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Kill this Killing Man I

Zurück ins Leben
von

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"Du benimmst dich kindisch"

164) „Du benimmst dich kindisch“
 

Mit leiser Stimme fuhr Carlton Westwood fort.

„Eines Nachts im März wurden wir zu den Aufnahmeprüfungen geholt. Wir mussten in einen Van steigen und uns wurden die Augen verbunden. Es ging weit raus.

Irgendwann hielten sie. Wir waren mächtig durchgeschüttelt worden.

Wir mussten aussteigen und fanden uns auf dem Schlachtfeld wieder. Jeder von uns bekam eine andere Aufgabe. Ken sollte der Erste sein und in der Dunkelheit auf einem Pferd über das Schlachtfeld galoppieren.

Ich war dagegen, denn Ken konnte nicht reiten!

Aber ich wurde überstimmt. Die Anderen fanden das so lustig, dass ich nach Ken reiten sollte, zusätzlich zu meiner Prüfung.

Ken musste aufsteigen. Sie drückten ihm einen Säbel in die Hand, hängten ihm ein Bettlaken über den Kopf und befestigten es irgendwie so, dass er es nicht herunter bekam. Kaum war das erledigt, schlugen sie dem Pferd aufs Hinterteil und es stürmte los. Schnell war er in der Dunkelheit verschwunden und wir hörten nur noch seine Schreie.

Kurze Zeit später erstarben diese Schreie.

Wir machten uns auf die Suche nach ihm.

Das Pferd war gestürzt. Es hatte sich ein Bein gebrochen. Sie ließen es einfach im Creek liegen. Es muss jämmerlich verendet sein.

Ken hatte noch weniger Glück. Er hatte sich bei dem Sturz das Genick gebrochen.

Seitdem verfolgt er mich. Wenn ich energischer widersprochen hätte, wenn ich ihn überzeugt hätte nicht zu reiten…“ Westwoods Stimme war immer leiser geworden. Jetzt brach sie ganz. Ihm standen die Tränen in den Augen.

„Sie hätten nichts tun können“, sagte Dean ruhig.

„Ich hätte es müssen!“

„Niemand hätte auf sie gehört!“, bestätigte Sam seinen Bruder. „Was ist mit Wang passiert?“

„Wie passiert?“, Carlton verstand nicht.

„Was haben sie mit seinem Körper gemacht?“

„Wir haben ihn in der Nähe des Creek, irgendwo weiter oberhalb der Stelle an der er gestürzt war, bei einem Baum verscharrt.“

„Und Mark Lynch?“, wollte Sam mehr wissen.

„Der war einer der Drahtzieher. Bei den Aufnahmeprüfungen und auch danach. Er hat den Anderen gedroht, dass sie alle dran sein werden, wenn einer redet.

Es war doch eigentlich nur ein dummer Streich.“

„Menschen!“, nuschelte Dean und überlegte, was sie jetzt machen sollten.

„Würden Sie das noch einmal einem Freund von uns erzählen?“, wollte Sam wissen.

„Warum sollte ich?“

„Der kann dafür sorgen, dass Lynch dafür bestraft wird.“

„Ich war auch dabei!“

„Sie wurden genauso gezwungen wie Ken Wang“, erwiderte Dean. „Wir können Ihr Gewissen nicht zum Schweigen bringen, aber wir können ihm zu seinem Recht und einer angemessenen Beerdigung verhelfen. Und seinen Eltern zu der Gewissheit, dass ihr Sohn nicht einfach verschwunden ist.“

„Und wer ist Ihr Freund?“, wollte Westwood unsicher wissen.

„Er ist vom FBI und heißt Nick Traven.“

„Ich weiß nicht…“

„Wenn Sie nicht mit ihm reden wollen, können wir das auch verstehen. Aber denken Sie bitte drüber nach.“ Dean drückte dem Mann noch einen 50-Dollar Schein in die Hand, ahnend, dass der Mann ihn in Alkohol umsetzen würde. Aber er hatte, je näher der Tag seines Todes kam, auch immer wieder zur Flasche gegriffen, um wenigstens ein paar Stunden nur schlafen zu können. Er konnte den Mann nur zu gut verstehen.

„Danke“, sagte der Blonde noch und erhob sich. Langsam ging er zu seinem Wagen.
 

„Wer bist du und was hast du mit meinem Bruder gemacht!“, platzte Sam hervor, kaum dass er im Wagen saß. Dean schaute ihn fragend an.

„Das ist unheimlich! Du bist unheimlich! Wieso stolperst du immer wieder über unsere Verdächtigen! Hast du ein eingebautes Radar dafür? Aber wieso arbeitet das erst jetzt?“

„Ich…“ Der Blonde brach ab. Darauf wusste er keine Antwort und er wollte sich darüber nicht den Kopf zerbrechen.

„Lass uns zusehen, dass wir Wang finden und dem Spuk ein Ende setzen.“

Sam nickte nur, warf seinem Bruder auf dem Rückweg aber immer wieder mal einen Blick zu.

„Wo willst du anfangen zu suchen?“, fragte er nach einer Weile.

„Ich vermute es wird in der Nähe der Köpfe sein. Irgendwo am Creek sagte er. Gab es da in letzter Zeit etwas Ungewöhnliches? Immerhin hat Wang bis jetzt friedlich unter seinem Baum geruht.“
 

Für eine ganze Weile gab es nur das Klappern der Tasten.

„Erdrutsche“, sagte Sam plötzlich. „Es hat in den letzten Wochen und Monaten erst viel Schnee und dann viel Regen gegeben. Die Böschung hat an einigen Stellen nachgegeben. Drei davon sind nicht weit von den Köpfen entfernt. Ich denke, wir beginnen da.“ Er deutete auf seinem Laptop auf eine Stelle. „Und arbeiten uns dann weiter vor.“

„Okay, dann machen wir gleich mal einen Spaziergang. Buddeln, salzen und verbrennen.“ Deans Augen leuchteten.

„War ja klar, dass du daran deinen Spaß hast, alter Pyromane!“ Sam lachte.

„Wollen wir das wirklich?“, fragte Dean. „Wenn wir wollen, dass man Lynch dafür dran kriegt, müssen wir die Knochen so lassen.“

„Ja, das hab ich mir auch schon überlegt. Aber wird Wang dann aufhören zu morden?“

„Ich vermute, dass bei den Erdrutschen etwas von dem Skelett mit abgerutscht ist. Wahrscheinlich sogar der Kopf. Wenn wir den finden und ihn wieder zu den Knochen legen müsste es eigentlich vorbei sein, oder?“

Sam nickte nur.
 

Der Regen setzte ein, als sie beim ersten abgerutschten Hang angekommen waren. Dean zog den Kopf zwischen die Schultern und schlug den Kragen hoch. Trotzdem konnte er nicht verhindern, dass ihm der Regen schon bald unangenehm in den Kragen und dann eisig den Rücken hinunter lief.

Er grummelte leise aber unüberhörbar wütend vor sich hin, als sie zu ihrem nächsten Ziel liefen.

„Komm schon Dean! So schlimm ist es nun auch nicht!“, versuchte Sam seinen Bruder zu beruhigen.

„Nein, es ist schlimmer!“, knurrte der und überquerte im Schein seiner Taschenlampe den Bach. Es kam, wie es kommen musste, er erwischte einen lockeren Stein, rutschte ab und landete mit einem Fuß im kalten Wasser.

Automatisch zog der Jüngere Winchester den Kopf ein und wartete auf einen weiteren Wutausbruch, der jedoch nicht kam.

Dean atmete ein paar Mal tief durch und ging danach weiter. Er lehnte sich an einen Baum.

„Bist du okay?“, wollte Sam leise wissen und musterte ihn eindringlich.

„Ich bin okay, Sammy“, erwiderte der Blonde ruhig. ‚Bis auf die Tatsache, dass ich schon wieder Kopfschmerzen habe und ich mich in meinem Körper fremd fühle, ist alles super.’

„Lass und zusehen, dass wir hier fertig werden und dann zu Bobby fahren. Ich glaube ich brauche wirklich mal Urlaub“, sagte er dann laut und stieß sich von dem Baum ab.

Sam nickte: „Der nächste Erdrutsch ist in der Richtung.“
 

„Ach verdammt! Warum machen wir diesen Job überhaupt? Immer wieder kriechen wir durch Schlamm und Dreck, durch stinkenden Tunnel oder buddeln halb verweste Leichen aus. Wir werden vollgeschleimt oder gebissen, verprügelt und beschimpft und wenn wir nicht aufpassen landen wir im Knast. Und wofür? Ich hab die Schnauze so voll!“, grummelte der Blonde vor sich hin.

Sein Körper fühlte sich an, als würde er in einem Ameisenhaufen sitzen und er hatte das immer stärkere werdende Bedürfnis sich auf den Boden zu werfen und um sich zu treten.

„Dean?“, fragte Sam und stellte sich vor ihn.

„Mir geht’s gut!“, maulte der.

„Scheinbar nicht. Du benimmst dich wie ein kleines Kind!“

„Ich will einfach nur aus der Nässe raus, ein paar Tage schlafen und dann geht’s mir wieder gut.“ Er seufzte. „Wir hetzen von einem Fall zum nächsten. Ich bin einfach müde.“

„Okay. Dann stell jetzt deine Bockphase ein und lass uns fertig werden.“

Der Blonde zog die Nase kraus und äffte seinen Bruder nach, löste sich aber auch vom Baum und folgte ihm noch immer leise vor sich hin maulend.

Sam hatte es gesehen: „Mein Gott Dean! Manchmal frage ich mich, wie du es geschafft hast, mich großzuziehen, so kindisch wie du dich benimmst wäre ich auf jeden Fall der bessere große Bruder gewesen!“

Dem Älteren blieben die Worte im Hals stecken. Wortlos schwor er seinem Bruder Rache!
 

Sie hatten den zweiten Erdrutsch erreicht und begannen ihn zu erklimmen. Die Lichtkegel ihrer Taschenlampen huschten hin und her. Plötzlich schnitt Deans Lichtkegel in großem Bogen durch die Luft und ging aus.

Sam schaute sich kurz zu ihm um, ging dann aber weiter. Wenn er jetzt etwas sagte, würde sein Bruder wahrscheinlich ausflippen.

Dean atmete wieder tief durch. Was war denn heute nur mit ihm los? Der Tag hatte doch so gut angefangen und jetzt kam er sich wie ein Besucher in seinem eigenen Leben vor. Und dass er schon wieder im Matsch gelandet war, machte die Sache auch nicht besser. Hoffentlich hatten sie das hier bald hinter sich gebracht. Eine Nacht schlafen und dann würde alles schon wieder viel besser aussehen.

Er schloss die Augen und wartete, bis der sich anbahnende Wutausbruch verrauchte um dann nach seiner Taschenlampe zu suchen und weiter nach oben zu klettern.
 

„Ich hab ihn!“, tönte Sams Stimme von weiter unten. Dean holte tief Luft.

Endlich!

Oberhalb dieses Erdrutsches hatten sie die Knochen gefunden. Und wie befürchtet fehlte der Kopf.

Sie hatten ein Stoßgebet zum Himmel geschickt, dass der einfach nur den Hang hinunter gerollt und nicht noch von einem Tier gestohlen worden, oder vollkommen unter der abgerutschten Erde verschwunden war. Drei Mal hatten sie jetzt den Hang abgesucht und waren beide kurz davor aufzugeben und am nächsten Tag wieder zu kommen. Sie waren beide nass und verdreckt und froren.

Doch jetzt hatte die Sucherei und hoffentlich auch das Morden ein Ende.

Der Blonde war auf dem Kamm angekommen und ging zu der Stelle, an der sein Bruder nach oben kommen würde. Vielleicht konnte er ihm helfen.

„Hier, halt mal“, forderte der und warf Dean den Kopf zu. Gekonnte fing der Blonde ihn und zog dann den Jüngeren nach oben.

Sam stützte sich auf seinen Knien ab und atmete ein paar Mal durch.

Währenddessen legte der Blonde den Kopf auf seine Handfläche und steckte den Arm aus.

„Sein oder nicht sein, das ist hier die Frage!“, rezitierte er.

„Du weißt schon, dass er das so nie sagt“, kommentierte Sam.

„Ja, aber wenn ich sagen würde: ‚Hier hingen diese Lippen, die ich geküsst habe, ich weiß nicht wie oft’ wäre das ja wohl so was von gelogen.“

„Du kennst Hamlet?“

„Du doch auch!“

„Dean!“, sagte Sam leise.

Sofort blickte der sich um und sah den Reiter langsam auf sich zu kommen. Er erstarrte. Panik erfasste seinen Körper. Seine Atmung wurde immer flacher und doch konnte er sich nicht rühren. Wie angewurzelt stand er da.

Der Reiter kam immer näher.

Deans Arm sank langsam nach unten.

Der Reiter hob seinen Säbel.

Der Schädel rutschte von Deans Hand und fiel zu Boden. Er drehte sich auf die Seite und blieb auf dem Brustkorb des Skeletts liegen.

Der Reiter verschwand.

„Das war knapp!“, sagte Sam leise. „Was machen wir jetzt mit ihm?“

Der Blonde reagierte noch immer nicht, sondern starrte nur auf die Stelle, an der der Reiter verschwunden war. Sam ignorierte ihn. Wenn er ihn jetzt ansprechen würde, würde er nur wieder angemault werden und bislang hatte sich sein Bruder ja immer wieder eingekriegt. Vielleicht wollte er sich aber auch nur dafür rächen, dass er ihn vorher mehrfach ‚kindisch’ genannt hatte und benahm sich jetzt mit Absicht so. Bei Dean konnte das durchaus passieren. Nein. Er würde ihn jetzt einfach zu Ende bocken lassen und morgen noch mal in Ruhe mit ihm reden.

„Bis du nicht eigentlich zu alt für so ein Benehmen?“, konnte er sich trotzdem nicht verkneifen zu sagen.

„Hilf mir wenigstens ihn mit genügend Erde zu bedecken. Morgen Vormittag rufen wir Nick an und geben ihm unsere Ergebnisse. Dann soll er entscheiden, ob wir ihn verbrennen oder er Lynch damit in den Knast bringen kann.“

Wieder reagierte der Blonde nicht.

„Dean! Jetzt beweg deinen Arsch und buddle mit!“

Endlich kniete sich der Blonde hin und half Sam den Toten mit Erde zu bedecken.



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