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Lächle für mich

von

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Der Vogel

Gesättigt, doch noch immer etwas missmutig verließ ich das Restaurant wieder. Ich schloss die Tür hinter mir und war gerade dabei, mich umzudrehen, als es „WUMMS“ machte. Ein Glück federte meine dicke Jacke den Aufprall etwas, denn der honigblonde Wuschelkopf war direkt in mich reingelaufen.

„Sumimasen!“, schniefte er mit gesenkten Haupt und wollte weitereilen.

„Daijobu desu.“, erwiderte ich automatisch, doch als der junge Mann daraufhin kurz zu mir aufblickte und ich die Tränen in seinen schwarzbraunen Augen sah, setzte ich hinzu:

„Ist alles okay mit dir?“

Er hatte sich schon umgdreht, und wollte mit den Worten „Hai. Danke der Nachfrage.“ loslaufen. Da hörte ich es:

„Darling! Nun warte doch! Bitte verlass mich nicht! Ich kann nicht ohne dich!! Ich liebe dich doch! Nur dich!!“

Sofort zuckte der Wuschelkopf vor mir zusammen und kam ins Schlittern. Wimmernd lehnte er sich gegen eine Hauswand und hielt den Kopf in seinen Händen verborgen.

Die Stimme kann näher: „Bitte gib mir noch eine Chance! Ich werde es nie wieder tun! Versprochen! Ich liebe dich doch!! Darling!“ Der junge Mann schluchzte und sank beinahe auf die Knie. Mühsam rappelte er sich wieder auf und wollte weiterlaufen.

Ich wusste, dass das, was ich da gerade eben mitbekam, mich nichts anging, doch ich konnte nicht anders: Ich packte den von Zittern geschüttelten Blondschopf und zog ihn in meine Arme. Völlig unerwartet klammerte er sich an meine Jacke und sah kurz zu mir hoch. Das war für mich nur noch eine weitere Bestätigung. So wankten wir beide los, weg von der Stimme. Ich führte uns durch gewinkelte Seitenstraßen und enge Gässchen, bis die Stimme nicht mehr zu hören war, doch wir machten erst halt, als wir vor dem Mehrfamilienhaus standen.

„Komm.“, sagte ich und schob ihn sanft durch die Eingangstür. Er wehrte sich auch jetzt noch nicht und sah mir ruhig zu, wie ich die Tür zu meiner Wohnung aufsperrte. Als ich ihm mit einem Nicken bedeutete, einzutreten, gehorchte er zögernd.

„Nun...“ Ich sperrte wieder hinter uns zu und drehte mich zu meinem Gast um.

Von diesem schien in dem Moment, als ich abgesperrt hatte, alle Angst gewichen sein, denn er blickte nun mit strahlenden Augen zu mir hoch. „Arigatou gozaimasu!! Du hast mich gerettet!“, hauchte er und fiel mir um den Hals.

Ich wusste gar nicht, wie mir geschah und strich dem Kleinen unschlüssig über den Rücken.

„Ehm, gern geschehen, ... denk ich.“, nuschelte ich.

Da schien auch ihm endlich bewusst zu werden, dass er gerade einen wildfremden Mann umarmte, der ihn, ohne ihn zu fragen, mit in seine Wohnung geschleppt hatte. Er löste sich wieder von mir und trat ein paar Schritte zurück. Seine Wangen glühten etwas, doch er wich meinem Blick nicht aus.

Trotz seiner dankbaren Reaktion war mir die ganze Situation jetzt doch ein wenig unangenehm. Ich hatte das ungute Gefühl, mich in etwas eingemischt zu haben, was mich so ganz und gar nichts anging. Außerdem irritierte mich der flammende Blick des Kleinen. ‚Du hast dir das eingebrockt, also musst du die Suppe jetzt auch auslöffeln...’

„Aaalso... wie heißt du eigentlich?“

„Teishikata Kunihiko. Aber es wäre mir lieber, wenn du mich Jin nennen würdest.“, gab er bereitwillig preis, „Und du?“

„Shiroyama Yuu. Aoi.“

„Danke noch einmal, Aoi.“ Wieder dieses dankbare Glitzern in seinen Augen. Es rief ein seltsames Gefühl in mir hervor. ‚Kawaii...’

Ich musterte ihn schweigend. Die honigblonden Wuschelhaare umspielten seine weichen Gesichtszüge. Ein kleines Näschen und darunter wunderschöne, volle Lippen. Große schwarzbraune Augen, umrandet von dichten, schwarzen Wimpern. Mein Blick wanderte an seinem Hals herab, blieb dort kurz hängen, als er schluckte - er schien meinen musternden Blick bemerkt zu haben - dann weiter runter zu seinem schmalen Oberkörper. Er hatte ein T-Shirt mit weitem V-Ausschnitt an, sodass ich die angedeuteten Schlüsselbeine über seiner Brust sehen konnte. Immer weiter nach unten, wieder machten meine Augen kurz halt - an seinen Hüften - doch ich beschränkte mich auf einen kurzen Blick und -

Ich wurde jäh gestoppt, als ein grummelndes Geräusch erklang.

„Sumimasen!“ Jin hatte den Kopf gesenkt, doch seine dunklen Augen fanden die meinen durch den Vorhang aus Haaren.

„Ich hab noch Fertig-Ramen hier.“, bot ich automatisch und ohne auf seine Entschuldigung einzugehen an.

„Ich-Ich will dir nicht noch mehr Umstände bereiten...“, murmelte er verlegen, doch sein Magen knurrte ein weiteres Mal.

„Ach was.“ Und schon hatte ich mich in die Küche begeben. „Mach es dir inzwischen ruhig im Wohnzimmer bequem.“, rief ich ihm zu.

Ich kramte eine Nudelpackung aus dem Küchenschrank und legte diesen auf die Ablange. Verwirrt stellte ich fest, dass meine Hände leicht zitterten. Ich stellte einen Topf mit Wasser auf den Herd und wartete. Einatmen. Ausatmen. Himmel, was war nur mit mir los? Langsam führte ich meine Hand zu meiner Brust. Ich spürte, wie mein Herz dagegen hämmerte. Ein Bild erschien in meinem Kopf. Jins volle Lippen. Sie waren leicht geöffnet. Sie sagten ‚Küss mich.’

Ich hatte schon lange niemanden mehr geküsst...

„Argh..!“ Das Wasser kochte und ich schüttete die Nudeln samt Gewürzpulver und Öl in den Topf. Geduldig beobachtete ich, wie die Nudeln in dem Wasser aufgingen. Doch dann kam das nächste Bild. Jins schmale Hüften. Nur nicht so, wie ich sie eben noch gesehen hatte, sondern in gefährlich engen Strapse. Schnell rieb ich mir die Augen, um diese Fantasie aus meinem Kopf zu verbannen. Was war nur mit mir los?

Ich öffnete meine Augen wieder und sah erneut Jin. Seine schwarzbraunen Augen blickten mir neugierig entgegen.

„Dauert es noch lange, Aoi?“

Einen Moment lang war ich zu perplex, um zu antworten, doch dann sammelte ich mich wieder und schüttelte den Kopf. „Nein, sie sind bald fertig.“

Ich griff nach einer Schüssel aus dem Regal und stellte sie neben den Herd. Während ich noch ein Paar Stäbchen aus einer Schublade holte, merkte ich, wie Jin näher kam.

„Wieso hast du mir eigentlich geholfen, Aoi?“, wollte er leise wissen.

„Ich könnte genauso gut fragen, weswegen du keine Angst vor mir hast. Ich könnte genauso gut ein perverser Irrer sein können, der deine Situation ausnutzt.“, gab ich zurück.

„Ich hab noch nie von perversen Irren gehört, die ihren ‚Opfern’ Suppe machen.“

„Tjahaa, das ist eben meine Art, um Vertrauen zu gewinnen.“, scherzte ich. Seine Nähe irritierte und beruhigte mich zugleich. Vorsichtig schüttete ich einen Teil der Suppe in die Schüssel.

„Jetzt hab ich aber Angst.“ Jin grinste.

„Hiier, deine Suppe, mein Süßer.“ Ich grinste zurück und reichte ihm die Schüssel.

„Ohh, dankeschöön..!“ Mit einem überwältigend niedlichen Ausdruck nahm er sie entgegen und huschte vor mir in Richtung Wohnzimmer.

Dort ließen wir uns auf der Couch nieder und Jin begann seine Suppe zu essen.

„Nein, aber jetzt noch mal ehrlich,“, fing er an, als er die leere Schüssel mit einem zufriedenen Seufzer auf den Tisch gestellt hatte, „Was hat dich dazu gebracht, mir zu helfen?“

Der Kleine saß direkt neben mir. Vielleicht noch ein paar Zentimeter und unsere Knie hätten sich berührt. Ich rutschte etwas auf meinem Sitz hin und her.

„Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Du sahst so verzweifelt aus und dann kam wohl so ein ‚Ach-was –soll’s-Moment’ bei mir und ich hab dich mitgezogen.“, gab ich schulterzuckend zu.

„Aha.“

„Und wieso hast du dich nicht gewehrt?“

„Ein ‚Alles-ist-besser-als-die-Scheiße-in-der-ich-jetzt-grad-steck-Moment.“, erwiderte Jin trocken.

„Ahh.“

„Hätte aber ganz schön in die Hose gehen können, denk ich.“

„Auf jeden Fall.“

„Perverser Irrer, der Vertrauen mit Suppe gewinnt und so.“

„Jap.“

Dann schwiegen wir. Zumindest für eine Weile, denn auch Jin schien die Stille etwas unangenehm zu sein. Er legte den Kopf etwas schief und fragte mich: „Du brennst doch bestimmt vor Neugier, zu erfahren, was da eigentlich loswahr, oder?“

„Nun, als ‚vor Neugier brennen’ würde ich es nicht bezeichnen, aber interessieren würde es mich schon.“, antwortete ich wahrheitsgemäß. Es ging mich schließlich nichts an.

„Soll ich’s dir erzäählen?“

„Wenn du willst.“

‚Na da bin ich ja mal gespannt.’. dachte ich und machte mich auf das Schlimmste gefasst. Doch Jin grinste nur schelmisch und streckte mir kurz die Zunge raus.

„Mach ich aber nicht!“

„Wa-?“, setzte ich an, doch er gebot mir mit einer Handbewegung zu schweigen.

„Warte! Ich mach’s doch, aber nur unter einer Bedingung.“

Jetzt musste ich auch noch was tun dafür, dass er mir was erzählte, was ich eigentlich gar nicht wissen wollte? Da hatte ich mir ja einen seltsamen Vogel eingefangen.

„Nun sag schon, was willst du?“, gab ich nach.

„Du musst mich trösten.“

„Eh?“

„Du verstehst schon richtig. Ich erzähle dir, was los war und dann, wenn ich kurz davor bin, in Tränen auszubrechen, nimmst du mich in den Arm und so weiter.“, erklärte Jin noch immer mit einem Grinsen im Gesicht, „Also tust du’s?“

„Ja also...- “, stammelte ich. Ich war mehr und mehr irritiert.

Jin ließ mich nicht ausreden: „Gut! Abgemacht!“

Inzwischen beinahe gleichgültig versuchte ich ihn nicht mehr am weiterreden zu hindern.

„Ich habe eigentlich einen Verlobten.“, begann der Blondschopf.

„Einen Verlobten? Eigentlich? Hä?“

„Also das mit der Verlobung war nur so ein - naja - Wir sind nur verlobt, weil ich Hiroki sonst einmal rausgeworfen hätte, es war also mehr eine gezwungene Verlobung.“

„Hä?“, wiederholte ich. Was war das denn für eine Beziehung?

„Hiroki und ich sind seit fünf Jahren zusammen. Wir kannten uns zwar schon viel länger, aber als er nach seinem Studium in Amerika zurückkam, wurde uns bewusst, wie sehr wir uns brauchten. Wir leben auch seitdem zusammen.“

„Na das klingt doch bis jetzt ganz toll.“, warf ich ein.

„Ja sicher tut es das, aber wart nur ab.“, fuhr Jin mit einem traurigen Lächeln fort, „Ich liebe Hiroki sehr. Doch er - nun, ehrlich gesagt, weiß ich selbst nicht, was in ihm vorgeht. Manchmal ist er unendlich freundlich zu mir und tut alles, um mich glücklich zu machen, doch dann kommen Tage, an denen er mich behandelt, wie einen Niemand, mich beinahe ignoriert. Er kommt dann oft nicht nach Hause und ich bin mir sicher an diesen Tagen, da ...“

„... betrügt er dich?“

Jin nickte. „Hai... Und dann kommt er irgendwann wieder und benimmt sich, als wäre nichts geschehen. Wenn ich ihn darauf anspreche, beteuert er mir seine Liebe und verspricht mir, dass er das nie wieder tun wird. Doch dann, ein paar Tage darauf, wiederholt sich das Ganze wieder. Ich habe das Gefühl, er spielt nur mit mir...“

Seine Augen füllten sich mit Tränen.

„T-Tut mir Leid für dich, Jin.“, murmelte ich stockend.

„Und jetzt nimm mich in den Arm!“, befahl der Kleine mit einem lauten Schniefen.

Das hatte ich schon beinahe vergessen. Ich zog Jin zaghaft an mich, legte einen Arm um ihn und spürte, wie er sich an mich kuschelte. Doch schon bald hatte er seinen Kopf wieder gehoben und erwiderte meinen fragenden Blick fordernd. „Küss mich.“

„Huh?“

„Ich bin totaal traurig und flenn gleich los, also küss mich. Tröste mich!“, jammerte der Blondschopf lauthals.

Wehrlos beugte ich mich zu ihm runter und drückte ihm einen kurzen Kuss auf die Stirn.

„Auf den Mund wenn ich bitten darf!“, fauchte Jin.

Ich erzitterte unter seinem zerbrechlichen, warmen Körper und blickte in diese großen braunen Augen...

Schon spürte ich seine weichen Lippen auf den meinen. Hatte er sich zu mir gestreckt oder hatte ich mich runtergelegt? Das war in diesem Moment egal. Es zählte nur das Gefühl, das von der zarten Berührung unserer Lippen meinen ganzen Körper erfüllte. Viel zu schnell hatte er sich von mir gelöst.

„Das kannst du aber besser, Aoi.“, schnaubte Jin vorwurfsvoll und packte meine Nackenhaare.

Noch bevor ich mich irgendwie wehren hätte können, hatte er seine Lippen bereits wieder gegen die meinen gepresst.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Aoi_Kun
2012-07-24T21:59:32+00:00 24.07.2012 23:59
Ja da bin ich ja mal gespannt wie das weiter geht!
Von: abgemeldet
2012-07-24T21:02:31+00:00 24.07.2012 23:02
..ô_O ...diese wendung is wirklich unerwartet!!

äh... ich bin gespannt, wieso du das da jetz eingebaut hast ô_O
...und vor allem was denn da mit diesem komischen freund von Jin is..
Von:  Inan
2012-07-24T19:42:57+00:00 24.07.2012 21:42
...Ja. Genau, Jin. Ist vollkommen normal, sich von wahllosen Fremden in ihrer Wohnung trösten zu lassen und mit ihnen rumzukutschen. Ich mag den Kerl! xD
Für Aoi ist das aber bestimmt ne super Ablenkung von Ruha und dem Für-immer-und-ewig-Singleleben :'D
Klasse bisher <3
Von:  NarutoUzumaki
2012-07-24T17:56:26+00:00 24.07.2012 19:56
Es is extrem gewagt, aber ich find's iwie geil xDDD
aaaarmes aoilein, aber nyau uru kommt bestimmt noch mit aoi zam ;3
nyau, aber egal, du schreibst super :*
すき <3



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