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Unsterblich

My Immortal ~ Eternal Chronicles
von

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Der Leviathan

Ayumu antwortete nicht sofort. Sein Blick schien immer noch fest auf Leanas Körper gerichtet zu sein und davon nicht so bald wieder abzukommen. Erst als Leana sich wieder ins Wasser setzte, so dass er keinen ungehinderten Blick mehr auf sie hatte, fing er sich, so dass sie die Gelegenheit gekommen sah, ihre Frage zu wiederholen: „Was tust du hier?“

Er zögerte mit der Antwort und das, was er sagte, konnte von ihr einwandfrei als Lüge erkannt werden: „Ich dachte mir, ich stelle sicher, dass es dir gut geht.“

„Ja, klar. Du bist zum Spannen gekommen, oder?“

Gespielt gekränkt legte er eine Hand auf sein Herz. „Aber nein. Wie kommst du denn darauf? Ich bin regelrecht empört, dass du mir so etwas zutraust!“

Leana verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich ein wenig zurück. Sie sagte nichts, aber ihr Blick genügte, dass er unter diesem zusammenbrach. „Okay, okay, ich wollte spannen. Und? Willst du mich jetzt schlagen?“

Sie rollte mit den Augen. „Du solltest deine Zeit sinnvoller einsetzen. Bei mir gibt es immerhin nichts zu sehen.“

„Das sehe ich anders“, erwiderte er mit einem koketten Lächeln.

Unter normalen Umständen hätte sie nicht einmal mit den Augen gerollt, sondern ihn fortan einfach ignoriert, aber in diesem Fall erinnerten sie seine Worte wieder einmal an Zetsu und das konnte sie langsam nicht mehr ertragen. Am Liebsten hätte sie diese Welt nur noch verlassen – aber ohne ihr Shinken war das nicht möglich. Schmunzelnd dachte sie daran, dass Zetsu sie in einem solchen Moment des Zweifels wohl gefragt hätte, ob sie wirklich einfach so gehen und allen anderen den Rücken zuwenden könnte und wie so oft wäre ihre Antwort gewesen, dass es ihr nicht möglich war.

Fuu hatte sie in diese Welt gelotst, was bedeutete, dass etwas nicht stimmte und jemand ihre Hilfe benötigte und in einem solchen Fall konnte sie sich nicht einfach abwenden. Sie verfluchte ihre Ausbildung zur Ritterin, die dafür verantwortlich war, alle anderen vor sich selbst zu stellen.

„Wie auch immer“, bemerkte sie, als ihr auffiel, dass er sie immer noch ansah und dabei versuchte, einen besseren Blick auf sie zu erhaschen. „Du kannst jetzt ruhig wieder gehen.“

Doch statt zu gehen, verschränkte er die Arme vor der Brust, plötzlich ungewohnt ernst. „Ich hatte eigentlich noch einen Grund, herzukommen. Mir macht etwas Sorgen, aber ich wollte das nicht vor der Kleinen erwähnen.“

„Ja? Was denn?“

„Wir haben vorhin dieses Glöckchen gehört, das heißt, außer uns muss noch jemand hier sein.“

Sie war beeindruckt von dieser Einsicht. Offenbar war seine vorige Überzeugung lediglich vorgespielt gewesen, warum auch immer er so etwas tun sollte.

„Aber wir haben niemanden gesehen“, fuhr er fort. „Also muss... noch jemand hier irgendwo sein.“

Dabei sah er sich aufmerksam um, doch entdeckte er ebenfalls nur Dunkelheit, so wie sie schon zuvor. „Auch wenn ich nicht weiß, wie jemand hier hereingekommen sein könnte. Wie gesagt, man muss zu unserem Clan gehören, um den Schutz am Eingang zu umgehen. Aber ich weiß nicht, ob das auch für eventuelle andere Zugänge gilt, darüber wurde nie gesprochen.“

Die Angespanntheit von vorhin kehrte wieder zurück. Leana überkam das Gefühl, von allen Seiten beobachtet und bedroht zu werden – und im Moment fühlte sie sich dem noch dazu hilflos ausgeliefert, es gab nichts, was sie einem Feind entgegensetzen konnte und sie hasste es, schutzlos zu sein.

„Mach dir keine Sorgen, ich beschütze dich.“

Sein großmütiges Lächeln schaffte es nicht im Mindesten, sie zu beruhigen. Stattdessen ließ es sie diesmal wirklich mit den Augen rollen. „Ja, mit Sicher-“

Eine plötzliche Bewegung unter Wasser, ließ sie verstummen.

„Was war das?“

Offenbar hatte Ayumu das ebenfalls mitbekommen. Er trat einen Schritt näher, um besser nach unten sehen können, doch die Bewegung schien von dem dunklen Fleck zu kommen, der ihr bereits zuvor auf dem Grund aufgefallen war. Zwei Lichter blitzten auf – und im nächsten Moment schoss etwas aus dem Wasser.

Beiden entfuhr ein überraschter Ausruf, es dauerte einen kurzen Augenblick, bis sie erkennen konnten, was es war. Zumindest Ayumu erkannte es, Leana dagegen blinzelte nur verwirrt, über dieses schuppige Schlangenwesen mit einem Fühler auf dem Kopf, dessen Ende offensichtlich ein Glöckchen war, welches das Geräusch verursachte, das sie zuvor gehört hatten.

„Ein Leviathan“, murmelte Ayumu erstaunt „Was macht der hier?“

Für ein solches Fabelwesen empfand sie diese Schlange als zu klein, auch wenn sie durchaus riesig war für ein gewöhnliches Exemplar. Aber es war gut möglich, dass das Wesen in dieser Welt eben nicht als derart riesig bekannt war oder aber...

„Ist er noch jung?“, hakte Leana nach.

„Gut möglich. Normalerweise dürfte es hier auch keinen geben, die sind eigentlich nur im Ozean ansässig. Das muss wohl ein... kleiner Verwandter oder so sein.“

Einer, der Leana äußerst aggressiv vorkam. Das nervöse Schlängeln des Wesens ließ sie ebenfalls unruhig werden, besonders da sie noch direkt daneben im Wasser saß.

„Beweg dich nicht“, sagte Ayumu. „Ich glaube, es ist blind und hat deine Anwesenheit bislang noch nicht wirklich registriert.“

Seine dafür umso mehr, so wie es sich auf ihn konzentrierte. „Wenn ich ihn weit genug weglocke, kannst du zurück zu Ylva.“

Leana wollte widersprechen, beließ es dann aber beim reinen Willen und nickte knapp, um ihm zu zeigen, dass sie verstanden hatte. Kaum war ihre Bestätigung gekommen, zog Ayumu ein beschriftetes Stück Papier aus seiner Tasche. Er hielt sich dieses vor sein Gesicht und murmelte etwas, was sie nicht verstehen konnte.

Den Leviathan interessierte das offenbar aber nicht weiter. Er stieß einen furchterregenden Schrei aus, ehe er sich auf Ayumu stürzte. Der Ninja beendete den Spruch offenbar gerade rechtzeitig, das Stück Papier verbrannte augenblicklich, dafür erschien ein Schild vor ihm, an dem der Leviathan abprallte.

Leana huschte derweil an Ayumu vorbei, um nicht nur zu ihren Sachen zu kommen, sondern mit diesen weiter zu Ylva zu fliehen. Es überraschte sie ohnehin, dass die Inugami den Lärm noch nicht mitbekommen hatte und ihnen zur Hilfe geeilt war.

Mit ihren Sachen auf dem Arm, lief Leana hastig weiter, ein kurzer Blick über ihre Schulter verriet ihr, dass der Shinobi inzwischen sein Katana gezogen hatte, um mit dem Leviathan zu kämpfen. Das Glöckchen am Fühle des Wesens gab immer wieder einen hohen Klang von sich, bevor das Wesen mit einem erneuten Schrei gegen die Wand oder auf den Boden krachte.

Da der Leviathan über keine Füße verfügte, glaubte Ayumu wohl, an Land bessere Karten im Kampf zu haben. Leana hoffte, dass er damit recht behielt.

Doch bevor sie den Durchgang hinter sich bringen konnte, um zu Ylvas Aufenthaltsort zu kommen, blieb sie stehen, da ihr spontan eine Idee kam. So groß der Gang auch war, um einen Menschen bequem hindurchgehen zu lassen, war er nicht im Mindesten für den Leviathan geeignet.

Hastig zog sie sich ihre Sachen an, dann huschte sie wieder zu Ayumu zurück.

„Was willst du?“, fragte der Shinobi.

Er hob das Katana, um einen neuerlichen Angriff abzuwehren. Der Leviathan reagierte mit einem wütenden Brüllen und bewegte sich ein weiteres Stück aufs Land.

„Ich habe eine Idee, wie du das Monster beseitigen kannst.“

„Oh ja?“

„Wir müssen den Leviathan nur zu diesem Durchgang locken.“

Verstehend nickte er ihr zu. „Gut, ich kann mir denken, was du vorhast. Lauf voraus.“

Hastig fuhr sie herum und rannte wieder in Richtung des Durchgangs. Wenige Sekunden später hörte sie, wie Ayumu ihr folgte und dabei mit weiteren Angriffen den Leviathan dazu brachte, ihnen ebenfalls hinterher zu eilen.

Obwohl er keine Beine besaß, bewegte er sich überraschend schnell an Land, wie Leana feststellte und der Atem, den den das Wesen ausstieß, war auch nicht sonderlich angenehm und erstaunlich heiß, so dass er ihr die Haarspitzen versengte.

Obwohl sie das Laufen noch aus der Ritterzeit gewohnt war, kam es ihr plötzlich vor als ob sie sich die letzten Jahre zu sehr auf ihr Shinken verlassen hatte, jegliche Kraft verließ ihre Beine, sie strauchelte – doch bevor sie fallen konnte, spürte sie, wie Ayumu nach ihrem Arm griff und sie mit sich zog. „Komm schon, nicht aufgeben!“

Natürlich, sie durfte nicht aufgeben, nicht bei diesem Gegner und auch nicht in dieser Welt. Auch wenn sie glaubte, ihre Beine würden jeden Moment einfach auseinanderbrechen, gab sie sich Mühe, weiterzulaufen – und erreichte kurz darauf tatsächlich mit Ayumu den Durchgang. Hinter sich hörte sie, wie der Leviathan ihn ebenfalls erreichte und sich mit einem Krachen einen Weg hineinbahnte. Die engen Wände behinderten sein Fortkommen, doch kaum waren sie aus dem Durchgang draußen, gaben Leanas Beine unter ihr nach und sie stürzte zu Boden. Da Ayumu sie nicht losließ, riss sie ihn unbeabsichtigt mit sich.

„Au!“, beschwerte er sich, rappelte sich aber sofort wieder auf.

Leana dagegen wandte nur den Kopf und sah gerade noch wie der Leviathan sein Haupt ebenfalls aus dem Gang streckte – und dann einfach steckenblieb.

Ayumu grinste triumphierend. „Sieht so aus als ob es das Ende dieser Jagd wäre.“

Für Leana sah das ganz und gar nicht danach aus. Zwar schien der Leviathan nicht mehr freizukommen, egal wie sehr er sich wand und dabei versuchte, vorwärts oder rückwärts zu kriechen, aber das Wesen wirkte als ob es noch etwas in petto hatte – und das demonstrierte es auch sofort, indem es das Maul öffnete. Mana begann sich zwischen den enormen Kiefern zu sammeln und manifestierte sich alsbald in einer hell leuchtenden Kugel.

„Das ist nicht gut“, bemerkte Ayumu, der diesen Energieball wie gebannt ansah.

Leana versuchte, aufzustehen, aber ihre Beine gaben sofort wieder unter ihr nach. Fluchend fiel sie auf ihre Knie zurück, sich fragend, warum sie heute so schwach war und was sie nun tun sollte.

Der Shinobi neben ihr rührte sich immer noch kein Stück, von Ylva war weit und breit nichts zu sehen, aber keiner der beiden durfte hier unten sterben.

„Ayumu!“

Ihr Zuruf erweckte ihn aus seinem Starren, er blickte auf sie hinunter – und da schien ihm erst wirklich bewusst zu werden, dass sie sich in Gefahr befanden. Blass geworden, kniete er sich neben sie, um sie hochzuheben.

„Lass das!“, fauchte sie ihn an. „Geh und such Ylva!“

Mit ihr auf dem Arm würde er die steile Treppe nach oben sicher nicht schaffen, aber mit der kleinen Inugami könnte es gehen – wenn wer sie rechtzeitig finden würde.

Allerdings schüttelte er entschieden mit dem Kopf. „Ich habe mich schon entschieden, ich rette dich. Die Kleine ist bestimmt schon in Sicherheit.“

„Dann rette dich selbst, Idiot!“, fauchte sie weiter. „Was aus mir wird, ist egal!“

Er ließ sich allerdings nicht davon abbringen, mit ihr auf dem Arm zur Treppe zu laufen, nicht einmal, als sie ihm ins Gesicht schlug, damit er sie endlich fallenließ und alleine floh. Sie fühlte sich zurückversetzt in frühere Zeiten... Zetsu hätte mit Sicherheit genauso eisern alles ertragen, was sie ihm antat, selbst ihr „Ich hasse dich“ änderte nichts an der Situation.

Erst als er bereits mehrere Stufen hinter sich gebracht und damit seinen Willen demonstriert hatte, hörte sie mit ihrem Protest auf. Dafür schnürte sich ihre Kehle zusammen, das Gefühl, in Tränen ausbrechen zu müssen überkam sie – nur dass sie das nicht mehr konnte, selbst wenn sie es gewollt hätte.

Sie warf einen Blick über Ayumus Schulter. Dem Leviathan war ihr Fluchtversuch nicht verborgen geblieben. Offenbar hatte er seinen Körper nun so angewinkelt, dass der aus der Manasammlung resultierende Energiestrahl sie auf jeden Fall treffen würde. Selbst ohne die Hilfe ihres Orichalcum-Namens konnte sie spüren, wie machtvoll der Angriff werden würde.

„Wir schaffen es nicht“, murmelte sie leise.

Vor ihrem geistigen Auge sah sie wieder Zetsu vor sich, der sie sanft anlächelte, ein selbstsicheres Lächeln, das ihr damals ebenfalls immer viel Kraft gegeben hatte. Wenn er nur da wäre...

Eine plötzliche Bewegung riss sie aus ihren Gedanken, wischte das geistige Bild von Zetsu fort und lenkte ihre Aufmerksamkeit auf den Ninja, der sich von der oberen Plattform gerade in die Tiefe stürzte.

Ayumu blieb schwer atmend stehen, als er das ebenfalls bemerkte. „Wer ist das?“

„Vielleicht einer von deinem Clan?“, vermutete Leana, doch er schüttelte direkt mit dem Kopf. „Das kann ich mir nicht vorstellen.“

Sie überlegte, ihn darauf hinzuweisen, dass er gesagt hatte, dass nur Hi-Ninja diese Höhle betreten konnten, verwarf den Gedanken aber wieder und beobachtete stattdessen neugierig den Unbekannten als ob keiner von ihnen in Gefahr schweben würde.

Noch im Flug zog der Shinobi eine Waffe – und kaum war er direkt neben dem Kopf des Leviathan gelandet, verpuffte die Energiekugel wieder. Das Wesen bewegte sich kein Stück.

Erst als der Shinobi sein Katana wieder einsteckte, trennte sich der Kopf vom Rumpf. Das Glöckchen läutete noch einmal und verstummte dann scheinbar für immer.

„Wow~“, entfuhr es Ayumu. „Hast du das gesehen? Er hat nur einen einzigen Schlag gebraucht.“

„Wir sollten... uns bei ihm bedanken.“

Obwohl die Bedrohung nun verschwunden war, fühlte Leana immer noch diese Enge in ihrer Brust, sie waren noch nicht vollkommen in Sicherheit, etwas stand ihnen noch bevor.

Der fremde Shinobi war bei der diffusen Beleuchtung der Höhle nur schwer zu erkennen, allerdings schaffte er es, rasch wieder nach oben zu klettern, ohne auch nur einmal das Wort an sie zu richten.

„Dann mal weiter~“, entschied Ayumu und setzte die Treppenbesteigung fort.

Doch mit jedem seiner Schritte schwand Leanas Neugierde und machte einer Erkenntnis Platz, die die gleichzeitig bedrückte und freute. Im Gegensatz zu Ayumu wusste sie instinktiv genau, wer da oben auf sie wartete – und sie wusste, dass es kein gutes Zusammentreffen werden würde.



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