Der letzte freie Abend
Hinata strich in der Dämmerung durch den Wald. In ihrer Tasche hatte sie Beeren als Abendbrot gesammelt, die sie nun zu ihrem Versteck in die Krone einer Jahrhunderten alten Trauerweide brachte. Hier oben war sie vor den Blicken Fremder geschützt, konnte jedoch alles genau beobachten und sich gut in den riesigen Ästen verbergen.
Sie setzte sich auf einen breiten Ast und lehnte sich an den knorrigen Stamm. Genüsslich steckte sie sich eine Beere zwischen die Lippen und betrachtete den Sonnenuntergang durch die Zweige. Sie hatte bis spät nachmittags geschlafen und wartete jetzt auf die Nacht, damit sie endlich trainieren konnte.
Es raschelte irgendwo und schon konnte sie tief unter sich ein paar Bäume weiter einen kleinen Fuchs ausmachen. Ihre Byakugan reagierten nun perfekt auf ihren Körper und endlich fühlte sie, dass ihre Augen und ihre besonderen Fähigkeiten ein Teil von ihr waren.
Ja, sie hatte die Byakugan immer als Familienerbe angesehen. Es waren Byakugan-Augen, nicht ihre Augen. Doch nun, spürte sie, dass ihre Augen besonders waren. Ob nur für sie selbst oder im Allgemeinen konnte sie nicht sagen, aber nun waren es IHRE Augen, IHRE Byakugan. Nicht irgendeine Besonderheit, die ihr Clan vererbte.
Sie stand auf. Es war soweit. Die zweite Nacht und so ihre zweite Trainingseinheit begann nun.
“Meinst du sie ist schon soweit?” fragte er leise.
Sein etwas kleinerer Partner neben ihm schwieg. “Sie hat noch einen Tag.” Antwortete er. “Sie wird schon noch zeigen was sie drauf hat. Sie ist perfekt!”
Ein wütender Schrei durchriss den Abend. “Menno, wo kann Hinata nur stecken?!”
“Jetzt beruhige dich mal wieder Naruto!” tadelte Sakura ihn. Sie liefen gerade zu zweit durch die Stadt, sie hatten einen anstrengenden Auftrag hinter sich, vor allem, weil sich der Chaosninja überhaupt nicht hatte konzentrieren konnte.
“Morgen Abend soll der Kampf stattfinden, hat Neji gesagt. Bis dahin ist sie auf jeden Fall wieder da, mach dir keine Sorgen!”
Naruto lief rot an, drehte aber trotzig den Kopf weg. “Ich mach mir überhaupt keine Sorgen! Sie ist nur nicht das Mädchen, das einfach von zu Hause wegläuft!” Sakura sah ihn schmunzelnd an, dann hob sie den Kopf und blickte in den Himmel. Er hatte ja Recht, wie hatte Hinata es nur geschafft sich nach so vielen Anläufen, plötzlich so drastisch zu ändern?
Ohne den Blick von dem violetten Himmel zu wenden meinte sie leise: “Sie wird schon kommen… glaub mir…”
Ausgepowert lag Hinata im hohen, kalten Gras. Ihr Körper glänzte vor Schweiß und ihre Brust hob und senkte sich in schnellem Rhytmus. Erschöpft wischte sie sich mit dem Arm den Schweiß von der Stirn. Ein seliges Lächeln legte sich auf ihr Gesicht.
Sie genoss es allein in der Wildnis zu sein, ohne ihre Familie, ihre Freunde und den ganzen anderen Leuten, die sie allein schon mit ihrer Anwesenheit beeinflussten.
Es war einfach herrlich sich nur auf sich selbst zu verlassen. Überlebenstrainings hatte sie schon immer geliebt, aber Shino und Kiba waren einfach immer viel zu fürsorglich gewesen.
Ein weiterer Grund, warum sie den Titel der Hyuugaerbin ablegen wollte. Sie war nicht die stärkste und wurde deswegen oft als “kleines, schwaches Mädchen” angesehen. Doch mit dem morgigen Tag würde sie dieses Image ablegen können.
Was sie aber nicht loswerden würde, war die Tatsache, dass sie auf jeden Fall am Leben bleiben musste. Sie würde immer beschützt werden, immer würde jemand da sein, der auf sie aufpasste. Das wollte sie einfach nicht!
Noch immer keuchend, sah sie auf ihre Armbanduhr. Es war Zeit schlafen zu gehen, sie musste für den nächsten Morgen noch viel Energie tanken.
Leicht schwankend stand sie auf und kletterte auf den Baum zurück, in dem sie ihr Lager aufgeschlagen hatte. Schon bevor sie die Augen richtig zu hatte, schlief sie.
“Das Mädchen ist… beeindruckend…” der blaue Fischmensch sah ernsthaft beeindruckt aus.
“Ja… Es sind immer die Menschen, die am meisten erreichen können, bei denen man es gar nicht erwartet.” Erwiderte sein Partner.
“Zumindest ist sie jetzt so weit, dass wir sie mitnehmen können.” Meinte Kisame.
“Nein” antwortete Itachi. “Morgen ist dieser große Kampf… was hältst du davon, wenn wir ihn uns ansehen?”