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Zuhause

von

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30. August

Nervös trommelte der blonde Mann mit den Fingern auf dem großen Schreibtisch, hinter dem er saß. Die Dokumente, die er eigentlich lesen sollte, hatte er weit von sich weggeschoben, er konnte sich momentan einfach nicht darauf konzentrieren.

Sie hätten eigentlich schon längst wieder zurück sein müssen. Das war kein gutes Zeichen, ein ganz und gar nicht gutes Zeichen. Er hätte dies nicht erlauben dürfen, er hätte ihn zurückhalten müssen. Minato stützte seinen Kopf auf seine Hände. Hatte er aber nicht. Er hatte Kakashi ziehen lassen, ihn zu den Anbu gehen lassen, obwohl er wusste, wie falsch das gewesen war. Er hatte es eigentlich schon immer gewusst. Ein fünfjähriger Genin war erstaunlich, ein sechsjähriger Chunin war merkwürdig, ein dreizehnjähriger Jonin war fragwürdig, ein dreizehnjähriger Anbu war absurd. Er gab einen tiefen Seufzer von sich. Nicht einmal als Hokage konnte er sich gegen Kakashis Sturheit durchsetzen. Das hieß, er hätte es gekonnt, aber dafür hätte er mit dem Jungen brechen müssen und dies wollte er nicht. Nicht, nachdem was geschehen war. Innerhalb weniger Monate hatte sich das ursprüngliche Team von vier Leuten auf zwei reduziert, erst ging Obito, dann Rin.

Nachdem Rin gestorben war, war Kakashi in einen komplett apathischen Zustand gefallen, er hatte nichts mehr getan außer regungslos auf seinem Bett zu liegen, mit abwesendem Blick die Zimmerdecke anzustarren und auf jegliche Fragen nur mit einem verzweifelt klingenden „Ich hatte es ihm doch versprochen“ zu reagieren. Dieser alarmierende Zustand hatte dazu geführt, dass Minato ihn zu sich und Kushina genommen hatte. So konnte er sicher gehen, dass immer jemand da war, der nach ihm sehen konnte. Kushina hatte es mit ihrer eigenwilligen Art irgendwie sogar geschafft, Kakashi wieder dazu zu bringen, Nahrung zu sich zu nehmen. Nach mehr als zwei Wochen, die der Junge so verbracht hatte, waren die ersten anderen Worte, die er gesprochen hatte, ein emotionsloses „Ich werde den Anbu beitreten“ gewesen. Minato hatte ihn daraufhin nur entsetzt und überrumpelt angestarrt und mit einem kurzen, aber deutlichem „Nein“ geantwortet. „Das war keine Frage gewesen, Sensei.“ Das brachte Minato dazu, entgegen seiner sonst so besonnenen Art, wütend zu werden. „Ich sagte nein, Kakashi. Du wirst nicht zu den Anbu gehen. Ich weiß, das war bisher ein wirklich schreckliches Jahr für dich und ich sehe, dass du leidest, aber ich werde nicht erlauben, dass du das tust.“

Ein einzelnes Auge hatte daraufhin direkt in Minatos Gesicht geblickt und mit aufkommender Wut in der Stimme hatte der Junge ihm widersprochen: „Ich bin ein starker Ninja, es wäre demnach äußerst unklug meine stärke nicht zu nutzen....Hokage-sama.“

Minato hatte sich auf die Lippe gebissen. „Ich werde dich trotzdem nicht gehen lassen. Es ist zu gefährlich und ich würde es mir nie verzeihen, wenn dir etwas zustoßen würde.“ Der Ältere hatte gehofft, dass das Thema damit erledigt gewesen sein würde, aber Kakashis Blick hatte sich danach nur noch weiter verfinstert und mit Wut und Verachtung in seiner Stimme hatte er etwas gesagt, dass sich für Minato wie ein Schlag ins Gesicht angefühlt hatte. „Deswegen können Sie es mir nicht verbieten. Sie sind nicht mein Vater.“

Und wegen dieser lächerlichen Auseinandersetzung hatte er ihn doch gehen lassen. Minato hätte sich in diesem Moment am liebsten selbst dafür geschlagen, aber er wusste, dass das auch nichts ändern würde. Noch mehr hasste er sich dafür, dass er nicht wusste, wie er Kakashi helfen sollte. Der Junge litt und es schien nichts zu geben, was ihm helfen konnte. Nach Obitos Tod war er völlig fertig gewesen, total verstört und durcheinander. Zusätzlich kamen noch physische Probleme dazu, weil das Sharingan sich als chakrafressende Herausforderung herausstellte. Kakashi konnte es nicht abschalten und wenn er nicht konsequent daran dachte, es geschlossen zu halten, waren ständige Schwächeanfälle die Folge. Es hatte seine Zeit gedauert bis er auch nur annähernd mit Obitos Geschenk umgehen konnte und sich daran gewöhnt hatte nur ein dauerhaft geöffnetes Auge zu haben. Da war jedoch Rin noch bei ihnen gewesen. Sie war nicht weniger verstört gewesen und während Kakashi sich von allen anderen zurückgezogen hatte, hatte sie ihre Zeit damit verbracht zu weinen. Lange war es ihr nicht möglich gewesen auch nur einen Satz ohne Schluchzen zustande zu bringen. Wenn sie nicht weinte, starrte sie apathisch irgendwo hin, als würde sie einen unsichtbaren Punkt anfixieren. Erst nach Monaten begann sich ihr Zustand zu bessern und sie schöpfte neue Kraft aus dem Verlust um versuchen weiterzuleben. Trotz oder gerade wegen des schmerzlichen Verlustes wollte sie nicht aufgeben und fing an auch Kakashi aus seinem Schockzustand zu befreien. Mit unglaublich großer Erleichterung hatte Minato beobachtet, wie die beiden gemeinsam wieder den Weg der Besserung antraten und irgendwann sogar bereit waren wieder Missionen zu übernehmen. Der Krieg war so gut wie vorbei, er war zum Hokage ernannt worden und seine Frau hatte ihm eröffnet, dass sie Nachwuchs erwarten würden. Endlich schien wieder alles aufwärts zu gehen. Bis zu dem Tag, an dem von einem Vierer-Team erneut nur drei nach Hause gekommen waren. Dies war nun ungefähr einen Monat her und vor etwas mehr als einer Woche war Kakashi zu seiner ersten Mission als Mitglied eines Anbu-Teams aufgebrochen. Wenn er jetzt auch noch seinen letzten Schüler verlieren würde...nein, das durfte er erst gar nicht denken.

Minato atmete tief durch und schob die vorher ignorierten Dokumente wieder vor sich. Wenn Kakashi jetzt hier wäre, würde er ihm bestimmt etwas erzählen und ihm seinen patentierten, bestrafenden und missbilligenden Blick zuwerfen....Bei diesem Gedanken zuckte der Hokage kurz zusammen. Nein, diesen Blick hatte schon lange niemand mehr zugeworfen bekommen. Früher war so etwas an der Tagesordnung gewesen, aber seit Obito fehlte, war alles anders geworden. Ein trauriges Lächeln legte sich auf Minatos Lippen. Wer hätte gedacht, dass er die Streitereien seiner beiden Jungs vermissen würde und dazu auch Rins Schlichtungsversuche. Er hatte in so vielerlei Hinsicht versagt und Kakashi war nun derjenige, der darunter leiden musste.

Zum wahrscheinlich 25. Mal an diesem Tag versuchte Minato sich wieder den Dokumenten zu zuwenden, als es plötzlich an der Tür klopfte. Er erschrak bei dem plötzlichen Geräusch und hätte fast hysterisch geklungen, wenn er sich nicht zusammengerissen hätte, bevor er „Herein“ rief. Die Tür wurde geöffnet und langsam traten die Mitglieder des überfälligen Anbu-Teams ein. Erst als er den Jungen mit Hundemaske und silbernen Haaren sein Büro betreten sah, atmete Minato wieder aus. Er musste sich selbst zurückhalten, um nicht von seinem Sessel aufzuspringen und Kakashi um den Hals zu fallen. Stattdessen musterte er ihn nur, um zu sehen, ob sein Schüler irgendwelche Verletzungen hatte. Während er erleichtert feststellte, dass der Junge anscheinend unverletzt war, hörte er dem kurzen Bericht des Gruppenführers zu. Die Mission war ausgeführt worden, jedoch war es auf dem Rückweg zu unvorhergesehenen Konfrontationen mit feindlichen Ninja gekommen, sodass es zu einer Verzögerung gekommen war. Minato nickte und entließ die Gruppe, zeigte dabei aber schnell auf Kakashi und sagte ihm, dass er bitte noch einen Moment warten solle. Die drei Anderen verließen den Raum und nachdem die Tür wieder geschlossen worden war, stand der Hokage auf, trat vor seinen Tisch und stellte sich vor Kakashi. Er lehnte sich gegen seinen Schreibtisch und verschränkte die Arme vor der Brust. „Nimm bitte die Maske ab.“

Der Junge tat, wie ihm gesagt wurde und blickte zu dem Mann vor ihm. „Was gibt es, Sensei?“

Der Angesprochene schloss kurz die Augen. Gott sei Dank hatte Kakashi wieder zu der gewohnten Anrede gewechselt. Er sah wieder zu ihm, lächelte leicht und fragte ihn mit ruhiger Stimme: „Ist alles in Ordnung bei dir?“

„Ja.“

„Bist du verletzt?“

„Nein.“

„Dann geh doch am besten nach Hause und ruh dich etwas aus. Kushina wird bestimmt froh sein, dass du wieder da bist.“

Minatos Lächeln wich einem fragenden Gesichtsausdruck als er sah, dass Kakashi seinen Blick abgewendet hatte. „Ich halte es nicht für richtig, dass ich Ihnen zur Last falle, Sensei. Vielleicht wäre es besser, wenn ich wieder...“

„Aber nicht doch, Kakashi! Du fällst doch keinem zur Last.“, unterbrach Minato ihn schnell um zu verhindern, dass Kakashi seinen Satz auch nur beenden konnte. „Es ist doch vielmehr so, dass ich dich jetzt zu Hause brauche. Versprich mir, es ihr nicht zu sagen, aber Kushina ist in letzter Zeit etwas launig geworden. Da brauche ich deine Unterstützung!“ Er lachte und hoffte, der Junge würde ihm das abkaufen. Niemals würde er es zulassen, dass Kakashi allein sein müsste. Der Jüngere nickte nur, murmelte ein „Wie Sie meinen, Sensei“ und machte sich auf in Richtung Tür, während Minato zu seinem Sessel zurückging und sich erleichtert dort hinein fallen ließ. Hatte das gerade wirklich funktioniert?

„Ach, Sensei...“ Der Hokage blickte erstaunt zu seinem Schüler, der sich noch mal zu ihm umgedreht hatte. „Was gibt es, Kakashi?“

Der Junge blickte zum Fußboden und hielt einen Moment inne, ehe er sagte: „Es tut mir leid, was ich gesagt habe. Ich...ich wollte nicht verletzend sein.“

Mit großen Augen sah Minato zu ihm. Eine Entschuldigung von Kakashi war bisher eine Seltenheit gewesen. Er winkte ab und lächelte. „Ach was, mach dir deswegen keinen Kopf. Das hätte ich längst schon wieder vergessen.“ Kakashi nickte erneut und verließ das Zimmer. Minato atmete noch einmal tief durch und widmete sich endlich den Dokumenten auf seinem Schreibtisch.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Sensenmann
2011-01-08T22:39:38+00:00 08.01.2011 23:39
Aw... Ich finde deine Fanfic bis jetzt sehr gut und auch sehr süß.
Die Charaktere hast du super getroffen, besonders Minato. Ich kann mir auch sehr gut vorstellen, dass deine Fanfic im Manga auch so passiert ist.


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