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Frances

von

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Ausgesetzt

Frances drehte ihren Kopf etwas zur Seite als sie den warmen Atem des Captains auf ihrem Gesicht spürte. Sie wusste nicht übermäßig viel von den Dingen, die zwischen Mann und Frau passierten, deswegen war sie sich nicht sicher, worauf er hinauswollte. Sein erwartungsvoller Blick und das anzügliche Lächeln, das sich auf seinen Lippen festgesetzt zu haben schien, ließen sie jedoch ahnen, dass es nichts Gutes war.
 

Als er ihr Zögern bemerkte, drängte er sich noch etwas näher an sie heran und legte seine Wange so an ihre, dass seine Lippen direkt neben ihrem Ohr weilten. „Ein wenig körperlichen Einsatz würde ich begrüßen...“, raunte er ihr zu und berührte mit der Spitze seiner Zunge ihr Ohrläppchen.
 

Frances zuckte daraufhin erschrocken zusammen und legte ihm abwehrend ihre Hände auf die unbedeckte Brust. „Ich... Wie ich bereits sagte, kann ich mich an Deck nützlich machen...“, stammelte sie aufgeregt, denn sie fühlte sich gerade alles andere als wohl in ihrer Haut. Ein unkontrollierbares Kribbeln hatte sich in ihrer Bauchgegend breit gemacht und schickte sich an, langsam in ihren Unterleib weiterzuwandern. Sie verstand ihren Körper nicht und war ganz und gar nicht damit einverstanden, wie er auf die Avancen des Captains reagierte.
 

„Für deine zarten Hände wäre die Arbeit an Deck viel zu beschwerlich...“, bemerkte er mit weicher Stimme und nahm eine ihrer Hände von seiner Brust, um sie zu seinen Lippen zu führen und einen leisen Kuss auf ihre Fingerspitzen zu hauchen. „Ich hatte da eher an etwas... Aufregenderes gedacht...“ Sein Blick haftete unbeirrbar an ihr, während er sprach und sich anschließend mit seinen Lippen wieder ihren Fingerspitzen widmete. Ihr Herzschlag erreichte dabei bald ein Tempo, von dem sie annahm, dass es nicht mehr gesund sein konnte.
 

„Captain!“ Mit diesem Ruf und einem unterstützenden Pochen an der Tür wurde ihre traute Zweisamkeit jedoch jäh zerstört. „Kingsleys Crew hat aufgegeben. Wir haben die Truhe wieder und können weitersegeln!“

Und tatsächlich war von dem lauten Kampfgeschrei, das bis vor wenige Minuten noch deutlich hörbar gewesen war, nichts mehr zu vernehmen.
 

Der Captain wendete sich daraufhin auf der Stelle von Frances ab. „Ich komme!“, rief er, bevor er sich noch einmal umwandte und sie ansah. Sie stand da wie ein in die Ecke getriebenes Reh; mit großen, sorgevollen Augen, unfähig, ihre Angst zu verstecken. Ein kaum merkliches Lächeln huschte ihm bei diesem Anblick über die Lippen.
 

„Ich werde an Deck gebraucht.“, teilte er ihr schließlich mit. „Du kannst dich in der Zeit ausruhen und mein Bett zum Schlafen benutzen. Wenn ich wiederkomme, klären wir alles Weitere.“ Damit drehte er sich um und wollte die Kajüte verlassen, als ihm Frances aus einem Impuls heraus hinterher rief: „Ihr wisst meinen Namen. Darf ich auch Euren erfahren?“ „Ian McNally.“, lautete seine knappe Antwort, für die er sich nicht einmal die Mühe machte, sich umzudrehen.
 

Als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, sank Frances kraftlos zu Boden. „Ian McNally...“, wisperte sie vor sich hin. Wer war dieser Mann? Sie hatte immer geglaubt, Piraten wären grobschlächtige, einfältige Kerle, doch er schien das genaue Gegenteil von dieser Vorstellung zu sein. Wie sollte sie ihn einschätzen? Was würde sie von ihm erwarten können?
 

Resigniert schloss Frances die Augen und seufzte. Sie hatte im Moment nicht die Nerven dafür, sich über derlei Dinge den Kopf zu zerbrechen. Sie fühlte sich plötzlich todmüde und bemerkte nun deutlich wie sehr die Aufregung der letzten Tage – und vor allem der letzten Stunden – an ihren Kräften gezehrt hatte.
 

Mühevoll schleppte sie sich also zum Bett des Captains und fiel in einen tiefen traumlosen Schlaf, sobald ihr Kopf das Kissen berührt hatte.
 

****
 

Sie erwachte erst wieder, als sie spürte wie jemand sanft an ihrer Schulter rüttelte. Widerwillig öffnete sie daraufhin die Augen – und schaute direkt in Ians Gesicht. Erschrocken und plötzlich hellwach setzte sie sich auf und brauchte einen Moment, um zu realisieren, wo sie sich überhaupt befand. Als sie sich umsah, fiel ihr auf, dass es noch immer dunkel war. Sie fragte sich, wie lange sie wohl geschlafen hatte, denn ausgeruht fühlte sie sich noch lange nicht.
 

„Begleitest du mich nach draußen?“, wollte Ian wissen und hielt ihr seine Hand hin, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Als sie sie annahm und sich daraufhin elegant aus dem Bett schwang, grinste er wissend. „Wie ich es mir dachte. Eine perfekt erzogene Lady. Du stammst aus sehr reichem Hause, habe ich Recht?“
 

Frances errötete daraufhin ertappt. Wochenlang hatte sie sich auf ihr neues Leben als Mann vorbereitet, doch kaum achtete sie nicht genau darauf, vergaß sie alles wieder. Das ärgerte sie, vor allem weil sie sich im Moment einem Menschen gegenüber sah, dessen Charakter sie kaum auch nur erahnen konnte.
 

Als sie schließlich aus der Kabine heraus auf das Deck traten, schaute Frances sich zuallererst um. Das Schiff schien etwas kleiner zu sein als Kingsleys, doch im Großen und Ganzen wirkte es für ihre ungeübten Augen sehr ähnlich. Es besaß drei hohe Masten mit riesigen weißen Segeln, die sich leicht durch den schwachen Westwind aufblähten. Das Deck war – wie Frances fand – für ein Piratenschiff überraschend leer und sauber. Nur vereinzelt standen gut zusammengezurrte Kisten, Fässer und Kanonen in den Ecken, an der Reling und unter den beiden breiten Holztreppen, die hinauf zum Achterdeck und zum Steuerrad führten.
 

Sie gingen zur Reling, wo Frances sich erst einmal ausgiebig streckte, da sie wie so oft in letzter Zeit das Gefühl hatte, jeder Muskel in ihrem Körper wäre verspannt oder verzogen. Ian beobachtete sie dabei äußerst aufmerksam, wobei sein Blick hauptsächlich lüstern an ihren bandagierten Brüsten hing. Als Frances dies bemerkte, reagierte sie umgehend, indem sie schnell die beiden Seiten ihres zerrissenen Hemdes nahm und sich damit bedeckte.
 

Enttäuscht wendetet er sich daraufhin von ihr ab und richtete seinen Blick auf den tiefschwarzen Horizont.
 

„Äh... Hat dieses Schiff denn auch einen Namen?“, wollte Frances nach einer Weile wissen, da sie die Stille, die zwischen sie getreten war, als äußerst unangenehm empfand. „Crying Mary.“, antwortete Ian allerdings nur gelangweilt und erstickte damit jedes aufkommende Gespräch im Keim.
 

Frances entging der plötzliche Verlust seines Interesses natürlich nicht und sie fragte sich, ob dies wohl ein geeigneter Zeitpunkt war, um sich nach seinem seltsamen Verhalten früher am Abend zu erkundigen.
 

„Captain McNally? Gibt es... Gibt es einen Grund, warum Ihr vorhin nicht... nunja... nicht das mit mir getan habt, was Piraten sonst mit erbeuteten Frauen tun?“, wollte sie mit etwas zittriger Stimme wissen und erlangte damit sofort wieder seine Aufmerksamkeit. Sein Kopf schnellte zu ihr herum und auf seinen Lippen erschien das für ihn anscheinend so typische Lächeln.

„Von was für Dingen sprichst du?“, erkundigte er sich unschuldig mit einer Gegenfrage, was Frances ins Stocken brachte.

„Ich... Ich weiß nicht genau... Ich habe darüber nur in Büchern gelesen und...“

„Und was?“, hakte er nach und man sah ihm den frivolen Spaß, den er gerade hatte, überdeutlich an.
 

Er machte einen Schritt auf die neben ihm stehende Frances zu, packte sie an den Hüften und hievte sie mit einem Ruck auf die Reling. Ein erschrockener Laut entwich ihr dabei und sie hielt sich Halt suchend an seinen Schultern fest. Ihre Unsicherheit ausnutzend schob er ihre Beine auseinander und drängte sich dazwischen. Seine Hände schob er anschließend langsam um ihre Taille und zog ihren Körper näher zu sich heran.
 

„Ich werde dir verraten, warum ich nicht das mit dir getan habe, was Piraten sonst mit erbeuteten Frauen tun.“, verkündete er großzügig, indem er ihre Formulierung wiederholte und schaute dabei in ihre vor Schreck und Ratlosigkeit geweiteten hellbraunen Augen. „Weil du keine Herausforderung bist, Liebes. Du bist ängstlich, du hast ganz offensichtlich nicht die geringste Ahnung von den Dingen, die zwischen Mann und Frau geschehen und wenn ich dich zwingen würde, würdest du dich mit großer Wahrscheinlichkeit ohne Gegenwehr in dein Schicksal ergeben. Mit solchen Frauen kann ich nichts anfangen und ich will ihre Unerfahrenheit auch nicht ausnutzen. Ich hätte keinen Spaß dabei – und nur darum geht es doch: um Spaß.“
 

Frances wusste nicht, ob sie seine Worte als Kompliment oder Schlag vor den Kopf auffassen sollte. Doch noch bevor sie sich ernsthaft darüber Gedanken machen konnte, spürte sie, wie sie plötzlich nach hinten geschubst wurde und im nächsten Moment ins eiskalte Meerwasser eintauchte. Strampelnd kämpfte sie sich zurück an die Oberfläche und schnappte dort angekommen schwer nach Luft. Hustend blickte sie nach oben zur nun mehrere Meter über ihr befindlichen Reling.
 

„Ich hoffe, du kannst schwimmen.“, meinte Ian zuckersüß und winkte ihr zu. Frances war derweil vollkommen überfordert. Überfordert mit der Situation, mit dem Wasser und mit Ians unerklärlichem Verhalten.

„Was um Himmels Willen soll das?!“, rief sie ihm wütend entgegen, während sie versuchte, nicht unterzugehen.

„Ich kann dich an Bord meines Schiffes nicht gebrauchen.“, antwortete er sachlich. „Du wolltest bis zur nächsten Insel mitgenommen werden und dort ist sie.“ Er deutete auf den Horizont hinter ihr. „Bis dorthin kannst du schwimmen und dann sehen, wie du weiterkommst. Ein schönes Leben wünsche ich dir noch.“
 

Unbändige Wut stieg plötzlich in Frances auf. Sie schlug mit den Fäusten auf die Wasseroberfläche, doch das brachte erwartungsgemäß nichts.

„Wir werden uns wiedersehen und dann werdet Ihr dieses schändliche Verhalten ganz furchtbar bereuen!“, wetterte sie, doch er entgegnete nur kühl: „Ich sehne diesen Tag jetzt schon herbei, Liebes.“ Damit drehte er sich um und verschwand aus Frances’ Sichtfeld.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2011-03-05T20:30:58+00:00 05.03.2011 21:30
Awh, klingt ja interessant! :3
Ich als Piratenfan werde auf jeden Fall weiterlesen. Die Story ist sehr gut geschrieben, der Plot ansprechend.
*favorisier* :3
Von:  Gisi
2011-03-02T16:32:07+00:00 02.03.2011 17:32
Ja mehr, das freut mich ;)
Okay ich mag diesen Kapitän nich, der is doof :(
Aber ich bin gespannt wies weiter geht XD



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