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Apocalypse Please!

von

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Apocalypse Please!

„...müssen etwas daran ändern, Rebecca. Das kann nicht-“

„Gestern fand in London die 17.-“

„...und gießen den Balsamicoessig in die-“

„...womit wir auf einen durchschnittlichen Jahresgesamtumsatz-“

„Im dreistündigen Rhythmus je eine halbe Tablette-“

„Aber, wir haben noch nicht einmal über-“
 

Gelangweilt zappte Dominic sich durch die scheinbar unzähligen Kanäle, die sein Fernseher zu bieten hatte, jedoch lief rein gar nichts sehenswertes, lediglich der übliche Mist an Talkshows, langweiligen Dokumentationen, Kochsendungen und Liebesschnulzen.

Seufzend blieb er schließlich bei einer der letzteren hängen und ließ die Fernbedienung gen Polster des Sofas sinken, auf welchem er lag.

Gute zehn Minuten verfolgte er wenig begeistert den laufenden Film- und somit ein herzzerreißendes Wiedersehen einer 'Jessica' mit einem 'Thomas', die sich so übermäßig gespielt innig umarmten, dass Dom beinahe doch zur Talkshow übergegangen wäre- bis irgendwann leise Schritte ertönten, die ihn aufhorchen ließen.

Nur wenig später zog sich jemand die Rückenlehne der Couch hoch und schwang sich über diese drüber, kam so etwas umständlich neben Dominic zum Liegen.

Der Störenfried stützte den Kopf in seine rechte Hand und versperrte ihm somit das Bild.

Schweigend sah der Blonde seinem besten Freund in die Augen. Dieser erwiderte den Blick wortlos.

„Matt.“, kam die nüchterne Feststellung des Drummers. „Was gibt’s?“

Eine Weile lang schaute Matthew ihn einfach nur an, ehe er antwortete. „Mir ist langweilig.“

Ihm war langweilig. Wieso hatte er sich überhaupt die Mühe gemacht zu fragen?

„Mir auch.“

„Ich dachte du siehst fern.“

„Hm.“ Dominic deutete ein Schulterzucken an. „Warum störst du mich dann?“

Der Sänger schien einen Moment ernsthaft zu überlegen, ehe er zur Fernbedienung griff und das Gerät kurzerhand abschaltete.

„Jetzt siehst du nicht mehr fern.“

Dom schmunzelte. Das war so typisch. Typisch und dreist.

Hätte er sich tatsächlich etwas spannendes angesehen, wäre er nun vermutlich sauer. Obwohl...

„Scheint so.“, murmelte er ohne den Blick von den blauen Augen seines Gegenübers zu nehmen.

Diese schauten ihn auffordernd und abwartend zugleich an.

Doch der Blonde würde nichts tun. Nicht von sich aus.

Er wusste nämlich nicht recht, ob es einen Grund gab, aus dem der Gitarrist zu ihm gekommen war, oder ob ihn- wie er vorgegeben hatte- wirklich schlichtweg die Langeweile plagte.

Bei Matt konnte man das nie so genau wissen.
 

„Glaubst du an das Schicksal?“, begann der Dunkelhaarige irgendwann nach weiteren Minuten in denen sie sich stillschweigend angeblickt hatten.

Oha... Eines dieser Gespräche. Dominic wusste Bescheid.

Kam ja nicht gerade selten vor, dass der Jüngere plötzlich auftauchte und ihn mit philosophischen Fragen und selbst aufgestellten Theorien bombardierte. Meist verlor Dom irgendwann den Faden, sodass er den anderen einfach reden ließ und nur hin und wieder mal nickte, als Zeichen, dass er noch zuhörte. Verstehen musste er es ja nicht.

Dieses Mal würde es sicherlich auf selbiges hinauslaufen.

„Nein.“, antwortete er schließlich.

„Ich auch nicht. Das ist dumm. Stell dir mal vor, es wäre alles vorbestimmt, was wir hier machen...Ob wir Wasser trinken, oder Bier...“

„Oder Wein...“, fügte der Drummer amüsiert hinzu. „Also, damit hätten wir das abgehakt. Nächste Frage.“

Ein nicht wirklich schmerzhafter Schlag traf seine Schulter.

„Dom! Ich meine das ernst.“, beschwerte sich sich Matthew entrüstet und der Größere lachte leise auf. „Sorry...“

Ein leises, entnervtes Seufzen seitens des Gitarristen, dann herrschte wieder Stille.

Angenehme Stille, sodass Dominic am liebsten seine Augen geschlossen und vor sich hingedöst, dabei einfach nur die Nähe des anderen genossen hätte, welcher ihn allerdings bestens davon abzuhalten wusste.

Gedankenversunken zupfte der Schwarzhaarige an Dominics Shirt herum.

Dieser musterte ihn wortlos. Es war schon seltsam...wie vertraut das hier war.

Und dass er sich nicht mehr über ein solches Verhalten seines besten Freundes wunderte.

Nein, das tat er schon lange nicht mehr. Seltsames Verhalten war für den Sänger bereits normal, sowohl hyperaktives Rumgewusel, als auch ruhiges Insichgekehrtsein.

Somit brauchte er sich keine Sorgen um ihn zu machen. Matt war ok, das wusste er.

Wäre er es nicht, hätte Dom das längst gemerkt.
 

„Was würdest du tun...“, fing der Sänger letztendlich erneut an. „...wenn du wüsstest, dass morgen die Welt untergehen würde?“

Uff. Er hatte es also doch noch nicht aufgegeben. Wäre auch zu schön gewesen. Aber gut...

Dom dachte nach. Das war eine schwierige Frage... Eine sehr schwierige.

Was eigentlich? Was würde man tun, wenn man es wüsste?

In Panik verfallen vermutlich, in Tränen ausbrechen...

Die Vorstellung, es zu wissen, war schon komisch genug und verlieh ihm ein unschönes Gefühl in der Bauchgegend.

Wenn man wüsste, dass mit einem Mal alles zu Ende gehen würde... Schrecklich. Aber was sollte man am besten tun? Was wäre richtig?

Planlos sah er Matt an, der den Kopf mittlerweile auf seinen angewinkelten Arm gebettet hatte.

„Ich weiß nicht...was sollte man tun?“

Der Sänger schmunzelte. „Nicht 'man'. Sondern du. Ich habe gefragt, was du tun würdest. Was wäre für dich wichtig?“

Langsam nickte der Blonde. Okay...was würde er tun?

Vermutlich...noch einmal all das, was er am liebsten tat.

Sie würden einen hammermäßigen Gig spielen, anschließend ausgelassen feiern, mit all den Menschen, die ihm wichtig waren...

Ja, genau... Menschen, die ihm wichtig waren. Das war es wohl.

Man sollte die Zeit mit dem Menschen verbringen, den man liebte und bei diesem bleiben, bis zum letzten Atemzug.
 

Mit wem würde er seine letzten Stunden verbringen?

Normalerweise würde man wohl bei seiner Ehefrau sein wollen, bei den Kindern...der festen Freundin, dem festen Freund...

Eben bei dem Menschen, den man liebte. Logisch.

Automatisch wanderte Dominics Blick wieder zu dem zierlichen, dunkelhaarigen Mann, der neben ihm lag und die Hand- die bis eben noch an seinem Shirt herumgespielt hatte- nun auf seiner Seite ruhen ließ. Matthew.

Wenn er genau darüber nachdachte, schien die Frage doch recht simpel.

Er würde die letzten Stunden seines Lebens mit Matthew verbringen wollen.

Mit dem Menschen, der ihm am meisten bedeutete. So war es wohl.

Wenn morgen die Welt untergehen würde, würde er es ihm sagen.

Ja, das würde er. Er würde ihm sagen, wie gern er ihn hatte, wie wichtig er ihm war, wie viel er ihm bedeutete, wie sehr er ihn liebte.

Er würde ihm all das sagen, was er ihm schon immer sagen wollte, er würde ihn küssen und anschließend Arm in Arm mit ihm sterben.

Man,...das war ja noch kitschiger, als der Film, den er eben gesehen hatte.

Aber die Vorstellung hatte durchaus etwas. Nur...wäre dann alles zu spät.

Wenn er ihm seine Liebe gestehen würde, bevor sie starben, wäre das so gut wie sinnlos.

Nicht vollkommen sinnlos, denn immerhin hätte er es ihm dann gesagt, aber voneinander haben würden sie wohl auch nicht mehr viel.

Sie hatten eben nicht ewig Zeit. Auch, wenn es keine Apokalypse gab, ihre Zeit wurde immer knapper.

Mit jeder Sekunde, die sie hier auf dem Sofa herumlagen.
 

Eigentlich...sollte er gerade deshalb die Zeit nutzen, die er noch hatte. Und nicht warten, bis alles vorbei wäre.

Wer wusste schon, wann es überhaupt vorbei sein würde?

Vielleicht wäre es das schon in ein oder zwei Jahren. Vielleicht in ein oder zwei Monaten, Wochen, Tagen...oder gar Stunden.

Wer wusste schon, ob das hier nicht vielleicht die letzte Möglichkeit wäre?

Dominic biss sich auf die Unterlippe. Sollte er...?

Wenn nicht jetzt, wann dann? Ihr Leben war doch ohnehin viel zu kurz.

Der Blonde atmete tief durch, bevor er antwortete.

„Ich...ich würde dir sagen, dass ich dich liebe und dich küssen.“

Matt sah überrascht und gleichzeitig ein wenig irritiert zu ihm auf.

Dominic hielt den Atem an. Shit.

Für zwei Sekunden spielte er mit dem Gedanken einen Rückzieher zu machen und sich herauszureden- er könnte ihm sagen, dass es ein Scherz gewesen ist.

Doch auf den Lippen des anderen bildete sich ein leichtes Lächeln.

„Schade, dass es noch nicht soweit ist...“

Hä?

Verwirrt sah der Drummer ihn an. Was sollte das jetzt?

Er setzte bereits an, etwas zu sagen, doch Matt sprach einfach weiter.

„Aber...wir könnten ja so tun als ob. Was meinst du?“

Oh.

Also...hieß das...?
 

„Du meinst...eine Generalprobe?“ Dominic konnte nicht anders als leise aufzulachen.

Hauptsächlich aus Erleichterung. „Okay...“

Er schluckte. Sein Herz hämmerte wie verrückt gegen den Brustkorb, schien nahezu aus diesem ausbrechen zu wollen, so aufgeregt war er. Aber er würde das durchziehen. Auf jeden Fall.

Vorsichtig schlang er einen Arm um den Kleineren und zog ihn dichter an sich heran, so dicht, dass sich beinahe ihre Nasenspitzen berührten.

So dicht, dass er Matts warmen Atem auf seiner Haut spüren und dessen einzigartigen und unglaublich vertrauten Geruch wahrnehmen konnte.

Einen Moment lang blickte er ihm tief in die Augen, ehe er ein „Ich liebe dich.“, flüsterte.

Dann überbrückte er den letzten noch zwischen ihnen bestehenden Abstand und legte seine Lippen auf Matts.

Augenblicklich begannen die Schmetterlinge wild in seinem Bauch umherzuflattern und eine wohlige Welle der Wärme durchflutete seinen gesamten Körper. Es war wundervoll.

Er legte seine freie Hand in den Nacken des Jüngeren und drückte ihn sachte an sich.

Dieser seufzte leise auf, ließ seine Augenlider zufallen und begann schließlich den Kuss sanft zu erwidern.

Matt schob seinen Arm unter Dominics hindurch und strich über dessen schlanken Rücken, während er die anderen Hand an der Brust des Blonden ruhen ließ.

Schnell wurde der zaghaft begonnene Kuss inniger und ihre Umarmung sehnsüchtiger, so als könnten sie dem jeweils anderen gar nicht nah genug sein.

So, als hätten sie ewig auf diesen einen Kuss gewartet.

Erst als beide keine Luft mehr bekam, lösten sie sich schwer atmend voneinander.

„Ich liebe dich auch.“, antwortete der Sänger leise und lächelte glücklich, schmiegte sich dicht an den Größeren, der ebenfalls lächelte.

Offensichtlich hatten Matts philosophische Phasen auch ihre guten Seiten.

Zärtlich streichelte er durch die schwarzen Strähnen des Kleineren, welcher zufrieden seufzte.

„Ich würde dir sagen, dass ich dich auch liebe und ich würde dich festhalten, bis wir zusammen untergehen, Dommy.“

Ja...so würde er sterben wollen. Genau so. Wohl behütet in Dominics Armen.

Selbst das Ende der Welt würde ihm so keine Angst mehr machen.
 

Plötzlich ertönte das Geräusch einer sich öffnenden Türe und kurz darauf die Stimme des Bassisten.

„Tom, hast du- Was macht ihr da?“

Matt sah auf. „Tom ist nicht da. Wir spielen Apokalypse.“, antwortete er sachlich und Dominic gab ein glucksendes Geräusch von sich.

„Willst du mitmachen?“

„Uhm...“ Skeptisch beäugte der große Bassist seine Bandkameraden, die eng umschlungen auf dem Sofa lagen und schüttelte dann kurz den Kopf.

Die beiden wurden auch immer komischer. „Nein, danke. Ich warte lieber, bis es soweit ist.“

Damit machte er kehrt und zog die Tür hinter sich zu.

Matthews Blick wanderte wieder zu dem Blonden, welcher belustigt schmunzelte.

„Ich nicht.“, flüsterte er und verschloss die Lippen des Sängers zärtlich mit den seinen.
 

- End -



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  nama-kuriimu
2010-11-05T17:05:25+00:00 05.11.2010 18:05
Schön!
Gefällt mir sehr.
Und man konnte die Gefühle und Gedanken von Dominic richtig gut nachempfinden.
Mach weiter so!


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