürlich mitbekommen.“

„Genau, und so etwas ist jetzt auch in einigen Landeskirchen in Deutschland möglich. Zum Beispiel hier in Berlin. Nennt sich „Segnung gleichgeschlechtlicher Paare“.“

„Aha, also keine kirchliche Trauung.“, entgegnete Alexander.

„Nicht offiziell, aber wenn der Pfarrer bereit dazu ist und ihm nicht die Hände gebunden sind, kann er diese „Segnung gleichgeschlechtlicher Paare“ ein wenig aufpeppen, sodass es schon ganz nah an eine kirchliche Trauung herankommt.“

Alexander nickte und vergrub seine Hände in den Anzugshosentaschen.

Jonas zwinkerte ihm zu. „Ich wusste, es wird schwer mit dir, aber glaub mir, irgendwann stehst auch du bei mir vor dem Traualtar.“, meinte er, bevor er seinen Blick zur Seite schweifen ließ.

Als sein alter Schulfreund diesem folgte, landete er bei Heinrich, der auf ihn zukam, grinsend, strahlend, und ein unglaubliches Bild in seinem Anzug abgebend.

„Na?“, fing der Kleine an, „Willst du mich nicht zum Tanzen auffordern?“

Alexander erwiderte das Lächeln mit einem liebevollen Schmunzeln und streckte seinem Freund eine Hand entgegen. „Heinrich, darf ich um diesen Tanz bitten?“

„Selbstverständlich.“, kam es vom Schwarzhaarigen zurück und so begaben sie sich Hand in Hand hinüber zu den anderen Paaren.

Alexander nahm gar nicht wahr, dass der ein oder andere sie verdutzt ansah, denn seine ganzen Sinne waren auf Heinrich gerichtet, der mit ihm zur seichten Musik übers Gras schwebte, eine Hand an seiner Brust, wo er auch nach kurzem seinen Kopf ablegte. Der Moment war so unbeschreiblich traumhaft, dass dem Größeren, obwohl er gleichzeitig so vieles sagen wollte, die Worte fehlten.

Ein paar Takte benötigte er, um sich zu sortieren, dann kam er sich vor, wie einer, der endlich das Tageslicht erblickt hatte.

„Heinrich, ich…“, brachte er schließlich heraus.

Heinrich sah fragend zu ihm auf.

Alexander begann ein paar Mal, scheiterte aber daran, zu erklären, was gerade in ihm vorging, weshalb er schließlich einfach seinem Impuls folgte. Und plötzlich hatte er sogar eine Idee.

„Komm mit.“, bat er und zog Heinrich mit sich.

„Was? Aber…“

„Wir sind kurz weg.“, warf er noch dem Bräutigam zu, bevor sie das Gelände verließen.

Es ist dem Schwarzhaarigen nicht zu verübeln, dass er eine Erklärung forderte und ob Alexanders Lachen, das er nur als Antwort bekam, noch verwirrter und ungeduldiger wurde, aber er konnte ihn durch zahlreiche Küsse ruhigstellen, die sie auf der Fahrt austauschten, und schließlich hielt die U-Bahn auch schon „Unter den Linden“ und Alexander zog seinen Freund nach draußen.

Plötzlich war Heinrich still. – Alexander nimmt an, er hat es ab diesem Zeitpunkt geahnt. – Sie gingen aufs Brandenburger Tor zu.

Genau dort, wo der Kleinere ihm das erste Mal seine Liebe gestanden hat, blieb der Größere stehen und nahm seinen Heinrich an den Händen.

„Du…du hättest ein Schloss verdient.“, begann er, sah grinsend an den Himmel. „Oder eine Fliegerstaffel.“

Liebevoll lächelnd blickte er wieder in Heinrichs verwirrtes Gesicht. „Wenigstens tausend Luftballons.“, meinte er, bevor er den Kopf schüttelte und sich selbst zur Besinnung rief.

„Aber ich will nicht noch länger warten. Ich hab viel zu lange gewartet, Heinrich, das tut mir Leid, nur…nur wird es mir jetzt erst klar.“

„A-Alex, was? Was wird dir klar?“

Alexander legte ihm sanft einen Finger auf die Lippen.

„Das hier passiert nur einmal in deinem Leben“, begann er, „Deshalb hätte ich mir eigentlich wirklich was Besonderes einfallen lassen müssen, aber…ich hätte mich sowieso niemals entscheiden können, darum…darum stell dir einfach vor, was du willst, ein Feuerwerk, tausend Rosen, alles…alles, was du willst, solange du nur mit den richtigen Worten antwortest.“

Als sein Freund schließlich vor ihm auf die Knie ging, riss Heinrich die Augen auf. Den Klang der folgenden Worte hat er heute noch im Ohr.

„Heinrich Kleist, willst du mich heiraten?“

Der Schwarzhaarige starrte ihn daraufhin an, hielt sich eine Hand vor den Mund, fing an zu zittern, zu stottern, bevor er schließlich Alexander in die Arme fiel und ihn mit einem „Ja! Ja, ich will! Ja!“ zum glücklichsten Mann auf dieser Welt machte.
 

Ihre Hochzeit war wunderschön und unbeschreiblich, ein Ereignis, an das Alexander sich immer wieder gerne zurückerinnert.

Heinrichs Anzug, den ihm Lena geschneidert hatte, ist nicht zu übertreffen gewesen und hat seinen Liebsten mit dem seidigen weißen Stoff und den Frackenden, die in herrliche Schwanenfedern zuliefen, zum König – oder zur Königin? – des Abends gemacht.

Als sie schließlich allein waren, auf ihrem Zimmer in der malerischen Altstadt mit Burg, die sich Heinrich gewünscht hatte, und der Trubel verflogen, brach Alexander in den Armen seines nun Ehemanns in Tränen aus, so glücklich war er, dabei hatte er seit seiner Kindheit nicht mehr geweint…
 

Schmunzelnd betrachtet sich Alexander im Spiegel, als er sich die leicht ergrauten Haare trockenreibt, den Ehering auch wieder am Finger.

Sein Spiegelbild bringt ihn ins Hier und Jetzt zurück, aber dank Heinrich weiß er damit umzugehen. Welche Angst er schon mit Dreißig vor dem Altwerden gehabt hat… Sein Liebster hat es tatsächlich geschafft ihm diese zu nehmen. Wer hätte auch ahnen können, wie ernst es der Kleinere meinte, als er ihm beim ersten grauen Haar verkündet hat, dass ihn das nun noch attraktiver mache…

Trotzdem ist Alexander ganz froh, dass er schon bald nach der Hochzeit zu Tim in seinen alten Verein ist und wieder mit dem Schwimmen angefangen hat. Sonst würde er sicherlich keine so gute Figur mehr machen und auch nicht mehr so fit sein, immerhin ist er mittlerweile schon zweiundfünfzig.

Seufzend wendet er sich vom Spiegel ab und zieht sich schließlich an, um hinunter in die Küche zu gehen, wo Heinrich über der Zeitung und bei einer heißen Tasse Kakao am Tisch sitzt und nun grinsend zu ihm aufschaut.

„Oh, guten Morgen! Auch schon wach?“

„Morgen, mein Schatz.“, haucht Alexander zusammen mit einem Kuss gegen die Wange des Schwarzhaarigen, wobei er ihm mit dem Daumen den Kieferknochen entlang und übers Kinn streicht, dort wo Heinrichs Gesicht seit einiger Zeit schon ein Bart ziert, der ihm, wie der Größere immer wieder feststellen muss, ganz vortrefflich steht.

Es macht ihn erwachsener. Auch wenn der Kleine mit vierunddreißig so langsam erwachsen sein sollte…

„Ich hab dir Kaffee gemacht, müsste noch heiß sein.“

„Danke.“ Noch einen Kuss drückt er Heinrich auf den Mund, bevor er sich eine Tasse einschenkt und damit gegenüber am Tisch Platz nimmt.

„Oh“, fällt es Alexander da auf, als er die schwarzen Stecker in den Ohren des Schwarzhaarigen bemerkt. „Du trägst deine Ohrringe?“

„Wieso nicht?“

„Du weißt doch, dass Wilhelm das nicht so gern sieht, wenn du die an der Uni…“

Heinrich streckt ihm die Zunge raus. „Hast du dich jemals dran gehalten, was dein Bruder von dir verlangt hat?“

Da muss Alexander grinsen. „Nein, da hast du Recht.“

Schmunzelnd wenden sie sich wieder ihrem Brot beziehungsweise Kaffee zu.

Nach einer Weile seufzt Heinrich auf. „Gott, ich wollt bis morgen ja noch das Geschenk für Gabi kaufen…“

„Oh, stimmt, sie hat ja diese Woche Geburtstag, nicht?“

Der Kleinere sieht seinen Ehemann augenrollend an. „Schön, dass du dir wenigstens meinen Geburtstag merken kannst, wenn schon nicht den deiner Nichte…“

Alexander grinst ihn verlegen an. „Was…wolltest du denn besorgen?“

Heinrich winkt ab. „So ein Comicbuch da…sie liest doch immer noch diese Mangas, in denen die Kerle übereinander herfallen und dergleichen.“

Der Ältere muss leise lachen. „Tja, und das mit mittlerweile fünfundzwanzig Jahren.“

„Sechsundzwanzig wird sie.“, verbessert ihn sein Ehemann.

„Naja, das eine Jahr.“, entgegnet Alexander und wendet sich seiner Kaffeetasse zu, bevor ihm wieder einfällt, wieso sie gestern beim Frühstück schon über die Familie geredet haben.

„Wo wir grade beim Nachwuchs sind“, fängt er an, „Hast du nun eigentlich mit Leos Lehrerin gesprochen?“

Heinrich nickt sofort. „Ja, ich war gestern nach der Uni bei ihr.“

Erstaunt sieht der Ältere seinen Ehemann an. „Tatsächlich?“

Der Kleinere setzt genau den Blick auf, mit dem er ihn schon vor ein paar Jahren bedacht hat, als er nicht ganz glauben konnte, dass Alexander seine Aufregung nicht verstand, wenn die Grundschullehrerin seinem kleinen Bruder nicht erklären will, wie Sex zwischen zwei Männern abläuft.
 

Damals saßen sie beim Abendessen, als Heinrich berichtete, was ihm Leo anvertraut hatte.

Mit einem „Ich glaub, ich werd der Dame morgenfrüh mal einen Besuch abstatten.“ schloss der Jüngere seinen hitzigen Bericht ab.

„Wieso?“, entgegnete Alexander erstaunt, „Weil sie den Kindern in der vierten Klasse nicht erklärt, wie Schwule Sex haben?“

Genau an dieser Stelle sah Heinrich seinen Ehemann mit eben diesem Blick an. „Verteidigst du die Frau gerade?“

Alexander griff nach seiner Hand, was schon so viel wie ein Eingeständnis war. „Heinrich, das sind kleine Kinder– “

„Die grade im Unterricht lernen, wie Mann und Frau Sex haben, ja. Ist das denn – wenn man es so nennen will – weniger anstößig als der Sex zwischen Männern?“

„Nein, natürlich nicht.“, versuchte ihn Alexander zu besänftigen, „Aber wenn…wenn sie wissen, dass diese Möglichkeit besteht…“

„Wie?!“ Heinrich entzog ihm die Hand. „Alex, also bitte, von dir hätt ich ein bisschen mehr Verstand erwartet.“

Völlig baff blickte der Ältere seinen Ehemann an, doch der redete unbeirrt weiter. „Die Jungs, die da in der vierten Klasse sitzen und hören, dass sie entweder einmal eine Frau oder einen Mann lieben können, die treffen ihre Auswahl nicht nach dieser Unterrichtsstunde! Die sind schwul, oder sie sind es nicht! Und wenn sie es nicht sind, werden sie dadurch, dass sie wissen, dass es so was aber grundsätzlich gibt, nicht etwa schwul, sondern möglicherweise, wenn wir Glück haben, toleranter.“

„Du…“ Alexander lächelte ihn an. „Du hast ja Recht.“

Am nächsten Morgen hat Heinrich seine Drohung tatsächlich wahrgemacht:

Frühmorgens klopfte er an der Tür zum Lehrerzimmer an und wartete, bis ihm geöffnet wurde. Ein junger Lehrer erschien an der Tür.

„Guten Morgen, ich will zu Frau Dannauer.“

„Ein Elterngespräch?“

„Ja.“, antwortete er. Alles andere hätte zu viele Erklärungen gekostet.

„Kleinen Moment, ich schau, ob sie da ist.“

„Danke.“

Der Mann sah sich im Zimmer um, bevor er an einen der hintersten Tische ging, wo er anscheinend die Frau erblickt hatte. Frau Dannauer hatte einen blonden Bob als Haarschnitt und ihre ebenfalls akkurate Kleidung erinnerte etwas an Caroline. Heinrich seufzte. Jetzt war ihm alles klar.

„Guten Morgen.“, grüßte ihn die Frau, als sie die Tür zum Lehrerzimmer hinter sich schloss, „Waren wir verabredet?“

„Nein, ich bin wegen Leopold Haas hier.“

„Oh.“ Sie blickte ihn erstaunt an, konnte ihn anscheinend nicht richtig einordnen, denn obwohl er alt genug wäre, Leos Vater zu sein, sieht er ja viel jünger aus, als er ist. Gut möglich, dass sie Michael auch schon bei einem Elternabend zu Gesicht bekommen hatte. „Gehen wir doch ins Elternsprechzimmer.“, schlug sie vor und führte ihn den Gang entlang in einen der Räume, in dem sie an einem der Tische Platz nahm.

Heinrich wollte sich nicht setzen, er blieb ihr gegenüber stehen.

„Sie sind…?“, fing sie an.

„Ich bin der Onkel“ – für seinen kleinen Bruder waren er und Alex schon von klein auf immer seine Onkel gewesen – „Ich bin der Onkel, von dem Leo erzählt hat. Sie wissen schon, der, der mit seinem Mann auf unerklärliche Weise Liebe macht.“

Er konnte ein gehässiges Lächeln nicht verbergen, als die Frau blass wurde.

„Hören Sie“, fing er an, „Ich will hier nicht irgendeinen Schwulenverein vertreten oder Sie wegen Diskriminierung verklagen, aber ich bin der Meinung, dass Sie den Kindern solche Fragen beantworten sollten. Und ich bin mir sicher, Sie wussten die Antwort auf die von Leo.“

Dannauer hatte sich mittlerweile wieder gefasst, was ihr entschlossener Gesichtsausdruck bewies, als sie aufsprang.

„Welche Fragen ich meinen Schülern reinen Gewissens beantworten kann, das ist ganz allein meine Sache.“

„Reinen Gewissens?!“, wiederholte Heinrich ungläubig, „Das hört sich ja so an, als sei Homosexualität ein Verbrechen!“

„Jedenfalls ist es nichts für Grundschulkinder.“

„So.“, entgegnete Heinrich übertrieben erstaunt, „Über Sex aufgeklärt zu werden, ist nichts für Grundschulkinder? Wieso steht es dann auf dem Lehrplan?“

„D-das ist doch etwas vollkommen anderes!“

„Achja?! Was ist der Unterschied zwischen Sex und Sex?!?“

„D-das…!“

„Na los, erklären Sie’s mir! Was ist der Unterschied zwischen dem Sex, den Sie mit Ihrem Mann haben, und dem Sex, den ich mit meinem hab?!“

„Es ist nicht normal!“

Heinrich schnaubte. „Dann erklären Sie das so bitte Leo. Erklären Sie ihm, dass es nicht normal ist, dass zwei Menschen sich lieben. Erklären Sie ihm, dass er auch einmal nicht normal sein wird, sollte er sich in einen Mann verlieben. Dass er nicht normal ist, wenn er lieber Mozart hört, als die Musik aus den Charts. Dass er nicht normal ist, wenn er kein Fleisch isst, wenn er Angst vor Vögeln hat, wenn er sich mit anderen nachts auf Friedhöfen trifft, um Gedichte von Annette Droste-Hülshoff zu lesen.“

Frau Dannauer schwieg ihn an. Sie biss sich auf die Unterlippe.

„Gehen Sie bitte.“, kam es schließlich von ihr.

Heinrich warf ihr noch einen verächtlichen Blick zu, dann vergrub er die Hände in seinen Hosentaschen und verließ den Raum.

Gelohnt hat es sich aber: Leo berichtete ihm bald, dass ihre Lehrerin sich doch noch dazu durchgerungen habe, ihnen auch zu erklären, wie zwei Männer miteinander Liebe machen.
 

Dieses Mal ging es um ein ähnliches Problem:

„Alex, es ist wichtig, wenn über Verhütung und Geschlechtskrankheiten gesprochen wird, dabei auch das besondere Risiko für Homosexuelle zu erwähnen. Ich denke, in der achten Klasse sollte so was schon möglich sein.“

„Das stimmt.“

„Deshalb kann ich da doch nicht einfach schweigen. Die Biolehrerin war auch ganz kooperativ und hat versprochen, ihr Versäumnis in der nächsten Stunde nachzuholen.“

Schmunzelnd wirft Alexander seinem Ehemann einen anerkennenden Blick zu. Es ist jedes Mal wieder wundervoll zu sehen, wie Heinrich sich um seinen kleinen Bruder kümmert und dabei noch so konsequent zu dem steht, wer er ist.

Das ist nicht immer so gewesen.

„Willst du heute gar keine Zeitung lesen?“, fragt ihn der Schwarzhaarige auf einmal.

„Naja, nicht wenn du noch da bist. Da unterhalt ich mich lieber mit dir, mein Schatz.“, antwortet der Ältere liebevoll lächelnd.

„Hm, es würde aber was Interessantes drinstehen.“, gibt Heinrich zwinkernd zu bedenken.

„Tatsächlich?“ Nun muss Alexander grinsen. „Dann zeig mal her.“

Sofort schiebt ihm sein Ehemann das Morgenblatt hinüber, die Kulturseite aufgeschlagen, sodass der Größere gleich Heinrich auf dem Foto erkennt, der mit seinem neuen Buch in der Hand neben Goethe am Tisch sitzt.

„Wow, so ein großes Foto und so viel Text?“ Positiv überrascht starrt Alexander die Seite an.

„Das wichtigste hab ich markiert.“, wirft der Kleinere ein, ein Grinsen wie ein Honigkuchenpferd auf den Lippen.

„Moment“ Der Ältere räuspert sich, bevor er das Brillenetui von der Fensterbank nimmt und seine Lesebrille hervorholt, was Heinrichs Grinsen noch breiter werden lässt. – Nicht, weil es ihn amüsiert; davon hat er Alexander mittlerweile überzeugen können, dass er mit dem Teil auf der Nase nicht scheiße aussieht; sondern wohl aus dem unerklärlichen Grund, da ihm sein Ehemann mit Brille tatsächlich gefällt.

„Oh“, entweicht es Alexander, als er den angestrichenen Abschnitt schließlich gelesen hat, „Oh! Goethe lobt dein Buch?! In den höchsten Tönen und vollkommen ernst gemeint?!?“

Kichernd nimmt ihm Heinrich die Zeitung wieder ab. „Ja, ich bin auch höchst erstaunt. Und, wenn ich ehrlich bin, auch ein bisschen wahnsinnig stolz.“

„Das darfst du sein.“, lacht der Ältere. „Ihm gefällt deine ‚Penthesilea‘ also tatsächlich.“

Heinrich streckt ihm die Zunge raus. „Oder er will einfach nur den Fehler vom letzten Mal nicht noch einmal machen.“

Bei der Erinnerung an damals muss Alexander herzlich lachen. Ja…das war für Goethe wahrlich ein Fiasko gewesen…
 

Inspiriert vom Seminar bei Professor Eichendorff und Pfeiffer über Magnetismus und Schlafwandeln hat Heinrich vor einigen Jahren nämlich ein Werk angefangen, das von einem einfachen Mädchen handelt, welches durch eine Vision im Traum glaubt, im Ritter, der bei ihrem Vater in der Schmiede Halt macht, ihren Schicksalspartner gefunden zu haben. Vollkommen unterwürfig und fast schon lebensmüde folgt sie ihrem Ritter, der gar nicht weiß, wie er sie loswerden soll, auf langen Märschen zur Burg und sogar in den Kampf. Erst am Ende wird auch dem Ritter durch einen Traum klar, dass das Mädchen für ihn bestimmt und eigentlich die uneheliche Tochter des Kaisers ist. Der Spuk endet damit, dass der Kaiser sie als legitime Tochter anerkennt und mit dem Ritter vermählt.

‚Das Käthchen von Heilbronn‘ hatte Heinrich das Mädchen und das kleine Geschichtchen genannt und ging damit zu Goethe, der ihn regelrecht ausgelacht hat. Ein kitschiges Kindermärchen sei das. Was solle er damit? Seinen Verlag lächerlich machen? – Kommentare, die er wenige Wochen später zutiefst bereuen sollte.

Denn in seiner Verzweiflung hat sich der Schwarzhaarige nach einem Theaterabend von Iffland zu einem Umtrunk überreden lassen und ihm dabei sein Leid über den bösen Goethe und sein doch eigentlich ganz wunderbares Werk geklagt.

„Hmm…“ Schmunzelnd schlug Iffland die Beine übereinander und lehnte sich ein wenig näher zum Kleineren, während er nicht aufhörte, ihm sanft durch die Haare zu fahren.

„Ich kann mir vorstellen, dass es sich auch gut auf der Bühne machen würde…“

Fast hoffnungsvoll blickte Heinrich zum Intendanten auf. „Ja? Meinst du?“

Ifflands Grinsen wurde breiter. „Ja, jetzt wo ich genauer darüber nachdenke, bin ich sogar davon überzeugt. Meinst du, ich darf dein Manuskript mal haben und in ein Drehbuch umwandeln?“

„Das…das würdest du tun?“

„Es würde mich geradezu reizen, Süßer. Ich liebe Happy Ends.“

Freudig sah Heinrich zum Größeren auf. „Aww, danke!“, rief er begeistert und fiel Iffland um den Hals.

Lachend schob ihn der Ältere ein wenig von sich. „Halt, halt, mein Schnuckelchen, immer mit der Ruhe.“, meinte er, „Ich habe natürlich Bedingungen.“

„Oh“ Abwartend blickte ihn Heinrich an.

„Die wichtigste: Aus dem Mädchen machen wir einen Jungen.“

„Ui. Wie nennen wir ihn aber dann?“

Ifflands Grinsen war geradezu diabolisch. „Johann ‚Hänschen‘ von Heilbronn. Und der Ritter wird Friedrich heißen.“

Heinrichs Augen begannen zu funkeln.
 

„Das war aber nicht gerade die feine Art von dir und Iffland gewesen…“, lacht Alexander.

„Tja, Goethe hatte es aber nicht anders verdient.“, entgegnet Heinrich. „Und Schiller hat es sehr gefallen.“

Amüsiert kann der Ältere nur zustimmen.

„So“ Seufzend steht der Kleinere auf. „Ich muss dann, sonst komm ich noch später als die eingeplanten fünf Minuten im Hörsaal an…“

„Oh, das wollen wir ja nicht.“, meint Alexander grinsend und erwidert den Kuss, den er von seinem Ehemann bekommt, zärtlich.

„Kommst du heute auch noch hin?“, fragt ihn Heinrich.

„Ja, ich treff mich heute Nachmittag mit Professor Rettenbach. Wir sehen zusammen den Probedruck unseres Katalogs durch, um ihn dann hoffentlich bald in Druck zu geben.“

Grinsend drückt ihm der Schwarzhaarige noch einen Kuss auf die Wange. „Wunderbar. Ich freu mich schon darauf, wenn du einen mitbringst. Die Fotos aus Südamerika sind ja traumhaft geworden, auch wenn du meistens nur Gesteinsarten fotografiert hast.“

„Tja“, entgegnet Alexander schmunzelnd. „Rettenbach hätte sich als Geologe wohl auch etwas beschwert, wenn ich ihm schon anbiete, ihn mit meinem landeskundlichen Wissen bei seinem Forschungsprojekt zu unterstützen, und am Ende nur Fotos von meinem nackten Ehemann unterm Wasserfall abliefere…“

„Och, vielleicht findet sich ja irgendwann ein Anthropologe, der was damit anfangen könnte…“

Lachend gibt ihm Alexander einen Klapps auf den Hintern. „Komm, sieh zu, dass du fort kommst.“

„Nicht so frech, mein Großer.“, murmelt Heinrich und fasst seinen Ehemann an der Wange, um ihm einen neckenden Kuss zu geben, den er damit beendet, dass er ihm sanft in die Unterlippe beißt.

„Bis heute Nachmittag.“, verabschiedet er sich daraufhin und winkt dem Älteren noch einmal zu, bevor er die Küche verlässt.

Alexander schaut ihm grinsend nach.
 

Als Heinrich in seinen schwarzen Kleinwagen steigt, muss er heute dabei seltsamerweise an seinen Vater denken. Das Auto erinnert ihn immer daran, dass es gar nicht so selbstverständlich ist, wie gut er sich mit diesem Mann mittlerweile wieder versteht.

Naja, ‚gut‘ wäre hier zu viel gesagt, aber immerhin können sie ohne laut zu werden miteinander telefonieren, wenn den Alten mal wieder die Reue packt.

Als er damals aus dem Gefängnis entlassen wurde, war es Heinrich und seiner Mutter, wenn sie ehrlich waren, schon etwas mulmig zumute. Vor allem, da Juliane je gerade mit Leo schwanger war, der beste Beweis für ihr Glück, das sie nun mit einem anderen Mann gefunden hatte.

Aber es ist nichts passiert, Michael hat ihn, auch wenn es ihn einiges an Überwindung gekostet hat, sogar ins Haus gelassen, damit er sich mit seiner Ex-Frau aussprechen kann.

Dieses Gespräch verlief damals noch nicht ganz ohne hitzige Worte und einen Eingriff Michaels, aber immerhin verließ Joachim Kleist das Haus wieder freiwillig.

In den folgenden Jahren hat er dann aber überraschende Fortschritte gemacht, mittlerweile ist er mit seiner Therapeutin liiert und kommt regelmäßig in Ullis Café.

Heinrich hat er hiermit überrascht, mit dem Auto.

„Mein Sohn, du bist jetzt selbstständig, du verdienst dein eigenes Geld, es wird Zeit, das letzte Geld von deinem Sparbuch, das ich dir zu deiner Einschulung angelegt hab, in etwas Sinnvolles zu investieren.“

Und das ist dieses schnuckelige, praktische Autolein gewesen, das Heinrich ganz vortrefflich gefällt und ihn jeden Morgen ganz bequem zur Uni bringt, seinem Arbeitsplatz.

Dass es dazu kommt, hätte er vor einigen Jahren noch selbst nicht geglaubt, aber durch die häufigere Konfrontation mit der Öffentlichkeit als Autor und die Nachhilfestunden, die er Gabi und seinem kleinen Bruder in Mathe und Physik gegeben hat, hat er bemerkt, dass es gar nicht so schlimm ist, vor anderen zu reden, wenn man denn Ahnung von etwas hat, und wie gern er anderen etwas beibringt.

Eines Tages saß er dann bei Familie Humboldt beim Abendessen, zuvor hatte er Gabi gerade noch bei der Vorbereitung auf ihre Physikarbeit geholfen, da sprach ihn Wilhelm an:

„Professor Eggebrecht geht in Rente und gibt seinen Lehrstuhl auf.“

„Hm?“ Ein wenig verwirrt blickte ihn der Schwarzhaarige an, denn gerade eben hatten sie doch noch über Gabis Arbeit gesprochen.

„Frau Eichendorff wird zukünftig also die Beauftragte für Physik an meiner Universität sein.“, redete Wilhelm weiter. „Sie bräuchte aber bald wieder einen Kollegen.“

Spätestens als ihn da Caroline schmunzelnd anblickte, wurde es Heinrich unheimlich.

„Kannst du dir denn vorstellen, Professor an meiner Universität zu werden, Heinrich?“

Von da an folgte eins aufs andere: Nach seinem Master machte er sich gleich an seine Promotion, etwas von dem er vor wenigen Jahren nur hatte träumen können, aber jetzt merkte er, dass das gar kein unerreichbarer Traum war, sondern auch er das konnte. Es ist zwar höllisch viel Arbeit gewesen – auch die darauffolgende Habilitationsschrift und sämtliche Prüfungen waren nicht leichter – aber am Ende hat er es geschafft und sich auch gar nicht soo ungeschickt bei seiner ersten wirklichen Vorlesung angestellt, die er gehalten hat, auch wenn er Nächte davor gar nicht richtig schlafen konnte vor Aufregung und Alexander so seine liebe Müh mit ihm hatte…

Mittlerweile kann er selbst nur über sich schmunzelnd, wenn er zurückdenkt, so gern hat er seinen Job. Studenten quälen und Alexander es mit den Verehrerinnen ein wenig heimzahlen macht das Ganze sogar noch spannender…

Fröhlich verlässt er sein Auto, das er auf dem Professorenparkplatz abgestellt hat, und macht sich auf den Weg ins Gebäude.

Auf der Treppe läuft ihm Professor Pfeiffer über den Weg, der ihm ein offenes Lächeln schenkt und ihm selbstsicher in die Augen blickt. Vor wenigen Jahren auch noch keine Selbstverständlichkeit.

„Morgen, Heinrich. Mal wieder spät dran?“

„Besser spät als nie, Philipp. Grüße an Tim, ich ruf heute Nachmittag wegem Wochenende mal an.“

Der Ältere nickt ihm im Vorbeigehen noch grinsend zu, bevor sich ihre Wege wieder trennen.

Exakt sechs Minuten später als nach Semesterplan betritt Heinrich den Hörsaal mit einem fröhlichen „Guten Morgen“ und schaut ein paar Sekunden schmunzelnd in die schläfrige Runde, bevor er mit seiner Vorlesung beginnt, die nur kurz durch ein Kleppern unterbrochen wird, als jemand in den hinteren Reihen wohl seinen Stift fallenlässt und ihn so doch tatsächlich etwas aus dem Konzept bringt.
 

Fünf Minuten vor Schluss entlässt Heinrich seinen Kurs. Er packt seine Sachen zusammen und hofft, dass nicht wieder eine der Studentinnen auf die Idee kommt, sich auf irgendeine Weise an ihn ranzumachen. Heute hat er keine Lust dazu, da er noch einiges im Büro zu erledigen hat, bevor er am Nachmittag dann bei Alex vorbeischauen wird.

Als er jedoch aufsieht, weil er bemerkt, wie jemand zu ihm tritt, blickt er nicht in das Gesicht einer Studentin, sondern in das eines jungen Mannes mit dunklen Haaren und recht großen abstehenden Ohren, der in Hemd und dunkler Hose äußerst herausgeputzt aussehen würde, wäre er nicht so dünn. Mit großen dunklen Augen schaut er Heinrich an, einen Moment wohl sprachlos und peinlich berührt.

„Ich…“, beginnt er endlich leise, „Ich möchte mich für vorhin entschuldigen.“

Fragend muss ihn der Ältere anstarren. „Entschuldigen?“

„Ja, ich…es ist meine Schuld. Ich hab nicht aufgepasst und den Stift fallen lassen…“

„Oh, das.“, lacht Heinrich und sein Gesichtsausdruck wird sanfter. „Da muss ich mich entschuldigen, falls ich vorhin den Eindruck erweckt habe, als hätte mich das groß geärgert. Das ist doch kein Problem.“

Sein Gegenüber nickt leicht. Er scheint zu zögern.

„Darf ich…“

Erst jetzt bemerkt Heinrich, dass das, was er da so verkrampft im Arm hält, sein ‚Michael Kohlhaas‘ ist.

„Darf ich Sie um ein Autogramm bitten, Herr Kleist? Ich studiere eigentlich Jura, besuche dieses Semester aber Ihre Vorlesung, weil Sie ein so bewundernswerter Mensch sind. Ich schreibe selbst, wissen Sie – zwar nur für mich, aber…Sie sind ein großes Vorbild.“

„Oh, da bringst du mich aber in Verlegenheit.“, lacht der Ältere und will schon nach dem Buch greifen, da überlegt er es sich aber noch einmal anders.

„Weißt du was?“, meint er, „Bei der Gelegenheit könnte ich dich als Entschuldigung für dieses kleine Missverständnis zwischen uns auf einen Kaffee oder ein Eis einladen. Was meinst du?“



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Kommentare zu dieser Fanfic (373)
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Von:  Nachbarschaft
2023-01-23T20:52:33+00:00 23.01.2023 21:52
Ich liebe mir vorzustellen wie das Gleim ist
Er ist auch ein Hamster
Von:  Nachbarschaft
2023-01-23T20:51:26+00:00 23.01.2023 21:51
Ach Heinrich der kleine Hamster

Von:  -Penthesilea-
2013-11-04T22:43:06+00:00 04.11.2013 23:43
Aww, ein wundervolles Ende, für eine wundervolle Geschichte :3 <3!
Obwohl ich ja schon ein wenig traurig bin, dass es jetzt also endgültig mit VLE vorbei ist, hat mir der schöne Abschluss sehr gefallen - schließlich hatten ja alle wichtigen Personen nochmal einen ganz vortrefflichen Auftritt: Alex, Heinrich, Schiller, Hänschen ;), Iffland, Boerne (wenn er sich mit anderen nachts auf Friedhöfen trifft, um Gedichte von Annette Droste-Hülshoff zu lesen.“)... und Kafka?! Sehr süße Idee ;3 <3


Von: abgemeldet
2013-11-02T22:09:15+00:00 02.11.2013 23:09
Auch wenns so plötzlich kam ein schönes Ende :3
Und auch mich erinnert der letzte Teil an den Anfang...ich habe nur die Sorge, dass Heinrich dem Kleinen Hoffnungen macht...ohne es zu merken selbstverständlich...^^7
Schön, dass Iffland nochmal vorkam <3
Für mich ist das Ende so okay, damit kann man abschließen.
Es war schön dabei sein zu können, Danke für so viel brilliante literarische Arbeit.
Chapeau!
Von:  Ran34
2013-11-02T16:35:07+00:00 02.11.2013 17:35
Als das Thema mit dem Liebe machen von Schwulen aufkam, hab ich soooo gehofft, dass du die Szene schreibst und Gott, du hast mich nicht enttäuscht >.<
Und wie geil ist denn die Drehbuchänderung von Iffland? *sich Tränen aus den Augen wisch*
Und das Ende erinnert mich irgendwie an den Anfang von VLE, auch wenn Heinrich natürlich seinen Alex hat ;)
Hach~ wie schön, dass ich dich inspirieren konnte :3

lg~
Von: abgemeldet
2012-12-10T18:14:29+00:00 10.12.2012 19:14
Ein schönes Kapitel, am besten gefallen hat mir die Szene zwischen Alex und Willi, die beiden im Gespräch erlebe ich immer wieder gerne :3
Tut mir leid, dass ich erst so spät reinschaun konnte...^^'
Was den Wettbewerb angeht entscheide ich mich noch, kommt halt drauf an ob ich eine zündende Idee habe :)
Von:  -Penthesilea-
2012-12-04T20:34:34+00:00 04.12.2012 21:34
Awww, das war ein sehr süßes Kapitel :3~!
Ich fand's besonders toll, dass Tim mal wieder vorgekommen ist, den stell ich mir mit Sommersprossen ganz unglaublich niedlich vor X33!
Dann hoff ich mal für Alex, dass sein Kurs noch ein bisschen auftaut (aber nachdem die sich da freiwillig angemeldet haben, wird das ja hoffentlich noch werden o.O) und freu mich schon auf das nächste Kapitel <3~!
Von:  Ran34
2012-12-04T18:06:14+00:00 04.12.2012 19:06
„Ein Sonnenstrahl macht noch keine Frühling.“
->keinen
...und erhält natürlich eher verklemmte antworten, aber er nimmt sich vor, die Truppe in eins zwei Wochen weichgekocht zu haben.
-> ein, zwei Wochen

*lach*
Heinrich beschwert sich, dass er zu dick ist, will aber schwanger werden :P
Gott, ich finde das Kapi mal wieder absolut süß und möchte mehr von den beiden! *sie anschmacht*
Ich war ja schon am überlegen, meine Meerschweinchen nach ihnen zu benennen, aber da nun noch zwei Weibchen dazugekommen sind, wird da nichts draus :P
Ich hoffe, dass wir schnell weiterlesen können :3

lg~
Von:  BloodyMary1342
2012-12-04T16:45:57+00:00 04.12.2012 17:45
*-*
wie toll! <3
Ich hab schon so auf ein neues Kapitel gewartet ;D
Und es ist wie immer echt toll. Ich finde es sooo süß, dass Heinrich sich wirklich sorgen macht, dass er zu dick sein könnte und auch wie sich Tim für seine Sommersprossen schämt^^
Und das Wilhelm so glücklich ist, dass sein Bruder endlich eine Feste Beziehung hat und die beiden sogar ein bisschen bespannt finde ich auch total süß son ihm! :D

LG Yuki
Von: abgemeldet
2012-10-23T16:42:26+00:00 23.10.2012 18:42
Ich gebe Ran recht, die Stimmung ist beruhigend und entspannend, wirklich schön.
Ich musste so grinsen, als die v. Stein vorkam (auch wenn hier nur Frau Stein war^^)
und, dass Schiller offenbar sogar ein bisschen eifersüchtig auf sie ist *gg*
ich drück Heine auch die Daumen fürs Interview (nicht nur um Heines Willen, auch ich will das lesen :P)


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