Zum Inhalt der Seite

Venia Legendi Eudaimonía

Die Erlaubnis zu lehren wie man glücklich ist
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Am Morgen des ersten Weihnachtsfeiertags weiß Heinrich im ersten Moment nicht, wie ihm geschieht. Fetzen eines Traums schwirren ihm im Kopf herum, ein Bauchnabel – wieso ein Bauchnabel? Apropos… Er spürt eine Last auf seinem Bauch, wie als wenn…

Gott, er ist schwanger!

…Nein, Alexander liegt mit seinem Kopf auf seinem Bauch.

Heinrich muss grinsen. Auch ein schönes Gefühl. Aber in seinem Traum, da war er definitiv schwanger. Von seinem Alex…

Er seufzt.

Alexander rührt sich ein wenig.

Wie eine schwangere Frau sich über den Bauch streicht, streicht er durch Alexanders Haare.

„Gut.“, meint der Junge und betrachtet seinen Freund, als wenn nur der es ihm verboten hätte, schwanger zu werden, „Wenn ich keine Frau sein kann, dann werd ich dir dein Mann sein. Aber so richtig Mann.“

Alexander grummelt etwas. Blinzelt. „Hm?“

Heinrich muss kichern.

Er räuspert sich. Nein, halt, Kichern ist unmännlich.

„Ich hab geträumt, dass ich schwanger bin.“

„Oh.“ Erstaunt, aber ebenso belustigt sieht Alexander zu ihm auf. „Von mir?“

„Von Wilhelm.“

„W-was?!?“

„Natürlich von dir!“

Erleichtert lässt der Ältere seinen Kopf wieder gegen seinen Bauch sinken, hinab auf Schneewittchens Kleid. „Hmm…so wie er gestern mit dir geflirtet hat, wär so ein Alptraum aber nicht verwunderlich gewesen…“, nuschelt er.

„Geflirtet?!?“, wiederholt Heinrich entsetzt, „Wann?!“

„Da im Salon mit deiner Schleife…“

Als Alexander von der Brust zu seinem Freund aufblickt, ist dieser knallrot im Gesicht.

„Was ist?“, fragt der Ältere.

„N-nichts.“

Alexander sieht ihn skeptisch an. „Was denkst du?“

Heinrich schüttelt den Kopf. „Quatsch!“ Er muss lachen. „Wie kommst du auf so was! Wilhelm ist nicht schwul.“

„Nein.“

„Und ich bin immer noch ein Mann!“

Auf Alexanders Gesicht legt sich ein Lächeln. „Stimmt.“, sagt er.

„S-stimmt?!? Das fällt dir jetzt wieder ein, weil ich‘s grad erwähn?!“

„Och, Heinrich…“, entgegnet sein Freund und wirft sich neben ihn auf die Matratze, um ihn auf sich zu ziehen.

Er küsst ihm den Hals und die Wangen. Reibt seine eigene Wange fast schnurrend an die schwarzen Koteletten des anderen. „Du bist sehr wohl ein Mann. Ein ganz bezaubernder Mann. …Ein Mann im Disney-Pyjama.“

Zur Strafe beißt ihm Heinrich in den Hals.

„Au!“

Lachend leckt ihm der Junge über die gerötete Stelle, bevor er sich dort festsaugt.

„H-Heinrich, nicht!“

Schmunzelnd bringt ihn Alexander von sich ab, indem er ihn wieder unter sich auf die Matratze rollt. „Lass das, wenn du Caroline nicht auf die Idee bringen willst, wir hätten unanständige Sachen in ihrem Gästebett getrieben.“

„Hihi, das denkt sie nach gestern Abend doch sowieso schon.“

„Pschh.“, kommt es da von Alexander und er richtet sich etwas auf.

Im nächsten Moment klopft es tatsächlich an die Tür.

„Ja?“

Die Tür geht auf und Wilhelm schaut ins Zimmer. „Guten Morgen, ihr beiden.“, wünscht er.

„Morgen.“, brummelt Alexander.

„Guten Morgen, Wilhelm!“, entgegnet Heinrich.

Alexander beobachtet misstrauisch den Blick seines Bruders, der sich noch um einiges aufhellt, als er zu dem Jungen wandert.

„Ein Disney-Schlafanzug…“

Heinrich läuft rot an, und Alexander zieht die Decke etwas höher.

„Ich dachte mir schon, dass die Geschenkidee für Gabi auf keinen Fall von meinem Bruder kommen konnte.“

Alexander bedenkt ihn mit einem mahnenden Blick, der so viel heißen soll wie „Verschwinde endlich wieder!“, aber Wilhelm bleibt in der Tür stehen.

„Gabi hat sich wirklich sehr darüber gefreut. Danke.“

„K-keine Ursache.“, entgegnet Heinrich ein wenig schüchtern.

Wilhelm muss lachen. „Da sahst so anders aus, im Theater in deinem Anzug.“

„Das, ähm…“

„Hey, pass auf was du sagst, Wilhelm.“

„Nein, das war keineswegs negativ gemeint!“, entgegnet Wilhelm rasch.

Lächelnd wendet er sich wieder dem Jungen zu. „Hat Alexander dir schon mal gesagt, dass er diese Vielseitigkeit an dir sehr liebt?“

Überfordert blickt Heinrich zu seinem Freund auf, der seinen Bruder entsetzt anstarrt – zu Heinrichs Entzücken mit geröteten Wangen.

„Ja“, antwortet er leise und schmiegt sich mit einem Lächeln etwas näher an Alexander, „das hat er.“

Wilhelm schenkt ihnen beiden ein Grinsen. „Manchmal hab ich das Gefühl, dass mein Bruder dich gar nicht verdient hat.“, meint er, bevor er wieder nach der Türklinke greift, „In einer halben Stunde gibt’s Frühstück.“

Als die Tür wieder geschlossen ist, gibt Alexander ein Schnauben von sich.

„Er hat’s schon wieder getan.“, grummelt er.

Aber Heinrich hört ihm nicht zu, sondern schnurrt nur an seiner Brust.

„Oh, Alex, du hast so eine nette Familie…ich bin so froh, dass sie mich einigermaßen mögen.“

„Einigermaßen?!?“

Da springt plötzlich die Tür erneut auf und eine Gabriele mit offenen Haaren und immer noch in ihrem Hannah-Montana-Schlafanzug stürmt den Raum.

„Heinriiiiiiiiich!!“, ruft sie und wirft sich dem Jungen in die Arme, „Bist du jetzt schwanger, ja? Bist du jetzt schwanger?“

„Gabi!“, kommt es von Caroline, die draußen den Gang entlangrennt.

Alexander lässt sich seufzend zurück in die Kissen fallen.

Gabriele und Heinrich tun es ihm gleich.

„Awwww, Schneewittchen!“

„Jaha, aber ich hab auch einen von Ariel und einen von den Aristocats.“

„Uhhh, kannst du mir einen mit nem hübschen Prinzen drauf zu Ostern schenken?!“

„Gabi!“ Eine entsetzte Caroline erscheint in der Tür und bedeutet ihrer Tochter, schnellstmöglich zu ihr zu kommen.

Lachend nimmt Alexander die Kleine in den Arm. „Sie ist ein Mädchen, Caro. Was soll da passieren?“

„D-du…!“

„Einen wunderschönen guten Morgen, Caroline!“, wünscht Heinrich der Hausherrin mit einem überschwänglich freudigen Grinsen, „Wir bringen Gabi dann mit zum Frühstück.“

„O-okay…“, bringt sie heraus und schließt zögerlich die Tür.

„Heinrich kann zaubern!“, ruft das Mädchen freudig und klatscht in die Hände, wobei sie ihrem Onkel die Ellenbogen in den Bauch rammt, „Er hat Onkel Alex verzaubert und jetzt verzaubert er auch noch Papa und Mama!“

Heinrich lächelt sie beschämt an.

„Und was ist mit dir?“, fragt Alexander neckend.

Sie quiekt auf, als er ihr in die Seite zwickt.

„Hat er dich auch schon verzaubert, ja? Hat er dich auch schon verzaubert?“

Kichernd versucht Gabriele seiner Kitzelattacke zu entkommen und flüchtet sich schließlich zu Heinrich, den sie ihrem Onkel in die Arme schubst. „Neues Kitzelopfer!“, ruft sie und zwickt Heinrich in den Hintern.

Alexander braucht sich das nicht zweimal sagen zu lassen und stürzt sich auf seinen Freund.

Lachend und um Gnade flehend wird Heinrich von den beiden anderen auf der Matratze vergraben, doch sie hören erst auf, als Gabriele genug hat.

Blinzelnd sieht sie zu ihrem Onkel auf. „Bist du auch kitzlig?“

Alexanders Augen weiten sich, doch da ist es schon zu spät.
 

Während Alexander ins Bad ist, liegen Heinrich und Gabriele noch im Bett. Nicht lange, denn da beschließt das Mädchen, spicken zu gehen.

Sie zieht Heinrich mit sich auf den Flur, schleicht sich auf leisen Sohlen an und beugt sich hinab zum Schlüsselloch.

„Und?“, flüstert Heinrich, „Siehst du was?“

„Ich glaub, er duscht.“

„Super, das hört man ja auch.“

„Dann schau du doch!“

Gerade als Heinrich sich zum Schlüsselloch hinabbeugt, wird die Tür aufgerissen.

Schmunzelnd sieht Alexander auf seinen knallrot angelaufenen Freund hinab, nur ein Handtuch um der Hüfte; in der Dusche läuft schon das Wasser.

„Na?“

„Ä-äh, das war Gabis Idee!“

Der Ältere schüttelt den Kopf. „Also wirklich, Heinrich, und es dann noch aufs unschuldige, kleine Kind schieben.“

Gabriele nickt heftig.

Alexander gibt dem Jungen einen Kuss, der ihn dem Älteren sofort ins Bad folgen lassen will, doch sein Freund schmeißt mit einem gehässigen Lachen rasch wieder die Tür vor seinem Gesicht zu.

„Hihi, das nenn ich ne Abfuhr.“, kommt es von Gabriele.

Heinrich sieht sie warnend an.

„Ooh, tut mir ja Leid für dich, es war nicht so gemeint.“, korrigiert sich Gabriele sofort und nimmt ihn am Arm, „Lass uns in mein Bad gehen!“
 

Heinrich ist weniger darüber erstaunt, dass Gabriele ein eigenes Bad besitzt, vielmehr darüber, dass es nicht rosa gefliest ist. Das Babyblau und Weiß ist sogar erträglich.

„Du kannst gern duschen, ich zieh mich nur um.“, meint die Kleine und läuft zum Waschbecken, „Siehst du, die Dusche hat auch so ein Milchglas, dann kann ich dir nix abkucken.“ Sie wirft ihm ein schelmisches Grinsen zu.

„Äh, okay.“, meint er und zieht sich etwas zögerlich das Oberteil über den Kopf.

Gabriele blinzelt ihn begeistert an.

„Ähm, wenn du dich vielleicht…Deine Mutter hat das bestimmt nicht gerne.“

„Oh, ja!“, scheint es dem Mädchen da wieder brühendheiß einzufallen, „Mami hat ja gemeint, nackte Männer sind erst was für mich, wenn ich achtzehn bin!“ Sofort schließt sie ihre Augen und bedeckt sie mit ihren Händen.

Als Heinrich an seinen Hosenbund greift, zuckt ihr kleiner Finger nach oben und sie spickt hervor.

„Was?“

„Fällst du überhaupt unter die Kategorie Mann?“

Heinrich atmet frustriert aus.

„Hihi, war nicht ernst gemeint.“, meint sie und wendet sich ab.

Der Junge dreht sich ebenfalls um, bevor er sich auszieht, und schaut, dass er rasch die Duschtür hinter sich schließt.

„Entzückender Hintern!“, ruft Gabriele kichernd.

„Du Schlingel!“, entgegnet Heinrich, bevor er das Wasser anstellt. Er muss die Duschbrause etwas nach oben schieben.

Was er jedoch nicht bedacht hat: Sowohl Shampoo als auch Duschgel beinhalten eine Mischung aus Rosen- und Kokosduft.

Er stößt einen weiteren frustrierten Seufzer aus.
 

So wunderbar duftend erscheint Heinrich zum Frühstück, was Caroline positiv überrascht, Wilhelm entzückt und Alexander…sehr amüsiert. Erst findet das Heinrich gar nicht lustig, aber als er merkt, dass Alexander die Spötteleien nur dazu nutzt, ein anderes Bedürfnis zu überspielen, das sich darin äußert, dass er ihm ab und zu durch die Haare fährt, den Nacken küsst oder ihm eine Hand auf den Oberschenkel schiebt.

„Beim Mittagessen sitzen wir wieder wie gestern Abend.“, beschließt Caroline mit finsterem Blick.

Alexander grinst sie an. „Du solltest dich nicht beschweren, sondern auch mal die Situation nutzen.“

Sie sieht ihn empört an, doch Wilhelm lacht nur und gibt ihr einen Kuss auf die Wange.

Gabi quietscht erfreut auf.
 

Nach dem Frühstück reißt sie ihren Heinrich sofort mit sich ins Nebenzimmer, wo ein paar Bücherregale stehen, eine große gläserne Schiebetür hinaus in den verschneiten Garten führt, und vor allem sich das elektronische Aufgebot des Hauses versammelt. Große Lautsprecherboxen stehen neben dem Fernseher, an den Gabrieles Wii angeschlossen ist.

„So, jetzt spielen wir Rapunzel!“

„Auja!“

„Ich will aber Flynn sein, du bist die Rapunzel!“

Der nächste frustrierte Seufzer entweicht dem Jungen heute. Das Mann-sein muss er wohl erst mal verschieben…
 

Während Caroline in der Küche schon alles fürs Mittagessen vorbereitet, unterhalten sich Alexander und Wilhelm ein wenig über dies und das. Immer wieder kommen sie auf Heinrich zu sprechen.

„Ich glaub, sein Buch muss ich mir gleich nach Weihnachten zulegen.“, meint der Ältere, „Und das waren wirklich Schillers Worte?“

Alexander zuckt mit den Schultern. „Keine Ahnung, ich war nicht dabei. Aber sonst würde es Goethe ja nicht so schreiben.“

„Das stimmt.“

Alexander nickt. „Ähm...“, fängt er schließlich vorsichtig an, „Weißt du Genaueres, was es mit der Beziehung der beiden auf sich hat?“

Wilhelm sieht ihn erstaunt an. „Solltest du das als Philosoph nicht– “

„Jaja, ich weiß.“, unterbricht ihn sein Bruder, „Aber…sie wohnen jetzt zusammen und…Hat Schiller nicht einen ungeheuren Einfluss auf Goethe?“

Der Ältere muss lachen. „Wenn dein Heinrich mich fragt, ob ich Eggebrecht nicht rausschmeißen kann, dann mach ich das auch sofort für ihn. Ohne dass dazu irgendeine, gar körperliche Gegenleistung nötig ist.“

Alexander zieht die Augenbrauen zusammen. „Na, das hoff ich aber für dich! – U-und für ihn würdest du Eggebrecht entlassen?!? Ich hab dich schon tausendmal darum geben!“

Wilhelm muss erneut lachen. „Ich hab dich ja auch lieb, mein Brüderchen.“

„Aber nicht so lieb wie meinen Freund. Das sollte mir Sorgen bereiten.“

Der Ältere seufzt. „Schiller ist eben eine beeindruckende Persönlichkeit. Und wenn seine ganze Aufmerksamkeit nur dir gehört, du weißt, dass er dich…verehrt!, dann kannst du nur „Ja und Amen“ sagen, auch wenn du Goethe heißt und von Natur aus ein alter Sturkopf bist.“

„Ein genialer Sturkopf.“, ergänzt Alexander.

„Ja, gut, das muss man ihm lassen.“, gibt Wilhelm zu, „Aber du konntest ja schon immer mehr mit ihm anfangen, als ich.“

„Und du mehr mit Schiller.“

Wilhelm nickt schwärmerisch. „Er war ein traumhafter Dozent…Inhaltlich konnte er den Studenten erzählen, dass das Gras grün ist, und doch hat er es unglaublich spannend und fesselnd rübergebracht.“

„Heinrich steht auf seine Haare.“

„Was?“ Amüsiert blickt Wilhelm seinen schmollenden Bruder an, „Haha, das glaub ich nicht!“

„Ist so, hör auf zu lachen.“

„Jetzt weißt du ja, was du zu tun hast: Lass dir die Haare wachsen!“

„Jaja, wie lustig…“

Die beiden werden glücklicherweise durch das Läuten an der Haustür unterbrochen.

„Micha?“

„Ich nehm’s mal an.“
 

„Ui!“

Lynn stürzt vom Fenster der Burg ab, als Gabriele den Controller wegwirft und aufspringt.

„Kommt jetzt deine Mami?!“

„Ich hoffe doch.“, meint Heinrich mit einem Grinsen.

Die Kleine reißt ihn am Arm hoch und schleift ihn mit sich in den Salon, wo Alexander und Wilhelm schon warten und ihnen Caroline entgegenkommt, Juliane und Michael hereinführend: Er wie Alexander und Wilhelm im Anzug (im Gegensatz zu Alexander jedoch mit Krawatte), sie in einem eleganten Cocktailkleid (in der passenden karminroten Farbe zu Michaels Krawatte, was Heinrich ganz entzückend findet).

Der Junge macht sich von Gabriele los und fällt seiner Mutter um den Hals. „Frohe Weihnachten, Mama!“, wünscht er ihr.

„Dir auch, mein Schatz.“, meint sie und küsst ihm die Stirn, „Hm, du riechst nach Kokos.“

„Ignorier das bitte.“

Sie nickt. „Ich hoffe, du bist mir nicht böse, dass ich gestern nicht bei dir sein konnte.“

„Neiin, Familie Humboldt war ganz reizend nett zu mir!“

Sie muss fröhlich lachen, bevor sie von Wilhelm begrüßt wird, während auch Alexander und Michael sich die Hand reichen.

Heinrich darf als letzter den Freund seiner Mutter drücken und ihm Frohe Weihnachten wünschen. „Na? Hast du dich so langsam wieder beruhigt?“, fragt er schmunzelnd.

Michael muss lachen. „Nicht so wirklich, aber ich hoffe, ich bin weniger hysterisch geworden… Na!“, meint er, an Gabriele gerichtet, „Wen haben wir denn hier?“

„Sie sehen wunderschön aus, das Kleid ist bezaubernd!“, wendet sich Caroline derweil an Juliane.

Diese läuft rot an. „Oh, d-danke. Noch kann ich es ja tragen.“

Caroline sieht sie fragend an. „Wie meinen Sie das?“

Ihr Gegenüber lächelt sie glücklich an. „Ich bin schwanger.“

„Nein!“

Juliane erschrickt etwas, als die Hausherrin sie plötzlich an der Hand nimmt. „Wie entzückend! Aber dann setzen Sie sich doch, meine Liebe. – Oder, nein, wir gehen hinüber ins Esszimmer. Soll ich Ihnen gleich ein Glas Wasser einschenken?“

„N-nicht doch. Keine Sorge, ich melde mich schon, wenn etwas ist.“, versichert ihr Juliane.

Michael, der gerade von Gabriele abgewiesen wurde, da ihm weder Fabio der Fisch, noch König Triton was gesagt haben, nimmt seine Freundin an die Hand. „Das ist lieb von Ihnen, Caroline, aber ich bin meiner Frau schon besorgt genug.“ Schmunzelnd sieht er Juliane an, die ihm ein verliebtes Lächeln schenkt.

„Oh.“, kommt es da sofort von der aufmerksamen Gastgeberin, „Sie sind schon verheiratet?“

Die zwei Angesprochenen sehen sich überrumpelt an.

„Ähm, nein“, beginnt Michael und sieht in die Runde, die ihn erwartungsvoll anblickt, und wieder zu Juliane.

Diese nickt ihm lächelnd zu und hakt sich bei ihm ein.

„Naja“, fängt Michael also wieder an, „Wir wollten es zwar erst verkünden, wenn wieder etwas Ruhe eingekehrt ist, aber…wir werden nächstes Frühjahr heiraten.“

„Oh, herzlichen Glückwunsch!“, ruft Caroline.

Wilhelm und Alexander lächeln sich nur an.

„Da-da-da-d-du-w-wa – !!!“, kommt es von Heinrich.

Seine Mutter sieht ihn besorgt an.

Schließlich schmeißt er sich ihr heute ein weiteres Mal um den Hals. „Mamaaaa! Wie glücklich du sein musst! Das ist ja - ! Wann hat er dir den Antrag gemacht?! Wie war’s?! Du musst mir alles erzählen!“

„Eine Hochzeit!“, ruft Gabriele und tut es Heinrich gleich, was das Herumspringen im Zimmer angeht, „Papi, darf ich da auch dabei sein?! Ich wollt schon immer auf eine echte Hochzeit! Bitte, Papa!“

Wilhelm fährt ihr lachend übers Haar. „Aber Gabi, das kann ich doch nicht entscheiden, zu einer Hochzeit wird man vom Brautpaar eingeladen.“

„Du bist natürlich eingeladen.“, meint Juliane amüsiert, woraufhin das Mädchen nach einem „Ui, toll!“ einen Knicks vor ihr macht.

Während Heinrich noch immer auf seine Mutter einredet, was sie ihm alles erzählen muss, bemerkt Wilhelm, dass Alexander schon hinüber ins Esszimmer ist und fordert die anderen Gäste auf, ihm zu folgen.

Nachdem Juliane so wie Heinrich am Tag zuvor ihre Begeisterung über die Dekoration und den Weihnachtsbaum kundgetan hat, nehmen sie am Tisch Platz, die Partner sich wieder jeweils gegenüber, nur Gabriele setzt sich dieses Mal freiwillig ans Ende der Tafel, da Heinrich sie damit erfolgreich überredet hat, dass nur dort der Platz für eine richtige Disney-Prinzessin sei.

„Habt ihr schon Hunger?“, fragt Caroline, „Das Essen wäre fertig.“

„Oh, soll ich Ihnen helfen?“, bietet sich Juliane an und erhebt sich schon wieder gleich.

„Nein, meine Liebe, Sie bleiben sitzen. Alexander ist so nett und hilft mir.“

„Achja.“, gibt dieser schmunzelnd von sich, bevor er betont gequält aufsteht und ihr hinausfolgt.

„Ich hole soeben die Getränke.“, entschuldigt sich Wilhelm.

„Also, jetzt erzähl mal!“, kommt Heinrich wieder zum Thema zurück, denn für ihn gibt es im Moment kein anderes.

„Also“, beginnt Juliane, jetzt schon mit einem breiten freudigen Lächeln auf den Lippen, „Gestern hat er mir ein kleines Päckchen zu Weihnachten geschenkt. Ich hab vermutet, dass es Ohrringe sind, aber mich hat es so verwirrt, dass seine Eltern plötzlich alles stehen und liegen gelassen haben, um mir zuzuschauen. – Oh, Heinrich, die Familie Haas ist sowieso so wunderbar niedlich! Ich musste weinen, so rührend haben sie mich behandelt!“

Schmunzelnd lässt sich der Junge die Hände von seiner Mutter drücken.

„Aw, die muss ich dann aber auch mal kennenlernen.“, meint er an Michael gewandt.

Der lacht nur. „Naja, sie sind schon lieb. Aber sehr skeptisch – mein Vater war ja auch Jurist, deshalb wägt er alles erst tausendmal ab, bevor er eine Entscheidung trifft. Deshalb hat’s mich ja so gefreut, dass sie von Grund auf gleich von deiner Mutter begeistert waren.“ Liebevoll lächelnd streckt er ihr seine Hände über den Tisch hinweg entgegen, und Juliane kann ihre linke Hand für ihn entbehren.

„Ich hätte damals auf meine Eltern hören sollen, als sie mir von der ersten Ehe abgeraten haben. Sie haben immer Recht.“

„Dann bin ich ja beruhigt, dass sie mich mögen.“, meint Juliane mit einem Kichern, da bemerkt sie, das ihr Sohn den Ring an ihrer Hand entdeckt hat.

„D-den hat er dir…??“

Sie nickt beschämt. „Ja, es waren doch keine Ohrringe. Es war eine Schatulle, und als ich die aufgemacht hab…Ich wär beinahe in Ohnmacht gefallen, wusste nicht, wie mir geschieht, was das jetzt bedeutet…“

„Natürlich, dass er sich mit dir verloben will!“, kommt es von Gabriele, die, um besser lauschen zu können, sich auf ihren Stuhl gekniet hat und mit funkelnden Augen das Gespräch verfolgt.

Alle Anwesenden müssen lachen.

„Ja“, meint Juliane schließlich, „Er hat mir mein Geschenk aus der Hand genommen und ist vor mir auf die Knie gegangen.“

Heinrich und Gabriele fangen beide an, begeistert zu quietschen.

„Und dann hat er mich gefragt, ob ich ihn heiraten will.“

„Und du hast Ja gesagt!“, ruft Gabriele begeistert.

„Ja“, wiederholt Juliane und sieht ihren zukünftigen Ehemann liebevoll an, „Und seine Eltern waren ganz aus dem Häuschen.“

Michael muss lachen.

Da kommen Alexander und Caroline wieder und bringen Schalen und eine Fleischplatte mit.

Wilhelm gießt ihnen Wein ein, Juliane und Gabriele bekommen Wasser.

Es wird sich einen guten Appetit gewünscht, dann ist es nach den ersten Komplimenten an die Köchin ruhig.

„Es herrscht gefräßiges Schweigen.“, kommt es irgendwann von Gabriele.

„Gabi!“, zischt Caroline entrüstet.

Die anderen lachen.

„Ooh, Mama!“, fällt es da Heinrich ein, „Ich muss dir erzählen, was Alex mir zu Weihnachten geschenkt hat!“

„Oh, was denn?“, fragt die Mutter ihren Sohn, der mit einem breiten Grinsen neben ihr sitzt.

„Ein Buch! – A-also, mein Buch!“

Dein Buch?“

„Ich hab’s hier!“, ruft Gabriele und springt auf, um hinüber zum Kamin zu rennen.

„W-was?!?“, kommt es entsetzt von Heinrich.

„Ich hab’s bei dir am Bett liegen sehen und wollt’s lesen. Ich war auch ganz vorsichtig damit!“, beteuert die Kleine und reicht es dem Jungen.

Der wischt sich die Finger an seiner Serviette ab, bevor er es entgegennimmt und seiner Mutter zeigt.

Die bekommt große Augen.

„I-ist das echt?!?“

Heinrich nickt heftig.

Michael wer?“, kommt es skeptisch von Michael.

Alexander klopft ihm lachend auf die Schulter. „Keine Sorge, ich komm auch drin vor.“

„W-was?!“ Schnell lässt sich der Anwalt das Buch von seiner Frau reichen. „Kohlhaas?!?“ Er muss lachen. „Wie kommst du denn darauf?“

„So heißt doch der Ort hier in der Nähe von Berlin…“, gibt Heinrich kleinlaut von sich, „I-ist das nicht gut…? Hätte ich Haas genommen, hättest du mich doch verklagen können.“

Michael muss lachen, und Juliane fährt ihrem Sohn gutmütig durch die Haare. „Nein, Heinrich, das hast du ganz toll gemacht.“

„Das möchte ich meinen.“, kommt es von Wilhelm, „Goetheverlag.“

„Echt?!? – D-darf ich mal reinschauen?“, fragt Michael.

„Nein, ich zuerst!“, ruft Juliane und fordert es wieder zurück.

„Aber erst sollten wir vielleicht fertigessen, sonst wird alles noch kalt.“, erinnert Alexander, „Und das wäre ja schade.“ Er wirft Caroline ein Grinsen zu, das diese nicht ganz deuten kann.

Sie erwidert es aber mit einem amüsierten Schnauben.

Nach dem Essen, nachdem auch der Tisch abgeräumt ist, nimmt sich Juliane wieder Heinrichs Buch vor.

Sie liest den ersten Satz.

An den Ufern der Havel lebte, um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts, ein Rosshändler, namens Michael Kohlhaas, Sohn eines Schulmeisters, einer der rechtschaffensten zugleich und entsetzlichsten Menschen seiner Zeit.

„...steht das „zugleich“ nicht an falscher Stelle?“

Heinrich sieht sie ungläubig an. „Mama! Dein Sohn hat ein Buch rausgebracht, das man überall kaufen kann, und du hast so was zu beanstanden!“

Sie knuddelt ihn lachend.

Diese Gelegenheit nutzt Michael, ihr das Buch abzunehmen.

Er blättert vorsichtig etwas durch die Seiten.

„Da.“, hält ihn Alexander an und deutet auf die Zeile, in der das erste Mal der Name Meister Himboldt vorkommt, „Hier tauch ich auf.“

„Aleeex! Die Stelle ist peinlich, lass das!“

Sofort ist Gabriele ganz Ohr. „Hm?! Wieso denn das, Heinrich? Was passiert da? Hm?“

„Nichts, Gabi.“, versucht sie Caroline zu beruhigen.

„Oh.“, kommt es plötzlich wieder von Michael, „Und Heinrich selbst kommt auch vor.“ Grinsend sieht er zu dem Jungen hinüber. „Die Söhne von Kohlhaas, wie süß. Heinrich und Leopold.“

„Tatsächlich?“, ruft Juliane und sieht ihren Sohn freudig an, „W-weißt du, dass ich dich am liebsten Leopold genannt hätte?“

Heinrich sieht sie erstaunt an. Dann schüttelt er schmunzelnd den Kopf. „Nein, ich…ich weiß ja, dass Opa Kleist ach Heinrich hieß, und…dein Vater hieß eben Leopold.“

Juliane nickt gerührt.

„Leopold ist ein schöner Name, wieso habt ihr ihn so nicht genannt?“, meint Michael.

„Weil Joachim sich natürlich durchsetzen musste.“, entgegnet Juliane.

„Weil Heinrich ein wunderschöner Name ist.“

Überrascht sieht der Angesprochene zu Alexander auf, der über den Tisch hinweg nach seinen Händen gegriffen hat und ihn liebevoll anlächelt.

Er wird rot.

Lässt sich von einem schmunzelnden Alexander die Hände auch noch küssen.

Gabriele ist hin und weg.

„Ich hätte dich ja jetzt auf die Geschenke unterm Weihnachtsbaum aufmerksam gemacht, mein Schatz“, fängt Juliane vorsichtig an, „aber…“

„Ui, was?!“, ruft Heinrich freudig, und Alexander muss ihn leider entbehren, als er mit Gabriele zusammen aufspringt.

„Für euch liegt aber auch was drunter.“, macht Alexander Michael und Juliane aufmerksam.

„Echt?“, entgegnet sein ehemaliger Studienkollege.

„Jap, schau nach.“, fordert ihn Alexander auf.

Michael grinst ihn an. „Dann gehen wir mal zusammen schauen, was hältst du davon?“

Während die beiden aufstehen, schreit Gabriele schon begeistert los.

Heinrich ist einen Moment enttäuscht, dass seine Mutter der Kleinen die riesige Freude gemacht hat, Besitzerin einer Disney-DVD zum neuen Kinofilm „Rapunzel“ zu sein, da stellt er fest, dass sich unter seinem Geschenkpapier eine ganze Disney-DVD-Sammlung verbirgt.

„OhmeinGott! Das ist ja…! Aww, Mama, du bist so süß!“

Juliane lacht, als ihr Sohn sie umarmt. „Schämst du dich nicht? Du bist einundzwanzig.“, lacht sie.

„Wer hat mir das denn geschenkt, hm?!“, kontert er.

Derweil sind Michael und Alexander mit ihren Geschenken zurück an den Tisch gekehrt.

„Das ist für uns beide.“, meint Michael und schiebt es seiner Frau hinüber, „Du darfst es aufmachen.“

Freudig öffnet Juliane das weiche Päckchen und muss freudig kichern, als ihr ein Stofftierhase entgegenkommt. „Ohh, sag bloß, das ist für unseren Nachwuchs?“

„Nein, mein Schatz, der ist bestimmt für mich.“, lacht Michael.

Der ist für dich.“, kontert Juliane und hält ihm den Pandabären-Strampelanzug entgegen.

Ihr Mann blickt das Kleidungsstück einen Moment geschockt an, bevor er wieder ins Lachen ausbricht. „Na, da haben wir dem Baby ja zwei Paten mit unübertrefflichem Geschmack ausgesucht.“

„W-wie?!?“, ruft Heinrich, „Wir dürfen die Taufpaten sein?!“

Juliane lächelt ihn nickend an.

Während Heinrich weiter freudig durch den Raum tänzelt, packt nun auch Alexander sein Geschenk aus.

„Oh. Das ist ja…“ Begeistert betrachtet er die weite Landschaft, die auf dem Cover des Bildbands abgedruckt ist, „Südamerika.“

„Jap, weil du nie Fotos machen wolltest und dich zuhause immer beschwerst, dass du welche hättest machen sollen.“

Alexander muss lachen. „Das ist lieb.“

Als es eine Weile ruhig ist, meldet sich Caroline zu Wort. „Wer ist schon bereit für ein Stück Kuchen?“

„Aujaaa!“, ruft Gabriele.

Die anderen kommen gerade noch dazu, zuzustimmen, da klingelt es plötzlich.

„Oh.“, meint Wilhelm, „Erwarten wir noch jemanden?“

Caroline erwidert die erstaunten Blicke. „Nicht dass ich wüsste.“, antwortet sie, macht sich aber nichtsdestotrotz auf den Weg zur Tür.

Dort stehen ihr zwei Frauen gegenüber, die kleinere hat irgendwie eine gewisse Ähnlichkeit mit Heinrich, die größere hat rote Locken und blickt sie ängstlich an.

„Ähm, Frohe Weihnachten.“, kommt es von der Kleineren.

„D-danke, Ihnen auch. Kann man Ihnen helfen?“

„Mein Bruder – also, Heinrich, der müsste hier sein. Ich will auch nicht länger stören, ihm nur mal kurz Frohe Weihnachten wünschen.“

„Und Alex auch!“, erinnert sie die Rothaarige, die sich an ihrem Arm festhält.

„Irgendwie niedlich.“, denkt Caroline und muss an sich und ihre wahnsinnig verschüchterte Schulfreundin von früher denken.

„Gut“, meint sie schließlich, „Dann kommen Sie doch rein.“

Die beiden Frauen treten ein, nachdem sie sich ihre Schuhe auch ja oft genug auf der Matte abgestrichen haben.

„Und anständig sind sie auch noch.“, stellt Caroline fest.

Nachdem sie den beiden gezeigt hat, wo sie ihre Jacken aufhängen können, führt sie sie ins Esszimmer.

Dort ist man nicht wenig überrascht über den unangekündigten Besuch.

„U-Ulli?!?“ Heinrich braucht einen Moment, bis er sich gefasst hat, dann stürmt er seiner Schwester entgegen, um sie fest zu drücken.

„Frohe Weihnachten, Schwesterherz!“

„Frohe Weihnachten mein kleines Brüderchen. – Wieso riechst du nach Kokos?“

Heinrich übergeht ihre Frage und wendet sich ihrer Freundin zu.

„Dir auch Frohe Weihnachten, Nicole! Das ist ja ne schöne Überraschung, dass ihr hier vorbeischneit.“

Die Rothaarige lässt sich schüchtern drücken, bevor sie ihm das Geschenk überreicht: Ein sorgfältig mit Herzchen verzierter Briefumschlag und eine Packung Kekse.

„Oh, wir haben auch ein Geschenk für euch! Alex, holst du das schnell aus dem Auto?“

„Bin schon unterwegs.“, antwortet sein Freund, tatsächlich schon in der Tür.

Heinrich wendet sich zur Familie Humboldt, seiner Mutter und Michael um. „Ähm, das ist Ulrike, meine Schwester, und ihre Freundin.“

Caroline nickt gerührt. Ja, dass die beiden gute Freundinnen sind, das ist ihr schon aufgefallen.

„Das ist meine Mutter, das ist ihr Mann, und das sind Herr und Frau Humboldt und ihre Tochter Gabriele.“

„Hi.“ Überrascht sehen die beiden Frauen zu der Kleinen hinab, die sich vor ihnen aufgebaut hat und skeptisch zu Ulrike aufblickt. „Du siehst ja gar nicht so süß aus, wie dein Bruder.“

„Dooch!“, kommt es von Nicole und sie nimmt ihre Freundin in den Arm, „Ulli kann auch süß sein.“

„N-Nicole…!“, versucht sich Ulrike zu wehren, der das Ganze sichtlich unangenehm ist.

Da kommt Alexander mit einer Tüte wieder, in der die restlichen Geschenke sind, und reicht sie Heinrich, damit der die richtigen heraussuchen kann.

„Euch beiden von mir endlich auch Frohe Weihnachten.“, wünscht er den zwei Frauen und zögert kurz, ob er sie umarmen soll, aber da Nicole ihn zu sich zieht, muss auch Ulrike eine Umarmung über sich ergehen lassen.

„Setzten Sie sich doch.“, meint Caroline und verweist auf das Ende der Tafel, wo noch drei Plätze frei sind.

„Oh, ähm, wir wollen nicht stören.“, entgegnet Ulrike.

„Ach was, bleibt doch noch zum Kaffee. Es ist genug Kuchen da.“

„Naja…“

Heinrich schiebt die beiden lachend hinüber zum Tisch.

Ulrike und Juliane umarmen sich noch, bevor man also wieder Platz nimmt.

Die beiden Neuzugänge sitzen ein wenig unschlüssig vor ihren Geschenken und sehen unsicher in die Runde.

„Na, los!“, ruft Gabriele, „Macht schon auf!“

Als ihnen noch ein paar ermunternde Blicke zugeworfen werden, machen sie sich also daran, ihre Geschenke zu öffnen.

Plötzlich fällt es Heinrich wieder ein. „Ä-ähm…“, beginnt er nervös, „Caroline, wir können doch schon mal die Kuchen in der Küche schneiden und Kaffee kochen, oder?“

„Oh, ähm, wenn du mir dabei helfen willst, gerne.“, antwortet sie und sie erheben sich.

Als Nicole ihr Geschenk nur einige Sekunden später in den Händen hält, fällt es auch Alexander wieder ein, wieso das keine schlechte Idee war, Caroline aus dem Raum zu lotsen.

Nicole, jedenfalls, läuft rot an. „Oh.“

Ulrikes Augen beginnen zu leuchten, als sie die Netzstrumpfhose erblickt. „Die ist ja geil!“

„Nur Berufskleidung.“, kommt es von Alexander mit einem Zwinkern.

„Jaja, genauso wie das Bunny-Kostüm.“, kontert Ulrike und streckt ihm die Zunge raus.

„Aha“, gibt Wilhelm amüsiert von sich und beäugt seinen Bruder interessiert.

„Um was geht’s???“, will Gabriele wissen.

„Um ein Hasenkostüm.“, antwortet ihr Juliane, „Für Fastnacht. Mit süßem Schwänzchen.“

„Awwww!“

„Und…die CD?“ Ulrike verzieht die Augenbrauen. „Weiß Heinrich nicht, dass das gar nicht mein Musikgeschmack ist?“

„Aufklappen.“, entgegnet Alexander.

Als sie die „Bedienungsanleitung“ liest, macht es bei ihr „Klick“. „Aaaah…das ist sehr praktisch.“, lacht sie und reicht die CD ihrer Freundin hinüber.

Als Heinrich und Caroline wieder mit den ersten Kuchenplatten und Tellern kommen, hat Nicole ihr Geschenk schon in ihrer Tasche versteckt und Ulrike auch die Alarmsirene ausgepackt. Hier amüsiert sie die selbstangefertigte Bedienungsanleitung ebenfalls bestens.

„Du bist ja doch nicht so einfallslos, wie ich dachte.“, meint sie und zwickt ihrem Brüderchen in die Wange, der daraufhin protestierend aufschreit.

„Und was haben wir bekommen?“, fragt Alexander und schnappt sich das Geschenk von Heinrichs Platz weg, wo dieser es abgelegt hatte.

„Die Kekse sind selbstgemacht.“, informiert Nicole, deutlich mit Stolz in ihrer Stimme.

„Mit viel Alkohol.“, ergänzt Ulrike.

„Oh, dann sind die also für mich.“, meint Alexander und streckt seinem Freund die Zunge raus.

Der nimmt ihm den Umschlag weg und holt einen Gutschein hervor. Fürs Café Ulli, versteht sich.

„Hihi, das ist ja toll.“, findet Heinrich, „Kannst du dir das jetzt schon leisten, ja, Gutscheine zu verschenken?“

„Ich muss keine überteuerte Bedienung mehr bezahlen, da springt dann einiges raus, ja.“, antwortet ihm seine Schwester gehässig mit einem Grinsen.

Caroline hat mittlerweile auch die letzte Torte auf dem Tisch abgestellt und zwei Kaffeekannen gerichtet. „Ich wünsche einen guten Appetit und hoffe, Kuchen und Torte sind mir gelungen.“

„Oh, ich hoffe, mein Kuchen ist auch gelungen.“, meint Juliane ein wenig unsicher.

„Aber Mama!“, ruft Heinrich, „Die gelingen dir doch immer!“

Sie schenkt ihm ein liebevolles Lächeln.
 

Sie sind alle noch beim ersten Stück, da werden sie erneut durch das Klingeln an der Haustür hochgeschreckt.

„Huch.“ Verwirrt steht Caroline auf und verlässt den Raum.

Alle Anwesenden sehen sich irritiert an.

„Hast du das auf Facebook gepostet, wo du heute bist?“, fragt Alexander seinen Freund skeptisch.

„N-nein!“, verteidigt sich der, „Ich hab’s nur Ulli und Tim erzählt.“

„Frohe Weihnachten zusammen!“

Eben dieser Tim steht ein wenig unsicher grinsend im Raum, Adele an der Hand, die eine hübsche Schleife in den Haaren trägt.

Nach allgemeiner Begrüßung und einer erneuten Vorstellungsrunde blickt Gabriele mit einem sehr zufriedenen Gesichtsausdruck zu Adele auf. „Du würdest ne süße Disneyprinzessin abgeben, wenn du dir nen hübscheren Prinzen suchen würdest.“

„Gabiii!“, kommt es entsetzt von Caroline, doch Tim stupst ihr nur gegen die Stirn, was das Mädchen in Heinrichs schützende Arme treibt.

Der Rothaarige sieht seinen Kumpel skeptisch an. „Wieso riechst du nach Kokos?“

Heinrich winkt ab. „Einfach nicht beachten.“

Tim nickt.

Alexander ist derweil schon dabei, die Geschenke für die zwei Neuankömmlinge aus der Tüte zu suchen.

„Wir, ähm…“, fängt Tim an und läuft etwas hinüber zum Fenster, „Wir haben auch ein kleines Geschenk für euch. Sind auch eigentlich nur deswegen vorbeigekommen. Adele?“

Während seine Freundin Alexander das verpackte Buch – es muss wohl ein Buch sein – überreicht, hebt der Rothaarige den Vorhang etwas an und späht hinaus auf die Straße, bevor er sich wieder dem Tisch nähert.

„Dein Geschenk darfst du aber erst wieder in Stuttgart aufmachen, wenn Clara dabei ist.“, meint Heinrich an Adele gewandt.

Die will etwas erwidern, schließt aber wieder ihren Mund, als Tim sie ansieht.

„Ähm, gut, äh…setzt euch.“, versucht Caroline irgendwie wieder Organisation in das Ganze zu bringen, „Wir können zusammenrücken und noch einen Stuhl holen.“

„Nicht nötig.“, meint Heinrich und setzt sich bei Alexander auf den Schoß, sodass Ulrike zu Juliane aufrücken kann.

Caroline nickt und versucht sichtlich an sich zu halten. Wilhelm schenkt ihr ein gutmütiges Lächeln für ihre Bemühen.

Sie erträgt es, dass Alexander seinen Freund mit Küssen in den Nacken neckt, während der ihr Geschenk aufmacht.

„Oh.“

Tim grinst ihn an.

Adele wird rot. „D-das war seine Idee!“, verteidigt sie ihre Unschuld und verweist auf ihren Freund.

„Hmmm…“, nuschelt Alexander in Heinrichs Nacken, während er interessiert das Cover des Buchs betrachtet, „Da haben wir ja einiges im nächsten Jahr vor uns.“

Heinrichs Wangen ziert ein Superblush. „W-war ja klar, dass von dir was Perverses kommen muss, Tim…!“, bringt er heraus und versteckt das Gay-Kamasutra-Buch schnell wieder unterm Geschenkpapier.

„Oooh.“, stellt der Rothaarige in diesem Moment fest, „Euer Geschenk ist ja viel…anständiger. – Meine Fresse!“

„Sagt man nicht!“, ruft Gabriele.

„Deinem Gesichtsausdruck zu urteilen, hast du grade Juni oder November aufgeschlagen.“, meint Heinrich mit einem Grinsen.

Tim nickt hastig.

„Oh, Gabi, da kannst du Heinrich im Kleid sehen.“, kommt es von Alexander, der auf den Kalender in Tims Händen verweist.

„A-Alex!“

„Oh, darf ich auch mal sehen?“, fragt Wilhelm an.

„W-wie?!? Heinrich im Kleid…?“, hakt Michael irritiert nach.

„Also, mein Schatz, das ist so…“, setzt Juliane zu einer Lehrstunde an.

„M-Mama, das ist peinlich! – Ulli hör auf zu kichern!“

Alexander versucht ihn mit einem Kuss wieder zu beruhigen.

„OhmeinGoooott!!! Die komplette Staffel Sex and the City!“, kreischt Adele.

„T-tatsächlich?!?“, kommt es begeistert von Nicole.

„Du hast’s ja doch aufgemacht!“

Caroline nimmt einen großen Schluck Kaffee.

Sie versucht gerade einen Plan zurecht zu spinnen, wie sie alles wieder unter Kontrolle bekommt, da klingelt es erneut unheilvoll.

„Ui!“ Freudig springt Gabriele auf. „Noch mehr Besuuuuuuch!“, ruft sie und stürmt zu Tür.

„H-halt!“, will sie Tim aufhalten, doch zu spät.

Es dauert nicht lange, da erscheint Gabriele wieder im Esszimmer, hinter ihr –

„Clara?!?“

„Bonpland?!?“

„Haben wir euch doch gefunden!“, ruft die Rothaarige triumphierend.

Caroline ist nicht heillos überfordert, weil die junge Frau, die soeben in ihrem Esszimmer erschienen ist, ein ziemlich knappes Weihnachtsmann-Kostüm trägt.

Sie ist nicht geschockt, dass ihre Tochter sich nun ganz interessiert von den beiden jungen Frauen erklären lässt, was Sex and the City ist.

Sie ist nicht entsetzt, da ihr Mann soeben in Seelenruhe einen Kalender durchblättert, in dem ihr Schwager und sein Freund in…! – sie kann es gar nicht in Worte fassen!

Nein, es ist alles in bester Ordnung.

„Natürlich sind wir uns treu. Solange ich in Berlin bin, oder Aimé in Stuttgart, versteht sich.“

„Heinrich, die Ergebnisse der Prüfungen sind übrigens schon auf dem Uni-Server hochgeladen, hast du’s gesehen?“

„Tatsächlich?“

„Jap, bei mir ist es in Philosophie ne 1,4 geworden. Du bist um 0,2 besser, aber bestimmt nur, weil du die durchsichtige Strumpfhose und den Hasenpulli angezogen hast…“

„Hamster!“

Alexander verschluckt sich am Kaffee. „Du hast was an der Uni angehabt???“

Wilhelm muss lachen. „Hat Alex euch die Schwäche von Professor Pfeiffer verraten, hm?“

„Mamaa! So ein tolles Weihnachtsmann-Kostüm, das die Tante da anhat, will ich auch!“

Nein. Natürlich ist alles in Ord –

Wilhelm kann seine Frau gerade noch auffangen.

Ulli lässt von Nicole ab, Alexander nicht von Heinrich, und (fast) alle sehen sie besorgt zur ohnmächtig gewordenen Hausherrin auf.

Clara kommt zum logischen Schluss. „…Wir sollten die Party an einen anderen Ort verlegen.“
 

---------------------
 

...ähm, jaaa! Weihnachten ist jetzt in VLE auch rum XD

Ich hatte mir überlegt, wie ich die anderen alle auch noch einbauen kann, und bin zu dem logischen Schluss gekommen, dass sie die Humboldts einfach überfallen sollten :P
 

Ab nächster Woche komm ich wieder mehr zum Schreiben, das heißt die Chancen stehen gut, dass wir im Februar noch den Silvester erleben^^' – uuund die Geständnisse der beiden stehen ja noch aus ;) Das eine habt ihr mittlerweile ja schon alle sicher erraten...aber was meint ihr, hat Alex zu beichten? :3



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (4)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2012-02-06T14:20:08+00:00 06.02.2012 15:20
Also viel mehr als die anderen kann ich zu diesem Kapi kaum sagen.
Es war herrlich und herrlich chaotisch.
Und es hat mich an unsere Überraschungsfeier für Ran zum b-day erinnert XD
Es kamen immer mehr dazu...:3
Und das Ende...Caroline hat mich irgendwie unweigerlich an Igot erinnert und ich musste schmunzeln, ich kann mir schon denken, dass auch du bei diesem Kapi eine Menge Spaß hattes :P
Und was Alxanders Geheimnis angeht...tja vielleicht ist er ja schwanger O_ó
Von:  BloodyMary1342
2012-02-02T21:51:54+00:00 02.02.2012 22:51
AWWWW~; Uiiii~; süüüüüüß; wie putzig <3;... und noch vieles mehr in der Art hat mich durch dieses Kapitel begleitet...^^
Genauso wie unvermeitbare lachkrämpfe (meistens wegen Gabi <3)
Ach ich liebe die kleine einfach *-*

aber das ende war ein bisschen fieß ;D
die arme Caroline so zu überfordern^^

toll fand ich es aber trotzdem, dass sie alle zusammen Weihnachten feiern <3

LG x3


Von: abgemeldet
2012-02-01T18:33:14+00:00 01.02.2012 19:33
Awww hier ist nun also der zweite Weihnachtsteil X3! Ich hab mich schon die ganze Zeit sehr darauf gefreut und das Kapitel ist wirklich ganz wundervoll geworden :3.

Du kannst dir sicher denken, dass mir die Diskussion über Schiller und Goethe mit am Besten gefallen hat („Heinrich steht auf seine Haare.“ ... NICHT NUR HEINRICH ;]), aber auch sonst fand ich's richtig schön, dass am Ende wirklich alle deiner tollen Personen aufgetaucht sind *.* ... auch wenn das für die arme Caroline wohl etwas viel war XD.

Ich kann mich gar nicht entscheiden, wer für mich der beste Überraschungsgast war, ich schwanke zwischen Adele & Tim und Ulli & Nicole, weil ich beide Pärchen total gern hab :3. Oh, und weil ich schon bei tollen Personen bin - Gabi war auch in diesem Kapitel wieder unglaublich super XD. „Fällst du überhaupt unter die Kategorie Mann?“... Haaaaach~ ohne sie wäre das ganze Weihnachtsfest bestimmt nur halb so schön geworden ;3.

Und jetzt freu ich mich natürlich schon sehr auf Silvester!

Lg~
Von:  Ran34
2012-02-01T17:08:41+00:00 01.02.2012 18:08
„Heinriiiiiiiiich!!“, ruft sie und wirft sich dem Jungen in die Arme, „Bist du jetzt schwanger, ja? Bist du jetzt schwanger?“
Antwort: Ja, aber leider nur in seinem Traum :P Aber er könnts ja mal mit einem Werwolf versuchen, vlt klappts dann ja ;) Die sind ja bekanntlich auch seeehr tollerant Schwulen gegenüber... oder wir sorgen einfach dafür, dass Alex als einer geboren wird :3 (dann müsste Heinrich aber seine Drohung wahrmachen :P)

„Bist du auch kitzlig?“
Alexanders Augen weiten sich, doch da ist es schon zu spät.
->Da macht sie da einfach einen Schnitt, pöses Mädchen, das wollten wir doch alle wissen!!!! >.<

Der nächste frustrierte Seufzer entweicht dem Jungen heute. Das Mann-sein muss er wohl erst mal verschieben…
->aber hoffentlich nicht zu lange! Ich bin mir fast sicher, dass unser Alex noch ne Jungfrau diesbezüglich ist ;)

lg~

PS: Verzweifelt auf den Kalender deutet TT.TT


Zurück