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Wie das Schlafen vom Schreiben abhängt

von

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Du erwachst und öffnest nur langsam die Augen. Aber alles, was du siehst, ist das Leuchten der Weckeranzeige, es ist tiefste Nacht. Du bist hundemüde, fühlst dich wie erschlagen und dein Schädel brummt. Doch ist an Schlaf nicht mehr zu denken, denn auf deiner trockenen Zunge liegen Worte, die dich schon seit Nächten aus dem Schlaf reißen und in dir eine Unruhe auslösen. Doch sobald der Tag anbricht, sind die Worte weg und kommen erst wieder, wenn dir die Augen zufallen. Du versuchst lange, den Worten Einhalt zu gebieten, die Kontrolle über sie zu behalten, und ihnen deutlich zu machen, dass alleine du bestimmst, wann diese Worte ihren Weg aufs Papier finden.

Aber eines Nachts verlierst du gewiss. Du hast es von Anfang an gewusst. Denn die Worte führen ein Eigenleben, packen dich an der Gurgel und dröhnen so unendlich laut in deinem Kopf, dass kein Schmerzmittel gegen diesen Schmerz hilft. Sie bringen dich an den Rand des Wahnsinns.

Also schnappst du dir mitten in der Nacht einen Stift und einen Block, oder setzt dich an den Computer und öffnest Word, um den Worten ihren Willen zu gewehren. Das, was du niederschreibst, macht dir selbst Angst. Nicht du schreibst die Worte, die Worte schreiben dich. Es sind dunkle Worte, die nur in der Nacht überleben können. Und sie saugen an dir, zerren an deiner Kraft. Während du schreibst, spürst du, wie allmählich die Kopfschmerzen und die Trockenheit im Mund verschwinden. Die Worte gleiten durch die Nacht, nehmen noch mehr Leben an, werden real und machen dir jetzt noch mehr Angst und trotzdem musst du darüber lachen. Schließlich sind es nur Worte!

Ja, für andere sind es Worte, für dich ist es Leben, welches du damit erschaffst. So wie Frankenstein ein Monster erschaffte, erschaffst du hiermit auch Leben, welches jedoch viel fürchterlicher als ein Monster ist. Zumindest für dich. Denn von diesen Worten hängt dein Leben ab, sie sind es, die dich leiten und durch das Leben führen. Deshalb beschließt du, dass diese Worte niemals jemand zu Gesicht bekommen wird. Aber das wollen die Worte nicht. Sie wollen von anderen gelesen werden und sie werden dir solange keine Ruhe lassen, egal ob bei Tag oder Nacht, bis du sie jemanden zeigst. Du wirst solange nicht schlafen können, bis sie jemand gelesen hat.

Letztendlich wirst du den Kampf gegen die eigenen Worte immer verlieren. Sie sind es, woraus du und dein Leben bestehen. Und am Ende wirst du sie jemanden zum Lesen vorsetzen, gleichgültig, was er darüber denkt, nur um endlich, nach Tagen, Wochen oder gar Monaten in Frieden schlafen zu können.

Und wenn du das getan hast, ja, dann bleiben nur noch drei Worte übrig:

Gute Nacht, Welt!



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