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Secret Soul

von

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Es ist schon 3 Jahre her seitdem das alles passiert ist... Ich kann mich kaum noch daran erinnern. Es war eine schwere und doch wunderbare Zeit damals.

Ich lebte in einem kleinen Dorf, weitab der Straßen und Städte. Dort war es immer so ruhig und friedlich. Meine Mutter hatte meinen Vater, meinen kleinen Bruder und mich schon lange verlassen. Sie hatte nicht daran geglaubt so weit abgeschieden von allem zu leben. Dennoch hatten wir es geschafft und waren glücklich.

So lebten wir einige Monate, bis sich um uns herum ein paar Wanderer ansiedelten. Sie wollten weiterreisen, doch blieben. Sie blieben an diesem Ort, der Ruhe und Frieden spendete. Die grünen Wiesen, raschelnden Bäume und der klare, plätschernde Bach. Dies alles zog immer mehr Leute an. Und unser Dorf wuchs nach und nach.

Einen Tag im Sommer bin ich mit meinem Bruder in den Wald gegangen. Wir wollten uns dort etwas umsehen, die Gegend erforschen. Es war noch hell als wir in den Wald hineingingen. Mutig durchsuchten wir jede kleine Höhle und kletterten auf viele Bäume. Es hatte uns viel Spaß gemacht.

Jedoch, als es dunkler wurde, verschwand mein Bruder, Ronin plötzlich. Wir hatten uns nicht weit voneinander entfernt und doch hatten ihn die dunklen Schatten verschlungen. „…Ronin?“, rief ich vorsichtig und recht leise. Ich hatte angst, so allein, nichts wissend wo ich war oder wie ich nach Hause gelangen konnte. Ich drehte mich im Kreis immer und immer wieder, fand jedoch keinen Ausweg, keinen Platz, der mir Sicherheit versprach. Schon überkam mich langsam die eisige Kälte, die sich am Waldboden zu sammeln begann und mein ganzer Körper bebte. Langsam sank ich hinab, das Gras auf dem Boden raschelte. So verharrte ich ein paar Sekunden. Diese zogen sich zu Minuten und es wurde immer später…

Dann jedoch, in der Ferne, Atemzüge. Leise, rau und ungleichmäßig. Ebenso langsam wie die meinen. Ich hielt ihn an, versuchte möglichst leise zu sein, doch mein Herz pochte wie wild. Zwar war ich älter als Ronin und machte mir auch Sorgen um ihn, doch irgendetwas schien auf mich zu lauern.

Dieses Etwas kam nicht näher, verweilte an seinem Ort. Zudem schien es nicht animalisch zu sein, was mich sehr verwunderte. Ob es mein Bruder zu sein vermochte? Langsam drehte ich meinen Kopf und versuchte in der Dunkelheit etwas zu erkennen, doch da waren nichts als Silhouetten der Bäume und Sträucher um mich herum. Dennoch, irgendwo musste diese Person doch sein? Langsam erhob ich mich und machte in paar Schritte in die Richtung, aus der ich die Atemzüge vermutete. Diese wurden etwas lauter, mit jedem Schritt und schließlich stand ich vor einem Felsvorsprung. Die Geräusche kamen darunter hervor. Ich bückte mich um zu erkennen, was der kalte Stein vor mir verbarg…
 

Als ich genauer hinsah, konnte ich einen Jungen erkennen. Doch es war nicht Ronin. Dieser Junge schien verletzt zu sein und er fror. „W-Was ist passiert?“, fragte ich leise. Meine Stimme zitterte ebenso wie der Junge und mein Körper. Ich sah, wie der Kopf meines Gegenübers sich in meine Richtung bewegte und aus halb geschlossenen Augen angeschaut wurde. Jedoch vernahm ich keine Stimme, nicht einmal ein leises Flüstern, bis sein Kopf zur Seite kippte und gegen den Stein lehnte. Ich wusste nicht genau, was ich nun tun sollte, sah mich Hilfe suchend um. „Ronin?!“, rief ich, nun etwas lauter. Ich wartete einen Moment, doch bekam keine Antwort.

Erneut ließ ich meinen Blick zu dem Jungen hinüberwandern. Er schien teilweise schwer verletzt zu sein und so versuchte ich in meiner Tasche, die ich bei mir trug, etwas zu finden, was helfen könnte. Nichts. Ich fand gar nichts. So setzte ich mich neben den Jungen und versuchte ihn wenigstens etwas zu wärmen. Auch im Sommer waren die Nächte kalt…
 

Am nächsten Morgen wurde ich durch Gebell wach. Im ersten Moment war alles um mich herum verschwommen, doch als sich mein Blick aufklarte, erinnerte ich mich auch wieder, wo ich mich zurzeit befand. Das konnte auch mein schmerzender Rücken nicht leugnen. Der Junge schlief noch. Zumindest hoffte ich das. Ich schrak zusammen, als in der Nähe ein Ast zerbrach und das Bellen laut ertönte. Ängstlich vor dem, was sich mir dort näherte zog ich meine Beine näher an mich heran.

Dann hörte ich eine mir bekannte Stimme meinen Namen rufen. „Tessia? Tessia?!“ Meine Augen weiteten sich, ich wollte aufstehen, erhob mich und prallte mit dem Kopf gegen die harte Felsplatte. Das war deutlich zu hören, unter anderem, weil ich aufschrie. Nun hoffte ich nur, dass ich mir den Kopf nicht auch noch aufgeschlagen hatte, doch ich spürte kein Blut, wahrscheinlich wird es nur eine große Beule werden. Glück gehabt. Schließlich war ich für normal immer ziemlich anfällig für jegliche Art Verletzung.

Der, der meinen Namen gerufen hatte, war Domar, der Schmied aus dem Dorf. Er hatte seinen Hund, Ronni bei sich. „Tessia?“, hörte ich ihn erneut fragen, als er sich bückte um unter den Fels zu blicken. „J-Ja…“, sagte ich, noch immer die Hände schützend über den Kopf haltend. Ebenso in der Hoffung, dass der Schmerz dadurch nachließ. Als ich zu ihm aufschaute, sah ich das kantige Gesicht Domar´s, welches nun ein breites Lächeln aufwies. Er schien mich schon eine Weile gesucht zu haben, denn Ronni war bereits am hecheln. Der Hund hatte sich in den Schatten gelegt, denn die Sonne schien mittlerweile schon wieder vom Himmel herab. Die vereinzelten Sonnenstrahlen, die die Baumkronen immer wieder durchbrachen ließen den Wald wie aus einem Märchen entsprungen erscheinen.

„Kannst du mir helfen?“, fragte ich Domar schließlich und deutete auf den verletzten Jungen. Noch immer war er nicht aufgewacht. Dann, plötzlich fiel mir auch mein Bruder wieder ein, während der Schmied den Jungen betrachtete. „Was ist mit-“ „Deinem Bruder geht es gut, er ist zu Hause.“, unterbrach mich Domar. Ich war erleichtert, als ich das hörte. Doch dann wendete ich mich wieder dem verletzten Jungen zu. „Könntest du ihn tragen? Aber vorsichtig!“, bat ich ihn um Hilfe. Zusammen zogen wir ihn unter dem Felsvorsprung hervor und Domar hob ihn hoch. Alles schön langsam und vorsichtig, um die Wunden nicht aufzureißen. Im Licht der Sonne waren sie alle noch deutlicher zu erkennen. Große, lange und tiefe Wunden, sowie aber auch ein paar Kleine. Auch Prellungen und blaue Flecke waren zu sehen. Er schien einiges durchgemacht zu haben.

Dann gingen Domar, Ronni und ich, mit dem Jungen in unserer Obhut zurück zum Dorf. Es war noch ein etwas längerer Weg, der vor uns lag…
 

Als wir schließlich die ersten Häuser erreicht hatten, war der Junge immer noch nicht wach. Ich hoffte nur, dass er noch nicht gestorben war und ging schweigend weiter. Den ganzen Weg über hatten wir geschwiegen. Ab und zu jedoch konnte man von Domar ein Räuspern vernehmen.

Als die ersten Anwohner und bemerkten, betrachteten sie erstaunt und verwirrt den Neuankömmling, den wir bei uns hatten. Schließlich entdeckte auch Ronin uns. Er war die ganze Zeit über durch das Dorf gelaufen und hatte an jeder Ecke nach uns Ausschau gehalten. Woran ich das erkannte? Er atmete reckt hektisch, was vom Laufen kommen müsste, zudem war das Leuchten in seinen Augen unübersehbar, als er auf uns zu lief. Freudig schlossen mein Bruder und ich uns in die Arme. Er fragte, wo ich gewesen sei, doch ich meinte nur, dass er es später erfahren würde. Denn vorerst war der verletze Junge wichtiger.

Domar trug ihn in unser Haus. Dort legte er ihn in ein Bett, was ich gezeigt hatte. „Vielen Dank!“, sprach ich zu dem Schmied, der sich nur verlegen hinter dem Kopf kratze und „Kein Problem!“ sagte. Dann drehte er sich um und ging.

Währenddessen hatte Ronin bereits unseren Vater geholt. Er schaute sich den Jungen an, nachdem er mich freudig begrüßt und berichtet hatte, wie große Sorgen er sich doch um mich machte. Zusammen kümmerten wir uns um seine Wunden, wuschen sie aus und verbanden sie. Der Puls des Jungen war noch zu spüren, so schien noch zu leben. Erleichterung machte sich in mir breit, als ich dies bemerkte. Wenn er gestorben wäre, hätte ich mich dafür schuldig gemacht…

Schließlich waren wir fertig und ließen uns auf zwei Stühle sinken. Es war anstrengend gewesen, jede einzelne seiner Verletzungen zu versorgen. Dann, er bewegte sich, öffnete seine Augen. Doch leider nur ganz kurz. Er brauchte Ruhe, musste sich erholen, bevor ich ihn hätte befragen können, was ihm passiert sei.

Auch dieser Tag neigte sich langsam dem Ende. Die ganze Zeit über Jungen gewacht, doch als es immer dunkler zum mich herum wurde, schlief ich ein.
 

Am nächsten Morgen wachte ich auf. Zwar war es Sommer, doch ich begann zu frieren. Es war seltsam, denn die letzten Tage schien die Sonne immer und daher war es auch schön warm. Aber heute… Heute war irgendetwas anders. Ohne groß nachzudenken stand ich auf und schaute aus dem Fenster. Der Himmel war bewölkt, doch es regnete nicht. Dann drehte ich mich um und bemerkte, dass der Jung wach war. Er saß aufrecht neben mir, am Fenster und schaute hinaus. „Guten Morgen“, sagte ich freundlich, mit einem Lächeln auf den Lippen, während ich meine Arme um meinen Körper legte, um diesen etwas zu wärmen. Er drehte seinen Kopf langsam zu mir und sah mich an. Seine Augen waren klar, so hell, fast weiß schimmerten sie, mit bläulichem Glanz. Solche Augen hatte ich noch nie gesehen, somit verlor ich mich in ihnen. Doch desto tiefer ich ihn ihnen versank, desto kälter schien es zu werden. So musste ich schließlich zur Seite blicken, damit mir nicht noch kälter wurde.

Der Junge hatte nicht geantwortet, mich nur angesehen. Kurz darauf stand ich auf und holte mir eine Decke, nur, um mich wieder zu ihm zu setzen. Zusammen schauten wir aus dem Fenster. Doch dann, als ich nach einer Weile den Jungen wieder ansehen und ihn etwas fragen wollte, war er nicht mehr da. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich es nicht zu bemerken schien, wie er mich verließ. Besorgt sah ich mich im Raum um, ob er sich nicht wieder zum Bett begeben hatte, doch dies schien nicht der Fall zu sein…

Ich stand auf, die Decke rutschte mir langsam von den Schultern und fiel zu Boden. Dann verließ ich den Raum und suchte im Haus nach ihm. Nichts. Mein Herz begann schneller zu schlagen. Was wäre, wenn er sich wieder verletzt, oder draußen verlaufen hätte?! Ich eilte hinaus, um dort nach ihm zu suchen. Schon sammelten sich Tränen in meinen Augen vor Sorge um ihn. Mein Blick, hektisch von der einen zur anderen Seite blickend, suchte ich weiter nach ihm. Ich ging los, wurde immer schneller. Ging hinaus, aus dem Dorf, weg von den Häusern...

Und dann sah ich ihn. Er stand allein auf einer Wiese, sah ihn den Himmel. Die Verbände, um ihn herum verstreut. Ich ging auf ihn zu, kam jedoch ein paar Schritte entfernt zum Stehen. Ich schaute in den Himmel und dann passierte etwas Unglaubliches! Kristalle fielen vom Himmel. Schneekristalle, die so schimmerten wie die Augen des Jungen. Sie bedeckten alles um mich herum. Das Gras, Die Büsche und Bäume, sowie auch uns. Die einzelnen Flocken setzten sich auf die Haut des Jungen, doch schmolzen nicht. Sie schienen seine Wunden zu schließen. Denn nach einer Weile verschwanden sie und die Haut darunter kam unversehrt zum Vorschein. Der Junge drehte sich um und sah anders aus als vorher. Er wirkte so sanft und zerbrechlich. Sein Blick traf auf meinen, wir sahen uns an. Und dann höre ich eine klare, ruhige und freundliche Stimme: „Vielen Dank, dass du für mich gesorgt hast. Ich bin Yuki, der Schnee. Ich kam in Menschlicher Form auf die Erde um zu verstehen. Und nun schenke ich euch einen Teil von mir. Er wird immer wiederkehren, doch ich nicht ich. Zumindest nicht in dieser Form.“ Mit diesen Worten drehte er sich erneut um. Ich konnte nichts sagen, meine Stimme hatte versagt. Yuki ging los, entfernte sich von mir. Langsam löste er sich auf, wurde selber zum Schnee, der ihn umgab. Der Wind trug ihn letztlich davon…
 

Und so kam es, dass der Schnee immer wieder um diese Zeit im Sommer vom Himmel fällt. Jedes Mal erinnere ich mich an diese Begegnung, an diesen Jungen. Und immer stand ich an der Stelle, an der wir uns damals trennten. Ich schließe meine Augen und höre was er mir zu erzählen hat.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  --Tina--
2010-12-26T13:18:31+00:00 26.12.2010 14:18
Herzlichen Dank für die wunderschöne Geschichte. Ich finde sie toll!
Sie ist super geschrieben. Man überlegt die ganze Zeit, was es mit diesem Jungen auf sich hat. Ist selten, dass ein Charakter so fesselnd ist, dass man während des Lesens überlegt, was oder wer er ist, doch bei dem Jungen (Yuki) hab ich die ganze Zeit überlegt, wo er herkam und wie er dort verletzt im Wald gelandet ist. War von "Räuberopfer" bis zu "verletzer Magier" alles dabei ;)
Die Idee, dass er der Schnee ist, ist absolute Spitzenklasse. Sehr fantasievoll und total überraschend, obwohl du es andauernd angedeutet hast mit der Kälte in seiner Nähe etc.
Du kannst es natürlich nicht wissen, aber ich liebe Schnee. Also noch ein weiterer Pluspunkt für die Geschichte. Und die Vorstellung davon, dass es dort jeden Sommer einmal schneien sollte, ist irgendwie ziemlich niedlich.


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